Dieter Georg Herbst und Thomas Heinrich Musiolik

Digitale Markenführung  -
Wie Sie starke Marken in digitalen
Medien aufbauen und entwickeln

1. Auflage, Berlin 2015

 

Wir bedanken uns herzlich bei Janita Gall für die tolle Zusammenarbeit!

 


DSC_5580_Herbst.JPG

 

Prof. Dr. Dieter Georg Herbst

Seit vielen Jahren treibt mich die Frage an, wie Digital Brand Management noch besser gelingen kann. Auf der Suche nach Antworten verschlinge ich Bücher, rede mit Kunden, befrage Kollegen und verfolge die neueste Forschung. Was mich treibt? Ich möchte schöne Dinge erfinden, um damit die Welt schöner zu machen. In der digitalen Markenführung gibt es riesiges Potenzial hierfür: Geschichten, Bilder und starke Gefühle, die mit digitalen Marken einhergehen.

Als international anerkannter Experte für (digitale) Markenführung bin ich zum einen als Berater für Unternehmen, Organisationen und Personen tätig; zum anderen bin ich Honorarprofessor für Strategisches Kommunikationsmanagement und "Head of Department Leadership in Digital Communication" sowie Leiter des Zertifikatskurses „Digital Brand Management around the World“ an der Universität der Künste Berlin (Deutschland), Gastprofessor an der Jiao-Tong-Universität in Shanghai (China), Dozent für Kommunikationsmanagement und Social Media an der Universität St. Gallen (Schweiz) und Dozent für "Digital Brand Management" an der University of the Arts London (Großbritannien). Ich forsche und lehre weltweit. Als Mitglied im „Rat der Internetweisen“ blicke ich mit anderen Visionären in die digitale Zukunft.

Kontakt: www.dietergeorgherbst.de


Thomas Heinrich Musiolik

Genervt, gelangweilt und enttäuscht von den meisten Marken treibt mich die Suche nach dem perfekten Brand Code an. Ich will Marken erleben und fühlen. Ich will Marken, die mich provozieren. Ich will ihre Leidenschaft und ihr ansteckendes Feuer spüren, – einen Hirnorgasmus erleben!

Als Geschäftsführer des Digital Brand Lab, Doktorand und Forscher gehe ich somit der Frage nach dem perfekten Brand Code nach. Welcher Brand Code steht wofür, welche Emotionen sowie Gefühle löst dieser aus, wie muss dieser aussehen, um multisensorische Markenkommunikation in digitalen Medien zu ermöglichen, um letztendlich die Marke der Zukunft im digitalen Raum erlebbar zu machen und für einen unvergesslichen Hirnorgasmus zu sorgen.

Zudem bin ich Autor diverser Bücher und Artikel in Fachzeitschriften mit Schwerpunkt Marketing & Kommunikation. Mein Antrieb war schon immer, etwas zu tun, das das Leben der Menschen funktional und emotional verbessert. Mit etwas Genie, ein bisschen Wahnsinn und meinem Wissensdurst können Sie sich sicher sein: Ich werde die Welt besser machen und die Zukunft verändern!

Kontakt: www.digitalbrandlab.de

 

1            Einleitung: Starke digitale Marken werden immer wichtiger

Digitale Markenführung  ist die Markenführung in digitalen Medien und mit digitalen Technologien. Digitale Medien und digitale Technologien tragen durch ihre Besonderheiten einzigartig zur gesamten Markenführung bei. Sie ermöglichen herausragende Erlebnisse und steigern so den Markenwert.

Wie wichtig digitale Markenführung geworden ist, zeigen auch folgende Beispiele:

     Viele Marken sind in digitalen Medien vertreten und damit auch weltweit verfügbar.

     Immer öfter kaufen Konsumenten in eShops und bestellen per Handy.

     Sie empfehlen sich untereinander ihre Lieblingsmarken in sozialen Netzwerken.

     Das Internet breitet sich immer stärker aus durch Entwicklungen von Technologien, Öffnung von Märkten etc.

     Neue Anwendungen und Endgeräte entstehen wie Mobiles, Smartphones, iPad, Tablets etc.

     Rasant breiten sich Social Software aus.

Digitale Markenführung  ergänzt mittlerweile in vielen Unternehmen die klassische Markenführung - die eigene Website, Facebook, Twitter, YouTube gehören fest zur Markenführung. Prognosen zeigen, dass Unternehmen ihre Marketingbudgets noch stärker in digitale Kanäle statt in klassische Kanäle verschieben.

Jedoch Besonderheiten von digitalen Medien unklar

Jedoch ist vielen Markenverantwortlichen unklar, welchen einzigartigen Beitrag digitale Medien und digitale Technologien für die Markenführung leisten können. Folge:

     Viele Marken entsprechen in digitalen Medien nicht dem Markenbild aus der Offline-Welt. Dies verwirrt Kunden.

     Viele Kunden finden nicht jene Informationen, die sie suchen. Viele Seiten sind austauschbar und langweilig. Folge: Die Besucher bleiben nur kurz.

     Gespräche mit dem Kunden finden nicht statt, obwohl dies in digitalen Medien ausgezeichnet möglich wäre.

     Markenerlebnisse (Digital Brand Experiences) gibt es kaum. Doch sind diese so wichtig, um sich von anderen Marken zu unterscheiden und Kunden dauerhaft zu binden.

     Viele Marken scheitern an Kulturunterschieden: Wie verkauft sich Markenschokolade in China? Wie verkaufen sich Markenautos in Korea? Wieso lieben Menschen Sportschuhe in Afrika? Firmen verschwenden jährlich Milliarden Dollar, weil sie ihre Marken nicht an andere Kulturen anpassen.

     Facebook und Twitter sind bei uns verbreitet und beliebt – in anderen Teilen der Welt nicht. Dort wiederum gibt es andere Netzwerke mit einem anderen Umgang untereinander.

     Firmen sind hilflos, wenn sich Nutzer weltweit zusammenschließen und Marken boykottieren: Greenpeace griff Nestlé in sozialen Netzwerken an, um gegen die Zerstörung des Lebensraums von Orang-Utans durch den Anbau von Palmöl-Pflanzen zur KitKat-Produktion zu protestieren.

Fasst man die Fehler zusammen, können folgende Schwerpunkte ausgemacht werden:

     Die Anbieter denken zu sehr von der Marke aus: Sie übertragen die klassische Werbung in digitale Medien, ohne dessen Besonderheiten zu beachten. Solche Angebote bieten keinen Mehrwert und sind deshalb nicht attraktiv. Sie wiederholen nur das, was alle schon kennen. Jedoch haben sich andere Medien, wie das Fernsehen und das Radio, nur deshalb durchgesetzt, weil sie etwas Neues zu bieten hatten!

     Die Anbieter denken zu sehr vom Internet aus: Sie reizen die Technik aus, aber die Marke kommt zu kurz – das vermittelte Markenbild stimmt nicht mit jenem überein, das die Nutzer aus der klassischen Werbung kennen. Beispiel ist die Edeka-Werbung auf YouTube, die zwar unterhaltsam ist, aber nicht zur Marke Edeka passt. Dies schwächt den Markenkern mehr als ihn zu stärken.

Kernfragen für die digitale Markenführung

Zwar gibt es viele Erkenntnisse über die klassische Markenführung, doch herrschen über die digitale Markenführung bislang noch viele Mutmaßungen statt umfangreiches Wissen vor. Wer künftig auch in digitalen Medien erfolgreich sein möchte, sollte folgende Kernfragen beantworten:

     Welche Besonderheiten haben digitale Medien im Internet, auf Handys, Smartphones und in anderen digitalen Medien? Wie tragen digitale Technologien wie Augmented Reality, Virtual Reality, Bluetooth, QR-Codes einzigartig bei?

     Wie lassen sich diese Besonderheiten als Potenziale voll ausschöpfen?

     Wie lassen sich Markenerlebnisse aufbauen und kontinuierlich entwickeln?

     Welche Unterschiede gibt es in der digitalen Markenführung weltweit?

     Welchen einzigartigen Beitrag leisten sie zur Steigerung des Markenwertes und damit auch des Unternehmenswertes? Wie entwickelt sich die digitale Markenführung in den kommenden Jahren?

Drei Beispiele: Villariba gegen Villabajo sind Geschichten vom spanischen Lebensgefühl, von der Gemeinschaft, vom Essen und vom  Stolz, sein Geschirr am schnellsten und saubersten zu reinigen. Interessante Geschichten in der Markenführung kennen und lieben wir – ob im Fernsehen, in Magazinen oder im Kino. Doch wie erzählt Fairy Ultra Geschichten mit digitalen Technologien?

Die Inszenierung der Marke Marlboro besteht schon seit Jahrzehnten aus Geschichten über die Wild-West-Romantik. Welche Geschichten spielen sich im World Wide Web, in Smartphones und im iPad ab?

Die Marke Dove erzählt Geschichten von Frauen, die es satt haben, sich durch Disziplin selbst zu kasteien, um jung zu wirken oder schlank zu sein. Wie erweckt Dove seine Initiative zur „natürlichen Schönheit“ im Zusammenspiel von Online- und Offline-Medien zum Leben?

Wir wollen es anders machen: Wir bieten den Besuchern ein einmaliges Erlebnis. Sie erfahren bei uns, was sie woanders nicht erfahren. Sie treffen Leute, die sie sonst nicht treffen. Sie fühlen, was sie sonst nicht fühlen. Sie erleben, was sie sonst nicht erleben.

Über dieses Buch

Dieses Buch zeigt wichtige Potenziale der digitalen Markenführung auf und erläutert, wie Markenführung die Besonderheiten digitaler Technologien nutzen kann. In diesem Buch lesen Sie,

     wie digitale Medien eigene, wertvolle Beiträge zur Markenführung ermöglichen,

     wie die digitale Markenführung die Besonderheiten digitaler Technologien nutzt, vor allem die Vernetzung und die Interaktivität,

     welche Aspekte außer der Technologie noch eine wichtige Rolle spielen,

     welche Erlebnisräume innerhalb und außerhalb digitaler Medien möglich sind,

     welche Fortschritte in den nächsten Jahren zu erwarten sind.

Dieses Buch gibt Ihnen einen einerseits theoretisch fundierten und andererseits sehr praxisnahen Einblick in die digitale Markenführung. Der Serviceteil ist Fundgrube für Tipps, Checklisten, Links im Internet und hilfreiche Buchtipps.

Hinweise

     Das Buch ist eine Einführung. Mehr kann es nicht sein, weil die vielen Facetten des Themas eigene Bücher füllen würden und schon füllen. Das Thema ist so umfangreich, dass wir uns in diesem Buch auf wichtige Aspekte konzentrieren. So gehen wir nicht auf allgemeine Aspekte wie User Experience ein, die auch außerhalb der Markenführung relevant für die Gestaltung von digitalen Medien ist. Wohl aber empfehlen wir Bücher und Links hierzu. Hinweise zur ergänzenden und weiterführenden Lektüre finden Sie im Serviceteil.

     Aufgrund der Lesbarkeit verwenden wir durchgehend die männliche Sprachform, auch wenn wir Frauen gleichermaßen ansprechen.

2            Starke Marken bietet einzigartige Erlebnisse

Was Sie erwartet

In diesem Kapitel erfahren Sie, was Marken sind und warum wir sie so lieben, dass wir uns ständig mit ihnen umgeben. Soviel vorab: Sie belohnen uns mit einem einzigartig attraktiven Erlebnis. Diese Belohnung formulieren die Markenverantwortlich in einem Belohnungsversprechen und vermitteln sie kraftvoll mit den Markencodes (Digital Brand Codes).

Nach diesem Kapitel

     wissen Sie, was eine (digitale) Marke ist;

     wissen Sie, warum Erlebnisse so wichtig für die Markenführung sind;

     wissen Sie, wie sie ein klares und einzigartig attraktives Belohnungsversprechen für die Marke formulieren.

Welche Methoden und Instrumente Sie kennenlernen

     Motivkarte zur Klassifizierung von Emotionen

     Belohnungsversprechen (Reward Promise)

2.1              Intro: Was Marken stark macht

 

20141203_154238-1024x576.jpg

Abbildung 1: Apple ist eine der beliebtesten Marken weltweit (Foto: Herbst)

Apple, IKEA, Google - starke Marken, die wir kennen und lieben. Sie sind nicht zufällig so stark geworden, sondern fachkundige Markenmanager haben sie gezielt aufgebaut und langfristig gestärkt.

Starke Marken erkennen wir schnell, wir unterscheiden sie deutlich von anderen und wir finden sie einzigartig gut. Sie sind uns vertraut und wir lieben sie. Der Weg zur starken Marke ist professionelle Markenführung.

In digitalen Medien bieten starke Marken dem Besucher das, was er dort dringend braucht: Orientierung, Mehrwert und Vertrauen. Für das Unternehmen können starke Marken in digitalen Medien dauerhafte Wettbewerbsvorteile schaffen.

Ernüchternder Blick in die Praxis

Trotz dieser Vorteile ist ein Blick in die Praxis ernüchternd: Klicks bleiben aus. Besucher sind gelangweilt, irritiert oder sogar verärgert. Der Grund ist, dass im rasanten Aufstieg der digitalen Medien und digitalen Technologien die Anforderungen an die professionelle Markenführung aus dem Blick geraten sind. Doch da der Wettbewerb immer härter wird, drängt sich die Frage auf, wie Marken in digitalen Medien professionell geführt werden.

Wissen und Erfahrung hierüber fehlen noch weitgehend: Zwar gibt es viele Erkenntnisse über die klassische Markenführung; dagegen herrschen über digitale Markenführung bislang noch viele Mutmaßungen statt umfangreiches Wissen vor.

Digitale Markenführung  bedeutet Markenführung in digitalen Medien und mit digitalen Technologien. Digitale Markenführung  will durch deren Besonderheiten beitragen, die Marke bekannter zu machen und das Markenimage langfristig und systematisch zu gestalten.

Der Mehrwert der digitalen Markenführung liegt in der optimalen Nutzung der vier Besonderheiten ("Big Four") aus Integration, Zugänglichkeit, Vernetzung und Interaktivität. Brand Manager sollten diese Mehrwert gezielt und Konsequenz ausschöpfen, um die Marke bei den Kunden deutlich zu positionieren und als langfristigen Wettbewerbsvorteil ausbauen.

Vielen Marken gelingt es nicht, die Besonderheiten der digitalen Medien auszunutzen und sich wirkungsvoll zu inszenieren. Sie scheitern, langfristige Beziehungen mit Konsumenten aufzubauen und ihnen einen klaren, belohnenden Mehrwert zu bieten.

Chancen und Herausforderungen

Die Chancen der digitalen Medien und Technologien sind immer auch Herausforderungen: Zu den größten gehört, sich konsequent auf seine Kunden einzustellen, ihnen einen deutlichen Nutzen zu bieten und den Dialog mit ihnen kontinuierlich zu entwickeln - Kontaktangebote sind ein Muss. Erfolgreiche digitale Markenführung richtet sich konsequent und durchgängig am Markenkern aus, der auf einem Kundenbedürfnis beruht.

Starke digitale Marken geben ihren Kunden eine klare Orientierung - unsere User sollen finden, was sie suchen. Am besten ist, sie kommen auf unsere Angebote, erkennen schnell was es gibt, und nehmen Kontakt zu uns auf.

Erfolgreiches digitale Markenführung  ist keine Insellösung, sondern Teil des Gesamtkonzeptes der Markenführung: Was der Besucher von unserer Marke im Fernsehen sieht, im Radio hört und in der Broschüre liest, sollte er in unseren digitalen Angeboten erleben.

Medienrealität = Alltagsrealität

Umgekehrt sollte unsere Marke ihre Versprechen aus unseren digitalen Angeboten immer im direkten Kundenkontakt einlösen – von der Telefonberatung über die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Händlern bis hin zum Umtausch defekter oder fehlender Ware. Nur so kann sich ein starkes Markenbild mit festen Gedächtnisstrukturen bilden, die für unseren Markenerfolg essenziell sind.

Digitale Markenführung ist anspruchsvolle Managementaufgabe, die umfassende Qualität und höchste Professionalität erfordert.

2.2              Was (digitale) Marken sind

Was sind Marken? Was macht sie zu starken Marken? Was sind starke digitale Marken? Diese Fragen klingen einfach, oder? Schauen wir genauer hin, wird es kompliziert - weder Wissenschaftler noch Praktiker sind sich einig über die Antworten: Mal ist eine Marke ein Produkt, mal das Bild des Produktes in den Köpfen der Kunden. Mal gestaltet die Marke ein Unternehmen, mal macht sie der Kunde dazu. Einig sind sich aber alle, dass eine starke Marke starke Erlebnisse auslöst, also ein Bündel aus Gefühlen wie Abenteuer, Sieg, Sicherheit.

Klären wir also im ersten Kapitel, was eine Marke ist und was sie stark macht, damit wir alle ein gemeinsames Verständnis vom Begriff der Marke haben. Dann schauen wir uns an, warum starke Gefühle so wichtig für Marken sind. Wir werfen einen Blick darauf, welche Gefühle Menschen weltweit haben können und wie wir diese systematisieren können. Schließlich lernen Sie eine Technik kennen, mit der wir das Wesen einer Marke formulieren können. Im nächsten Kapitel schauen wir uns dann ausführlich an, welche Besonderheiten digitale Marken haben.

Die starke Marke belohnt mit einzigartigen Erlebnissen

Was ist eine Marke? Fragen wir in einem einzigen Unternehmen die Markenmanager - es wird so viele Antworten wie Markenmanager geben. Mein Vorschlag:

Die Marke ist ein Produkt oder eine Leistung, die den Kunden mit einem einmalig attraktiven Erlebnis belohnt

Die Marke belohnt also den Kunden beim Kauf mit dem besten Gefühl aller bei der Auswahl verfügbaren Marken. Wie dies genau geschieht, schauen wir uns gleich an.

Der Wert der Marke

Der Markenwert ergibt sich daraus, wie viel der Kunde bereit ist, für diese Marke mehr zu zahlen als für eine andere, gleichwertige Marke. Wie man das herausfindet? Ein Beispiel: In einem Test sollen Testpersonen sagen, wieviel sie für zwei Sektgläser bezahlen würden. Was sie nicht wissen: Die Sektgläser sind immer die gleichen, nur das Logo ändert sich. Ergebnis des Tests: Kunden sind bereit, für zwei Sektgläser von Swarovski das 29fache zu zahlen als für Sektgläser einer anderen Marke. Für Red Bull sind wir bereit, mehr zu zahlen als für einen anderen Energy Drink. Wie viel weniger würden wir bezahlen, wenn ein Handy kein Apple-Logo trägt?

Die BusinessWeek fasst die Bedeutung von starken Marken 2001 wie folgt zusammen: “A strong brand acts as an ambassador when companies enter new markets or offer new products. It also shapes corporate strategy, helping to define which initiatives fit within the brand concept and which do not. That’s why the companies that once measured their worth strictly in terms of tangibles such as factories, inventory and cash have realized that a vibrant brand, with its implicit promise of quality, is an equally important asset.”

2.3              Wie sich Markenführung entwickelt hat

Das Verständnis von Marken als Produkte und Leistungen mit einem einzigartig attraktiven und belohnenden Erlebnis ist im Lauf der Zeit entstanden. Werfen wir einen Blick auf diese Entwicklung:

     Marke als Absenderhinweis: In den Anfängen war die Marke der Absenderhinweis auf einem Produkt: Im Altertum markierten die Händler ihre Tonwaren mit einem unverwechselbaren Zeichen. Dieses Zeichen signalisierte jedem, wer den Tonkrug gefertigt hatte. Amerikanische Cowboys drückten ihren Rindern ihr einzigartiges Brandzeichen aufs Fell, um sie von den Rindern der anderen Farmer zu unterscheiden. Hiervon stammt auch der englische Begriff Brand, der ins Deutsche als Brandmarke oder Brandzeichen übersetzt wird. Marke und Markierung waren also identisch. Die Grundlage der Beziehung und des Vertrauens zwischen Händler und Käufer bildete der persönliche Kontakt.

     Marke als Merkmalsbündel: Durch die Industrialisierung löste sich der persönliche Kontakt zwischen Hersteller und Konsument auf. Vertrauen sollte von nun an entstehen, indem das Produkt als Marke bezeichnet wurde und bestimmte Merkmale garantierte: Die Marke stand für eine markierte Fertigware von bleibend hoher Qualität, die in gleicher Menge und gleicher Aufmachung in einem größerem Absatzraum angeboten wurde und durch starke Verbraucherwerbung und hohe Anerkennung im Markt gekennzeichnet war. Allerdings reichten diese Merkmale nicht aus, um sich gegen die Konkurrenten ausreichend abzugrenzen: Wie sollten sich Autos unterscheiden, wenn sie alle von guter Qualität und breit verfügbar sind? Zudem setzten Konsumenten gute Qualität zunehmend als selbstverständlich voraus. Breite Verfügbarkeit? Es gibt starke Marken, die gerade dadurch gekennzeichnet sind, dass sie nicht breit verfügbar sind, wie zum Beispiel ein Rolls Royce. Gleichbleibende Aufmachung? Dann hätte eine der erfolgreichsten Marken der letzten Jahrzehnte keine sein dürfen: die Schweizer Swatch-Uhr. Die Einengung auf Fertigwaren schien zu eng, da der Wettbewerb auch im Dienstleistungssektor und in der Investitionsgüterindustrie drastisch zunahm. Das zentrale Problem war, dass der Verbraucher durch die Produktorientierung nur Randfigur war – seine Wünsche, Erwartungen und Vorstellungen wurden nicht berücksichtigt, ebenso wenig wie die dynamischen Beziehungen zwischen Marke und Verbraucher. Der zunehmende Wettbewerb änderte dies.

     Marke als Vorstellungsbild: Seit Mitte der 70er Jahre rückt der Konsument in den Mittelpunkt der Markenführung: Allein seine Vorstellungen vom Produkt (Markenimage) gelten als entscheidend dafür, was die Marke ist und was nicht. Das Verständnis wandelte sich also vom Aussagekonzept (Markeneigenschaften) zum Akzeptanzkonzept (Markenwirkung). Weitere Entwicklungen führten auch dieses Konzept an seine Grenzen:

    Wenn nur der Verbraucher entscheidet, was eine Marke ist, hat die Markenführung wenige Anhaltspunkte, um Marken gezielt aufzubauen und zu entwickeln.

    Indem die Marke nur darauf gerichtet ist, dem Kunden zu gefallen, ändert sich die Marke nach dessen Belieben und nach dem Zeitgeist. Dies wäre vergleichbar mit einem Menschen, der allen gefallen will. Jedoch verliert hierdurch die Marke an Aussagekraft und Persönlichkeit. Ein fataler Fehler! Der Verbraucher braucht Orientierung und Vertrauen in eine Leistung, die seinen Wünschen dauerhaft entspricht und die sich von anderen unterscheidet.

    Ein weiteres Problem der Konzentration auf das Image: Wie die Marke handelt, wird zu wenig beachtet. Folge: Der in der Werbung erzeugte Eindruck stimmt nicht mit den Alltagserfahrungen der Konsumenten überein.

    Probleme verursachte schließlich das Führen von mehreren Marken unter einem Markendach und das Ausdehnen von Marken in andere Segmente: Welches Markendach ist glaubwürdig? Welche Eigenschaften kann die Marke in andere Märkte transportieren? Antworten waren mit dem einzig am Image bezogenen Verständnis nicht möglich.

     Marke als Persönlichkeit: Seit den 90er Jahren sind beide Sichten verbunden: Die Marke wird als Produktpersönlichkeit verstanden. Die Marke als Mensch zu sehen, hat den Vorteil, dass der Konsument jene Marke wählt, die seiner eigenen Persönlichkeit am stärksten entspricht. Markenführung bedeutet den Aufbau und das Entwickeln dieser Produktpersönlichkeit (Absenderkonzept). Ziel der Markenführung ist die langfristige Gestaltung des Markenimages, also jener Vorstellungen, die der Verbraucher und andere Bezugsgruppen, zum Beispiel Mitarbeiter, von der Marke haben (Empfängerkonzept). Die Markenführung richtet sich demnach nach innen und außen. Damit ein klares, widerspruchsfreies Image entsteht, sind alle Aktivitäten des Unternehmens vernetzt. Probleme zeigen sich auch mit diesem Konzept:

    Die Marke kann dem Kunden etwa bieten, was dieser selbst nicht hat. Ein Beispiel wäre ein Arzneimittel, das die Kontrolle über die eigene Gesundheit verspricht, die der Kunde sich nicht selbst geben kann. Ein anderes Beispiel wäre die Beratungskompetenz einer Bank oder die Kreativität einer Marke wie Apple, die der Käufer selbst nicht haben muss.

    Die neuen Möglichkeiten der Hirnforschung zeigen, dass eine Marke keine Aktivitäten in unserem Gehirn auslösen wie ein Mensch. Der Vergleich der Marke mit einer Person ist also höchstens eine bildhafte Hilfe.

    Die Konzentration auf die Persönlichkeit von Marke und Käufer lässt die Bedeutung von Emotionen aus dem Blickfeld rücken. Jüngste Forschungen zeigen, dass es die Emotionen sind, die Handlungen auslösen und den Markenkauf.

Die starken Gefühle durch die Marke können letztlich den Markenkauf erklären

     Die Marke als Belohnung: Viele aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Menschen nach Erlebnissen entscheiden - wir wollen bestmögliche Gefühle mit einer Marke erleben. Ein Beispiel: Wir könnten 3 Computer kaufen - von Apple, von Dell, von Microsoft. Um sich zu entscheiden, stellt sich unser Gehirn parallel und gleichzeitig vor, was wir erleben, wenn wir jeden dieser Computer kaufen. Es fragt sich, mit welchem Computer wir uns am wohlsten fühlen und wie wir mit dem Kauf auf andere wirken. Jene Marke, die uns mit den stärksten Erlebnissen belohnen, werden wir kaufen.