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V Vorwort

Seit Erscheinen des Ratgebers im Jahre 2003 hat sich das Familienrecht in wesentlichen Teilen geändert. Der Versorgungsausgleich ist insgesamt reformiert worden. Auch haben sich die Paradigmen beim nachehelichen Unterhalt geändert. Für die Überprüfung von Eheverträgen hat der Bundesgerichtshof mit der sogenannten „Kernbereichslehre“ Regeln aufgestellt, die bei zu schließenden Eheverträgen zu berücksichtigen sind und helfen sogenannte Altverträge auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Die Inhaltskontrolle kann zur Unwirksamkeit oder zur Anpassung der Verträge führen.

Diesem Ratgeber können Sie wichtige Informationen für Ihren bereits geschlossenen oder noch abzuschließenden Ehevertrag entnehmen. Ich rate jedoch bei der schwierigen Thematik Ehevertrag immer zu einer individuellen juristischen Beratung.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meiner Kollegin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Julia Ehm, für die Unterstützung bei der Überarbeitung des Ratgebers bedanken.

Düsseldorf, im April 2017

Heike Dahmen-Lösche

11. Kapitel
 
Einführung

Statistische Erhebungen haben inzwischen gezeigt, dass Eheverträge nicht – wie man vielleicht meinen könnte – die Stabilität einer Ehe erhöhen, sondern häufig dazu führen, dass die Barrieren für eine Trennung gesenkt werden. Insbesondere junge Paare sind bei feststehenden Regelungen eher bereit, die Ehescheidung herbeizuführen. Andererseits gibt es jedoch auch viele gute Gründe für einen Ehevertrag, gerade wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute stark voneinander abweichen. Die Frage, ob ein Ehevertrag geschlossen werden soll, sollte dabei immer genau überdacht werden, da Fehlentscheidungen zu katastrophalen Folgen bei der Ehescheidung führen können. Eine individuelle juristische Beratung ist daher dringend anzuraten, denn als Grundregel gilt: Was für den einen Ehepartner ein Vorteil ist, bedeutet in der Regel für den anderen einen Nachteil, der möglicherweise zur Falle wird, wenn er sich über die Konsequenzen der getroffenen Vereinbarung vor Vertragsschluss nicht im Klaren ist.

I. Vertragstypen

Ein Ehevertrag kann sowohl vor Eheschließung, während einer intakten Ehe oder aber erst bei Trennung und/oder Scheidung geschlossen werden.

21. Ehevertrag vor Eheschließung

Immer mehr Paare schließen bereits vor ihrer Ehe einen Ehevertrag. Gerade in dieser emotionalen Hochphase vor der Hochzeit ist es jedoch häufig schwierig, Vereinbarungen zu treffen, die im Zusammenhang mit dem Scheitern der Ehe stehen. Auch sind sich viele der angehenden Eheleute nicht sicher, wie sich ihre gemeinsame Zukunft gestalten wird, während andere wiederum ganz klare Vorstellungen haben: Beide Ehepartner verfügen über eine qualifizierte Berufsausbildung und planen eine steile Karriere oder aber die Ehefrau entscheidet sich für die Hausfrauen- und Mutterrolle.

In beiden Fällen muss jedoch bedacht werden, was geschieht, wenn das Leben von dem gewählten Lebensplan abweicht und der gewählte Ehevertrag für die geänderte Lebenssituation nicht mehr passt.

2. Ehevertrag während intakter Ehe

Auch nach Eheschließung gibt es trotz intakter Ehe Anlässe, einen Ehevertrag abzuschließen. Dies ist z. B. bei Eintritt in eine bestehende Firma der Fall. Häufig enthalten Gesellschaftsverträge Regelungen, die Gesellschafter zwingen, Eheverträge zu schließen, um im Falle einer Scheidung die Firmenbeteiligung bei Zugewinnausgleich und Vermögensauseinandersetzung herauszuhalten.

3. Ehevertrag anlässlich Trennung und/oder Scheidung

Am häufigsten werden Eheverträge abgeschlossen, wenn die Ehe bereits gescheitert ist und es darum geht, über Sorgerecht, Unterhalt, Hausrat, Zugewinn und Vermögensauseinandersetzung Vereinbarungen zu treffen. Durch diesen Ehevertrag – die sogenannte Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvereinbarung – können die Scheidungsfolgesachen einvernehmlich und außergerichtlich geregelt werden. Ein solches Vorgehen empfiehlt sich allein schon aus finanziellen Gründen, da die streitige Durchführung mit deutlich 3höheren Kosten verbunden ist und das Scheidungsverfahren unnötig in die Länge zieht.

Wie bei allen vertraglichen Vereinbarungen ist jedoch auch hier Vorsicht geboten, insbesondere dann, wenn die Vereinbarungen in einer Phase der Ehe getroffen werden, in der teilweise extreme emotionale Belastungen auf beiden oder zumindest einem der Ehepartner ruhen. Es kommt leider immer wieder vor, dass unter erheblichem Zeit- und auch emotionalem Druck Eheverträge geschlossen werden, die zumindest für einen Partner sehr ungünstig sind und diesen erheblich benachteiligen – Vorsicht Falle!

II. Formerfordernis

Vereinbarungen, die den Güterstand, den Zugewinnausgleich, den nachehelichen Unterhalt und den Versorgungsausgleich, die Verpflichtung zur Übertragung von Grundstücken sowie Rechtswahl bei Ehen mit Ausländern betreffen, bedürfen der notariellen Beurkundung, wobei das Gesetz vorschreibt, dass die Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit der Ehepartner zu erfolgen hat, § 1510 BGB. Hierunter ist allerdings nicht unbedingt die persönliche Anwesenheit zu verstehen, vielmehr ist auch Vertretung möglich, die allerdings weder üblich noch sinnvoll ist. Wird diese Formvorschrift nicht eingehalten, ist der Vertrag unwirksam.

Vereinbarungen etwa über den Umgang mit den Kindern oder Hausrat können dagegen auch in privatschriftlicher Form abgeschlossen werden.

Achtung

Werden neben privatschriftlichen Vereinbarungen auch beurkundungspflichtige Vereinbarungen nur privatschriftlich geschlossen, kann dies zur Nichtigkeit der gesamten Vereinbarung führen.

Für die Wirksamkeit des Ehevertrages ist die Eintragung in das Güterrechtsregister, welches bei dem jeweiligen Amtsgericht, in dessen Bezirk die eheliche Wohnung der Eheleute liegt, geführt wird, nicht 4erforderlich. Allerdings können sich die Ehegatten in Form der Verfügungsbeschränkung (siehe Zugewinngemeinschaft Seite 9) dann auch Dritten gegenüber nicht darauf berufen, dass der Vertrag eingetragen und damit jedem zugänglich ist.

III. Unwirksame Vereinbarungen

Eheverträge können, wie alle Verträge, angefochten werden – wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung. Zur Unwirksamkeit können aber auch Vereinbarungen führen, die den schwächeren Partner unangemessen belasten. Hierbei kommt es jedoch immer auf den Einzelfall an. Die Gerichte müssen dabei zwischen den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Handlungsfreiheit und der Gleichberechtigung sowie des Schutzes der Ehe und der Kinder abwägen.

Für Vereinbarungen unter Ehegatten über die Ausgestaltungsmöglichkeiten der Ehe gilt der Grundsatz der Privatautonomie. Allerdings hat der BGH auch schon nach altem Recht bei einem Unterhaltsverzicht bei der Scheidung eine Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB angenommen, wenn nach der Rechtslage ein Unterhaltsanspruch bestand und der Bedürftige durch den bei oder nach der Scheidung vereinbarten Verzicht Sozialhilfe beziehen musste. Man sprach von einem sogenannten Vertrag zu Lasten Dritter. Wurde allerdings vor Eheschließung oder während der Ehe ein Unterhaltsverzicht erklärt, wurde früher hingegen keine Sittenwidrigkeit angenommen, weil der Bedürftige durch die Eheschließung einen Anspruch auf Familienunterhalt erwarb. Es galt jedoch gem. § 242 BGB als rechtsmissbräuchlich, sich bei der Scheidung auf den Unterhaltsverzicht zu berufen, solange die Frau das Kind zu betreuen hatte. Die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 2001 korrigierte die bis dahin geltende Rechtsprechung des BGH. Danach ist jetzt auch bei privaten Vereinbarungen und notariellen Eheverträgen eine Inhaltskontrolle gem. Art. 2, 6 GG (Grundgesetz) durchzuführen, wenn der Ehevertrag nicht das Ergebnis einer gleichberechtigten Partnerschaft darstellt, sondern vielmehr eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegelt. Je mehr Rechte 5in einem Ehevertrag ausgeschlossen sind, desto mehr kann eine einseitige Benachteiligung vorliegen.

Mit Urteil vom 11.2.2004 hat der BGH die Kriterien für eine Inhaltskontrolle von Eheverträgen festgelegt. Grundsätzlich können die Eheleute Regelungen über den nachehelichen Unterhalt, den Zugewinn und den Versorgungsausgleich weiterhin vertraglich regeln. Der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung darf aber durch vertragliche Vereinbarungen nicht unterlaufen werden. Insbesondere darf keine evident einseitige nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstehen, die für den Benachteiligten unzumutbar ist. Es ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, wobei die Gründe und Umstände des Zustandekommens des Vertrages, sowie der beabsichtigten verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens berücksichtigt werden. Die Überprüfungskriterien gelten auch für geschlossene Verträge vor der, in der Ehe bzw. für den Fall der Trennung oder Scheidung oder auch nach der Scheidung. Bei der sogenannten Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB wird auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt. Sämtliche individuellen Verhältnisse der Eheleute müssen überprüft werden, insbesondere die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, sowie der geplante oder schon verwirklichte Verlauf der Ehe und der von den Eheleuten mit der Vereinbarung verfolgte Zweck zum Vertragsschluss. Gemäß § 138 BGB wird subjektiv ein Missbrauchsverhalten für die Unwirksamkeit des Vertrages vorausgesetzt. Objektiv wird eine Sittenwidrigkeit nur vorliegen, wenn in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingegriffen wird.

Zum Kernbereich gehört an erster Stelle der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB), an zweiter Stelle der Alters- und Krankheitsunterhalt (§ 1571, 1572 BGB) sowie der Versorgungsausgleich, an dritter Stelle der Erwerbslosenunterhalt (§ 1573 Abs. 1 BGB), an vierter Stelle der Kranken- und Altersvorsorgeunterhalt (§ 1578 Abs. 2, 3 BGB) und an fünfter Stelle – beim Unterhalt am ehesten verzichtbar – der Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2, 1575 BGB). Regelungen über den Zugewinnausgleich stehen an letzter Stelle der Überprüfungsskala. Solche Vereinbarungen fallen regelmäßig nicht in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts. 6 Kommt man zu der Annahme der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 BGB, wird der gesamte Vertrag unwirksam mit der Folge, dass die gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden.

In einem zweiten Schritt ist eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB vorzunehmen, wobei der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich ist. Hierbei kommt es auf eine evident einseitige Lastenverteilung sowie den Missbrauch der im Vertrag eingeräumten Rechtsmacht an. Es ist zu überprüfen, ob die tatsächliche Gestaltung der Ehe von der Eheplanung abweicht oder ob der Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts zu Lasten der Kinder oder der Allgemeinheit betroffen ist. Die Ausübungskontrolle führt nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung, sondern zu einer Neugestaltung der Vereinbarung durch das Gericht, wobei die Belange beider Eheleute zu berücksichtigen sind. So kann unter Umständen trotz eines Unterhaltsverzichtes bei der Betreuung von Kindern nicht nur während der Betreuungszeit der volle Unterhalt nach den ehelichen Verhältnissen zu leisten sein, sondern wegen beruflicher Nachteile durch die Eheschließung auch ein Aufstockungsunterhalt in Höhe des angemessenen Bedarfs gegeben sein.

IV. Kosten

Bei der Frage, welche Kosten im Zusammenhang mit Ehe- und Erbverträgen, sei es vor Eheschließung, während intakter Ehe oder im Rahmen von Trennungs- oder Ehescheidungsfolgenvereinbarungen anfallen, ist zunächst zu unterscheiden, ob anwaltliche Hilfe und/oder notarielle Tätigkeit in Anspruch genommen wird. Wie bereits dargelegt, ist in einer Vielzahl von Fällen die notarielle Beurkundung sogar zwingend vorgeschrieben. Dabei gilt es zu überlegen, ob nur notarielle Hilfe in Anspruch genommen werden kann oder ob wegen völlig unterschiedlicher Interessenlage, mangelndem Vertrauen und hohem Beratungsbedarf vorab nicht zusätzlich auch anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden sollte.

Für die Berechnung der Gebühren ist, falls nicht eine Honorarvereinbarung getroffen wird, der Gegenstandswert maßgeblich.

7Bei einer Vereinbarung über den Güterstand ist der Gegenstandswert das gesamte Vermögen beider Ehepartner. Werden nur bestimmte Teilbereiche geregelt, so ist deren Wert anzusetzen. Für die Berechnung der Gebühren ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) heranzuziehen. Ein entsprechender Auszug, aus dem die Höhe der anwaltlichen Gebühren ersichtlich ist, befindet sich im Anhang. Zusätzlich orientieren sich die Anwaltsgebühren daran, welche Art der Tätigkeit in Anspruch genommen wird bzw. welcher Umfang diese Tätigkeit hat. Der Gebührenrahmen kann dabei von 0,8 bis 2,5 je nachdem, ob lediglich eine Beratung angefallen ist, ein Ehevertrag erarbeitet wurde, eine Besprechung mit dem anderen Ehepartner oder dessen Bevollmächtigten geführt wurde oder eine vergleichsweise Lösung im Rahmen einer Ehescheidungsfolgenvereinbarung zustande gekommen ist, variieren.

92. Kapitel
 
Regelungen über das Vermögen

Zu den wichtigsten Vereinbarungen gehören natürlich die Regelungen, die das zukünftig erworbene bzw. das bei Eheschließung bereits vorhandene Vermögen der Ehepartner betreffen. Darunter fallen neben Vereinbarungen über den Güterstand und den Versorgungsausgleich auch Regelungen bzgl. etwaiger Immobilien, des Hausrates und der Frage, wer im Falle von Trennung und Scheidung welche Verbindlichkeiten übernimmt.

I. Güterstand

Das Gesetz kennt drei Güterstände, nämlich die Zugewinngemeinschaft, die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft. Daneben gibt es noch die sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft, die jedoch kein eigener Güterstand im Rechtssinne ist.

1. Zugewinngemeinschaft

Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand. Der Begriff Gemeinschaft ist dabei allerdings irreführend. Durch die Eheschließung wird kein gemeinschaftliches Vermögen erworben, sondern vielmehr behält jeder das, was ihm zum Zeitpunkt der Eheschließung gehört hat. Auch während der Ehe entsteht gemeinschaftliches Vermögen nur dann, wenn die Eheleute 10einen Gegenstand gemeinsam erwerben. Es besteht kein Unterschied zu nicht verheirateten Personen, die genauso verfahren können.

a) Verfügungsbeschränkung

Der gesetzliche Güterstand wirkt sich unabhängig von den Eigentumsverhältnissen auch auf das Verfügungsrecht der Ehepartner hinsichtlich ihres Vermögens und Eigentums aus. So regelt § 1365 BGB, dass ein Ehepartner weder über sein Vermögen im Ganzen noch über einen wesentlichen Teil ohne Zustimmung des anderen Ehepartners verfügen darf. Gleiches gilt für Gegenstände des ehelichen Haushaltes, § 1369 BGB.

b) Zugewinnausgleich

Für den Fall der Scheidung hat derjenige einen Zugewinnausgleich zu zahlen, der einen höheren Zugewinn erzielt hat. Um zu ermitteln, welcher Ehegatte ausgleichspflichtig ist, wird zunächst von jedem Ehepartner separat der erzielte Zugewinn nach folgender Formel ermittelt:

Ermittlung des Zugewinns

Endvermögen bezogen auf den maßgeblichen Stichtag

abzgl. Anfangsvermögen bei Eheschließung = Zugewinn

Der Zugewinn ist bezogen auf den maßgeblichen Stichtag zu ermitteln. Dies ist nicht etwa der Zeitpunkt der Trennung oder der Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung, sondern die Zustellung des Scheidungsantrages an den anderen Ehepartner, die sogenannte Rechtshängigkeit. Dies bedeutet, dass das Vermögen, das nach dem Stichtag erzielt wird, nicht mehr in den Zugewinn miteinbezogen wird.

Zum Endvermögen gehören alle sogenannten Aktiva, also vermögenswerte Positionen wie Immobilien, Aktien, Lebensversicherungen mit den auf den Stichtag bezogenen Rückkaufswerten und Gewinnanteilen, Bausparverträge, Sparguthaben, Fonds, Münzsammlungen, Briefmarkensammlungen etc. Zum Endvermögen gehören aber auch die sogenannten Passiva, das heißt Verbindlichkeiten bezogen 11auf den maßgeblichen Stichtag wie bspw. Darlehen bei Banken oder Privatleuten.

Die Eheleute sind sich wechselseitig zur Auskunftserteilung verpflichtet. Es muss gegebenenfalls ein geordnetes Bestandsverzeichnis, bestehend aus sämtlichen Aktiva und Passiva nebst den dazugehörigen Belegen, vorgelegt werden. Bestehen Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunftserteilung, kann der Antragsteller auch verlangen, dass der andere Ehepartner die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt versichert.

Das Anfangsvermögen hingegen ist das Vermögen, das am Tag der standesamtlichen Heirat vorhanden war. Zu den Vermögenswerten gehören die gleichen Positionen, die auch im Endvermögen anzusetzen sind, also sämtliche Aktiva und Passiva. Bei lang andauernden Ehen ist es allerdings meist schwierig, das Anfangsvermögen festzustellen, da oft nicht mehr bekannt ist, welches Vermögen bei Eheschließung vorhanden war. Daher ist es sinnvoll, bereits bei Beginn der Ehe ein Bestandsverzeichnisüber die vorhandenen Vermögenswerte zu erstellen.

Wie beim Endvermögen besteht auch ein Auskunfts- und Beleganspruch beim Anfangsvermögen.

BEISPIEL zum Zugewinnausgleich: Die Eheleute Hans und Christel B. in München haben 1972 die Ehe geschlossen. Anfang des Jahres 2017 erhält Hans B. den Scheidungsantrag seiner Ehefrau zugestellt. Beide besaßen bei Eheschließung kein Vermögen. Während der Ehe haben sich die Eheleute allerdings ein beträchtliches Vermögen erarbeitet, das jedoch größtenteils der Ehemann erworben hat. Hans B. ist Alleineigentümer einer Immobilie im Wert von 500.000,00 €. Auf dem Haus lasten lediglich Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000,00 €. Er besitzt darüber hinaus Aktien im Wert von 100.000,00 €, Fondsbeteiligungen im Wert von 200.000,00 € und ein Guthaben auf dem Girokonto in Höhe von 100.000,00 €. Christel B. verfügt über ein Sparguthaben aus vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 50.000,00 € und über Aktien im Wert von 100.000,00 €. Darüber hinaus besitzt sie ein Sparbuch mit einem Wert in Höhe von 100.000,00 €.

12Damit sieht die Vermögensbilanz wie folgt aus:

Endvermögen Hans B.

Immobilie

500.000,00 €

Aktien

100.000,00 €

Wertpapiere

200.000,00 €

Girokonto

100.000,00 €

900.000,00 €

abzgl. Verbindlichkeiten

100.000,00 €

abzgl. Anfangsvermögen

      0,00 €

Zugewinn

800.000,00 €

Endvermögen Christel B.

vwL  

 50.000,00 €

Aktien

100.000,00 €

Sparbuch

100.000,00 €

250.000,00 €

abzgl. Anfangsvermögen

      0,00 €

= Zugewinn

250.000,00 €

Hans B. verfügt somit über einen Zugewinn in Höhe von 800.000,00 € und Christel B. in Höhe von 250.000,00 €. Es ergibt sich eine Differenz von 550.000,00 €. Hans B. muss daher die Hälfte der Differenz = 275.000,00 € als Zugewinnausgleich an seine Ehefrau Christel B. zahlen.

c) Privilegierter Erwerb

Unter dem Begriff privilegierter Erwerb versteht man Schenkungen und Erbschaften, die ein Ehepartner während der Ehe erhält. Diese sind insoweit privilegiert, als der andere Ehepartner im Rahmen des Zugewinnausgleiches nur eingeschränkt an ihnen teilhaben soll. Aus diesem Grunde ist ererbtes Vermögen wie Anfangsvermögen zu behandeln, allerdings nicht zum Zeitpunkt der Eheschließung, sondern zum Zeitpunkt des Erbfalls. Da die Erbschaft natürlich auch im Endvermögen zu berücksichtigen ist, und zwar mit dem dann aktuellen Wert, wird der andere Ehepartner nur an dem Wertzuwachs der Erbschaft beteiligt.

Doch auch ein Schenker soll sicher sein können, dass nicht anlässlich der Scheidung die Hälfte der Schenkung an den Ehepartner des 13Beschenkten fließt. Deshalb werden auch Schenkungen genau wie Erbschaften als Anfangsvermögen behandelt. Sie werden zum Zeitpunkt der Schenkung in das Anfangsvermögen eingestellt, so dass auch hier der andere Ehepartner nur die Hälfte des Wertzuwachses der Schenkung als Zugewinnausgleich erhält.

BEISPIEL zu Zugewinnausgleich und privilegiertem Erwerb: Die Vermögenssituation der Eheleute B. ist die gleiche wie im obigen Beispiel, allerdings mit dem Unterschied, dass Herr B. am 1.8.1980 einen Geldbetrag, der 50.000,00 € entspricht, geerbt hat. Frau B. hat von ihrer Mutter am 1.7.1980 einen Geldbetrag, der heute 30.000,00 € entspricht, geschenkt bekommen. Beide Eheleute haben ihre Zuwendungen gewinnbringend angelegt.

Damit stellt sich das Endvermögen der Eheleute wie folgt dar:

Hans B.

Immobilie

500.000,00 €

Aktien

100.000,00 €

Wertpapiere

200.000,00 €

Girokonto

100.000,00 €

900.000,00 €

abzgl. Verbindlichkeiten

100.000,00 €

abzgl. Anfangsvermögen

      0,00 €

abzgl. Erbschaft  

 50.000,00 €

= Zugewinn

750.000,00 €

Christel B.

VwL  

 50.000,00 €

Aktien

100.000,00 €

Sparbuch

100.000,00 €

250.000,00 €

abzgl. Anfangsvermögen

      0,00 €

abzgl. Schenkung  

 30.000,00 €

= Zugewinn

220.000,00 €

Rein rechnerisch ergibt sich somit ein Zugewinnausgleich in Höhe von 265.000,00 €, den Herr B. an Frau B. zu zahlen hat.

14Dabei wird allerdings nicht berücksichtigt, dass die Erbschaften und Schenkungen im Jahre 1980 erfolgt sind und zwischenzeitlich eine erhebliche Geldentwertung stattgefunden hat. Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof (BGH) in der Vergangenheit Erbschaften und Schenkungen wie auch Vermögen, welches bereits bei Eheschließung vorhanden war (Anfangsvermögen), mit dem Preisindex für Arbeitnehmerhaushalte mit mittlerem Einkommen bezogen auf den maßgeblichen Stichtag indexiert.

Da der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte ohnehin die größere Spannweite wiedergibt und deshalb geeigneter ist, soll auf dieser Basis die Berechnung vorgenommen werden, wobei vom Basisjahr 2010 = 100 für das frühere Bundesgebiet ausgegangen wird. Dies geschieht nach folgender Formel:

Preisindex

Betrag × Lebenshaltungskostenindex zum Stichtag : Lebenshaltungskostenindex zum Zeitpunkt der Eheschließung bzw. Erbschaft oder Schenkung

BEISPIEL zu Zugewinnausgleich und privilegiertem Erwerb auf Basis des Preisindexes:

Berechnung Ehemann:

50.000,00 € × 108,0 : 52,44 =

102.975,00 €

Berechnung Ehefrau:

30.000,00 € × 108,0 : 52,35 =  

 61.891,00 €

Daraus ergibt sich nunmehr folgende Rechnung:

Endvermögen Hans B.

800.000,00 €

abzgl. Anfangsvermögen

      0,00 €

abzgl. indexierte Erbschaft

102.975,00 €

= Zugewinn

697.025,00 €

Endvermögen Christel B.

250.000,00 €

abzgl. Anfangsvermögen

      0,00 €

abzgl. indexierte Schenkung  

 61.891,00 €

= Zugewinn

188.109,00 €

15Nach Indexierung ergibt sich nur noch eine Differenz zugunsten des Ehemannes in Höhe von 508.916,00 €. Er hat somit die Hälfte der Differenz in Höhe von 254.458, € als Zugewinnausgleich an seine Ehefrau zu zahlen.

2. Gütertrennung

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft kann dadurch außer Kraft gesetzt werden, dass in einem entsprechenden Ehevertrag Gütertrennung vereinbart wird. Beim Güterstand der Gütertrennung behält – wie bei der Zugewinngemeinschaft – jeder Ehepartner das in der Ehe erworbene Vermögen sowie sein Anfangsvermögen. Es findet allerdings keine Ausgleichszahlung an den anderen Ehepartner bei Beendigung des Güterstandes, sei es durch Tod oder Scheidung, statt.

BEISPIEL zur Gütertrennung: Im obigen Ausgangsbeispiel von Hans und Christel B. würde dies bedeuten, dass Hans B. für den Fall der Scheidung sein Endvermögen in Höhe von 800.000,00 € und Frau B. ihr Endvermögen in Höhe von 250.000,00 € behält.

a) Verfügungsfreiheit

Die Gütertrennung hat zunächst keine Auswirkungen auf die vermögensrechtliche Situation der Ehepartner. Sie werden behandelt, als seien sie nicht verheiratet. Insbesondere kann jeder über sein Vermögen im Ganzen oder über wesentliche Teile verfügen, ohne die Zustimmung seines Ehepartners einholen zu müssen. Gleiches gilt für Haushaltsgegenstände.

b) Ehegattenerbrecht

Endet die Ehe durch Tod eines Ehegatten, hängt die Erbquote des überlebenden Ehegatten vorrangig vom ehelichen Güterstand ab.

Der überlebende Ehepartner erbt neben den Abkömmlingen ¼ des Nachlasses. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft führt zu einer Erhöhung dieser gesetzlichen Erbquote um ein weiteres 16¼, gemäß § 1371 Abs. 1 BGB, sodass der überlebende Ehepartner insgesamt ½ erhält. Hatte der verstorbene Ehegatte keine Kinder, so erhält der Überlebende ½ plus ¼, also ¾. Das restliche ¼ erhalten die Eltern, Geschwister oder Großeltern beziehungsweise deren Abkömmlinge. Gibt es weder Kinder noch lebende Eltern, Geschwister oder Großeltern, erbt der überlebende Ehegatte allein.

Wurde hingegen Gütertrennung vereinbart, fehlt es an einer Erhöhung der Erbquote um ¼. Darüber hinaus ist die Erbquote davon abhängig, ob neben dem Ehepartner Kinder vorhanden sind oder Eltern und Großeltern beziehungsweise deren Abkömmlinge als Miterben infrage kommen. Grundsätzlich erhält der Ehepartner neben einem Kind ½, neben zwei Kindern 1/3 und neben drei oder mehr Kindern nur ¼. Hat der verstorbene Ehegatte keine Kinder, bleibt es trotzdem maximal bei der Hälfte des Nachlasses, sofern noch Eltern, Geschwister oder Großeltern des Verstorbenen leben. Nur wenn es keine weiteren Miterben gibt, erbt der überlebende Ehegatte allein.

Die Wahl des Güterstandes hat Auswirkungen auf die Höhe der Erbschaftssteuer. Für den Ehegatten gilt derzeit ein persönlicher Freibetrag in Höhe von 500.000,00 € (Stand 2017).

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft führt im Falle des Todes eines Ehepartners dazu, dass der Freibetrag bei der Berechnung der Erbschaftsteuer um ¼ – nämlich den Zugewinnausgleichsanspruch – erhöht wird (§ 5 Abs. 1 ErbStG). Insbesondere bei großem Vermögen macht sich dies deutlich bemerkbar.

BEISPIEL zum Ehegattenerbrecht: Karl und Eva W. aus Münster haben 1970 die Ehe geschlossen und im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Die Ehe wird durch Tod der Eva W. beendet. Zum Zeitpunkt des Erbfalls sind keine weiteren Erbberechtigten vorhanden. Eva W. hinterlässt ein Wertpapierdepot in Höhe von 1.000.000,00 €.

Da die Eheleute W. in Zugewinngemeinschaft gelebt haben, erhält Karl W.¼ als pauschalen Zugewinnausgleich und 3/4 als Erbe, da keine weiteren Erbberechtigten Personen vorhanden sind. Zunächst ist ¼ pauschaler Zugewinnausgleich erbschaftssteuerfrei. Von dem verbleibenden 17Erbe in Höhe von 750.000,00 € ist zunächst der Freibetrag in Höhe von 500.000,00 € in Abzug zu bringen, so dass ein Betrag in Höhe von 250.000,00 € verbleibt.