Personen.

Inhaltsverzeichnis

Pandolfo, ein Kaufmann.

Rosaura, seine Tochter.

Doktor Lombardi.

Silvio, sein Sohn.

Beatrice, unter dem Namen Federigo Rasponi.

Florindo Aretusi.

Tebaldo, Wirt.

Blandina, Rosaurens Mädchen.

Truffaldino, ein Bedienter.

Zwei Aufwärter im Gasthofe.

Zwei Träger.

Ort der Handlung: Venedig.

Neunter Auftritt.

Verwandlung.

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Straße, rechterhand ein Gasthof.


TRUFFALDINO. Nun bin ich auch des Wartens müde! – Bei meinem Herrn bekommt man wenig zu essen, und nach dem wenigen muß man auch noch lange seufzen. Es ist Mittag in der Stadt; aber in meinem Magen ist es schon vor zwei Stunden Mittag gewesen. Andere Reisende, sobald sie in eine Stadt kommen, gehen nach dem Gasthofe, aber mein Herr läßt Koffer und alles auf dem Posthause; macht Visiten und kümmert sich gar nicht um den armen Bedienten. Man sagt zwar, man soll den Herren gern und willig dienen – man sollte aber auch den Herren sagen, daß sie ein wenig mehr Menschenliebe für ihre Bedienten hätten. Hier ist ein Gasthof! – Potz! – was für ein herrlicher Geruch fährt mir in die Nase! Ich möchte wohl hineingehen und sehen, ob es für meine Zähne nichts zu tun gibt. – Aber – o, du armer Truffaldino! mein Beutel ist so leer als mein Magen! – Eh’ ich auch länger ein Bedienter sein will, so – aber was soll ich tun? ich armer Teufel habe nichts gelernt.

Zehnter Auftritt.

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Florindo, ein Träger mit einem Koffer, Truffaldino.


TRÄGER. Herr, ich kann nicht weiter. Der Koffer ist mir zu schwer.

FLORINDO. Hier ist ein Gasthof!

TRÄGER. Hilfe! oder ich laß den Koffer fallen.

FLORINDO. Nur noch die paar Schritte!

TRUFFALDINO. Für sich. Da kann ich etwas verdienen. Laut. Soll ich helfen, mein Herr?

FLORINDO. Ja, mein Freund!

TRUFFALDINO. Aufzuwarten! Er nimmt den Koffer auf die Schulter und stößt den Träger nieder.

FLORINDO. Das gefällt mir!

TRUFFALDINO. Er ist gar nicht schwer! Er geht mit dem Koffer in den Gasthof.

FLORINDO. Da seht, wie man es machen muß.

TRÄGER. Es ist nicht meine Schuld, daß ich so schwach bin! ich bin der Sohn eines angesehenen Mannes.

FLORINDO. Wer war Euer Vater?

TRÄGER. Mein Vater? er zog den Schafen das Fell über die Ohren.

FLORINDO. Ihr seid ein Narr! Er will in den Gasthof gehen.

TRÄGER. Heda! bezahlen Sie mich.

FLORINDO gibt ihm etwas. Da!

TRÄGER. Bezahlen Sie mich!

FLORINDO. Wollt Ihr noch mehr für die paar Schritte haben?

TRÄGER. Ich zähle die Schritte nicht. Bezahlen Sie mich!

FLORINDO. Da habt Ihr noch etwas.

TRÄGER. Bezahlen Sie mich!

FLORINDO gibt ihm eine Ohrfeige. Geht zum Teufel!

TRÄGER. Nun bin ich bezahlt. Geht ab.

FLORINDO. Meine erste Bekanntschaft in dieser Stadt ist nicht einladend zu nennen.

Elfter Auftritt.

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Florindo, Truffaldino.


TRUFFALDINO. Der Koffer läßt sich empfehlen; er steht schon auf Ihrem Zimmer.

FLORINDO. Ist dieser Gasthof gut?

TRUFFALDINO. Fürstlich! gute Betten, schöne Zimmer, eine ausgezeichnete Küche, aus welcher ein Geruch zum ohnmächtig werden kommt.

FLORINDO. Und Er, mein Freund, was treibt Er?

TRUFFALDINO. Ich bin ein Bedienter, aufzuwarten.

FLORINDO. Hier aus Venedig?

TRUFFALDINO. Nein, aus Bergamo, aufzuwarten.

FLORINDO. Hat Er einen Herrn?

TRUFFALDINO. Jetzt – nein, ich hab’ keinen; – denn – FLORINDO. Also ist Er ohne Herr?

TRUFFALDINO. Sie sehen ja, daß ich ohne Herrn bin. Für sich. Mein Herr ist nicht bei mir, ich lüge nicht.

FLORINDO. Will Er mir dienen?

TRUFFALDINO. O ja, aufzuwarten. Für sich. Wenn ich mich verbessern kann, sattle ich gleich um. Laut. Wieviel wollen Sie mir denn geben?

FLORINDO. Wie viel gab ihm sein voriger Herr?

TRUFFALDINO. Monatlich einen Dukaten, und Essen und Trinken, aufzuwarten.

FLORINDO. So viel soll Er auch von mir haben.

TRUFFALDINO. Sie sollten mir aber mehr geben, weil ich mich verbessern will, aufzuwarten.

FLORINDO. Wieviel denn?

TRUFFALDINO. Täglich einen Groschen zu Tabak.

FLORINDO. Das soll Er haben.

TRUFFALDINO. Gut, so bleib’ ich bei Ihnen.

FLORINDO. Ich sollte aber billig einige Nachricht von seiner vorigen Aufführung haben.

TRUFFALDINO. Gehen Sie nur nach Bergamo, da wird Ihnen jedermann sagen, wer ich bin.

FLORINDO. Kennt Ihr niemand in Venedig?

TRUFFALDINO. Nein, ich bin erst diesen Morgen angekommen.

FLORINDO. Er scheint mir ein ehrlicher Kerl zu sein; ich werde sehen, ob Er es auch wirklich ist.

TRUFFALDINO. Ja, stellen Sie mich nur auf die Probe, Sie werden sehen.

FLORINDO. Da hat Er einen Dukaten; geh’ Er auf die Post und frag’ Er, ob Briefe da sind an Florindo Aretusi – Florindo Aretusi – und komm’ Er schnell wieder.

TRUFFALDINO. Aufzuwarten! Bestellen Sie indessen das Mittagsessen.

FLORINDO. Aufzuwarten! – Für sich. Ein drolliger Kerl! ich will’s mit ihm versuchen. Geht in den Gasthof.

Zwölfter Auftritt.

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TRUFFALDINO. Täglich einen Groschen mehr – das sind monatlich dreißig Groschen. Und es ist nicht einmal wahr, daß mein anderer Herr mir einen Dukaten gibt; er gibt mir nur drei Taler. – Und der Herr Rasponi läßt sich gar nicht wieder sehen. Er ist ein Narr! ein junger Mensch, der noch keinen Bart und keinen Verstand hat. Er mag laufen! – Ich will für diesen anderen Herrn nach der Post gehen. Er begegnet Beatrice.

Dreizehnter Auftritt.

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Beatrice, Tebaldo, Truffaldino.


BEATRICE. So? auf diese Art erwartest du mich?

TRUFFALDINO. Ich bin ja da. Ich warte noch auf Sie.

BEATRICE. Und warum hier und nicht auf dem Platze?

TRUFFALDINO. Ich ging ein wenig spazieren, um den Hunger zu vertreiben.

BEATRICE. Geh’ nach dem Posthause und hole meinen Koffer.

TEBALDO. Hier ist mein Haus; Er kann nicht fehlen.

TRUFFALDINO für sich. Potz! – in dem Gasthof? – Dort ist ja mein anderer Herr.

BEATRICE. Zugleich frage, ob auch Briefe an mich da sind – an Federigo Rasponi, und an Beatrice Rasponi, meine Schwester – sie ward unterwegs krank. Verstehst du mich?

TRUFFALDINO. Aufzuwarten! Für sich. Da bin ich in einer schönen Patsche.

TEBALDO leise. Wie können Sie aber unter Ihrem wahren und erborgten Namen Briefe erwarten?

BEATRICE leise. Ich ließ einen treuen Bedienten in Turin, mir von allem Nachricht zu geben; ich kann nicht wissen, unter welchem Namen er es tun wird. Laut. Wir wollen hineingehen. Fort, nach dem Posthause, und komme bald wieder. Sie geht in den Gasthof.

TRUFFALDINO hält Tebaldo auf. Sie sind also der Herr Wirt? Ich rekommandiere mich.

TEBALDO. Mach’ Er seine Sachen gut, und es soll Ihm auch gut gehen. Geht nach.

Vierzehnter Auftritt.

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TRUFFALDINO. O, das ist lustig! Wieviel gibt es nicht, die einen Herrn suchen, und ich habe gar zwei. Aber was Teufel soll ich machen? – Ich kann ja nicht beide bedienen. – Nicht? – warum nicht? – Wenn ich beiden aufwarte, so werd’ ich auch doppelt bezahlt, und bekomme doppelt zu essen. – Und wenn’s herauskommt – was verlier’ ich? Nichts, Wenn mich einer fortjagt, so bleib’ ich bei dem anderen. So wahr ich ein ehrlicher Kerl bin, ich will’s versuchen. Und sollte es auch nur einen Tag dauern, so will ich’s versuchen. Lustig, nun will ich für beide Herren nach der Post gehen. Er will gehen.

Fünfzehnter Auftritt.

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Silvio, Truffaldino.


SILVIO. Wo ist Sein Herr?

TRUFFALDINO. Mein Herr? – im Gasthof, aufzuwarten.

SILVIO. Sag’ Er, daß ich ihn sprechen will; und wenn er ein Mann von Ehre ist, so wird er mich nicht warten lassen.