Vollständige eBook-Ausgabe der Hardcoverausgabe

© 2018 arsEdition GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten

Text: Sarah Welk

Umschlaggestaltung und Innenillustrationen: Sharon Harmer

Lektorat: Svenja Hoffmann

Die Autorin wird vertreten durch die Autoren- und Projektagentur Gerd F. Rumler (München)

ISBN ebook 978-3-8458-2707-0

ISBN Printausgabe 978-3-8458-2138-2

www.arsedition.de

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Für Mila, Martha und Mats

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Widmung

1. Wie ich einmal richtig schlechte Laune hatte

2. Wie wir einmal geheime Zirkusmäuse gekauft haben

3. Wie die Zirkusmäuse ins Puppenhaus gezogen sind

4. Wie wir einmal ein Mitternachtspicknick gemacht haben

5. Wie wir einmal alleine einen echten Riesen-Vulkan-Kuchen gebacken haben

6. Wie wir einmal (fast) bis zum Grundwasser gebuddelt haben

Weitere Titel

WIE ICH EINMAL RICHTIG
SCHLECHTE LAUNE HATTE

Das ist Flo, also in echt natürlich Florentine. Flo ist meine kleine Schwester, sie ist erst fünf.

Mama sagt immer, fünf ist auch schon ganz schön groß, aber ich finde, fünf ist noch ziemlich klein.

Und das bin ich. Ich heiße Mimi. Ich bin sogar schon sieben.

Flo und ich und Papa und Mama und Kalle und Knolle und Bolle, wir alle wohnen in einem Haus im Brückenweg.

Knolle und Bolle leben nicht im Haus, sondern im Kaninchenstall hinten beim Kartoffelbeet. Aber Kalle wohnt direkt bei uns, das ist nämlich unsere Babykatze.

Eigentlich wollten wir einen kleinen Bruder, aber da hat Mama gesagt, einen kleinen Kater findet sie eigentlich noch besser. Und dann ist Kalle bei uns eingezogen.

Heute ist Sonntag. Da geht Flo nicht in den Kindergarten, ich nicht in die Schule, Mama nicht in die Gärtnerei und Papa auch nicht ins Büro.

Papa sagt immer, sein liebster Sonntag sieht so aus: ausschlafen, frühstücken, Zeitung lesen, Mittag essen, Mittagsschlaf, Kuchen essen, Abendbrot essen, fernsehen, ins Bett gehen. Ich würde sonntags am liebsten den ganzen Tag lang nur Kuchen essen und fernsehen, aber das erlaubt Mama leider nicht.

»Wenn du mal erwachsen bist, dann kannst du das meinetwegen so machen. Aber bis dahin gehst du mal besser ein bisschen mit Flo spielen«, sagt sie immer.

Ja, und deshalb sitzen Flo und ich jetzt draußen auf den Torpfosten am Brückenweg und gucken, wer vorbeifährt. Das machen wir ziemlich oft.

Ich kenne fast alle Leute, die bei uns im Dorf wohnen, und außerdem beinahe alle Traktor- und Automarken. Weil ich schon in die Schule gehe, schreibe ich dann in mein geheimes Autoheft, was passiert, also zum Beispiel:

Onkel Jussi und Mats mit Traktor (Marke: Fendt) vorbeigefahren. Anhänger mit Kuh hintendran.

Weil Flo noch nicht so viele Traktormarken kennt, sagt sie dann immer die Farbe dazu, zum Beispiel: grün. Und das schreibe ich dann auch auf.

Onkel Jussi ist der Bruder von Mama, der wohnt gegenüber. Und Mats ist der Sohn von Jussi und unser Cousin. Der ist schon zwölf, also beinahe erwachsen.

Aber am Sonntag fahren Onkel Jussi und Mats nicht mit dem Traktor. Und auch sonst kommt hier fast keiner vorbei. Wahrscheinlich sind alle zu Hause und lesen Zeitung oder schlafen.

Flo und ich sitzen hier bestimmt schon eine Stunde, aber ich habe beinahe noch nichts in mein Heft geschrieben. Nur eine Sache, nämlich:

Nacktschnecke (eklig).

Und von Flo:

braun.

Aber das zählt ja eigentlich nicht, weil das ist ja gar kein Fahrzeug.

So langsam kriege ich schlechte Laune. Nicht ein bisschen schlechte Laune, sondern wirklich schlechte Laune.

Und als ich so richtig sauer bin, trete ich mit meinem Fuß gegen den blöden Torpfosten, und das tut auch noch weh, und deshalb schreie ich ganz laut: »Was für ein Scheißsonntag!«

Und Flo murmelt: »Das ist wirklich ein richtig ekliger Scheiß-Mist-Sonntag.«

Und genau in diesem Moment höre ich Mama, die plötzlich hinter uns steht.

»Mimi! Du weißt ganz genau, dass du nicht Scheiße sagen sollst! Das ist echt kein schönes Wort!«, sagt sie.

Und als ich mich umdrehe, sehe ich, dass sie so hässlich die Augen aufreißt und den Zeigefinger hochhebt. Genauso guckt Mama immer, wenn sie schimpft, und sie sieht dann wirklich scheußlich aus, finde ich.

Ich bin jetzt noch wütender, als ich es sowieso schon war.

»Flo hat auch Scheiße gesagt«, schreie ich Mama an. »Sogar Scheiß-Mist-Sonntag! Und das ist ja wohl noch schlimmer als Scheiß-Sonntag. Aber du schimpfst nur mit mir, das ist so ungerecht!«

Ich stampfe mit dem Fuß auf, und eigentlich macht es mir sogar ein bisschen Spaß, so rumzuschreien. Und deshalb brülle ich auch noch: »Du bist echt saublöd! Und so hässlich wie ein Nacktmull!«

Einen Nacktmull habe ich vor Kurzem in einem Buch gesehen. Das ist ein Tier ohne Fell mit ganz vielen Falten und so schiefen langen Zähnen.

Uiuiui. Jetzt wird Mama erst recht so richtig wütend, das kann ich sehen.

»Mimi«, zischt sie. »Jetzt ist Schluss. Ich möchte nicht, dass du so mit mir redest. Du gehst jetzt sofort rein und hast so lange Spielpause, bis ich sage, dass die Spielpause vorbei ist. Hast du mich verstanden?«

Ich strecke Mama die Zunge raus, und bevor sie noch etwas sagen kann, drehe ich mich um und renne ins Haus. Flo rennt hinter mir her.

Drinnen setzen wir uns dann nebeneinander auf das Sofa.

»Mama ist echt blöd«, sagt Flo zu mir, und das finde ich ziemlich nett von ihr.

»Stimmt«, antworte ich, aber dann bin ich lieber erst mal wieder ruhig, weil Mama auch in die Küche kommt.

Sie schnaubt und fängt an, den Frühstückstisch abzuräumen. Dabei klappert sie laut mit den Tellern und alle Krümel fallen auf den Boden. Mama ruft dann ganz laut: »Ich habe übrigens auch Wochenende! Du bist hier nicht im Hotel!«

»Hää? Mama, das weiß ich doch«, sagt Flo und guckt ein bisschen erstaunt. Flo ist manchmal leider etwas schwer von Begriff.