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SCHACH

FÜR EINSTEIGER

Spaß am Spiel von Anfang an:
einfach, effektiv und pädagogisch fundiert

In kleinen Schritten zu großen Zielen: In 54 kurzen und klar strukturierten Lektionen, die optimal an Ihre steigende Spielstärke angepasst sind, lernen Sie mit diesem Buch das Schachspiel schnell und mühelos – von den Grundregeln bis zum ausgeklügelten Matchplan. Bereits nach der allerersten Lektion wird mit dem Spielen begonnen. Mehr als 100 Übungsaufgaben machen Sie fit für die Praxis, zahlreiche Merksätze prägen das erworbene Wissen ein. Ein Extra-Kapitel gibt zahlreiche wertvolle Tipps für den Einsatz im Schachunterricht.

Stufe für Stufe vom Einsteiger zum Könner:
So lernt man heute Schach!

© Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft mbH

Emil-Hoffmann-Straße 1, D-50996 Köln

Redaktion: Axel Gierke

Umschlagmotiv: © dimasobko – Fotolia.com

Gesamtherstellung:

Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft mbH, Köln

Alle Rechte vorbehalten

eISBN: 978-3-8155-5454-8

LARS GÜNTHER

SCHACH

FÜR EINSTEIGER

Stufe für Stufe zum Erfolg

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Inhalt

Über dieses Buch

I. Beginnen mit Schach

1.Schachbrett und Bauer

2.Freibauer und En-passant-Regel

II. Die Leicht- und Schwerfiguren

3.Der Turm

4.Der Läufer

5.Die Dame

6.Der Springer

7.Die Bauernumwandlung

III. Der König

8.So zieht der König

9.Schach bieten, Schachgebote abwehren

10. Schachmatt

11. Achtung, Patt!

12. Die Rochade

IV. Eine Schachpartie spielen

13. Turnierregeln und Schachnotation

14. Die ersten Züge

15. Richtig abtauschen

16. Mattsetzen im Endspiel – das „Treppenmatt“

V. Grundlegende Endspiele

17. Mattsetzen mit König und Dame

18. Das Quadrat des Bauern

19. König und Bauer gegen König

20. Der entfernte Freibauer

21. Dame gegen Bauer

22. Mattsetzen mit König und Turm

VI. Taktik: Material gewinnen

23. Figuren fangen

24. Die Gabel

25. Die Fesselung

26. Der Spieß

27. Abzug und Abzugsschach

28. Überlastete Figuren

VII. Eröffnung: Grundzüge

29. Eröffnungsfehler

30. Die Italienische Eröffnung

31. Die Spanische Eröffnung

VIII. Endspiel: Bauernendspiele

32. Die Opposition

33. Zugzwang und Dreiecksmanöver

34. Die Kraft des Freibauern

IX. Taktik: Königsangriff

35. Der unrochierte König

36. Grundreihenmatt und Damenmatt

37. Angriff gegen die Rochadestellung

X. Eröffnung: Französisch, Sizilianisch, Damengambit

38. Die Französische Verteidigung

39. Die Sizilianische Verteidigung

40. Das Damengambit

XI. Endspiel: Leichtfigurenendspiele

41. Der Läufer im Endspiel

42. Der Springer im Endspiel

43. Läufer gegen Springer

44. Läuferendspiele

XII. Mittelspiel: Stärken und Schwächen der Figuren

45. Starke und schwache Bauern

46. Bauernformationen

47. Leichtfiguren im Mittelspiel

48. Schwerfiguren im Mittelspiel

XIII. Eröffnung: Offene, halboffene und geschlossene Eröffnungen

49. Offene Eröffnungen

50. Halboffene Eröffnungen

51. Geschlossene Eröffnungen

XIV. Endspiel: Turmendspiele

52. Turm gegen Bauern

53. Turm und Bauer gegen Turm

54. Der „Brückenbau“

Schachpsychologie und Matchtaktik

Lektüre- und Trainingsempfehlungen

Schach im Schulunterricht

Warum Schachunterricht?

Materialien und Methoden

Kleine Spiele

Skizze eines Lehrplans

Turnierformen

Häufige Fehler

Glossar

Über dieses Buch

Das Schachspiel fasziniert die Menschen seit Hunderten von Jahren, und wen es einmal in seinen Bann gezogen hat, den lässt es meist nicht wieder los. Auch Sie haben sich dazu entschlossen, Schach zu lernen – herzlichen Glückwunsch! Sie halten genau das richtige Buch dazu in Händen.

Warum ausgerechnet dieses Buch?

Dieses Buch entstand lange bevor ich auf die Idee kam, es zu schreiben. Seit vielen Jahren bringe ich als AG-Leiter und Vertretungslehrer Kindern und Jugendlichen vom Vorschul- bis ins Oberstufenalter Schach bei. Immer stellte sich dabei die Frage, wie es nach dem Lernen der grundlegenden Regeln weitergehen sollte. Selbstverständlich griff ich hierzu auch auf Schachlehrbücher zurück. Aber die Reihenfolge, in der sie den Lehrstoff präsentierten, eignete sich nicht für seine Vermittlung.

Wenn etwa ein bekanntes Lehrbuch nach Abhandlung der Basics nahelegt, sich die nächsten zehn Stunden lang mit Eröffnungen zu beschäftigen, dann lassen sich die Folgen bei einem Einsatz in der Schule leicht vorhersehen: leere Gesichter, in die das Wort „laaaangweilig“ eingemeißelt scheint, unaufmerksame und laute Schüler, schließlich (im Falle einer freiwilligen AG) zahlreiche Abmeldungen. Denn so faszinierend Schach für Kinder und Erwachsene auch ist, so ermüdend kann es sein, eine Eröffnung nach der anderen eingepaukt zu bekommen.

Ich sortierte also den Lernstoff neu und – meiner Erfahrung nach – für die Verwendung im Unterricht angemessener. Zugleich fragte ich mich, warum offenbar bisher keiner der Autoren der vorhandenen Bücher auf die Idee gekommen war, den Stoff gleich in dieser Reihenfolge anzuordnen …

Nun, es liegt vermutlich daran: Schachlehrbücher werden von Menschen gemacht, die schon Schach spielen können – und aus ihrer Kenntnis heraus den Lehrstoff „systematisch“ ordnen. So schreiben sie wenige, lange Kapitel, die meist nach den Partiephasen Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel benannt sind und jeweils von „einfachen“ Inhalten bis zu den spezielleren und komplizierteren reichen. Für jemanden, der Schach erst noch lernen möchte – also für Sie! –, ist genau das aber nicht zweckmäßig. Denn Sie müssten erst das gesamte Buch lesen und sich durch viele komplizierte Themen kämpfen, bis Sie endlich Schach spielen könnten.

Was dieses Buch anders macht

Dieses Buch geht anders vor. Die Reihenfolge des Lehrstoffs orientiert sich immer an der Frage, was Sie auf Basis des bis dahin Gelernten verstehen, in Ihr vorhandenes Schachwissen einordnen und zur Verbesserung Ihrer augenblicklichen Spielstärke am besten gebrauchen können. Denn was nützt relativ tiefgehendes Wissen über eine der Partiephasen, wenn Sie noch nicht die geringste Idee haben, was in den anderen zu tun ist? Man lernt ja auch keine Fremdsprache, indem man sich zu Beginn nur mit den Verben beschäftigt. Sondern man beginnt mit einem kleinen Fundus an Wörtern und grammatischen Regeln, der das Sprechen der Sprache auf einem einfachen Niveau ermöglicht und dabei dann stetig erweitert wird.

Sie müssen dieses Buch also nicht erst ganz durcharbeiten, bevor Sie sich an Ihre erste Schachpartie wagen dürfen. Im Gegenteil: Sie werden schnellstmöglich in der Lage sein, selbst Partien zu spielen. Bereits die allererste Lektion präsentiert Ihnen eine Spielvariante: das „Bauern-Spiel“. Und schon nach wenigen (kurzen!) Kapiteln erhalten Sie einen ersten, einfachen „Matchplan“ für die Schachpartie mit allen Figuren. Spielen Sie so früh und so regelmäßig wie möglich – im Freundeskreis, einem Schachverein oder auf einer Internet-Plattform! Denn die beste Methode, etwas Neues zu lernen, ist immer noch, es in der Praxis zu erproben und zu üben, üben, üben.

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Während Sie schon praktische Erfahrungen am Schachbrett sammeln, können Sie mithilfe der folgenden Kapitel Ihren „Matchplan“ immer weiter verfeinern. Mal erhalten sie Tipps für eine gelungene Eröffnung, mal taktische Tricks, mit denen Sie in Vorteil kommen können, mal Endspieltechnik, die Ihnen hilft, diesen Vorteil in einen Sieg umzumünzen. Mehr als 100 Übungsaufgaben ermöglichen Ihnen, Ihren Lernfortschritt zu überprüfen und Ihre Spielstärke Schritt für Schritt zu verbessern.

Schach im Unterricht

Dieses Buch ist also quasi eine ausgearbeitete und erweiterte Version eines in der Praxis entwickelten Lehrplans. Es will aber nicht nur Lehrbuch sein, sondern auch ein Plädoyer für die Einführung von Schachunterricht. Inzwischen belegt eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien, wie positiv das Schachspiel die persönliche und schulische Entwicklung von Kindern fördert. Wenn Sie nach der Lektüre vom Schachspiel so fasziniert sind wie Millionen Menschen auf der ganzen Welt und diese Faszination in Schachkursen weitertragen wollen, dann finden Sie im Anhang ab Seite 234 zahlreiche Anregungen (Literatur, Lehrmaterialien, Links u. a.), um das in die Tat umzusetzen.

Ich wünsche Ihnen viel Freude mit diesem Buch!

Lars Günther

 I. Beginnen mit Schach

Schach ist ein Brettspiel für zwei Spieler und wird auf einem quadratischen Spielfeld aus acht mal acht abwechselnd hellen und dunklen Feldern gespielt. Unabhängig von ihrer tatsächlichen Farbe bezeichnet man die helleren Felder als „weiß“, die dunkleren als „schwarz“. Jeder der beiden Spieler verfügt zu Beginn der Partie über einen Figurensatz aus 16 Schachfiguren: einem König, einer Dame, jeweils zwei Türmen, Läufern und Springern sowie acht Bauern. Die beiden Figurensätze sind unterschiedlich gefärbt: Die dunkleren Figuren werden „schwarz“, die helleren „weiß“ genannt.

1. Schachbrett und Bauer

Vor Beginn einer Schachpartie legen die Spieler das Schachbrett so zwischen sich, dass jeder eine Seite des Brettes vor sich hat und das vordere linke Eckfeld jeweils schwarz ist. Manche Schachbretter sind mit Buchstaben und Zahlen beschriftet, in diesem Fall sieht nun jeder Spieler am unteren Brettrand die Buchstaben von a bis h, an den Seiten die Zahlen 1 bis 8.

Die Gruppen von acht Feldern, die vertikal über das Schachbrett von einem Spieler zum anderen (also von oben nach unten) verlaufen, nennt man Linien. Sie werden nach dem jeweiligen Buchstaben als a-Linie, b-Linie usw. bis zur h-Linie bezeichnet. Die horizontal (von links nach rechts) verlaufenden Feldergruppen heißen Reihen: Gemäß der jeweiligen Zahl am Brettrand werden sie 1. Reihe, 2. Reihe usw. bis 8. Reihe genannt. Die Reihe, die dem Spieler am nächsten ist, wird als Grundreihe bezeichnet. Die 1. Reihe ist die weiße, die 8. Reihe die schwarze Grundreihe. Ein Schachzug besteht im Versetzen einer eigenen Figur von ihrem Standort auf ein anderes Feld (Zielfeld). Figuren des Gegners darf man nicht ziehen. Den ersten Zug führt Weiß aus, danach ziehen die Spieler immer abwechselnd. Der Spieler, der am Zug ist, muss ziehen: Es ist nicht möglich, auf seinen Zug zu verzichten.

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Jedes der 64 Felder kann durch eine Kombination aus dem Buchstaben seiner Linie und der Zahl seiner Reihe eindeutig bestimmt werden, zum Beispiel e5, f7, a2.

Diagramm 1

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Das leere Schachbrett

Der Bauer

Die kleinste aller Schachfiguren ist der Bauer. Zu Beginn der Partie stehen die acht weißen Bauern auf der 2. Reihe, die schwarzen auf der 7. Reihe.

Diagramm 2

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Die Aufstellung der Bauern zu Partiebeginn

Der Bauer unterscheidet sich von allen anderen Figuren dadurch, dass er nur nach vorn bewegt werden kann. Mit jedem Zug nähert sich ein Bauer daher der gegnerischen Grundreihe an. Für die in diesem Buch abgedruckten Diagramme, bei denen die schwarze Grundreihe jeweils oben abgebildet ist, bedeutet das: Weiße Bauern ziehen immer „nach oben“, schwarze Bauern „nach unten“.

Die Bauern dürfen pro Zug um ein Feld nach vorn gezogen werden – zum Beispiel ein weißer Bauer von d3 nach d4 oder ein schwarzer Bauer von g4 nach g3. Eine Ausnahme gilt für Bauern, die noch auf ihrem Ausgangsfeld stehen. Sie dürfen wahlweise ein Feld oder zwei Felder nach vorn bewegt werden. Ein weißer Bauer auf e2 kann also nach e3, aber auch mit einem Zug direkt nach e4 gezogen werden.

Ist das Feld vor einem Bauern durch eine Figur besetzt, kann er nicht weiterziehen. Dabei ist es unerheblich, ob der Bauer durch einen eigenen oder einen gegnerischen Stein blockiert wird. Ein Bauer darf auch nicht seinen Doppelschritt nutzen, um über das Hindernis zu springen – selbst wenn das übernächste Feld frei wäre.

Diagramm 3

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Welche Züge sind möglich?

In Diagramm 3 blockieren sich die Bauern auf d6 und d7 gegenseitig. Keiner von beiden kann ziehen, auch ein Doppelschritt des Bauern d7 ist nicht erlaubt. Das Feld g3 ist frei, und der Spieler, der am Zug ist, könnte seinen Bauern dorthin ziehen. Nicht möglich ist der Doppelschritt von g2 nach g4, weil das Feld g4 von einem schwarzen Bauern blockiert ist.

Diagramm 4

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Welche Züge sind hier möglich?

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Aufgabe 1: Finden Sie in Diagramm 4 für Schwarz und für Weiß alle Bauernzüge!

Mit dem Bauern schlagen

Befindet sich auf dem Feld schräg (diagonal) vor einem Bauern ein gegnerischer Stein, so kann dieser geschlagen werden. Dazu setzt der am Zug befindliche Spieler seinen Bauern auf das Standfeld der gegnerischen Figur. Gleichzeitig wird die geschlagene Figur vom Brett genommen und spielt nicht mehr mit.

Diagramm 5

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Weiß am Zug

In Diagramm 5 kann Weiß den schwarzen Bauern auf e5 schlagen. Dabei zieht der weiße Bauer von d4 nach e5, der schwarze Bauer e5 verschwindet. Durch das Schlagen hat der weiße Bauer also von der d-Linie auf die e-Linie gewechselt (siehe Diagramm 6). Nun ist Schwarz am Zug und kann mit seinem Bauern d6 den weißen Bauern auf e5 zurückschlagen. In diesem Fall, wenn nacheinander Figuren beider Seiten geschlagen werden, spricht man von einem Tausch.

Diagramm 6

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Stellung nach dem Schlagen des schwarzen Bauern

Eine Figur ist bedroht oder angegriffen, wenn sie von einer gegnerischen Figur geschlagen werden könnte. Gedeckt ist sie, wenn der Angreifer nach dem Schlag gleich zurückgeschlagen werden kann. Im Beispiel von Diagramm 5 bedrohen sich die Bauern d4 und e5 gegenseitig: Der schwarze Bauer e5 ist durch den Bauern d6 gedeckt, der weiße Bauer d4 dagegen ist ungedeckt.

Oft ist es ein Vorteil, eine Figur zu schlagen, weil damit die gegnerische Seite geschwächt wird. Deshalb sollten Sie immer darauf achten, ob Figuren (eigene und gegnerische!) bedroht und ob sie gedeckt sind. Es besteht aber kein „Schlagzwang“: Wer eine Figur schlagen kann, darf stattdessen auch einen anderen Zug wählen.

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Der Bauer zieht immer geradeaus, schlagen kann er aber nur schräg. In beiden Fällen darf er sich nur nach vorn bewegen, niemals zurück. Einen Doppelschritt gibt es beim Schlagen nicht: Auch aus ihrer Startposition heraus können Bauern immer nur ein Feld weit diagonal schlagen.

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Aufgabe 2: Stellen Sie alle Bauern in ihre Ausgangsposition (Diagramm 2) und spielen Sie einige Partien nach folgenden Regeln:

1.) Weiß beginnt, danach wird immer abwechselnd gezogen.

2.) Gewonnen hat, wer als Erster einen seiner Bauern auf die gegnerische Grundreihe zieht.

3.) Es gewinnt auch, wer alle gegnerischen Bauern geschlagen oder blockiert hat, sodass der Gegner am Zug ist, aber keinen Zug mehr ausführen kann.

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Lösungen und Hinweise

Aufgabe 1: Wenn Schwarz am Zug ist, kann er den Bauern von c7 nach c6 oder per Doppelschritt nach c5 ziehen, den Bauern e6 nach e5. Weiß am Zug könnte den Bauern von a5 nach a6 oder von b3 nach b4 ziehen. Nicht ziehen können die Bauern h4 und h5, die sich gegenseitig blockieren, und der Bauer b2, der durch seinen Kollegen auf b3 blockiert ist.

Aufgabe 2: Falls Sie keinen Trainingspartner zur Verfügung haben, spielen Sie trotzdem ein paar Partien des „Bauern-Spiels“ gegen sich selbst. Dadurch üben Sie zugleich, die Vor- und Nachteile Ihrer Züge aus der Perspektive des Gegners zu analysieren.

2. Freibauer und En-passant-Regel

Wenn Sie das „Bauern-Spiel“ einige Male gespielt haben, gab es vielleicht Situationen, in denen Sie schon ein paar Züge vor dem Ende sicher wussten, dass die Partie gewonnen (oder verloren) war? Weil vorherzusehen war, dass ein Bauer der siegreichen Partei unaufhaltsam bis zur letzten Reihe ziehen würde?

Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Bauer auf seinem Weg zur gegnerischen Grundreihe auch bei bester Gegenwehr nicht mehr aufzuhalten ist. Erstens: Die Felder vor ihm müssen frei von Bauern sein, sodass er nicht blockiert werden kann. Zweitens: Kein Feld vor ihm darf durch einen gegnerischen Bauern auf einer der Nachbarlinien bedroht sein. Einen Bauern, der auf seinem Weg zur letzten Reihe durch keinen gegnerischen Bauern aufgehalten (blockiert oder geschlagen) werden kann, nennt man „Freibauer“.

Diagramm 1

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Welche Bauern sind Freibauern?

In Diagramm 1 haben beide Seiten jeweils einen Freibauern: Schwarz auf a5, Weiß auf g4. Die Bauern auf f3 und f4 blockieren sich gegenseitig, die Bauern c3 und b7 können nicht aneinander vorbeiziehen, ohne unterwegs durch den jeweils anderen bedroht zu sein. Gleiches gilt für die Bauern auf d2 und e5, wobei der Bauer e5 zusätzlich durch den Bauern f3 aufgehaltenen werden könnte.

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Aufgabe 1: Wer gewinnt in der abgebildeten Stellung?

Einen Freibauern schaffen

Bevor Sie durch einen Freibauern gewinnen können, müssen Sie allerdings erst einmal einen haben. Der Gegenspieler lässt das in der Regel nicht freiwillig zu, aber manchmal kann durch das Zusammenspiel mehrerer Bauern einer von ihnen zum Freibauern werden. Fügen Sie der Position aus Diagramm 1 einen zusätzlichen weißen Bauern auf a2 zu. Schwarz hat nun keinen Freibauern mehr. Kann er, wenn er am Zug ist, trotzdem gewinnen?

Die Antwort lautet: Ja! Schwarz kann sich einen Freibauern schaffen, indem er seinen Bauern von e5 nach e4 zieht. Dort ist er nur noch drei Felder von der weißen Grundreihe entfernt. Schwarz droht jetzt, in drei Zügen zu gewinnen, während Weiß vier Züge bräuchte, um seinen Bauern von g4 nach g8 zu ziehen. Weiß muss also den Bauern e4 aufhalten, und das geht nur, indem er ihn von f3 aus schlägt. Danach entsteht die Position aus Diagramm 2.

Diagramm 2

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Schwarz am Zug

Jetzt zeigt sich der Sinn des schwarzen Spiels: Weil Weiß gezwungen war, mit seinem Bauern vom Feld f3 weg zu schlagen, ist nun der schwarze f-Bauer zum Freibauern geworden, der in drei Zügen das Feld f1 erreichen kann.

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Wenn ein Spieler freiwillig eine oder mehrere seiner Figuren schlagen lässt, um einen größeren Vorteil zu erlangen, spricht man von einem Opfer. Im vorliegenden Fall hat Schwarz auf dem Feld e4 einen Bauern geopfert, um sich einen Freibauern zu schaffen.

Im obigen Beispiel konnte sich Schwarz einen Freibauern schaffen, weil er auf dem entscheidenden Abschnitt des Brettes zwei Bauern gegen einen besaß: e5 und f4 gegen f3 (die anderen Bauern stehen zu weit weg, um eingreifen zu können). Eine solche Bauernmehrheit kann hilfreich sein, ist aber nicht immer nötig zur Schaffung eines Freibauern: Sogar in Unterzahl ist das manchmal möglich.

Diagramm 3

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Weiß am Zug

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Aufgabe 2: Weiß spielt den Bauern g2 nach g3 – ein grober Fehler. Wie kann Schwarz jetzt gewinnen?

Diagramm 4

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Weiß am Zug

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Aufgabe 3: Der schwarze Freibauer ist näher am Ziel als der weiße. Wie kann Weiß trotzdem gewinnen?

Zugrecht – Zugpflicht

Beim Wettlauf der Freibauern war es von Vorteil, am Zug zu sein. Doch es gibt auch Situationen, in denen ein Spieler liebend gern sein Zugrecht an den Gegner abtreten würde – was aber nicht erlaubt ist. Die Position in Diagramm 5 entsteht oft, wenn unerfahrene Spieler das „Bauern-Spiel“ spielen: Abwechselnd setzen sie ihre Bauern um einen bzw. um zwei Schritte nach vorn, bis nach acht weißen und schwarzen Zügen ein Zickzackmuster entstanden ist.

Diagramm 5

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Stellung nach dem 8. Zug von Schwarz

Die Stellung sieht vollkommen ausgeglichen aus, aber Weiß ist am Zug, und genau deshalb wird er in wenigen Zügen verlieren. Vier seiner Bauern sind blockiert. Die anderen vier können zwar ziehen, aber immer nur auf ein Feld, auf dem sie ungedeckt sind und geschlagen werden können. Schlimmer noch: Der schlagende schwarze Bauer wird sofort zum Freibauern, der drei Züge später die Grundreihe erreichen kann.

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Manchmal wird die Position eines Spielers dadurch schlechter, dass er am Zug ist. Er befindet sich dann im Zugzwang.

Die En-passant-Regel

Beim Zug des Bauern gibt es noch eine Sonderregel, die sogenannte En-passant-Regel. Sie lautet wie folgt: Wenn ein Bauer einen Doppelschritt ausführt und auf einem Feld unmittelbar neben einem gegnerischen Bauern landet, dann darf dieser ihn im nächsten Zug so schlagen, als wäre er nur ein Feld vorgerückt.

Diagramm 6

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Schwarz kann en passant schlagen

In Diagramm 6 hat Weiß gerade den Bauern von b2 nach b4 gezogen. Schwarz darf nun nach der En-passant-Regel so tun, als hätte der Bauer nur einen einfachen Schritt nach b3 ausgeführt. Er darf den Bauern von a4 nach b3 ziehen und den Bauern b4 vom Brett nehmen!

Diagramm 7

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Stellung nach dem En-passant-Schlag

Der französische Ausdruck „en passant“ bedeutet etwa „im Vorübergehen“. Die En-passant-Regel kommt immer dann zur Geltung, wenn ein Bauer mit seinem Doppelschritt an einem Feld vorübergeht, das von einem gegnerischen Bauern bedroht ist. Der gegnerische Bauer kann ihn trotzdem aufhalten und seinem Kontrahenten sozusagen ein Beinchen stellen.

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Das Schlagen en passant ist nur nach einem Doppelschritt eines Bauern möglich. Es darf nur im unmittelbar nächsten Zug und nur durch einen Bauern ausgeführt werden.

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Lösungen

Aufgabe 1: Es gewinnt die Seite, die am Zug ist. Beide Freibauern sind vier Felder vom Ziel entfernt. Wenn beide Spieler ihre Freibauern schnellstmöglich in Bewegung setzen, kommt also der Bauer, der zuerst gezogen wird, auch als Erster auf der gegnerischen Grundreihe an.

Falls Weiß am Zug ist, sollte er den Bauern von g4 nach g5 ziehen und die nächsten drei Züge dazu nutzen, ihn bis nach g8 zu führen. Ist dagegen Schwarz am Zug, kann er umgehend den a-Bauern nach a4 und in den folgenden Zügen bis a1 ziehen. (Schwarz hat einen weiteren Gewinnweg, der im Abschnitt „Einen Freibauern schaffen“ erklärt wird.)

Aufgabe 2: Schwarz zieht den Bauern von g5 nach g4. Egal, welchen Bauern Weiß jetzt schlägt, der andere schwarze Bauer wird nach h3 ziehen (oder schlagen) und zwei Züge später auf h1 gewinnen.

Aufgabe 3: Weiß will seinen weit vorgerückten h-Bauern zum Freibauern machen. Das gelingt ihm durch ein doppeltes Bauernopfer: Zunächst spielt Weiß den Bauern e5 nach e6. Dort droht er, den Bauern f7 zu schlagen und noch vor dem schwarzen c-Bauern die Grundreihe zu erreichen. Schwarz muss also reagieren und mit seinem Bauern f7 den Bauern e6 schlagen (oder den Bauern f7 vorziehen). Dadurch ist das Feld g6 nur noch vom schwarzen h-Bauern kontrolliert. Jetzt zieht Weiß seinen g-Bauern nach g6 und droht erneut, in zwei Zügen zu gewinnen. Schwarz kann den Bauern nur stoppen, indem er ihn mit dem Bauern h7 schlägt. Dadurch ist aber der Weg für den h-Bauern frei. Weiß zieht ihn nach h7 und gewinnt im nächsten Zug.

 II. Die Leicht- und Schwerfiguren

Neben den acht Bauern verfügt jeder Spieler zu Beginn der Partie über acht größere Figuren, die fünf verschiedenen Figurenarten angehören: einen König (siehe die Lektionen 8–12); jeweils zwei Läufer und Springer, die sogenannten Leichtfiguren; zwei Türme und eine Dame, die man als Schwerfiguren bezeichnet.

Anders als beim Bauern, der geradeaus zieht, aber schräg schlägt und sich nur nach vorn bewegen kann, gilt für alle anderen Figuren: Sie schlagen genauso, wie sie ziehen. Und sie können gleichermaßen in alle Richtungen ziehen – vorwärts wie rückwärts, rechts wie links. Sie können also auch auf ein Feld zurückkehren, das sie mit einem früheren Zug verlassen haben.

3. Der Turm

Den Turm erkennt man an seiner typischen Form, die an den Aussichtsturm einer Burg erinnert. Jeder Spieler verfügt über zwei Türme, die zu Beginn der Partie auf den Eckfeldern aufgestellt werden: die weißen Türme auf den Feldern a1 und h1, die schwarzen auf den Feldern a8 und h8.

Der Turm kann von seinem Standfeld aus geradeaus in alle Richtungen ziehen: auf seiner Linie vorwärts oder rückwärts, auf seiner Reihe nach rechts oder links. Er kann dabei beliebig viele Felder weit ziehen – bis zum Brettrand oder bis er auf ein Hindernis (eine andere Schachfigur) stößt. Innerhalb eines Zuges muss er aber die Richtung beibehalten, darf also nicht „abknicken“.

Diagramm 1

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Die Zugmöglichkeiten des Turms

In Diagramm 1 hat der schwarze Turm 14 Zugmöglichkeiten: sieben auf der 8. Reihe von g8 bis a8, sieben auf der h-Linie von h7 bis h1. Auch der weiße Turm kann 14 verschiedene Felder erreichen: jeweils sieben auf der 4. Reihe (d4 bis a4 und f4 bis h4) und auf der e-Linie (e3 bis e1 und e5 bis e8). Obwohl der weiße Turm in vier verschiedene Richtungen – vorwärts, rückwärts, links und rechts – ziehen kann, der schwarze nur in zwei, kontrollieren sie die gleiche Anzahl von Feldern.

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Der Turm ist die einzige Figur, die von einem Eckfeld aus genauso viele Felder erreichen kann wie von einem Feld im Zentrum des Brettes. Alle anderen Figuren sind mitten auf dem Brett deutlich beweglicher als am Rand oder in der Ecke.

Doch meist steht dem Turm nicht die maximale Anzahl von 14 Zugmöglichkeiten zur Verfügung, weil sich auf seiner Linie und/oder Reihe andere Figuren befinden. Handelt es sich dabei um eine Figur seiner eigenen Farbe, dann kann der Turm auf jedes Feld ziehen, das auf der Linie/Reihe vor dieser Figur liegt. Er darf weder deren Standfeld betreten noch die Figur „überspringen“ und eines der Felder hinter ihr besetzen.

Diagramm 2

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Welche Zugmöglichkeiten haben die Türme?

In Diagramm 2 kann der Turm b1 auf der 1. Reihe die sechs Felder von c1 bis h1 erreichen. Auf der b-Linie kann er auf die Felder b2, b3 und b4 ziehen. Er kann weder nach a1 noch nach b5, weil dort ein Turm bzw. ein Bauer seiner Farbe steht. Auch die Felder b6 bis b8 kann er nicht erreichen, da er nicht den Bauern b5 überspringen darf. Der Turm a1 kann überhaupt nicht ziehen. Er ist auf dem Eckfeld gleichsam „eingemauert“: Seine Zugmöglichkeiten sind durch den Bauern a2 und den Turm b1 blockiert.

So schlägt der Turm

Steht in der Zuglinie des Turms eine gegnerische Figur, so kann er – zusätzlich zu seinen anderen Zugmöglichkeiten – diese Figur schlagen. Dabei wird die gegnerische Figur vom Brett genommen und der Turm auf ihr bisheriges Standfeld gestellt. Ein Beispiel zeigt Diagramm 3:

Diagramm 3

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Weiß am Zug

Der weiße Turm b1 hat hier alle Zugmöglichkeiten wie im vorigen Diagramm. Zusätzlich kann er den schwarzen Bauern auf b5 schlagen: Der Bauer wird vom Brett genommen und der Turm nach b5 gezogen.

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Genau wie die eigenen Figuren darf der Turm auch gegnerische nicht überspringen. Er kann sie aber schlagen, indem er ihr bisheriges Standfeld einnimmt.

Diagramm 4

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Stellung nach dem Schlagen des Bauern b5

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Aufgabe 1: War dies ein guter Zug? Was könnte Schwarz jetzt ziehen?

Der schwarze Turm kann im diesem Beispiel den weißen Turm schlagen, weil er zuvor den Bauern auf b5 gedeckt hatte. Betrachten Sie noch einmal Diagramm 3: Der schwarze Bauer blockiert einerseits den schwarzen Turm, indem er ihm den Zugang zu den Feldern b5 bis b1 versperrt. Andererseits deckt der Turm dadurch den Bauern und erhöht so dessen Kraft, denn ohne die Deckung wäre der Bauer eine leichte Beute für Weiß.

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Aufgabe 2: Stellen Sie wie in Diagramm 5 die Türme und Bauern in ihre Ausgangsposition und spielen Sie einige Partien nach folgenden Regeln: Es gewinnt, wer als Erster einen Bauern auf die gegnerische Grundreihe zieht, sofern dieser Bauer nicht unmittelbar vom Gegner geschlagen werden kann. Außerdem gewinnt, wer den letzten Bauern des Gegners schlägt oder wessen Gegner nicht mehr ziehen kann.

Diagramm 5

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Türme und Bauern in der Ausgangsstellung

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Ein weiteres Trainingsspiel mit Türmen und Bauern – und später auch Spiele mit anderen Figuren – finden Sie im Anhang „Schach im Schulunterricht“ auf den Seiten 238–243.

Wie sich Türme und Bauern gegenseitig decken und unterstützen können, zeigt Diagramm 6:

Diagramm 6

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Schwarz am Zug

Schwarz kann den Bauern auf b6 schlagen, muss aber damit rechnen, dass Weiß dann mit dem Turm b1 zurückschlägt. Ein Turm, der hinter seinem Freibauern postiert ist, schützt diesen vor Angriffen und unterstützt ihn auf seinem Weg zur gegnerischen Grundreihe.

Aber auch Schwarz kann seinen Freibauern unterstützen, indem er seinen Turm von e6 nach e1 zieht. Hier ist er durch den Bauern f2 gedeckt. Würde Weiß nun mit dem Turm von b1 nach e1 schlagen, könnte Schwarz zurückschlagen, und sein Freibauer hätte die gegnerische Grundreihe erreicht. Außerdem versperrt der schwarze Turm seinem Kontrahenten auf b1 den Zugang zum Feld f1 – auf das im nächsten Zug der Bauer f2 ziehen könnte.

Schlecht positioniert sind dagegen die Türme auf h2 und h5. Sie unterstützen ihre Bauern nicht nennenswert, sind aber durch sie eingesperrt. Der weiße Turm kann nur auf h1 ziehen, der schwarze nach h4 und h3 (dort würde er allerdings geschlagen).

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Aufgabe 3: Im vorliegenden Fall könnte Schwarz den Bauern auf b6 schlagen, obwohl er gedeckt ist. Warum?

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Lösungen

Aufgabe 1: Schwarz kann mit dem Turm b8 den weißen Turm auf b5 schlagen. Weiß hat also einen Turm abgegeben und dafür einen Bauern erhalten. Da der Turm viel mehr Felder kontrolliert als ein Bauer und daher in den meisten Situationen stärker ist, war das für Weiß kein guter Tausch.

Aufgabe 3: Der Turm b1 darf die erste Reihe nicht verlassen, weil Schwarz sonst seinen Bauern nach f1 ziehen und sofort gewinnen könnte. Der Bauer b6 ist also nur scheinbar gedeckt.

4. Der Läufer

Die Figur des Läufers ist relativ hoch und schmal und erinnert ein wenig an einen in die Länge gezogenen Bauern. Am oberen Teil befindet sich häufig eine Kerbe, die eine Bischofsmütze andeuten soll. Der Läufer stellte nämlich ursprünglich einen Bischof dar, was auch noch an seinem englischen Namen „bishop“ erkennbar ist.

Jeder Spieler verfügt über zwei Läufer, die zu Beginn der Partie zwei Felder neben den Türmen stehen: die schwarzen Läufer auf c8 und f8, die weißen auf c1 und f1. Wie der Turm kann auch der Läufer in vier verschiedene Richtungen ziehen, allerdings nicht gerade, sondern schräg/diagonal. Er kann also wahlweise nach vorn links, vorn rechts, hinten links und hinten rechts ziehen, jeweils in die Richtung des Feldes, das mit einer Ecke an sein Standfeld angrenzt. In jede dieser vier Richtungen darf er beliebig weit ziehen – bis er auf ein Hindernis oder auf eine andere Figur trifft. Genau wie der Turm darf der Läufer nicht innerhalb eines Zuges die Richtung wechseln.

In Diagramm 1 kann der schwarze Läufer e4 auf 13 verschiedene Felder ziehen: sieben Felder (a8, b7, c6, d5, f3, g2, h1) auf der Diagonale h1–a8, sechs auf der Diagonale b1–h7. Dem weißen Läufer h8 stehen sieben Felder auf der Diagonale a1–h8 zur Auswahl. Mitten auf dem Brett kann der Läufer also fast so viele Felder erreichen wie der Turm (14), am Rand nur halb so viele.

Diagramm 1

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Die Zugmöglichkeiten des Läufers

So ähnlich sich die Zugweisen von Turm und Läufer scheinbar sind (der eine zieht in vier Richtungen geradeaus, der andere diagonal): Es gibt doch einen entscheidenden Unterschied.

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Aufgabe 1: Führen Sie abwechselnd mit dem weißen und dem schwarzen Läufer jeweils zehn Züge aus. Achten Sie dabei auf Gelegenheiten, mit einem der Läufer den anderen zu schlagen.

Schwarz- und weißfeldrige Läufer

Ist Ihnen aufgefallen, dass der Läufer von e4 aus nur weiße Felder erreichen kann, von h8 aus nur schwarze? Das ist kein Zufall, sondern eine Folge davon, dass Läufer nur diagonal ziehen können und dass Felder, die diagonal aneinander angrenzen – sich also mit einer Ecke berühren – auf dem Schachbrett immer dieselbe Farbe haben.

Das bedeutet, dass ein Läufer, egal wie häufig er zieht, im Verlauf einer Schachpartie nur 32 der 64 Felder betreten kann: entweder nur die schwarzen oder nur die weißen. Jeder Spieler hat zu Beginn einen weißfeldrigen und einen schwarzfeldrigen Läufer. Die beiden Läufer eines Spielers können sich also im Verlauf der Partie nicht einander im Weg stehen, sich aber auch niemals gegenseitig decken. Dafür sind die beiden Läufer oft besonders stark im Zusammenspiel, weil sie nebeneinanderliegende Felder angreifen können.

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Wird einer Ihrer Läufer geschlagen, können Sie für den Rest der Partie die Hälfte der Felder nicht mehr mit einem Läufer kontrollieren (Ausnahme: durch Bauernumwandlung – siehe Lektion 7).

So schlägt der Läufer

Genau wie der Turm darf auch der Läufer keine Figuren überspringen. Befindet sich auf seiner Diagonale eine Figur der eigenen Farbe, darf er nur die Felder betreten, die zwischen ihm und dieser Figur liegen. Eine Figur des Gegners kann er schlagen, indem er sich auf ihr Feld stellt: Die geschlagene Figur wird dabei vom Brett genommen.

Diagramm 2

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Welche Läuferzüge sind möglich?

Betrachten Sie die beinahe symmetrische Position in Diagramm 2: Wenn Schwarz am Zug ist, kann er zwischen 14 Zügen wählen, darunter sind zwei Schlagmöglichkeiten. Der Läufer c8 könnte nach b7 oder a6 ziehen, außerdem stehen ihm auf der Diagonale h3–c8 die Felder d7, e6, f5 und das Schlagen des weißen Läufers auf g4 zur Verfügung – der Weg nach h3 ist ihm von diesem Läufer verstellt. Der Läufer g5 könnte vier Felder auf der Diagonale h4–d8 betreten (h4, f6, e7 und d8), außerdem nach h6, f4 und e3 ziehen oder den Bauern auf d2 schlagen.

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Aufgabe 2: Wie geht es weiter, wenn Schwarz den Bauern d2 schlägt?

Der beste schwarze Zug in dieser Stellung ist das Schlagen des Läufers auf g4. Damit gewinnt Schwarz nicht nur einen Läufer, sondern bringt Weiß in eine Situation, in der er weiteren Materialverlust nicht vermeiden kann:

Diagramm 3

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Weiß muss ziehen!

Weiß ist am Zug, und das ist sein Problem. Im Augenblick ist sein Bauer d2 durch den Läufer gedeckt, während der Läufer überhaupt nicht angegriffen ist, weil der Bauer die Wirkungslinie des schwarzen Läufers auf g5 unterbricht. Könnte Weiß beide Figuren so stehenlassen, drohte ihm keine Gefahr. Aber Weiß muss ziehen und sich entscheiden: Zieht er den Läufer nach b2 oder a3, kann Schwarz den nun ungedeckten Bauern d2 schlagen. Zieht stattdessen der Bauer nach d3 oder d4, gerät der Läufer c1 in die Schusslinie des Läufers g5. Weiß befindet sich im Zugzwang.

Läufer und Bauern im Zusammenspiel

Betrachten Sie noch einmal Diagramm 2: Wäre nicht Schwarz, sondern Weiß am Zug, hätte er insgesamt elf Läuferzüge zur Auswahl: Der Läufer c1 kann nach b2 und a3 ziehen. Der Läufer g4 kann auf der Diagonale d1–h5 nach d1, e2, f3 und h5 ziehen; auf der Diagonale h3–c8 kann er nach h3, f5, e6 oder d7 ziehen und den Läufer auf c8 schlagen.

Rechnet man die Bauernzüge nach d3 und d4 dazu, dann hat Weiß 13 Züge zur Auswahl. Schwarz, obwohl er einen Bauern weniger besitzt, hat einen Zug mehr. Das liegt daran, dass der Bauer d2 seinem Läufer im Weg steht und ihm den Zugang zu den Feldern von d2 bis g5 versperrt.

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Bauern können die Beweglichkeit ihres eigenen Läufers spürbar einschränken, wenn sie auf Feldern „seiner“ Farbe stehen.

Oft ist es ein Nachteil, wenn die Bauern auf Feldern der gleichen Farbe stehen wie ihr Läufer, weil der Läufer dann weniger Züge zur Verfügung hat. Dem steht allerdings auch ein Vorteil gegenüber: Bauern auf der Feldfarbe des Läufers können nicht nur vom diesem gedeckt werden, sie können auch ihn decken.

Ein Beispiel zeigt Diagramm 4: Der Läufer e5 deckt den Bauern f6. Gleichzeitig ist er selbst von diesem Bauern gedeckt. Weiß kann keinen der beiden Steine schlagen, ohne dabei selbst einen Turm zu verlieren.

Diagramm 4

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Gegenseitige Deckung

Diagramm 5

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Weiß am Zug

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Aufgabe 3: Wie viele Züge benötigt der Läufer in Diagramm 5 mindestens, um das Feld g7 zu erreichen?

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Lösungen

Aufgabe 1: Wenn Sie alle Züge korrekt ausgeführt haben, kann sich keine Gelegenheit zum Schlagen ergeben haben. Die Begründung liefert der nächste Abschnitt.

Aufgabe 2: Es entsteht die kuriose Situation, dass sich alle vier Läufer gegenseitig angreifen:

Diagramm 6

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Weiß am Zug

Weiß kann sowohl den Läufer d2 als auch den Läufer c8 schlagen. Egal, wie er sich entscheidet, kann Schwarz im nächsten Zug mit seinem verbliebenen Läufer auf g4 bzw. auf c1 einen weißen Läufer schlagen. Danach hat jede Seite noch einen Läufer, die sich gegenseitig nicht schlagen können, da einer der beiden weißfeldrig ist, der andere schwarzfeldrig.

Aufgabe 3: Vier Züge. Der Läufer zieht über d4, e3 und h6 nach g7.

5. Die Dame

Die Dame ist eine der beiden Figuren, die im weißen und schwarzen Figurensatz jeweils nur einmal vorkommen. Von der anderen, dem König, unterscheidet sie sich unter anderem dadurch, dass oben auf dem König in der Regel ein Kreuz ist, auf der Dame eine kleine Kugel. Beides soll eine Krone andeuten, denn die Dame wird auch als Königin bezeichnet (ihr englischer Name zum Beispiel ist „queen“). Zu Beginn der Partie steht die weiße Dame auf d1, die schwarze auf d8.

Die Dame ist die mächtigste Figur auf dem Schachbrett. Sie vereinigt die Zugmöglichkeiten von Turm und Läufer, kann gerade und schräg ziehen. Mitten auf einem leeren Schachbrett kann eine Dame also in acht Richtungen ziehen: auf ihrer Reihe nach rechts oder links, auf ihrer Linie nach oben oder unten und auf ihren beiden Diagonalen in jeweils zwei Richtungen. Wie Turm und Läufer muss sie sich aber bei jedem Zug für eine Richtung entscheiden und darf nicht mitten im Zug „abknicken“.

Diagramm 1

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So zieht die Dame

Weil der Dame alle Züge von Turm und Läufer zur Verfügung stehen, kann sie so viele Felder erreichen wie diese beiden Figuren zusammengenommen. Die weiße Dame auf e4 hat 27 verschiedene Züge: 14 „Turmzüge“ auf der 4. Reihe und der e-Linie, 13 „Läuferzüge“ auf den Diagonalen a8–h1 und b1–h7. Die schwarze Dame h8 hat 21 Züge zur Auswahl: neben den 14 „Turmzügen“ auf der 8. Reihe und der h-Linie die sieben „Läuferzüge“ auf der Diagonale a1–h8.

Befinden sich auf einer Reihe, Linie oder Diagonale außer der Dame andere Figuren, so gilt ebenfalls das Gleiche wie bei Türmen und Läufern: Die Dame darf jedes Feld betreten, das zwischen ihr und der anderen Figur liegt. Eine gegnerische Figur darf die Dame schlagen, indem sie deren Feld betritt. Die Felder hinter der Figur – sowohl einer eigenen wie einer gegnerischen – kann die Dame nicht mit einem Zug erreichen.

Die Dame – die stärkste Figur

In der Regel ist eine Schachfigur umso nützlicher und stärker, je mehr Felder sie kontrolliert. Die Dame, die bei offenem Brett – wenn ihre Linien, Reihen und Diagonalen nicht durch andere Figuren verstellt sind – mehr als 20 Felder erreichen kann, ist also in den meisten Situationen die mächtigste Figur auf dem Schachbrett. Ihre Fähigkeit, in bis zu acht Richtungen zu ziehen, ermöglicht es ihr häufig, gleich mehrere gegnerische Figuren anzugreifen. Ein Beispiel zeigt Diagramm 2.

Diagramm 2

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Ein Doppelangriff durch die Dame

Die schwarze Dame greift gleichzeitig den Turm auf f2 und den Läufer auf c8 an. Selbst wenn Weiß am Zug ist, kann er höchstens eine der beiden Figuren retten. Zieht er den Läufer auf ein sicheres Feld, wird der Turm geschlagen; rettet er den Turm, kann die Dame den Läufer schlagen.

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Wenn eine Figur zwei oder mehr gegnerische Figuren gleichzeitig bedroht, nennt man dies eine Gabel (siehe Lektion 24). Eine Gabel ist meistens ein starker Angriffszug, weil der Gegner oft nicht beide Figuren mit einem Zug retten kann.

Diese Stellung zeigt, wie die Dame davon profitiert, dass sie unterschiedliche Zugrichtungen zur Verfügung hat: gerade und schräg. So kann sie gegnerische Figuren angreifen, ohne umgekehrt von diesen bedroht zu werden. Im Diagramm 2 greift sie den Turm auf der Diagonale, den Läufer über die c-Linie an.

Weiß könnte noch versuchen, den Turm so wegzuziehen, dass er den Läufer deckt. Damit hätte er beide Figuren zugleich gerettet. Leider ist das einzige erreichbare Feld, auf dem der Turm den Läufer decken würde – f8 –, ebenfalls von der Dame bedroht. Nach dem Turmzug von f2 nach f8 könnte die Dame also einfach den Turm schlagen.

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Aufgabe 1: Der Versuch, den Läufer mit dem Turm zu decken, scheitert, weil die Dame das Feld f8 kontrolliert. Woran scheitert der Versuch, mit einem Läuferzug den Turm zu decken?

Spielen gegen die Dame

Trotz der großen Stärke der Dame sind die anderen Figuren nicht chancenlos. Der Schlüssel beim Kampf gegen die Dame liegt im Zusammenspiel mehrerer „schwächerer“ Figuren. Auch wenn im vorigen Beispiel die gegenseitige Deckung von Läufer und Turm nicht funktionierte, so zeigt sie doch einen Weg auf, wie andere Figuren sich gegen die Dame behaupten können. Denn gerade weil die Dame die mächtigste Figur auf dem Brett ist, möchte sie in der Regel kein Spieler gegen eine andere Figur abtauschen.

Diagramm 3

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Schwarz am Zug

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Aufgabe 2: In Diagramm 3 „gabelt“ die weiße Dame sogar drei schwarze Figuren. Kann Schwarz trotzdem alle seine Figuren retten?

Figuren, die sich gegenseitig decken, können sich also gegen die Dame verteidigen. Trotz ihrer großen Reichweite kann die Dame dann keine gegnerische Figur schlagen, ohne danach selbst geschlagen zu werden. Die Deckung dient aber nicht nur defensiven Zwecken, denn eine gedeckte Figur kann für einen Angriff auf die Dame eingesetzt werden. Will die Dame sich nicht gegen eine weniger mächtige Figur abtauschen, muss sie sich zurückziehen. Hat sie kein Rückzugsfeld, dann kann die Dame durch einen solchen Angriff sogar erobert werden.

Diagramm 4

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Weiß am Zug

In Diagramm 4 ist die schwarze Dame eingeklemmt und hat kaum Felder zur Verfügung. Weiß nutzt dies aus, indem er den Läufer nach f6 zieht und die schwarze Dame angreift. Schwarz kann seine Dame nicht mehr retten. Schlägt sie den Läufer auf f6, wird sie vom weißen Bauern zurückgeschlagen. Betritt sie die h-Linie, gerät sie in den Schlagbereich des Turmes.

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Aufgabe 3: Diese Aufgabe ist als das „Acht-Damen-Problem“ bekannt: Versuchen Sie, auf einem ansonsten leeren Schachbrett acht Damen so aufzustellen, dass keine der Damen das Feld einer anderen mit einem Zug erreichen kann.

Diagramm 5

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Weiß am Zug

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Aufgabe 4: Wenn die weiße Dame in Diagramm 5 beliebig oft ziehen dürfte – in wie vielen Zügen könnte sie frühestens das Feld h1 erreichen? Die Dame darf dabei allerdings kein Feld betreten, auf dem sie geschlagen werden könnte.

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Lösungen

Aufgabe 1: Der Läufer steht auf c8, einem weißen Feld. Er kann unmöglich auf ein schwarzes Feld ziehen und deshalb auch nicht den Turm auf dem Feld f2 decken.

Aufgabe 2: Ja! Der bedrohte Läufer zieht von c2 nach f5. Hier deckt er zugleich den Bauern e6 (und wird von diesem gedeckt) und den Turm g4. Die Dame kann nun nicht auf e6 oder g4 schlagen, ohne sich dadurch selbst in Gefahr zu bringen.

Aufgabe 3: Diagramm 6 zeigt eine der insgesamt 92 möglichen Lösungen:

Diagramm 6

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Eine Lösung des Acht-Damen-Problems

Aufgabe 4: Der schnellste Weg dauert drei Züge lang und geht über die Eckfelder h8, a8 und h1.

6. Der Springer

Der Springer ist die Schachfigur mit der wohl auffälligsten Form, denn er ist dem Kopf eines Pferdes nachempfunden. Daher wird er manchmal auch als „Pferd“ bezeichnet, sein Zug als „Rösselsprung“. Jeder Spieler hat zu Beginn der Partie zwei Springer, die direkt neben den Türmen stehen: die weißen auf b1 und g1, die schwarzen auf b8 und g8.

Mit Turm, Läufer und Dame hat der Springer gemeinsam, dass er vorwärts wie rückwärts ziehen kann und dass er genauso schlägt, wie er zieht. Anders als diese drei Figuren kann der Springer aber nicht beliebig weit ziehen. Er hat in jeder ihm möglichen Richtung nur ein Feld zur Verfügung. Dafür hat er gegenüber allen anderen Schachfiguren einen Vorteil: Der Springer kann auch ziehen, wenn die Felder zwischen ihm und seinem Zielfeld mit Figuren besetzt sind. Er kann – daher sein Name – sowohl eigene als auch gegnerische Figuren überspringen.

So zieht der Springer

Der Springer bewegt sich nicht auf den geraden oder schrägen Verbindungen des Schachbretts – Reihen, Linien und Diagonalen –, sondern dazwischen. Das macht ihn oft schwer ausrechenbar, und er kann alle anderen Figuren (selbst die Dame) angreifen, ohne zugleich von diesen angegriffen zu sein. Der Zug des Springers kann beschrieben werden mit „zwei Felder gerade in eine Richtung, dann ein Feld im rechten Winkel abknickend“. Wie Sie in Diagramm 1 sehen, ähnelt seine Zugweise der Form des Großbuchstabens „L“.

Diagramm 1

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Ein „L“-Zug des Springers

Der Springer auf d4 könnte statt nach e2 unter anderem auch nach c2 ziehen: In diesem Fall entspräche sein Zug also einem gespiegelten „L“ (bzw. einem eckigen „J“). Da der Springer vier Richtungen zur Verfügung hat, in die er „zwei Felder gerade“ ziehen und dann noch jeweils nach rechts und links „abknicken“ kann, stehen ihm insgesamt acht Felder zur Verfügung.

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Der Springerzug lässt sich auch umschreiben mit „ein Feld gerade, ein Feld (im 135-Grad-Winkel) schräg“. Beide Formulierungen sind gleichermaßen richtig – wählen Sie diejenige aus, mit der Sie sich den Springerzug besser einprägen können!

Mehr als bei jeder anderen Figur ist beim Springer die Zahl der möglichen Züge davon abhängig, wo auf dem Brett er sich befindet. Dies wird in Diagramm 2 deutlich, wo die Zugmöglichkeiten des Springers e4 durch weiße Punkte, die des Springers h8 durch schwarze Punkte eingezeichnet sind.

Diagramm 2

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Springer im Zentrum und in der Ecke

Vom zentralen Feld e4 aus kann der Springer acht Felder erreichen, die wie ein Achteck bzw. wie ein Rad angeordnet sind. Dem Springer in der Ecke bleiben dagegen nur zwei Felder. Seine volle Beweglichkeit erreicht der Springer also nur, wenn er weit genug vom Brettrand entfernt ist, konkret: wenn er sich innerhalb des Quadrates befindet, dessen Ecken die Felder c3, f3, f6 und c6 bilden. Steht er am Rand oder sogar in der Ecke, hat er deutlich weniger Züge zur Verfügung.

Die Beweglichkeit des Springers kann eingeengt werden durch eigene Figuren, die auf möglichen Zielfeldern stehen – nicht aber durch dazwischenstehende Figuren. Betrachten Sie Diagramm 3:

Diagramm 3

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Welche Springerzüge sind möglich?

Wenn Weiß am Zug ist, kann sein Springer von b2 nach d1 ziehen, den Bauern a4 oder den Springer c4 schlagen – das Feld d3 ist ihm durch seinen eigenen Bauern verstellt. Ist dagegen Schwarz am Zug, kann sein Springer auf die Felder a5, b6, e5 und d2 ziehen oder den Springer auf b2 schlagen – die Felder a3, d6 und e3 darf er nicht betreten, weil dort eigene Bauern stehen.