VVorwort

„Bis dass der Tod uns scheidet.“ Das Ja zum Partner erfolgt regelmäßig in der Vorstellung, dass die Liebe ewig dauert. Die Statistiken belegen leider das Gegenteil. Die Scheidungszahlen sind lange Jahre kontinuierlich gestiegen. Dass sie gegenwärtig stagnieren, liegt wohl daran, dass immer weniger Paare mit einem Trauschein ihrer Lebensgemeinschaft eine Form mit Rechten und Pflichten geben wollen.

Dass die Ehe, wie der Schriftsteller Honoré de Balzac schrieb, ein Kampf auf Leben und Tod ist, merken viele Paare erst bei einer Trennung. In den überwiegenden Fällen passiert sie zwischen dem 3. und dem 11. Jahr seit der Eheschließung. In mehr als der Hälfte der Fälle wird bei verschiedengeschlechtlichen Paaren der Scheidungsantrag von der Frau gestellt. Als die fünf häufigsten Trennungsgründe werden enttäuschte bzw. unerfüllte Erwartungen, unterschiedliche Entwicklungen der Partner, Kommunikationsprobleme, die fehlende gemeinsame Zukunftsperspektive und ein unterschiedlicher Lebensstil genannt.

Knapp die Hälfte der geschiedenen Paare hat minderjährige Kinder. Der gewohnte Lebensstandard kann in diesen Fällen meist nicht beibehalten werden. Dies gilt sowohl für die Restfamilie als auch für den Partner, der geht. Es kommt zum Kampf um den Zugewinn und vor allem den Unterhalt. Geld wird zum Äquivalent der erloschenen Liebe. Es hat die Funktion eines „Schmerzensgeldes“. Für die Enttäuschung, die man erlebt hat, soll der Partner jedenfalls „bezahlen“.

Eine gute und schöne Scheidung ist eine Illusion. Was bleibt, ist immer ein Scheitern. Die Liebe, die so hoffnungsvoll begonnen hat, hat der Realität des Alltags nicht standgehalten. Die juristische Aufarbeitung des gemeinsamen Lebensweges muss aber nicht zum Rosenkrieg werden, bei dem alle Beteiligten nur verlieren können. Am Ende einer Beziehung bleibt noch genügend Raum für eine Begegnung auf Augenhöhe. Es geht dabei um den fairen Ausgleich von Nachteilen, die ein Partner im gemeinsamen Interesse auf sich genommen, VIund um die Bedingungen, die insbesondere beim Vorhandensein von Kindern, eine vernünftige Basis für die Zukunft bieten. Dies sind Paare der früheren Liebe auch nach einem Scheitern ihrer Beziehung noch schuldig: Einander offen in die Augen zu schauen und fair miteinander umzugehen.

Seit 1.Oktober 2017 können auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe schließen. Die Ausführungen zur Ehe und zum Ehepartner gelten damit unterschiedslos auch für gleichgeschlechtliche Ehe und Partner. Lebenspartnerschaften können ab diesem Zeitpunkt nicht mehr begründet werden. Bereits bestehende Lebenspartnerschaften können gemäß § 20a LPartG durch Erklärung beider Lebenspartner gegenüber dem Standesbeamten in eine Ehe umgewandelt werden. In diesem Fall sollen für sie die Rechte und Pflichten von Ehegatten bereits ab dem Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft gelten. Wünschen Paare keine Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe, verbleibt es für sie bei den Vorschriften des LPartG.

Dank gilt Frau Amtfrau i.N. Petra Furtmair, die bei den Rechenbeispielen hinsichtlich der Notarkosten wertvolle Hilfe geleistet hat, und Herrn Frank Lang vom Verlag C. H. Beck, der als Lektor wiederum die Neuauflage mit großem Einsatz betreut hat.

Das in der Vorauflage grundlegend geänderte und von den Lesern positiv angenommene Konzept des Ratgebers wurde beibehalten. Zunächst erfolgt eine Information über die gesetzliche Regelung. Dabei werden auch die zahlreichen Verbindungen des Scheidungsfolgenrechts aufgezeigt. Der Zugewinn, das Nebengüterrecht, die Verteilung der Haushaltsgegenstände, der nacheheliche Unterhalt und der Versorgungsausgleich stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind in vielen Bereichen aufeinander bezogen. Danach werden Vereinbarungsmöglichkeiten aufgezeigt, die bei einer Scheidung den Stress minimieren und nicht zuletzt helfen, auch die Kosten zu reduzieren. Im Familienrecht erfahrene Anwältinnen und Anwälte als Vertreter ihrer Partei und gesetzlich zur Unparteilichkeit verpflichtete Notarinnen und Notare helfen den Betroffenen dabei. Diese sachverständige individuelle Beratung, bei der Steuerberaterinnen und Steuerberater auch die häufig nicht unerheblichen steuerlichen Auswirkungen beurteilen müssen, kann durch eine VII„Online-Scheidung“ im Internet nicht ersetzt werden. Der Ratgeber lebt von Anregungen aus der Praxis. Deshalb sind wir für Hinweise und Wünsche dankbar.

Regen/Arnstorf/Osterhofen, im Januar 2018

Herbert Grziwotz/
Susanne Kappler/Tobias Kappler

11. Kapitel
 
Vereinbarungen über den Trennungszeitpunkt und die Dauer des Getrenntlebens

Was sagen Gesetz und Rechtsprechung?

FALL 1. Jonny fühlt sich in seiner Ehe mit Alexandra eingeengt. Bei einem Diavortrag über den Hindukusch lernt Jonny die Politologiestudentin Patricia kennen. Vier Wochen später zieht Jonny aus der Ehewohnung aus und in Patricias Studentenappartement ein. Aufgrund der beengten Wohnsituation bei Patricia lässt Jonny seine Plattensammlung in der Ehewohnung zurück.

FALL 2. Sascha und seine Ehefrau Marion haben wieder einmal eine heftige Auseinandersetzung. Marion räumt daraufhin das eheliche Schlafzimmer und zieht ins Gästezimmer. Da in der gemeinsamen Wohnung nur ein Bad und eine Küche vorhanden sind, nutzen Sascha und Marion diese Räume weiterhin gemeinsam. Sonntags frühstücken Sascha und Marion „wegen der Kinder“ noch zusammen, ansonsten gehen sie sich aus dem Weg. Seine Wäsche lässt Sascha von Tante Helga reinigen.

FALL 3. Im Fall 1 läuft Jonnys Beziehung mit Patricia nicht gut. Immer häufiger besucht Jonny seine Ehefrau Alexandra. Schließlich übernachtet er sogar bei ihr. Am „Morgen danach“ beschließen Jonny und Alexandra, es noch einmal miteinander zu versuchen, und Jonny kehrt in die Ehewohnung zurück. Aber schon bald stellen sich altbekannte, unüberbrückbare persönliche Differenzen ein. Nach zwei Wochen zieht Jonny erneut zu Patricia.

2FALL 4. Stefan ist Seemann. Von seiner Reederei wird er auf der Europa-Asien-Route eingesetzt, so dass er immer für vier Monate unterwegs ist, bevor er wieder zu seiner Ehefrau Rosi zurückkehrt.

Gemäß § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine Ehe geschieden, wenn sie gescheitert (unheilbar „zerrüttet“) ist. Leben die Ehegatten aber noch nicht ein Jahr getrennt („Trennungsjahr“), kann selbst die gescheiterte Ehe nur in Härtefällen geschieden werden, § 1565 Abs. 2 BGB. Ein Scheitern der Ehe wird andererseits unwiderleglich vermutet, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide die Scheidung wollen, § 1566 Abs. 1 BGB; ein Scheitern der Ehe wird – selbst wenn sich ein Ehegatte der Scheidung widersetzt – unwiderleglich vermutet, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben, § 1566 Abs. 2 BGB (s. S. 10). Zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft gemäß § 15 LPartG s.S. 11 ff.

Der Gesetzgeber macht die Scheidung bzw. Lebenspartnerschaftsaufhebung also in der Regel von einem vorangegangenen Getrenntleben der Partner abhängig. Nach der gesetzlichen Definition des § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB leben Ehegatte getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und zumindest ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Entsprechendes gilt gemäß § 15 Abs. 5 LPartG für Lebenspartner.

Die vom Gesetz in § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB geforderte Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft wird am deutlichsten, wenn ein Ehegatte – wie im Fall 1 – aus der Ehewohnung auszieht und seinen privaten Lebensmittelpunkt in eine andere Wohnstätte verlegt. Einer Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft steht es im Fall 1 auch nicht entgegen, dass Jonny persönliche Gegenstände in der Ehewohnung zurückgelassen hat. Jedoch können Jonnys Besuche bei Alexandra im Fall 3 das Getrenntleben beenden, wenn sie regelmäßig erfolgen, Jonny und Alexandra dabei gemeinsam kochen und essen, Alexandra Jonnys Wäsche macht und Jonny Alexandra dafür Haushaltsgeld zahlt.

3Die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft setzt andererseits nicht notwendig den Auszug eines Partners aus der gemeinsamen Wohnung voraus. Vielmehr können die Ehegatten – wie im Fall 2 – auch innerhalb der gemeinsamen Wohnung getrennt leben, § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB. Erforderlich ist dann aber eine „Trennung von Tisch und Bett “, d.h. die Ehegatten dürfen keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen (getrenntes Kochen, getrennte Einnahme der Mahlzeiten, getrennte Haushaltskasse) und es dürfen – über die „Trennung von Tisch und Bett“ hinaus – keine wesentlichen persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten mehr bestehen (kein gemeinsames abendliches Fernsehen). Putzt Marion im Fall 2 weiterhin die gesamte Wohnung und stellt sie Sascha abends wortlos das von ihr zubereitete Essen in sein Zimmer, ist die häusliche Gemeinschaft folglich nicht aufgehoben (anders wäre es, wenn Marion Sascha diese Versorgungstätigkeiten aufdrängt, obwohl Sascha sich dagegen verwehrt und die von ihm bewohnten Räume selbst in Ordnung hält). Auch muss die Trennung innerhalb der Wohnung räumlich strikt vollzogen werden. Ein bloßes Sich-aus-dem-Weg-Gehen reicht hierfür nicht. Vielmehr dürfen die Ehegatten außer den der Versorgung und Hygiene dienenden Räumen (Küche und Bad) kein Zimmer der Wohnung mehr gemeinsam nutzen; der Wohn- und Schlafbereich des einen muss vom Wohn- und Schlafbereich des anderen getrennt sein. Sind mehrere Bäder/WCs vorhanden, muss auch insoweit eine räumliche Aufteilung zwischen den Ehegatten erfolgen. Der Schein der häuslichen Gemeinschaft darf auch nicht im Interesse der gemeinsamen Kinder (etwa durch die gemeinsame Einnahme aller Mahlzeiten oder die gemeinsame Benutzung des ehelichen Schlafzimmers, wenn auch ohne sexuellen Kontakt) vollständig aufrechterhalten werden; als unschädlich wird es aber zumeist angesehen, wenn die Ehegatten – wie im Fall 2 – im Interesse der Kinder einmal wöchentlich zusammen essen (sich im Übrigen aber selbständig versorgen) oder gemeinsam Erziehungsaufgaben wahrnehmen.

Zum Getrenntleben im Sinne des § 1567 BGB wird die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nur dann, wenn ein Ehegatte die häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht herstellen will (Trennungswille), 4weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (Trennungsmotiv). Im Fall 4 leben Stefan und Rosi folglich nicht getrennt, weil die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft – wenngleich sie gewollt ist – auf beruflichen Umständen und nicht auf einer Ablehnung der ehelichen Gemeinschaft beruht. Anders wäre es aber, wenn Stefan Rosi einen Brief aus Shanghai schickt, in dem er ihr mitteilt, er habe sich in die Chinesin Lia-Lilu verliebt und werde daher nicht mehr nach Hause zurückkehren. Eine unfreiwillige räumliche Trennung der Ehegatte – etwa weil ein Ehegatte eine Haftstrafe verbüßt oder ein längerer Krankenhausaufenthalt erforderlich ist – bewirkt mangels Trennungswillen ebenfalls kein Getrenntleben im Sinne des § 1567 BGB.

Wie bereits gesehen, ist die Dauer der Trennung für die Scheidung bzw. Lebenspartnerschaftsaufhebung von entscheidender Bedeutung. Andererseits will der Gesetzgeber eine Versöhnung der Ehegatten nicht dadurch erschweren, dass nach jedem noch so kurzem und erfolglosem Versöhnungsversuch die erforderliche Trennungsfrist erneut zu laufen beginnt. Nehmen die Ehegatten – wie im Fall 3 – die häusliche Gemeinschaft zum Zwecke der Versöhnung für kurze Zeit wieder auf und scheitert die Versöhnung, wird die Trennungsfrist hierdurch nicht unterbrochen, § 1567 Abs. 2 BGB. Der Wunsch nach Versöhnung muss jedenfalls ein Motiv für die Wiederaufnahme der häuslichen Gemeinschaft sein; kehrt Jonny im Fall 3 nur deshalb zu Alexandra zurück, weil er sich eine zweite Wohnung auf Dauer nicht leisten kann, wird die Trennungsfrist endgültig unterbrochen. Auch darf der Versöhnungsversuch nur kürzere Zeit gedauert haben; als Obergrenze wird hier meist ein 3-monatiges Zusammenleben angesehen. Ist die Versöhnung – wenn auch nur für kurze Zeit – erfolgreich, setzt die erneute Trennung auch eine neue Trennungsfrist in Gang.

Zahlreiche gesetzliche Bestimmungen knüpfen an das Getrenntleben der Ehegatten bzw. Lebenspartner an:

Was können die Ehegatten/Lebenspartner vereinbaren?

FALL 5. Jenny und ihr Ehemann Hajo verbringen ihren (letzten) gemeinsamen Urlaub auf Jamaika. Dabei stellen beide fest, dass sie nicht zueinander passen. Beide beschließen, sich so schnell wie möglich scheiden zu lassen, um fortan getrennte Wege gehen zu können. Jenny und Hajo treffen daher eine Vereinbarung, wonach beide im Scheidungsverfahren – wahrheitswidrig – behaupten wollen, dass sie seit über drei Jahren getrennt leben.

FALL 6. 6Im Fall 2 vereinbaren Sascha und Marion: „Sascha nutzt das Schlafzimmer zum Wohnen und Schlafen künftig allein; Marion nutzt das Gästezimmer zum Wohnen und Schlafen künftig allein. Die Nutzung des gemeinsamen Badezimmers wird wie folgt geregelt: Sascha nutzt das Badezimmer von 5.30 bis 6.30 Uhr und von 18.00 bis 19.00 Uhr; Marion nutzt das Badezimmer von 6.30 bis 7.30 Uhr und von 17.00 bis 18.00 Uhr. Die Nutzung der gemeinsamen Küche wird wie folgt geregelt: Sascha nutzt die Küche von 6.30 bis 7.30 Uhr und von 20.00 bis 22.00 Uhr; Marion nutzt die Küche von 7.30 bis 8.30 Uhr und von 18.00 bis 20.00 Uhr.“

Eine einvernehmliche Festlegung des Trennungszeitpunkts und damit der Dauer des Getrenntlebens – abweichend von den tatsächlichen Verhältnissen und den Vorgaben des § 1567 BGB bzw. des § 15 Abs. 5 LPartG – lässt das Gesetz nicht zu. Die Partner können also nicht einvernehmlich Zeiten intakter Ehe und häuslicher Gemeinschaft in eine Trennungszeit umwandeln. Die Vereinbarung zwischen Jenny und Hajo im Fall 5 ist daher unwirksam. Allerdings kann der übereinstimmende Wunsch geschieden zu werden im Scheidungsprozess beachtlich sein (s. S. 8 ff.).

Zulässig – und praktisch unvermeidbar – sind Vereinbarungen zwischen den Partnern – wie im Fall 6 – über die Ausgestaltung des Getrenntlebens innerhalb der gemeinsamen Wohnung.

72. Kapitel
 
Bis dass der Tod euch scheidet … einvernehmliche Scheidung „light“?

Was sagen Gesetz und Rechtsprechung?

FALL 1. Ständige kleine Disharmonien, Nörgeleien und Sticheleien haben zur Entfremdung Ludwigs von Ehefrau Trine geführt. Ludwig beantragt die Scheidung der Ehe.

FALL 2. Ludwig und Trine leben im Fall 1 noch kein Jahr getrennt. Trine ist Alkoholikerin und hat Ludwig im angetrunkenen Zustand und im Beisein gemeinsamer Freunde wiederholt als „antriebslosen Schlaffi“ und „klebrigen Schmarotzer“ beschimpft.

FALL 3. Ludwig und Trine leben im Fall 1 seit einem Jahr getrennt. Trine stimmt Ludwigs Scheidungsantrag zu.

FALL 4. Ludwig und Trine leben im Fall 1 seit drei Jahren getrennt. Die depressive und psychisch labile Trine widersetzt sich Ludwigs Scheidungsantrag; für den Fall der Scheidung droht sie mit Selbstmord.

8I. Lebenszeitprinzip

Das Zivilrecht geht davon aus, dass die Ehe auf Lebenszeit geschlossen wird, § 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Ehe kann aber – auf Antrag eines oder beider Ehegatte – geschieden werden, wenn sie gescheitert ist, § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Auch der eingetragenen Lebenspartnerschaft soll der Wille der Partner zugrunde liegen, eine Bindung auf Lebenszeit einzugehen, § 1 Abs. 1 Satz 1 LPartG; die Lebenspartnerschaft kann gleichfalls – auf Antrag eines oder beider Lebenspartner – unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden, § 15 LPartG.

II. Scheitern der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft

1. Voraussetzungen für die Ehescheidung

Das Gesetz kennt nur einen Scheidungsgrund: das Scheitern der Ehe, § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB („Zerrüttungsscheidung“). Unerheblich ist, ob die Zerrüttung der Ehe auf dem Verschulden eines Ehegatten beruht.

Nach dem Gesetz ist eine Ehe gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen, § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB. Entscheidend für den Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft ist, ob die Ehegatten noch bereit und in der Lage sind, miteinander ein gemeinsames Leben zu führen, das von gegenseitiger Achtung, Liebe und Rücksichtnahme bestimmt wird, oder ob sie sich innerlich entfremdet haben. Die eheliche Lebensgemeinschaft besteht schon dann nicht mehr, wenn nur ein Ehegatte sich einseitig vom anderen abwendet, während der andere unverändert an der Ehe festhält. Der Verlust ehelicher Gesinnung muss voraussichtlich endgültig, die Ehekrise mithin unüberwindbar, sein.

9Indizien für das Scheitern der Ehe können sein: die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, das Getrenntleben der Ehegatten über eine längere Dauer, das Eingehen einer neuen Beziehung, aber auch der Wunsch beider Ehegatten, geschieden zu werden.

Der Gesetzgeber will übereilten Scheidungsentschlüssen entgegenwirken. Leben die Ehegatten – wie im Fall 2 noch nicht mindestens ein Jahr getrennt (zum Getrenntleben s.S. 1 ff.), kann selbst die gescheiterte Ehe nur dann geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für denjenigen Ehegatten, der die Scheidung beantragt, eine unzumutbare Härte darstellt; die Gründe für eine solche unzumutbare Härte müssen in der Person des anderen Ehegatten liegen, § 1565 Abs. 2 BGB. Bejaht wird eine unzumutbare Härte von den Gerichten regelmäßig im Fall der körperlichen Misshandlung, Vergewaltigung oder Bedrohung durch den anderen Ehegatten, ebenso im Fall schwerer Beleidigungen und Beschimpfungen durch den anderen Ehegatten, aber auch bei Alkoholabhängigkeit des anderen Ehegatten. Im Fall 2 wird das Gericht die Scheidung daher ausnahmsweise schon vor Ablauf des Trennungsjahres aussprechen. Ehebrecherisches Verhalten des anderen Ehegatten kann – insbesondere bei Hinzutreten weiterer Umstände (Affäre mit dem Schwiegervater, Verlassen der Ehefrau unmittelbar nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes) – eine unzumutbare Härte begründen; eine einmalige kurze Affäre des anderen Ehegatten genügt zur Begründung einer unzumutbaren Härte hingegen regelmäßig nicht.

Beweispflichtig für das Scheitern der Ehe ist derjenige Ehegatte, der die Scheidung beantragt.

Leben die Ehegatte seit mindestens einem Jahr getrennt und beantragen sie beide die Scheidung, wird das Scheitern der Ehe vom Gesetz aber unwiderleglich vermutet; Gleiches gilt, wenn – wie im Fall3 – nur ein Ehegatte die Scheidung beantragt und der andere der Scheidung zustimmt, § 1566 Abs. 1 BGB. Hier muss das Gericht also – wenn nur die Ehegatten die 1-jährige Trennung vortragen und beweisen – ohne weiteres von einer unheilbaren Zerrüttung der Ehe ausgehen und die Scheidung aussprechen. Stellt nach Ablauf des Trennungsjahres nur ein Ehegatte den Scheidungsantrag, ohne dass der andere dem wenigstens zustimmt, bleibt der Antragsteller für 10die – vom Gericht nunmehr konkret festzustellende – unheilbare Zerrüttung der Ehe beweispflichtig.

Leben die Ehegatten – wie im Fall 4 – seit mindestens drei Jahren getrennt, wird unwiderleglich vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, § 1566 Abs. 2 BGB; die Ehe wird auf Antrag eines Ehegatten geschieden – selbst wenn sich der andere der Scheidung nachhaltig widersetzt.

In besonders gelagerten Fällen darf eine Ehe – gleichwohl sie gescheitert ist – nicht geschieden werden, weil dem die Interessen der gemeinsamen minderjährigen Kinder („Kinderschutzklausel“) entgegenstehen, § 1568 Abs. 1 Alt. 1 BGB, oder weil die Scheidung für denjenigen Ehegatte („Ehegattenschutzklausel“), der sich ihr widersetzt, aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine schwere Härte darstellen würde, § 1568 Abs. 1 Alt. 2 BGB. In der Praxis machen die Gerichte von dieser Härteklausel kaum Gebrauch. Eine labile psychische Verfassung des sich der Scheidung widersetzenden Ehegatten steht – wie im Fall 4 – der Scheidung in aller Regel nicht entgegen.

11Die Ehegatten leben

Streitige Scheidung (nur ein Ehegatte beantragt die Scheidung)

Einvernehmliche Scheidung (beide Ehegatten beantragen die Scheidung oder ein Ehegatte beantragt die Scheidung und der andere stimmt zu)

noch kein Jahr getrennt

Scheitern der Ehe (vom Gericht konkret festzustellen) + Fortsetzung der Ehe unzumutbare Härte für den Antragsteller + kein Eingreifen der Härteklausel § 1568 Abs. 1 BGB (Kinder- und Ehegattenschutzklausel)

Scheitern der Ehe (vom Gericht konkret festzustellen) + Fortsetzung der Ehe unzumutbare Härte für den Antragsteller + kein Eingreifen der Kinderschutzklausel § 1568 Abs. 1 Alt. 1 BGB

seit einem Jahr aber noch keine drei Jahre getrennt

Scheitern der Ehe (vom Gericht konkret festzustellen) + kein Eingreifen der Härteklausel § 1568 Abs. 1 BGB (Kinder- und Ehegattenschutzklausel)

Scheitern der Ehe (wird unwiderleglich vermutet) + kein Eingreifen der Kinderschutzklausel § 1568 Abs. 1 Alt. 1 BGB

seit drei Jahren getrennt

Scheitern der Ehe (wird unwiderleglich vermutet) + kein Eingreifen der Härteklausel § 1568 Abs. 1 BGB (Kinder- und Ehegattenschutzklausel)

Scheitern der Ehe (wird unwiderleglich vermutet) + kein Eingreifen der Kinderschutzklausel § 1568 Abs. 1 Alt. 1 BGB

Abb. 1: Übersicht über die Scheidungsvoraussetzungen

2. Voraussetzungen für die Aufhebung der Lebenspartnerschaft

Die Voraussetzungen für die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft ähneln den Scheidungsvoraussetzungen. Allerdings geht der Aufhebung der Lebenspartnerschaft nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 15 LPartG) nicht ausdrücklich ein Scheitern voraus. Die Notwendigkeit der fehlenden Bereitschaft zur Wiederherstellung der partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft zeigt allerdings, dass auch für die Aufhebung der Lebenspartnerschaft neben der Einhaltung bestimmter Trennungsfristen das Scheitern der Lebenspartnerschaft ausschlaggebend ist.

Eine Lebenspartnerschaft kann aufgehoben werden:

Was können die Ehegatten/Lebenspartner vereinbaren?

FALL 5. Oliver und seine Ehefrau Mathilde befürchten, dass zwischen ihnen in spätestens fünf Jahren „der Ofen aus“ sein wird. Zur Vermeidung der Strapazen eines gerichtlichen Verfahrens vereinbaren beide, ihre Ehe solle fortan auf die Dauer von fünf Jahren befristet sein; nach Ablauf von fünf Jahren ende die Ehe folglich automatisch.

FALL 6. In der Ehe zwischen Oberregierungsrat Alfred und Ehefrau Lotte kriselt es. Lotte fürchtet um ihre Witwenrente. Um Lotte zu besänftigen, unterzeichnet Albert gemeinsam mit Lotte ein Schriftstück, wonach beide die Scheidung ihrer Ehe „einvernehmlich ausschließen“.

FALL 7. Franz und Lana leben seit über einem Jahr getrennt. Beide stellen beim Familiengericht Antrag auf Scheidung. Einen Rosenkrieg wollen Franz und Lana vermeiden. Allerdings haben sie sich über die Folgen der Scheidung bislang auch keine Gedanken gemacht.

Geschieden werden kann eine Ehe nur durch richterliche Entscheidung, § 1564 Satz 1 BGB. Eine Scheidung „light“, etwa durch einvernehmliche Erklärung der Ehegatten in einer notariellen Urkunde, kennt das Gesetz nicht.

Um das gerichtliche Scheidungsverfahren zu umgehen, könnten die Ehegatten geneigt sein, ihre Ehe von vornherein – womöglich mit Verlängerungsoption – zeitlich zu befristen. Erklären die Verlobten schon bei Eheschließung, ihre Ehe nur für eine bestimmte Zeit eingehen zu wollen, wird der Standesbeamte die Eheschließung nicht vornehmen, weil die Erklärung, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, nicht unter einer Zeitbestimmung abgegeben werden kann, § 1311 Abs. 2 BGB (ebenso § 1 Abs. 1 Satz 2 LPartG für die Begründung einer Lebenspartnerschaft). Offenbaren die Verlobten dem Standesbeamten ihre Befristungsabrede nicht oder treffen die Ehegatten 13sie erst nach der Eheschließung, so ist die Abrede – wie auch im Fall 5 – schlicht unwirksam; scheitert die Ehe zwischen Oliver und Mathilde in fünf Jahren tatsächlich, bleibt beiden der Gang zum Familiengericht nicht erspart.

Die Scheidung kann, wie gesehen, auch gegen den Willen eines Ehegatten erfolgen. Die Ehegatten können die Scheidung auch nicht vertraglich ausschließen oder an strengere Voraussetzungen knüpfen als das Gesetz. Eine Vereinbarung, wie sie Alfred und Lotte im Fall 6 geschlossenen haben, erkennen die Gerichte nicht an, weil Art. 6 Abs. 1 GG jedem Ehegatten das Recht gewährt, (unter den gesetzlichen Voraussetzungen) durch Scheidung seine Eheschließungsfreiheit wiederzuerlangen. Daraus folgt aber nicht umgekehrt die Zulässigkeit von Vereinbarungen, die die Scheidung im Vergleich zu den gesetzlichen Vorschrift erleichtern (z. B. die Absprache, der Scheidungsantrag eines Ehegatten solle jederzeit und ohne weitere Voraussetzungen – also ohne ein vorangegangenes Scheitern der Ehe – die Scheidung der Ehe bewirken); auch scheidungserleichternde Vereinbarungen sind unwirksam, § 1564 Satz 3 BGB.

Entsprechendes gilt für Lebenspartner; auch die Bestimmungen über die Aufhebung der Lebenspartnerschaft in § 15 LPartG stehen nicht zur vertraglichen Disposition.

Die einvernehmliche Scheidung gemäß § 1566 Abs. 1 BGB erfolgt auch dann, wenn sich die Ehegatten über die Scheidungsfolgen (Zugewinnausgleich , Versorgungsausgleich , Scheidungsunterhalt, etc.) ganz und gar nicht einig sind oder sich – wie Franz und Lana im Fall 7 – darüber schlicht keine Gedanken gemacht haben. Denkbar ist aber, dass das Gericht in Fällen, in denen die Ehegatten eine Einigung über das Sorge - und Umfangsrecht für ihre gemeinsamen Kinder nicht vorweisen können, den Ausspruch der Scheidung unter Bezugnahme auf die Kinderschutzklausel des § 1568 Abs. 1 Alt. 1 BGB verweigert.

Unabhängig davon ist den Ehegatten und Lebenspartnern zu empfehlen, sich frühzeitig mit den finanziellen Folgen einer Scheidung bzw. Lebenspartnerschaftsaufhebung zu befassen und hierzu rechtlichen Rat einzuholen. Auch wenn ein Einvernehmen hierüber nicht 14Voraussetzung für die Scheidung bzw. Lebenspartnerschaftsaufhebung ist, fördert das Gesetz doch die einvernehmliche (außergerichtliche) Einigung über die Scheidungsfolgen.

Vom möglichen Inhalt einer solchen Scheidungsfolgenvereinbarung handeln die nachfolgenden Kapitel.

III. Familiengerichtliches Verfahren

Die Ehe wird nur auf Antrag eines oder beider Ehegatte geschieden, § 1564 Satz 1 BGB. Der Antrag muss u.a. eine Erklärung enthalten, ob die Ehegatten eine Regelung über die elterliche Sorge , den Umgang und die Unterhaltspflicht gegenüber den gemeinsamen Kindern sowie die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und an den Haushaltsgegenständen getroffen haben, § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.

Zuständig für die Scheidung der Ehe ist das Familiengericht als besondere Abteilung des Amtsgerichts.

Die Scheidung kann vor dem Familiengericht „isoliert“, oder – auf entsprechenden Antrag eines Ehegatten hin – „im Verbund“ mit den sog. Scheidungsfolgesachen (elterliche Sorge, Umgangsrecht mit den gemeinsamen Kindern, Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt, Rechtsverhältnisse an den Haushaltsgegenständen und an der Ehewohnung, güterrechtliche Streitigkeiten) betrieben werden, § 137 FamFG. Den Versorgungsausgleich bezieht das Gericht „von Amts wegen“ (also ohne dass es eines Antrags bedürfte) in den Scheidungsverbund ein, § 137 Abs. 1 Satz 2 FamFG.

Die Scheidung der Ehe erfolgt durch richterliche Entscheidung (Beschluss), § 1564 Satz 1 BGB; mit Rechtskraft der Entscheidung ist die Ehe aufgelöst, § 1564 Satz 2 BGB. Ergeht die richterliche Entscheidung im Verbundverfahren, kann die Scheidung nur gemeinsam mit einer Entscheidung über die Folgesachen ausgesprochen werden, § 142 FamFG. Das Gericht kann den Verbund aber unter bestimmten Voraussetzungen auflösen und vorab die Scheidung aussprechen, § 140 FamFG.

15Auch die Aufhebung der Lebenspartnerschaft erfolgt nur auf Antrag eines oder beider Lebenspartner durch richterliche Entscheidung, § 15 Abs. 1 LPartG. Zuständig ist ebenfalls das Familiengericht.

173. Kapitel
 
Ohne Rosenkrieg … Trennungs- und Scheidungsvereinbarungen

Einen jahrelangen Rosenkrieg wünscht sich niemand. Partner, die sich (endgültig) trennen, sollten sich frühzeitig mit den finanziellen, rechtlichen und tatsächlichen Folgen von Trennung und Scheidung auseinandersetzen. Wer darf in der gemeinsamen Wohnung bleiben, wer muss sich eine neue Wohnung suchen? Wer bezahlt nun den Kredit für das Auto ab? Wem gehört die Waschmaschine, wem der Bausparer? Wer darf künftig wie viel Geld vom gemeinsamen Konto abheben? Bei wem sollen die gemeinsamen Kinder leben?

Das Gesetz lässt den Partnern einen weiten Spielraum, diese Fragen einvernehmlich zu regeln. Solche Trennungs- und/oder Scheidungsvereinbarungen können die Partner zu jeder Zeit treffen, sowohl vor Rechtshängigkeit eines Scheidungs - bzw. Aufhebungsantrags als auch – sofern hierzu nicht eine gerichtliche Entscheidung im Scheidungsverbund ergangen ist – nach rechtskräftiger Scheidung bzw. Lebenspartnerschaftsaufhebung.

Die Vorteile einer einvernehmlichen Regelung liegen auf der Hand:

Der Abschluss einer Trennungs- und/oder Scheidungsvereinbarung setzt aber voraus, dass sich beide Partner über ihre Rechte im Klaren sind. Aus diesem Grund sollten die Partner möglichst frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Verhandeln kann nur, wer seinen Verhandlungsspielraum kennt!

Trennungs- und Scheidungsvereinbarungen bedürfen in der Regel der notariellen Beurkundung. Der Notar als unparteiischer Berater informiert die Partner über ihre gesetzlichen Rechte und zeigt einvernehmliche Regelungsmöglichkeiten auf.

FALL 1. Hilmar und Barbara befinden sich in einer schweren Ehekrise. Hilmar – Bürgermeister und Kirchenbeirat einer kleinen ländlichen Gemeinde – fürchtet im Falle einer Scheidung einen Ansehensverlust. Auch Barbara möchte den gemeinsamen Kindern eine Scheidung ersparen. Hilmar und Barbara kommen daher überein, ihre Ehe „auf dem Papier“ und dem äußerlichen Anschein nach zwar fortbestehen zu lassen, im Übrigen aber – vor allem in finanziellen Belangen – getrennte Wege zu gehen.

Von einer Trennungsvereinbarung spricht man, wenn sich die Partner zwar getrennt haben, aber eine Scheidung – jedenfalls vorläufig – nicht in Betracht ziehen.

Regelungsinhalt kann insbesondere sein:

19FALL 2. Die Ehegatten Wilhelm und Rabea wollen sich scheiden lassen. Über die finanziellen Folgen der Ehescheidung und die Verteilung des Vermögens sind sich Wilhelm und Rabea einig.

Von einer Scheidungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung spricht man, wenn eine Regelung im Hinblick auf eine konkret bevorstehende Scheidung getroffen wird. Die Regelungsgegenstände sind mit denen der Trennungsvereinbarung weitgehend identisch; hinzukommen können Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt (s. S. 105 ff.) und Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich (s.S. 79 ff.).

I. Grenzen

FALL 3. Manfred und Franziska lassen sich nach 24-jähriger Ehe scheiden. Aus der Ehe sind die gemeinsamen Kinder Karl und Katrin hervorgegangen. Franziska hat unmittelbar nach der Eheschließung ihre Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau abgebrochen und sich fortan der Haushaltsführung und der Betreuung der Kinder – insbesondere der seit einem Verkehrsunfall körperlich schwer behinderten und auf ganztägige Betreuung durch die Mutter angewiesenen Katrin – gewidmet. Die mittlerweile 45-jährige Franziska verfügt daher weder über eigenes Einkommen noch über Vermögen; eine Rückkehr ins Berufsleben ist wegen der Betreuung von Katrin, aber auch wegen der aktuellen Situation am Arbeitsmarkt kaum wahrscheinlich. Hingegen konnte Manfred, der als angestellter Ingenieur in leitender Position über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 5.100 Euro verfügt, während der Ehe Vermögen und Altersrückstellungen in nicht unerheblichem Umfang aufbauen. In einer Scheidungsvereinbarung verzichtet Franziska gegenüber Manfred auf Zugewinn- und Versorgungsausgleich sowie auf nachehelichen Unterhalt. Zur Unterschrift ist Franziska nur deshalb bereit, weil Manfred damit droht, er werde sonst das in seinem Eigentum stehende und behindertengerecht ausgebaute Familienheim verkaufen und Franziska und die Kinder „noch morgen vor die Tür setzen“.

20FALL 4. Paul hat seine Ehefrau Babette wegen der um 13 Jahre jüngeren und sehr attraktiven Jolande verlassen. Weil Paul deswegen das schlechte Gewissen plagt, verpflichtet er sich gegenüber Babette zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts in Höhe von 2.000 Euro monatlich, obwohl er selbst lediglich über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.200 Euro und sonst über kein nennenswertes Einkommen oder Vermögen verfügt.

FALL 5. Gottfried und Hannelore trennen sich. Als Gottfried mit der Diskothekenbetreiberin Kerstin und deren zwielichtigem Bekanntenkreis anbandelt, möchte Hannelore den weiteren Kontakt zwischen Gottfried und dem gemeinsamen Sohn Malte unterbinden. Gottfried erklärt sich mit einem Verzicht auf sein Umgangsrecht mit Malte einverstanden, wenn Hannelore ihn „als Gegenleistung“ von seiner Verpflichtung zum Kindesunterhalt freistellt.

FALL 6. Eva trennt sich nach nur 2-jähriger kinderloser Ehe von ihrem Ehemann Johannes. Um „reinen Tisch zu machen“, verzichten Johannes und Eva – beide sind berufstätig – wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt und auf Versorgungsausgleich. Nach einer kurzen Affäre mit Bob erkennt Eva, dass sie noch immer Gefühle für Johannes hegt – es kommt zur Versöhnung. Sechs Jahre später wird die gemeinsame Tochter Anke geboren, Eva gibt ihren Job auf und widmet sich fortan ausschließlich der Familienarbeit. Wiederum ein Jahr später beginnt Johannes eine Affäre mit Helena und reicht die Scheidung ein.

Natürlich müssen sich Vereinbarungen, die Ehegatten und Lebenspartner anlässlich der Trennung oder Scheidung bzw. Lebenspartnerschaftsaufhebung treffen, im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bewegen.

Vereinbarungen, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, sind unwirksam, § 134 BGB. Unwirksam ist folglich eine Vereinbarung, in der für die Zukunft auf Trennungsunterhalt (s. aber S. 100) oder auf Kindesunterhalt (s. aber S. 252) verzichtet wird, weil das Gesetz in beiden Fällen einen Verzicht nicht zulässt, §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360a Abs. 3, 1614 BGB.

21Trennungs- und Scheidungsvereinbarungen dürfen nicht gegen die guten Sitten verstoßen, sonst sind sie ebenfalls unwirksam, § 138 Abs. 1 BGB. Einen Verstoß gegen die guten Sitten nehmen die Gerichte an, wenn ein Ehegatte infolge der Vereinbarung – vorhersehbar – auf Sozialhilfe angewiesen sein wird. Die Vereinbarungen in den Fällen 3 und 4 dürften bereits aus diesem Grund unwirksam sein, weil in beiden Fällen die Inanspruchnahme von Sozialhilfe (durch Franziska bzw. Paul) vorprogrammiert ist. Gegen die guten Sitten verstoßen auch solche Vereinbarungen, die das elterliche Sorge- und Umgangsrecht in unzulässiger Weise kommerzialisieren, etwa derart, dass ein Ehegatte – wie im Fall 5 – seinen Verzicht auf das Umgangsrecht von der Erlangung finanzieller Vorteile abhängig macht („Erkauf des Sorge- und Umgangsrechts“).

Darüber hinaus unterwerfen die Gerichte Trennungs- und Scheidungsvereinbarungen einer so genannten Inhaltskontrolle. Der Richter geht dabei in zwei Schritten vor: In einem ersten Schritt (Wirksamkeitskontrolle) prüft er, ob sich aus einer Gesamtschau aller Umstände bei Abschluss der Trennungs- bzw. Scheidungsvereinbarung deren Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit ergibt, § 138 Abs. 1 BGB. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang

Im Fall 3 dürfte Franziskas weitgehende Verzichtserklärung einer Wirksamkeitskontrolle nicht standhalten.

Hält die Vereinbarung hingegen einer Wirksamkeitskontrolle stand, prüft der Richter in einem zweiten Schritt (Ausübungskontrolle), ob ein Ehegatte seine Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich auf die (wirksame) Trennungs- bzw. Scheidungsvereinbarung beruft, etwa weil die tatsächliche Lebensgestaltung der Ehegatten – unvorhergesehen – von der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geplanten abweicht. Im Fall 6 wird man das bejahen können, mit der Folge, dass der Richter eine Anpassung der Vereinbarung an die aktuellen Belange der Ehegatten vornehmen und Eva trotz des Verzichts einen Anspruch auf Unterhalt wegen Kindesbetreuung, § 1570 BGB, zuerkennen wird.

II. Der Weg zur einvernehmligen Regelung – Scheidungsmediation

Auf dem Weg zur einvernehmlichen Trennungs- und Scheidungsvereinbarung können die Partner die Unterstützung eines Mediators in Anspruch nehmen. Die Scheidungsmediation ist keine Eheberatung; sie analysiert nicht die Gründe der Trennung, sondern soll den Partnern helfen, die Folgen des Scheiterns ihrer Ehe bzw. Lebenspartnerschaft einvernehmlich zu bewältigen und einer – für die Partner langfristig annehmbaren – Regelung zuzuführen. Der Mediator als unparteiischer Dritter hat dabei die Aufgabe, den Einigungsprozess zwischen den Partnern zu fördern. Der Mediator achtet dabei auf die Einhaltung eines fairen Verfahrens; für das Ergebnis der Verhandlung ist er nicht verantwortlich. Der Mediator unterstützt die Partner vor allem darin, nicht in einer vergangenheitsbezogenen Vorwurfshaltung zu verharren, sondern gemeinsam zukunftsorientierte Lösungen zu erarbeiten. Grundlagen der Mediation wurden mittlerweile gesetzlich im MediationsG verankert.

23Das Mediationsverfahren beginnt mit der Eröffnungsphase. Hier gibt der Mediator einen Überblick über das Verfahren, während die Ehegatten ihre Stand- und Streitpunkte darstellen. In der folgenden Verhandlungsphase werden die Themen, die einer Einigung zugeführt werden sollen, zusammengestellt, die (möglicherweise noch verborgenen, weil unausgesprochenen) Interessen eines jeden Partners ermittelt, Lösungsmöglichkeiten erarbeitet, Alternativen gesucht und denkbare Einigungen bewertet. Der Prozess des Aushandelns soll zwischen den Partner kooperativ erfolgen, die Interessen des anderen sollen ernst genommen und auch tatsächlich berücksichtigt werden. Gleichzeitig sollen eigenen Ziele offen gelegt werden. Der Mediator fungiert dabei als Mittler. Er kann mit den Partnern auch getrennt sprechen, um Einigungschancen auszuloten. Der Mediator leitet und strukturiert die Verhandlung der Partner. Das so gefundene Ergebnis wird schließlich schriftlich fixiert.

Die im Mediationsverfahren gefundenen Ergebnisse müssen sich selbstverständlich im Rahmen des rechtlichen Zulässigen bewegen und bedürfen schlussendlich – im Rahmen einer Trennungs- und Scheidungsvereinbarung – der juristischen Umsetzung. Mediator kann daher (auch) ein Notar oder Rechtsanwalt sein. Erfolgt die Mediation durch einen Rechtsanwalt, darf dieser keine Partei im Scheidungs- bzw. Aufhebungsverfahren vertreten.

III. Formfragen

FALL 7. Edgar und Herbert wollen ihre Lebenspartnerschaft aufheben. Hierzu vereinbaren sie beide nach langer Diskussion per Handschlag Gütertrennung.

FALL 8. 24Martha ist aus der Ehewohnung ausgezogen, das Scheidungsverfahren ist nächste Woche durch. Um sich eine eigene Wohnung leisten zu können, verlangt sie von ihrem Ehemann Markus nachehelichen Unterhalt. Markus und Martha setzen zuhause ein Schriftstück auf, in dem sie als Unterhalt 500 Euro monatlich vereinbaren. Nach zwei Monaten meint Martha, 500 Euro seien ihr zu wenig; da die Vereinbarung mangels notarieller Beurkundung ohnehin unwirksam sei, müsse sie sich daran nicht festhalten lassen. Markus entgegnet, die Unwirksamkeit komme ihm entgegen, denn er werde künftig nur noch 150 Euro Unterhalt zahlen.

FALL 9. Im Fall 8 sind Martha und Markus bei Abschluss der Unterhaltsvereinbarung bereits rechtskräftig geschieden.

FALL 10. Franz und Patrizia leben in Scheidung. Beim Notar wollen sie nur die Gütertrennung beurkunden lassen. Die restlichen Scheidungsfolgen wollen Franz und Patricia „selbst erledigen“; Patrizia hat dazu im Internet recherchiert und eine Vereinbarung aufgesetzt, die beide vor Patrizias Schwester Mona als „Zeugin“ unterschreiben.

FALL 11. Die Ehegatten Maxima und Michael haben bereits vor dem Gang zum Notar ihren gemeinsamen Haushalt aufgelöst und die Haushaltsgegenstände untereinander verteilt. Michael hat die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung übernommen.

FALL 12. Die Lebenspartnerschaft von Edgar und Herbert ist im Fall 7 mittlerweile rechtskräftig aufgehoben. Edgar möchte das im Miteigentum beider Partner stehende Wohnhaus alleine übernehmen; Herbert soll als Ausgleich das Aktiendepot bekommen. Um „Kosten zu sparen“, wollen sie dem Notar vom Aktiendepot nichts erzählen.

Gleich vorab: Die Frage nach der Form ist nicht bloß Förmelei! Ganz im Gegenteil: Formfehler führen in der Regel zur Nichtigkeit (Unwirksamkeit) einer Vereinbarung.

Der Gesetzgeber schreibt an verschiedenen Stellen die Einhaltung einer besonderen Form vor: die notarielle Beurkundung. Das Erfordernis notarieller Beurkundung will die Partner vor übereilten und unüberlegten Entscheidungen schützen; der Notar soll als unparteiischer Dritter rechtlich beraten und auf die Bedeutung und Rechtsfolgen der von den Partnern beabsichtigten Vereinbarung hinweisen.

25Übersicht über die Formerfordernisse