Die Autorin

Elisabeth Wehling – Foto © Eleonora Palmieri

Elisabeth Wehling, geboren 1981 in Hamburg, leitet seit 2013 am International Computer Science Institute in Berkeley Forschungsprojekte zu Ideologie, Sprache und unbewusster Meinungsbildung. Sie lebt in Berkeley, Kalifornien, und ist in den USA und Europa als Beraterin für Politik und Wirtschaft tätig.

Das Buch

Frames werden durch Sprache im Gehirn aktiviert. Sie sind es, die Fakten erst eine Bedeutung verleihen, und zwar, indem sie Informationen im Verhältnis zu unseren körperlichen Erfahrungen und unserem abgespeicherten Wissen über die Welt einordnen. Dabei sind Frames immer selektiv. Sie heben bestimmte Fakten und Realitäten hervor und lassen andere unter den Tisch fallen. Frames bewerten und interpretieren also. Und sind sie erst einmal über Sprache – etwa jener in öffentlichen Debatten – in unseren Köpfen aktiviert, so leiten sie unser Denken und Handeln an, und zwar ohne dass wir es merken. In der Kognitionsforschung ist man sich daher schon lange einig: Sprache ist Politik. Höchste Zeit also, unsere Naivität gegenüber der Bedeutung politischer Sprache abzulegen.

Elisabeth Wehling

Politisches Framing

Wie eine Nation sich ihr Denken einredet - und daraus Politik macht

Ullstein

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Ungekürzte Ausgabe im Ullstein Taschenbuch 1. Auflage Oktober 2018 © Herbert von Harlem Verlag, 2016 Umschlaggestaltung: zero-media.net, München, nach einer Vorlage von Prisma / Mike Espenhain Titelabbildung: © Prisma / Mike Espenhain Autorenfoto: © Eleonora Palmieri E-Book-Konvertierung powered by pepyrus.com Alle Rechte vorbehalten. ISBN 978-3-8437-1857-8

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Weitere Stimmen zum Buch

»In den USA wird Framing spätestens seit Barack Obamas Wahlkampf 2008 als Geheimrezept für gelungene Kampag­nenführung gehandelt, und Wehling und Kollegen gelten als Framing-Docs der progressiven Politikszene. Jetzt hat sie ein Standardwerk für Deutschland geschaffen – erhellend und unterhaltsam.«
Christina Endruschat,
USA-Korrespondentin RTL

»Ein fulminantes Plädoyer für die Revitalisierung unserer politischen Sprache – und unserer Demokratie. Pflichtlektüre nicht nur für unsere oft ›sprachvergessene‹ Politik, sondern für alle, die verstehen wollen, wie Alltagssprache, PR und Propaganda unser Denken und unsere gesellschaftliche Wirklichkeit prägen.«
Dr. Leonard Novy,
Ko-Direktor Institut für Medien- und Kommunikationspolitik

»›Leistungsträger‹, ›Steuerasyl‹, ›Flüchtlingswelle‹ – in unseren Diskursen reiht sich ein metaphorisches Sprachbild an das nächste, mit immensen Auswirkungen für unser Begreifen politischer Handlungsaufträge. Neben der Analyse wichtiger Schlagwörter gibt Elisabeth Wehling eine auch für den Laien verständliche Einführung in die Theorie des Framing – das war lange überfällig.«
Albrecht Müller,
Herausgeber NachDenkSeiten, Autor von Meinungsmache und Wahlkampfmanager Willy Brandts

»Elisabeth Wehling zeigt in einer auch für Nicht-Fachleute verständlichen Diktion, welche Bedeutung die Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften und Kognitiven Linguistik für die Analyse politischen Denkens und Handelns haben. Sie zeigt, dass politische Schlüsselwörter Frames, d. h. komplexe Wissens- und Bedeutungsstrukturen, hervorrufen, die unsere Weltsicht prägen. Dies wird in Wehlings Studie an zahlreichen aktuellen Fallbeispielen illustriert und erhärtet. Ein faszinierendes Buch, das eine große Leserschaft verdient!«
Prof. Dr. Klaus-Uwe Panther,
Amerikanistik Institut Universität Hamburg

»Dieses Buch liest sich wie das Making-Of der jüngsten europäischen Debatten. Ob Flüchtlingskrise oder Klimawandel – Sprache konstruiert Wirklichkeit und ›macht‹ Politik. Elisabeth Wehling zeigt eindrucksvoll, wie Framing unser Denken steuert, und welche Rolle Medien- und Politikschaffende dabei spielen, ob in Brüssel, Berlin oder Washington. Eine faszinierende Lektüre für alle, die verstehen wollen, warum eine Gesellschaft denkt, wie sie denkt.«
Dr. Stefan Leifert, ZDF-Korrespondent Europastudio Brüssel

»Noch immer unterschätzen Deutsche die Macht von Sprache. Elisabeth Wehling, Europas führende Expertin zu political framing, leistet mit diesem Buch Pionierarbeit: Sie erklärt, warum Sprache hochpolitisch ist. Unbedingt lesen, gerade in diesen bewegten Zeiten.«
Dr. Gregor Peter Schmitz,
Leiter Hauptstadtbüro WirtschaftsWoche

»Eine exzellente Einführung in die neuro-kognitiven Grund­lagen von Politik und Ideologie, für interessierte Laien und die Forschung gleichermaßen relevant.«
Prof. Dr. Irene Mittelberg, rwth Aachen

Vorwort:
Sprachliche Frames bestimmen unser Denken

Elisabeth Wehling ist in Deutschland zumeist jenen bekannt, die sich aufgrund ihrer Arbeit besonders für Sprache interessieren, genauer für das Verhältnis der Sprache zur sozialen Wirklichkeit. Nun hat die aus Hamburg stammende Autorin ein Standardwerk für die breite deutsche Leserschaft verfasst. Dass sie dieses Buch in Kalifornien (Berkeley) schreibt, wo sie lebt und forscht, erweist sich als Vorteil, denn auf dem spannenden Gebiet der Kognitionsforschung ist man in Kalifornien, der Geburtsstätte dieser Wissenschaft, viel weiter als in Europa. Und so erweist sich: Nicht alles, was über den Atlantik zu uns herüberweht, verdient unser Misstrauen.

Es ist ja nicht so, dass wir erst denken und dann versuchen, dieses Denken in Worte zu fassen. Wir denken schon in unserer Sprache, und diese Sprache, in der wir denken, kennt bestimmte Frames. Im Oxford-Duden sind für ›frame‹ die deutschen Bezeichnungen ›Rahmen‹, ›Gestalt‹ und ›Gerüst‹ angegeben. So ist beispielsweise der Begriff der ›Steuer‹ eingebunden in einem Rahmen, der, meist durch Metaphern, seine Bedeutung, seinen Klang in der Gesellschaft bestimmt. Zu diesem Rahmen gehört unter anderem der Begriff ›Steuerlast‹. Wir haben also eine Last zu tragen – welche, bestimmen die Gesetze. Es gibt Steueroasen, wo man der Steuer entkommt, aber rundherum ist eben die Wüste, in der man Steuer bezahlt. Dass wir die Steuer berappen, damit wir auf guten Straßen Auto fahren können und damit unser Bundesland Lehrer für unsere Kinder bezahlen kann, ist bei diesem Frame ausgeblendet. Daher ist Steuererleichterung immer gut: weniger Last.

Und nun wurden in Amerika wegweisende Versuche gemacht, die beweisen, wie stark Frames nicht nur unser Denken, sondern auch unser Fühlen, unser Werten, unser Handeln bestimmen. Und Elisabeth Wehling hat die Methoden, die sie in Kalifornien lehrt, auf unseren deutschen Wortschatz angewandt. Sie hat es mit einem erstaunlichen pädagogischen Geschick getan. Wir lernen gerne bei ihr.

Dass hier ein politisches Buch entstanden ist, hat damit zu tun, dass die Autorin nicht verheimlicht, welche Wertung sie für angemessen, welche sie von welchen Interessen bestimmt sieht, welcher Frame sogar bewusst konstruiert sein könnte.

Ein politisches Buch ist auch deshalb entstanden, weil Elisabeth Wehling selbst sehr klare Vorstellungen davon hat, was einer Gesellschaft gut tut und was nicht. Sie zeigt auf, wie manchen Themen durch Schlüsselwörter ein Frame verpasst worden ist, der sie den dominierenden Interessen gefügig macht.

Wichtig ist dieses Buch aufgrund seiner Methode: Wer nicht aus dem Frame einer Behauptung ausbricht, kann widersprechen, so lange und so laut er will, er wird nur den Frame bestätigen. Nicht nur politisch Tätige können lernen, sich einiges zu ersparen.

Der größte Erfolg dieses Buches wäre, wenn der eine oder die andere unter den Lesern nach seiner Lektüre die eigene Wahrnehmung und Sprache nachhaltig hinterfragen und sich kritisch mit scheinbar allgemeingültigen Frames auseinandersetzen würde.


Erhard Eppler, Frühjahr 2016

Erhard Eppler (SPD) war 6 Jahre lang, von 1968 bis 1974, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Entwicklungshilfe) und eine der herausragenden Persönlichkeiten der Friedensbewegung der 1980er-Jahre. Er beteiligt sich bis heute an der politischen Diskussion, ist Autor zahlreicher Bücher, z.B. über die Sprache der Politik (Kavalleriepferde beim Hornsignal, Suhrkamp), und gilt als einer der politischen Vordenker Deutschlands.

Anfangsbetrachtung:
Unsere Demokratie hinkt der kognitiv-neuronalen Aufklärung hinterher

Menschen sind rationale Wesen. Sie können vernunftgesteuert handeln. Legt man nur alle relevanten Fakten auf den Tisch, können sie diese objektiv gegeneinander abwägen und entscheiden, was zu tun ist – ob beispielsweise ein politisches Vorhaben unterstützt werden soll oder nicht. So denken viele Menschen, so haben wir es gelernt – und so geistert es noch heute über die Flure der Parteizentralen und Medienredaktionen. Doch mit dieser Vorstellung hinken wir den Erkenntnissen der Neuro- und Kognitionsforschung hinterher und verfehlen die Chance, einen wirklich transparenten demokratischen Diskurs zu führen. Wieso?

Weil in politischen Debatten nicht Fakten an und für sich entscheidend sind, sondern gedankliche Deutungsrahmen, in der kognitiven Wissenschaft Frames genannt.

Frames werden durch Sprache im Gehirn aktiviert. Sie sind es, die Fakten erst eine Bedeutung verleihen, und zwar, indem sie Informationen im Verhältnis zu unseren körperlichen Erfahrungen und unserem abgespeicherten Wissen über die Welt einordnen. Dabei sind Frames immer selektiv. Sie heben bestimmte Fakten und Realitäten hervor und lassen andere unter den Tisch fallen. Frames bewerten und interpretieren also. Und sind sie erst einmal über Sprache – etwa jener in öffentlichen Debatten – in unseren Köpfen aktiviert, so leiten sie unser Denken und Handeln an, und zwar ohne dass wir es merkten.

Es ist höchste Zeit, unsere Naivität gegenüber der Bedeutung von Sprache in der Politik abzulegen. Dieses Buch legt dazu den Grundstein. Teil I gibt eine Einführung in die Grundlagen politischen Framings. Teil II wendet sich einigen der gängigsten und augenfälligsten Frames unserer politischen Debatten zu – und gewährt erstaunliche Einsichten in unser kollektives politisches Sprechen und Denken.

Teil Eins
Demokratie im Gehirn:
Die sprachlichen Sockel politischen Denkens und Handelns