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Elif Su

Mesnevi

Der Pfad zur Liebe





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Vorwort

Die Religion der Liebe,

ist anders als alle Religionen.

(Mesnevi -Mevlana C. Rumi)

 

Wie kann man einen Mystiker beschreiben, der eine spirituelle Höhe erreicht hat, die unbeschreiblich ist? Einem normalen Menschen wie mir, fehlen die Worte, um einen Mystiker wie Mevlana Celaleddin Rumi gebührend zu würdigen. Er ist eine Persönlichkeit, dessen Herz das „Licht der Fackel der Wahrheit“ trägt. Dieses Licht empfing er vom Geist des Meisters der Menschheit, dem Propheten Muhammed (Friede sei mit ihm). Ich bin nur ein einfacher Mensch, der „Gott sei Lob und Dank“, das große Glück hat, Mevlana`s Werk Mesnevi kennenzulernen. Wie viele Menschen schon vor mir, die seine Werke kennenlernten, berührten mich seine Worte und seine Wesensart, tief im Herzen als Lichtquelle der Gegenwart Gottes. Auf der Suche nach einem gebührenden Einstieg, über sein Leben, seine Werke und seinen Weg, fand ich in einem Essay; Beschreibungen und Erläuterungen von unbeschreiblicher Schönheit. Im Grunde genommen, ist es fast unmöglich eine Lichtgestalt wie Mevlana zu beschreiben. Da es in deutscher Sprache kein vergleichbares Werk gab, hatte ich den großen Wunsch dieses Buch zuschreiben. In der Hoffnung um Gottes Einverständnis und Mevlanas Zustimmung, möchte ich meine Einleitung mit diesen inspirierenden Worten beginnen.

In der Geschichte der Menschheit begegnen uns nur wenige hochgeschätzte Persönlichkeiten, die mit ihrer Stimme, ihren Worten, ihrer Liebe, ihrem Engagement und ihren Verheißungen, uns auch Jahrhunderte nach ihrem Tod in ihren Bann ziehen. Obwohl ihr Tod schon viele, viele Jahre zurückliegt, erscheinen sie uns frisch und lebendig. Ihre Gedanken, Analysen und spirituellen Botschaften bergen auch für die sozialen Nöte unserer Zeit, immer wieder neue unkonventionelle Rezepte.

Zu diesen außergewöhnlichen Menschen gehört Mevlana Celaleddin Rumi. Auch nach 800 Jahren, die zwischen seinem und unserem Leben liegen, hört uns Rumi zu. Er teilt unsere Gefühle und präsentiert mit seiner einzigartigen Stimme Lösungen für unsere Probleme. Seine Worte und seine Botschaften klingen so, als wenn Rumi es uns persönlich mitteilt. Sein Wissen über die Fragen des Lebens und seine Erkenntnisse über Gott und die Welt, sind heute genauso hochaktuell wie damals. Jahrhunderte lang inspirierten seine poetischen Verse, große Dichter und Gelehrte.

Vielen ist Mevlana als islamischer Denker und als prominenter, mystischer Dichter bekannt, der die grenzenlose Liebe und Toleranz zu allen Geschöpfen lebte und predigte. Mevlana liebte die Menschen und die Menschen liebten ihn. Weder unterschied er sie zwischen Nationalität, Rasse, Status noch nach ihrer Religion. Sein vorbildlicher Charakter widerspiegelt seine tiefverwurzelte Beziehung, seine glühende Verehrung, Sehnsucht und Liebe zu Gott. Mevlana war ein Auserwählter, ein reiner, rechtschaffener Mensch, gesegnet mit der Nähe Gottes und beschenkt mit seinen Gunstbeweisen.

Seine tiefe, innige Liebe zum allmächtigen Schöpfer, erfüllte und bestimmte sein Leben und jene, die durch seine Gnade und Großzügigkeit daran teilnahmen. Mevlana war entrückt vom Wein dieser Liebe, dass hohes spirituelles Wissen aus ihm heraus sprudelte, die er in poetischen Versen zum Ausdruck brachte.

Er sah die Schöpfung, erfüllt von der Gnade, Barmherzigkeit und Großzügigkeit Gottes für all seine Geschöpfe. Die Liebe zum Schöpfer war ihm das Allerwichtigste. Er beschrieb sie als „Die Medizin für alle Krankheiten.“             

Der Mensch hat das Bedürfnis zu lieben und geliebt zu werden. Es stand schon in der Bibel: „Wenn ich die Liebe nicht hätte, dann wäre ich ein Nichts!“ (Korinther Kap. 13).

Der Weg der Derwische

 

Mevlana, der geistige Vater des Mevlevi Ordens, „der Tanzenden Derwische“, lebte in Konya in der Türkei. Im Mevlevi Orden werden Musik und Tanz als Hilfsmittel genutzt, um in Sphären der spirituellen Welt einzutauchen.

Musik vermag Menschen in ungeahnte Sphären zu führen und ihnen den Weg zu sinnlicher und spiritueller Wahrnehmung zu öffnen. Die Musikinstrumente der Derwische bestehen aus Flöte und Trommel, die die Derwische in ihrem oft stundenlangen Tanz in Ekstase begleiten.

Der traurige Klang der Rohrflöte erinnert sie an den Schmerz der Trennung der Seele von Gott. Wer diesen Schmerz der Entzweiung nachempfinden kann, wird die Worte Mevlanas verstehen.

Eines Tages lief Mevlana durch den Basar in Konya und hörte das rhythmische Hämmern eines Goldschmiedes. Er geriet in mystische Verzückung und begann sich im Kreise zu drehen. Aus dieser Inspiration heraus, entstand der Tanz Sema (das Drehen um die eigene Achse).

Einem magischen, geheimnisvollen Gesetz folgend, von den kleinsten Bestandteilen der Schöpfung bis zu den größten Gebilden, vollführt alles eine Drehbewegung. Die Elektronen drehen sich um den Kern des Atoms, die Monde um die Planeten, die Planeten wiederum um die Sonnen und die Sonnen um den Kern der Galaxien.

Der Derwisch schließt sich im rituellen Tanz dem Sema, dieser Drehbewegung an und vereint sich mit der Schöpfung. Wenn das Sema hingebungsvoll vollzogen wird, durchströmt den Derwisch kosmische Energie. Während er sich von rechts nach links dreht, umarmt er symbolisch in Liebe die gesamte Menschheit. Sein rechter Arm mit geöffneter Hand, ist zum Himmel erhoben, um Gottes Wohltätigkeit zu empfangen. Die linke Hand zeigt zur Erde um Gottes Gaben weiterzugeben.

Alles dreht sich, auch die Engel, in Harmonie und grenzenloser Liebe zu Gott.

Mevlana sagte: „Jede Liebe ist eine Brücke zur göttlichen Liebe. Wer noch nie einen Geschmack davon erhaschen durfte, der weiß dies nicht. Wer den Fluss von Gottes Schönheit erblicken durfte, ist nicht mehr bei sich. Er versucht nur noch „Eins“ mit diesem Fluss zu werden.“

Mystiker glauben an die Einheit und Harmonie der Dinge, darum fällt es ihnen nicht schwer, schlechte Gewohnheiten wie Neid, Hass oder Egoismus abzulegen. Ihren größten Feind sehen sie in sich selbst und darum richten sie ihren Blick auf das Feuer ihrer eigenen Gelüste. Sie achten auf die Reinheit ihrer Herzen, deshalb sind sie auch fähig, alle Menschen zu lieben.

Für Mystiker gibt es nichts Schlechtes oder Überflüssiges. Alles in der ganzen Schöpfung hat für sie einen Sinn und eine Bedeutung. Menschen, die sich vom Egoismus und Hass verleiten lassen, sind für sie wie unreife Kinder, die das Ganze nicht erkennen.

Spirituelle Armut und Egoismus führen dazu, blind für die Nöte anderer zu sein. Ein Gottgläubiger sieht alle Menschen als Brüder. Er liebt sie und teilt gerne mit ihnen. Sie bemühen sich um spirituelle Gaben. Weltliche und materielle Genüsse sind für sie minderwertige Genüsse geworden. Sie leben im Bewusstsein, dass jeder Augenblick ihr letzter sein könnte, darum ist ihr größtes Anliegen sich darauf vorzubereiten.

Mevlana sagte: „Das Licht Gottes siehst du auf der Erde durch drei Farben gefiltert. Wenn du dich nicht auf das reine Licht vorbereitest, wird es dich blenden, wenn du es ohne Filter siehst.“

Darum reinigt sich ein Mystiker von schlechtem Tun und Denken, um spirituell zu reifen. Ehrfürchtig und achtungsvoll mit reinen Gedanken und Herzen, nähert er sich Gott. Er weiß, dass Gott in die Herzen der Menschen schaut und dass Er nur die reine Liebe akzeptiert, die allein Ihm gilt. Wem Gottesliebe eigen wird, der braucht und wünscht sich nichts anderes mehr.

Mystiker sind bescheiden. Sie sammeln nicht gierig Besitztümer, noch sind sie Sklaven ihrer Gelüste. Sie wissen, dass sie nichts mitnehmen werden. Wozu auch? In der spirituellen Welt ist dies nicht von Nutzen.

 

 

Wir sind nicht Dorfschulz,

wir sind nur Vagant,

Minister nicht, nur Diener ohne Stand

Wir sind die Feder in des Künstlers Hand.

Wohin wir gehen, ist uns nicht bekannt.

 

Mevlana

Aus dem Diwan Reclam Verlag