Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Silvia Herzog, Nadine Widl

Lektorat: wortundart, Janette Schroeder, Berlin

Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Lena-Maria Stahl

impressum ISBN 978-3-8338-6936-5

4. Auflage 2019

Bildnachweis

Coverabbildung: Andreas Achmann

Fotos: Andreas Achmann, Andreas Sibler, Adobe Stock, Anzensberger Agency, DDP Images, DPA Picture Alliance, Dreamstime, Getty Images, Huber Images, Imago stock & people, iStock, Laif, Mauritius Images, Matthieu Paley @paleyphoto, Shutterstock, Andreas Sibler, Stockfood, Stocksy United, Wolfgang Schardt/GU Archiv

Syndication: www.seasons.agency

GuU 8-6936 01_2019_02

Das vorliegende eBook basiert auf der 4. Auflage der Printausgabe

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

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Ein Wort zuvor

Die technischen Fortschritte unserer Zeit sind oft auch Rückschritte für unsere Gesundheit. Wir müssen uns nicht mehr bewegen, also schwindet die Muskulatur, die nicht nur für die Gelenke, sondern auch für den Stoffwechsel enorm wichtig ist. Das eigene Immunsystem attackiert den Körper, überall bilden sich unbemerkt Entzündungen – bis erste Krankheiten auftreten. Zu essen gibt es immer, überall, fertig zubereitet, ins Haus geliefert – also nehmen wir mehr Energie zu uns, als wir verbrennen. Oft enthalten die Speisen Unmengen an Zucker und Zusatzstoffen. Das alles belastet Immunsystem, Darm und Stoffwechsel zusätzlich.

Unsere Arbeit wird komplexer, die Zeit rast – wir haben Stress, der uns nicht mehr beflügelt, sondern krank macht, weil er die Entzündungen in unserem Körper weiter befeuert. Dadurch altert der Körper rasant. Heute sind 80 Prozent aller Krankheiten und 40 Prozent der Krebsfälle durch ein Verhalten erworben, das sich nicht mit den Bedürfnissen unseres Stoffwechsels deckt. Das sollte uns eine Warnung sein.

Ernährung, die heilt

Heute sind wir der Wahrheit so nah wie noch nie in der Medizingeschichte: Krankheiten können verhindert, gelindert oder geheilt werden, wenn wir die Schlüsselfunktion der Ernährung begreifen. Sie wird zum Heilmittel, wenn sie artgerecht ist.

Jedes wild lebende Tier beharrt auf artgerechter Lebensweise und Ernährung. Nur wir Menschen tun uns offenbar schwer. Lange haben Diätgurus über den richtigen Weg gestritten – immer gewürzt mit einer guten Portion Dogmatismus. Diese Zeit ist vorbei. In der Abteilung für Ernährungsmedizin im medicum Hamburg wenden wir die artgerechte Ernährung an – schon seit zwei Jahrzehnten. Zuerst bei Typ-2-Diabetes, dann bei immer mehr Krankheiten. Jetzt sind es schon über 80 Beschwerdebilder und immer wieder stellen wir erstaunt fest, was sich alles im Körper der Patienten zum Besseren wendet. Immer mehr Studien bestätigen, dass wir, mein Team und ich, auf dem richtigen Weg sind.

Warum wird diese riesige Chance vertan? Politik, Krankenkassen und Ärzteschaft haben lange eindeutige Ergebnisse aus Bevölkerungsstudien der langlebigsten Menschen ignoriert und versäumt, die preisgünstigste – und menschenfreundlichste, weil leckerste – Therapie zu fördern.

Warten Sie deshalb nicht auf die Politik: Sie selbst müssen aktiv werden. Vergessen Sie alles, was Sie über Diäten wissen. Erfahren Sie, wie artgerechte Ernährung heilt. Nebenwirkungen? Fehlanzeige – außer, dass Sie sich körperlich und geistig fitter fühlen.

Kommen Sie mit auf eine spannende Reise um die Welt und lernen Sie die Vielfalt der gesunden, artgerechten Ernährung kennen!

Ihr Matthias Riedl

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Warum »artgerecht«?

Hinter dem Begriff einer artgerechten Ernährungsweise verbirgt sich weit mehr als bestimmte Nährstoffkomponenten. Sie umfasst einen gesamten Lebensstil, zu dem auch die Erhaltung und der Schutz der regionalen Nahrungsmittel gehört, die wir verzehren.

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Meine Mission

Warum altern manche Menschen schneller als andere? Was bremst den Alterungsprozess, was beschleunigt ihn? Wie ernähren sich besonders langlebige Völker? Was sind die entscheidenden Bestandteile einer Ernährungsweise, mit der sich typische Altersleiden und Zivilisationserkrankungen, wie Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Rheuma bis hin zu Krebs, vermeiden lassen?

  »Warum bekomme ausgerechnet ich einen Infarkt? Ich war immer gesund!« So ein 40-jähriger Hamburger Kaufmann, der mit Bluthochdruck, Arthrose, erhöhten Blutfetten, Diabetes und diversen anderen, ausschließlich ernährungsbedingten Beschwerden zu mir kam und so krank war, dass er die nächsten 15 Jahre nicht überleben würde. Wenn das Schicksal zugeschlagen hat, stellen Menschen genau diese Frage – immer wieder. Und immer öfter entpuppt sich die individuelle Lebensweise als Verursacherin dieser Erkrankungen. Heute sind schätzungsweise 80 Prozent unserer Erkrankungen und 40 Prozent der Krebsfälle darauf zurückzuführen. Dabei stellt die Ernährung die weitaus häufigste Ursache dar – noch vor Alkohol- und Tabakkonsum. Sogar Krankheiten, die man zunächst gar nicht mit Essen in Zusammenhang bringt und die als unheilbar gelten, sind oft ernährungsbedingt – wie etwa Unfruchtbarkeit (siehe >–>).

Grund genug also, sich auf die Suche nach der einzig richtigen – also der artgerechten – Ernährung zu begeben. Das ist dringend nötig, da in der Vergangenheit zahlreiche widersprüchliche Empfehlungen verbreitet wurden, aus denen sich quasi religionsartige und immer dogmatische Ernährungsrichtungen entwickelt haben, die nun den Kampf um die Deutungshoheit antreten. Wer hat recht? Low Carb, Low Fat, vegan, paleo – was ist denn nun gut für mich? So wird die Verwirrung nur noch größer. Unsere Psychotherapeuten im medicum Hamburg sprechen dann von Consumer Confusion, das heißt Konsumentenverwirrung.

Ich will, dass Sie gar nicht erst krank werden

Höchste Zeit also der Frage nach der artgerechten Ernährung für den Menschen nachzugehen und klare, in der ernährungsmedizinischen Praxis tausendfach erfolgreich erprobte Empfehlungen zu geben. Warum? Weil davon Menschenleben und viel – unnötiges – Leid abhängen. Ich habe in den vergangenen 30 Jahren unzählige Schicksale erlebt, die vermeidbar gewesen wären. Meine Aufgabe als Arzt darf sich aber nicht nur auf das Kurieren von Krankheiten beschränken. So verstehe ich meinen Beruf nicht. Ich möchte, dass die Menschen gesund bleiben, und zwar so lange wie möglich! Fatalerweise gibt es aber Erkrankungen, die nicht zu kurieren sind, sodass die Vorbeugung enorm wichtig ist, wie etwa bei Erblindung oder Autoimmunerkrankungen wie Rheuma.

Das Tückische an falscher Ernährung ist, dass sie schleichend und über Jahrzehnte krank macht, sodass der ursächliche Zusammenhang vielen Menschen nicht klar werden kann. Manchmal beginnt das Unheil schon im Mutterleib, durch frühe Prägung. Die Krankheit kommt Jahrzehnte später. Selten ist der Zusammenhang so klar wie bei einem Colitis-Patienten, der nach einem Fast-Food-Menü blutigen Durchfall bekommt. Bevor diese gefährliche Darmentzündung allerdings entsteht, aktiviert eine falsche Ernährungsweise die fatalen Entzündungskaskaden, die dann nur noch gelindert werden können. Auf der Suche nach der Wahrheit über die artgerechte Ernährung für unsere Spezies Mensch möchte ich Sie auf zwei Reisen einladen: eine Zeitreise und eine Weltreise – natürlich unter der Berücksichtigung neuster wissenschaftlicher Studien.

Therapie ohne Nebenwirkungen

Viele Erkrankungen sind mit bestimmten Lebensmitteln positiv oder negativ beeinflussbar. Chronische, nicht übertragbare Krankheiten wie Diabetes oder Übergewicht lassen sich außerdem durch eine artgerechte Ernährung mit Zuckerreduktion, körperlicher Bewegung, maßvollem Alkoholkonsum und dem Verzicht auf Tabak vorbeugen, lindern oder sogar heilen. Mehr noch: Ich erlebe immer wieder, dass allein durch die Umstellung auf eine artgerechte Ernährung unklare Beschwerden oder Krankheiten verschwinden. Anders als Medikamente hat diese »Behandlung« nur Vorteile und nie Nebenwirkungen.

Zurück zu unseren Vorfahren

Der Blick in unsere menschliche Vergangenheit liefert wertvolle Hinweise auf die richtige artgerechte Ernährung. Gehen wir zurück in eine Zeit, in der sich der Mensch noch intuitiv und seiner natürlichen Umgebung gemäß ernährt hat. Kommen wir nach Kenia, der Wiege der Menschheit. Der Frühmensch Paranthropus boisei lebte noch als reiner Pflanzenfresser im Regenwald – ähnlich wie heute die Gorillas. Durch die zunehmende Trockenheit wurde die Vegetation knapper. Außerdem stellte es sich angesichts der Versteppung für das Überleben als sinnvoll heraus, den aufrechten Gang zu entwickeln. So konnten unsere Vorfahren in der Savanne Feinde früher erkennen. Der aufrecht gehende Homo erectus nahm schließlich als erster Mensch tierische Lebensmittel zu sich, um zu überleben: Insekten, Würmer, Kleintiere – wohlgemerkt als Beikost. Rotes Fleisch war für ihn unerreichbar – außer in Form von Aas. Wildtiere waren entweder zu groß, zu schnell oder zu gefährlich. Heute wissen wir, dass zu viel rotes Fleisch Krebs, Übergewicht und Diabetes fördert. Deshalb empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO nicht mehr als 500 Gramm rotes Fleisch pro Woche. Einer Paleo-Diät mit ihrem hohen Anteil an tierischen Lebensmitteln sind unsere Vorfahren also nicht gefolgt – eher einer Mischung aus Fisch, Ei oder Pflanzen, aber ohne industriell gefertigte Produkte aus Weizen, Reis, Mais und Co. Die gab es erst rund zwei Millionen Jahre später.

Eine im März 2018 publizierte schwedische Studie von der Universität Lund belegt, dass je nach Region Fisch eine wichtigere Rolle in der Ernährung gespielt hat als bislang erwartet. Immer wieder gab es evolutionäre Sprünge: Die Besiedelung des UV-armen Nordens wurde übrigens nur möglich durch ausreichenden Fisch-, Ei- und Milchkonsum. Das hat den milchzuckerspaltenden Mutanten, die jetzt Nordeuropa bewohnen, einen enormen Überlebensvorteil gebracht.

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Vilcabamba in Ecuador wird auch »Tal der Hundertjährigen« genannt.

Reisen in die blauen Zonen und zum Volk der Tsimane

Auf dem Weg zur Wahrheit über die artgerechte Ernährung begeben wir uns auf eine Weltreise zu den Regionen der Erde, in denen die Menschen besonders gesund sind und alt werden, den blue zones. Diese Zonen gibt es überall auf der Welt in Ecuador, Japan, Sardinien oder Nicaragua. Die Gemeinsamkeiten oder Elemente dieser Ernährung sind in letzter Zeit genauer erforscht worden und liefern uns wertvolle Hinweise zur artgerechten Ernährung.

Waren unsere Vorfahren Vegetarier?

Als Waldbewohner im heutigen Kenia waren unsere Vorfahren Vegetarier wie die Orang-Utans heute noch. Erst später kam die tierische Beikost hinzu. Sie hat durch mehr Eisen, Jod, Vitamin B12 und Eiweiß die Hirnentwicklung zum intelligenten, modernen Menschen gefördert. Der Homo erectus aß alles, was er kriegen konnte, und das waren neben Pflanzen auch Insekten, Würmer und Aas.

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Dank ihres aktiven Lebensstils haben die Tsimane gesunde Arterien.

Im Jahr 2002 reiste Michael Gurven und sein Team von der University of California in Santa Barbara in die Regenwälder Boliviens. Er untersuchte hier den Gesundheitszustand einer Volksgruppe mit etwa 8 000 Angehörigen, der Tsimane. Die Amazonas-Ureinwohner sind sehr aktiv, gehen tagtäglich auf die Jagd und zum Fischen und legen dabei zu Fuß viele Kilometer zurück. Außerdem bauen sie in kleinerem Maßstab Nutzpflanzen für den Eigenbedarf an. Nur zehn Prozent ihres Tagesablaufs verbringen sie in Ruhe – also sitzend oder liegend. Kein Wunder, dass Übergewicht nur bei weniger als zwei Prozent der Tsimane auftritt. Auch Bluthochdruck ist äußerst selten. Typ-2-Diabetes, die Geißel der westlichen Zivilisationen, trat in der Beobachtungsphase gar nicht auf. Atherosklerose, Herzinfarkte oder Schlaganfälle sind extrem selten – anders als in der westlichen Gesellschaft.

In der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet wurde 2016 eine weitere Studie unter der Leitung von Hillard Kaplan von der University of New Mexico veröffentlicht. Sie zeigt, dass die Arterien der Tsimane gesünder sind als bei allen anderen untersuchten Menschen. Im Durchschnitt sind die Blutgefäße eines 80-jährigen Tsimanen so geschmeidig wie die eines 55-jährigen Amerikaners. Verantwortlich dafür seien laut Kaplan die Ernährung – wenig gesättigte Fettsäuren, viele Ballaststoffe statt raffinierter Mehle und Zucker –, extrem viel Bewegung und dass sie so gut wie nicht rauchen.

Länger leben

In einigen Regionen der Welt leben besonders viele Hundertjährige: in Sardinien, Okinawa, Loma Linda, Nicoya-Peninsula und Ikaria. Vier Faktoren tragen zur Langlebigkeit bei: natürliche Bewegung (wie langes, gemäßigtes Arbeiten oder wandern), richtige Perspektive (seine Lebensaufgabe kennen, sich Zeit lassen), artgerechte Ernährung und soziales Eingebundensein. Von den blue zones können wir viel über die artgerechte Ernährung lernen.

Was den Tsimane allerdings zu schaffen macht, hängt mit der fehlenden medizinischen Grundversorgung zusammen: Infektionskrankheiten und Parasiten. Darauf ist die Hälfte der beobachteten Todesfälle zurückzuführen. Aufgrund der hohen Rate an Infekten sind auch chronische Entzündungen häufig. So weist das Blut der Tsimane extrem hohe Konzentrationen des C-reaktiven Proteins (CRP) auf. Dieses Eiweißmolekül produziert der Körper bei Entzündungen. Für einen im Westen ausgebildeten Arzt mutet das seltsam an. Denn »normalerweise« gelten chronische Entzündungen zusammen mit hohen CRP-Werten als Risikofaktoren für Gefäßverengung (Atherosklerose), der Vorstufe für Herz-Kreislauf-Krankheiten, die laut WHO Todesursache Nummer eins sind.

Das lässt vermuten, dass Entzündungen allein gar nicht so schädlich für die Gefäße sind wie bisher angenommen. In der keimarmen Umgebung der westlichen Welt wird das Immunsystem mit unnatürlichen Substanzen wie Konservierungsstoffen und Geschmacksverstärkern sowie einer unnatürlich hohen Aufnahme von Zucker und Weizenprodukten beschäftigt – und das im Dauerbombardement durch ständiges Snacking. Übergewicht aktiviert überdies ständige Entzündungen. Das ruiniert auf Dauer den Körper, insbesondere die Gefäße, und setzt der Bauchspeicheldrüse enorm zu. Dazu passt, dass Atherosklerose und ihre Folgen in vorindustriellen Zeiten wenig Bedeutung hatten.

Artgerechter Speiseplan

Fast drei Viertel des Tsimane-Speiseplans besteht aus Kohlenhydraten und Ballaststoffen – in Form von Reis, Maniok, Kochbananen, Mais, Nüssen und Früchten. Hinzu kommen wenig Proteine durch Fleisch und Fisch (14 Prozent) und ebenso wenig Fett – aber dafür viel gesundes pflanzliches Eiweiß. Für Menschen, die den ganzen Tag in Bewegung sind, ist die kohlenhydratreiche Kost kein Problem. Außerdem wird mit dem Gemüse und den Nüssen eine Riesenmenge an Ballaststoffen (für die gesunde Darmfunktion und -flora) und sekundären Pflanzenstoffen gegen Bluthochdruck, Diabetes, Krebs und Co. aufgenommen.

Vielleicht haben die Tsimane eine besondere genetische Veranlagung? Wahrscheinlich beweisen sie uns aber auch, dass der Mensch nicht für eine Welt gemacht ist, in der industriell gefertigte Lebensmittel jederzeit und ohne körperliche Anstrengung verfügbar sind. Die Tsimane leben einen artgerechten Alltag in einer Welt mit einer artgerechten Ernährung. Damit sind wir bei der Suche nach der Wahrheit über die menschliche Ernährung ein Stück weitergekommen. Wenn diese These stimmt, müssen die Menschen, die in den blue zones leben, Elemente dieser Ernährung aufweisen, ebenso wie gesündere Völker.

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Walnüsse enthalten gesunde Fette und zell- und gehirnschützende Antioxidantien.

Wie passt das zu den aktuellen Studien?

Ungläubiges Staunen erlebe ich regelmäßig, wenn ich auf Kongressen von den Ergebnissen der PREDIMED-Studie berichte. Untersucht wurden hier fast 8 000 Hochrisikopatienten mit Typ-2-Diabetes oder anderen Risikofaktoren wie Bluthochdruck. Das Ergebnis ist frappierend und deutlich: Bei den Teilnehmern, die viel Olivenöl oder Nüsse auf dem Teller hatten, sank das Gewicht und das Krebs-, Diabetes- und Infarktrisiko verringerte sich. Gesundes Fett macht also schlank und gesünder! Die PURE-Studie von 2017, in der Menschen aus 18 Ländern untersucht wurden, hat gezeigt: Wer 68 Prozent oder mehr seines Energiebedarfs durch Kohlenhydrate abdeckt, dessen Sterberisiko erhöht sich um 28 Prozent.

Esst mehr Fett!

Lange galt eine fettreiche Ernährung als ungesund. Das ist hinlänglich widerlegt. Die geltenden Ernährungsregeln müssen also umgeschrieben werden: Mehr besonders gutes Fett und weniger Kohlenhydrate können demnach die Sterblichkeit verringern.

Wer dagegen nur 35 Prozent durch Fett abdeckt, dessen Sterberisiko ist um 23 Prozent niedriger als das von Menschen mit geringem Fettkonsum.

Mehr Fett und weniger Kohlenhydrate können die Sterblichkeit verringern. Es wird immer klarer: Fett macht nicht fett, sondern besonders gesundes Fett aus guten Ölen und Nüssen macht gesünder. Kohlenhydrate sind kein Problem, wenn sie von frischen Pflanzen kommen und nicht aus Weizen, Zuckerrüben und Co. Diese Kohlenhydrate fördern in unserem Körper Entzündungen und Zivilisationskrankheiten. Die entzündliche Neigung unseres Immunsystems nimmt durch Zucker, Weizen und schlechtes Fett zu. Am Ende dieser Entzündungen stehen Autoimmunerkrankungen, Arthritis, Demenz, Herzinfarkt oder sogar Depressionen. Der gesamte Alterungsprozess wird durch eine generelle Entzündung gefördert. Dagegen wirken die Ballaststoffe und die noch immer unterschätzten unzähligen sekundären Pflanzenstoffe, die als Bitter-, Farbstoffe und Aromen in Gemüse vorkommen. Das ist unsere evolutionäre Verbindung zu Pflanzen.

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Die beste Medizin: artgerechte Lebensmittel frisch zubereiten!

Die Praxis beweist, dass wir auf dem richtigen Weg sind

Als ich vor 20 Jahren beschloss, meine Praxis um eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin zu erweitern, dachte ich zunächst nur daran, Typ-2-Diabetiker zu behandeln, um ihren Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Schnell haben mein Team und ich jedoch gemerkt, dass wir viel mehr erreichen können: Tatsächlich sind viele Patienten ihren Diabetes über Jahre hinweg losgeworden. Insulin konnte abgesetzt, die Lebensqualität verbessert werden und viele andere Beschwerden wie Trigeminusneuralgien, Arthroseschmerzen oder Migräne verschwanden. Die Suche nach den Prinzipien der wahren artgerechten Ernährung war geboren und hat mich bis heute nicht losgelassen.

Ich möchte, dass alle Menschen davon profitieren. Dafür setze ich mich als Ernährungsdoc im NDR, auf Vorträgen und als Vorstandsmitglied des Bundes Deutscher Ernährungsmediziner ein. Aus dieser Keimzelle – meiner Praxis – ist Europas größtes ambulantes Zentrum für Diabetes, Ernährungsmedizin und angrenzende Fachgebiete geworden: das medicum Hamburg. Wir behandeln heute weit über 80 Indikationen für Ernährungsmedizin von Adipositas über Parodontitis bis zu Zöliakie. Manchmal verschwinden sogar für die Schulmedizin unerklärliche Beschwerden wie eine Trigeminusneuralgie unter artgerechter Ernährung. Deswegen ist sie bei unklaren Beschwerden immer einen Versuch wert! Denn artgerechte Ernährung hat keine Nebenwirkungen.

Und immer wieder sagen meine Patienten nach der Ernährungstherapie: »Ich fühle mich fitter – geistig wie körperlich. Komisch, dabei habe ich gar nicht so viel geändert!« Mittlerweile behandeln wir auch Olympiaathleten nach unserer Methode der artgerechten Ernährung – zur Leistungssteigerung. Außerdem muss eine Beachvolleyballerin auch manchmal drei Kilo weniger wiegen oder eine Seglerin zwei Kilo mehr …

Mediterran = artgerecht

Eine mediterrane Ernährung, wie sie in Italien, Spanien, Griechenland, Israel und Südfrankreich gepflegt wird, ist reich an pflanzlichem Fett aus Olivenöl, Nüssen und Samen. Sie senkt das Körpergewicht besser als eine fettarme Diät. Außerdem wird das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs signifikant reduziert.

Worin das Geheimnis liegt? Es ist die artgerechte Versorgung des Körpers, der dadurch leistungsfähiger wird. Ähnlich wie der Löwenzahn in der Mauerritze, der nur wenige Zentimeter groß wird, während er auf der Wiese bis zu einem halben Meter hoch heranwachsen kann. Und wir überfordern die Menschen nicht, die zu uns kommen: Umgesetzt werden nur die wichtigsten Änderungen nach dem 20 : 80-Prinzip (siehe Anhang >). Beides ist der Kern des Erfolges. Noch niemals in der Geschichte der Medizin waren wir so nah an der Wahrheit über die richtige, die artgerechte Ernährung. Die Tage der Diäten sind gezählt! Dass wir auf dem richtigen Weg sind, beweisen mir Briefe von Patienten, Lesern und NDR-Ernährungsdocs-Zuschauern.

So erhielt ich von Lina L. folgende Zeilen, die mir zeigen, dass wir viele Menschen erreichen und ihnen beim Gesundwerden helfen können: »Durch die Sendung Die Ernährungs-Docs und mithilfe Ihres Kochbuchs Genussvoll den Blutzucker im Griff habe ich es geschafft, meine Blutzuckerwerte drastisch zu senken. Meine Mutter ist an den Folgen eines Diabetes Typ 2 verstorben, weil wir nichts über den Zusammenhang mit der Ernährung wussten. Das wird mir nicht passieren. Vor einigen Tagen erhielt ich den Laborbefund mit einem HbA1c von 5,5. Normalerweise schwankte der bei mir immer zwischen 6,3 und 6,5. Einen Ausreißer hatte ich mit 7,1, da ging bei mir die Alarmglocke an. Leider neigt mein Internist eher zum Rezept, also ging ich das Problem selber an! Gewichtsreduktion: 15 Kilo, Blutdruckmedikamente auf null! Ergebnis: Diabetes und Bluthochdruck sind weg.«

Nachweisbare Effekte

»Es ist für mich ein Wunder, ich nehme jede Woche ab! Die 70-Kilo-Marke habe ich bereits geknackt! So wenig habe ich zuletzt als Teenager gewogen! Ich fühle mich wohler, bin nicht mehr so müde, sondern voller Energie und Lebenslust! Und die Parodontitis ist schon fast weg.« Eine Patientin vom medicum Hamburg.

Der Bloomberg Health Index

Das international renommierte Informationsdienstleistungsunternehmen Bloomberg aus New York gibt regelmäßig den Bloomberg Health Index heraus – eine Rangliste, die darstellt, wie es um die Gesundheit der Weltbevölkerung bestellt ist. Dazu werden bestimmte Faktoren herangezogen, etwa Lebenserwartung, Todesraten bei bestimmten Krankheiten und Gesundheitsrisiken – wie Bluthochdruck und Tabakkonsum – sowie Todesursachen, Unterernährung, Verfügbarkeit von sauberem Wasser usw. Mit Wirtschaftskraft hat die Gesundheit der Bevölkerung eines Landes im Übrigen nicht unbedingt etwas zu tun: Spitzenreiter Italien ist in deutlich besserer Form als die USA (Platz 34) oder Großbritannien (Platz 23), wo Bluthochdruck und Übergewicht den Menschen das Leben schwer machen. Und das, obwohl Italien auf einem riesen Schuldenberg sitzt und eine hohe (Jugend-)Arbeitslosigkeit hat.

Die Spitzenplätze als gesündeste Länder der Welt, nehmen nach Italien, Island, Schweiz, Singapur, Australien, Spanien, Japan, Schweden, Israel und Luxemburg ein. Fazit: Am ältesten werden die Italiener. Ein Baby, das heute in Rom geboren wird, hat eine Lebenserwartung von 80 Jahren. 2 800 Kilometer weiter südlich – in Sierra Leone – sind es nur 52 Jahre. Deutschland liegt im Bloomberg Health Index übrigens auf Platz 16, zwei Plätze hinter Frankreich.

Dass die Lebenserwartung auch mit der Ernährung zusammenhängt, liegt auf der Hand. Denn nimmt man die landestypischen Rezepte genauer unter die Lupe, fällt zweierlei auf: Es stimmt einfach nicht, dass Italiener ständig Pasta essen, die Schweden zu viel Süßes, die Spanier zu viele Kartoffeln und die Luxemburger zu viel fettes Fleisch. Die Landsleute dort sind genauso wie in Singapur, Island und Australien echte Genießer und stolz auf ihre einheimischen Zutaten und Spezialitäten – wie Olivenöl, Fisch, bestimmte Gewürze, Gemüse, Obst und Wein.

Von den zehn Besten lernen

Die gesündesten Menschen haben alle eine Gemeinsamkeit: Sie leben in umweltbewussten Ländern mit hervorragender Infrastruktur und starken Gesundheitssystemen. Und sie essen gut und artgerecht, denn Essen liefert nicht nur Energie. Alles, was wir zu uns nehmen, kommuniziert mit jeder einzelnen Zelle in unserem Körper darüber, ob Nahrung heilend wirken kann oder nicht.

Guckt man sich die Speisepläne in den Top-Ten-Ländern an, fällt auf, dass viele Gerichte reich an Zutaten sind, die zellschützend und antientzündlich wirken – oder den Zellstoffwechsel anregen oder eine positive Wirkung auf die Gesundheit bestimmter Organe haben wie den Darm, das Gehirn oder das Herz. Dazu passt auch, dass es nicht auf Low Carb oder Low Fat ankommt: Zuletzt wurden beide Richtungen in der DIETFITS-Studie verglichen. Das Ergebnis: Ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit einem Minivorsprung für Low Carb in puncto Gewichtsreduktion. Abgenommen hatten jene, die bewusst gegessen und weniger raffinierte Mehle, Zucker und mehr Gemüse und Co. gegessen hatten – also artgerecht! Die artgerechte Ernährung schöpft also aus dem Vollen und ist extrem vielseitig – anders als Ernährungstrends wie Low Carb, Low Fat, Paläo-Diät, vegane, laktose- oder glutenfreie Ernährung. Und das ist immer das, was die jeweilige Region hergibt – am besten selbst zubereitet, mit Genuss verzehrt und von einer positiven Lebenseinstellung begleitet. Denn Essen ist nie nur Nahrungsaufnahme, sondern sollte immer auch Lebensfreude sein. Auch das können wir von den Langlebigen dieser Welt lernen, ganz gleich, ob sie aus Industrieländern stammen oder Mitglieder von Naturvölkern sind.

Platz

Land

GW

Platz

Land

GW

1

Italien

93,11

19

Neuseeland

84,48

2

Island

91,21

20

Griechenland

84,28

3

Schweiz

90,75

21

Portugal

82,97

4

Singapur

90,23

22

Irland

82,52

5

Australien

89,24

23

Großbritannien

82,28

6

Spanien

89,19

24

Südkorea

82,06

7

Japan

89,15

25

Malta

81,27

8

Schweden

88,92

26

Belgien

80,96

9

Israel

88,14

27

Slowenien

80,81

10

Luxemburg

87,87

28

Dänemark

80,36

11

Norwegen

86,81

29

Chile

77,18

12

Österreich

86,34

30

Tschechien

75,76

13

Niederlande

85,83

31

Kuba

74,23

14

Frankreich

85,59

32

Libanon

74,03

15

Finnland

84,80

33

Costa Rica

73,14

16

Deutschland

84,78

34

USA

73,05

17

Kanada

84,57

45

Uruguay

65,40

18

Zypern

84,52

50

Albanien

62,01

Amerikaner und Briten lieben Fast Food, Softdrinks und Fertignahrung, was sich auf den Gesundheitswert (GW) und die Platzierung auswirkt. In Deutschland besteht ebenfalls Handlungsbedarf.

Quelle: Bloomberg Health Index 2017

Wissenschaftliche Basis

Wer sich also schon mal aufgemacht hat, um die ultimativ gesunde Kost für sich zu finden, wird nach einigen Experimenten mit Low Carb, Low Fat, Paleo-Diät, veganer, laktose- oder glutenfreier Ernährung wahrscheinlich resigniert festgestellt haben, dass es die ideale Ernährung vermutlich gar nicht gibt. Es gibt sie doch! Sie heißt artgerecht. Und die Ernährungsformen, die die besten Studienresultate erzielen, kommen der artgerechten Ernährung am nächsten.

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Wie wir uns krank essen

Will man der Frage, wie Ernährung heilen kann, auf den Grund gehen, muss man sich auch damit auseinandersetzen, wie Essen und Trinken krank machen. Wenn Sie wissen, wo sich die Ernährungsfallen befinden und welchen Ernährungsirrtümern Sie vielleicht auf den Leim gehen, dann können Sie etwas an Ihrem Speiseplan ändern.

  Dass Essen krank machen kann, davon können Menschen, die auf Milch, Weizen oder Obst empfindlich reagieren, ein Lied singen. Gleichzeitig beobachten Wissenschaftler und Ärzte seit 30 Jahren, dass bislang als unheilbar geltende Krankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Alzheimer in erschreckendem Maße zunehmen. Wie lässt sich diese Situation, die Gesundheitsexperten und Krankenkassen gleichermaßen beunruhigt, erklären? Wer sind die Hauptverantwortlichen?

Populäre Irrtümer über die Ernährung

Die Schuldigen sind schnell genannt: eine vergiftete Umwelt und unsere Ernährung, eine skrupellose Lebensmittelindustrie und Verbraucher, die durch Unwissen oder widersprüchliche wissenschaftliche Studien auf dem Ernährungsholzweg sind. Mal wird Low Carb gehypt, dann wieder kommt heraus, wie in der ARIC-Studie, dass Low Carb mit viel Fleisch, also Paleo, das Infarktrisiko steigert. All das verunsichert die Menschen. Lange hat es auch gedauert, bis die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ihre veraltete Empfehlung mit zu viel Kohlenhydraten und der Warnung vor Fett angepasst hat. Man denke nur an Behauptungen, die lange Zeit als wissenschaftlich belegt galten, wonach Fett dick mache oder der Verzehr von Eiern den Cholesterinspiegel in die Höhe treibe. Die Liste dieser längst widerlegten Ernährungsweisheiten lässt sich endlos fortsetzen. Hinzu kommen Empfehlungen von Lobbyisten, denen Politiker oft lieber zuhören als Wissenschaftlern. So kommen dann »Wahrheiten« zustande wie das von der Zuckerindustrie gepflegte Märchen, dass nur Fett fett mache. Oder die Empfehlung der DGE, fünfmal täglich Obst und Gemüse zu essen, obwohl zu viel Obst zu Zuckerüberladung führt. Überdies denken viele nun, dass man fünfmal täglich Obst essen soll. Das ist Snacking und eine Ursache für Übergewicht, Diabetes, Fettleber und Co. Sie können ohne Obst leben, aber nicht ohne Gemüse!

Fataler Dauertrend: Fertigprodukte und Industriefood

Jährlich werden 140 000 Tonnen Pestizide auf europäischen Feldern versprüht. Die Menge der weltweit produzierten Chemikalien ist seit dem Zweiten Weltkrieg von einer Million auf 400 Millionen Tonnen pro Jahr gestiegen. Ein Europäer braucht 92 Kilo Kunststoff jährlich, 40 Prozent davon in Form von Kunststoffverpackungen für Lebensmittel. In dem Plastik ist Bisphenol A enthalten, das in den Hormonkreislauf eingreift. All diese Gifte landen vermehrt auf unseren Tellern, wenn wir industriell gefertigte Lebensmittel essen, die oft reich an Zusatzstoffen sind.

Das Aus für »Five a Day«

Kleinste Mahlzeiten zwischendurch wurden jahrelang als das Nonplusultra (nicht nur bei Diabetes) propagiert – und viele sind in die Falle gelaufen. Es ist eben nicht gut, den kleinen Hunger zwischendurch zu stillen, auch dann nicht, wenn man dies mit Obst tut. Im Gegenteil: Sie fördern stille Entzündungen in allen Organen und fördern die Alterung und Diabetes. Viele Menschen nehmen schon ab, wenn sie das 2-bis-3-Mahlzeiten-Prinzip und 5 Stunden Essenspausen einhalten. Dieser Effekt kann noch durch längere Pausen wie beim Intervallfasten gesteigert werden. Auch das gehört zur Artgerechten Ernährung und bremst stille Entzündungen aus. Dazu müssen die Hauptmahlzeiten aber auch richtig satt machen – mit Eiweiß und magenfüllendem Gemüse.

Die Zulassungsbehörden sind auch keine Partner der Verbraucher, weil sie unter dem Einfluss der Lebensmittel- und Chemieindustrie sowie der Agrarwirtschaft stehen. So sind heute 316 Zusatzstoffe erlaubt, bei Bioprodukten immerhin auch noch 44. Und wer versteht schon die Angaben auf den Verpackungen, die sich wie die Anleitung eines Chemiebaukastens lesen? Das Gleiche gilt für Obst und Gemüse aus konventioneller Landwirtschaft und Fleisch von Tieren aus Massentierhaltung. Krankheiten wie Krebs, Herz- und Gefäßprobleme, neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer, Immunschwächekrankheiten und Stoffwechselstörungen wie Typ-2-Diabetes oder Unfruchtbarkeit haben eklatant zugenommen. Überall, wo viele industriell verarbeitete Nahrungsmittel konsumiert werden und wenig selbst gekocht wird, folgen bald Fettleibigkeit, Diabetes und jede Menge Zivilisationskrankheiten.

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Das Fettsäuremuster von Weidetieren ist so gesund wie das von Wildfleisch.

Kohlenhydratmast und Bewegungsmangel

Unser moderner Lebensstil passt nicht zu unserem Stoffwechsel aus der Zeit des Homo erectus. Wir bewegen uns weniger als unsere Großeltern, futtern aber viel mehr Brot, Kartoffeln und Süßes. Was schnelle Energie liefert, wird jedoch in einem bewegungsarmen Alltag nicht verbrannt. Hierzulande schuften noch zehn Prozent der Menschen Tag für Tag körperlich, Kinder gehen nicht mehr zu Fuß zur Schule – sie werden mit dem Auto gebracht. Wir Erwachsenen benutzen das Auto, um einzukaufen, oder für kleine Erledigungen und kurze Wege. Zusammen mit der bisher von der DGE propagierten zu hohen Kohlenhydratzufuhr, die nicht ausreichend unterscheidet zwischen Kohlenhydraten aus Brot und aus Gemüse, macht dieser Lebensstil auf lange Sicht schwer krank. Die meisten Ernährungsmediziner haben die Empfehlungen der DGE deshalb schon vor 15 Jahren nicht mehr befolgt, denn die moderne Ernährungsweise verringert nachweislich die Lebenserwartung. Wenn zu viel Kohlenhydrate gegessen werden, besonders die rasch verdaubaren, nicht angepasst an den Verbrauch durch Bewegung, dann bildet sich entzündungsförderndes Bauchfett, Ursache zahlreicher Krankheiten. Die Krankenkassen haben bemerkt, welche immensen Kosten die Folgeerkrankungen durch falsche Ernährung verursachen, und finanzieren oder bezuschussen immer mehr Ernährungstherapien. Den Facharzt für Ernährungsmedizin gibt es aber noch immer nicht!

Was alles falsch ist an moderner Ernährung

In den vergangenen 160 Jahren ist der Zuckerkonsum sprunghaft gestiegen. Mancherorts werden bis zu 67 Kilogramm Zucker pro Person und Jahr verbraucht. Das ergibt mehr als 500 Kalorien Zucker pro Tag. Ein Deutscher kommt pro Jahr auf rund 35 Kilogramm. Die Industrie behauptet, dass der Zuckerverbrauch nicht gestiegen sei. Schaut man aber 150 Jahre zurück, erkennt man, dass sich der Konsum im Lauf des industriellen Zeitalters deutlich erhöht hat: Laut Zollpapieren des Deutschen Reichs lag der Pro-Kopf-Zuckerkonsum 1874 noch bei 6,2 Kilo.Der meiste Zucker steckt in Süßigkeiten, Getränken und Fertiggerichten. Wir nehmen mehr Zucker zu uns, als unser Körper verarbeiten kann. Unzählige Studien beweisen, dass viel Zucker zu schweren Stoffwechselproblemen führen kann wie Insulinresistenz oder einem erhöhten Cholesterin- oder Triglyzeridspiegel. Viel Zucker ist damit eine der Hauptursachen für Krankheiten wie Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Arterienverkalkung, Demenz und zum Teil sogar Krebs. Er fördert auch die Entzündungsneigung des Körpers. Schnell kommt zur Arthrose noch eine schmerzhafte Entzündung dazu. Die stille Entzündungsneigung kommt durch zu viel Zucker aus dem Gleichgewicht. Die Folge: Alterungsprozesse galoppieren.

Bewegung ist Medizin

Zahlreiche Studien zeigen, dass Arthrose, Diabetes, Rückenschmerzen, chronische Müdigkeit, Osteoporose oder Arterienverkalkung durch eine einfache »Medizin« gelindert oder gar geheilt werden können: Bewegung! Sie ist erfolgreicher als Pillen und Co. Leistungssport ist dazu nicht erforderlich, denn bereits maßvolle natürliche Alltagsaktivität reduziert stille Entzündungen und belebt – und zwar in jedem Alter. Der Mensch ist ein moderater Ausdauergeher. Die Gelenkprobleme vieler Leistungssportler beweisen das. Übrigens: Mehr als fünf Stunden Sport pro Woche steigern den Gesundheitseffekt nicht mehr. Auch schlechte Ernährung kann man nur bedingt durch Sport ausgleichen. Ich kenne jedoch schlanke Leistungssportler, die sich durch einen zu hohen Fruktosekonsum eine Fettleber zugezogen haben.

Lange wurden gesättigte Fette für Herzkrankheiten verantwortlich gemacht und empfohlen, auf herkömmliche Fette wie Butter (mit herzschützenden Nährstoffen wie Vitamin K2), Schmalz oder Kokosnussöl zu verzichten. Stattdessen wurden raffinierte Pflanzenöle und gehärtetes Öl mit Transfettsäuren, wie in Margarine, propagiert, die reich an Omega-6-Fettsäuren sind. Viel Omega-6-Fette und Transfettsäuren lassen aber Arterienverkalkung gedeihen, wie beim Verhältnis dieser Omega-6-Fettsäuren zu den Omega-3-Fettsäuren mit 8 : 1. Doch ist gerade das Verhältnis dieser beiden Fettsäuren zueinander entscheidend für ihren Gesundheitsfaktor. Ideal ist 5 : 1. Auch fettes Fleisch stand auf dem Index, in Mode kam mageres von Schwein, Rind und Geflügel aus Industriemast, das weniger Omega-3-Fette enthält. Das Ergebnis: Mehr Entzündung und Arterienverkalkung – auch durch ein schlechtes Fettverhältnis und in der Masse zu viel (rotes) Fleisch.

Entzündungskiller

Einige unserer Körperzellen sind mit Omega-3-Empfangsstellen (Rezeptoren) ausgestattet. Sobald eine Omega-3-Fettsäure an eine solche Zelle andockt, setzt das einen Prozess in Gang, der verschiedene Gene entweder aktiviert oder stilllegt. In der Folge bedeutet dies: Schädliche Entzündungsprozesse werden heruntergefahren und damit u. a. Alterungsprozesse gemindert.