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Christoph Troche

Linux

Praxiswissen für Ein- und Umsteiger

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-95845-615-0
1. Auflage 2018

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Telefon: +49 7953 / 7189 - 079
Telefax: +49 7953 / 7189 - 082

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Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfil­mungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Lektorat: Sabine Janatschek
Sprachkorrektorat: Petra Kleinwegen
Covergestaltung: Christian Kalkert, www.kalkert.de
Electronic Publishing: Petra Kleinwegen
Bildnachweis Cover: fotolia.com/julien tromeur

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Inhalt

Impressum

Vorwort

Kapitel 1:
Das ist Linux

1.1 Ein Betriebssystem

1.2 Open Source

1.3 Linux-Kernel

1.4 Tools

1.5 Freie Software

1.6 Hochflexibel und weit verbreitet

1.7 Distributionen

1.8 Sicher

1.9 Stabil

1.10 Schnell

1.11 Benutzerfreundlich

Kapitel 2:
Distributionen

2.1 Debian und seine Varianten

Debian

Ubuntu

Kubuntu

Lubuntu

Linux Mint

Knoppix

2.2 Red Hat und seine Varianten

Red Hat

CentOs

Fedora

2.3 Slackware und Varianten

openSUSE

2.4 ArchLinux und Varianten

Manjaro

Antergos

2.5 Spezialitäten

Raspbian

OpenELEC

Gparted Live-CD

JonDo

Linux from Scratch

2.6 Systeme für Non-PAE-CPUs

Bodhi-Linux

AntiX Linux

Kapitel 3:
Desktop-Umgebungen

3.1 Mate

3.2 Gnome 3

3.3 Cinnamon

3.4 Xfce

3.5 Plasma

3.6 LXDE

Kapitel 4:
Linux im Internet

4.1 Linux-Distributionen finden

4.2 Minimale oder Netzwerkinstallation

4.3 Überprüfen der Datei

4.4 Linux auf einem Installationsmedium

Kapitel 5:
Vorbereitung und Installation

5.1 BIOS vorbereiten

Die Sache mit UEFI

Einen bootfähigen USB-Stick zur Verwendung bei UEFI erstellen

5.2 Die Linux-Live-Installation

Auf eine defekte Windows-Installation zugreifen

5.3 Linux dauerhaft installieren

Parallel zu Windows

Linux als einziges Betriebssystem installieren

Netzwerkinstallation

5.4 Linux auf dem Raspberry Pi 3

5.5 Entscheidungshilfen

Den Bootloader Grub reparieren

Kapitel 6:
Die Installation abschließen und Linux einrichten

6.1 Administratorrechte

6.2 Die Netzwerkverbindungen einrichten

Per kabelgebundenem LAN

Per WLAN

Per Smartphone

Per mobilem Breitband-Stick

6.3 Spracheinstellungen anpassen

6.4 Tastaturlayout einstellen

6.5 Grafikkarte einrichten

6.6 Spiegelserver einrichten

6.7 Programme und System aktualisieren

6.8 Scanner einrichten

6.9 Drucker einrichten

6.10 LibreOffice einrichten

6.11 Zusammenfassung

Kapitel 7:
Anwendungen nachinstallieren

7.1 Repositorien

7.2 Debian Paketverwaltung (dpkg)

7.3 Synaptic

7.4 Programme mit Hilfe des Terminals installieren

7.5 Programme aus einer anderen Quelle installieren

7.6 Weitere Quellen in Ubuntu-Software einbinden

PPA einbinden

Troubleshooting

RPM, der RedHat Package Manager

PackageKit

Pacman

7.7 Aktualisierungen

7.8 AppImage, Flatpak und Snappy

Flatpak

Snappy

Kapitel 8:
Linux in der Gruppe

8.1 Die Nutzer

root

Der Benutzer

8.2 Die Benutzerverwaltung

Im Terminal

Gruppeneigentümer

Die Zugriffsoptionen

Gruppen verwalten per Terminal

Kapitel 9:
Windows-Programme mit Linux nutzen

9.1 Windows und Linux, schließt sich das nicht aus?

WINE (Wine is not an Emulator)

Windows-Programme mit PlayOnLinux installieren

9.2 Die Königsdisziplin: die virtuelle Maschine

VirtualBox installieren

Der Willkommensbildschirm

Installation der Gasterweiterungen innerhalb des Gastsystems

Die Windows-Partition von der Festplatte entfernen

Kapitel 10
Safety first – Sicherheit im System

10.1 Ist Linux eigentlich sicher?

Trojaner, Viren, Ransomware

10.2 Die Privilegien bei Linux

10.3 Virenscanner

10.4 Firewall

10.5 Linux-Ökosystem

10.6 Spectre und Meltdown

10.7 Sichere Passwörter

Buchstaben-durch-Zahlen-ersetzen-Methode

Die Anfangsbuchstaben-Methode

10.8 Passwortsafe

10.9 Start absichern

10.10 Sicherheit und Datenschutz im Internet

Firefox absichern

10.11 Social Engineering – Phishing

10.12 Ihre Dateien sichern

10.13 VPN einrichten

10.14 Die Einrichtung eines DynDNS-Servers

Die dynamische IP-Adresse

DynDNS-Server

Den Router einrichten

Die Einrichtung des VPN-Clients im Linux-PC

Kapitel 11:
Der Linux-Verzeichnisbaum – eine etwas andere Logik

11.1 Die wichtigsten Verzeichnisse

11.2 Geräte im Verzeichnisbaum

11.3 Ein- und Aushängen von Laufwerken

Partition in das /home-Verzeichnis einbinden

Anhang A:
Linux-Alternativen zu Windows-Programmen

A.1 Office-Programme (MS Office)

Textverarbeitung (MS Word)

Tabellenkalkulation (MS Excel)

Datenbankanwendung (MS Access)

Präsentationssoftware (Power Point)

Projektmanagement (MS Project)

A.2 Webdesign (Frontpage, Dreamweaver)

A.3 Webbrowser (Edge, Internet Explorer, Chrome)

A.4 E-Mail-Clients (MS Outlook)

A.5 Brennsoftware (Nero BurningROM)

CD rippen

A.6 Audiobearbeitung

A.7 Bildbearbeitung für Rastergrafiken (Adobe Photoshop, Corel Photo-Paint)

A.8 Fotoverwaltung und Bearbeitung (Adobe Lightroom)

Weitere Programme zur Fotoverwaltung

A.9 Programme für Vektorgrafiken (Adobe Illustrator, Corel Draw, Freehand)

A.10 Videobearbeitung (Windows Movie Maker, Adobe Premiere Elements)

Weitere Videobearbeitungprogramme

A.11 3D-Animationen (3D Studio MAX)

A.12 CAD-Programme (AutoCAD)

Nachwort

Index

Vorwort

Vor nunmehr sechs Jahren veröffentlichte ich mein erstes Linux-Buch zum Thema Ubuntu 12.04. In dieser Zeit wurden immer wieder Leseranfragen an mich gerichtet, die sich nicht nur mittelbar um Ubuntu, sondern vielmehr um Linux an sich drehten. Daraus entstand die Idee, ein Buch zu veröffentlichen, das einem Anfänger, weitgehend unabhängig von einer bestimmten Distribution, den Einstieg in Linux ermöglichen soll.

Alle Bücher, die ich auf dem Markt zu lesen bekam, sind entweder von beeindruckender Dicke und bieten dem Leser Antworten auf Fragen, die er gar nicht stellt, oder sie befassen sich eben doch mit einer bestimmten Distribution und verlieren »das Große und Ganze« aus den Augen.

Dieses Buch ist sicher ein Ritt auf der Rasierklinge: Zum einen weiß ich, dass die meisten Versuche an ganz banalen Problemen scheitern, deswegen erkläre ich oft sehr kleinschrittig, so dass Ihnen der Einstieg auch dann gelingen sollte, wenn Sie bis jetzt beispielsweise nicht wissen sollten, wie man einen USB-Stick bootfähig beschreibt.

Zum anderen aber kann man wirklich dicke Bücher mit Anleitungen zu Linux füllen und dieses Buch muss daher eine knappe Themenauswahl bleiben.

Sie werden in diesem Buch einiges über die Entwicklung dieses einzigartigen Betriebssystems erfahren, wie seine Macher denken und warum Linux umsonst ist.

Ich werde Sie mit einigen der verbreitesten und anfängertauglichsten Distributionen bekannt machen und Ihnen Entscheidungshilfen geben.

Weitere Kapitel befassen sich mit der Vorbereitung der Installation, dem Installa­tionsvorgang an sich und der nötigen Feinarbeit und den Einstellmöglichkeiten danach.

Sie erfahren, wie Sie Ihr System absichern und praktisch unangreifbar machen, wie Sie mit verschiedenen Benutzern umgehen und wo Sie was im Dateisystem finden.

Falls Sie gar nicht auf Windows-Programme verzichten können, erläutere ich Ihnen Möglichkeiten, wie Sie trotz eines Linux-Grundsystems mit Windows-Programmen arbeiten können. Ein Kapitel befasst sich allerdings auch mit den Linux-Alternativen bekannter Windows-Programme.

Alles das versuche ich so einsteigerorientiert wie möglich zu halten, allerdings steigert sich der Anspruch im Laufe des Buches. Es ist daher zwar nicht unbedingt nötig, aber doch empfehlenswert, das Buch von vorne an durchzuarbeiten.

Mir ist natürlich bewusst, dass meine Auswahl willkürlich ist, bitte seien Sie mir nicht böse, wenn die von Ihnen bevorzugte Distribution hier nicht gebührend gewürdigt oder ein Ihnen wichtiges Thema unerwähnt bleibt. So much Linux, so little time.

Und falls Sie sich fragen, welche Distribution ich eigentlich nutze:

Kapitel 1:
Das ist Linux

1.1 Ein Betriebssystem

Linux ist ein Betriebssystem, das auf dem in den 1960er- und 70er-Jahren auf Großrechnern führenden UNIX-System basiert. UNIX war im Windschatten des Apollo-Programms entstanden und zu seiner Zeit das State-of-the-Art-System: Es war Multiuser- und Multitasking-fähig, konnte also mehrere Nutzer mit klar definierten Zugriffsrechten verwalten und mehrere Prozesse gleichzeitig getrennt voneinander ausführen. Darüber hinaus war das System bereits netzwerkfähig und verfügte über eine eindeutige Dateienhierarchie.

Hinweis

Ein Betriebssystem im weiteren Sinne ist eine Sammlung von Programmen, die Sie benötigen, um Programme auf dem Computer überhaupt starten zu können. Das Betriebssystem sorgt dabei dafür, dass Sie die Computer-Hardware, also Tastatur, Maus, Bildschirm … benutzen können. Ohne dass Sie es merken, verwaltet das Betriebssystem darüber hinaus die Systemressourcen, also die Speicher, die CPU-Auslastung …

Im Laufe der nächsten Jahre entstand aus einer freien UNIX-Lizenz eine Unzahl verschiedenster Versionen. Eine dieser Versionen war das kostenlose, aber auch nicht besonders leistungsfähige Minix. Der finnische Student Linus Torvalds war Ende der 1980er-Jahre im Besitzer einer solchen Lizenz, die auf seinem 386-PC allerdings nicht zu seiner Zufriedenheit lief. Der Legende nach wollte er im Winter einfach nicht die Wohnung verlassen und begann eine Möglichkeit zu suchen, sich mit seinem PC in den Universitätscomputer einzuloggen. Irgendwann erkannte er dann wohl, dass er gerade im Begriff war, ein neues Betriebssystem zu entwickeln. Dies war allerdings bereits in den Anfangszeiten des Personal Computers eine Herkulesaufgabe, die ein Mensch alleine gar nicht bewerkstelligen konnte. So postete er seine Entwicklung im gerade entstehenden Internet und forderte andere Interessierte auf, am System mitzuarbeiten und Verbesserungsvorschläge zu machen (»Nur so als Hobby, es wird nicht groß und professionell …«).

Von Beginn an beteiligten sich Enthusiasten auf der ganzen Welt an der Entwicklung, programmierten viele Millionen Seiten Programmcodes und brachten die Entwicklung weiter voran.

1.2 Open Source

Den entscheidenden Schritt in der Entwicklung von Linux war die Idee, den Kernelcode unter der so genannten GNU General Public License (GPL) zu veröffentlichen. Diese Lizenz erlaubt es einem Nutzer, eine Software zu nutzen, sie zu studieren, zu verändern und weiterzugeben, solange diese Nutzerrechte ebenfalls weitergegeben werden. Dies bedeutet, dass alle Software, die unter dieser Lizenz vertrieben wird, »frei« ist. »Frei« heißt in diesem Zusammenhang nicht unbedingt nur »kostenlos«. Es bedeutet, dass der Quellcode eines Programms offen zugänglich sein muss.

Hinweis

Der Quellcode ist der vom Menschen lesbare Text, den Programmierer eingeben, um einem Computer Befehle zu übermitteln. Diese Befehle werden dann mit einem Compiler in Maschinensprache, die nur aus 1 und 0 besteht, übersetzt. Da diese Übersetzung nur in einer Richtung funktioniert, also ein Rückübersetzen in den Quellcode nicht möglich ist, muss Entwicklern der Quellcode zugänglich sein, um die Software verändern zu können (»Open Source«).

Das GNU-Projekt unter dem Softwarepionier und -aktivisten Richard Stallman arbeitete damals bereits einige Jahre an der Entwicklung eines kostenlosen und freien Systems, das dem von Linus Torvalds ähnelte. Sie hatten bereits eine Reihe klassischer UNIX-Tools so programmiert, dass sie sich auf unterschiedlichen Systemen einsetzen ließen. Zu einem kompletten Betriebssystem fehlte lediglich der Kernel und den lieferte nun Linus Torvalds.

1.3 Linux-Kernel

Hinweis

Der Kernel ist der innerste Teil eines Betriebssystems. Die grundlegenden Aufgaben wie beispielsweise die Steuerung der Hardware und des Speichers werden hier erledigt. Während der Kernel des am weitesten verbreiteten Betriebssystems »Windows« von Microsoft zu den am besten gesicherten Industriegeheimnissen der Welt gehört, enthält der Linux-Kernel keinerlei Geheimnisse, sein Quellcode ist frei zugänglich.

Die GPL-Lizenz war unter anderem auch deswegen nötig, weil die Platzhirsche des boomenden Softwaremarktes immer wieder versuchten, die Ergebnisse der freiwilligen und oft ehrenamtlichen Arbeit der Entwickler in ihren Besitz zu bringen. Nicht umsonst wurde Bill Gates der reichste Mensch der Welt: Sein Wohlstand beruht auf der Entwicklung und Vermarktung von Microsoft DOS und Windows, zwei Betriebssysteme, die bis heute dafür sorgen, dass Microsoft eine marktbeherrschende Stellung bei Desktop-PCs einnimmt.

War die Entwicklung des Kernels lange Zeit im Wesentlichen das Ergebnis ehrenamtlicher Arbeiten, hat sich das natürlich längst geändert und Linux ist bei weitem kein Hobby-Projekt mehr. Die großen Firmen der IT-Branche, von A wie Adobe bis Z wie ZTE, unterstützen die Linux-Foundation, helfen bei der Entwicklung des Kernels sowie anderer Open-Source-Projekte. Dabei verfolgen diese Unternehmen durchaus eigennützige Ziele: Linux hat UNIX längst verdrängt und findet seinen Platz vor allem in der Netzwerktechnologie. Und hier sind die Großen der Branche darauf angewiesen, dass ihre Ideen und Standards mit Linux kompatibel bleiben. Und seit 2016 ist eben sogar Microsoft Mitglied der Linux Foundation

Im engeren Sinne umfasst Linux als Betriebssystem nur den Kernel, also den innersten Kern des Systems. Bekannte Betriebssysteme, die einen Linuxkernel nutzen, sind Android und iOS OSX.

1.4 Tools

Nun bringt ein Kernel alleine ein System noch nicht zum Laufen, es werden darüber hinaus noch eine Menge anderer Programmpakete benötigt. Während Sie als Nutzer mit dem Kernel gar nicht in Kontakt kommen, nutzen Sie diese anderen Programme direkt oder indirekt. Es handelt sich hierbei unter anderem um:

Den X-Window-Manager: Linux kümmert sich eigentlich nicht um die grafische Darstellung, dies übernimmt ein eigenes Grafiksystem, der X-Window-Manager (Dies hat nichts mit Windows zu tun). X-Window wurde am MIT (Massachusetts Institute of Technology) in Cambrigde entwickelt und an Linux angepasst. Zur Zeit der Erstellung dieses Buches wird allerdings Nachfolger ins Feld geführt, der X-Window mittelfristig ersetzen soll: der Wayland-Window-Manager.

Die GNU Core Utilities sind eine Sammlung von Befehlszeilenprogrammen, mit denen Sie Linux außerhalb der grafischen Benutzeroberflächen steuern können. Die Programme sind meist sehr klein und beschränken sich auf eine bestimmte Aufgabe.

Die Shell: Diese Befehle müssen außerhalb einer grafischen Nutzeroberfläche irgendwo eingegeben werden. Die Aufgabe übernimmt die Shell. Obwohl es mehrere Shell-Programme gibt, gilt das Programm bash (bourne-again-shell) als Standard. Dies ist nicht zu verwechseln mit dem Programm Terminal. Ein Terminal ist nur ein grafisches Programm, um die Shell zu bedienen.

GNU Compiler, um die Quellcodes der benutzten Programme in von Computer lesbare Formate zu übertragen und

GNU-Bibliotheken: Ein Entwickler muss nicht alle Details seines Programms selbst ­schreiben. Viele Routinen, Abläufe und Dienstprogramme existieren bereits als Module und der Programmierer kann darauf zurückgreifen. Die wichtigste Linux-Bibliothek heißt glibc.

Diese Pakete waren im Vorfeld bereits durch die Beteiligten des GNU-Projektes erstellt worden. Am Ende wurde daraus ein Streit, der bis heute andauert: Handelt es sich um ein GNU-Projekt, dem später nur noch der Kernel hinzugefügt wurde, oder ist der Kernel der zentrale Punkt und die GNU-Programme sind nur Beiwerk?

Als Folge dieser Diskussion werden Sie oft den Ausdruck GNU/Linux lesen, als Würdigung der Rolle, die R. Stallman und sein GNU-Projekt bei der Entstehung von Linux spielte.

1.5 Freie Software

Stallman und Torwalds sind der genaue Gegenentwurf von gewinnorientierten Unternehmern wie Bill Gates, Steve Jobs und Steve Ballmer, der Linux und die Idee freier Software schon auch mal als ein »Krebsgeschwür« bezeichnete. Für Stallman und Torwald hingegen sollte Information kostenlos jedermann zur Verfügung stehen können.

Freie Software bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings nicht zwingend »kostenlos«. Auch für freie Software kann eine Gebühr erhoben werden, sofern der Nutzer dieselben Rechte erhält, also das Programm seinerseits weiterentwickeln und verkaufen darf. Sie sollten sich ohnehin darüber im Klaren sein, dass ein Programm, das Sie käuflich zu erwerben meinen, gar nicht Ihnen gehört. Sie erwerben lediglich das Recht zur Nutzung und das zu meist sehr strengen Bedingungen.

Per Definition ist Software dann frei, wenn der Benutzer vier Rechte erhält:

Natürlich ist auch klar, dass auch mit Linux viel Geld verdient wird. Eine Reihe von Distributoren lassen sich ihre Arbeit bezahlen und liefern dann zur kostenlosen Software ein Handbuch dazu.

Die börsennotierte Firma Red Hat bietet Geschäftskunden die Programme mit Support-Verträgen an und wächst seit Jahren kontinuierlich. Und auch ich schreibe dieses Buch gegen ein Honorar.

1.6 Hochflexibel und weit verbreitet

Auch wenn Sie es gar nicht merken: Linux ist bereits jetzt viel weiter verbreitet, als Sie glauben:

Das Internet basiert weitgehend auf den sehr sicheren und zuverlässigen Linux-Systemen, Linux findet sich in Form von Android auf Smartphones und Tablets und als eingebettetes Betriebssystem zum Beispiel in der Fritz!Box.

Bereits seit 2012 laufen über 90% der leistungsstärksten Supercomputer der Welt mit Linux, Microsoft Windows spielt hier keine nennenswerte Rolle.

Sie werden vielleicht öfter das Urteil lesen, dass Linux als Netzwerklösung hervorragend funktioniere, aber als Betriebssystem für den täglichen Gebrauch am heimischen Computer ungeeignet sei. Ich halte dies für Unsinn: Alle denkbaren Aufgaben für den heimischen Computer lassen sich mit Linux ebenfalls hervorragend lösen.

Denn natürlich läuft Linux auch auf herkömmlichen Computern und Laptops. Dabei ist es gleichgültig, ob Sie ganz moderne Hardware oder einen schon in die Jahre gekommenen Computer benutzen. Im Extremfall ist es durchaus möglich, Linux so einzurichten, dass es auf einem 486-er aus den 90er-Jahren läuft. Da diese Computer mit ihren 4 MB RAM damals schon am Rande des Nicht-Funktionierens standen, kann ich Ihnen hier allerdings keine Auskunft über die Performance geben. Interessanter sind hier die kleinen 1-Platinen-Computer wie RaspberryPi, Arduino oder BananaPi. Auch hier läuft Linux als Betriebssystem reibungslos.

Egal ob Supercomputer im Rechenzentrum oder heimischer Router: Dies alles wird auf Basis eines einzigen Kernels erreicht. Zu der Zeit, da ich dieses Buch schreibe, lautet die Kernel-Version 4.9.58. Wenn dieses Buch in den Druck geht oder bei Ihnen ankommt, werden allerdings schon wieder einige Versionsnummern dazugekommen sein.

Tipp

Welche Version zur Zeit aktuell ist, können Sie auf der Internetseite https://www.kernel.org/ nachsehen.

1.7 Distributionen

Wenn Sie möchten, über sehr viel Zeit, eine tolerante Familie und das nötige Know-how verfügen, können Sie sich Ihr eigenes Linux mitsamt allen nötigen Tools selbst maßschneidern.

Vielleicht möchten Sie als Einsteiger allerdings viel lieber ein System von der Stange haben, ein System, an dem Sie nicht herumzuschrauben brauchen, sondern das zunächst einfach funktioniert und mit dem Sie arbeiten können. Dann sollten Sie ein vollständiges Linux-Paket, genannt Distribution, installieren. Denn die Arbeit, ein gut funktionierendes System zusammenzustellen, ist nicht so ganz einfach. Eine Distribution enthält typischerweise den Linux-Kernel, häufig in einer angepassten Version, Werkzeuge des GNU-Projekts, eine oder mehrere Arbeitsumgebungen und eine beliebige Anzahl verschiedenster Anwendungen. Im Internet kursieren buchstäblich hunderte Distributionen. Im nächsten Kapitel möchte ich Ihnen einen ersten Überblick über die bekanntesten und am weitesten verbreiteten Distributionen geben.

Meist lassen sich diese Programmpakete mehr oder weniger einfach über eine grafische Benutzeroberfläche auf dem Computer installieren. Zum sicheren Betrieb ist es allerdings nötig, dass Ihnen Sicherheits-Updates und Aktualisierungen der von Ihnen verwendeten Programme über das Internet zur Verfügung stehen. Bei den meisten Distributionen ist die Update-Funktion automatisiert. Dabei werden dann über das Internet nicht nur die Updates des Betriebssystems, sondern auch die installierte Software im Blick behalten und auf den neuesten Stand gebracht.

1.8 Sicher

Als Desktop-Anwendung ist Linux, im Unterschied zu Windows, fast vollständig frei von Schadsoftware. Dafür gibt es mehrere Ursachen:

1.9 Stabil

Der Linux-Kernel ist ein außerordentlich stabiles System. Jeder Netzwerkadministrator wird Ihnen Geschichten von Linux-Servern erzählen können, die jahrelang ohne einen einzigen Absturz liefen. Ähnlich empfinde ich mein eigenes System: Ich kann mich nicht erinnern, dass mein eigenes System in den letzten Jahren vollständig abgestürzt sei.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich nicht einzelne Programme gelegentlich aufhängen würden. Je aufwändiger und komplexer das benutzte Programm ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es seinen Betrieb einstellt. Im Übrigen sind auch Linux-Programme gelegentlich so schlampig programmiert, das sie gerne mal den Dienst quittieren. Allerdings wird Linux immer zuerst versuchen, das abgestürzte Programm zu beenden, das übrige Betriebssystem läuft zunächst weiter.

1.10 Schnell

Es wird häufig in den Internetforen kolportiert, dass Linux grundsätzlich weniger Ressourcen benötigen würde und schneller liefe als andere Betriebssysteme. Das ist leider nur zur Hälfte wahr. Die Geschwindigkeit eines Programms hängt zunächst einmal davon ab, auf welcher Hardware es läuft. Auch Linux kann aus einem Uralt-PC keinen Supercomputer machen. Darüber hinaus ist es allerdings durchaus interessant, für welches Betriebssystem ein Programm entwickelt und optimiert wurde. Die gängigen Programme, wie Thunderbird oder Firefox, die oft mit den Distributionen ausgeliefert werden, sind tatsächlich für Linux optimiert. Diese Programme sind bei gleicher Hardware unter Linux schneller als unter Windows.

Das oben genannte Gerücht bezieht sich wahrscheinlich auf die Tatsache, dass es Linux-Distributionen gibt, die selbst Pentium-PCs der ersten und zweiten Generation wieder zum Leben erwecken können. Aber Sie dürfen auch hier keine Wunderdinge in puncto Performance erwarten.

Ähnliches gilt, wenn Sie bei einigermaßen aktueller Hardware ein sehr leichtgewichtiges Linux installieren. Je weniger Hardware-Ressourcen Sie für das Betriebssystem aufwenden, umso mehr Ressourcen bleiben für die Ausführung der Programme.

Sie kennen vielleicht das Phänomen: Nach einigen Monaten wird ein Windows-Computer immer langsamer. Eine ganze Software-Sparte lebt davon, Programme für die Wartung des Systems anzubieten, der Nutzen ist bestenfalls kurzfristig und überschaubar.

Linux benötigt die Wartungsprogramme nicht: Eine Registraturdatenbank (Registry), die sich im Laufe der Zeit aufbläht und die Sie immer wieder aufräumen müssten, existiert nicht.

Während bei Windows die Festplatte immer weiter fragmentiert und damit Lese- und Schreibprozesse immer langsamer werden, bleibt die Festplatte bei Linux immer gleich schnell. Defragmentierungen sind überflüssig, und selbst wenn Sie etliche Programme auf Ihrem System installiert haben, wird es nicht gebremst. Sie brauchen auch keine Dienste abschalten, um Ihre Performance zu optimieren.

Außerdem muss im Hintergrund kein Anti-Viren-Programm oder eine Firewall mitlaufen, die Speicherplatz benötigen und die Performance Ihres Computers spürbar verlangsamen.

1.11 Benutzerfreundlich

Sehen Sie sich die unüberschaubare Vielzahl der Distributionen einmal genauer an, werden Sie überrascht sein, auf wie viele verschiedene Arten Sie Linux bedienen können. Einige verzichten auf jedwede Form der grafischen Benutzeroberfläche, was bedeutet, dass Sie jeden Befehl selbst eintippen müssen. Andere Zusammenstellungen bieten ein leicht verständliches Umfeld, das oft an Windows- oder Apple-Vorbildern angelehnt ist. Dies trifft auch für den Zugang und Umfang der integrierten System­­einstellungen zu. Einige Distributoren erlauben Ihnen nur den Zutritt zu einfachen und leicht zu bedienenden Einstellungen, andere konfrontieren den Nutzer mit der ganzen Palette oft undurchsichtiger Einstelloptionen.

Insgesamt ist der Umgang mit den Benutzeroberflächen bei Linux nicht einfacher oder schwieriger als mit anderen Betriebssystemen. Er ist manchmal nur anders.

Eine mögliche Schwierigkeit stellt die Kompatibilität mit sehr neuer Hardware dar. Jeder Hersteller von Hardwarekomponenten stellt selbstverständlich Treiber für den Marktführer Microsoft her. Anders verhält es sich manchmal bei der Erstellung von Linux-Treibern. Diese erscheinen den Herstellern wohl nicht als lohnend, daher müssen diese Treiber oft erst von der Community programmiert werden.

Hinweis

Ein Treiber ist ein Programm, das es dem Computer ermöglicht, eine Hardware-Komponente zu erkennen und zu nutzen. Viele dieser Treiber sind Bestandteil des Kernels; wenn allerdings neue Komponenten dazukommen, kann es sein, dass der Treiber nachinstalliert werden muss.

Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Hardware-Erkennung allerdings massiv verbessert. Sie sollten jedoch beim Nachkauf und geplanten Einbau einer Grafikkarte Vorsicht walten lassen.

Die Firmen NVIDIA, ATI/AMD und Intel bieten gute Kerneltreiber an, damit Sie auch High-End-Karten unter Linux nutzen können. Darüber hinaus befasst sich der Linux-Kernel gar nicht mit der grafischen Ausgabe. Diese Aufgabe übernimmt das X-Window-System.

Tipp

Wenn Sie Schwierigkeiten mit einer Grafikkarte haben, sollten Sie sich auf der Internetseite http://x.org nach dem Status der Treiberentwicklung erkundigen.

Falls Sie planen, Linux auf einem Laptop zu installieren, empfehle ich Ihnen dringend den Besuch der Internetseite http://www.linux-on-laptops.com/. Hier erfahren Sie in einer großen, leider nicht immer ganz aktuell verlinkten Datenbank, ob Ihr Laptop Schwierigkeiten mit Linux hat.

Bei allen anderen Hardware-Produkten gilt: Ruhig einige Monate alte Hardware verbauen, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass Sie die auch mit Linux nutzen können. Dies gilt vor allem für Drucker.

Sehr viele Distributionen bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihren Computer und die angeschlossenen Komponenten erst einmal mittels einer Live-Installation zu testen, ohne dauerhafte Veränderungen am Rechner vorzunehmen.

Nun werden Sie sich vielleicht fragen: Wenn Linux so gut und sicher ist, warum nutzen es dann nicht alle? Die Antwort ist recht einfach: Aus demselben Grund, aus dem Sie es bisher nicht benutzt haben.