Fünf Tage im Mai

Roman

Elisabeth R. Hager

Impressum

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Der Gedichtvers auf S. 150 von Georg Trakl entstammt folgender Ausgabe: Georg Trakl: »Kasper Hauser Lied« in Sebastian im Traum. K. Wolff Verlag 1915.

Klett-Cotta

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Cover: ANZINGER UND RASP Kommunikation GmbH, München

unter Verwendung eines Fotos von Private Collection/Photo
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Datenkonvertierung: Dörlemann Satz, Lemförde

Printausgabe: 978-3-608-96264-2

E-Book: ISBN 978-3-608-11585-7

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Für Sebastian Pletzer, meinen Urgroßvater

Who ever desires what is not gone? No one.

Anne Carson

Die Gefühle sind wahr. Die Geschichten erfunden.
Ähnlichkeiten zu Lebenden und Toten zufällig.

Donnerstag, 8. Mai 1986

Pocket Coffee

Weiß in allen Schattierungen standen wir vor der gelben Kirchenrakete. Zwei Dutzend Friedenstauben, zum Abflug bereit, bange Blicke in die Menschenmenge werfend, in der unsere Eltern eben erst verschwunden waren. Hier und da zupfte eine angespannte Mutter noch an einem Kleidchen oder rammte eine Haarnadel in die Turmfrisur ihrer Tochter. Glänzende Rücken, von Mädchenarmen baumelnde Stoffe, weißbebänderte Schöpfe, in denen der Wind spielt. Wir waren in dünne Jäckchen gehüllt, trugen Wollstrumpfhosen unter Spitzenkleidern. Es war Mai, aber wissen tut man schließlich nie. Die Buben in ihren dunklen Anzügen standen abseits, nicht so ordentlich wie wir, doch auch nicht so lärmend wie sonst. Die Sonne wärmte mir den Rücken, doch meine Füße in den dünnen Lackschuhen blieben eiskalt.

Ich erinnere mich nicht immer an Gerüche, aber ich habe das gedämpfte Geschnatter im Ohr. Und ich sehe den Himmel über uns, einen Vormittagshimmel, über den sich zwei dünne Kondensstreifen ziehen.

Meine Freundinnen Fritzi und Barbara gefielen mir, ihre kunstvoll geflochtenen Haare mit den Blumen darin. Ich gefiel mir nicht. Natürlich, auch ich trug ein weißes Kleid, sogar eins mit Reifrock. Doch dem eigenen kritischen Blick hielt ich nicht stand. Markus, der im Unterricht neben mir saß, nannte mich immer Peppermint Patty wie das rothaarige Mädchen von den Peanuts. Dabei war und ist mein Name Illy, kurz für Leonore. Das Peppermint-Patty-Gerede kam mir genau so lange schmeichelhaft vor, bis ich Peppermint Patty zum ersten Mal sah: ein dickes, neunmalkluges Mädchen im Fußballtrikot, das von ihrer besten Freundin Sir genannt wurde. Der Vergleich kränkte mich, schließlich saß irgendwo an der Rückwand meines siebenjährigen Hirns der Wunsch, nicht nur tollkühn, tapfer und klug zu sein, sondern auf blödsinnige Art auch bildschön. Dem gängigen Ideal mädchenhafter Schönheit, das als Fritzi, Steffi oder Biggi weißgewandet um mich herumwogte, entsprach ich aber nicht. Und mein Kleid täuschte kaum darüber hinweg. In meinem Eifer, dem Prinzessinnenbild einige Zentimeter näher zu rücken, hatte ich mich beim Einkaufen mit Tante Bea in ein zu enges Kleid gezwängt und behauptet, es passe ausgezeichnet. In diesem Ding steckte ich jetzt und rang nach Luft. Dass ich das einzige Mädchen mit streichholzkurzem Haar war, ließ sich allerdings nicht wegzaubern.

Meine Eltern und Tante Bea nickten mir aufmunternd zu. Nur Tat’ka, meinen Urgroßvater, sah ich nirgends, was mir komisch vorkam, schließlich war er schon der Größe wegen kaum zu übersehen. Papa strahlte unter seinem frisch gestutzten Schnauzer. Die Wangen meiner Mutter blühten vor Aufregung, ihre Augen ruhten stolz auf meinem Kleid. Onkel Martin umschwirrte die Szene wie ein Satellit mit seiner Super-8-Kamera. Er war ein kleiner Mann mit hochfahrendem Temperament, ein Technikfreak, nur zufrieden, wenn er hinter einem Objektiv oder einer Kameralinse verschwinden konnte, tief in seine Arbeit versunken, im unumstößlichen Wissen, Bleibendes zu schaffen. Damals tyrannisierte er die Familie mit seinen Filmaufzeichnungen, die wir uns, begleitet von hunderten Erklärungen, in seinem Hobbykeller anschauen mussten. Duldsam, als wären wir nicht dabei gewesen. Ausgerechnet den Film von meiner Erstkommunion habe ich nie gesehen. Oder ich erinnere mich nicht daran. Natürlich, ich könnte meinen Onkel danach fragen. Aber ich erinnere mich lieber auf diese Art, die vielleicht nicht der Wahrheit entspricht, aber was ist schon die Wahrheit?

Ich hätte mich über das kleine Komitee freuen können, das sich meinetwegen vor der Kirche eingefunden hatte. Stattdessen vermisste ich Tat’ka. Sobald ich sein von den Jahren gegerbtes Gesicht erblickte, fühlte ich mich sicher. Denn Tat’ka mochte mich, auch wenn ich nicht aussah wie eine Prinzessin.

Frau Häusler, der Klassenfeldwebel, trat auf den Plan und gab mit schneidender Stimme die Order: »In die Zweierreihen! Und dann wie besprochen: Einzug in die Kirche!«

Eifrig folgten wir ihren Anweisungen. Die Mädchen reihten sich hintereinander auf und warteten darauf, dass sich der verabredete Begleiter bei ihnen einfand. Ich brauchte nach meinem nicht lange zu suchen, Markus war der Größte in der Klasse. Er brach aus der Bubentraube aus und latschte mit großen, eckigen Schritten herüber. Markus hatte ein Gesicht, lang wie ein Salzstangerl. Meins war rund wie eine Semmel. Keine Frage, wir passten zusammen.

»Was schaust’ denn so grau, ist dir schlecht?«, fragte ich.

Er gab keine Antwort, nahm stattdessen meine Hand und blickte entschlossen nach vorn, ein Soldat vor dem Abflug ins Krisengebiet. Meine Eltern und Tante Bea grinsten und nickten nun auch ihm aufmunternd zu, während mein Onkel die Szene für die Nachwelt festhielt. Markus’ Hand war klamm. Ich warf einen Blick auf Vronis französischen Zopf, roch das Gel in meinen kurzen Haaren und seufzte. Dann aber fielen mir Tat’kas Worte ein. Haltung bewahren. Selbst wenn ich das seltsamste Mädchen war, das je die Erstkommunion bekommen würde.

»Jetzt geh endlich«, zischte Markus plötzlich.

Sofort machte ich einen solchen Satz, dass ich gegen den seidenen Rücken vor mir knallte und eine holprige Welle auslöste, die sich auf die Paare vor uns übertrug und erst bei Katrin und Hansi am Anfang des Zugs verebbte. Im nächsten Moment hatte der Zug seine Stabilität wieder und schob sich wie ein taumelnder Tausendfüßler zur einsetzenden Orgelmusik durch die Kirchentür. Im Inneren umschlossen uns marmorne Kühle und der Geruch nach süßer Verzweiflung. Die Wände waren vom Stuck überwuchert. Heiligenstatuen starrten lebensmüde von den Mauervorsprüngen herunter, während wir uns in winzigen feierlichen Schritten durch das Mittelschiff bewegten. Damals wunderte ich mich, warum niemand das Gold aus der Kirche stahl. Wir hatten im Sachunterricht gelernt, dass es Armut gab auf der Welt und der Reichtum ungerecht verteilt war. Das Gold, das mir entgegenfunkelte, gehörte dem lieben Gott. Doch der brauchte es nicht, schließlich konnte er alles, was er sich wünschte, per Fingerschnipp erschaffen. Warum also gab man es nicht den Armen, die zu höflich waren, es selbst zu nehmen? Der liebe Gott hatte bestimmt nichts dagegen.

Immer ein Bub und ein Mädchen im Wechsel, machten wir in den vorderen Reihen Halt, vollführten einen Diener oder einen Knicks und nahmen der Reihe nach Platz. Zum ersten Mal fand ich Gefallen an meinem weiten Reifrock. Ich musste ihn hochheben wie einen Hula-Hoop-Reifen, um in die Kinderbank zu passen, und kam mir dabei wie eine Gräfin in einem Schwarzweißfilm vor. Ein langgezogenes Zischen ertönte. Der Warnpfiff meiner Tante. Da sie mir verboten hatte, mich während der Messe nach der Familie umzudrehen, sah ich mich gezwungen, sie zu ignorieren. Stattdessen hob ich den Rock noch ein Stück höher, rückte in die Bankreihe und ließ mich neben Markus auf die Sitzfläche plumpsen. Rechts von mir fädelten sich Kicki und Franz Josef aus der 2a ein, mit denen ich bis zu diesem Tag noch nie ein Wort geredet hatte.

Kaum saßen wir, trat der Pfarrer, begleitet von einem Tross Ministranten, aus der Sakristei. Alles stand auf – selbst die Musik erhob sich –, und die Messe begann. Der bestickte Talar des Priesters, seine Stimme, der schöne Ring an seinem Finger. Viele meiner Klassenkameradinnen hatten die Kirche vor diesem Tag vielleicht drei- oder viermal betreten. Ich dagegen kannte mich hier aus. Seit ich denken konnte, war ich jeden Sonntag mit meinen Eltern hergekommen. Ich liebte die Weihrauchschwaden, die mit Lametta geschmückten Christbäume, die Feuer in der Osternacht, aber vor allem den Chor der Stimmen, den Klang sich faltender Hände, das Stampfen hunderter Füße, das mechanische Aufstehen und Hinsetzen, das hastige Schnappen nach Luft am Ende jeder Rosenkranzstrophe. All das geschah, ohne dass jemand, kein Mensch jedenfalls, den Einsatz dafür gab. Beim Gedanken an die Messe beschleunigte mein Blut und schoss schneller durch die Kanäle unter der Haut.

Die Holzbänke knackten. Dann erhob sich die Gemeinde und riss auch die Neulinge mit. Augenblicke später begann ein Gemurmel, das ich unzählige Male gehört hatte, doch jetzt zum ersten Mal verstand: Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, und allen Brüdern und Schwestern. Hunderte halblaute Stimmen, synchron bis auf einen, Norbert, einen rotfleckigen Mann aus der Siedlung mit Downsyndrom, der einen Bart wie ein Wels hatte und jedes Wort exakt einen Schlag zu spät wiederholte. Dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe. Was soll ich schon gemacht haben, ging es mir durch den Kopf. Ich habe gesündigt – gesündigt, krähte Norbert – in Gedanken. – Gedanken. In Worten. – Worten. Und Werken. – Werken. Ach so? Durch meine Schuld. Hunderte Fäuste. Wie sie auf hunderte Brustkörbe knall’n. Durch meine Schuld. Durch meine große Schuld. Beim dritten Schlag fiel es mir ein: Ich hatte tatsächlich gesündigt! Schon vor einem halben Jahr. Bei der Kommunion hatte ich mit unschuldiger Miene den Schnabel geöffnet und den Pfarrer getäuscht! Als er mir die Hostie hineinsteckte, so getan, als wär das alles ganz normal. Das Kleben der Hostie am Gaumen. Ihr Geschmack nach einem freudlosen Leben. Ja, ich hatte gesündigt. Diese Sätze galten mir. Darum bitte ich die selige Jungfrau Maria, alle Engel und Heiligen und euch, liebe Brüder und Schwestern, für mich zu beten bei Gott, unserem Herrn – Herrn.

Die Menge setzte sich. Herr, erbarme dich unser. Ich schaute zu Markus, der sich entspannt hatte und nun sorglos geradeaus blickte. Christ, erbarme dich unser. Herr, erbarme dich unser. Ich versuchte, mich abzulenken. Ich beobachtete den Pfarrer, der gerade das Gloria anstimmte. Er tänzelte um den Altar wie ein Boxer. Jede seiner Bewegungen präzise, leichtfüßig. Mir gefiel, was der Pfarrer tat, seine Arbeit, die Nähe zum lieben Gott. Vor Kurzem hatte ich meinem Uropa erklärt, dass ich später auch mal Pfarrer werden wolle. Die Vorteile lagen auf der Hand: Wenn der Pfarrer sprach, hörten alle zu. Er hatte ein silbernes Mikrofon und konnte, wann immer er Lust dazu hatte, mit Gott und Jesus reden, mit der Jungfrau Maria, allen Engeln und Heiligen. Tat’ka hatte mich schräg von der Seite angeschaut und gemeint, ich solle in die Politik gehen, wenn ich so ein Sendungsbewusstsein hätte. Nun geisterte dieses Wort durch mein Hirn, Sendungsbewusstsein. Und die Frage, ob es was Gutes war oder nicht.

Wieder zog es die Menge nach oben. Ich aber taumelte, aus dem Takt geraten. Im nächsten Moment aus hunderten Mündern das eine Gebet, nur ich saß stumm in meiner Reihe. Und dann: Amen. Amen, krähte Norbert, Ameeen, krähte ich den anderen hinterher, die sich längst schon wieder setzten. Ich strengte mich an dazuzugehören, wollte Teil dieses Körpers sein, der vielgliedrig sprach, aufstand, sich setzte, dem Trost gespendet wurde und verziehen. Auch mir musste doch, sollte doch. Oder?

Frau Knolle, unsere Religionslehrerin, trat vor und las ein Gleichnis aus der Bibel. Ich hörte angestrengt zu, doch aus allem, aus jedem einzelnen Satz sprach nur das eine: meine Schuld. Plötzlich war mir, als läge die vor Monaten erschlichene Hostie noch immer wie ein Stein in meinem Magen. Und mit ihr die drängende Frage: Welche Sünden hatte ich noch begangen?

Eine Welle der Übelkeit stieg in mir hoch. Kaum war der Brechreiz verebbt, schnappte ich nach Luft. Das Kleid konnte jeden Moment platzen. Ich warf Markus einen gequälten Blick zu.

»Mir ist schlecht.«

Er blickte beschämt nach vorn. Ich wollte nicht, dass er sich schämte, er sollte mir helfen. Ich versuchte es mit drastischeren Worten.

»Du, ich kotz gleich.«

Stille.

»Hey!«

Ich zupfte an seiner Anzugjacke. Erst tat er, als hörte er mich nicht, dann erbarmte er sich doch.

»Konn-znn-trier-dich-auf-n-Punnkt-in-der-Ferrne-unn-schau-hinn-biss-ss-bess’r-geht.«

Markus konnte reden, ohne die Lippen zu bewegen. Trotzdem blickte er jetzt ängstlich nach hinten, ob ihn seine Mutter beim Schwätzen erwischt hatte, während ich versuchte, seinen Rat umzusetzen. Der schillerndste Punkt in der Ferne war der Ring an der Hand des Pfarrers. Er funkelte wie ein Tautropfen in einer Astgabel am frühen Morgen. Der Pfarrer sprach mit sanfter Stimme, einer Stimme, die ich mochte. Tante Bea hatte gesagt, ich sei auch ein Stimmtalent. Und: Man solle mich fördern. Ja, ja, sollte man, hatte meine Mutter gesagt. Und jeden Tag Spinat wär auch nicht schlecht.

Ich starrte auf den Ring, der in diesem Moment von unten nach oben und von links nach rechts tanzte. Im nächsten Augenblick schlug der Ring zwei rechte Winkel und kam im Sturzflug auf einem goldenen Becher zum Liegen. Ich hatte keine zehn Sekunden Ruhe gehabt, da sauste er schon wieder nach oben. Der Kelomat fiel mir ein, unser Druckkochtopf, der gefährlichste Topf im ganzen Haus. Die Mutter sagte immer: Bleib weg, es gibt Kartoffeln. Der Kelomat hatte ein kleines rotes Zäpfchen, das stieg und stieg, je länger die Kartoffeln kochten. Wenn zwei Striche zu sehen waren, musste der Topf schleunigst von der Platte, sonst explodierte er und glühende Kartoffeln flogen einem ins Gesicht. So hatte meine Mutter es mir erklärt.

Ich spürte, wie das zweite Strichlein meines inneren Druckkochtopfs sich unaufhaltsam nach oben schraubte, und sondierte das Gelände nach Fluchtmöglichkeiten. Neben Markus saßen vier Kinder. Rechts von mir Franz Josef und Kicki. Einige Augenblicke versuchte ich noch, mich dagegenzustemmen, dann gab es kein Halten mehr.

»Raus, lass mich raus, Franzl«, flüsterte ich.

Franz Josef aber schaute selbst wie hypnotisiert auf den Ring des Pfarrers.

»Entschuldigung. Entschuldigung!«

Den Reifrock als stumpfe, weiße Waffe in die Höhe haltend, drängte ich mich an ihm und der wütend dreinschauenden Kicki vorbei auf den Gang hinaus und begann zu laufen. Bei jedem Schritt hallten meine Lackschuhe über den Marmorboden. Mein Herz sauste. Dutzende Augenpaare flogen in meine Richtung, verstanden und wandten sich wieder ab. Das überraschte Zischen meiner Tante klang wie Fahrtwind in meinen Ohren. Mitten im Lauf zum Haupteingang, der meilenweit entfernt zu liegen schien, fing mich ein anderer Pfiff ein, scharf, militärisch. Ich drehte den Kopf und sah dort, am dunklen Seiteneingang, halb verdeckt von einem schweren Vorhang, Tat’ka! Seine große Gestalt war leicht nach vorn gebeugt, seine Arme wuchsen mir wie Äste entgegen. Ohne eine Sekunde zu zögern, änderte ich meinen Kurs, rannte direkt auf ihn zu und sprang ihm in die Arme. Er federte unter der Wucht meines Körpers nach hinten, hob mich ein Stück höher, lud mich wie einen Sack auf seine Schulter, setzte sich den grauen Filzhut auf und stapfte hinaus.

»Reintei freintei … Nit auf’m Friedhof!

Mit festen Schritten durchquerte Tat’ka die wenigen Grabreihen, die die Kirche umgaben, und steuerte in direkter Linie auf das öffentliche Klo am hinteren Ende des Hauptplatzes zu. Wie immer hatte er leise zu pfeifen begonnen, kaum dass er sich in Bewegung gesetzt hatte. Tat’ka pfiff die schönsten Melodien, von denen ich lange dachte, er erfände sie im Moment. Noch heute erkenne ich immer wieder bei klassischen Konzerten kurze Tonfolgen und jedes Mal krampft sich mir für Momente das Herz zusammen, so sehr vermisse ich ihn. Als ich jetzt über seiner Schulter hing, klang sein Pfeifen allerdings nicht sehr kunstvoll, mehr wie ein Pfiffeln, ein Ausatmen mit gespitzten Lippen. Gerade rechtzeitig erreichten wir das öffentliche Klo, und ich ließ meinem Drang freien Lauf.

Als ich wieder rauskam, bot Tat’ka mir Wasser aus seinen zu einer Schale geformten Händen. Sie erinnerten mich an Rinde. Die Adern hatten unter der dunkelbraunen Haut Wurzeln geschlagen und traten bei jedem Handgriff hervor. Ein fehlender Finger ragte als abgesägter Ast aus dem knorrigen Geflecht. Ich trank daraus und wunderte mich, wie zart ich die feuchte Haut an meinen Lippen spürte. Dann wischten wir die Kotze von der Klobrille. Er im Anzug. Ich zum Glück im noch immer weißen Kleid.

»Lassen wir da ein bisserl Luft rein«, sagte Tat’ka, als wir uns auf eine Bank vor die Kirche gesetzt hatten, zippte am Rücken mein Kleid auf und warf seine schwere Anzugjacke darüber. Das Gefühl, unter seiner noch warmen Jacke geborgen zu sein, ließ mich mein Unwohlsein vergessen. Dann aber hörte ich die Orgelmusik, erkannte die Melodie, zu der wir in der Probe zum Altar marschiert waren, um die erste Kommunion zu empfangen. Mit brutaler Deutlichkeit stand mir jedes Detail der Zeremonie vor Augen, das wir im Vorfeld besprochen hatten. Ich schaute zur Kirchentür hinüber, deren dunkles Holz in der Sonne glänzte. Der Anblick schmerzte mich: Wir saßen draußen. Die Tür war zu.

»Hör, jetzt gibt’s die Kommunion«, sagte Tat’ka leise.

Trotz seiner breiten Schultern sah er auf einmal schmal aus in seinem weißen Hemd und den uralten, hellbraunen Hosenträgern. Verlegen kratzte er sich am Kinn und schaute lange auf den Steinboden vor uns.

Wochenlang hatte es in meiner Familie, in der Klasse, bei meinen Freundinnen und Freunden nur dieses Thema gegeben: die Erstkommunion. Jetzt aber saß ich hier, vor der Tür, und musste zuhören, statt dabei zu sein. Es fühlte sich an, als würde ich atemlos und ungläubig einem ausfahrenden Zug nachschauen, den ich eben noch hatte erwischen wollen.

Auf der Fichte am Friedhofsgatter ließ sich eine Krähe nieder. Der dünne Ast federte unter dem Gewicht des Vogels. Die Krähe tat ein paar unentschiedene Hopser, dann flog sie weiter. Ich folgte dem kleinen schwarzen Körper mit den Augen, bis er hinter dem gedrechselten Holzbalkon des Gasthofs »Zur Post« aus meinem Blickfeld verschwand.

In meinem Magen spürte ich die Hostie, die ich mir vor Monaten erschlichen hatte. Etwas, das sich nicht auskotzen ließ. Ein ins Fleisch gewachsener Stein aus Wasser und Mehl.

»Bei mir wär’s eh schon die zweite Kommunion«, sagte ich schließlich, so beiläufig ich konnte. Dann legte ich meine kleine Hand auf seine große. Tat’ka zog eine Augenbraue und einen Mundwinkel nach oben.

»Dann weißt’ ja, wie’s geht.«

Er strich mit der freien Hand die Beine seiner Anzughose glatt, dann griff er in den Hosensack und zog ein kleines, braunes, in Plastik eingeschlagenes Etwas heraus.

»So was hast’ aber noch nit ’gess’n, oder?«

»Ist das ein Zuckerl?«

»Ja sicher. Ein Pocket Coffee. Ganz was Feines. Aber pass auf: Des hat ein Liquid Center. Liquid Center, das ist Englisch, verstehst’?«

Ich verstand nicht, doch ich nickte wie wild und ließ das Bonbon nicht aus den Augen. Tat’ka griff mit Daumen und Zeigefinger danach und setzte es auf meiner geöffneten Handfläche ab. Vorsichtig nahm ich das kleine Paket, drehte es nach allen Seiten. Dann wickelte ich es aus einer Schicht Plastik und einer Schicht Gold, steckte es mir in den Mund und begann, aufmerksam zu lutschen. Unter dem dunklen Schokoladenmantel kam bald, hinter einer zuckrigen Kruste, eine bittere Flüssigkeit zum Vorschein, die mir, kaum dass die Zunge darin eingetaucht war, die Mundwinkel nach hinten zog. Wäre ich allein gewesen, ich hätte den ekligen Klumpen sofort ausgespuckt. Neben Tat’ka traute ich mich das aber nicht, sondern mühte mich, alles möglichst schnell hinunterzuwürgen.

»Aber, aber. Des is’ doch nur Kaffee«, sagte Tat’ka lächelnd.

Kaffee? Ich hatte tatsächlich Kaffee im Mund? Das schwarze Zeug, das meine Eltern bei jeder Gelegenheit tranken, das mir aber bisher verwehrt geblieben war? Meine Gesichtszüge hellten sich auf. Ich schmeckte tatsächlich Kaffee! Jetzt gehörte auch ich zu den Großen. Die Folie wie eine Trophäe in Händen haltend, ließ ich den bitteren Geschmack im Mund wirken. Ich schmiegte mich an Tat’ka und fand es plötzlich gar nicht mehr so schlimm, vor der Tür zu sitzen, schließlich saß ich dort mit ihm.

»Warum warst du nicht in der Kirche?«, fragte ich ihn nach einer Weile. Zum ersten Mal an dem Tag schaute ich ihm direkt ins Gesicht und wusste augenblicklich Bescheid. Die Antwort gab er mir trotzdem.

»I hab die Zähn’ nit g’funden.«

Die meisten Leute, die nicht mit uns verwandt waren, fürchteten sich vor Tat’ka. Zumindest kam es mir so vor, wenn ich an seiner Hand durch den Ort spazierte. Warum er den Leuten unheimlich war, wusste ich nicht. Was alte Leute betraf, kannte ich eigentlich nur ihn.

Beim Gedanken an meine Großeltern väterlicherseits kamen mir keine liebevoll lächelnden Gesichter in den Sinn, sondern die geschwungenen Linien in Granit gehauener Buchstaben neben einem verwitterten Kreuz: den Namen meines Großvaters, der sich über die Jahre tief in den Grabstein gefressen hatte und dessen dunkel gewordener Schriftzug sich deutlich vom hellen Stein absetzte. Den Namen meiner Großmutter, der frischer wirkte, da er vierzig Jahre später daruntergraviert worden war. Mein Opa war als junger Mann kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gestorben, noch bevor er das Baby, das mein Vater werden sollte, ein einziges Mal im Arm wiegen konnte. Meine Großmutter, die den Erzählungen nach eine schöne, starrköpfige Frau gewesen war, hielt ihrem Mann ein Leben lang die Treue. Als sie kurz nach meiner Geburt an einer schweren Krankheit starb, legte man sie zu ihm ins Grab und erfüllte damit ihren letzten Wunsch. Seither waren sie gemeinsam tot. Und wie auf dem Grabstein, auf dem ihre Namen über die Jahre immer dunkler wurden, bildeten die beiden auch in meinem Kopf, trotz der vierzig Jahre, um die meine Großmutter ihren Mann überlebt hatte, eine in Stein gemeißelte Einheit.

Die Eltern meiner Mutter lebten noch, schickten Postkarten und teure Geschenke, aber zu Gesicht bekam ich sie jedes Jahr nur für wenige Stunden, wenn sie zu meinem Geburtstag anreisten. Sie wohnten am östlichen Ende Österreichs in einer großen Villa, verbrachten aber den Großteil des Jahres auf Kreuzfahrtschiffen, wo sie sich die Sonne auf ihre pensionierten Bäuche scheinen ließen und, zum leisen Unbehagen meiner Eltern, das Vermögen, das sie im Laufe ihres Arbeitslebens angehäuft hatten, mit großem Eifer ausgaben.

Tat’ka aber sah ich jeden Tag. Seine blauen Augen, die die Farbe wechseln konnten, je nachdem, was er sah und dabei fühlte, waren immer da, um meine Blicke aufzufangen. Sein sehniger Körper war stets in meiner Nähe. Und wohin ich Tat’ka auch begleitete, ob aufs Feld, in den Wald oder aufs Gemeindeamt, immer trug er seinen grau gefleckten Filzhut, der mir wie ein treuer Wachhund erschien und der nicht nur ihn, sondern auch mich beschützte. Obwohl er schon über achtzig war, arbeitete Tat’ka noch immer täglich an seinen Fässern. Nach dem Mittagessen saß ich oft bei ihm in der Werkstatt und machte meine Hausaufgaben, während er Selbstgespräche führte, Fassdauben abhobelte, sie in Laugenbottichen in exakt berechneten Neigungswinkeln bog, aus Weidenruten Körbe flocht oder am Amboss auf glühende Eisenstücke einschlug, dass die Funken flogen. Wir werkelten vor uns hin, ohne groß auf den anderen zu achten. Doch kaum dass ich den Stift absetzte oder ins Grübeln kam, unterbrach Tat’ka seine Arbeit, reckte den Kopf in meine Richtung und fragte: »Is’ was, Illy? Soll i helf’n?«

Als Kind glaubte ich, die Leute fürchteten sich vor Tat’ka, weil er so stark war. Und es stimmte ja auch. Obwohl er mit einundachtzig nach gängiger Meinung das Greisenalter erreicht hatte, sprühte er noch immer vor Energie. Wer ihm beim Holzhacken zusah, konnte meinen, drei Männer steckten in seinem Körper. Wenn er sich gestikulierend mit seiner tiefen, lauten Stimme über etwas ereiferte, schreckten seine Gesprächspartner oft zurück, aus Angst, die klobigen Hände meines Uropas könnten ihnen das Nasenbein zertrümmern. Aber Tat’ka war nicht nur der Stärkste. Er war auch der letzte seiner Art. In unserer Familie hatte er alle überlebt, die Großeltern meiner Mutter, seine Frau, seine Schwiegertochter und sogar seinen eigenen Sohn, meinen Opa. Und während es in Tat’kas Jugend einige Fassbinderwerkstätten in Tirol gegeben hatte, während man damals in jedem Landesbezirk jemanden fand, der ein halbwegs gutes Fass herstellen konnte, wurden die Fassbinder im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts immer weniger. Die harte Arbeit, für die es viel Kraft brauchte, Präzision und mathematischen Verstand, traute sich kaum noch jemand zu. Tat’ka brauchte für ein großes Weinfass mehrere Wochen. Industriell gefertigte Fässer waren günstiger und zudem schneller fertig. Während die Fassbinder im ganzen Land nach und nach begannen, Krippenfiguren zu schnitzen und Kerzenständer zu drechseln, blieb Tat’ka seinem Handwerk treu. Seit ich denken konnte, war er der letzte Fassbinder der Region. Viel später erst habe ich verstanden, wie sehr mein Uropa unter der Vorstellung gelitten hat, dass sein geliebtes Handwerk mit ihm sterben würde. Vielleicht gab er sein Wissen deshalb so unermüdlich weiter. Als Fassbindermeister hatte er bis zum achtzigsten Lebensjahr Lehrlinge ausgebildet. Den letzten, Blasius, hatte ich als kleines Kind noch kennengelernt. Er war ein drahtiger Bub mit loser Zunge und feuerrotem Haar, der den weiten Weg von der tschechischen Grenze bis nach Tirol gekommen war, um das Fässermachen bei meinem Uropa zu lernen. Da der Altersunterschied zwischen den beiden immens war, nannte er ihn Tat’ka, Väterchen, ein Name, der mir so gut gefiel, dass ich ihn für mich übernahm. Seither nannte ich meinen Uropa Tat’ka, während meine Eltern ihn Opa nannten und der Rest der Welt Korbinian Hofer.

Ohne sein Gebiss wirkte Tat’kas stolzes Gesicht wie verrutscht. Kinn und Kiefer waren riesig. Die Lippen steckten in der Mundhöhle wie ein zerknülltes Taschentuch. Die schrumpeligen, auf dem Dachboden ausgelegten Birnen fielen mir ein, die bis zum Frühjahr niemand gegessen hatte. Zum Glück hatte er mich, denn ich war Spezialistin, wenn es darum ging, Tat’kas Zähne im Chaos seines riesigen Hauses aufzuspüren.

»Hast du das Gebiss vorm Frühstück noch gehabt?«

Er nickte.

»Und danach?«

Er überlegte kurz, schüttelte den Kopf.

»Ja, dann weiß ich, glaub ich, wo sie sind.«

Ich kletterte auf seine Schultern und ruckelte mein Kleid so zurecht, dass es Tat’ka nicht die Sicht nahm. Vom Rocksaum bekränzt wie von einem zu groß geratenen Heiligenschein, setzte er sich in Bewegung und begann unverdrossen zu pfeifen, auch wenn er ohne sein Gebiss eher nach einem löchrigen Luftballon klang.

*

Tat’ka lebte am Rand unseres Dorfes im größten und zugleich heruntergekommensten Haus, das ich je gesehen hatte. Seit ich denken konnte, lebte er allein. Eigentlich bewohnte er nur zwei Zimmer im Erdgeschoss, die Küche, in der eine Schlafcouch stand, und ein Zimmer daneben, das er als Büro nutzte. Die übrigen Zimmer waren leer. Die Gänge und den Garten nutzte er als Abstellplatz für die vielen Dinge, die er sammelte und reparierte. Für mich war jeder Aufenthalt bei ihm ein Abenteuer, doch ich besuchte ihn selten, da er tagsüber in der Werkstatt war, die er sich bei uns im Haus eingerichtet hatte, und nur zum Schlafen und Essen nach Hause ging.

Von Weitem schon sah ich den Strick, der links neben der Haustür von der Dachrinne baumelte. Daran, so munkelten die Leute im Dorf, hatte mein Uropa den Kater eines Nachbarn aufgehängt, weil er Mercedes, seiner Katze, das Futter weggefressen hatte. Meine Freundin Verena meinte, ihre Mutter hätte den toten Kater, einen rot-weiß getigerten, mit eigenen Augen dort hängen seh’n. Ich traute mich nie, Tat’ka nach der Geschichte zu fragen, auch, weil ich Angst hatte, dass sie stimmte.

Vor der Eingangstür setze er mich ab, holte den schweren Eisenschlüssel hinter dem Fensterladen hervor und schloss auf. Den Geruch, der mir entgegenschlug, habe ich bis heute in der Nase: nach ihm, getrockneten Pilzen, Kaffee, Feuerholz und einer Kunstfaser, in der sich Schweiß gesammelt hat. Wir schlängelten uns durch das Chaos im Hausgang. Tat’kas Wintermantel hing nicht am Haken, sondern über dem aufgestellten Stiel eines Rechens, auf dessen Zinken nun auch der Filzhut landete. Hemden mit spitzen Krägen und wilden Mustern, die vor Urzeiten in Mode gewesen sein mussten, häuften sich überm Treppengeländer. Auf dem Fliesenboden unter der Fußbank lagen einige Fleischbrocken vom Vortag, die Tat’ka seiner Katze hingeworfen hatte.

Da wir es eilig hatten, vertiefte ich mich nicht in diese Welt, die auf ganz andere Art von Tat’ka erzählte als seine stets gefegte Werkstatt, sondern schob mich an ihm vorbei in die Küche und ließ den Blick über das dortige Chaos schweifen. Tisch und Eckbank waren mit Ausgaben der Tageszeitung übersät. Eine Schere lugte darunter hervor, die Kante einer Sardinenbüchse, dazwischen krumme Nägel, die er eines fernen Tages geradebiegen wollte, Schmieröl, Lampendochte. Nichts hatte seinen festen Platz, außer den wenigen Büchern, die ordentlich im Regal neben der Schlafcouch standen und für die er sich jedes Mal extra die Hände wusch, ehe er eines herausnahm. Anders als Tat’ka, der mir einen entschuldigenden Blick zuwarf und sich ratlos in seiner Küche umsah, hatte ich die Gabe, Dinge zu finden. Und ich kannte Tat’ka. Um Geld zu sparen, reinigte er sein Gebiss nicht im Wasserglas, sondern rieb es absurderweise mit Zeitungspapier ab. Schon oft waren mir auf und zwischen seinen Zähnen Reste von Druckerschwärze und winzige Papierfetzen aufgefallen, einmal sogar ein einzelnes f.

Meine Hände fuhren in den Zeitungshaufen und tasteten vorwärts. Es dauerte nicht lange, da zog ich auch schon das Gebiss heraus, eingeschlagen in den Sportteil des vorangegangenen Mittwochs. Mein Triumph währte nur kurz. Beim Anblick der rosa Zahnfleischflächen mischte sich Ekel hinein. Penibel achtete ich darauf, die mit winzigen Drähten zusammengehaltenen Zähne anzufassen und ja nicht das Stückchen nachgebildeten Zahnfleischs, bei dessen Anblick es mich gleich wieder würgte. Kalt, weiß und schwer lagen die Zähne in meiner Hand. Kaum vorstellbar, dass mein Uropa sich dieses Ding täglich zwischen die Kieferknochen klemmte. Dankbar nahm er die Zähne, spuckte auf das gruselige Plastikzahnfleisch und schob sich das Ganze in den Mund. Dann folgte ein seltsamer Tanz: Hinter vorgehaltener Hand wurden Kieferknochen hin und her geschoben, Zahnreihen eingepasst und mehrfach der Kopf geschüttelt, bis Zähne und Mann zu einer Einheit verschmolzen waren. Breit lächelnd genoss Tat’ka seine neuerlangte Vollständigkeit.

»Jetzt schnell zurück!«, rief ich und zog an Tat’kas weißem Hemdsärmel.

Er hob langsam die Hände und streckte mir die Handflächen auf Augenhöhe entgegen. Wie immer zählte ich mit Schaudern Tat’kas Finger, als bestünde die Möglichkeit, dass der fehlende Zeigefinger seiner linken Hand nachgewachsen wäre.

»Du weißt doch, dass sich die Hetzerei bei mir noch nie aus’zahlt hat, Illy«, sagte Tat’ka und blickte grinsend auf seine Hände. Dann hob er mich wieder auf die Schultern und obwohl er angekündigt hatte, nicht zu hetzen, flogen wir geradezu zurück.