Honisch, Margarete Easy Money

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Generation Y – not have it all?

»Wahnsinn, ich versteh das alles. Es ist total easy. Warum sagt einem denn niemand, dass es so einfach ist?!«, schrie ich jubelnd meinen Freund an, während alle um uns herum entspannt am See lagen und die gerade noch herrschende Stille genossen. Am liebsten wäre ich direkt aufgesprungen, hätte meine Sachen zusammengepackt und mich in die S-Bahn zurück Richtung München gesetzt, um ein Aktiendepot zu eröffnen und einen ETF-Sparplan aufzusetzen. Ich war voller Tatendrang und freute mich auf goldene Zeiten! Bis zu diesem Tag hatte ich mir nicht viel aus Finanzen gemacht. Ich wusste, irgendwas sollte ich mit meinem Geld schon machen, und es immer nur für Schuhe, Restaurants und unnötigen Schnickschnack auszugeben war irgendwie auch nicht gut. Dass man auf dem Sparbuch keine Zinsen mehr bekam, das wusste ich schon. Mehr als Girokonto, Lebensversicherung und Bausparvertrag waren mir aber auch nicht bekannt. Das ganze BWL-, Banken- und Finanzzeug interessierte mich einfach nicht. Abgesehen davon war Mathe mein schlechtestes Schulfach gewesen – also brauchte ich mit so etwas ja wohl gar nicht erst anzufangen …

Trotzdem nagte das schlechte Gewissen an mir: »Du bist jetzt fast dreißig und hast null Rücklagen und kein Sparkonto.« Andere in meinem Alter hatten schon ein fertiges Haus, eine fertige Altersvorsorge und eine fertige Familie. Also war ich nun auf der Suche nach etwas, womit ich mein Geld sparen und idealerweise auch vermehren konnte. Aber wie sollte ich das anstellen? Einen Finanzberater wollte ich nicht aufsuchen. Das letzte Mal, als ich die heiligen Hallen meiner Bank betreten hatte und mich nach Anlagemöglichkeiten erkundigen wollte, wurden mir lauter Prospekte in die Hand gedrückt, die ich nicht verstand und die mir niemand erklärte. Mir war klar, dass der Typ mir einfach irgendetwas andrehen wollte, schließlich werden solche Berater nach Verkaufsprovision bezahlt – und nicht nach meinem eigenen finanziellen Erfolg. Ich wusste, es war Zeit, etwas zu unternehmen, und beschloss, meine Finanzen eben selbst in die Hand zu nehmen.

Zunächst wollte ich nur ein wenig Geld sparen, damit ich etwas auf der sogenannten hohen Kante hätte, falls mal ein Umzug anstand oder auch ein schöner Urlaub. Man darf sich ja auch mal etwas gönnen! Ich wusste an diesem Tag am Ammersee allerdings noch nicht, wie schlecht es tatsächlich um meine zukünftige Rente und meine Altersvorsorge bestellt war. Noch Wochen später war ich überzeugt davon, dass ich, wenn ich heute arbeite und einigermaßen okay verdiene, auch später abgesichert bin und genug haben werde – ein absoluter Irrglaube. Denn was ich heute in die Rentenversicherung einzahle, wird morgen an die siebzigjährige Frau Schnabel aus dem zweiten Stock ausgezahlt. Das nennt man Umlageverfahren, und das funktioniert, solange die Bevölkerung wächst – aber nicht, wie im Falle Deutschlands, wenn sie schrumpft und alt wird. Wenn wir in dreißig oder vierzig Jahren in Rente gehen, sind einfach zu wenige Arbeitnehmer da, um das Rentensystem aufrechterhalten zu können. Aber zum Glück wusste ich an diesem wunderschönen, heißen Augusttag noch nichts davon und konnte in Ruhe Pläne schmieden: Finanzpläne.

Am See hatte ich die Erleuchtung und konnte es noch gar nicht fassen, dass ich endlich verstanden hatte, wie das mit den Aktien und der Börse und dem Investieren funktioniert. Aus reiner Neugier hatte ich mir ein paar Finanzbücher in der Stadtbibliothek ausgeliehen und mit zum See genommen. Ich hatte wohl einen masochistischen Moment. Jedenfalls verstand ich nach ein paar Stunden, worum es ging, und checkte auf einmal, dass man Geld anlegen musste, da es sonst an Wert verliert und schrumpft wie unsere Bevölkerung. Hätte ich im Jahr 2009 für 1000 Euro Netflix-Aktien gekauft, hätte ich zehn Jahr später volle 82.290 Euro in meinem Depot gehabt. Stattdessen habe ich das Geld damals lieber für ein iPad und ein rotes Fahrrad ausgegeben. Schöne, nützliche Dinge, aber jetzt erst ging mir auf, dass Aktien gar nicht so riskant waren, wie uns Finanzberater oft vermitteln wollen, nur damit sie uns ihre eigenen teuren Produkte verkaufen können. Und dass man nicht reich sein musste, um Geld zu investieren, sondern schon mit einem kleinen monatlichen Betrag damit anfangen konnte. Ich fühlte mich ein wenig wie Neo in Matrix, nachdem er die rote Pille geschluckt hatte. Ich war finanzerleuchtet.

Die blaue Pille

Wir sind die Millennials, die Generation Y, die um die Jahrhundertwende Geborenen, diejenigen, die den Internetboom miterlebt haben und auch noch wissen, was eine Diskette ist. Wir sind die mit der unermüdlichen Forderung nach einer Work-Life-Balance und der tiefen Sehnsucht nach Selbstverwirklichung. Die noch junge Generation Z hält uns für materialistische Egoisten, denen Nachhaltigkeit nicht wichtig genug ist und die tatsächlich noch immer Milch trinken und Gluten essen – und das noch nicht einmal ausschließlich bio! Für die ältere Generation vor uns sind wir die Digital Natives, diejenigen, die mit den ersten Heimcomputern und Handys aufgewachsen sind. Die als besonders fleißig geltende Generation X (sie haben quasi das Wort »Workaholic« erfunden) sieht in uns faule Angestellte, die ihren Job nur aufgrund der angebotenen Benefits und flexiblen Arbeitszeiten auswählen. Getreu dem Motto: YOLO! Wir selbst sehen uns eher als die Generation, die es irgendwie niemandem recht machen kann und oft missverstanden wird.

»Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtanalyse schreiben. In 4 Sprachen«, twitterte die damals siebzehnjährige Naina unter dem Nutzernamen @nainablabla am 10. Januar 2015. Leider trifft dieser Zustand nicht nur auf ihre Generation zu, sondern auch auf die davor und die danach. Zahlreiche Medien griffen das Thema damals auf, und die FAZ titelte schon voller Euphorie auf die vermeintlich kommenden Veränderungen im Bildungssystem: »Wie ein Tweet eine Bildungsdebatte auslösen konnte.«[1] Auch im Fernsehen wurde darüber diskutiert, und selbst die damalige Bundesbildungsministerin Johanna Wanka meldete sich zu Wort, doch dann geschah das eigentlich Unfassbare – nämlich nichts. Wie schon die FAZ bemerkte, blieb es lediglich bei einer Debatte.

Auch ich hätte mich rückblickend eher darüber gefreut, etwas über unser Rentensystem, die Versorgungslücke und Anlagemöglichkeiten zu erfahren, als ein halbes Jahr lang die Nibelungensage zu lesen und den Unterschied zwischen dem ersten, dem zweiten und dem dritten Prager Fenstersturz zu lernen. Stattdessen wusste ich lange Zeit nur, wie man Zinsen berechnen konnte, aber nicht wie man sein Geld für sich arbeiten ließ und es erfolgreich anlegte. Als ich 2004 mein Abitur machte, hatte ich keine Zeit und nur wenig Interesse daran, Diskussionen im Bundestag über die Rente zu verfolgen. Leider. Dass Akademikern beispielsweise ihre Studienzeit nicht mehr angerechnet wird und sie dadurch monatlich etwa 55 Euro weniger Rente haben werden und diese auch noch zu immer größeren Teilen versteuern müssen, ging damals komplett an mir vorbei. Mein Kopf hing zu diesem Zeitpunkt schon tief in den Büchern für die Abiprüfungen, und wenig später verbrachte ich den letzten gemeinsamen Sommer mit meinen Freunden aus der Schulzeit. Das Abi wollte gefeiert werden, und so traf man uns tagsüber am See und abends in den Bars der Stadt. Danach trennten sich unsere Wege in die verschiedenen Großstädte Deutschlands. Es war ein toller, unbeschwerter Sommer, und wir hatten das Gefühl, die ganze Welt steht uns jetzt offen.

Mich zog es nach München, und statt wie meine Freunde zu studieren, fing ich zunächst eine Ausbildung an. Ich arbeitete in einer kleinen Plattenfirma und wollte dem damals neuen Ausbildungsberuf der Medienkauffrau nachgehen: Musik, PR-Arbeit und abends Konzerte. In der Berufsschule lernte ich das erste Mal etwas über die Aufstellung von Bilanzen, den Unterschied von Vermögenswerten und -forderungen und über meine Rechte und Pflichten als Arbeitnehmerin. All das Gelernte weiß ich zu einem Großteil immer noch, da es mir täglich im Leben begegnet und so manche Entscheidung in meinem Leben beeinflusst hat. Trotzdem wusste ich immer noch nicht, wie ich einen Teil meines Gehalts anlegen konnte, geschweige denn, dass dazu überhaupt die Notwendigkeit bestünde. Später, im Studium, fand ich mich in einer ähnlichen Situation wie beim Abitur wieder: mit lauter Theorien und Analysen, aber ohne lebensnotwendiges Wissen.

Und so machen auch heute Jahr für Jahr Schüler, Auszubildende und Studenten einen Abschluss, auf den sie lange hingearbeitet haben, um ihren Traum zu ergreifen, ihr erstes Geld zu verdienen – und dann eigentlich gar nicht so recht zu wissen, was sie mit diesem Geld machen und wie sie damit umgehen sollen. Wir bleiben finanzielle Analphabeten, weil wir nicht einmal das Buchstabieren beigebracht bekommen. Die Folgen sind schon lange nicht zu übersehen: Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer. Durch unser Gehalt wird zwar unsere Arbeit entlohnt – wirklich profitieren tun aber diejenigen, die auch die Gewinne einstreichen. Und das sind nicht die Arbeitnehmer eines erfolgreichen Unternehmens, sondern die Aktionäre. Wenn auch wir an der Wirtschaftsleistung des Landes teilhaben möchten, müssen wir uns zum Beispiel in Form von Aktien auch an Unternehmen beteiligen. Robert Kiyosaki bringt es in seinem Weltbestseller Rich Dad, Poor Dad mit diesem viel zitierten Satz auf den Punkt: »Die Armen und die Angehörigen der Mittelschicht arbeiten für Geld. Die Reichen lassen Geld für sich arbeiten.«[2] Wirklich verstanden habe ich das aber erst, als ich dann tatsächlich selbst damit anfing, mein Geld anzulegen. Denn Geld, das angelegt wird, kann sich genauso schnell vermehren wie afrikanische Treiberameisen.

Aber interessiert uns Geld überhaupt? Laut einer Studie des Zukunftsinstituts[3] zählen für unsere Generation in der Arbeitswelt vor allem Unabhängigkeit, Spaß und eine sinnvolle Tätigkeit. Daraus geht auch hervor, dass uns Geld nicht wichtig ist. Trotzdem wollen drei von vier Befragten mal eine Immobilie kaufen und jeder zweite auf Weltreise gehen. Aber das kostet nun mal alles Geld. Und auch wenn uns Geld irgendwie immer zuwider ist, weil es einen schlechten Ruf hat und den Charakter verdirbt, wird es Zeit, uns diesem »Monster« zu nähern und es zu bezwingen. Doch wir müssen gar keine Angst davor haben, im Gegenteil. Und gefährlich könnte es auch nur werden, wenn wir alles so lassen, wie es ist. Wagen wir doch mal gemeinsam einen kleinen Ausblick in die Zukunft.

Die rote Pille

Wenn wir mal alt sind, dann sind die Babyboomer und die Generation-X-Workaholics noch viel älter. Viele von ihnen sind dann schon gar nicht mehr da. Allein bis 2030 steigt das Durchschnittsalter der Deutschen von aktuell 43 auf 47 Jahre. Im Jahr 2060 sogar auf 50 Jahre. Jede oder jeder Dritte wird dann über 65 Jahre alt sein.[4] Ich, als 85er-Jahrgang, bin dann auch schon in Rente. Und ganz allgemein wird dann einer immer größeren Anzahl von Senioren eine immer kleiner werdende Gruppe Erwerbstätiger gegenüberstehen. Eigentlich habe ich mich bei dem Gedanken an meine Rente immer mit einer sonnenverbrannten Elefantenhaut gesehen, die ich von den vielen Reisen als rüstige Rentnerin bekommen habe, und wie ich so tagsüber mit meinen Freundinnen Karten spielend und Prosecco trinkend im Garten sitze und am Abend mit meinem Mann überlege, ob wir unserer Enkeltochter nicht doch das Geld für den Führerschein einfach schenken sollen. Aber leider rückt diese Vorstellung für viele meiner Generation in immer weitere Ferne. Schuld sind der stetig voranschreitende Demografiewandel und insbesondere die Alterung unserer Gesellschaft.

Warum das alles ein Problem für meine und deine Rente ist? Die staatliche Rente funktioniert nach dem erwähnten Prinzip des Umlageverfahrens, und dieses Verfahren existiert bereits seit über sechzig Jahren. In der Zwischenzeit wurde der Minirock erfunden, der erste Mensch in den Weltraum befördert und das World Wide Web entwickelt. Wir kommunizieren miteinander, indem wir unsere Nachrichten auf kleinen Hochleistungscomputern mit nanobeschichtetem Glas tippen und diese in Echtzeit um die ganze Welt verschicken, während unser Rentensystem aus einer Zeit stammt, als das Fernsehen noch schwarz-weiß war und längst nicht jeder Haushalt ein eigenes Gerät hatte. Seither wurde dieses alte System immer wieder angepasst. Auch Ende 2018 wurde ein neues Rentenpaket beschlossen: Verbesserung der Erwerbsminderungsrente, Ausweitung der Mütterrente und Erleichterungen für Geringverdiener. Viele Paragrafen, viel Papier und viel Geld wurden herumgewirbelt. Auf 4,1 Milliarden Euro belaufen sich die Kosten dafür[5] – und ein Ende der Kosten ist nicht in Sicht. Ausgetragen wird das auf den Schultern unserer Generation, denn während die Kosten für die Renten steigen, kommt immer weniger Geld in die Kassen rein. Man muss kein Zukunftsforscher sein, um zu erahnen, auf welches Schlamassel wir zusteuern.

  • Die staatliche Rente funktioniert nach dem Umlageverfahren.
  • Immer mehr Beitragsempfängern stehen immer weniger Beitragszahler gegenüber.

 

 

Es geht leider noch weiter mit den schlechten Nachrichten: Allein im Jahr 2018 haben die Sparer in Deutschland satte 40 Milliarden Euro verloren! Wie kann man Geld verlieren, das man eigentlich spart?, fragst du dich jetzt vielleicht. Das ist ganz einfach: Die Zinsen, die man bei deutschen Banken für sein gespartes Geld bekam, lagen bei durchschnittlich 0,19 Prozent. Gleichzeitig werden Güter aber immer teurer und das Geld weniger wert. Diese sogenannte Teuerungsrate oder Inflation lag 2018 bei durchschnittlichen 1,8 Prozent. Das heißt: Geld, das ich auf der Bank liegen lasse, anstatt es zu investieren, verliert an Wert. Allein um den Wertverlust auszugleichen, müssten die Zinsen somit zehnmal höher sein – sind sie aber leider nicht. Und somit schrumpft das eisern gesparte Geld, wenn es nicht angelegt wird.

  • Geld, das du nicht investierst, verliert an Wert.

 

Dein Easy Money

Hätte ich in der Schule nur etwas besser aufgepasst, dann wäre ich später nicht so überrascht gewesen, als ich mehr über den Zinseszins lernte. Hier ein Vorgeschmack für alle, die wie ich keine Mathegenies waren: Bei einer monatlichen Sparrate von nur 25 Euro, die gut angelegt 6 Prozent Zinsen pro Jahr bringen, erhalte ich in zehn Jahren stolze 4082,75 Euro. Das Tolle ist aber: Ich selbst habe nur 3000 Euro davon gespart. Der Rest ergibt sich aufgrund des Zinseszinseffekts. Andersrum: Wenn ich 3000 Euro habe, sie nicht anlege, sondern unter dem Kopfkissen horte und einer jährlichen Inflation von 2 Prozent ausgesetzt bin, dann ist mein Geld in zehn Jahren nur noch 2461,04 Euro wert. Der gute Albert Einstein wusste schon, wovon er sprach, als er den Zinseszinseffekt das achte Weltwunder nannte. Als jemand, der in der Medienbranche arbeitete, schleppte ich zwar keine Schubkarren voll Geld nach Hause, aber diese Rechnung hatte mich endgültig überzeugt.

Spätestens jetzt, hoffe ich, hast auch du erkannt, wie wichtig es ist, dass du deine Finanzen selbst in die Hand nimmst. Dass nicht nur die von deiner Arbeit profitieren, die eh schon viel haben. Dass du dir auch deine Wünsche erfüllen und dich gleichzeitig entspannen kannst, weil du einen Notgroschen hast. Dass du dir keine Gedanken mehr über Altersarmut machen musst, weil du selbst für dich vorgesorgt hast. Auch wenn uns in der Schule niemand etwas über Aktien erzählt und wir mit der Denke aufwachsen, die Finanzwelt sei kompliziert und unbezwingbar, so gibt es doch ein paar einfache Möglichkeiten, vorzusorgen und gleichzeitig gut zu leben. Du wirst sehen – an dieser Stelle möchte ich gerne Erobique zitieren, einen meiner Lieblingskünstler: »It’s easy, it’s easy, it’s easy mobisi.«[6]

Was du in diesem Buch erfährst

Wir werden uns auf den folgenden Seiten also um deine Finanzen kümmern, und ich werde dir Folgendes zeigen:

Warum du Vermögen aufbauen musst

Um zu verstehen, weshalb mir die persönliche Vorsorge unserer Generation so am Herzen liegt, solltest du ein klein wenig Bescheid wissen über die Hintergründe, die das Thema für uns Millennials so brennend machen. Wer es kaum noch aushält und sich endlich ans Eingemachte machen möchte, könnte dieses Kapitel überspringen – aber nicht zu voreilig! Denn ein kleiner Blick zurück in die Geschichte macht deutlich, wie wir dorthin gekommen sind, wo wir heute stehen, und vor allem, in welche Richtung wir uns bewegen müssen, um easy in die Zukunft blicken zu können. Deshalb beginnen wir mit einer kurzen Zeitreise.

Wie es zu der Rentenmisere kam

Wir schreiben das Jahr 1957. Angesichts des andauernden Wirtschaftswunders und steigender Löhne sind die Rentenkassen leer. Konrad Adenauer, der zu diesem Zeitpunkt bereits in seiner zweiten Amtszeit regiert, sieht seine Beliebtheit und einen erneuten Wahlsieg langsam, aber sicher schwinden. Die SPD rückt ihm immer weiter auf die Pelle, und die Rentner sind zudem alles andere als glücklich über ihre Lage: Denn während die Jungen vom Aufschwung profitieren, sehen sich die Alten mit Altersarmut konfrontiert. Diese Bevölkerungsgruppe ist groß im Nachkriegsdeutschland und bildet daher eine wichtige Wählergruppe. Und so wittert Adenauer seine Chance auf einen erneuten Wahlsieg und fordert: Eine Rentenreform muss her! Trotz vieler Widerstände der Wirtschaftsverbände und Einwände aus dem Finanz- und dem Wirtschaftsministerium schaffte er es tatsächlich, eine Rentenreform durchzusetzen. Diese Reform brachte damals zwei große Änderungen mit sich. Zum einen wurde die Rente dynamisiert, das heißt, sie wurde an die Löhne angepasst. Denn das, was die Menschen vorher in den 1920er und 1930er Jahren in ihre Rentenversicherung eingezahlt hatten, war natürlich nichts mehr wert. Außerdem galt ab sofort das Umverteilungsprinzip, nach dem die arbeitenden Beitragszahler die laufende Rente der Empfänger finanzierten.

Das neue Verfahren sollte die Renten im Schnitt um 60 Prozent anheben. Der damalige Finanzminister Schäffer und die Bundesbank äußerten zwar Bedenken aufgrund der unsicheren demografischen Entwicklung und Geldstabilität,[7] aber es wollte ja auch eine Wahl gewonnen werden. Am Ende siegten Adenauer, die CDU – und die Rentner: Freudestrahlend liefen die deutschen Rentnerinnen und Rentner zur Post und ließen sich ihr Geld dort auszahlen. Online-Banking war damals nämlich noch nicht so weit verbreitet. Mit der ersten Rentenanpassung nur zwei Jahre später erhöhten sich die Rentenleistungen um weitere 6,1 Prozent. Jackpot! Und dieses System, bestehend aus der dynamisierten Rente und der Umverteilung, besteht noch heute.

Wer diesen kleinen geschichtlichen Exkurs aufmerksam gelesen und meine Ausführungen zum demografischen Wandel in Erinnerung hat, müsste jetzt eigentlich nur noch eins denken: »Oh, Shit!« Statt der aktuell fast 52 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter wird es im Jahr 2060 im schlechtesten Fall nur noch 40 Millionen Menschen zwischen 20 und 66 Jahren geben.[8] Diese Menschen sollen ja eigentlich gemäß dem Umlageverfahren meine Rente bezahlen, schließlich denkt die Deutsche Rentenversicherung nicht weiter als bis morgen und hat gerade einmal Geld für den nächsten Tag in der Kasse.[9] Ja, richtig: Immer nur bis morgen. Was übermorgen ist, ist ungewiss. Wie soll das dann aber erst mit meiner schönen Rente werden? Wer finanziert mir meine Reisen und meine Prosecco-Nachmittage, wenn es kaum Menschen gibt, die arbeiten und Beiträge für mich einzahlen? Das von mir monatlich gezahlte Geld wird ja direkt weitergereicht an die jetzigen Renten-Nutznießer. Während gegenwärtig drei Arbeitnehmer einen Rentner absichern, werden in zwei Jahrzehnten nur noch zwei Beschäftigte für die Rente einer Person aufkommen müssen. Und dabei reicht es schon heute nicht mehr: 2018 musste der Bund die allgemeine Rentenversicherung mit über 35 Milliarden Euro bezuschussen.[10] Tendenz jährlich steigend. Und wir sprechen hier über ein System, das eigentlich so gedacht war, dass es sich selbst finanziert.

Dem Adenauer kann’s jetzt ziemlich wurscht sein, was aus seiner glorreichen Idee wurde. Die Rentner bekommen es allerdings schon heute zu spüren. Wer hat noch nicht in neuester Zeit eine adrett gekleidete ältere Dame dabei beobachtet, wie sie lauernd neben einer Mülltonne im U-Bahnhof steht und sich freut, wenn sie aus dem Augenwinkel eine leere Bierflasche entdeckt. Dann schwankt der Blick das Gleis entlang, einmal absichernd nach links und rechts, ob nicht doch noch eine Bekannte vorbeiläuft, noch einmal tief Luft geholt, und schon verschwindet die kleine Hand im versifften Mülleimer, aus dem schnell die 8-Cent-Beute gezogen und in der Handtasche verstaut wird. 8 Cent! Hinzu kommen noch das Gewicht und der Gestank der Flasche, die sie bis zum nächsten Supermarkt bei sich trägt. Und wir sprechen hier von einer alltäglichen Szene aus dem Land, das das wirtschaftsstärkste der ganzen EU ist.

Dass unser Rentensystem nicht das beste ist, sehe übrigens nicht nur ich so, sondern zum Beispiel auch der Melbourne Mercer Global Pension Index (MMGPI). Dieser vergleicht weltweit Rentensysteme hinsichtlich ihrer Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität miteinander und erstellt anhand einer Notenvergabe ein entsprechendes Ranking. Insbesondere beim Punkt Nachhaltigkeit schneidet Deutschland schlecht ab. Bewertet wurde dieser Teil unseres Rentensystems, das übrigens so alt ist wie die Erfindung des Sekundenklebers und ebenso fest wie dieser in unserem Sozialsystem haftet, mit der Note D.[11] Wäre unser Rentensystem ein Auto, hätte es mit dieser Bewertung vielleicht noch den TÜV, aber definitiv keine grüne Umweltplakette bekommen. Aber wir fahren damit weiter und hoffen, dass uns die giftigen Abgase nicht umbringen. Doch schauen wir uns unser Rentensystem selbst einmal genauer an.

  • Deutschlands Rentensystem belegte 2018 in einem weltweiten Ranking nur Platz 13 von 34.

 

Das deutsche Rentensystem

Wenn du älter als 27 Jahre bist oder mindestens fünf Monate Rentenbeiträge gezahlt hast, bekommst du einmal im Jahr Post von der Deutschen Rentenversicherung. Darin steht die voraussichtliche Höhe deiner gesetzlichen Rente. Dies ist allerdings nur eine Hochrechnung, die sich im Laufe der Zeit ändern kann und sehr wahrscheinlich auch wird. Entweder zum Positiven, weil dein Gehalt mit den Jahren steigt und deine Beiträge höher werden, oder zum Negativen, weil du Kinder bekommst und in Elternzeit gehst, nur noch Teilzeit arbeitest oder vielleicht sogar eine Zeit lang arbeitslos wirst. Vielleicht denkst du dir auch mal zwischendurch, dass du ein Jahr Pause machen und die Welt bereisen oder mit vierzig noch einmal studieren möchtest. Du weißt nie, was das Leben noch für dich bereithält und welche Abenteuer dich noch erwarten. Unser altbackenes Rentensystem hält aber leider nichts von deinem Sabbatical, nur weil du gerade den Sinn deines Lebens in Indien oder auf Bali suchst. Denn dein Rentenbescheid geht stur davon aus, dass du ohne Pause durcharbeitest.

Die drei Säulen der Altersvorsorge

Unser Rentensystem ist auf drei Säulen aufgebaut: gesetzliche Altersvorsorge, betriebliche Altersvorsorge und private Altersvorsorge. Ja genau, der Staat erwartet von dir, dass du dich zusätzlich zur herkömmlichen Rente auch selbst um die finanzielle Vorsorge deines Lebensabends kümmerst. Falls du das noch nicht gemacht hast, besteht kein Grund, gleich in Panik zu verfallen. Darauf, was du selbst tun kannst und lassen solltest, kommen wir später noch zurück. Fangen wir mit der ersten Säule an: der gesetzlichen Rentenversicherung.

Erste Säule: Die gesetzliche Rentenversicherung

Laut einer Statistik der Deutschen Rentenversicherung liegt die monatliche Standardrente 2019 bei 1487,25 Euro – vor Steuern.[12] Davon lässt es sich je nach Wohnort doch eigentlich ganz passabel leben. Bloß leider wird die Standardrente nur vom sogenannten Eckrentner erreicht. Eckrentner ist, wer 45 Jahre lang stets das Durchschnittsgehalt aller Versicherten bezogen und daraus auch immer in die Rentenversicherung eingezahlt hat – ein statistisches Phänomen, dem man im wahren Leben nie begegnet. Falls du ein Jahr lang Yoga auf Bali machen oder eine Großfamilie gründen möchtest oder auch einfach nicht permanent das Durchschnittsgehalt von knapp 30.000 Euro netto[13] verdient hast, musst du dich leider von der Standardrente verabschieden. So lag die tatsächlich ausgezahlte durchschnittliche Rente Ende 2018 bei schlappen 864 Euro.[14] In München könnte ich dafür nicht mal mehr eine Ein-Zimmer-Wohnung bezahlen. Und habe ich eigentlich schon erwähnt, dass man ab dem Jahr 2040 die Rente voll versteuern muss? Die Krankenversicherung möchte natürlich auch gezahlt werden, und man kann sich vorstellen, dass man im Alter vielleicht doch den einen oder anderen Gang zum Arzt und in die Apotheke zu bewerkstelligen hat. Und da wäre so ein stylisher, ultraleichter Carbon-Rollator mit weichem Echtledersitz und einer schicken, serienmäßig eingebauten Einkaufstasche inklusive Gehstockhalterung schon praktisch. Kostet aber 480 Euro, und die muss man bei 864 Euro Rente ja auch erst einmal haben.

Aber wie viel brauchst du überhaupt im Alter zum Leben? Da man nicht weiß, wie sich die Wirtschaft und die Inflation entwickeln und wie viel man am Ende wirklich brauchen wird, bleibt das natürlich eine schwierige Prognose. Die jeweiligen Bedürfnisse und Lebenssituationen sind schließlich sehr individuell. Experten gehen jedoch davon aus, dass man idealerweise 80 Prozent vom letzten Nettogehalt oder 60 Prozent vom Bruttogehalt im Alter zur Verfügung haben sollte.

Spielen wir das Ganze doch einmal beispielhaft durch. Angenommen, du möchtest morgen in Rente gehen und verdienst aktuell 3000 Euro brutto. Dann solltest du mindestens 1800 Euro (= 60 Prozent vom Bruttogehalt) an monatlicher Rente haben, damit du deinen Lebensstil halten kannst. Dabei ist aber schon von vornherein klar, dass der Staat diesen Beitrag allein durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht abdecken wird. Solltest du doch zu der unwahrscheinlichen Spezies Eckrentner oder Eckrentnerin gehören, gratuliere ich dir, weil dann circa 48 Prozent durch die gesetzliche Rentenversicherung abgedeckt sind. Mit dem aktuellen Rentenniveau wären das nach heutigem Stand also 1440 Euro. Dieses Niveau wird vom System nicht zu halten sein, das wird in Zukunft weiter abnehmen. Aber selbst wenn es bei den 48 Prozent bliebe, fehlen dir schon jetzt jeden Monat 360 Euro zum Überleben, wenn du dich ausschließlich auf die gesetzliche Altersvorsorge verlässt. Es ist also bereits vorgesehen, dass du dich um die restlichen 12 Prozent selbst kümmerst. Dies ist die sogenannte Versorgungslücke, von der du mit Sicherheit schon einmal gehört hast. Und falls nicht, dann wird es jetzt höchste Zeit, denn diese Lücke wird tendenziell größer werden. Aber nur die Ruhe, schließlich hältst du dieses Buch in den Händen – mit dem du deine Finanzen in den Griff bekommen kannst und dir in Zukunft keine Sorgen über deine Rente machen musst.

  • Standardrente bekommt nur, wer 45 Jahre lang das Durchschnittsentgelt aller Versicherten einbezahlt hat.
  • Faustregel: Man braucht im Alter 60 Prozent des Bruttogehalts.
  • Die gesetzliche Rentenversicherung deckt nur 48 Prozent des Bruttogehalts ab – sofern man die Standardrente bekommt.

 

Zweite Säule: Die Betriebsrente

Die zweite Säule der Altersvorsorge ist die Betriebsrente. Diese funktioniert folgendermaßen: Sagen wir, du möchtest jeden Monat 100 Euro in deine Altersvorsorge investieren. Dann wird dir dieser Betrag direkt vom Bruttogehalt abgezogen und an die Versicherung weitergegeben. Falls du einen netten Chef oder eine nette Chefin hast, übernimmt er oder sie einen Teil der Kosten und beteiligt sich zum Beispiel mit 20 Euro, sodass nur noch 80 Euro von deinem Gehalt gezahlt werden müssen. Diese Form der finanziellen Zuwendung ist allerdings freiwillig. In manchen Betrieben wird die Betriebsrente sogar vollkommen vom Arbeitgeber übernommen. Eine Frage mehr, die man im nächsten Bewerbungsgespräch neben der Erkundigung nach Gehalt und Urlaubstagen stellen kann.

Durch die Entgeltumwandlung besteht seit 2002 für alle Arbeitnehmer ein gesetzlicher Anspruch auf eine Betriebsrente. Das heißt: Du hast ein Anrecht darauf, nicht nur einen Teil deines Gehalts, sondern auch dein Weihnachts- und Urlaubsgeld in die Betriebsrente einzuzahlen. Das Schöne ist zum einen, dass es vom Brutto abgezogen wird und nicht versteuert werden muss. Zum anderen sinkt dadurch dein Einkommen, wodurch sich auch deine Sozialversicherungsabgaben verringern. Allerdings fällt das auf die erste Vorsorgesäule zurück, denn du zahlst dann ja weniger Geld in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Da beißt sich die Katze also ein wenig selbst in den Schwanz – was im Übrigen in der Tiermedizin als Hilferuf gilt, der durch psychische Belastungen ausgelöst wird. Und belastend sind leider auch die Nachteile der Betriebsrente.

Ein baldiger Altersruhesitz im Ausland ist vorerst gestrichen. Solltest du also einen vorzeitigen Ruhestand in Südfrankreich planen, musst du dich erst einmal mit deinen Ersparnissen begnügen. Die Auszahlung der Betriebsrente kann zwar ins Ausland erfolgen, aber erst dann, wenn du auch Anspruch auf die gesetzliche Rente hast. Aktuell ist dies ab 67 Jahren der Fall. Doch bleiben wir mal realistisch: Vermutlich müssen wir noch arbeiten, bis wir siebzig sind. Mindestens. Eine Kündigung der Betriebsrente ist zudem nicht möglich. Du kannst sie nur beitragsfrei stellen. Dies gilt auch im Falle des Arbeitsplatzwechsels. Den Vertrag schließt nämlich nicht du mit der Versicherung ab, sondern dein Arbeitgeber. Sollte dein neuer Arbeitgeber den Vertrag nicht übernehmen wollen, weil er einen anderen Anbieter bevorzugt, musst du deinen alten Vertrag beitragsfrei stellen und einen neuen eröffnen. Beides ist natürlich mit Verwaltungskosten und erneuten Abschlusskosten verbunden. Auch hier wird wieder mehr als deutlich, dass wir es mit einem veralteten, unflexiblen System zu tun haben, das immer noch davon ausgeht, dass man wie früher ein Leben lang ein und demselben Unternehmen treu bleibt.

Von der ausgezahlten Betriebsrente entfallen dann später auch noch Beiträge auf die Kranken- und Pflegeversicherung, die deinen Ertrag nochmals um aktuell knapp 18 Prozent schmälern. Wirklich lukrativ ist die Betriebsrente also erst dann, wenn dein Arbeitgeber mindestens 20 Prozent der Beitragshöhe übernimmt. Hinzu kommt, dass die Pensionskassen aufgrund der Niedrigzinspolitik kaum noch rentable Geldanlagen erzielen und Zusagen über die Auszahlungshöhe zu sinken drohen.[15] Dann würdest du am Ende sogar noch weniger rausbekommen, als jetzt schon zu erwarten ist.

Fassen wir zusammen: Die Betriebsrente lohnt sich vor allem dann, wenn der Arbeitgeber etwa 20 Prozent der Beitragszahlungen übernimmt, wenn die Verwaltungskosten möglichst gering sind und wenn du deinen Arbeitsplatz im Idealfall nur selten wechselst. Und falls du doch wechselst, ist die Übernahme deines alten Vertrags beim neuen Arbeitgeber auf jeden Fall ein wichtiger Verhandlungspunkt.

  • Betriebsrente lohnt sich nur noch, wenn dein Arbeitgeber mindestens 20 Prozent der Beitragszahlungen übernimmt.

 

Dritte Säule: Die private Altersvorsorge

Die bekanntesten Formen der privaten Altersvorsorge sind die Riester- und die Rürup-Rente. Dabei zahlt man monatlich jeweils einen festgelegten Betrag in eine Versicherung ein. Generell hat man die Wahl zwischen einem Banksparplan, einer klassischen Rentenversicherung, einem Fondssparplan und einer fondsgebundenen Rentenversicherung. Solltest du dich fürs Riestern entscheiden, lohnt sich der Vergleich. Dabei solltest du sowohl die möglichen Erträge als auch die anfallenden Kosten miteinander vergleichen. Ein großer Vorteil des Riesterns sind die Zulagen vom Staat: Die jährliche Zulage vom Staat beträgt 175 Euro. Für jedes Kind, für das Anspruch auf Kindergeld besteht, bekommst du zusätzlich bis zu 300 Euro geschenkt – und zwar jedes Jahr! Falls du bei Vertragsabschluss noch unter 25 Jahre alt bist, erhältst du außerdem einmalig einen sogenannten Berufseinsteigerbonus in Höhe von 200 Euro. Um die volle staatliche Förderung zu erhalten, musst du mindestens 4 Prozent deines Einkommens auch einzahlen. Interessant wird die Riester-Rente beim Punkt Steuern: Bis zu 2100 Euro Beitragszahlungen kannst du nämlich von der Steuer absetzen.

Ein weiterer Vorteil der Riester-Rente ist, dass du sie bereits ab dem 62. Lebensjahr ausgezahlt bekommen kannst. Wo wir wieder beim verfrühten Ruhestand in Südfrankreich wären. Außerdem kannst du dir bis zu 30 Prozent des angesparten Kapitals auszahlen lassen. Dies sollte schon mal für die Umzugskosten reichen. Problematisch wird es, wenn du statt in Südfrankreich deinen Lebensabend auf den Malediven verbringen möchtest, da die Riester-Rente nicht ins außereuropäische Ausland ausgezahlt wird. Falls du bereits einen Riester-Vertrag abgeschlossen hast und ihn jetzt kündigen möchtest, weil du deinen Ruhesitz schon auf den Malediven gebaut hast, solltest du beachten, dass du im Falle einer Kündigung die Zulagen und Steuervorteile wieder zurückzahlen musst. Außerdem solltest du bedenken, dass du die Riester-Auszahlungen später noch versteuern musst.

Riestern kann übrigens jeder, der rentenversicherungspflichtig ist. Das sind zum Beispiel Angestellte, Beamte, Mitglieder der Künstlersozialkasse, aber auch Bezieher von Arbeitslosengeld. Für Selbstständige und Freiberufler gibt es hingegen die Rürup-Rente.

  • Riester-Rente lohnt sich insbesondere bei Kindern.
  • Die Rentenauszahlungen musst du später versteuern.

 

 

Die Rürup-Rente (auch Basisrente genannt) wurde 2005 eingeführt, damit auch Selbstständige staatlich gefördert für das Alter vorsorgen können. Im Gegensatz zur Riester-Rente bekommst du bei der Rürup-Rente jedoch keine staatlichen Zulagen. Dafür darfst du steuerlich wesentlich mehr Geld als Vorsorgeaufwendungen geltend machen: Rund 23.700 Euro lassen sich von der Steuer absetzen. Außerdem kannst du deinen Lebensabend auch getrost auf den Malediven verbringen, da Auszahlungen ins Ausland hierbei möglich sind. Bevor du jetzt Hals über Kopf losrennst, um eine Rürup-Rente abzuschließen und ordentlich Steuern zu sparen, solltest du allerdings einen Steuerberater zurate ziehen. Nur er kann dir wirklich sagen, ob es sich in deinem individuellen Fall lohnen wird, eine Rürup-Rente abzuschließen.

Wichtig: Frage deinen persönlichen Steuerberater oder einen Honorarberater. Wenn du zu einem Finanzberater gehst, kann ich dir jetzt schon sagen, wie die Antwort ausfallen wird: Kaufen! Denn sein Ziel ist es, dir etwas zu verkaufen. Was du in vierzig Jahren davon hast, könnte ihm heute nicht egaler sein. Der Unterschied zwischen einem Honorarberater und einem Finanzberater ist, dass du Ersteren aus deiner eigenen Tasche für die Beratung bezahlst. Der Finanzberater ist für dich kostenlos, erhält aber für die Verträge, die über ihn abgeschlossen werden, eine Provision. Oder anders gesagt: Der Honorarberater berät dich in deinem Sinne, der Finanzberater berät dich in seinem Sinne.

Was nun?

Alle drei Säulen unseres Rentensystems haben also ihre Tücken. Entweder weil die Generationen vor uns trotz sexueller Aufklärung, des Playboys und Beate Uhse nicht genug Kinder gezeugt haben, die uns mal unsere Rente zahlen. Oder weil wir Jobvagabunden sind, die nicht vorhaben, wie unsere Eltern von der Ausbildung bis zur Rente beim selben Arbeitgeber zu bleiben, der uns schön die Rente mitfinanziert. Oder auch, weil die Notlösungen vom Staat eben nichts weiter als Notlösungen sind und so manche Hindernisse oder Nachteile mit sich bringen. Die Beiträge für die Renten reichen nicht, die Zuschüsse vom Staat werden immer größer, und das bedeutet nichts anderes, als dass der Steuerzahler einspringt. Schon bald werden die Zuschüsse bei über 100 Milliarden Euro jährlich liegen. Satte 28 Prozent der Steuern gehen in die Rentenkassen![16] Das ganze System bröckelt. Was können wir also tun, um unsere Prosecco-Nachmittage zu retten? Die Antwort lautet: Geld sparen und investieren, damit es sich vermehrt. Doch was bedeutet überhaupt investieren? Und was ist Geld wirklich? Klären wir erst einmal ein paar Begrifflichkeiten, damit wir nicht durcheinanderkommen.

Geld, Investitionen, Vermögen – alles easy

Vielen Menschen fällt es bereits schwer, die Grundbegriffe rund um Finanzen sauber auseinanderzuhalten. Das liegt auch daran, dass in der Finanzbranche gerne mit kompliziert klingenden Begriffen um sich geworfen wird, damit wir auch ja auf Hilfe angewiesen sind, um uns in diesem Dschungel zurechtzufinden. Aber so verwirrend ist das gar nicht, wenn man die Basics erst einmal gecheckt hat. Schauen wir uns deshalb als Nächstes einmal an, was Kredite, Investitionen, Verbindlichkeiten, Vermögenswerte & Co. eigentlich bedeuten und was sie unterscheidet. Fangen wir am besten mit dem an, was am selbstverständlichsten klingt: Geld.

Warum Geld vollkommen wertlos ist

Wenn ich in mein Portemonnaie schaue, finde ich neben den kleinen kupferfarbenen, den silbern und golden glänzenden Münzen im besten Fall auch unterschiedlich große, bunte Scheine. Diese geben mir in der Regel ein gutes Gefühl, da ich weiß, ich kann damit meinen Kühlschrank mal wieder auffüllen, unterwegs ein Eis essen und mich abends mit Freunden entspannt auf ein Bierchen in meiner Lieblingsbar treffen. Was wäre allerdings, wenn sich in meinem Wohnzimmer plötzlich ein schwarzes Loch auftun, mich mitsamt meinem Portemonnaie in der Hand einsaugen und inmitten des Amazonas-Regenwaldes bei einem isoliert lebenden indigenen Volk wieder ausspucken würde? Möglich, dass ich erst einmal erklären müsste, warum ich meine Beine mit einer Jogginghose bedecke, wo doch ein luftiges Bananenblatt um die Hüften viel gemütlicher ist. Spätestens aber, wenn ich mit meinen Scheinen wedelnd, über die ich mich eben noch gefreut habe, um eine Überfahrt zur nächstgrößten Stadt bitten würde, stieße ich auf Missverständnis. Was sollten diese Leute auch mit meinem Geld anstellen? Essen kann man es nicht. Für ein neues Outfit wäre es zu wenig Material. Bliebe noch Feuer machen. Aber dazu eignen sich die vielen Bäume und Hölzer um uns herum eigentlich viel besser. Wir sehen: Ich wäre also trotz eines vollen Portemonnaies vollkommen aufgeschmissen.

Gut, die Sache mit dem schwarzen Loch ist unwahrscheinlich, aber sie macht eines deutlich: Das Geld, wie wir es heute kennen, hat keinen reellen Wert. Es ist vollkommen wertlos. Oder wie es ein Volkswirt mal formuliert hat: »Geld wird nicht akzeptiert, weil es Wert hat, sondern es hat Wert, weil es akzeptiert wird.«[17]credere[18]