JAMES VEITCH

LASSEN SIE UNS
KENNENLERNEN!

E-MAILS AUS DER TROLL-FABRIK UND WIE MAN SIE BEANTWORTET

Aus dem Englischen übersetzt
von Tina Breckwoldt

Bilder: S. 21, 43, 64 inset, 65 inset, 66 inset, 71, 74, 132, 142 gestaltet von James Veitch; S. 62–67, 135 wurden an James Veitch gemailt; S. 134 © Steve McCabe; S. 135 bearbeitet © David Turnley/Corbis; S. 189 © Andy Hollingworth Archive

Sämtliche Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältiger
Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren bzw.
Herausgeber und des Verlages ist ausgeschlossen.

Die englische Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel Dot Con bei Quadrille Publishing, United Kingdom.

1. Auflage

© 2019 Ecowin Verlag bei Benevento Publishing Salzburg – München, eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg

Copyright © James Veitch, 2015

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Gesetzt aus der Helvetica Neue, Lemonism DEMO

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:

Red Bull Media House GmbH

Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15

5071 Wals bei Salzburg, Österreich

Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT

Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur

ISBN 978-3-7110-0246-4

eISBN 978-3-7110-5270-4

Inhalt

EINLEITUNG

SPAM-KATEGORIEN

DAS GEDICHT

DAS GOLD

DIE SCHNECKENFARM

DER KLAPPENTEXT

SAG ES KEINEM

DIE VENUSFALLE

MARY GARY GARY MARY

SICHERHEIT GEHT VOR

TEUFELSWEIB

SÜSSE ROSE

DER SHERIFF UND DER STAUBSAUGER

PRINZESSIN MINA

DER TOASTER

WINNIE

KEITH

DIE CHINA EDELSTEIN GRUPPE

HONGKONG

DER META-SPAM

CODA

DANKSAGUNGEN

ÜBER DEN AUTOR

EINLEITUNG

Es war eine frühmorgendliche E-Mail meiner Freundin Alex mit dem Betreff »unerwartete Reise, Überfall«, die die Saat legte, aus der Lassen Sie uns kennenlernen! werden sollte. Ich merkte bald, dass sie nicht von Alex sein konnte: Leise Zweifel kamen bei den Worten Western Union auf, und so fühlte ich mich im Vorteil. Ich saß aufrecht im Bett, den Finger über der Löschtaste meines iPhones, als mir urplötzlich und gänzlich ungebeten die Frage in den Sinn kam: »Was, wenn ich antworte?« Einfach so.

Der auf einer (unerwarteten) Reise unverschuldet in Not geratene Freund ist vermutlich die bekannteste Abzock-Masche, weil wohl ein Freund dem Spamfilter meist entgeht. Die Mail kommt augenscheinlich von jemandem, den man kennt. Wenn auch nur flüchtig. Seit dieser ersten Mail ist der Trick zu einem meiner Lieblingsspams avanciert. Der Spammer tut so, als sei er jemand, den man kennt; aber er hat ja keine Ahnung, wie gut man den Jemand kennt. Man kann also einfach etwas erfinden. Ich schrieb zurück: »Waaaaas??? Alex, wie in aller Welt …?«, und los ging das Spiel.

Die Korrespondenz dauerte einen Tag; sie ist der erste Teil dieses Buches. Ich hatte solchen Spaß, ich musste weitermachen. (Das war ich mir – und Ihnen! – schuldig.) Was würde passieren, wenn ich auf jedes Spammail antwortete? Und das habe ich – pflichtschuldigst – die letzten zwei Jahre getan. Natürlich für Sie, in Ihrem Interesse. Ich wurde dem FBI vorgeführt, habe die peruanische Staatslotterie gewonnen (zwei Mal!), wurde von Königen, Prinzen und Piraten hofiert. Ich besitze Offshorekonten, erwarte Goldlieferungen und habe eine feste Freundin in Moskau. Wir warten noch bis zum nächsten Frühjahr, und dann wird einer von uns beiden umziehen.

Probieren Sie das ruhig bei sich zu Hause aus. Es ist die einzige Möglichkeit, sich zu wehren. Aber richten Sie erst eine E-Mail-Adresse mit einem Pseudonym ein (die Spammer machen das auch so); antworten Sie von dort. Anfangs habe ich meine eigene Adresse verwendet (ein klassischer Anfängerfehler!), und prompt landete ich auf einer roten Liste leichtgläubiger Einfaltspinsel. Beim Aufwachen fand ich 400 frische E-Mails mit seriösen Angeboten für Penisvergrößerungen vor. Eine war echt.

Missverstehen Sie mich nicht: Es ist nicht meine Absicht, zu den Spammern gemein zu sein. Es gibt im Netz ohnehin schon jede Menge Leute, die das sind. Ich bin zufrieden, wenn ich ein bisschen Spaß habe, ein paar Sachen erfinde, und ich glaube, solange die Spammer mit mir beschäftigt sind, können sie nicht arg- und wehrlose Menschen um ihre Ersparnisse bringen.

Übrigens, falls Sie glauben, Sie bekommen keine Spammails: Sie irren. Sie haben dann wohl lediglich einen effektiven Spamfilter. Wenn Sie wissen wollen, was gar nicht erst in Ihrer Inbox gelandet ist, öffnen Sie Ihren Spamordner. Dort lauern die Ungeheuer. Aber auch, meine ich, Gelegenheiten. Für mich ist der Spamordner keine Büchse der Pandora, sondern ein Kostümverleih, ein Theater, in dem man spielen kann und sich in wen auch immer und was auch immer verwandeln kann. Wenn auch nur für kurze Zeit. Letzte Woche war ich Bankräuber, Pilot und der einstige Vertraute einer schönen arabischen Prinzessin. Und das war erst der Montag.

Es sollte erwähnt werden, dass jeder einzelnen E-Mail in diesem Buch zehn oder zwanzig gegenüberstehen, die es nicht ins Buch geschafft haben. Der E-Mail-Verkehr endete abrupt, sobald der Spammer mich als Zeitverschwender erkannte. E-Mails kamen zurück, wenn die E-Mail-Adresse des Betrügers etwa konfisziert oder vom Provider gelöscht worden war. Und in aller Regel waren die Herrschaften nicht bereit, von ihrem festgelegten Skript abzuweichen; ich bekam dann nur allgemeine, vorgefertigte Antworten. Aber mit genug Überredung, viel Glück und an hohen Feiertagen – na, Sie werden sehen!

James Veitch

Manila, Philippinen, 24. März 2015

hierorts unverschuldet in Not geraten und gestrandet

SPAM-KATEGORIEN

DAS GEDICHT

DAS GOLD