TANITH LEE

 

 

Das Winterspiel

 

Tanith Lee-Werkausgabe, Band 15

 

 

 

Roman

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Die Autorin 

Das Buch 

 

DAS WINTERSPIEL 

1. Meergrau 

2. Grauwolf 

3. Rotschiff 

4. Land der Weißen Schwerter 

5. Schwarzer Raum, schwarzer Weg 

6. Blaue Höhle 

7. Meerblau 

 

Die Autorin

Tanith Lee.

(* 19. September 1947, + 24. Mai 2015).

 

Tanith Lee war eine britische Horror-, Science Fiction- und Fantasy-Schriftstellerin und Verfasserin von Drehbüchern. Sie wurde viermal mit dem World Fantasy-Award ausgezeichnet (2013 für ihr Lebenswerk) und darüber hinaus mehrfach für den Nebula- und British Fantasy-Award nominiert.

Im Laufe ihrer Karriere schrieb sie über 90 Romane und etwa 300 Kurzgeschichten. Sie debütierte 1971 mit dem Kinderbuch The Dragonhoard; 1975  folgte mit The Birthgrave (dt. Im Herzen des Vulkans) ihr erster Roman für Erwachsene, der zugleich auch ihren literarischen Durchbruch markierte.

Tanith Lees Oevre ist gekennzeichnet von unangepassten Interpretationen von Märchen, Vampir-Geschichten und Mythen sowie den Themen Feminismus, Psychosen, Isolation und Sexualität; als wichtigsten literarischen Einfluss nannte sie Virginia Woolf und C.S. Lewis.

Zu ihren herausragendsten Werken zählen die Romane Trinkt den Saphirwein (1978), Sabella oder: Der letzte Vampir (1980),  Die Kinder der Wölfe (1981), Die Herrin des Deliriums (1986), Romeo und Julia in der Anderswelt (1986), die Scarabae-Trilogie (1992 bis 1994), Eva Fairdeath (1994), Vivia (1995), Faces Under Water (1998) und White As Snow (2000).

1988 gelang ihr mit Eine Madonna aus der Maschine (OT: A Madonna Of The Machine) ein herausragender Beitrag zum literarischen Cyberpunk; eine Neu-Übersetzung der Erzählung wird in der von Christian Dörge zusammengestellten Anthologie Cortexx Avenue enthalten sein.

Ihre wichtigsten Sammlungen von Kurzgeschichten und Erzählungen sind: Red As Blood/Tales From The Sisters Grimme (1983), The Gorgon And Other Beastly Tales (1985) und Nightshades: Thirteen Journeys Into Shadow.

Tanith Lee war seit 1992 mit dem Künstler John Kaiine verheiratet und lebte und arbeitete in Brighton/England.

Sie verstarb im Jahre 2015 im Alter von 67 Jahren.

 

Der Apex-Verlag widmet Tanith Lee eine umfangreiche Werkausgabe.

  Das Buch

 

 

Eines Tages taucht bei Oaive, der Hüterin des heiligen Schreins, ein Fremder auf, der von ihr die Reliquie des Schreins fordert. Als sie ihm die Herausgabe verweigert, stiehlt er ihr den begehrten Gegenstand und flieht zu seinem Auftraggeber, dem mächtigen Zauberer Niwus. Doch Oaive, selbst eine kundige Zauberin, setzt sich auf seine Spur. Ein Duell der Magier entbrennt...

 

Der märchenhafte Roman Das Winterspiel – erstmals im Jahr 1976 veröffentlicht – erscheint als 15. Band der Tanith-Lee-Werkausgabe im Apex-Verlag. 

DAS WINTERSPIEL

 

 

 

 

  1. Meergrau

 

 

Das Meer im Winter war kalt und grau, wie die Möwen, die schreiend darüber flogen, doch wo es in die Bucht wogte, vor dem kleinen Heiligtum, nahm es das Grün sauren Essigs an. Auch die meisten der unteren Stufen, die an der Mauer ins Wasser führten, waren grün, wie Platten unbehauenen Smaragds, denn zur Flutzeit wurden sie vom Meer überspült. Tobender Sturm schmetterte die Wellen über die Außenmauer des Heiligtums in den Hof dahinter.

Ein Mädchen stand im Nachmittagswind auf einer der unteren Stufen und zog die Netze hoch, um zu sehen, was die Flut ihr beschert hatte. In einem Netz zappelte ein Fisch. Sie schüttelte ihn zurück ins Wasser. Sie brauchte ihn nicht, denn zu essen bekam sie aus dem Dorf. Sie sammelte die Muscheln und das eingefangene Treibgut auf. Einmal hatte sich ein morscher Beutel mit glanzlosen Münzen gefunden - die Barschaft eines Ertrunkenen, oder das Opfer einer Schiffsbesatzung an die Dämonen der See.

Einen solchen Reichtum boten die Netze heute nicht.

Das Haar des Mädchens war von einem stumpfen Bronzeton. Mit einer Hand hielt sie es sich aus dem Gesicht, während sie die Muscheln begutachtete und dann in ihren Korb legte. Sie würde sie mit Ornamenten bemalen und den Leuten aus dem Dorf schenken, wenn sie zu ihr kamen. Sie hielten sie für Glücksbringer, weil sie von ihr kamen, da sie die Lady des Schreins war, die Priesterin. Schließlich ließ sie die Netze wieder hinab und stieg die Treppe hoch.

Sie hieß Oaive, zumindest nannte man sie so: ein Name, der wie der Wellenschlag des Meeres klang. Siebzehn Jahre war sie alt, doch schon vor ihrer Geburt war sie erkoren worden. Eines Tages würde auch sie ihre Nachfolgerin erwählen müssen, auf eine geheime Weise, wie sie im Alten Buch beschrieben war. Doch damit konnte sie noch lange warten, bis sie alt wurde oder sehr krank.

Oaive war das Kind eines Fischers. Ihre Mutter hatte sie aufgezogen, hatte sie lesen und weben gelehrt. Aber sie hatte ihrer Tochter keine Liebe gezeigt, und es war nicht sicher, ob sie welche für sie empfunden hatte. Eine Frau, die wusste, dass sie ihr Kind verlieren würde, wäre töricht, es zu lieben oder seine Zuneigung zu gewinnen. Oaives Vater war einige Monate vor ihrer Geburt im Meer ertrunken.

Oaive erkannte schon früh, dass sie anders war.

Nie luden die Gleichaltrigen sie ein, mit ihnen zu spielen, und nie waren sie ungezogen zu ihr. Schon als Baby betrachteten die anderen sie, als wäre sie erwachsen, auch betreute man sie nie mit kleinen Pflichten wie die übrigen Mädchen ihres Alters. Stattdessen besuchte sie das Heiligtum, wo die Priesterin sie unterrichtete.

Fast neunzig Jahre hatte die Priesterin damals gezählt. Ihre Haut hatten Runzeln und Fältchen durchfurcht, und ihre Augen waren blass und feucht wie Fischhaut gewesen. Ihre Gelenke hatten geknarrt, wenn sie sich bewegte. Anfangs hatten Oaive Alpträume über sie gequält und über das düstere, steinerne Heiligtum mit seinen Türen aus Eisen. Mit der Zeit gewöhnte sie sich daran, und sie fand sich mit ihrem Los ab wie ein Zugtier mit dem Joch.

Schließlich, an Oaives vierzehntem Geburtstag, hatte die Priesterin sie mit in den verborgenen Raum genommen, wo die Reliquien aufbewahrt wurden - heilige und geheime Reliquien. Nur die Priesterinnen durften sie sehen. Eines war ein Ring, ein zweites ein Juwel, ein drittes ein kurzer, schmaler Knochen. Jedes hatte seine eigene Ausstrahlung. Nachdem Oaive sie hatte betrachten dürfen, begann die Priesterin, sie in den Mysterien des Schreins zu unterweisen.

Danach änderte sich Oaives Einstellung grundlegend. Sie hatte nie Zuneigung für die Greisin empfunden, doch nun spürte sie, dass etwas sie miteinander verband, etwas, das vom Schrein ausging und in stetiger Folge von Priesterin auf Priesterin übersprang. Nun wurde Oaive bewusst, dass kein Joch sie niederdrückte, sondern sie die Hüterin des Volkes war - die Vermittlerin zwischen ihm und Gott. Es machte sie nun sogar froh, dass ihr nie der Hof gemacht werden würde, sie nie heiraten und Kinder kriegen, sich nie zwischen die Menschen des Dorfes kuscheln würde, wie die Schafhirten es an den kalten Hängen taten. Sie gehörte nicht zur Herde, sie war die Hirtin.

Am Ende dieses Jahres, als Oaive fünfzehn wurde, starb die Priesterin, und das Mädchen nahm ihren Platz ein.

 

Die Mauer um das Heiligtum war aus Steinen errichtet. Der Schrein selbst erhob sich mitten in dem mauergeschützten Hof. Ein Plankenweg führte außen um die Mauer herum, von der Treppe am Wasser zum Tor an der Westseite der Mauer. Als sie ihm folgte, sah sie einen Jungen vor dem Tor stehen. Er war etwa dreizehn, aber schon von der See gehärtet wie eine Entenmuschel. Er verneigte sich achtungsvoll.

»Seid gegrüßt, Lady. Der Älteste schickt mich. Ein Fremder ist gekommen, um das Heiligtum zu besuchen.«

Über dem Kopf des Jungen sank die Wintersonne auf die Gipfel herab, und dicke Wolken bildeten eine eigene Bergkette jenseits der echten.

Noch vor Einbruch der Nacht würde es regnen. »Ein Fremder? Es ist eine ungute Zeit für Reisen.«

»Ja, Lady. Das meinte auch der Älteste, doch der Fremde lachte und sagte, es sei seine Buße, im Winter zu reisen, die ihm ein Priester jenseits des Nebels auferlegt habe.«

Jenseits des Nebels hieß die unbekannte Feme im Landinnern, die noch keiner von ihnen hier je selbst gesehen hatte. Manchmal kamen Reisende aus dieser Richtung; über Hügel und felsige Berge kamen sie, durch Täler, in denen, wie sie erzählten, dampfendes Wasser wie aus umgekippten Hexenkesseln brodelte und in die Flüsse strömte. Hin und wieder, bei mildem Sommerwetter, hatten einige sogar das Meer überquert, um den Schrein zu suchen. Aber das war selten. Seit Oaives Zeit waren erst zwei hier erschienen: einer in jedem Jahr ihrer Priesterschaft.

»Dann ist er jetzt im Fischerdorf?«, fragte Oaive den Jungen.

»Ja, Lady. Seit heute Mittag. Einen Mann wie ihn habe ich noch nie gesehen...«, platzte der Junge heraus, besorgt und aufgeregt und eifrig zugleich. »Er trägt einen Umhang aus schwarzem Wolfspelz, an dem noch Kopf und Klauen sind. Er hat das Tier selbst erlegt, erzählte er. Und er hat ein langes, schmales, glänzend graues Messer an seiner Seite hängen. Mein Vater sagt, das sei ein Schwert. Die Zähne dieses Mannes sind sehr weiß, doch sein Haar ist von der Farbe - von der Farbe der Klinge, wie das Haar eines alten Mannes - aber er ist jung. Auch seine Augen sind grau...«

»Gut«, sagte Oaive sanft. »Wann wird er denn zum Schrein kommen? Bei Sonnenuntergang?«

»Bei Sonnenuntergang, sofern Ihr es gestattet.«

»Ja. Geh und sag es ihm. Und bring dem Ältesten meine Grüße.«

Der Junge nickte und rannte die Landzunge entlang zum Fischerdorf.

Bei Sonnenaufgang wie auch bei Sonnenuntergang nahm Oaive das Ritual im Schrein vor. Jene, die ihn besuchten, wünschten gewöhnlich, daran teilzunehmen und vielleicht ein Rauchopfer darzubringen.

Von den Bergen wehte ein kalter Wind. Oaive spürte ihn wie ein Omen über sich hinwegstreichen. Man hatte sie gelehrt, solche äußeren Zeichen zu erkennen, aber auch die, welche sie in sich selbst spürte. Von dem Augenblick an, da der Junge von dem Fremden gesprochen hatte, empfand sie ein banges Gefühl. Ein junger Mann mit dem Haar eines Greises und einem Schwert an der Seite! Sie glaubte nicht an die Geschichte mit der Buße. Warum log er?

Das Heiligtum wirkte düster im nahenden Abend. Sie überquerte den Hof und betrat das Priesterinnengemach.

Es war eine fensterlose, dämmerige Kammer. Die Schatten des Halbdunkels störten sie nicht, denn sie waren ihr vertraut. Wie fast immer lagen auf ihrem schmalen Bett schimmernde Muscheln zum Trocknen. Auf einem Wandbrett standen Tongefäße mit Säften, Tinkturen und Salben, die sie für die Dorfbewohner herstellte. Aus dem Alten Buch kannte sie die richtige Zeit zum Sammeln von Kräutern und Braunalgen. Eine noch nicht angezündete Lampe hing über ihrem Webstuhl, in dessen Rahmen bereits ein beachtliches Stück pflaumenblauen Stoffes zu sehen war.

Oaive stellte ihren Korb ab. Sie zündete die Lampe an und begann, eifrig mit Händen und Füßen zu weben, während sie nachdachte.

Noch konnte sie nichts unternehmen, aber ihr Instinkt hatte sie gewarnt. Nun musste sie abwarten.

 

Kurz vor Sonnenuntergang, als sich der Himmel vor ihrer Tür verdunkelte, begann es zu regnen. Sie war gerade dabei, vom Webstuhl aufzustehen, denn es war schon fast Zeit, zum Schrein zu gehen, da hörte sie den Regen. Sie blickte zur Tür - und sah einen Mann dort stehen.

Sie wusste nicht, wie lange er schon da stand. Die Lampe beleuchtete nur den Webstuhl, nicht den Fremden, und hinter ihm war der kalte Himmel.

»Guten Abend«, grüßte er ruhig. Seine Stimme war die eines jungen Mannes, aber kühn und scharf wie ein Feuerstein, bereit zu kratzen. »Hättet Ihr die Güte, mir zu sagen, wo ich die Priesterin finde?«

»Sie steht vor Euch«, antwortete Oaive.

»Ihr?« Er stieß eine spöttische Verwünschung hervor, deren gleichen sie noch nie gehört hatte. Obwohl die Männer im Dorf an Flüchen nicht arm waren. »Verzeiht, heilige Lady, aber ich hätte nie gedacht, Euch bei so gewöhnlicher Frauenarbeit zu finden.«

»Ist es denn immer so«, sagte sie ernst, »dass Ihr die Dinge jederzeit so findet, wie Ihr dachtet?«

Er lachte. Ihr gefiel sein Lachen - und wiederum auch nicht. Es steckte sie an, und sie misstraute ihm. Sie putzte den Docht und richtete dabei die Lampe auf ihn.

Er entsprach genau der Beschreibung des Jungen. Fast wirkte er vertraut. Schmal wie ein richtiger Wolf steckte er in seinem Wolfspelzumhang. Die Wolfsmaske hatte als Augen zwei weiße Edelsteine, die blitzten, als lebten sie. Der Rest seiner Meidung war grau, genau wie die Klinge an seiner Seite und wie sein langes Haar, das wie das Meer im Winter schimmerte, und seine Augen erinnerten an kleine Spiegel. Die blitzenden Zähne waren weiß und scharf wie seine Stimme.

»Sehe ich so aus, wie man es Euch beschrieb, Lady?«

»Man sagte mir Euren Namen nicht.«

»Oh! Wenn Ihr einen Namen für mich braucht, dann nennt mich Grau, meines Haares wegen.«

»Habt Ihr Bedenken, mir Euren wirklichen Namen zu nennen?«

»Es gehört zu meiner Buße, Lady, dass ich ihn für mich behalten muss.«

Sie wusste, dass er log, aber sie verschwieg es.

Sie griff nach ihrem Schal.

»Es ist Zeit für das Sonnenuntergangs-Ritual. Wollt Ihr mir zum Schrein folgen? Ist es Blut, von dem Ihr gereinigt werden wollt, oder etwas anderes?«

»Ich habe gehört«, entgegnete er, »dass es im Schrein etwas gibt, das Wunden zu schließen, Krankheiten zu heilen und Flüche aufzuheben vermag. Stimmt das?«

Da ahnte sie es. Furcht legte sich wie eine Hand um ihr Herz. »All das schafft der Glaube«, antwortete sie. »Ihr müsst glauben.« Sie warf sich den Schal über das Haar und trat hinaus in den Regen. Er folgte ihr sofort.

Ein rotes Glühen in den Bergen verriet den Untergang der Sonne. Der Regen fiel in geraden Schäften, wie die der gefiederten Pfeile der Jägersleute.

Sie ging durch den Torbogen der heiligen Kammer in einen rechteckigen Raum. Rötliches Licht brannte in Nischen. Der Altarstein befand sich nahe der hinteren Wand. Er war schwarz von den Opferfeuern und dem Ritualfeuer, das jeden Sonnenaufgang und Sonnenuntergang auf ihm angezündet wurde. Dahinter befanden sich in der Wand drei Eisentüren.

Die heilige Kammer roch nach Tran von den Lampen, nach modrigem Stein, rostigem Eisen, Rauch und dem Meer.

»Sie ist sehr einfach eingerichtet«, sagte der Fremde hinter Oaive. »Wohin führen die Türen?«

»Zu anderen Räumen«, antwortete sie. »Aber bitte sprecht nicht mehr zu mir, ehe ich Euch dazu auffordere. Ich muss jetzt mit dem Gebet beginnen.«

»Ist gut, Priesterin«, sagte er demütig. Und wieder spürte sie einen heimlichen Spott. Er war älter als sie, älter sowohl an weltlicher Erfahrung als auch an Jahren. Das sagte ihr der Instinkt.

»Ihr müsst Euch an den Altar stellen«, forderte sie ihn auf. »Denkt an gar nichts, oder an Gott.«

»Mit geschlossenen Augen und weit geöffnetem Herzen«, versprach er.

Sie ließ ihn am Altarstein stehen und trat an die mittlere Tür. Sie spürte, dass er sie so aufmerksam beobachtete wie die Katze die Maus. An der Tür war ein Rad. Nur sie wusste, wie oft sie es drehen musste und in welche Richtung. Er konnte nicht sehen, was sie tat, weil ihr Körper es verdeckte. Die Tür schwang auf.

Die winzige Kammer dahinter war pechschwarz, aber durch lange Gewohnheit fand sie sich darin zurecht wie ein Blinder in seinem eigenen kleinen Reich. Sie ging zu der Truhe, holte das Nötige heraus und griff nach dem Weihrauchgefäß. Sie trug alles hinaus zum Altar und stellte es in der vorgeschriebenen Weise auf.

Dann übte sie den Zauber aus, eine der Mysterien des Schreins. Sie tat es nicht, um Furcht zu erregen, obgleich es so manchem Angst einflößte, sondern weil es zu dem Ritual gehörte.

Sie rief Feuer. Sie rief es aus sich heraus.

Die Hitze fing in ihrer rechten Schulter an, rann über ihren Arm, strudelte in ihrem Ellbogen, und als das Feuer in ihrem Unterarm wallte, glühte die Haut, wurde durchsichtig, und das rote Blut und die Knochenstruktur waren zu sehen. Dann floss das Feuer in ihre Fingerspitzen. Sie ließ es auf den Altar tropfen, wo es in bleichen Pfeilen emporflammte und den Weihrauch süß zum Duften brachte.