Dank

Ich danke Stephanie Ehrenschwendner für ihre Unnachgiebigkeit, ihre Detailverliebtheit, ihren Humor, ferner meiner langjährigen Assistentin Jeanette Witthaut für ihre Geduld, mit der sie mir immer wieder die digitale Welt näherzubringen versucht.

Ich danke von Herzen meiner Mutter Brigitte und meinen Großeltern Christel und Hugo Vollbrecht, die mir beim Schreiben aus dem Jenseits zuschauten und mir auf diese Weise wieder sehr viel näherkamen, als ich das erwartet hätte.

Ferner gilt mein großer Dank Professor Andreas Gross in Hamburg, meinem Arzt Doktor Thomas Kafka in Essen sowie meinem wunderbaren Apotheker Winfried Radinger in Castrop-Rauxel.

Und schließlich möchte ich der Buchhändlerin Maria Rupprecht und Marie Theres Kroetz-Relin, Thomas Bohn sowie Ottfried Fischer dafür danken, mich unverdrossen zu Lesungen nach Bayern einzuladen.

Vor meiner Agentin Anke Lütkenhorst verneige ich mich, sowohl in Dankbarkeit als auch in Respekt. Unsere Zusammenarbeit könnte wunderbarer nicht sein.

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Impressum

 

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

 

Projektleitung: Simone Kohl

Lektorat: Alexandra Bauer (textwerk, München), Cornelia Rüping für textwerk, München

Covergestaltung: Martina Baldauf, München; Independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Isabell Rid

 

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ISBN 978-3-8338-7209-9

1. Auflage 2019

 

Bildnachweis

Coverabbildung: Stephan Pick

Syndication: www.seasons.agency

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Vorwort

Ich habe so viel Respekt vor Ihrer Lebenszeit, liebe Leserin, lieber Leser, dass ich Ihnen wünsche, Sie nach der Lektüre dieses Buches optimistischer, zuversichtlicher anzutreffen als jetzt, vor der Lektüre. Das bin ich Ihnen schuldig. Es geht um einen prügelnden Vater, zwei Karzinome und hin und wieder um die Musik von Rod Stewart – alle Zutaten für ein äußerst amüsantes Buch stehen also zur Verfügung.

Gießen Sie sich ein Glas Wein ein, hören Sie sich zur Einstimmung noch schnell von Robert Finley »Get It While You Can« an und vertrauen Sie sich dann bitte meiner Lebensfreude, ja, Lebenslust an. Sie werden es hoffentlich nicht bereuen.

Und falls doch: Ich gehe auf Lesetour und komme sicherlich auch bei Ihnen vorbei. Falls ich Sie doch enttäuscht haben sollte, geht der Wein auf mich.

Viel Spaß, Ihr Hubertus Meyer-Burckhardt

Hubertus Meyer-Burckhardt, 1956 in Kassel geboren, betrat bereits im Alter von 15 Jahren die Bühne des dortigen Staatstheaters. Seitdem wusste er, dass er einmal »irgendetwas mit Unterhaltung« machen wollte, und besuchte in München die Hochschule für Fernsehen und Film. Als TV-Produzent gewann er zahlreiche Preise, verbrachte Jahre im Vorstand der Axel Springer AG sowie bei ProSiebenSat.1 und hatte eine Professur an der Hamburg Media School. Einem Millionenpublikum ist er zudem als Gastgeber der »NDR Talk Show« bekannt.

»Du hast zwei Leben. Das zweite beginnt, wenn du begreifst, dass du nur eines hast.«

1. Es gibt keine vernünftige Alternative zum Optimismus! Das war doch mein Satz. Ich hatte ihn verinnerlicht, jahrzehntelang hat er mich durch viele Täler begleitet, mit ihm habe ich Freunde und Kollegen getröstet, die sich mir mit ihren kleinen und manchmal größeren Problemen anvertrauten.

Es – gibt – keine – vernünftige – Alternative – zum – Optimismus!

Wie ein Mantra hat mich dieser Satz durch mein Leben begleitet. Und nun sitze ich mit meiner Frau in einem Taxi vor einer Kirche in Berlin-Steglitz. Während ich die Trauernden beobachte, die sich hier bereits in großer Zahl versammelt haben, höre ich mit klopfendem Herzen dem Arzt der Hamburger Uniklinik zu, der mir telefonisch das Ergebnis einer vor wenigen Tagen durchgeführten Gewebeprobe mitteilt. Meine Frau hört jedes Wort mit, was nicht daran liegt, dass ich mein Smartphone auf laut gestellt habe, sondern daran, dass der Arzt laut und deutlich (und keineswegs einfühlsam) seine Worte setzt. Der Taxifahrer traut sich nicht, zu unterbrechen; er spürt wohl, dass dieses Telefonat eine für mich, für uns schicksalhafte Bedeutung hat. Nun ja, seine Uhr läuft ja auch weiter – ob meine Uhr, meine Lebensuhr weiterlaufen wird, das ist seit dem 13. Oktober 2017 ungewiss.

Es ist der Geburtstag meiner Frau und gleichzeitig der Tag der Beerdigung einer Freundin, die mit 51 Jahren an Krebs verstorben ist. Und es ist der Tag, an dem ich erfahre, dass ich ebenfalls Krebs habe. Zwei Karzinome haben sich bei mir, dem Nichtraucher, eingenistet. Im Zuge einer Routineuntersuchung ist das herausgekommen. Und nun suche ich nach meinem Optimismus wie nach einem verlorenen Portemonnaie, das ich übrigens an diesem Tag im Taxi liegen gelassen habe.

Zorn kommt in mir hoch. Ich hatte doch den Hamburger Arzt gebeten, mir das Ergebnis auf keinen Fall vor dem 13. Oktober mitzuteilen, geschweige denn am 13. Oktober selbst. Ich hatte ja gewusst, dass dieser Tag im Wesentlichen der verstorbenen Freundin gehören sollte und ein bisschen auch meiner Frau, die bei aller Trauer abends das Leben, ihren Geburtstag eben, feiern wollte. Aber das hat dieser Arzt, der sicher handwerklich hervorragend ist, den man aber lieber nicht auf Patienten loslassen sollte, irgendwie vergessen. Und so betreten wir die Kirche, eng untergehakt, weinend, zwischenzeitlich ohne Hoffnung … und ohne Portemonnaie.

Keine vernünftige Alternative … das geht mir während der Trauerfeier immer wieder durch den Kopf, während ich um Fassung ringe. Warum meinte der Philosoph Karl Popper, von dem dieser Satz stammt, dass es zum Optimismus keine vernünftige (!) Alternative gibt? Es wäre ja nur zu verständlich, nach einer solchen Diagnose zu verzweifeln, aber da liegt ja kein Segen drauf, das führt ja zu nichts! Und so bemühe ich mich, während die Orgel spielt, um ein erstes Aufräumen meiner Seele. Es ist ein erstes Aufbäumen. Trotz, der mir in diesen Minuten als ein Vorbote der Vernunft erscheint. Ich blicke nach oben. Die Sonne scheint ein wenig durch die Kirchenfenster. Das Licht wird blau und gelb gefiltert, fällt dann auf die braunen, hölzernen Kirchenbänke. Es ist ein schöner Herbsttag in Berlin.

Der ganze Tag steht im Zeichen der verstorbenen Freundin, wie kann es auch anders sein! Gleichzeitig versuche ich, mich ein wenig zu sortieren. Ich habe für den Abend einen Tisch im Berliner Restaurant Neni bestellt: für unsere Freunde, die alle meine Frau feiern wollen.

Gleichzeitig gewinne ich mehr und mehr Klarheit darüber, dass es für mich ein Leben vor dem 13. Oktober 2017 gab und eines nach dem 13. Oktober geben wird. Und diese beiden Leben werden vermutlich nicht so viel miteinander zu tun haben. »Du hast zwei Leben. Das zweite beginnt, wenn du begreifst, dass du nur eines hast.« Dieser Ausspruch des englischen Schauspielers Tom Hiddleston war bisher bloß in meinem Verstand angekommen, nun hat er aber auch mein Herz erreicht.

Auf dem Weg von der Beerdigung zum nahe gelegenen Café, wo sich die Trauergemeinde zu Kaffee und Kuchen einfindet, erreicht mich eine SMS der Taxizentrale, bei der ich am Morgen angerufen hatte, um einen Wagen zu bestellen. Mein Portemonnaie sei gefunden worden. Und nun möchte man von mir wissen, wo man es denn abgeben dürfe. Von diesem Moment an wusste ich zwei Dinge: Erstens werde ich dem Taxifahrer von heute Morgen einen unvernünftig hohen Finderlohn zahlen. Zweitens werde ich den Krebs besiegen. Und dieser Siegeszug beginnt am Abend im Neni, im Kreise von Freunden. Basta.

Der Tod einer Freundin, die mit 51 Jahren verstirbt, Kinder und Mann zurücklässt, der Geburtstag der (geliebten) Ehefrau und die eigene Diagnose. Kann man an einem solchen Abend »feiern«? Sicher nicht, wenn das gleichbedeutend ist mit laut und ausgelassen sein. Muss es aber nicht. Gut getan hat uns, dass das Neni von Israelis geführt wird und uns eine mediterrane Atmosphäre umarmt. Es liegt über den Dächern des alten Westberlins. Man sieht die Gedächtniskirche, den Zoo ahnt man mehr, denn die Geräusche der Tiere aus aller Welt sind bis nach oben zu hören. Die Bedienung ist zuvorkommend und heiter (Gott sei Dank nicht lustig), und man isst mehr mit den Fingern als mit Messer und Gabel. Ich halte eine kleine Rede, freue mich darüber, dass sich alle – dank oder trotz der Tischordnung – bis in die frühen Morgenstunden gut unterhalten, und gehe irgendwann allein hinaus auf die Terrasse, um diesen Tag Revue passieren zu lassen.

Das Hupen der Autos, das von weit unten bis nach hier oben dringt, erinnert mich an Neil Diamonds »Beautiful Noise«, einen Song der die Straßengeräusche von New York City feiert. Dies wiederum harmoniert so gar nicht mit den Lauten afrikanischer Tiere aus dem nahen Zoo. Über mir setzt ein Flugzeug zur Landung in Tegel an. Das beleuchtete Leitwerk legt den Blick auf das Finnair-Logo frei. Neben mir diskutieren vier junge Berliner Geschäftsleute über die Zukunft des stationären Einzelhandels in Zeiten der Digitalisierung. »Douglas ist bald tot«, sagt einer. »Ich nicht«, sage ich trotzig und leise, aber wohl nicht leise genug. Die Männer schauen irritiert. Zu mehr Gefühl als zur Irritation sind sie vielleicht auch gar nicht in der Lage, denke ich. Es ist absurd, dieser Abend, diese Mischung von Eindrücken.

Das, was morgens im Taxi vor der Kirche in Steglitz begann, ist nicht mehr und nicht weniger als ein Weckruf.

Hubertus, wach auf, besinne dich. Was ist dir wichtig und was nicht? Ich lächle. Aus dem Lächeln wird ein Lachen, die Tränen, die mir die Wangen hinunterlaufen, sind mir vor den neben mir stehenden Paaren, die mir jetzt erst auffallen, keineswegs peinlich. Ich heule ja nicht. Ich lebe doch nur. Als ich mich von der Balustrade abwenden möchte, um zurückzugehen, stoße ich um Haaresbreite ein einsames Campari-Glas um. Eine junge Bedienung, die das alles beobachtet hat, lächelt mich an und sagt: »Bei weinenden Männern geht der Campari aufs Haus.«

»Und bei lachenden Männern, wie ist es da?«, will ich wissen.

»Die kommen in Berlin nicht so oft vor«, erwidert sie und verschwindet mit einem Augenzwinkern.

In den frühen Morgenstunden machen meine Frau und ich uns schließlich eng umschlungen auf den Weg in unser nahe gelegenes Hotel. Mittlerweile regnet es ein wenig, Blätter fallen von den Bäumen, Taxis bremsen ab in der Hoffnung, uns als Fahrgäste zu gewinnen.

»Du solltest den beiden Karzinomen Namen geben«, sagt meine Frau plötzlich. »Gegner ohne Namen sind keine Gegner, die man bekämpfen kann«, ergänzt sie.

Ich sehe sie erstaunt an. »Karzi und Nom«, albere ich. Nüchtern war ich da nicht mehr.

»Nein, benenne sie nach deinen beiden Lieblingsautoren.«

»Franz Kafka und George Bernard Shaw?«, frage ich irritiert. »Franz und George?«

»Nein«, erwidert sie bestimmt. »Nimm ihre Nachnamen: Kafka und Shaw!«

»Okay …« Ich zögere, muss mich an diesen Gedanken gewöhnen. Kafka und Shaw? »Dann liegst du aber gleich mit drei Männern im Hotelbett«, gebe ich zu bedenken.

»Das hat mich noch nie gestört.«

Dass es so nicht mehr weitergehen konnte, hatte ich geahnt. Irgendetwas stimmte nicht mehr an meiner Art zu leben, an der Art, wie ich mit meiner Gesundheit und auch meiner Lebenszeit umging. Ich kannte die Grundrisse der größten europäischen Flughafengebäude besser als die Menschen, die darin Tag für Tag arbeiteten. Ich kannte beispielsweise den Flughafen München so gut, dass ich die Gänge, die Rolltreppen, die Laufbänder so nehmen konnte, wie ein Formel-1-Pilot die Kurven auf dem Hockenheimring. Ich berechnete die Wege, bevor ich sie als Fußgänger (!) nahm, und – ich gebe es zu – ich »schnitt« andere neben mir laufende Reisende, sodass ich als Erster am Taxistand war.

Ich wusste bestimmte Abflugzeiten zwischen zwei Destinationen auswendig und traf bestimmte Flugbegleiter der Lufthansa so oft wieder, dass sie mich fast kollegial begrüßten, durchaus mit einer Spur Mitleid. Ich bin um die halbe Welt geflogen, um bei einem Elternabend für meinen Sohn anwesend zu sein und dann am nächsten Morgen die ganze Strecke wieder zurückzufliegen. In Zeiten von Flugscham – das gab es damals noch nicht – scheue ich mich, Ihnen hier die genaue Streckenführung mitzuteilen. Ich bin mit meiner Zeit umgegangen wie ein verwöhnter Erbe mit dem Geld seines Vaters. Hemmungslos und ohne jede Reflexion.