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Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2019

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Elena Gabler

Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Isabell Rid

impressum ISBN 978-3-8354-1970-4

1. Auflage 2019

Bildnachweis

Coverabbildung: Getty Images/Jevtic

Fotos: Matthias Meyer, Erich Marek, RUAG Ammotec, Dirk Waltmann, Thomas Wengert

Syndication: www.seasons.agency

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Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

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SCHWARZWILDJAGD IST HANDWERK

Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts haben die Wildschweinbestände durch den Klimawandel, die Häufung von Waldmasten und die Zunahme des Anbaus großwüchsiger Feldfrüchte wie Raps und Mais, aber auch durch Hegemaßnahmen zugenommen. Dazu kommt die Erschließung neuer Lebensräume durch das Schwarzwild im Siedlungsbereich.

Die hohe Lernfähigkeit und ein ausgeprägtes Sozialverhalten, vor allem aber ein effektiver Schutz der Jungtiere bilden die Grundlage für den Erfolg des Schwarzwildes. Eine intakte Sozialstruktur und angepasste, d. h. niedrige Grundbestände dienen der Wildschadensverhütung und Seuchenprophylaxe. Mit dem Auftreten der Schweinepest (ASP) in Belgien besteht auch in Deutschland und anderen Anrainerstaaten die Gefahr einer Einschleppung aus Ost und West. Der Mensch ist der Hauptüberträger. Strikte Hygiene ist zwingend erforderlich.

Jagd bedeutet stets einen Eingriff in einen Wildbestand und in ein Sozialgefüge. Tendenzen, dass mancherorts die Jagd auf das Schwarzwild zu einer Verfolgung ohne Rücksicht auf Tierschutz und Sozialstrukturen zu verkommen droht, stellen die Jagd selbst infrage. Ein entscheidender Unterschied zwischen der Jagd und der Schädlingsbekämpfung besteht darin, dass der Jäger bei der Jagd in eine – wenn auch im Einzelfall nur kurze – Beziehung zum erlegten oder gefangenen Individuum tritt und dass letztlich für Wildbestand und Lebensraum das Verhalten der überlebenden

Individuen entscheidend ist. Waidgerechtes Jagen bedeutet auch Rücksichtnahme auf das Nachbarrevier. Jagdstrategien im Wald müssen ebenso der Wildschadenssituation im Feld Rechnung tragen – auch bei Wildschäden im Feld gilt es, Sozialstrukturen zu beachten. Die Jagd muss der Verantwortung für ein hochentwickeltes Säugetier gerecht werden.

Zur Steuerung des Bestands ist die Entnahme bestimmter Sozial- und Altersklassen erforderlich. Ein hoher Zuwachs heißt automatisch, dass ein hoher Anteil in der Strecke auf Frischlinge entfallen muss: Wenn zu zwei Sauen im Grundbestand sechs Frischlinge dazukommen, die dann 75 Prozent betragen, muss auch der Anteil der Frischlinge an der Strecke bei 75 Prozent liegen. Eine Jagd, die Sozial- und Altersklassen berücksichtigt und dem Schutz der Elterntiere Rechnung trägt, ist effektiv nicht nur zur Regulierung der Bestände und zur Wildschadensverhütung, sondern ist Grundlage auch für die langfristige Akzeptanz der Jagd in der Gesellschaft.

Jagd auf Schwarzwild ist Jagd mit allen Sinnen und erfordert ein Hineindenken in die Situation. Lernen ist Verhaltensänderung durch Erfahrung. Dies gilt für Schwarzwild und Jäger gleichermaßen. Entscheidend ist, wer schneller lernt.

Matthias Meyer und Dirk Waltmann verstehen es meisterhaft, die für die Bejagung wesentlichen Techniken und Grundlagen zu vermitteln. Sie bieten anschauliche Anleitungen für in der Praxis bewährte Jagd- und Reviereinrichtungen und führen auf der Grundlage langjähriger Erfahrungen in die Technik der verschiedenen Jagdarten ein. Das Buch ist ein Praxiswerk für eine nachhaltige und konsequente Bejagung und gleichzeitig auch einen waidgerechten und wildbiologisch verantwortlichen Umgang mit dieser Wildart, dem auch in zweiter Auflage eine hohe Akzeptanz zu wünschen ist. Die Verantwortung gegenüber Wild und Lebensraum ist der Schlüssel für die Akzeptanz der Jagd in der Gesellschaft.

Dr. Michael Petrak, Leiter der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadensverhütung des Landes Nordrhein-Westfalen in Bonn.

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Die Autoren Dirk Waltmann (links) und Matthias Meyer (rechts).

UNSERE JAGDPASSION GILT DEM SCHWARZWILD

Seit gut zehn Jahren sind in Deutschland die jährlichen Schwarzwildstrecken nicht mehr unter 400 000 erlegte Sauen gefallen. Im Jagdjahr 2017/2018 lagen bis dahin kaum für möglich gehaltene 840 000 Wildschweine auf der Strecke. Ende nicht in Sicht! Mittlerweile werden Sauen in ehemals von Rehwild, Hasen und Fasanen geprägten Niederwildrevieren und ebenso in Gebirgsrevieren erlegt.

Die Ursachen dieser »Erfolgsgeschichte« sind durchaus vielschichtig: Klimaveränderungen, Waldumbau, häufiges Fruktifizieren von Buche und Eiche und gravierende Veränderungen in der Landwirtschaft mit der Tendenz zu immer größeren Anbauflächen. All das sind Gründe, warum die Zuwächse schneller steigen, als sie durch die Jagd abzuschöpfen sind.

Damit verbunden sind nicht nur teils immense Wildschäden, sondern auch wohlbegründete Ängste vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Diese hat sich nicht nur in Osteuropa ausgebreitet, sondern wurde bis zum Redaktionsschluss dieser 2. Auflage unseres Praxisbuches mittlerweile auch in Belgien und Luxemburg, damit bei unseren unmittelbaren Nachbarn, nachgewiesen. Die ASP droht, unzählige Schweinehalter zu ruinieren. Derartige Ängste sind von der Gesellschaft ernst zu nehmen, besonders von der Jägerschaft. Sie darf nicht müde werden, weiterhin diese trotz allem faszinierende Wildart intensiv zu bejagen. Deren schnelle Anpassungs- und hohe Lernfähigkeit stellt uns Jäger vor immer neue Herausforderungen. Auch wir alterfahrenen Schwarzwildjäger meinen vieles zu verstehen und zu wissen und in unsere Bejagungsstrategie einzubeziehen – und werden von Sauen letztlich doch immer wieder eines Besseren belehrt.

Schwarzwild zu bejagen setzt Kenntnisse der Wildbiologie, der Sozialstruktur und des Verhaltens voraus. Der jagdliche Eingriff muss intensiv bei Frischlingen ansetzen und nicht bei Bachen, wenn deren Frischlinge die Streifen verloren haben. Dass diese von da an keiner Führung mehr bedürfen, wird zunehmend von »Saujägern« propagiert. Demnach müssten über Deutschlands Grenzen hinaus anerkannte Schwarzwildfachleute wie Briedermann, Meynhart, Hennig, Happ, Oloff, Müller, Snethlage und andere über Jahrzehnte falsche Erkenntnisse gewonnen und publiziert haben. Das glaubt wohl ernsthaft kein seriöser Schwarzwildjäger. Vielmehr nehmen die Missachtung der Waidgerechtigkeit, das Ignorieren jagd- und waffenrechtlicher Vorgaben und besonders auch das Außerachtlassen des Tierschutzes bei manchen »Waidleuten« leider proportional zur Bestands- und Schadensentwicklung zu!

Frischlinge tragen ganz erheblich zum Zuwachs der Bestände bei. Eine die Sozialstruktur negativ beeinflussende Bejagung führt nicht zum Ziel. Ohne Zweifel und Diskussion müssen auch Bachen erlegt werden – Überläufer wie Adulte. Wir bejagen bei allem anderen Schalenwild ja auch die erfahrenen »Produzenten«, sogar nach Abschussplan-Vorgaben. Doch bitte maßvoll und bevorzugt mit Einschränkungen auf Drückjagden. Schneller, als man denkt, geht ansonsten »der Schuss nach hinten los«.

Es gibt Landstriche, die bereits von Schwarzwild neu besiedelt wurden, andere sind dagegen noch Erwartungsland. Die dortige Jägerschaft sollte zusammenhalten, gemeinsam planen und jagen. Die Denke »meine Sauen« hat grundsätzlich nichts in den Köpfen zu suchen. Von großer Bedeutung ist die Frage, ob man sich in den Revieren dieser Regionen Schwarzwild mit all seinen jagdlichen Freuden, aber auch (wachsenden) Problemen »leisten« kann. Wo das nicht der Fall ist, gehören die wilden Sauen sofort und mit Druck bejagt. Eine auch nur versuchsweise Kirrung darf es gar nicht erst geben. Jäger, rückt dort sofort und intensiv den Sauen gemeinsam und mit Unterstützung der Landwirte auf die Schwarte, aber bitte immer tierschutz- und waidgerecht sowie der jeweiligen Jagdgesetzgebung entsprechend!

Mit dem vorliegenden Praxis-Leitfaden wollen wir Hilfestellungen geben, wie mit fairen und handwerklich sauberen Mitteln – eben waidgerecht – Wildschweine aktiv bejagt werden können. Daran ist uns besonders gelegen! Mit kurzen (in dieser 2. Auflage auch neuen) Filmclips, die über einen QR-Code mit Smartphones und Tablets aufzurufen sind, bieten wir Ihnen zusätzliche Informationen und Ansprechhilfen.

Als anerkannter Leiter einer Schweißhundstation stand Wildmeister Matthias Meyer viel zu oft vor geschlagenen und getöteten Hunden. Immer wieder werden Jäger verletzt. Er trifft auf verwaiste Frischlinge, wenn er am Ende einer Nachsuche an die mit Weidwundschuss gefundene Bache gelangt. Nachsuchen auf von Maden übersäte Wildtiere, die vom Schützen ihrem Schicksal fahrlässig oder zunehmend vorsätzlich überlassen werden, sind ein anderes schmerzliches und zornig machendes Kapitel. Wo die Schwarzwildvorkommen und in der Folge Schäden in der Landwirtschaft zunehmen, wird ein solches Schicksal leider zu häufig schnell und respektlos hingenommen.

Wer sich als Jäger bezeichnet, aber bei schlechtesten Lichtverhältnissen auf einen dunklen, nicht näher definierbaren Batzen und im milchreifen Getreide auf die dickste Sau schießt, hat keine Verantwortung gegenüber dem Wildtier. Wer willkürlich auf Sauen aus jeder Lage und auf jede Entfernung bei Drück- oder Erntejagden »ballert«, ist ohne Wenn und Aber fehl am Platz. In solchen Fällen ist Eigenverantwortung von den Revierverantwortlichen und Jagdleitern gefordert, derartige Schützen künftig nicht mehr einzuladen.

Solche Aasjägerei darf nicht sein!

Modernste Technik hält zunehmend Einzug in Reviere. Es gibt positive wie negative Bewertungen. Unter Berücksichtigung des Waffenrechts und mit Blick auf den Tierschutz möge jeder Nutzer seine eigenen Erfahrungen machen. Gezeigt hat sich auch hier, dass Schwarzwild mit erstaunlichem Verhalten auf gewisse Bejagungstechniken reagiert.

Schätzen wir Schwarzwildjäger uns glücklich, in einer Zeit zu leben, wo wir zumindest bei dieser Wildart jagdlich nahezu aus dem Vollen schöpfen können. Doch bitte tun wir das mit sauberer Jagd, fair und stets mit Achtung vor dem Geschöpf!

Waidmannsheil

Dirk Waltmann und Matthias Meyer

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Selbst überalterte Bachen – hier im Bild erkennbar am kantigen Körperbau und vor allem dem ewig langen Gebrech – führen noch regelmäßig, jedoch oft nur ein oder zwei Frischlinge.

ALLES EINE FRAGE DES ALTERS

Für Jäger, die keine Erfahrung mit Schwarzwild haben, ist ein Wildschwein zunächst einmal eine wilde Sau. Für so manchen sehen nahezu alle Sauen irgendwie gleich aus. Größen- und Altersunterschiede werden schlichtweg ignoriert.

Schwarzwild wird unter anderem in der Bewegung bei Drückjagden oder auch bei schlechten Lichtverhältnissen während der Ansitzjagd beschossen. Dennoch ist es mit ein bisschen Übung kein Hexenwerk, Sauen richtig anzusprechen. Ein heller, grasfreier Untergrund gewährt bei einigermaßen Licht und kurzer Entfernung schon beim Keilerchen das Erkennen des Pinseldreiecks – sofern die Sau im Profil steht.

Vorsicht ist geboten beim Schuss auf Einzelsauen. Das sind entweder Keiler oder dickgehende Bachen oder solche, die ihre noch kleinen Frischlinge abgelegt haben. Führende Bachen müssen für den verantwortungsvollen Jäger zumindest während der Aufzuchtzeit vom Spätwinter bis zum Herbst tabu sein, da der Abschuss entweder gegen den Tierschutz (führende und säugende Bache) oder den anzustrebenden Sozialaufbau verstößt.

Erscheinen dem Jäger bei Mondlicht oder Schnee gemischte Rotten, ist ein Unterschied zwischen der gut im Wildbret befindlichen Überläuferbache und der mittelmäßigen jungen oder mittelalten Bache nicht erkennbar. Lediglich starke Bachen stechen als schwarze »Klumpen« deutlich aus der Rotte heraus. Die Leitbache einer großen gemischten Rotte ist aber nicht immer die im Wildbret stärkste! Ihre Position muss der Jäger durch lange, gründliche Beobachtung beim Anwechseln, am Futter, bei Störung oder während ihres Verhaltens bei Rangordnungskämpfen ergründen. Hält er sich jedoch bei Erscheinen der Sauen – egal ob bei Ansitz oder Bewegungsjagd – an den immer funktionierenden Grundsatz, von klein nach groß zu schießen, ist er stets auf der richtigen Seite. Außerdem vergeudet er keine kostbare Zeit damit, seinen Lebenskeiler in der Rotte entdecken zu wollen. Denn der steht nur zur Rauschzeit bei der Rotte. Jagdbare Keiler über 100 Kilogramm sind leicht zu erkennen.

Frischlinge und Überläufer sind das jagdliche Ziel! So schwer die Differenzierung nach Alter und Geschlecht bei mittelalten Sauen auch ist, umso leichter fällt diese bei Frischlingen und Überläufern. Denen sollte unser jagdliches Augenmerk gelten. Ihr Abschuss hat absoluten Vorrang, da sie die entscheidenden Reproduktionsträger einer Population sind. Die Bejagung des Schwarzwildes muss ohne Zweifel im Hinblick auf die Wildschadens- und Wildseuchensituation scharf und entschlussfreudig sein. Sie darf aber nicht in einen Feldzug unkontrollierter, ungehemmter und ungerechtfertigter Schädlingsbekämpfung münden! Ist der Jäger in der glücklichen Lage, Schwarzwild bei guten Lichtverhältnissen bejagen zu können, gibt es sehr wohl einige deutliche Ansprechmerkmale.

Leider existiert immer noch die alte Annahme, dass jeder Frischling mit Beginn des neuen Jagdjahres am 1. April ein Überläufer wird. Das ist falsch! Der Begriff »Überläufer« ist die wissenschaftlich korrekte Altersbezeichnung eines Stück Schwarzwildes im zweiten Lebensjahr, also zwischen 12 und 24 Monaten.

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Im Spätwinter können Frischlinge (zu erkennen am bleistiftdünnen Pürzel ohne Quaste!) durchaus bis zu 50 kg wiegen.

Ansprechmerkmale

Frischlinge

Frischlinge anzusprechen bereitet aufgrund deren Färbung und des Größenunterschieds zu erwachsenen Sauen meist kein Problem. Kleine Frischlinge sind gestreift. Mit einem Alter von sechs bis acht Wochen verlaufen die Streifen in das typische »Frischlingsbraun«, das bis zum Haarwechsel im folgenden Frühjahr erhalten bleibt. Daran ist auch der starke Frischlingskeiler im Januar mit bis zu 50 Kilogramm Gewicht deutlich vom etwa gleich starken Überläufer sicher zu unterscheiden. Die Läufe wirken auffallend dunkel, die Federn – das sind die langen Borsten auf dem Rücken – sind extrem lang, sodass sich der dunkle Kamm vom Braun des Wildkörpers abhebt. Der Frischlingspürzel ist dünn, kurz und immer ohne Quaste. Der Pinsel ist nur schwer zu erkennen.

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Junge führende Bachen tragen frühzeitig im Sommer schon eine kurzborstige silberne Sommerschwarte.

Überläufer

Bei beiden Geschlechtern gibt es Unterschiede zwischen der Sommer- und der Winterschwarte. Überläuferkeiler und nichtführende Überläuferbachen verfärben im Mai zuerst. Sie glänzen oft schon Anfang Juni in der kurzen, silbergrauen Sommerschwarte. Sie sind schlank, aber kurz und wirken dadurch hochläufig. Die Rückenlinie ist leicht gewölbt bis gerade. Überläuferbachen frischen in der Regel später als ausgewachsene Bachen. Tragende Überläuferbachen, die erst im Mai oder Juni frischen, zeigen einen seitlich ausstehenden Bauch und eine deutlich gewölbte Bauchlinie. Typisch für hochtragende Stücke sind auch die zwar noch nicht angesaugten langen Striche, aber schon deutlich sichtbare Zitzen.

Die Quaste am Pürzel beginnt zu wachsen und ist als kleines, schwarzes Haarbüschel erkennbar. Überläuferkeiler sind einfach am Pinseldreieck anzusprechen. Im Herbst sind die Überläufer als Erste fertig in der Winterschwarte. Diese ist grau bis grauschwarz mit langen Borsten und dichter Unterwolle. Die Quaste am Pürzel geht etwa bis zum Fersengelenk. Im Wildbret starke Stücke (> 60 kg) sind lebend nicht mehr als Überläufer anzusprechen und mit ausgewachsenen Sauen daher leicht zu verwechseln.

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Überläuferkeiler glänzen oft schon Anfang Juni in der kurzen Sommerschwarte, die einen sicheren Blick auf das Pinseldreieck gestattet.

Bachen

Alte und besonders führende Bachen sehen noch bis weit in den Juni hinein schwarz aus, da sie oft noch volles Winterhaar tragen. Ihr Kopf und insbesondere das Gebrech wirken lang. Die Quaste ist deutlich zu sehen und geht je nach Alter über das Fersengelenk hinaus. Aufgrund ihrer energiezehrenden Mutterpflichten sind sie oft schmal und hochrückig wie ein Karpfen. Die Gesäugeleiste ist aufgrund der langen Striche deutlich zu erkennen. Führende alte Bachen haben erst im Spätsommer ihr Winterhaar völlig verloren und sind dann kurzborstig in der Schwarte. Der Körper wirkt lang, aber nicht schmal, der Kopf keilförmig mit »ewig langem« Gebrech. Am Pürzel »hängt« eine lange, aber dünne Quaste. Bei ausgewachsenen Bachen und jungen Keilern besteht in der Körperform wenig Unterschied. Das Gebrech erscheint im Winter aufgrund der starken Backenborsten breiter als in der Sommerschwarte.

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Alte und besonders führende Bachen tragen die langen, schwarzen Winterborsten deutlich länger als nichtführende Überläufer.

Keiler

Der wirklich reife Keiler wirkt mit seinem stumpfen Körper, dessen Rückenlinie nach hinten abfällt, und den wulstig hochgeschobenen Oberlefzen deutlich kürzer, breiter und stärker als eine starke Bache. Das gesamte Gewicht scheint auf der kurz wirkenden Vorderhand zu liegen. Die Quaste am Pürzel gleicht einem dicken Büschel, das häufig bis weit über das Fersengelenk reicht – wenn der Pürzel nicht zuvor abgebissen wurde. Sowohl im Sommer als auch im Winter ist beim reifen Keiler im Gebrech zigarettenlang »Weiß« zu sehen, d. h., Haderer und Gewehre sind auch ohne Fernglas sichtbar – wenn die Gewehre nicht abgebrochen sind. Von hinten betrachtet, sieht sein Kurzwildbret wie ein unter den Pürzelansatz geklebtes Brötchen aus. Keiler ziehen bereits ab dem guten Überläuferalter, spätestens mit zwei Jahren stets einzeln. Überalterte Stücke verlieren extrem an Körpermasse und wirken oft vergreist. Jäger, die einen wirklich reifen Bassen in Anblick bekommen, werden ihn sofort als solchen erkennen.

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Der reife Keiler zeigt im Gebrech zigarettenlang »Weiß«. Das Gewaff ist auch ohne Fernglas deutlich sichtbar.

Geschieht das erstmalig, kommt es nicht selten zu einem »Oha-Effekt« – denn erst jetzt sieht man im gedanklichen Vergleich zu jüngeren Keilern, was einen reifen Bassen ausmacht. Mehrjährige Keiler ziehen entweder einzeln oder zur Rauschzeit mit zeitlichem Abstand der Rotte nach und können – vorausgesetzt, der Jäger behält beim Ansitz die Nerven und schießt nicht gleich beim Erscheinen der Rotte – durchaus für ein nicht alltägliches Waidmannsheil sorgen.

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Gewaltige Wildbretmasse sagt nichts über das Alter eines Keilers aus – ohne die deutlich sichtbaren Waffen bleibt er zu jung!

Altersbestimmung am erlegten Stück

Am erlegten Schwarzwild muss man das Gebiss zur Altersbestimmung oder Altersschätzung heranziehen. Wildschweine besitzen als Allesfresser das umfangreichste Gebiss. Es beinhaltet in seiner Vollständigkeit 44 Zähne, im Unter- und Oberkiefer jeweils gleich viele auf jedem Kieferast, nämlich drei Schneidezähne, einen Eckzahn, vier Prämolaren und drei Molaren. Evolutionsbedingt ist der »rudimentäre« erste Prämolar (P 1) bei einigen Exemplaren bereits einseitig oder sogar beidseitig nicht mehr vorhanden. Da er sich von der geschlossenen Backenzahnreihe abhebt und separat zwischen dem Eckzahn und der durchgehenden Backenzahnreihe befindet, nennt man ihn auch »Lückenzahn«. Bis zum Alter von 24 Monaten lässt sich die Altersansprache anhand der Zahnentwicklung vom Milch- zum Dauergebiss exakt vornehmen. Obwohl sich so absolut fehlerlos eine Einstufung in Frischling (unter 12 Monate), Überläufer (12–24 Monate) und adultes Stück (über 24 Monate) vornehmen lässt, scheint die Altersansprache am erlegten Stück in der Jägerschaft weiterhin ein Problem zu sein. Das führt immer wieder zu einer falschen und damit für die Fragen nach Bestandsentwicklung und Altersstruktur unbrauchbaren Jagdstatistik! Dafür reichen die einfachen Betrachtungen der Entwicklung der Schneidezahnfront und der Backenzahnreihe (wurde M 3 bereits geschoben) vollkommen aus.

Frischling

Bis zum Alter von 10–12 Monaten sind die drei Schneidezahnpaare (i 1–3) Milchzähne. Die Milchzähne sind nicht nur wesentlich kleiner und schmaler als die späteren Dauerzähne, sondern zudem fast rund und von hellem Dentin. Sie werden deshalb auch als Rund- oder Stiftzähne bezeichnet. Im Alter von 9–10 Monaten wechselt der Frischling die Milchhaken (Eckzähne c), die als Milchzahn ebenfalls nur kleine Stifte sind und erst im Dauergebiss zu immer breiter werdenden Waffen/Haken heranwachsen. In der durchgehenden Backenzahnreihe ist beim Frischling als letzter Zahn nur der als erster Dauerzahn im Alter von 6–8 Monaten wachsende M 1 vorhanden. Sofern vorhanden, wächst beim Frischling ebenfalls mit 6–7 Monaten der »Lückenzahn« P 1 als Dauerzahn.

Überläufer

Der Wechsel der Schneidezähne erfolgt ab dem 10.–12. Monat überspringend von außen nach innen (I 3 – I 1 – I 2). Mit etwa 20 Monaten sind die inneren Schneidezähne (I 1) gewechselt und mit 22–24 Monaten in der Höhe gleichauf mit den anderen Schneidezähnen, sodass eine gerade Zahnfront erkennbar ist. Die vier jeweils mittleren Schneidezähne sind schaufelförmig (Meißelzähne) ausgebildet und mit einer in den Längsrillen dunkel gefärbten Säule versehen. Die äußeren Schneidezähne (I 3) bleiben deutlich kürzer und ähneln in der Form Rotwildgrandeln. Ebenfalls im Alter von 15–16 Monaten wechseln die Prämolaren zu Dauerzähnen. Jetzt wird aus dem dreiteiligen p 4 ein Dauerzahn (P 4) mit zwei Säulen. Im selben Alter bricht der zweite Backenzahn (M 2) als Dauerzahn durch und wächst hoch.

Adultes Stück – Bache/Keiler

Mit 24 Monaten ist das Dauergebiss komplett und die Zahnentwicklung zur Altersbestimmung abgeschlossen. Zur weiteren Altersschätzung zum mittelalten, alten und sehr alten Stück scheint auch beim Schwarzwild das Gesamtbild des Abnutzungsgrades der Backenzahnreihe am geeignetsten zu sein.

Auch wenn sich eine exakte Altersbestimmung an den als Trophäe geltenden Haken der Bache und den Keilerwaffen nach Abschlifffläche oder Brandt’scher Formel als nicht sehr zuverlässig erwiesen haben, gelten trotzdem die altersbedingten Formveränderungen an der Zahnwurzel bzw. Verengung der Pulpahöhle als Richtungsweiser für das Alter eines Wildschweins.

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1 Frischling, etwa 8 Monate: Schneidezähne sind als Milchzähne komplett vorhanden.

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2 Im Alter von 6–8 Monaten bricht der sogenannte »Lückenzahn« P 1 durch das Zahnfleisch.

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3 Milchhaken (Eckzähne) werden erst mit 10–12 Monaten gewechselt.

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4 Der letzte Prämolar P 4 ist als Milchzahn mit drei Säulen ausgestattet.

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5 Mit 6–8 Monaten erscheint der erste Backenzahn M 1 als Dauerzahn. Auf dem Bild ist er jeweils der letzte in der durchgehenden Backenzahnreihe.

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6 Mit etwa 13–16 Monaten beginnt ein Überläufer die mittleren Schneidezähne zu wechseln. Der Blick auf die Schneidezahnfront zeigt deutlich die ungleiche Höhe der zu unterschiedlichen Zeiten gewechselten Schneidezähne.

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7 Zeigt die Schneidezahnansicht eine Keilform, handelt es sich auch um einen Überläufer. Dieser Überläuferkeiler dürfte ein Alter von etwa 20–22 Monaten haben.

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8 Typisch für einen Überläufer im Alter von etwa 12–22 Monaten ist der M 2 als vorerst letzter Zahn in der Backenzahnreihe.

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9 Die Milchwaffen tauscht der Frischling bereits mit 10 Monaten. Beim Überläufer schieben sie als zierliche Waffen nach und beginnen, Dentinfarbe anzusetzen.

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10 Eine gerade 2 Jahre alte Bache. Die Prämolaren sind bereits seit Längerem (als Überläufer mit 14–16 Monaten) gewechselt und die Dentinfarbe bereits angeglichen. Der P 4 hat nur mehr zwei Säulen.

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11 Der letzte Backenzahn M 3 bricht mit etwa 24 Monaten durch. Sehr oft bleibt der hintere Abschnitt des M 3 aber noch für eine gewisse Zeit vom Zahnfleisch bedeckt. Hier bricht er gerade ganz durch, die Zahnfleischlinie steht noch sehr hoch am M 3.

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12 Im Alter von etwa 22–24 Monaten sind die gewechselten Schneidezähne hochgewachsen und bilden eine gerade Schneidezahnfront. Sie zeigen mit 2 Jahren aber noch keine Anzeichen von Abnutzung.

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