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Das aktuelle Antragsverfahren zur Kostenübernahme einer psychotherapeutischen Behandlung mit 12 Formularen und noch mehr EBM-Ziffern ist nicht leicht zu überblicken. Die Richtlinien reglementieren Telefon- und Erstkontakte, die speziell zu dokumentieren sind, und wenn dann schließlich eine Therapie beginnen soll, hat man die Wahl zwischen Akuttherapie, Richtlinientherapie, Einzel- und/oder Gruppentherapie. All diese Optionen können jeweils hintereinander oder auch in unterschiedlichen Kombinationen durchgeführt werden.

Der jetzt „in der Regel“ nur noch zwei Seiten lange Bericht an den Gutachter lässt erst einmal aufatmen. Doch alle, die schon einmal versucht haben, einen plausiblen und aussagekräftigen Kurzzeitbericht zu schreiben, kennen das Problem: Es gilt auszuwählen, welche speziellen Faktoren für das jeweilige Störungsbild relevant sind, beziehungsweise zu „erraten", was dem letztlich entscheidenden Gutachter als unverzichtbar oder überflüssig erscheinen mag.

Hier soll der vorliegende Leitfaden Stress reduzieren und Frustration sowie Prokrastination entgegenwirken, den zügigen Einstieg erleichtern mit dem Ziel, die Entwicklung und Darstellung einer klar strukturierten Fallkonzeption zu ermöglichen.

Die aktuelle Auflage des bewährten und praxisnahen Arbeitsbuches wurde vollständig überarbeitet und berücksichtig alle Neuerungen, die seit dem 1. April 2017 bei dem Bericht an den Gutachter zu beachten sind.

Über die Autorin

Dipl.-Psych. Dr. Margot Müther, nach dem Diplom in Psychologie und parallel zur Promotion (Dr. rer. nat) Ausbildungen in Gesprächs- und Verhaltenstherapie (Gesprächspsychotherapeutin GWG; Verhaltenstherapeutin DBV). Seitdem Tätigkeit als Psychotherapeutin in freier Praxis. Ab 1976 für mehrere Jahre Mitglied der Anerkennungskommission der damals neu gegründeten DGVT. Circa 20 Jahre lang Gutachterin für Familien-, Vormundschafts- und Strafgerichte. Seit 1982 Gutachterin für gesetzliche Krankenkassen (im sogenannten TK-Verfahren). Seit 1992 Dozentin und Supervisorin an einem (seit 1999) staatlich anerkannten Ausbildungsinstitut für Verhaltenstherapie. Seit 2001 Gutachterin für VT-Anträge der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Margot Müther

VT

Aktuelle Richtlinien
Aufnahme- und Antragsverfahren
Bericht an den Gutachter

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Margot Müther

VT

Aktuelle Richtlinien
Aufnahme- und Antragsverfahren
Bericht an den Gutachter

Schneller, leichter, kompetent

mit Online-Materialien

6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

Materialie 63

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Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie
Tübingen
2020

Korrespondenzadresse:

Dr. Margot Müther

Institut für Psychotherapie und Psychologisches Training
Flehbachstraße 66
51109 Köln

E-Mail: psycho-inst@gmx.de

Download-Code: 5wo2iX6VA0

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2008

2. Auflage 2009

3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2012

4., überarbeitete und erweiterte Auflage 2015

5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2018

(Die ersten fünf Auflagen erschienen unter dem Titel „Bericht an den (VT)Gutachter – Schneller, leichter, kompetent“)

6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2020
© 2008, 2009, 2012, 2015, 2018, 2020 dgvt-Verlag

dgvt-Verlag
Im Sudhaus
Hechinger Str. 203
72072 Tübingen

E-Mail: dgvt-Verlag@dgvt.de
Internet: www.dgvt-Verlag.de

Umschlaggestaltung: Winkler_Design, Wolfgang Winkler, Tübingen

Layout: VMR Monika Rohde, Leipzig

Druck und Bindung: CPI buch-bücher.de GmbH, Birkach

E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

ISBN 978-3-87159-436-6

Inhalt

Vorwort

1. Richtlinien des Gutachterverfahrens und Konsequenzen für die Berichterstattung

1.1 Richtlinien der Bewertung

2. Aktuelle Richtlinien und Antragsverfahren (für gesetzliche Krankenkassen)

2.1 Voraussetzungen und erste Schritte zur Aufnahme von Patienten

2.1.1 Telefonische Erreichbarkeit

2.1.2 Psychotherapeutische Sprechstunde (EBM-Ziffer 35151)

2.1.3 Probatorische Sitzungen (EBM-Ziffer 35150)

2.2 Antragsverfahren für Einzel- und Gruppentherapie als Richtlinienverfahren

2.2.1 Erstantrag Kurzzeittherapie (KZT 1, EBM-Ziffer 35421, bei Gruppentherapie 3554X)

2.2.2 Antrag auf Kurzzeittherapie 2 (KZT 2, EBM-Ziffer 35422, bei Gruppentherapie 3554X)

2.2.3 Antrag auf Langzeittherapie (EBM-Ziffer 35425, bei Gruppentherapie 3555X)

2.2.4 Gruppentherapie (EBM-Ziffern bei KZT 3554X; bei LZT 3555X)

2.2.5 Fortführungsantrag (EBM-Ziffer 35425)

2.2.6 Beendigung der Therapie, Rezidivprophylaxe und Ziffer 23220

2.2.7 Zusammenfassung

3. Therapie mit Kindern und Jugendlichen

4. Akutbehandlung (EBM-Ziffer 35152)

5. Voraussetzungen für die Berichterstattung an den Gutachter

6. Aufbau des Berichts zum Langzeittherapieantrag und Umwandlungsantrag

6.1 Relevante soziodemographische Daten

6.2 Symptomatik und psychischer Befund

6.3 Somatischer Befund/Konsiliarbericht

6.4 Behandlungsrelevante Angaben zur Lebensgeschichte, zur Krankheitsanamnese und zum funktionellen Bedingungsmodell

6.5 Diagnose

6.6 Behandlungsplan und Prognose

6.7 Zusammenfassung („Schnellstart“)

6.7.1 Relevante soziodemographische Daten

6.7.2 Symptomatik und psychischer Befund

6.7.3 Somatische Befunde

6.7.4 Krankheitsanamnese und funktionales Bedingungsmodell

6.7.5 Diagnose zum Zeitpunkt der Antragstellung

6.7.6 Behandlungsplan und Prognose

7. Umwandlung einer Kurzzeittherapie in eine Langzeittherapie

8. Fortführungsantrag von 60 auf 80 Sitzungen

9. Weiterbehandlung innerhalb des Zwei-Jahres-Intervalls

9.1 Rezidivprophylaxe

9.2 Ziffer 23220

9.3 Neubeantragung innerhalb der Zwei-Jahres-Frist oder nach Therapeutenwechsel bzw. Methodenwechsel

10. Berichte für Beihilfe und Privatkassen

10.1 Beihilfe

10.2 Private Krankenkassen

11. Was tun bei Ablehnungen?

Anhang

Anhang 1: Formulare zum Antragsverfahren

Anhang 2: Lebensfragebogen

Anhang 3: Behandlungsplan für spezifische Störungen

Anhang 4: Beispielanträge

Anhang 5: Anforderungen an den Bericht an den Gutachter

Literatur

Vorwort

Das aktuelle Antragsverfahren zur Kostenübernahme einer psychotherapeutischen Behandlung mit 12 Formularen und noch mehr EBM-Ziffern ist nicht leicht zu überblicken. Die Richtlinien reglementieren Telefon- und Erstkontakte, die speziell zu dokumentieren sind, und wenn dann schließlich eine Therapie beginnen soll, hat man die Wahl zwischen Akuttherapie, Richtlinientherapie, Einzel- und/oder Gruppentherapie. All diese Optionen können jeweils hintereinander oder auch in unterschiedlichen Kombinationen durchgeführt werden.

Hier sind Akzeptanz und Commitment indiziert.

Der jetzt „in der Regel“ nur noch zwei Seiten lange Bericht an den Gutachter lässt erst einmal aufatmen. Aber jeder, der schon einmal versucht hat, einen plausiblen und aussagekräftigen Kurzzeitbericht zu schreiben, kennt das Problem, auszuwählen, welche speziellen Faktoren für das jeweilige Störungsbild relevant sind, beziehungsweise zu erraten, was dem letztlich entscheidenden Gutachter als unverzichtbar oder überflüssig erscheinen mag.

Das Buch soll hier kognitiver Fusion, Frustration und Prokrastination entgegenwirken, Stress reduzieren und zu Gelassenheit und positiver Zielorientierung verhelfen.

Hierzu soll insbesondere aufgezeigt werden, welche Chancen die aktuellen Richtlinien bieten. Die vielleicht auf den ersten Blick verwirrende Vielfalt der Kombinationen von Akut-, Kurz- und Langzeittherapie sowie von Einzel- und Gruppentherapie ermöglicht eine sehr flexible Anpassung an die Bedürfnisse und Oberpläne des Patienten sowie an dessen Störungsbild. Die jeweiligen Erfordernisse können sich während des Therapieverlaufs ändern, wobei die aktuellen Richtlinien hier, ganz komfortabel, eine Änderung des Settings erlauben.

So können etwa Patienten mit ähnlichen Störungsbildern für Psychoedukation, Konfrontationsübungen oder soziales Training in Gruppen zusammengefasst werden, wobei die jeweils individuelle Problematik zusätzlich im Einzelsetting behandelt werden kann. Der therapeutische Prozess lässt sich dadurch lebendiger und ökonomischer gestalten, zur Steigerung der therapeutischen Effizienz und Lebenszufriedenheit bei Patienten und Therapeuten.

Besonders segensreich ist auch die Möglichkeit, nach der vorläufigen Beendigung der Therapie Sitzungen für eine Rückfallprophylaxe „aufzusparen“. Auf diese Weise können Patienten noch bis zu zwei Jahre später therapeutisch begleitet werden, um eventuelle Krisen aufzufangen.

Den Schwerpunkt des vorliegenden Bandes bildet der Bericht an den Gutachter. Kapitel 6.7 Zusammenfassung („Schnellstart“) soll Letzteren erleichtern. Es orientiert sich in schematischer Form am Leitfaden (PTV 3) sowie an den Kriterien-Checklisten der Gutachter.

Der Leitfaden ist in Zusammenarbeit mit den Absolventen unseres VT-Ausbildungsinstituts (AVT Köln) entstanden. Für Fragen, Anregungen und Kritik, die ich von meinen Kollegen erhalten habe, möchte ich herzlich danken.

Bedanken möchte ich mich auch bei Dr. Dieter Kallinke, der als Obergutachter und Mitherausgeber des Kommentar Faber/Haarstrick viel Erfahrung mit abgelehnten Berichten hat und mit dem ich bezüglich des formalen Aufbaus sowie inhaltlicher Schwerpunkte intensive Gespräche geführt habe.

Zur leichteren Lesbarkeit wurde durchgängig das geschlechtsabstrahierende generische Maskulinum verwendet, wobei selbstverständlich weibliche Patienten, weibliche Therapeuten und natürlich auch weibliche Gutachter mitgedacht werden.

Margot Müther, Köln

Richtlinien des Gutachterverfahrens und Konsequenzen für die Berichterstattung

1.1 Richtlinien der Bewertung

Seit 1987 ist Verhaltenstherapie gemäß der Bundesmantelverträge zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und den Ersatz- und Primärkassen bei allen Krankenkassen als drittes Richtlinienverfahren (neben der Analytischen und Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie) anerkannt. Die Kostenübernahme einer psychotherapeutischen Behandlung muss bei den Krankenkassen beantragt werden, wobei das Gutachterverfahren der Feststellung der Leistungspflicht und der Qualitätssicherung dient (siehe Kommentar Faber/Haarstrick, 2012, Anhang 1: Auszüge aus den Psychotherapierichtlinien).

Der Gutachter hat anhand der Richtlinien, die ihm selbst vorgegeben sind, den Bericht des Psychotherapeuten, der dem Antrag beigefügt ist, gemäß dreier Kriterien zu beurteilen:

1. Liegt eine krankheitswertige Störung im Sinne des SGB V (fünftes Sozialgesetzbuch) vor oder handelt es sich – und das wäre ein Ablehnungsgrund – lediglich um eine Befindlichkeitsstörung? Die Definitionen für krankheitswertige Störungen finden sich in der ICD-10, wobei für jede Störung die diagnostischen Leitlinien vorgegeben sind. Diese sind Grundlage für die Beschreibung der Symptomatik (s. u. Punkt 6.2 Symptomatik).

2. Erscheint das Behandlungskonzept zweckmäßig, baut hier also ein plausibel konzipiertes Behandlungskonzept auf einem wissenschaftlich begründeten Störungsmodell auf? Die geplante Behandlung (s. u. Punkt 6.7 Zusammenfassung („Schnellstart“)) muss lege artis erfolgen und den aktuellen Forschungsstand widerspiegeln sowie die speziellen Risikofaktoren des Störungsbildes und individuellen Umstände des Patienten berücksichtigen.

3. Ist die Behandlung wirtschaftlich, was bedeutet, dass die geplanten Behandlungsziele im Rahmen von konkret maximal 80 Sitzungen zu erreichen sind. Die Behandlungsziele müssen hier nicht unbedingt auf Heilung ausgerichtet sein – was angesichts der konstitutionellen Mitbedingungen der meisten Störungen utopisch sein dürfte –, sondern es wird realistischer Weise zumeist eine Reduktion der Symptomatik angestrebt, wobei etwa bei chronischen oder infausten Krankheitsverläufen auch eine Linderung des Beschwerdebildes zweckmäßig und wirtschaftlich zu vertreten ist.

Diese drei Gesichtspunkte sollten vom Gutachter möglichst schnell im Bericht aufgefunden werden können und sind deshalb in den entsprechenden Unterpunkten deutlich herauszuarbeiten.

Aktuelle Richtlinien und Antragsverfahren (für gesetzliche Krankenkassen)

Die folgenden Ausführungen richten sich, soweit nicht anders verzeichnet, nach der im Herbst 2018 erschienenen elften Auflage des Kommentar Psychotherapie-Richtlinien für gesetzliche Krankenkassen (bekannt als Kommentar Faber/Haarstrick; Dieckmann, Dahm & Neher, 11. Aufl., 2018). Einbezogen wurden auch Änderungen und Erweiterungen, die anlässlich der Gutachter-Tagungen im Oktober 2018 sowie im Mai 2019 beschlossen wurden.

2.1 Voraussetzungen und erste Schritte zur Aufnahme von Patienten

2.1.1 Telefonische Erreichbarkeit

Vorausgesetzt wird eine telefonische Erreichbarkeit der Praxis (nicht zwingend des Therapeuten selbst, gedacht ist auch an Personal) von mindestens 200 Minuten pro Woche (bei halbem Praxissitz genügt die Hälfte). Zumeist wird es so gehandhabt, dass ein Anrufbeantworter Auskunft gibt, zu welchen Zeiten diese persönliche Erreichbarkeit gegeben ist. Im Rahmen dieser Sprechzeit können die Patienten informiert werden, zu welchen Zeiten eine offene Sprechstunde eingerichtet wurde, zu der sie ohne Voranmeldung in die Praxis kommen können. Zu den angegebenen Telefonzeiten kann der Therapeut bzw. die Hilfskraft aber auch feste Termine für ein Erstgespräch in der psychotherapeutischen Sprechstunde vergeben.

2.1.2 Psychotherapeutische Sprechstunde (EBM-Ziffer 35151)

100 Minuten pro Woche (bei halbem Sitz wieder die Hälfte) sind „als vorgeschriebenes Mindestmaß“ als Sprechstunde anzubieten – wie es heißt als niederschwelliges Beratungs- und Behandlungsangebot.

Im Kommentar Faber/Haarstrick wird erläutert, dass diese Sprechstunde für Patienten, die in den letzten 12 Monaten bereits psychotherapeutisch behandelt worden sind, die zuvor schon bei einem anderen Therapeuten in der offenen Sprechstunde waren oder die aus einer Klinik entlassen wurden, nicht obligatorisch ist.

Wenn sich früh herausstellt, dass keine Psychotherapie indiziert ist, kann die Sprechstundenbehandlung nach 25 Minuten beendet werden. Falls jedoch eine weitere psychotherapeutische Behandlung folgt, muss diese mindestens 50 Minuten dauern. Insgesamt können pro Krankheitsfall 150 Minuten, eventuell auf drei Quartale verteilt, durchgeführt werden.

Bei Kindern und Jugendlichen gilt ein Umfang von 250 Minuten, die entsprechend fraktioniert durchgeführt werden können. Gemäß Plenumsbeschluss vom 18.10.2018 sind derartige Erweiterungen (insgesamt analog zu denen von Kindern und Jugendlichen) auch für Menschen mit geistiger Behinderung geplant. Dies wurde jedoch bis zur Drucklegung dieses Buches noch nicht vom Ministerium abgesegnet. Es empfiehlt sich also bei der Behandlung von Erwachsenen mit Behinderung entsprechend nachzufragen oder aber die neue Regelung anzuwenden – im Vertrauen darauf, dass sinnvolle Regelungen zum Wohle der Patienten umgesetzt werden können.

In dringenden Fällen, also bei akuten Krisen, kann der Therapeut unmittelbar nach der psychotherapeutischen Sprechstunde eine Akutbehandlung beginnen, wovon er die Krankenkasse lediglich mittels des Formulars PTV 12 unterrichtet (siehe Punkt 4 Akutbehandlung). Diese Akutbehandlung zählt nicht zur Richtlinien-Psychotherapie.

Die Sprechstunden dienen, gemäß Richtlinien, insbesondere der Indikationsentscheidung einer ersten diagnostischen und differenzialdiagnostischen Abklärung sowie der mit den Patienten zu klärenden Frage, wie man weiter vorgehen möchte.

Der Patient erhält zur psychotherapeutischen Sprechstunde die „Patienteninformation“ (PTV 10, siehe Anhang 1); das Ergebnis dieser Sprechstunde wird auf dem Formular „Individuelle Patienteninformation zur ambulanten Psychotherapeutischen Sprechstunde“ (PTV 11) festgehalten. Hiervon wird ein Exemplar in der Akte abgelegt, das andere wird dem Patienten ausgehändigt. Auf diesem Formular kann auch angekreuzt werden, ob die Therapie in der eigenen Praxis durchgeführt werden kann bzw. ob dies nicht der Fall ist.

Abschließend heißt es zu dieser Frage im Kommentar Faber/Haarstrick (2018, S. 19):

„Bislang nicht geklärt sind die Möglichkeiten des Patienten, wenn der Therapeut selbst eine indizierte Behandlung nach der Sprechstunde nicht übernehmen kann und ihm auch die erfolgreiche Vermittlung an einen weiterbehandelnden Kollegen nicht möglich ist. Hier greift die Verpflichtung der KV, organisierend für eine entsprechende qualifizierte Weiterbehandlung zu sorgen.“ (Hervorhebung durch Müther)

Die psychotherapeutische Sprechstunde ist noch kein Teil der Richtlinien-Psychotherapie und kann deshalb lediglich nach dem jeweils floatenden Punktwert abgerechnet werden. Das heißt, diese Sitzungen werden nicht vom Kontingent später beantragter Kurzzeit- oder Langzeitsitzungen abgezogen.

2.1.3 Probatorische Sitzungen (EBM-Ziffer 35150)

Die probatorischen Sitzungen müssen nicht beantragt werden. Sie sind ebenso wie die psychotherapeutischen Sprechstunden kein Teil einer Richtlinien-Psychotherapie und haben ebenso wie diese einen floatenden Punktwert.

Gefordert wird die Durchführung von mindestens zwei probatorischen Sitzungen, wobei bei der Erwachsenentherapie bereits während des laufenden Antragsverfahrens noch zwei weitere Sitzungen durchgeführt werden können. Bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Menschen mit geistiger Behinderung können bis zu sechs probatorische Sitzungen durchgeführt werden. Die probatorischen Sitzungen müssen ebenfalls nicht vom später beantragten Gesamtkontingent abgezogen werden.

Während in der psychotherapeutischen Sprechstunde abgeklärt werden soll, ob grundsätzlich eine Behandlungsnotwendigkeit besteht und welcher Art die krankheitswertige Störung ist, dienen die probatorischen Sitzungen zur weiteren diagnostischen Abklärung sowie zur Beurteilung von Motivation, Veränderungsfähigkeit und Zielsetzung des Patienten. Wesentlich ist hier auch, zu schauen, ob ein vertrauensvolles Arbeitsbündnis aufgebaut werden kann, in dem sich der Patient wertgeschätzt fühlt und den Eindruck gewinnt, dass der Therapeut seine Probleme versteht und bereit sowie in der Lage ist, ihm zu helfen.

2.2 Antragsverfahren für Einzel- und Gruppentherapie als Richtlinienverfahren

Die Ausführungen zum Antragsverfahren folgen der „Veröffentlichung der Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung“ (kurz: Psychotherapie-Vereinbarung vom 09.05.2017; im Kommentar Faber/Haarstrick, 2018, S. 123f.).

2.2.1 Erstantrag Kurzzeittherapie (KZT 1, EBM-Ziffer 35421, bei Gruppentherapie 3554X)

Der Patient soll frühestens zu Beginn der probatorischen Sitzung, wenn die zweite Sitzung terminiert ist, bei der Krankenkasse auf dem Formblatt PTV 1 (siehe Anlage 1 Formulare zum Antragsverfahren) einen Antrag auf Feststellung der Leistungspflicht stellen. Auf PTV 1 müssen u. a. auch die Daten der ersten beiden psychotherapeutischen Sprechstunden angegeben werden.
Des Weiteren holt der Patient bei seinem Haus- oder Facharzt den gesetzlich vorgeschriebenen Konsiliarbericht ein.

Der Therapeut stellt nach mindestens zwei, maximal vier probatorischen Sitzungen (bei Kindern und Jugendlichen sowie Menschen mit geistiger Behinderung sechs Sitzungen) auf PTV 2 (siehe Anhang 1 Formulare zum Antragsverfahren) den Antrag auf 12 Sitzungen Kurzzeittherapie (eingetragen wird bei Einzeltherapie die EBM-Ziffer 35421, bei Gruppentherapie die EBM-Ziffer 3554X, siehe hierzu Punkt 2.2.4). Anzugeben ist zudem die Diagnose als Ziffer gemäß ICD-10.
Dem Antrag ist auch bereits der Konsiliarbericht mit dem Klarnamen des Patienten beizulegen, in dem die Ausführungen des Arztes geschwärzt sind.

Praktischerweise schickt der Therapeut den Antrag des Patienten (PTV 1) sowie seinen eigenen Antrag (PTV 2) plus Konsiliarbericht zusammen an die Krankenkasse.

Die Bewilligung erfolgt, wenn die Krankenkasse kein Hindernis sieht (etwa Neubeantragung innerhalb der Zwei-Jahres-Frist), zumeist unverzüglich. Sie geht häufig lediglich an den Patienten und nicht an den Therapeuten.

Den Kurzzeitanträgen muss kein Bericht an den Gutachter beigelegt werden. Ausnahme: Die Krankenkasse fordert einen Bericht an, weil der Patient innerhalb der Zwei-Jahres-Frist bereits psychotherapeutisch behandelt wurde.

Die beantragten Sitzungseinheiten umfassen 50 Minuten. Sie können, etwa um den Stabilisierungsprozess längerfristig auszudehnen, auch als 25-minütige Einheiten durchgeführt werden. Gerade zu Beginn der Therapie, beispielsweise bei einer vertieften Reflexion der Anamnese und Durcharbeitung eventuell belastender Kindheitserlebnisse, empfiehlt sich die Verdoppelung auf 100 Minuten. Da in der Verhaltenstherapie auch Expositionsbehandlungen durchgeführt werden müssen, ist es möglich, hierfür pro Tag zwei Doppelstunden (also insgesamt 200 Minuten) am Stück durchzuführen.

2.2.2 Antrag auf Kurzzeittherapie 2 (KZT 2, EBM-Ziffer 35422, bei Gruppentherapie 3554X)

Die Verlängerung um weitere 12 Sitzungen Kurzzeittherapie (KZT) kann frühestens nach sieben Einheiten KZT 1 erfolgen. Das Antragsverfahren ist mit dem für KZT 1 identisch, allerdings muss dieses Mal kein Konsiliarbericht mehr beigelegt werden.

2.2.3 Antrag auf Langzeittherapie (EBM-Ziffer 35425, bei Gruppentherapie 3555X)

Die Langzeittherapie (LZT) wird, wie auch die Kurzzeittherapie, auf PTV 2 beantragt und umfasst üblicherweise 60 Sitzungen. Dies ist jedoch nicht zwingend geboten, falls der Therapeut davon ausgeht, dass die Behandlung mit einem geringeren Stundenkontingent zu einem befriedigenden Abschluss geführt werden kann. Der Antrag auf Langzeittherapie kann, wenn man sich dazu in der Lage sieht, auch unmittelbar nach den probatorischen Sitzungen als Erstantrag gestellt werden.

Beim Antrag auf Langzeittherapie ist auf PTV 2 außerdem anzugeben, ob nach Abschluss der Behandlung eine Rezidivprophylaxe durchgeführt werden soll. Man kann hier die voraussichtliche Sitzungsanzahl eintragen oder aber auch ankreuzen, dass dies noch nicht absehbar sei bzw. eventuell ein Fortführungsantrag geplant ist.

Als Rezidivprophylaxe können bei einem Behandlungsumfang von mehr als 40 Sitzungen insgesamt 8 Sitzungen angegeben werden. Beträgt der Behandlungsumfang 60 oder mehr Stunden, können maximal 16 Sitzungen zur Rezidivprophylaxe verwendet werden. Die solchermaßen „gesparten“ Sitzungen können über einen Zeitraum von zwei Jahren gestreckt werden (siehe auch Punkt 2.2.5 Fortführungsantrag).

Anders als bei Kurzzeittherapien erfordert die Langzeittherapie einen Bericht an den Gutachter, der dem Antrag auf PTV 2 im geschlossenen Umschlag (PTV 8) beigelegt werden muss.

Inhalt des Umschlags PTV 8:

image Ein Durchschlag von PTV 2

image Der Bericht an den Gutachter gemäß PTV 3 (siehe Punkt 6 Aufbau des Berichts zum Langzeittherapieantrag und Umwandlungsantrag)

image Der Durchschlag des Konsiliarberichts mit geschwärztem Namen des Patienten und sichtbarem Bericht des Konsiliararztes

image Eventuell weitere anonymisierte Berichte, Arztberichte, Klinikberichte etc.

Wurde zuvor bereits eine Akuttherapie im Umfang von 12 Sitzungen oder eine Kurzzeittherapie im Umfang von 12 bzw. 24 Sitzungen durchgeführt, so können diese in eine Langzeittherapie umgewandelt werden.

Die Umwandlung in Langzeittherapie (üblicherweise, allerdings nicht zwingend mit 60 Sitzungen) soll spätestens nach 8 Sitzungen KZT 2 erfolgen (also nach insgesamt 20 KZT-Sitzungen). Die Kontingente für die Kurzzeittherapien werden bei der Umwandlung auf das Kontingent der Langzeittherapie angerechnet. Je nachdem also, ob zuvor eine oder zwei Kurzzeittherapien oder eine Akuttherapie beantragt worden sind, können dann bei der Umwandlung lediglich 48 (60 minus 12) oder 36 (60 minus 24) Sitzungen neu beantragt werden.

Wie bei der Erstbeantragung einer Langzeittherapie muss beim Umwandlungsantrag dem Antrag PTV 2 der geschlossene Umschlag (PTV 8) beigelegt werden, in dem der Bericht an den Gutachter, der Konsiliarbericht, der Durchschlag von PTV 2 sowie eventuell weitere Berichte, Klinikberichte etc. beigefügt werden (siehe die Aufzählung oben).

Beim Umwandlungsantrag wird dem sechs Punkte umfassenden Erstbericht ein siebter Punkt angehängt, in dem der Verlauf der bislang durchgeführten Sitzungen geschildert werden soll. Darin soll berichtet werden, welche Ziele bereits erreicht werden konnten, welche Schwierigkeiten sich eventuell zwischenzeitlich ergeben haben, welche krankheitswertigen Symptome noch vorhanden sind und was in den neu beantragten Sitzungen erreicht werden soll. Hinzuweisen ist hier zudem auch auf die geplante Beendigung der Behandlung mit eventuell gestreckten Terminen für die Rezidivprophylaxe (zur Ausführung siehe die Beispiele in Abschnitt 7 Umwandlung einer Kurzzeittherapie in eine Langzeittherapie).

2.2.4 Gruppentherapie (EBM-Ziffern bei KZT 3554X; bei LZT 3555X)

Zur Durchführung einer Gruppentherapie bedarf es auf Seiten des Therapeuten eines Fachkundenachweises.

Einzel- und Gruppentherapien können sowohl als „reine“ Verfahren durchgeführt werden als auch in Kombination miteinander. Hierbei ist sogar der Einsatz zweier verschiedener Therapeuten möglich. Dies muss selbstverständlich im Bericht an den Gutachter begründet werden. Dazu ist auf Bogen PTV 2 anzugeben, ob „überwiegend Einzeltherapie“ oder „überwiegend Gruppentherapie“ durchgeführt werden soll. Das Verhältnis gilt bereits dann als überwiegend, wenn lediglich eine Sitzung im Überhang ist (also beispielsweise bei beantragten 60 Sitzungen Langzeittherapie 31 Sitzungen Einzeltherapie und 29 Sitzungen Gruppentherapie, oder umgekehrt).

Gruppentherapien können sowohl mit Erwachsenen als auch mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt werden (Psychotherapie-Richtlinie, Stand: 21.12.2018).

Die Bewilligungsschritte (Kurzzeittherapie, Langzeittherapie, Höchstgrenze 80) sind mit denen bei Einzeltherapie identisch, wobei jeweils eine Einzelsitzung à 50 Minuten in eine Gruppendoppelsitzung à 100 Minuten umgerechnet werden kann.

Die Gruppengröße kann zwischen drei und neun Teilnehmende betragen, wobei die jeweils letzte Position der EBM-Ziffer die Anzahl der Teilnehmenden kennzeichnet. Für die Kurzzeittherapie gelten hierzu die Ziffern 35543 bis 35549, für die Langzeittherapie die Ziffern 35553 bis 35559.

Da die Gruppengröße bei Antragstellung häufig nicht genau vorhersehbar ist und im Laufe der Wochen und Monate der Durchführung (durch Ausfälle oder Neuzugänge) naturgemäß schwankt, kann bei der Beantragung die letzte Position, die auf die Patientenzahl hinweist, praktischerweise durch ein „X“ ersetzt werden. Also bei Kurzzeittherapie 3554X, bei Langzeittherapie 3555X. Eine Festlegung auf eine bestimmte Gruppengröße ist also bei Antragstellung nicht nötig.

Auch bei einer reinen Gruppentherapie steht es dem Therapeuten frei – ohne besonderen Antrag – gelegentlich im Umfang von 10 % der Gruppensitzungen zusätzlich eine Einzelsitzung einzufügen. Werden also etwa 60 Gruppensitzungen beantragt, so können zwischendurch zusätzlich und ohne Antrag sechs Einzelsitzungen durchgeführt werden.

Des Weiteren besteht bei einer genehmigten Kombinationsbehandlung die Möglichkeit, jeweils im Verhältnis von 50 Minuten Einzeltherapie zu 100 Minuten Gruppentherapie ohne Anzeige gegenüber der Krankenkasse in das jeweils andere Setting überzuwechseln.

Auf PTV 2 ist anzukreuzen, ob ausschließlich Einzeltherapie, ausschließlich Gruppentherapie oder eine Kombinationsbehandlung mit überwiegend Einzeltherapie oder überwiegend Gruppentherapie durchgeführt werden soll und ob eventuell eine Kombinationsbehandlung durch zwei Therapeuten durchgeführt wird.

2.2.5 Fortführungsantrag (EBM-Ziffer 35425)

Sollten im Ausnahmefall 60 Sitzungen nicht ausreichen, um ein befriedigendes Behandlungsergebnis zu erzielen, so ist es möglich, auf PTV 2 einen Fortführungsantrag für weitere 20 Sitzungen (also insgesamt 80 Sitzungen) zu stellen.