Christian Kreiß

Das Mephisto-Prinzip in unserer Wirtschaft

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Ziele Mephistos

3. Wichtige Grundannahmen der heutigen Wirtschaftswissenschaften

a. Unersättlichkeit

b. Zinseszins ist gut, richtig und wichtig

c. Eigentum in beliebiger Höhe ist gut, richtig und wichtig

d. Gewinnmaximierung von Unternehmen

e. Konsumenten sind rationale, durch Eigeninteresse gesteuerte Nutzenmaximierer (homo oeconomicus)

f. Konkurrenz statt Kooperation, gegeneinander statt miteinander

g. Die unsichtbare Hand des Marktes macht alles gut

4. Auswirkungen der Grundannahmen auf Wirtschaft und Gesellschaft

a. Zinseszins ist gut, richtig und wichtig

i. Zinseszins, Umweltzerstörung und Kurzfristdenken

ii. Die Rolle des WACC

iii. Die fragwürdige moralische Legitimation von Zinsen und Dividenden

iv. Die moralischen Auswirkungen des Zinseszins-Denkens

b. Zinseszins kombiniert mit unbegrenzter Vermögensanhäufung

i. Unsichtbare Zahlungsströme: Wer zahlt an wen?

1. Erstes Beispiel: Unser täglich‘ Brot

2. Leistungslose Einkommen

3. Reichensteuer

4. Zweites Beispiel: Grund und Boden

5. Drittes Beispiel: Gewinne und Dividenden

6. Viertes Beispiel: Zinseszins und die Geschichte vom „Josephspfennig“

i. Wie wird man reich?

ii. Das Durcheinandermengen von Entrepreneur- und Rentenkapitalismus

iii. Ungleichverteilung und Machtkonzentration

iv. Weltweite Blasenbildungen und Überkapazitäten

v. Regelmäßig wiederkehrende Überproduktionskrisen

vi. Zins und Religionen

c. Die Folgen der Gewinnmaximierung

i. Gewinn als Ergebnis, nicht als Ziel

ii. Der Siegeszug der Gewinnmaximierung

iii. Ein grundsätzlicher Zielkonflikt

iv. Kundenbetrug und Konsumentenübervorteilung

v. Mitarbeiter als Produktionsfaktoren statt als Menschen

vi. Karriere und Aufstieg der Rücksichtslosen und Asozialen

vii. Mörderischer Wettbewerb zwischen den Unternehmen

viii. Hauen und Stechen zwischen Zulieferern und Abnehmern

ix. Steuersparmodelle, Steuerflucht und Betrug an der Allgemeinheit

x. Systematische Umweltzerstörung

xi. Gesundheit

1. Pharmaindustrie

2. Impfstoffhersteller

3. Lebensmittelindustrie

4. Übergewicht und Fettsucht

5. Volkssuchten und Volksdrogen

6. Volkskrankheiten

xii. Gewinnmaximierung und Wahrheit

1. Gekaufte Wissenschaft: Unterwanderung der Wahrheit durch subtile Bestechung

2. Der Missbrauch der Begriffe „Wert“ und „value“

3. Werbung: Irreführung, Unehrlichkeit und Lüge werden zum Massenphänomen

4. Was steckt dahinter?

xiii. Fazit

b. Unnötige Arbeit

i. Das große Versprechen: Das kommende Zeitalter der Freizeit und der Fülle

ii. Unproduktive Erwerbstätigkeiten

iii. Geplanter Verschleiß

iv. Unnötige Werbung

v. Mindestens 50% bullshit jobs?

vi. Was steckt dahinter?

c. Trivialität und innere Leere

d. Verwirrung hervorrufen

i. Die erste Verzerrung: Verfälschung durch Einschalt- oder Leserquoten

ii. Die zweite Verzerrung: Rücksichtnahme auf die Interessen der Werbegeldgeber

iii. Die dritte Verzerrung: Rücksichtnahme auf die Eigentümer

iv. Die vierte Verzerrung: Das Oligopol der Nachrichtenagenturen ap, reuters-thomson und afp

v. Verzerrte Berichterstattung bei wikipedia

vi. Fazit zu Pluralität und Objektivität unserer Medien

vii. Mephisto und die Wahrheit

viii. Haupt- und Nebeneffekt vernebeln, vom Wesentlichen ablenken

1. Computerspiele

2. Pressefreiheit und Medien in Privateigentum

3. Meinungsfreiheit für Konzerne

e. Nationalismus, Völkerfeindschaften und Konflikte fördern

i. Völker gegeneinander aufbringen

ii. Mephisto und der Euro

h. Nutzenmaximierung, Utilitarismus und Egoismus

i. Eine weltanschauliche Verirrung

ii. Unvermeidbaren Wohlstand benutzen, um Menschen in Materialismus und Egoismus zu stürzen

iii. Materialismus und Egoismus

iv. Egoismus, Partikularinteressen und Gruppenegoismus

v. Egoismus im Endstadium

1. Krieg aller gegen alle

2. „Tierischer als jedes Tier“

• Mord und Gewalt in den Medien

• Pornographie

5. Mittel und Wege

6. Jenseits der Ökonomie

a. Schulsystem

1. Unser bestehendes Staatsschulsystem: Eine Fehlkonstruktion

2. „Schafft die Schule ab“

3. Ein Lösungsansatz: Freie, selbstverwaltete Schulen

b. Hochschulsystem

1. Ausbildung statt Bildung

2. Ein Lösungsansatz: Freie, selbstverwaltete Hochschulen

c. Schönheit und Ästhetik

1. Warum bauen wir heute so hässlich?

2. Schönheit und Wahrheit

3. Was steckt dahinter?

4. Aufruf zur Welt-Verschönerung

d. Hinter den Kulissen der Wirtschaftswissenschaften: Der Kampf um die Ausschaltung des Christentums

7. Wege in eine menschliche Wirtschaft

a. Was können wir gemeinsam tun?

i. Lasst uns die Ökonomie-Lehrbücher umschreiben!

1. Vom Reichtum der Natur und der Bescheidenheit des Menschen

2. Der große Unterschied zwischen kleinen und großen Vermögen

3. Zinseszins ist gefährlich!

4. Unternehmen sollen kundenorientiert arbeiten statt Gewinne zu maximieren

5. Wir brauchen keinen Homo Oeconomicus

6. Der Mythos der unsichtbaren Hand des Marktes

7. Integrative Wirtschaftsethik statt Glaube an die Allmacht des Marktes

8. Miteinander statt gegeneinander, Kooperation statt Konkurrenz, Gemeinwohlökonomie statt Egoismusökonomie

9. Fazit

ii. Politische Maßnahmen

1. Abwenden einer kommenden schweren Finanz- und Bereinigungskrise

• Einmalige Vermögensabgabe

• Erbschaftssteuer

• Abgabe auf nicht selbst genutzten Boden und Immobilien

2. Sonstige politische Maßnahmen

• Unternehmensvermögen

• Umlaufgesichertes Geld

• Reform des Schul- und Hochschulsystems

• Werbeeinschränkungen und – verteuerungen

• Reduzierung der Jahresarbeitszeit

• Luxussteuer

• Fremdkapital begrenzen

• Obergrenze für Managergehälter

3. Umsetzung

b. Was kann jeder Einzelne tun?

i. Unnötigen Konsum vermeiden

ii. Verantwortlicher Umgang mit Kapital und Zinsen

iii. Verantwortlicher Umgang mit Lebenszeit

8. Zusammenfassung und Resümee

a. Zusammenfassung b. Die Aufgabe von Mephisto

9. Ausblick. Statt einer Dystopie: Wie schön könnte unsere Welt werden!

a. Das Zeitalter der Freizeit und der Fülle (The Age of Leisure and Abundance)

i. 20-Stunden-woche statt 40-Stunden-Woche Regelarbeitszeit

ii. Können wir uns das überhaupt leisten? Können wir davon leben?

iii. Was sollen wir mit der ganzen freiwerdenden Zeit anfangen?

b. Ausblick auf das Jahr 2050

i. Berufswelt

1. Führen Sie schon oder herrschen Sie noch?

2. Der Weg zur Arbeit/ Verkehr

ii. Wohnen

iii. Gesundheit

1. Essen

2. Medizin

iv. Produkte

1. Menge und Art

2. Lebensdauer

3. Sharing und Wiederverwerten

v. Energieversorgung und -verbrauch

vi. Bildung

1. Schulen

2. Hochschulen

vii. Kultur und soziales Leben

viii. Politik

c. Schluss

Literaturverzeichnis

Einleitung

Wenn Mephisto, die bekannte Figur aus Goethes „Faust“, unsere Wirtschaftsgesetze machen könnte, was würde er dann tun? Nun, das Ziel von Mephisto ist ziemlich klar. Er sagt an einer Stelle „Ihr wisst, wie wir in tief verruchten Stunden Vernichtung sannen menschlichem Geschlecht“ (Faust Teil 2, Grablegung). Er will also das Menschengeschlecht so stark wie möglich schädigen.

Wie kann man das am besten tun? Unter diesem Blickwinkel soll im Folgenden unser heutiges Wirtschaftssystem untersucht werden. Es geht also um die Fragestellung eines Advocatus Diaboli: Wie kann man die Regeln, die Gesetze, die Wirtschaftsordnung, so gestalten, dass die Menschen geschädigt werden? Wichtig ist dabei, dass wir es nicht durchschauen. Denn wer würde heute schon ganz offen für schlimme Pläne sein? Wie würde solch ein mephistophelischer Plan also konkret aussehen und umgesetzt?

Ich glaube, es ist sehr hilfreich, einmal einen Blick auf unseren sozialen Organismus mit dieser Fragestellung zu werfen, mit der Hypothese, es gäbe Kräfte oder Bestrebungen, in diese Richtung zu wirken. Der Leser wird rasch bemerken, wie man mit Hilfe dieses Ansatzes Phänomene in unserem Wirtschaftsleben erklären kann, die vorher nur schwer erklärbar schienen.

Um diese Fragestellung zu verfolgen, wird folgendermaßen vorgegangen. Zunächst wird untersucht, welche Absichten ein Advocatus Diaboli haben könnte und wie er sie konkret umsetzen wollen würde. Der „Advocatus Diaboli“ oder „Anwalt des Teufels“ war ursprünglich ein katholischer Priester, der vor der Heiligsprechung eines Menschen alle schlechten Eigenschaften der Person aufführen musste. Erst wenn alle negativen Einwände entkräftet waren, konnte der Mensch durch die katholische Kirche heiliggesprochen werden. Der Gegenpart dazu war der „Advocatus Dei“, der Anwalt Gottes. Es ging also nicht darum, einen Menschen schlecht zu machen, sondern alle möglichen Schlechtigkeiten zu entkräften.

Es werden im Folgenden zunächst die wichtigsten Ziele Mephistos beschrieben. Dann wird untersucht, auf welchen Grundannahmen die heutigen Wirtschaftswissenschaften aufbauen. Im Anschluss werden die Auswirkungen dieser Annahmen auf das reale ökonomische Leben und die Gesellschaft aufgezeigt und die Mittel und Wege besprochen, wie das erreicht wird. Es folgt ein Blick auf gesellschaftliche Bereiche jenseits der Ökonomie. Am Schluss werden Wege in eine menschliche, nicht-mephistophelische Wirtschaft aufgezeigt und wie solch eine Welt aussehen könnte.

Die Ziele Mephistos

Das Hauptziel Mephistos ist, uns Menschen nicht zu fördern, sondern zu schaden. Also beispielsweise statt die Ideale der französischen Revolution, Freiheit, Gleichheit Brüderlichkeit, deren Gegenteil anzustreben: Unfreiheit, Ungleichheit und Unbrüderlichkeit. Ein anderes Ziel Mephistos wäre, uns Menschen möglichst davon abzuhalten, die hohen menschheitlichen Ideale, das Wahre, Schöne und Gute zu verfolgen. Stattdessen sollen wir ihr Gegenteil anstreben: Das Unwahre, Unschöne und Ungute. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der Egoismus. Aus dem Egoismus folgen von alleine Gier, Neid, Habsucht, Rücksichtslosigkeit und eine ganze Menge weiterer schädlicher Eigenschaften. Je stärker die Menschen in den Egoismus getrieben werden, desto schlimmer werden die gesellschaftlichen Zustände. Also ist eines der wichtigsten Ziele Mephistos, den Egoismus so stark zu fördern wie möglich, um die Menschen damit auf die schiefe Bahn zu bringen, zum Bösen zu verleiten.

Der von Goethe verwendete Name „Mephistopheles“, abgekürzt „Mephisto“ kommt von den beiden hebräischen Begriffen „mephir“ (Zerstörer, Verderber) und „tophel“ (Lügner). Von letzterem stammt der deutsche Begriff „Teufel“ ab. Neben dem Egoismus spielt also die Lüge eine ganz besonders wichtige Rolle. Je stärker Lüge und Unaufrichtigkeit verbreitet sind, ein umso leichteres Spiel hat Mephisto. Denn kaum ein Mensch ist heute bereit, bewusst und willentlich die schiefe Bahn zu betreten oder bewusst Böses zu tun.

Deshalb erreicht Mephisto seine Ziele am besten, wenn er unehrlich, lügnerisch vorgeht, wenn zunächst einmal die Begriffe verwirrt werden, um uns Menschen den Kompass zu nehmen. Denn wenn erst einmal das Denken verwirrt und auf eine schiefe Bahn gelenkt ist, kommen die schädlichen Auswirkungen von ganz alleine. Wie wir heute denken, so wird in einer oder mehreren Generationen die Welt aussehen. Ein Haus entsteht aus einem Architektenplan, eine Brücke oder eine Maschine aus dem Plan eines Ingenieurs, eine Therapie folgt einer Diagnose. Wenn die Pläne, Analysen und Diagnosen falsch sind, werden auch die gesellschaftlichen Folgen falsch und schädlich sein. Deshalb ist der allererste und wichtigste Ansatz von Mephisto, die Theorien, das Denken auf eine unheilvolle Bahn zu lenken.

Angewendet auf unser Wirtschaftsleben heißt das, es müssen möglichst falsche und schädliche Grundannahmen oder Axiome eingeführt werden, die aber auf den ersten Blick plausibel, gut und vernünftig erscheinen. Wenn die Theoriegebäude der Ökonomen auf schlechten oder unheilvollen Grundannahmen aufgebaut sind, folgen die schädlichen gesellschaftlichen Ergebnisse von ganz alleine. Deshalb werden im ersten Schritt die heute gängigen Grundannahmen der Wirtschaftswissenschaften beschrieben.