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ISBN: 978-3-8391-5834-0

©Eike Grund im Januar 2000

Vorwort

Diese Anleitung entstand praktisch von selbst. Anfangs als "Erste Hilfe" für Käufer alter Radios gedacht, Teil 1 und Teil 2 noch in einer Datei zusammengefasst, trieb die Nachfrage nach dieser Unterlage den Autor über drei Jahre zu ständigen Ergänzungen. Bedingt durch diese Erweiterungen war eine gewisse Redundanz nicht vermeidbar, ist aber in einem Nachschlagewerk auch nicht störend.

Die Überführung dieser Anleitung in die Buchform hatte im wesentlichen folgende Gründe: Der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, aber auch die Leser ohne Internetanschluss erreichen zu können und die kostspieligen Ausdrucke im Tintendrucker mit vielen farbigen Abbildungen zu vermeiden.

Dieses Buch wurde für Nichtfachleute geschrieben. Für solche, die mit der Funktion von Röhrenradios nicht vertraut sind. Aber es ist kein Lehrbuch. Der Laie wird zur Vertiefung und zum Einstieg in Grundlagen, Lehrbücher hinzuziehen müssen. Wer aber mit den Grundlagen der Elektrotechnik vertraut ist, dem sollte diese Unterlage ausreichen. Viele Radiofreunde haben sich schon mit Hilfe dieser Anleitung in die Geheimnisse der Reparaturpraxis eingearbeitet und erfolgreich ihre Radios nicht nur “zum Laufen“ gebracht, sondern auch zu Klangwundern und Schmuckstücken im Wohnzimmer gemacht.

Ein weiteres Anliegen dieses Buches liegt in der Absicht, auch nachfolgenden Generationen den Umgang mit den Röhrenradios der 50er und 60er Jahre zu ermöglichen, bzw. die wichtigsten Kenntnisse zur Reparatur, Pflege und zum Betrieb dieser Geräte zu vermitteln bzw. zu konservieren.

Warum aber die Einschränkung auf die Radios der 50er und der frühen 60er Jahre? Weil für eine Wiederinbetriebnahme und weitere Nutzung eines Radios der UKW-Empfang wesentlich ist und weil der Umgang mit Wechselstromgeräten für den Laien einfacher, vor allem ungefährlicher ist.

Und damit sind wir schon bei dem wichtigsten Punkt, bei den Gefahren durch elektrisch leitende, spannungsführende Teile. Auch in den 50er / 60er Jahren wurden Geräte gebaut, bei denen Netzspannung am Chassis liegt.

Ich treffe immer wieder auf stolze Besitzer von Flohmarkt- bzw. ebay- Radios, deren Geräte sich bei näherem Hinsehen als stark verschmutzt und bei näherem Hinhören als defekt darstellen. Dieses Buch möge bei der Beseitigung solcher Mängel helfen.

Ebenso unbekannt sind die Sicherheitsrisiken beim Betrieb alter, technisch nicht überprüfter Radios. Die Sicherheitshinweise werden daher in diesem Buch vorangestellt und auch in verschiedenen Kapiteln immer wieder aufgegriffen.

Leider bleibt die Qualität der in diesem Buch verwendeten schwarz-weiß- Fotos gegenüber den Farbfotos am Rechnerbildschirm etwas zurück. Die Fotos dieses Buches können daher in Farbe aus dem Internet heruntergeladen werden. Verwenden Sie hierzu bitte die Adresse:

www.radios-der-50er-jahre.de

Damit dieses Buch nicht zu einem unhandlichen Wälzer wird und ein Arbeitsbuch bleiben kann, werden auf der angegebenen WEB-Seite auch weitere Detaillierungen einzelner Reparaturmaßnahmen und Leserfragen abgehandelt, bzw. nach und nach ergänzt werden. Hinweise oder Fragen zu diesem Buch können an:

buch@egrund.de

gesandt werden.

Außerdem findet der Leser in der oben genannten WEB-Seite die Wegweiser zu den Bildergalerien des Verfassers mit ca. 150 Radios (Stand 2004) und vielen Hinweisen zur Technik und zu durchgeführten Reparaturmaßnahmen.

In die vorliegende zweite Ausgabe (erste Ausgabe 4/2003) sind Korrekturen von Schreibfehlern, aber auch Erweiterungen eingeflossen, die im Seminar “Radioreparatur in Theorie und Praxis“ abgehandelt wurden. Diese Erweiterungen stehen den Lesern der ersten Ausgabe im Internet zur Verfügung. Hinweise zu dem genannten Seminar findet der Leser ebenfalls in der oben genannten Internetpräsenz.

Noch eine Anmerkung zur Rechtschreibung: In diesem Buch wird die Rechtschreibreform des Jahres 1998 nur in geringem Umfang berücksichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Sicherheitshinweise

Teil 1: Demontage und Generalreinigung

1.01     Allgemeine Hinweise zum Teil 1

1.02     Es kann losgehen – ein Blick hinter die Rückwand

1.03     Der Ausbau des Chassis

1.04     Glück und Glas …

1.05     Weitere Reinigung

1.06     Gute Kontakte

1.07     Der Skalenantrieb

1.08     Eine abschließende Durchsicht

1.09     Das Gehäuse

1.10     Zusammenbau und Inbetriebnahme

1.11     Typische Merkmale der Radios aus den 50er Jahren

Teil 2: Störungsursachen und deren Behebung

2.01     Allgemeine Hinweise zum Teil 2

2.02     Nichts geht mehr

2.03     Vorsicht, Hochspannung!

2.04     Ein Beispiel für die Röhrenbestückung

2.05     Hochfrequenz (Hf) und Niederfrequenz (Nf)

2.06     Es brummt

2.07     Kleine Antennenkunde

2.08     Strom und Spannung

2.09     Bauteile: Theorie und Tips

2.09.1  Spulen

2.09.2  Bandfilter

2.09.3  Widerstände

2.09.4  Potentiometer

2.09.5  Kondensatoren

2.09.6  Drehkondensatoren

2.09.7  Trimmer (-Kondensatoren)

2.09.8  Gleichrichter

2.09.9  Röhren

2.09.10 Lautsprecher

2.09.11Übertrager

2.10     Abgleicharbeiten mit einfachen Mitteln

2.11     Entwicklungsgeschichte und Datierung

Teil 3: Grundlagen

3.01     Der Überlagerungsempfänger

3.02     Der Nf- Verstärker und Klangregelnetzwerke

3.03     Der Zf- Verstärker

3.04     In die Röhre schauen – ECC85 im UKW- Tuner

3.05     Die Mischstufe

3.06     Der Oszillator

3.07     Der Ratiodetektor

3.08     Gleichrichterschaltungen im Netzteil

3.09     Maßeinheiten und Formeln – Messen für Anfänger

3.10     Der vollständige Stromlaufplan (Schaltbild)

Teil 4: Checklisten

4.01     … für den Kauf auf dem Flohmarkt

4.02     … für elektrische Funktionen

4.03     Fehlersuche und Störungsbilder nach Stichworten

Teil 5: Für Fortgeschrittene

5.01     Welche Messgeräte?

5.02     Rundfunkempfänger- Abgleichverfahren

5.03     Selbstbau eines einfachen Wobblers

5.04     Schaltungsanalyse im HF- Bereich: Die Vorstufe

Teil 6: Technische Besonderheiten

6.01     Automatischer Sendersuchlauf (SABA)

6.02     Der Syntektor (KÖRTING)

6.03     Die eisenlose Endstufe (PHILIPS)

6.04     Motorsteuerung und Stationsselektor (PHILIPS und GRUNDIG)

6.05     Zusätzliche Verstärkerstufen im Hochfrequenzteil

6.06     Das Tefi Schallbandsystem

Teil 7: Detaillierte Anleitungen

7.01     Netzschalterersatz

7.02     Gleichrichterersatz

7.03     Ersatz von Elektrolytkondensatoren

7.04     Kondensatoren: Tauschen oder nicht tauschen?

7.05     Ersatz von Kupplungsbelägen

7.06     Reparatur eines elektrostatischen Lautsprechers

7.07     Beispielhafte Reparaturfälle

7.08     Totalsanierung – ein Beispiel

7.09     Neulackierung eines Holzgehäuses

Anhang 1: Begriffe und Abkürzungen

Anhang 2: Bezugsquellen

Anhang 3: Literaturhinweise

Anhang 4: Leserstimmen

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NORDMENDE Tannhäuser 58

Sicherheitshinweise

Die Radios der 50er und 60er Jahre entsprachen zum Zeitpunkt des “in Verkehr bringens“ den einschlägigen Vorschriften zur elektrischen Sicherheit für Rundfunkgeräte, würden aber heute kaum in dieser Form auf den Markt gebracht werden können, weil sie den heutigen Vorschriften zur elektrischen Sicherheit nicht mehr genügen. Aber die Haftung der Hersteller zur Produktsicherheit (Produkthaftung) ist erloschen (verjährt).

Die Inbetriebnahme alter Radios erfolgt daher auf eigene Gefahr.

Früher wusste jeder um den Umgang mit diesen Geräten, heute ist das vermutlich in Vergessenheit geraten. Achten Sie daher bei der Aufstellung auf einen Abstand zur dahinterliegenden Wand, die Luft muss durch die Geräterückwand zirkulieren können. Denken Sie immer daran, dass im Gerät hohe Temperaturen auftreten und sich die Gehäuse erwärmen, ganz besonders bei den kleinen Radios. Lassen Sie das Gerät niemals bei Abwesenheit eingeschaltet. Ziehen Sie bei längerer Abwesenheit den Netzstecker, bzw. benutzen Sie für Ihre Röhrenradios grundsätzlich eine schaltbare Steckerleiste (manche Radios werden mit dem eingebauten Netzschalter nur einpolig vom Netz getrennt). Jahrzehnte alte Bauteile können unter ungünstigen Umständen “abfackeln”, bevor sie ihren Geist aufgeben. Wenn es sich um einen ersten Versuch der Inbetriebnahme bei einem noch unbekannten Gerät handelt, ist Vorsicht geboten. Mehr als 40 Jahre alte Bauteile können nicht bemerkbare Fehler haben. Kondensatoren können Partikel der Vergussmasse ausstoßen, im Extremfall explodieren (s. Hinweis auf S. 56). Elektrolytkondensatoren haben ein Ventil zum Ausstoß des Elektrolyts.

Eine Schutzbrille gehört daher zur Ausstattung des Reparaturplatzes.

Während der ersten Einschaltversuche bzw. eines mehrstündigen Probelaufs muss das Chassis daher aus Sicherheitsgründen im Gehäuse verbleiben. Achten Sie besonders darauf, dass die vorschriftsmäßigen Sicherungen im Gerät verwendet werden, Flohmarktgeräte sind gelegentlich mit Draht “gesichert”.

Unter ungünstigen Umständen kann dies zu einem Brand führen!

Der Laie, der nicht in der Lage ist die wichtigsten Ströme und Spannungen zu messen, darf ein Gerät, bei dem die Sicherung auslöst, nicht in Betrieb nehmen. Bei den meisten Geräten lässt sich die Rückwand ohne Verwendung von Werkzeugen abnehmen. Stellen Sie sicher, dass dies Ihre Kinder nicht entdecken. Ganz besondere Vorsicht ist bei Allstromgeräten (s. auch Abschnitt 2.08) geboten. Bei diesen sollten Sie unbedingt den Netzstecker ziehen, wenn das Gerät nicht in Betrieb ist und “kleine” (setzen Sie die Grenze nicht zu niedrig an) Kinder im Haus sind. Die Verwendung von Kindersicherungen an den Steckdosen sollte ohnehin selbstverständlich sein.

Aber auch bei einigen kleinen Wechselstromgeräten wurde manchmal aus Kostengründen auf einen Transformator für die Hochspannung verzichtet, so dass dieses Gefahrenpotential nicht allein an den U- Röhren erkennbar ist. Man kann den mit dem Chassis verbundenen Kontaktstift des Netzsteckers kennzeichnen und den Stecker immer so einstecken, das der Null- Leiter (der ebenfalls gekennzeichneten Steckdose) mit dem Chassis verbunden ist. Obwohl die Anschlusskabel der Radios meistens mit einem Schuko- Stecker ausgerüstet wurden, darf der Schutzkontakt nicht angeschlossen werden.

Nehmen Sie niemals ein Ihnen noch unbekanntes Gerät in Betrieb, solange Sie nicht wissen, ob es sich um ein Allstromgerät handelt. Hier müssen unbedingt die Isolierungen aller Befestigungsschrauben und auch die Madenschrauben der Drehknöpfe (s. Seite 47 unten) überprüft werden. Kein von außen berührbares Metallteil darf mit dem Chassis Kontakt haben. Bei Flohmarktgeräten ist mit solchen Sicherheitsmängeln zu rechnen, weil manchmal zugunsten des äußeren Eindrucks unsachgemäß geflickt wurde. PHILETTA's sind sowohl begehrte Flohmarktgeräte als auch typische Allstromgeräte.

Die in einem Radio erzeugte Anodengleichspannung kann in bestimmten Betriebszuständen mehr als 350 Volt betragen. Daher muss sehr konzentriert gearbeitet werden. Arbeiten Sie niemals unter Zeitdruck oder Ablenkung, wenn der Netzstecker eingesteckt oder das Gerät eingeschaltet ist. Auch der Autor dieses Buches bekommt hin und wieder “einen , gewischt” trotz aller Vorsichtsmaßnahmen (durch die schutzgeerdete Arbeitsleuchte zum Beispiel). Benutzen Sie nach Möglichkeit 12 Volt- Halogenleuchten ohne schutzgeerdete Teile. Sorgen Sie dafür, dass der gesamte Arbeitsplatz stromlos ist, wenn Sie diesen verlassen, auch bei sehr kurzfristiger Abwesenheit.

Nicht umsonst ist auf der Rückwand fast aller alten Radiogeräte der folgende Hinweis zu finden:

Vor Abnehmen der Rückwand Netzstecker ziehen!

Dieser Hinweis muss unbedingt befolgt werden. Hier führen ungeschützte Teile Spannung, 230 Volt aus dem Netz und bis zu 300 Volt Gleichspannung (in der Aufheizphase auch darüber) zur Versorgung der Röhren.

Nur der Fachmann weiß, was er berühren darf und was nicht. Nur der Fachmann ist in der Lage, die Gefährdungen auszuschließen und auch ein Messgerät mit Schutzleiterverbindung so anzuschließen, dass der Fehlstromschalter nicht auslöst. Auch wenn die Chassis der meisten Wechselstromgeräte von der Netzspannung entkoppelt sind, kann man sich – wegen möglicherweise defekter Bauteile – darauf nicht verlassen.

Prüfen Sie daher auch bei Wechselstromgeräten, ob das Chassis Verbindung mit dem Stromnetz hat. Dazu reicht ein üblicher Spannungsprüfer, wobei der Netzstecker auch “andersherum” eingesteckt, also umgepolt werden muss. Im Bild rechts ist eine mögliche Ursache zu sehen: Bei vielen Geräten liegt die Primärwicklung ein- oder beidseitig am Netz, typischerweise über einen 5nF Kondensator. Man kann diesen Kondensator auch ersatzlos weglassen, wenn ein geeigneter Ersatz (mit hoher Wechselspannungsfestigkeit!) nicht beschaffbar ist. Bei älteren Geräten liegt der Empfängereingang u. U. über einen Kondensator direkt am Netz – die sogenannte Netzantenne. Auch dieser Kondensator muss sorgfältig geprüft werden.

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Bei Geräten mit U- Röhren (deren Bezeichnung mit dem Buchstaben “U” beginnt) ist besondere Vorsicht geboten: Es handelt sich um sogenannte Allstromgeräte, die sowohl mit Wechselstrom als auch mit Gleichstrom betrieben werden können. Ein Relikt aus früheren Zeiten. Es gibt keine Entkopplung von der Netzspannung.

Hier darf der Laie niemals den Stecker bei abgenommenen Schutzdeckeln einstecken.

Gelegentlich erübrigt sich der Hinweis zum Ziehen des Netzsteckers, wenn aus der Rückwand nur ein kurz abgeschnittenes Netzkabel herausragt: Es handelt sich um ein Gerät vom Sperrmüll. Diese Geräte sind meistens äußerlich in einem schlechten Zustand, für den technischen Zustand des Innenlebens folgt dies jedoch nicht zwangsläufig. Man kann aber davon ausgehen, dass ein Sperrmüllradio schon längere Zeit außer Betrieb gewesen ist und geht entsprechend vorsichtig heran. Der Einschaltvorgang sollte in diesem Fall nur im Rahmen der im Teil 2 beschriebenen Messungen und Maßnahmen erfolgen.

Teil 1 Demontage und Generalreinigung

1.01 Allgemeine Hinweise zum Teil 1

Folgend (im Teil 1) werden vor allem die Maßnahmen beschrieben, die bei gezogenem Netzstecker durchgeführt werden können. Das sind die Reinigungsarbeiten und Reparaturen der Mechanik einschließlich des Gehäuses, aber auch der Austausch defekter Bauteile. Teil 1 erfordert lediglich Motivation, Geduld und etwas handwerkliches Geschick.

Geduld auch bei der Beschaffung von Ersatzteilen. Denn die großen Radiogerätehersteller haben fast alle Komponenten einschließlich der elektronischen Bauteile selbst hergestellt, bzw. nach eigenen Spezifikationen herstellen lassen. Für Ersatzteile muss daher meistens ein Gerät der gleichen Baureihe ausgeschlachtet werden. Diese Methode ist oft einfacher, als die mühsame Rekonstruktion defekter oder fehlender Teile. Von einigen Ausnahmen abgesehen, sind noch genügend Geräte als Ersatzteilträger beschaffbar. Weil aber Ersatzteile nicht beliebig zur Verfügung stehen, arbeitet man besonders vorsichtig bei Demontage und Montage, um dabei keinen Bruch zu machen.

Ein großer Teil der alten Radios “spielt“ bereits nach Abarbeitung des Teils 1, wenn alle Kontakte gereinigt wurden. Einige der im Teil 1 beschriebenen Prüfungen erfordern jedoch das kurzzeitige Einschalten des Gerätes. Dabei sollte das Chassis unbedingt im Gehäuse verbleiben und die Schutzbrille aufgesetzt werden.

Da wäre noch die Frage zu klären, ob ein altes Radio, das viele Jahre, manchmal Jahrzehnte, nicht in Betrieb war, überhaupt einfach so eingeschaltet werden kann. Es wäre in jedem Fall besser, dies mit den im Teil 2 beschriebenen Prüfungen schrittweise durchzuführen. Mit dem Teil 2 sollte man aber erst nach Abarbeitung des ersten Teils beginnen. Andererseits kann man annehmen, dass das Einschalten vor dem Verkauf des Gerätes vom Verkäufer mindestens versucht – oder vom Käufer noch vor Abschluss des Kaufs verlangt wurde. Schließlich möchte man auch den Zustand der Abstimmanzeigeröhre prüfen. Es ist normal, dass ältere Anzeigeröhren (das sind vor allem die runden, sog. Magischen Augen) verbraucht sind, also nicht mehr leuchten. Informieren Sie sich aber vorher über die Beschaffbarkeit und den Preis für diese Röhren, er könnte im oberen zweistelligen Bereich (€) liegen.

1.02 Es kann losgehen – ein Blick hinter die Rückwand

Suchen Sie sich einen ausreichend großen Arbeitsplatz und vereinbaren Sie mit Ihrer besseren Hälfte, dass dieser Platz möglicherweise einige Tage nicht aufgeräumt werden kann. Manche Geräte sind nach einigen Stunden wieder fit, es kann aber auch sehr viel länger dauern, wenn zum Beispiel auf Ersatzteile gewartet oder das Gehäuse lackiert werden muss.

Suchen Sie sich ein Blatt Papier und ein oder mehrere Behälter zur Aufnahme der Schrauben, Beilagscheiben und sonstiger Teile. Auf dem Papier dokumentieren Sie jede Schraube, jedes Teil das Sie entfernen. Denn es werden immer mehr und man verliert mit der Zeit die Übersicht. Denn noch wissen wir nicht, wie lange das Projekt dauern wird.

Große, schwere Geräte (20Kg- Bereich) sollten nicht an der Gehäuseoberseite oder nur an den Seitenteilen angehoben werden, es besteht Bruchgefahr an den geleimten Stellen, besonders dann, wenn das Radio feucht gelagert wurde. Sollte das Gehäuse stark verschmutzt sein, so kann man dies vorerst mit warmem Wasser und etwas (Kern)-Seife abwischen, bei Holz aber wieder trocknen.

Zunächst werden die Gehäusedeckel an der Rückseite und Unterseite entfernt. Beim unteren Deckel muss eventuell ein Draht abgelötet werden, meistens löst sich aber ein Kabelschuh beim Lockern der Befestigungsschraube (s. Bild links). Häufig findet man diesen Draht (die Öse) unbefestigt vor, weil dies bei einer früheren Inspektion vergessen wurde. Der untere Gehäusedeckel ist mit einer leitenden Beschichtung oder Folie versehen, daher muss eine Verbindung zum Massepotential hergestellt werden. Das ist wichtig,weil die Spulen des AM- Bereiches meistens an der Unterseite des Chassis angeordnet sind.

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Wir benötigen die ersten Werkzeuge: Einen Staubsauger und einen Pinsel, besser mehrere unterschiedlicher Größe. Der Staubsauger muss bis zur völligen Demontage einsatzbereit bleiben. Wenn Sie Glück haben, finden Sie im Innenraum des Gehäuses, manchmal unter dem unteren Gehäusedeckel oder unter einer Staubschicht versteckt, einen Stromlaufplan. Ebenfalls unter der Staubschicht verborgen können kleine Teile liegen, die sich irgendwann gelöst haben. Man sollte die Staubsaugerdüse entsprechend vorsichtig handhaben.

Die Dicke der Staubschicht ist grundsätzlich kein Qualitätskriterium, solange das Gerät noch Töne von sich gibt. Sollte das Gerät aber bereits stumm sein oder nur rudimentäre Lebenszeichen von sich geben, so muss nach Entfernen der Staubschicht unbedingt eine optische Inspektion des Innenraumes vorgenommen werden. Achten Sie auf lose Drähte, mechanische Schäden, Vollständigkeit der Röhren und sichtbare Spuren früherer Reparaturen oder eventuell abgefackelter Bauteile. Ist ein Bauteil sichtbar geschädigt, so kann angenommen werden, dass dessen Funktion eingeschränkt oder hinfällig ist (s. Kondensator im Bild links). Die Konsequenzen werden im Teil 2 dieses Buches behandelt. Lose Drähte können auch absichtlich abgelötet worden sein, um Schäden durch einen fehlerbedingten zu hohen Stromfluss zu vermeiden.

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Das nebenstehende Bild zeigt links eine Lasche am Chassis, an der unübersehbar ein Bauteil abgezwickt wurde. Nach dem dazu passenden Gegenstück muss nicht lange gesucht werden: Wir finden an den Anoden der Gleichrichterröhre EZ80 ebenfalls abgezwickte Drähte. Wenn wir jetzt den Abschnitt 2.08 schon gelesen hätten wüssten wir auch ohne Schaltbild, dass es sich um zwei Entstörkondensatoren handelt, die vermutlich aus Sicherheitsgründen entfernt wurden (die Abbildung S. 77 oben zeigt, warum). Dies erklärt auch, dass das Radio trotzdem “spielte“. Die Kondensatoren hatten den bei PHILIPS- Geräten typischen Wert von 6800pF, generell ist hier ein Wert von 4700pF üblich, bzw. ausreichend.

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Eine Prüfung auf Vollständigkeit der Innereien hat auch seine Tücken: Die Chassis haben viele Löcher (mit und ohne Gewinde) und Durchbrüche, in die jedoch gar keine Bauteile bzw. Schrauben hineingehören. Man hat natürlich versucht, nicht für jedes Modell und für jedes Baujahr neue Chassis, bzw. Stanzwerkzeuge entwickeln zu müssen.

Fällt ein Bauteil auf, das ohne Zweifel jünger als die serienmäßig eingebauten Teile ist (s. Bild rechts S.16 oben), so ist Vorsicht geboten. Es kann sich sowohl um einen ordnungsgemäßen Ersatz als auch um eine Bastelreparatur handeln. In diesem Fall handelt es sich um den berüchtigten Koppelkondensator. In der Bauform dieses Kondensators liegt jedoch ein Schönheitsfehler: Es sollten Bauteile mit axialen Anschlüssen verwendet werden.

Für diese ersten Inspektionen wird das Chassis keinesfalls ausgebaut, denn es ist – vor allem die Glasskala – in eingebautem Zustand am besten vor Beschädigungen geschützt. Reparaturen an der Elektrik werden daher nach Möglichkeit ohne Ausbau des Chassis durchgeführt. Man stellt das Radio dazu mit den Seitenflächen auf eine weiche Unterlage. vorbehalten. Die beobachteten Auffälligkeiten werden zunächst notiert. Erst wenn alle wesentlichen Mängel im mechanischen Bereich behoben wurden, beginnt man sinnvollerweise mit den elektrischen Reparaturen. Denn die eventuell erforderliche Beschaffung zu ersetzender mechanischer Teile wäre das größere Problem. Erst wenn der gesamte Ersatzteilbedarf feststeht, sollte man sich um die Beschaffbarkeit kümmern.

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Ist der optische Eindruck gut aber das Gerät stumm und ohne sonstige Regungen, muss das kein schlechtes Zeichen sein. Es könnte sich um ein einfaches Problem im Bereich der Spannungszuführung handeln. Wenn Sie nun noch leicht an die Glasskala klopfen, kurz alle Tasten und Knöpfe betätigen, kann es weitergehen. Festsitzende oder schwergängige Tasten und Stellknöpfe sind jedoch ein deutlicher Hinweis auf eine längere Projektdauer.

Als Folge schwergängiger Mechanik kann das Gestänge zur Betätigung der Kontakte auch mal brechen. Das Bild unten rechts zeigt den abgebrochenen Betätigungshebel des Netzschalters eines GRUNDIG Gerätes. Das hat mehrere Probleme zur Folge: Man kennt die Form des vollständigen Hebels nicht, falls das abgebrochene Stück nicht mehr im Gerät liegt. Der Ausbau solcher Hebel erfordert Geduld und Zeit. Man ist auf ein Gerät der gleichen Baureihe zur Ersatzteilgewinnung angewiesen.

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1.03 Der Ausbau des Chassis

Zunächst muss untersucht werden, welche Drähte abzulöten sind. Im günstigsten Fall sind dies nur die Verbindungen zu den Lautsprechern. Falls der untere Gehäusedeckel nicht entfernt wurde, darf die Masseverbindung (s. Abschnitt 1.02 – Seite 14) nicht vergessen werden. Auch diese Arbeiten müssen sorgfältig dokumentiert werden, die Drähte dürfen beim späteren Zusammenbau nicht vertauscht werden. Moderne Geräte aus den 60er Jahren haben eventuell Steckverbindungen bei den internen Kabeln. In älteren Geräten aus den frühen 50ern ist die Halterung für das Magische Auge möglicherweise am Gehäuse befestigt, auch kleinere Drucktastenfelder können zusätzlich – am Gehäuse befestigt – vorhanden sein. Bei der Anzeigeröhre kann die Fassung abgezogen werden, aber Vorsicht: Die älteren Magischen Augen haben einen angeklebten Sockel, der wie ein rohes Ei behandelt werden muss, damit dieser nicht vom Glaskolben gelöst wird. Denn noch wissen wir nicht, ob das Anzeigerohr noch lebt. Ebenfalls bei älteren Geräten kann es vorkommen, dass die Skala nicht am Chassis, sondern am Gehäuse befestigt ist, dann müssen die Bedienknöpfe vorher entfernt werden.

Wenn Sie nun den Eindruck haben, alle Drähte gelöst zu haben, machen wir uns an die Schrauben an der Gehäuseunterseite. Das Chassis wird durch Schrauben am Gehäuseunterboden gehalten (im Normalfall vier, manchmal auch mehr). Sind alle Schrauben mit Beilagscheiben entfernt, werden Sie feststellen, dass die dazugehörigen Gummidämpfer noch gut kleben. Man versucht, das Chassis vorsichtig mit einem Schraubendreher abzuheben. Je nach Ausführung fallen die Gummidämpfer nun herab oder bleiben haften, bzw. sind im Chassis oder im Gehäuse eingelassen.

Bei kleineren Geräten wird das Chassis manchmal auf seitlichen Schienen geführt und nach hinten herausgezogen. Die Befestigungsschrauben sind häufig gut versteckt. Mit diesen Schrauben wird manchmal auch die Ausrichtung der Chassisvorderseite justiert, was sich auf die Tastenbetätigung auswirken kann. Die Schrauben haben Sicherungsscheiben und werden zusätzlich mit Lack gesichert. Das Bild oben zeigt diese Befestigungsart am Beispiel einer Philetta. Am linken Bildrand ist das Langloch zu erkennen, das eine Justierung ermöglicht, ganz rechts erkennt man die mit Lack gesicherte Befestigungsschraube. Damit die Kunststoffbolzen mit Innengewinde nicht platzen, werden die Schrauben sanft mit Gefühl angezogen und anschließend mit Lack gesichert. Kleine Radios mit Kunststoffgehäusen müssen daher beim Versand sehr weich gelagert werden, die Befestigungselemente können bei starken Erschütterungen ausbrechen. Das trifft besonders für Wechselstromgeräte zu, die wegen des Netztransformators eine größere Masse besitzen. Das Bild auf Seite 17 zeigt auch die Rückseite der Tastenkappen, die in diesem Fall ohne Demontage mühelos von innen, wie im Abschnitt 1.05 – Seite 24 beschrieben, mit einem Wattestäbchen gereinigt werden können.

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Sobald sich das Chassis bewegt, muss auf die Glasskala des Gerätes geachtet werden. Dieses kostbarste Stück des Gerätes kann sich verklemmen oder auch festkleben. Daher machen wir uns sofort nach Ausbau des Chassis an den Ausbau der Glasskala, damit diese an einem sicheren Ort verwahrt werden kann. Dazu müssen alle Bedienknöpfe entfernt werden, was manchmal auch etwas Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert. Achten Sie auf unterschiedliche Ausführungen rechts und links. Die meisten Knöpfe sind durch Madenschrauben gesichert. Einige, besonders die der Klangregler, auch durch Federn. Diese Knöpfe werden einfach abgezogen, in einigen Fällen muss dazu die Feder (im Bild links ist die Nut zur Aufnahme der Feder deutlich zu erkennen) mit einem kleinen Schraubendreher angedrückt werden. Aber manchmal sitzen Bedienknöpfe einfach fest. Und dann kann es passieren, dass man sie nicht in einem Stück lösen kann (s. kleines Bild links). Für solche Fälle hilft die Heißklebepistole mit einer möglichst harten Patrone, ein Bohrer dient als Dorn (s. kleines Bild rechts). Wichtig ist ein möglichst gleicher Farbton, damit die Reparatur nicht von außen zu sehen ist.

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Die Skala ist an den Halterungen in Gummi eingebettet. Diese Gummis sind wichtig, können bei Bedarf neu zugeschnitten werden oder durch Textilklebestreifen, evtl. mehrlagig, ersetzt werden.

Der Skalenrand ist gegen das Gehäuse mit Schaumgummistreifen isoliert, auch damit es nicht zu Klirrgeräuschen kommt. Daher müssen diese später unbedingt ersetzt werden, sie zerfallen bei älteren Geräten. Auch hier kann später aus handelsüblichen Materialien Ersatz zugeschnitten werden. Wenn wir nun alle zugänglich gewordenen Nischen des Gehäuses und des Chassis nochmals vom Staub befreit haben, wenden wir uns dem nächsten Schritt zu.

Nicht selten sind einzelne Tasten gebrochen. Meistens sind nur die oberen Druckflächen zerstört, was sich aber zur Not reparieren lässt. Es sollte aber unbedingt die Tastenmechanik überprüft werden, denn deren Schwergängigkeit ist vermutlich ein Hinweis darauf, dass auf die Tasten ein großer Druck zur Betätigung ausgeübt werden musste. Ernst Erb beschreibt in seinem Buch (s. Literaturhinweise S. 212) ein aufwendiges Verfahren zur Herstellung von Kunststoffteilen (Bedienknöpfen). Ich repariere gebrochene Tasten mit der Heiß-klebepistole, wie schon weiter oben (bei den Klangreglern) in diesem Abschnitt beschrieben (nicht jedes Material ist geeignet!). Das Bild unten links zeigt eine reparierte Kappe, bei der allerdings der Farbton nicht ganz getroffen wurde.

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Die Tastenkappen werden vorsichtig abgezogen, sie sind meistens mit einem Kleber fixiert. Lässt sich die Kappe nicht abziehen, wird der Metallhebel mit dem Lötkolben etwas (!) erwärmt. Manchmal sind die Kappen durch Federbügel aus Draht gesichert (SABA). Von einer einwandfreien Kappe wird ein Gipsabdruck hergestellt. Dazu wird die Kappe einige mm tief in den Gips gedrückt und bleibt dort, bis der Gips hart ist. Die Kappe lässt sich dann leicht herausnehmen. Nun wird die defekte Kappe eingelegt und die schadhafte Stelle ausgefüllt. Das Bild oben rechts zeigt, dass der Gipsabdruck auch ohne Ausbau der Tastenkappe (manchmal sitzt diese sehr fest) – also wie beim Zahnarzt – möglich ist. Man muss nicht die ganze Kappe ausgießen, aber doch so massiv, dass die reparierte Fläche nicht eingedrückt werden kann. Von einem Erwärmen der Gipsform ist abzuraten, weil sonst eine Haftung des Klebstoffs am Gips eintreten kann. Bleibt der Gips kalt, bzw. ist noch etwas feucht, so lässt sich das reparierte Teil nach dem Erkalten leicht herausnehmen. Sollte die Masse nicht in alle Ritzen geflossen sein oder nicht glatt sein, so kann man von oben nachbessern und anschließend schleifen und polieren. Aber nicht zu heftig, weil bei Erwärmung der Kunststoff klebrig wird. Das Ergebnis ist im Bild unten links auf Seite 19 zu sehen. Die reparierte Stelle (Aus- Taste) ist etwas dunkler, aber für die Reparatur eines Gebrauchsgerätes ist das akzeptabel. Für ausgesuchte Sammlerstücke, bei denen man auch nicht den kleinsten Fleck hinnehmen möchte, hilft dann ein Schrottgerät mit noch brauchbaren Tasten oder die Herstellung einer passenden Farbmischung der Vergussmasse. Vergussmassen sind in den einschlägigen Bastelläden erhältlich, auch mit UHU-PLUS können gute Erfolge erzielt werden. Das Bild links zeigt das Einsetzen neuer Tastenkappen aus einem ausgeschlachteten Gerät (SABA). Ein Federbügel ist sichtbar, der die Kappe gegen das Lösen sichert. Zum Abnehmen der Kappe drückt man vorher die Federbügel zur Seite und zieht die Kappe ab (dabei etwas hin und her bewegen). Viele Tasten sind geklebt, man kann sie mit der Heißklebepistole wieder sichern. Der Kleber sollte nur in das untere Segment der Kappe fließen, damit er nicht von außen sichtbar wird. Falls sich neue Tasten nur schwer aufschieben lassen, erwärmt man den Tastenbügel mit dem Lötkolben. Mit dieser Maßnahme können auch mit der Pistole geklebte Tastenkappen wieder gelöst werden. Dazu ist ein 100- Watt- Kolben geeignet, den man sowieso ab und zu braucht, weil auch gelegentlich an Blechteilen gelötet werden muss.

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Das Bild rechts zeigt ein ideales Chassis zum Üben (hier: SIEMENS Schatulle H42, Baujahr 1954/55): Übersichtliche Anordnung der Komponenten und gute Zugänglichkeit zu allen Bereichen, auch zu den Kontakten des Tastensatzes (von der Unterseite) und es gibt keine hervorstehenden spannungsführende Teile.

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1.04 Glück und Glas

Bevor wir die Glasskala an einem sicheren Ort parken, reinigen wir diese mit lauwarmem Wasser und einer milden Seifenlösung. Bei der Rückseite muss das ganz vorsichtig gemacht werden, damit sich die Beschichtung nicht löst.

Dann wenden wir uns den Röhren zu. Damit alles auch gut aussieht, wischen wir diese mit einem feuchten Lappen ab. In den meisten Fällen löst sich dabei auch die Beschriftung, also vorsichtig drum herum wischen. Um Verwechslungen auszuschließen, die Röhren passen meistens in alle Fassungen, sollte erst ein Lageplan der Röhren angefertigt werden, sofern dieser nicht bereits auf der Rückwand, evtl. auf der Innenseite, aufgedruckt ist. Die Anordnung der Röhren lässt sich notfalls rekonstruieren, weil diese immer dem Signalfluss folgt (s. Abschnitt 3.01). Man kann zusätzlich mit einem Permanentstift die Bezeichnung auf dem Glaskolben sichern. Bei geringer Verschmutzung des Gerätes setzt man eine gereinigte Röhre vorsichtshalber erst wieder ein, bevor die nächste entfernt wird. Die Kontaktstifte der Röhren werden, falls erforderlich, mit feinstem Schleifpapier etwas geglättet, mit Kontaktreinigungsspray besprüht (meistens ist eine Reinigung ausreichend) und beim Einsetzen in der Fassung mehrmals auf und ab bewegt. Röhren mit einem Sprung im Glas sind nicht mehr verwendbar. Sieht der Glaskoben der gereinigten Röhre von innen (schwarz) aus wie eine ausgebrannte Halogenlampe, so lassen Sie sich davon nicht abschrecken. Das ist in Ordnung so.

Da gibt es noch die Skalenbeleuchtung, kleine Birnchen, im Normalfall ein oder zwei Stück, 7 Volt, 0,1 oder 0,3 Ampere. In Allstromgeräten sind meistens Lampen mit 18Volt/0,1A verbaut. Sie liegen in Reihe im Heizstromkreis, der bei U- Röhren auf 0,1 A abgestimmt ist (s. auch Abschnitt .2.09.9 – S. 88). Damit die Röhren auch bei Ausfall eines Lämpchens geheizt werden, liegt parallel zur Lampenfassung ein Heißleiter (s. im Bild links und Abschnitt 2.08 – S. 78).

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Die Angaben zu den verwendeten Lampen finden sich meistens auch auf der Rückwand, ansonsten ist die Aufschrift zu entziffern. Auch diese Birnchen sind noch im Handel erhältlich, ein Austausch ist daher kein Problem. In jedem Fall sollten diese ausgebaut und die Kontaktflächen (die untere) überprüft, ggf. gereinigt werden.

Skalenlämpchen sitzen meistens in Kunststofffassungen. Durch Erwärmung können diese etwas nachgeben, was zum Flackern der in kaltem Zustand einwandfrei leuchtenden Lampen führen kann. Also besser gleich etwas fester anziehen.

Weniger Glück hat man, wenn die 8.5 Volt Birnchen (Gewinde 5,5) der Drucktastenbeleuchtung bei einem SABA- Radio ersetzt werden müssen, diese sind nämlich nicht mehr erhältlich. Man nimmt daher ein Birnchen 6Volt/0,1A (Gewinde 5,5) und schaltet einen Vorwiderstand (ca. 12Ohm) hinzu. Allerdings haben die Ersatzlampen einen kleineren Glaskolben und leuchten die Tastenkappen evtl. etwas anders aus, dann ersetzt man einfach alle. Meistens ist nur das Lämpchen einer häufig benutzten Taste (UKW) defekt. Man ersetzt dies durch das Originallämpchen einer wenig benutzten Taste und baut dann dort die Ersatzbirne ein. Ältere SABA Radios haben auch Tastenlampen für 6,3 Volt.

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Das Sicherungsröhrchen ist meistens leicht zu finden, es ist aber manchmal auch sehr versteckt. In diesem Fall geht man dem Netzkabel nach und wird es finden. Es ist immer so angeordnet, dass es entweder von hinten oder von unten, ohne Demontage des Gerätes, zugänglich ist. Das gilt auch für die Skalenbirnchen.

Wenn das Gerät vor der Demontage kein Lebenszeichen von sich gab, muss die Sicherung ausgebaut und (mit dem Durchgangsprüfer) überprüft werden. Achten Sie auch auf den richtigen Wert für die Sicherung, dieser könnte von früheren Besitzern zu hoch gewählt worden sein, um schwerwiegende Fehler zu verstecken (s. auch Abschnitt 4.01: “Flohmarktcheckliste“ und “Fall g“, SeiteManchmal sind auch nur die Halterungen angerostet bzw. mit Grünspan belegt und verhindern den Kontakt. Es werden grundsätzlich Sicherungen vom Typ “träge” verwendet, um ein Auslösen bei Einschaltstromstößen zu vermeiden. Bei manchen Radios ist auch der Heizstromkreis und / oder der Anodenstromkreis zusätzlich abgesichert.

… wie leicht bricht das

Kunststoffteile unterliegen einem Alterungsprozess und werden brüchig. Sie verlieren ihre Flexibilität. Gehen Sie daher mit den vielen zarten Konstruktionsteilen vorsichtig um, wenn Sie diese reinigen oder ausbauen müssen. Denn es gibt in diesem Bereich keine Normteile, jedes Teil wurde aufwendig hergestellt und nach Möglichkeit im nächsten Modelljahr wieder geändert.

1.05 Weitere Reinigung

Der äußere Zustand eines Radios hat keinen Einfluss auf dessen Funktion. Aber ein mit einer Schmutzschicht von Jahrzehnten überzogenes Radio ist wohl eher ein Schandfleck im Wohnzimmer als ein Schmuckstück. Viele Käufer dieser Geräte haben ja noch nie eines im fabrikneuen Zustand gesehen und kennen das Ziel ihrer Bemühungen nicht.

Anders verhält es sich mit der Verschmutzung im Innenraum. Eine dicke Staubschicht behindert die Wärmekonvektion, kann also die Betriebssicherheit beeinträchtigen. Auf die möglichen schweren Funktionsstörungen durch Schmutz bei Kontakten und auf Bauteilen wird mehrfach hingewiesen. Auf die Folgen durch Schmutz und Verharzung schwergängig gewordener Mechanik wird in den Abschnitten 1.02, 1.03 und 1.06 hingewiesen.

Die gründliche Reinigung eines Radios ist zeitaufwendig und daher auch teuer, wenn man dies dem Spezialisten, z. B. einer Reparaturwerkstatt überlässt. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass der Reparaturspezialist für die elektronischen Probleme bei einem vor Schmutz starrenden Chassis leicht die Lust verliert, dieses auf Herz und Nieren zu prüfen und wieder in den Bestzustand zu versetzen. Es wird daher dringend empfohlen, alle Reinigungsarbeiten selbst zu erledigen. Allein durch diese Arbeiten lernt man viel über den Aufbau eines Röhrenradios, hat Erfolgserlebnisse und nutzt die Zeit nach Auffassung und eigener Erfahrung des Autors wesentlich effektiver als vor dem Fernseher.

Die Bedienknöpfe werden in einer warmen Seifenlösung gereinigt, dazu ist wegen der Rillen eine Zahnbürste erforderlich. Auch wenn es etwas dauert, es lohnt sich. Das Bild links zeigt ein vorher- nachher Beispiel, nur für die beiden hier gezeigten Knöpfe braucht man mehr als eine Stunde. Bei starker Verschmutzung hilft vorheriges Einweichen in warmem Seifenwasser. Für die Messingteile ist ein geeignetes Putzmittel (Sidol) erforderlich. Bei manchen Knöpfen gibt es umlaufende Rillen, die mit Dekorfarbe versehen sind. Es lohnt sich eventuell, diese Rillen gründlich zu reinigen und, falls erforderlich, neu auszumalen. Auch die meistens stark verschmutzten Tastenkappen der Drucktasten lassen sich mit dem Seiflappen sehr schnell auf Hochglanz bringen.Bleiben Drucktasten oder Frontelemente aus Kunststoff auch nach dem Abwischen grau, so sind sie von innen verschmutzt.

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Die Tastenkappen müssen mit einem (in eine Reinigungsflüssigkeit getauchten) Wattestäbchen mühsam von innen saubergefummelt werden. Vorsichtshalber sei darauf hingewiesen, dass Kunststoffteile niemals mit Aceton behandelt werden dürfen. Man sollte aber den Zeitaufwand für eine Demontage der diversen zu reinigenden Kunststoffteile nicht scheuen. Denn Sie merken sonst erst nach dem Zusammenbau des Radios, wenn alle Teile vor Sauberkeit blitzen, dass die Tasten grau geblieben sind. Das Bild oben rechts zeigt ein Beispiel. Es handelt sich um einen zweireihigen Tastensatz, so dass die Kappen ohne Demontage nicht von innen zugänglich sind. Darunter liegt der Bogen Papier, auf dem die Demontageschritte (z. B. die Reihenfolge in der Anordnung der Tasten) dokumentiert werden. In manchen Fällen ist die Reihenfolge der Demontage nicht auf Anhieb durchschaubar. Aber schließlich ist das Ganze auch von angelernten Kräften zusammengebaut worden, also wird es einen Weg geben. Wenn sich die Tasten leicht vom Gestänge lösen lassen, sollte man dies bei starker Verschmutzung tun, die Reinigung ist dann einfacher und gründlicher. Es lohnt sich, das Gebiss strahlt wieder. Bei der Montage fixiert man die Kappen mit einem Heißkleber. Übrigens werden die Drucktastenradios von den Sammlern etwas lieblos auch als Gebissradios bezeichnet.

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In einigen Fällen, wenn das Gerät auch in der Küche betrieben wurde, müssen wir das Chassis von einer Fettschicht (s. Bild links, die Staubschicht wurde bereits weggepinselt) befreien. Aceton (oder Nagellackentferner) oder andere fettlösende Lösungsmittel (bei Kunststoffteilen bevorzuge ich Kontaktspray Kontakt 60 – es wird ohnehin gebraucht – Aceton löst Kunststoffe an)demontiert (imz.B. das Schirmblech der quer liegenden Röhre