Christopher Görlich

Heilige und Selige in Münster

Sieben biographische Miniaturen

make! history

Stadtgeschichten No. 1

Books on Demand

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliographie;

detaillierte Daten sind im Internet über

http://dnb.ddb.de abrufbar.

Text und Gestaltung: make! history, Christopher Görlich

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH,

Norderstedt 2012

ISBN: 978-3-8482-9976-8

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Liudger

Erpho

Anna Katharina Emmerick

Clemens August Graf von Galen

Edith Stein

Maria Euthymia

Karl Leisner

Vorwort

In der langen Geschichte der Bischofsstadt Münster tauchen immer wieder Menschen auf, die heute als Heilige und Selige verehrt werden. Sie haben ihre Spuren in der Stadt hinterlassen. Oft erinnern Straßennamen, Denkmäler und Gedenkstätten an diese besonderen Menschen.

Für dieses Buch wurde aus der Fülle der Biographien, die zu erzählen wären, eine kleine Auswahl getroffen. Sieben Menschen werden in der gebotenen Kürze vorgestellt: Liudger, Erpho, Anna Katherina Emmerick, Clemens August Graf von Galen, Edith Stein, Maria Euthymia und Karl Leisner.

Für die Kirche und viele Christen sind diese Menschen »Zeugen des Glaubens«. Und doch können sie auch unabhängig vom eigenen religiösen Bekenntnis Vorbilder sein. Deshalb habe ich bei der Auswahl der beschriebenen Personen einen Schwerpunkt auf das 20. Jahrhundert gelegt – Clemens August Graf von Galen wandte sich mit mutigen Predigten gegen Unrechts- und Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten, Maria Euthymia pflegte im Zweiten Weltkrieg Kriegsgefangene, Edith Stein und Karl Leisner wurden von den Nationalsozialisten verfolgt und starben im Konzentrationslager bzw. an den Folgen der KZ-Haft.

Die Darstellung geht nicht in erster Linie theologischen Fragen nach. Sie will vielmehr das Leben der Heiligen und Seligen skizzenhaft für ein breites Publikum umreißen.

Zur besseren Lesbarkeit wurde auf Anmerkungen weitgehend verzichtet. Nur wörtliche Zitate sind mit der genauen Quellenangabe ausgewiesen. Es bleibt der Hinweis, dass zu jedem Menschen, der beschrieben wird, zahlreiche Bücher erschienen sind, die eine intensive Beschäftigung mit den genannten Menschen ermöglichen.

Münster, im Januar 2012 Christopher Görlich

Liudger

Geboren um 742 bei Utrecht

Gestorben am 26. März 809 in Billerbeck

In Kirchen, an Schulen und am Rathaus – überall in Münster findet man Statuen des Hl. Liudgers. 793 gründete Liudger an der Stelle des heutigen Domes ein Kloster, das die schlichte Bezeichnung »monasterium« trug. Aus diesen bescheidenen Anfängen wuchs in den folgenden Jahrhunderten die Stadt Münster empor – der Hl. Liudger gilt als ihr Gründervater.

Die Statuen und Abbildungen des Hl. Liudgers, denen man in der Stadt begegnet, sind leicht zu erkennen. Oft trägt Liudger ein Kirchenmodell in den Händen und wird von großen Vögeln begleitet. Das Kirchenmodell erinnert daran, dass Liudger nicht nur Kloster und Dom in Münster gründete, sondern auch zahlreiche Kirchen in der näheren und ferneren Umgebung stiftete. Die Vögel werden zum einem als Trappen gedeutet, die Liudger als Begründer des Ackerbaus nach Westfalen folgten. Andere sehen in der tierischen Gefolgschaft Gänse, die auch in den verschiedenen Sagen und Legenden um den Hl. Liudger eine große Rolle spielen. So wird in einer schönen Geschichte erzählt, dass ein Bauer arg über Gänse klagt, die die neue Saat fressen. Liudger weist die Gänse an, in den Stall zu gehen – die Tiere gehorchen; die Ernte ist gerettet. In einer anderen Geschichte befiehlt Liudger zwei Gänsen, nach Wasser zu graben. Sie finden eine Wasserader – auf diese Weise soll der Ludgerusbrunnen in Billerbeck entstanden sein.

Das genaue Geburtsdatum und der genaue Geburtsort des Hl. Liudgers sind ungewiss; es fehlt an eindeutigen Belegen. Und so müssen wir uns mit der Annahme begnügen, dass Liudger mit großer Wahrscheinlichkeit um das Jahr 742 in der Nähe von Utrecht geboren wurde.

Mehr wissen wir indes über Liudgers Herkunft: Er stammte aus einer vornehmen, friesischen Familie. Sein Großvater, genannt Wurssing, wandte sich zu Beginn des 8. Jahrhunderts gegen die Christenverfolgung durch den Friesenherzog Radbod. Auch wenn Wurssing selbst noch Heide war, so trat er doch dafür ein, was man später »Gewissens-« oder »Religionsfreiheit« nennen sollte. Das war freilich nicht ungefährlich, und so musste Wurssing vor dem Friesenherzog ins nahe Frankenreich fliehen. Hier ließ er sich und seine Familie taufen. Erst nach dem Tode Radbods kehrte Wurssing als Christ nach Friesland zurück, um in seiner Heimat fortan als Missionar zu wirken. Auch zwei Brüder der Mutter Liudgers hatten sich der Verbreitung und der Festigung des christlichen Glaubens verschrieben. Sie missionierten an der Seite des Hl. Willibrords. Und nicht zuletzt war Liudgers Familie eng mit dem Hl. Bonifatius verbunden. Im Jahre 754 – kurz bevor Bonifatius in Dokkum erschlagen wurde –, begegnete Liudger dem großen Missionar, der später als »Apostel der Deutschen« verehrt werden sollte. Diese Begegnung hinterließ einen bleibenden Eindruck bei dem zwölfjährigen Jungen. Auch in späteren Jahren blieb Bonifatius ein großes Vorbild für Liudger.

Die Herkunft aus einer »Missionarsfamilie« legte bei Liudger und seinen Geschwistern den Grundstein für ein Gott und der Kirche geweihtes Leben. Und so wundert es kaum, dass auch seine Geschwister als Heilige verehrt werden: Sein Bruder, der Hl. Hildegrim, wurde Bischof von Châlons-sur-Marne und Halberstadt, und seine Schwester, die Hl. Heriburg, war Äbtissin in Nottuln.