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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Titel der polnischen Originalausgabe:

„Wakacje nad Adriatykiem“

© Copyright 1970 Zofia Posmysz, Warschau

Deutsche Übersetzung © Copyright 2009 Hubert Schumann, Berlin,

zuerst erschienen 1985 im Verlag Neues Leben, Berlin,

unter dem Titel „Urlaub an der Adria“

Umschlaggestaltung unter Verwendung des Gemäldes

„Przedsionek śmierci / Vorhof zum Tod“ (Detail) von Janina Tollik,

© Copyright Dorota Tadajewska-Sysko, Grudziądz

Glossar unter Verwendung von Begriffserklärungen des Pánstwowe Museum

Auschwitz-Birkenau, Oświşcim, deutsche Übersetzung Peter Rubanowicz, Jork

Redaktion, Sate und Layout: Arnt Nitschke, Norderstedt

Kontakt: arnt.nitschke@web.de

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7322-10206, Dateiversion 4

Inhaltsverzeichnis

I

Jeden Tag kommen wir hierher, stets an dieselbe Stelle unter den niedrigen Bäumen, die mit ihren schirmförmigen Kronen so tun, als könnten sie Schatten spenden. Jeder von uns schleppt etwas von den Gerätschaften, die für den heutigen Strandgast obligatorisch sind: er die Liegestühle aus blitzendem Duraluminium und ultramodernen Stoffen, verblüffend einfache Klappkonstruktionen, dazu flauschige Handtücher und Bademäntel in kontrastierenden Farben – ich die Luftmatratze, aufgeblasen für alle Zeiten, für die ganzen Ferien.

So geht das seit fünf Tagen. Erst seit fünf Tagen? Was steckt hinter dieser einstelligen, einsilbigen Zahl, wie verhält sich die Zeit im Urlaub zu der Zeit im Alltag? Welcher Zeiteinheit entspricht, gemessen nach der Intensität des Erlebens, ein Ferientag? Immerhin haben die Einheiten, in denen der Urlaub gemessen wird, ein anderes Volumen: Wann außerhalb des Urlaubs findet man tagsüber die Minute, das flirrende Denken auf sich selbst zu richten, der Angst standzuhalten, daß alles schon so spät – zu spät – sein könnte, dieser Bedrängnis standzuhalten, ohne seine Zuflucht zu nehmen zu Radio, Fernsehgerät oder Telefon? Hier nun dehnen sich diese Minuten, werden lang wie Schatten in der Abendsonne, man liegt am Strand, unter den geschlossenen Lidern malen sich Purpurkringel, und endlos dauert der Zug der Minuten. So werden Ferien, zumal verbunden mit einer Ortsveränderung, bei der man den Alltag hinter sich gelassen hat wie eine Gefängniszelle, beinahe zu einem Leben im Leben, und mißt man diese Zeit an der Zahl der Gedanken, die man auf sich selbst verwendet, so darf man von Jahren sprechen.

Jahre also stecken wir hier schon nebeneinander, und jeder behält den anderen im Auge, sofern er glaubt, es unbemerkt zu tun. Wir haben einander im Auge. Eigentlich ist das zuviel gesagt, es ist ein Spähen und Spüren, selbstverständlich still und verstohlen, ein heimliches Ausschauhalten. Nein, nicht einmal das, wir mustern einander nicht, wir sehen einander nicht einmal an. Wir wissen sehr gut, daß auch die geringste Drehung des Kopfes, jede Wendung des Blicks sofort abgefangen, sofort erwidert wird, ganz gleich, ob die Lider unter einer dunklen Sonnenbrille, das Gesicht in der Beuge der gekreuzten Arme verborgen liegen. Wir schielen also nicht einmal dorthin, wo der andere das Leben eines sorglosen Badegastes führt, ganz den vom Kult des eigenen Körpers diktierten Verrichtungen hingegeben, dem Einölen, der Massage, dem Schwimmen, der Gymnastik, schließlich allen Schikanen des Sonnenbadens, wo es darauf ankommt, gleichmäßig am ganzen Körper zu bräunen, selbst an der schwer zugänglichen Innenseite der Wade. In Lektüre vertieft, hören wir jedes noch so leise gesprochene Wort, mit der Haut spüren wir jede Bewegung des anderen, jede Regung und jedes Zucken im Gesicht. So hocken wir nebeneinander, zehn Schritt liegen zwischen unseren Lagerplätzen, wir sind zwangsweise wie Untermieter in einem engen Raum. Und wir reden nicht miteinander, weder in all den Minuten und Stunden des Sonnenbadens noch bei den unvermeidlichen Begegnungen auf dem Weg zum Strand, zu den Campinghäuschen oder dem Parkplatz. Wir grüßen einander nicht einmal, wie es auf diesem kleinen, beinahe familiären Strand sonst alle tun, ein beiläufiges „Guten Tag!“ will uns ebensowenig über die Lippen wie jeder andere, noch weniger artikulierte Laut, unser beider Nacken versteifen sich, wie von einer kata-leptischen Starre befallen, um nur nicht das kleinste Nicken zuzulassen, wenn wir nach dem Frühstück unter den rachitischen Bäumchen erscheinen. Wer als zweiter kommt, sucht den Eindruck zu erwecken, als habe er die Anwesenheit der anderen nicht bemerkt. Dabei sehe ich ihn noch eine gute Weile, bevor ich den Rand des spärlichen Kiefernwaldes erreiche, und rücke sofort meine Gesichtszüge zurecht: Ich glätte die Falte auf der Stirn, korrigiere die Stellung der Mundwinkel und nehme alle Spannung aus dem Blick. So getarnt trete ich aus den schutzbietenden Kulissen hinaus auf den Strand, die grell erleuchtete Bühne. „Oh, heute sind wir nicht die ersten“, pflegt mein Mann zu sagen, und unsere junge Freundin setzt hinzu: „Können die sich keinen anderen Platz suchen?“ Dabei wüßte sie, falls man sie fragte, warum die anderen denn den Platz wechseln sollten, gewiß keine Antwort. Ich stelle ihr diese Frage auch gar nicht, übersehe auch die unverändert überraschten Blicke seiner drei Begleiterinnen (sollten auch sie jeden Tag erwarten, uns nicht mehr hier anzutreffen?), ich verhalte mich, als wäre in dem Gelände weit und breit niemand außer mir, schon gar nicht er, denn nach diesen fünf Tagen (nach wievielen Jahren?) ist mir völlig klar, daß auf dieser gegenseitigen Nichtachtung, dieser Gleichgültigkeit, die vielzu absolut ist, um kein Mißtrauen zu erregen, das Spiel zwischen uns beruhen wird bis zuletzt. Und wann hat es begonnen?

Wir waren zum erstenmal auf dem Weg zum Strand gewesen, unter dem letzten der spärlich stehenden Bäume hatte uns der Fuß gestockt. Ein Gefühl der Scham über unsere bleichen Körper hielt uns zurück, die Furcht vor dem entfesselten Element des Lichts. Wir hatten uns unwillkürlich geduckt und einander gefragt, ob wir uns nicht lieber hier im Schatten in relativer Kühle niederlassen sollten. Während wir nach Leuten Ausschau hielten, die noch ebenso käseweiß waren wie wir, fiel mein Auge auf ihn, eben in dem Moment, da er seine Wade einschmierte, an einer Stelle, die von einer tiefen Narbe gezeichnet war. In diesem flüchtigen Hinsehen war jedoch nicht die Spur von Interesse, nicht das geringste, was den Grund zu einer Abneigung gelegt hätte. Der Akt der Wahrnehmung vollzog sich hinterher, als das Bewußtsein die Existenz eines Spannungsfeldes zwischen dem bunten Liegestuhl und der blauen Luftmatratze entdeckte. Was hatte ihn denn gereizt, was hatte seine Abneigung bis zu einem solchen Grade entfacht, daß er auf diesem paradiesischen Fleckchen Erde, unter dieser gesegneten Sonne, ohne die jede hedonistische Philosophie undenkbar wäre, das stumme Spiel begann, ein sonderbares Theater, das mit Reglosigkeit, abgewandten Blicken und Schweigen operierte. Dies waren jedoch keine Ausdrucksmittel unter vielen, sondern die grundlegende und ausschließliche Sprache selbst.

Oder war es, ebenfalls am ersten Tag, zu jenem Zeitpunkt geschehen, als unsere beiden Grüppchen, er mit seinen drei Frauen, ich mit meinem Mann und unserer jungen Freundin, einander auf dem schmalen Streifen dürftigen Schattens ins Gehege gekommen waren? Wir waren zum erstenmal an diesen kleinen, anheimelnden Strand gekommen, wo jeder jeden kannte und Neuankömmlinge sogleich die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Als mittelmäßige Schwimmer waren wir auf der Stelle begeistert von diesem Strand und der kleinen Bucht, die man von einem Ufer zum anderen durchwaten konnte, ohne daß man unter den Füßen den Grund verlor. Ich freute mich beim Anblick der fülligen Damen, die dort im Wasser fröhlich kreischend Ball spielten, so schnell wie möglich wollte auch ich zum Ufer, das das Wasser einfaßte wie ein gewöhnliches Schwimmbecken oder ein Brunnen, ich konnte kaum erwarten, in dieses Wasser zu tauchen, das so glatt und harmlos war wie ein Dorfteich. „Stefan, wirf mir mal die Badekappe her!“, rief ich meinem Mann zu, der schon auf der Luftmatratze lag, und während ich sie im Fluge auffing, sah ich, wie jener Nachbar sich jäh umwandte. Er tat es mit dem ganzen Körper und sah zu mir herüber, mehr noch, er starrte mich an, musterte mich prüfend. Mir war es peinlich, er hatte ja recht, ich hätte nicht so schreien dürfen, die Leute waren hierhergekommen, um auszuruhen, nicht nur Sonne und Wasser, sondern auch die Stille zu genießen, die Stille vielleicht vor allem, folglich verdient jemand, der da glaubt, allein am Strand zu sein, mehr als nur einen strafenden Blick. Mit solchen Gedanken suchte ich eifrig das Flämmchen der Reue anzufachen, um die Unruhe zu betäuben, die in mir pulsierte, seit ich die Sprache der Nachbarn gehört hatte. Es war nämlich keine Sprache wie jede andere, dem Ohr mehr oder minder fremd, angenehm im Klang oder nicht, sympathisch oder unsympathisch. Es war die SPRACHE. Wenn sie ertönte und wo sie ertönte, änderten sich die Dimensionen der Wirklichkeit, und jedes ihrer Elemente wurde zum Signal, zum Zeichen, zur Botschaft. Erst jetzt trat jene Narbe grell in mein Bewußtsein. Wo mag er sie herhaben, wie alt mag er damals gewesen sein? Und der strafende Blick, ja, ich war ziemlich laut gewesen, fast so laut, als hätte ich in seiner Sprache, als hätte ich in der SPRACHE gerufen. Hätte er mir nämlich nichts anderes verübelt als nur diesen zu lauten Ruf, so hätte er gegen alle hier etwas haben müssen: gegen seine in der Bucht umhertollenden Landsmänninnen, deren spitze Schreie bis hierher unter die Akazien drangen, gegen die jungen Burschen aus dem nahen Städtchen, die sich mit Pfiffen, mit Gebrüll und Gesang verständigten und über die ganze Bucht hinweg von einem Ufer zum anderen endlose Unterhaltungen führten, gegen die drei Cockerspaniels schließlich, die Bewohner eines gelben Zelts, die wie in einem wilden Rausch zwischen diesen Leuten herumjagten und den ganzen Strand vom Wäldchen bis zum Wasser mit ekstatischem Gebell erfüllten. Er aber hatte aus diesen vielen Lärmquellen allein meinen Ruf wahrgenommen, ihn aufgefangen aus der Vielzahl der Stimmen, die sich zu dem charakteristischen Geräusch eines Badestrandes fügten, er hatte sich umgewandt und mich angesehen wie jemand, der angeschrien worden war, während er schlief oder in tiefes Nachdenken versunken, taub und stumm gegen das Treiben der Welt war. Oder hatte er nicht meine Stimme herausgefiltert, sondern meine Sprache? Eine, Sprache, mit der sich für ihn etwas verband? Etwas Unangenehmes? Die heftige Reaktion, mit der er seinen ganzen Körper nach der Richtung gewandt hatte, aus der der Ruf gekommen war, legte die Vermutung nahe, daß ihm der Klang bekannt war. So verhalten wir uns, wenn wir in der Menschenmenge auf der Straße ein Wort vernehmen, das nur an uns gerichtet, nur für uns bestimmt ist. Aber nein, das wäre zu simpel, überdies auch allzusehr in Übereinstimmung mit der Situation, die man sich ausgemalt hat in stürmischen Nächten, wenn man nicht einschlafen konnte, eine Situation, hundertfach variierend nach Zeit, Ort und Mitwirkenden, in ihrem Wesen aber unwandelbar und damit nicht mehr als eine Exposition, Ausgangspunkt für den Dialog mit IHNEN, mit einem von IHNEN, die DORT gewesen sind. Ich trage sie in mir, sehe sie deutlich vor mir, deutlicher als jene, gegen die sie die Rolle von Knechten des Todes erfüllten. Sie nämlich leben, werden unablässig am Leben gehalten von meinen Gedanken, immer aufs neue für den Dialog, an dem ich seit Jahren unermüdlich schreibe – für sie und für mich. Oh, ich bin jetzt ausreichend darauf vorbereitet, gerüstet mit Schläue und Verschlagenheit, ich weiß, was zu tun ist, damit der Gegner sich dem Kontakt nicht entzieht und nicht vorzeitig das Weite sucht. Ich halte ein ganzes Arsenal von Mitteln bereit, die seine Wachsamkeit einschläfern und ihn in mir einen Gesprächspartner sehen lassen, Partner in einer normalen Unterhaltung, wie man sie aus allen möglichen Anlässen führt, zwischen zwei Löffeln Suppe, zwischen zwei Schlucken Wein, beim Kartenspiel. Diesmal besteht nicht die Gefahr, ich könnte mich durchschauen lassen und ihn verscheuchen. Ich werde mich von keiner Ungeduld hinreißen lassen und kühles Blut bewahren, auch das Gedächtnis wird nicht versagen, wo die verfänglichen, ködernden Worte gespeichert sind: „Was ist denn dabei, daß Sie DORT gewesen sind? Jeder ist damals irgendwo gewesen, das Gesetz der Epoche ließ niemanden aus, er mochte wollen oder nicht. Heute sieht man die Dinge schon etwas anders . . .“ So werde ich sagen, ich habe in Fülle solche Sätze, die alles verstehen und alles verzeihen, auch den dazu passenden Ausdruck von Augen und Mund . . .

Was hast du also erreicht, Professor, als du mich an jenem Junitag des Jahres 1945 aus dem Tor wiesest, das es auf der Welt nur einmal gibt: aus dem Tor mit der Aufschrift „ARBEIT MACHT FREI“? Was hast du damit erreicht, daß du den Arm ausstrecktest und sagtest: „Fort!“? Der Zug, mit dem ich ein zweites Mal, diesmal nicht unter Bewachung, an diesen Ort gekommen war, hat seine Fahrt nicht eingestellt, er fährt regelmäßig in jeder Nacht, in der der Wind geht, und zusätzlich zu besonderen Anlässen, zum Beispiel dann, wenn in meiner Nähe die SPRACHE ertönt . . . Was hast du in jenem heißen Juni des Jahres 1945 gedacht, Professor, als du dieses „Fort!“ und „Komm nie wieder hierher!“ sagtest zu mir, die ich ruhig und voller Vertrauen in den Sinn meiner Rückkehr war? Dachtest du, du gäbest mich dem Leben wieder, indem du mich zwangst, die Freiheit zu lernen?

Der Schatten wird kürzer, er rückt unter mir hinweg, schon ist der ganze Körper der Sonne ausgesetzt, ihre Strahlen bombardieren die Schultern, das Gesicht und schließlich die Stirn, ein glühender Reifen legt sich um den Kopf, wenn ich nicht sofort die Luftmatratze weiterrücke, beginnt der Marsch in der langen Kolonne, in Fünferreihen, ein Wächter mit Schußwaffe und Schäferhund an der Spitze, ein Wächter mit Schußwaffe und Schäferhund am Ende, alles im Gleichschritt, links, rechts, links, rechts, auf Schritt und Tritt ein Ziehen im Leib, ein Stechen im Gehirn, unter den Lidern wirbeln Kreise, violett, zartgrün, gelb, orange und schließlich rot, schwingende Konturen, die verschwimmen, sich brechen, immer neue Formen, immer neue Konstellationen bilden. Kreisende purpurne Ringe, wie ich sie unter den geschlossenen Lidern sah, als ich aus der Bewußtlosigkeit erwachte. Ich sah sie, und danach erst kam mir der Gedanke, daß ich am Leben sein müsse, da ich sie sah! Ich weiß, ich müßte es abschütteln, dieses Dösen, diesen Dämmerzustand, aber das hilft mir nichts, ich tue nichts dagegen, ich bin einfach zu müde. Du mußt weiterrücken, sage ich mir, eine Bewegung des Körpers genügt, Hauptsache, der Kopf kommt wieder in den Schatten, dann ist auch alles weg, was jedesmal auf mich niederbricht, wenn ich hierherkomme und mich niederlege, das Gesicht in der Sonne, acht oder neun Schritt entfernt von ihm und seinen Damen, die mit ihm schäkern. Sie tun es in der Sprache, die in mir auf dieselbe Weise präsent ist wie die Personen des Dramas, das jedesmal in den Herbstnächten wieder abläuft, wenn der Wind sich an den Scheiben stößt wie ein blinder Vogel. Ich brauchte mich nur zu bewegen, nur ein kleines Stück weiterzurücken, das wäre gar keine Mühe, aber ich tue nichts, und so kommt unvermeidlich, was immer kam in diesen fünf Tagen (oder Jahren?). Der Boden schwankt unter meinen Füßen, die Luftmatratze kommt ins Schwingen, ich schaukle, nein, das ist kein Schaukeln, es geht nicht quer, sondern diagonal, im Rhythmus von Schritten, links, rechts, links, rechts, wie eine Trage aus Händen kräftiger Sanitäter. Nein, auch das nicht, die Trage besteht aus verschränkten Armen, die vor Anstrengung zittern, ich fühle ihre Schwäche und Magerkeit in den Kniekehlen und den Achselhöhlen, nur an diesen beiden Punkten gestützt, legt sich mein Körper in die Form der „Zigeunerstraße“, des beliebten Stichs bei den Stickarbeiten in der Schule. Hin und wieder gibt eine Hand nach, läßt los und rutscht weg, ein werwölfisches Gebrüll ertönt, und eine neue knochige Trage tritt an ihre Stelle. Ich weiß nicht wem diese Arme gehören, ich will es auch nicht sehen, wichtig ist nur, nicht in eine senkrechte Stellung zu kommen, denn dann geraten die wunden Füße auf den Schotter. Die Sonne steht schon tief, ihre schrägen Strahlen bohren sich unter die Lider, treiben sie auseinander, bringen sie zum Blinzeln. Ich habe Angst, jemand könnte es bemerken, verzweifelt suche ich zu-rückzutauchen in die Schwärze und die Nacht, in die mich die herrische Faust des Wächters durch einen Hieb gegen die Schläfe gestoßen hatte. Es ist vergebens, die ersehnte Nacht kehrt nicht zurück, nur die roten Kreise wirbeln, verschwimmen und kommen pulsierend wieder aus der Tiefe, aus einem Kern der Röte. Ich weiß, daß sie rot sind, mein Bewußtsein ist zu früh zurückgekehrt, weit vor dem Viadukt, hinter dem der Schotter aufhört, der meine verletzten Füße noch blutiger reißt. Hinter dem Viadukt könnte ich die Augen aufschlagen, etwas sagen, ein beliebiges Wort, auf das die Frauen, die mich tragen, warten wie auf ein Wort des Heils, ich will dieses Wort genauso wie sie, ich bin drauf und dran, es zu sagen, aber wir haben den Schotter noch nicht hinter uns, ich höre noch nicht das typische Knirschen, das hundert Paar Holzpantinen im Sand verursachen, ich rieche noch nicht den Staub, den sie aufwirbeln. Ich hänge in der Form der „Zigeunerstraße“, in einer durch bewußte Anstrengung gewonnenen Starre, der Blutgeschmack im Mund beruhigt mich ein wenig, ich rufe mir den Augenblick ins Gedächtnis, als das grelle Tageslicht urplötzlich umschlug in schwarze Nacht, als ich mit dem Gesicht auf eine Erdscholle fiel (wie unglaublich hart die Erde ist). Schläge trafen meinen Körper, aber ich fühlte sie nicht, ich hörte sie nur. Mit dieser Erinnerung schütze ich mich vor dem Mitleid mit denen, die mich unter übermenschlichen Mühen tragen, vor der Stimme, die sich in mir erhebt und verlangt, daß ich mich auf die Füße stelle. Ich tue nichts Böses, ich habe ein Recht darauf, heute trägt man mich, morgen helfe ich beim Tragen, ich lasse ein bißchen blutigen Speichel aus den Mundwinkeln rinnen, damit alles ganz klar ist. Schnaufen von Lokomotiven, die Pfiffe der Eisenbahner auf dem Rangiergelände dringen ins Bewußtsein, der Schotter liegt hinter uns, hier kommt der Viadukt, die Straße ist freundlicher, zur Not kann man die Marschordnung verletzen und den Steinen ausweichen. Dennoch halte ich die Augen geschlossen, ich halte sie geschlossen, obwohl sogar die roten Wirbel schon verschwunden sind. Die Sonne kommt jetzt von hinten, ich spüre sie nur noch auf der hintenüber hängenden Stirn, die Lider liegen im Schatten. Die selige Schwere der Schläfrigkeit erfaßt den Körper, ich muß mich gar nicht mehr anstrengen, meine Glieder schlaff erscheinen zu lassen, meine Arme, um die Hälse meiner Trägerinnen geklammert wie um die Arme eines Kreuzes, geben nach, ich schlummere ein in diesem Weggleiten, ein seliger Schlummer wie in einer Hängematte – und plötzlich ein Ruck, einmal, zweimal, schwer und angestrengt, ein Ächzen, ein kurzes Schluchzen und Stöhnen: „Ich kann nicht mehr, es geht nicht mehr!“ Ich tue also dasselbe wie vorhin, ich lasse Speichel aus dem Mund, ich weiß, daß er blutig ist, denn er gerinnt mir auf der Wange und am Hals, ein rosarotes Schlangenrelief, wie mit dicker Ölfarbe gezogen. Rauher Stoff scheuert hoch über den Knien an den Schenkeln, der Kittel, bis an die Leisten hochgerutscht, hängt nach unten wie eine Glocke, ich bin mir dieses Anblicks bewußt, die fleischlosen Waden und Oberschenkel baumeln bei jedem Schritt, und dieser Schritte sind so viele wie Trägerinnen. Das ist alles, was in mir zurückblieb, das ist alles, was ich von denen weiß, die mich trugen: nur das von ihren Schritten verursachte Stuckern, die knochigen Arme unter meinen Achseln, unterm Rücken, in den Kniekehlen. Kein Gesicht. Ich habe sie nicht angesehen, als ich endlich wieder auf den Füßen stand, und so haben sie keine Gesichter, wenn sie heute vor mich hintreten, nachts, und sagen: „Das war alles, was wir an Kraft noch hatten.“ In einer Menge umringen sie mich (damals waren sie höchstens ein halbes Dutzend, aber die Logik der Abrechnung folgt eisern einer Verschiebung zwischen „Soll“ und „Haben“: das erstere potenziert und vervielfacht sich, das letztere unterliegt dem Schwund), ihre Köpfe haben weder Augen noch Nasen oder Münder, sie sind wie die Köpfe antiker Gottheiten, in Flüssen gefunden, in Jahrhunderten abgeschliffen von Wasser und Sand. Sie stehen um mich herum, bis ich den tiefsten Schichten der Erinnerung in krampfhaftem Kraftakt die eine einzige entreiße, die Gesicht und Namen trug, weil sie sich mir zu erkennen gegeben hatte. Das war einen Tag später gewesen, und da waren meine Arme daran, als Trage zu dienen. Der Hunger hatte dieses Gesicht aus aller Körperlichkeit gelöst und, wie der Bildhauer eine Figur aus dem Stein treten läßt, sein verborgenes Wesen ablesbar gemacht: die unleugbare Ähnlichkeit mit einem Vogel. Eng beieinander stehende runde Augen, eine spitze Nase, Backenknochen, fast durch die Haut spießend, darunter tiefe Gruben: Sie war leicht, leicht wie ein Sack von Knochen aus einem Einzelgrab, und wir schafften sie zu viert. Als ihr Arm sich nicht in meinem Genick halten konnte und immer wieder herabglitt, packte ich das Handgelenk und hielt es fest in Schulterhöhe, wie jemand, der einen Sack schleppt und ihn beim Bund gefaßt hält. Im Rhythmus des Marsches baumelte vor meiner Brust ihre Hand, unnatürlich lange, gespreizte Finger, spröde Knöchelchen unter durchsichtiger gelber Haut. Vielleicht wäre mir mehr davon nicht im Gedächtnis geblieben, nur die verschwommene Erinnerung an diese Hand, deren Außerordentlichkeit mein abgestumpftes Gefühlsleben eben noch oberflächlich wahrnahm, aber, als wir sie in der Kolonne zum abendlichen Zählappell absetzten, schlug sie die Augen auf und sagte zu mir: „Mit mir bist du quitt.“ Ich erkannte die Stimme, den Tag vorher hatte ich sie keuchen hören: „Ich kann nicht mehr, es geht nicht mehr!“.

„Ptaszka – ein Vogelküken!“ schoß es mir durch den Kopf, und dabei blieb es zwischen uns, eine Gemeinsamkeit hatte sich nämlich angeknüpft an diesem Tage, von diesem Tage an existierten wir in der atomisierten Masse, wir existierten füreinander, sie für mich und ich für sie, wir suchten des anderen Nähe, bei der Arbeit, auf dem Marsch, beim Essen, beim Appell oder im Schlaf. Ich nannte sie Ptaszka obgleich ich ihren Namen wußte, und in den immer selteneren, immer kürzeren Augenblicken des Schmerzes, des Mitleids mit ihr oder mit mir selbst fand ich wohl noch rührendere Verkleinerungsformen. In der Kolonne hielt ich sie bei der Hand, ich führte sie, zerrte sie vorwärts wie eine Mutter ihr Kind, das nicht begreifen will, daß es nicht zurückbleiben darf, daß es wenigstens Schritt halten muß mit der Mutter, und diese Hand, diese immer zerbrechlichere, immer schlaffere Hand verschwand in der meinen, ging darin unter als wäre ich eine Riesin. Einmal fiel mir auf, wie diese Hand den Stiel eines Rechens hielt: sie umwand und umkrallte ihn mit den Fingern, hielt sich daran fest wie die Schwalbe auf dem Telegrafendraht. „Auch deine Hände sind so wie bei Vögeln“, sagte ich damals in unwillkürlichem Staunen, zugleich aber mit einem durch nichts zu erklärenden Vorwurf. Eingehend, wie einen fremden Gegenstand, musterte sie ihre Hand und gab, ohne mich anzusehen, so etwas wie eine Erklärung ab: „Ich war in der Violinklasse von Professor Tański.“ Das aber war schon zu einem viel späteren Zeitpunkt, als wir bereits miteinander sprachen, also den Tag über einige oder etliche Sätze wechselten, wenige Sätze, über die einzelnen Etappen verteilt: auf dem Marsch, in den Pausen, bei der Arbeit. An jenem Tag, als wir sie zurück ins Lager getragen und vor dem Block hingelegt hatten, damit sie bei der Bestandsaufnahme nicht fehlte, hatte sie zu mir gesagt: „Mit mir bist du quitt.“ Wenige Worte, aber jahrzehntelang stark genug als Beschwörungsformel, die mir über den Alp der gesichtslosen Köpfe hinweghalf. Jetzt aber, unter der grellen Sonne der Adria, verfängt der Zauberspruch nicht. Von knochigen, unter qualvoller Last zitternden Armen getragen, in ein stuckerndes Schaukeln versetzt, bin ich wehrlos, alle Ausflucht ist mir versperrt, ich bin ganz dem Gedanken preisgegeben, daß sie bei ihrer Feststellung, wir seien quitt, das eine nicht wußte: daß sie und alle die anderen die Last länger geschleppt hatten, als es nötig gewesen wäre. Eine halbe Stunde im Zeitmaß von damals – wieviele Jahre sind das sonst?

Ein wohltätiger Schatten legt sich über mein Gesicht, die roten Wirbel versiegen und verschwinden, das Hundegebell ist wieder das fröhliche Kläffen der hübschen Cocker, an denen der ganze Strand seine Freude hat, sie sind jedermanns Lieblinge, Gelächter brandet überall auf, wo sie in ihrer Jagd vorüberschießen, ich höre sie bellen, und in dieses Gebell hinein sagt mein Mann: „Du bist eingeschlafen, liegst ganz in der Sonne! Rück mal ein Stück weiter!“ Er weiß zwar, daß ich nicht in der Sonne liegen darf, kann aber den Grund nicht begreifen. Ich rücke die Luftmatratze weiter, jetzt liege ich seitlich von jenem Mann und seinen Damen, nur eine ist noch da, die jüngste, die höchstens Anfang Zwanzig ist. Die beiden anderen sind im Wasser. Wie Bojen ankern sie in der Bucht, eine neben der anderen, sie halten sich an ihren Luftmatratzen fest, halten sich fern von den anderen Badenden, wie Kaffeehausgäste, die sich im Separee unterhalten. Das Mädchen aber war draußen im Meer gewesen, jenseits des Wellenbrechers, der den Schwimmern als Springbrett dient, sie glänzt noch von Wasser und von Salzkristallen, wie eine große Blütenkrone sitzt ihr die Badekappe auf dem Kopf. Sie zieht sie ab und schüttelt sich, das Haar fließt ihr über Nacken und Schultern.

„Ich war ganz weit draußen“, sagt sie zu ihm, „vielleicht einen Kilometer außerhalb der Bucht. Dort ist es herrlich, richtiges Meer, nicht solche Brühe wie hier. Du mußt unbedingt mal mitkommen.“

Sie kauert neben dem Liegestuhl, ihre runden Knie blitzen in der Sonne. Sie legt ihm die nasse Wange an den Arm, er lacht und sagt etwas, ich kann es nicht verstehen, denn er sagt es mit gedämpfter Stimme. Er dämpft immer die Stimme, wenn ich in der Nähe bin, ich bin mir dessen sicher, ich habe es vielfach getestet, ich betrat den Strand mal von der einen, mal von der anderen Seite, kam immer an einer anderen Stelle aus dem Wäldchen und ging bald an der Seite, bald hinten an dem Liegestuhl vorüber. Wenn er glaubt, ich sei nicht da, spricht er ganz normal, verhält sich wie jeder Urlauber, also ein wenig wie ein Kind, das noch nicht weiß, daß das Leben kein ewig andauerndes Vergnügen ist, ein wenig auch wie die drei Spaniels, die ihre Lebensfreude in wilden Spielen demonstrieren. Nur wenn ich in der Nähe bin, spricht er leise und hält sich zurück. Ich habe mich mehrfach davon überzeugt. Was mag ihn dazu veranlassen, er kann doch nicht wissen, daß ich es weiß, ich habe mich durch nichts verraten, weder durch Worte noch durch Gesten. Und selbst wenn er argwöhnen sollte, ich könnte etwas wissen – was folgt denn daraus, warum zählt es denn für ihn in solchem Grade, daß er sich freiwillig in seinen Urlaubsfreuden beschränkt? Dieser Gedanke hat sich in mir festgesetzt und zeugt andere. Warum erkenne ich jede seiner Begleiterinnen sofort an der Stimme, warum kenne ich nur seine Stimme nicht? Ist das wirklich nur Zufall? Zweimal allerdings habe ich ihn laut sprechen hören. Das erstemal erschien ich unverhofft am Strand (ich kam aus dem Städtchen jenseits der Bucht und wollte baden), alles lag schon verödet, allein die Leute mit den Spaniels und zwei ineinander verschlungene Liebespaare harrten noch aus – und er mit seinem Harem. Er spielte mit einer der älteren Damen Federball, er tat es träge und voller Überdruß, er lenkte den Ball so, daß seine Partnerin nicht laufen mußte. Eben als ich den Strand betrat, schmetterte er den Ball dennoch ganz steil in die Luft und rief, von der Flughahn begeistert: „Da! Sieh zu, daß du ihn . . .“ Da sah er mich und brach mitten im Satz ab. Diese Entdeckung traf mich tief – sollte er so sehr die eigene Stimme fürchten? Ich hielt mich nicht am gewohnten Platz auf, ging gleich ins Wasser und hörte seine Stimme nicht mehr, obgleich ich aufmerksam lauschte. Hörte ich ihn womöglich nicht mehr, weil er erraten hatte, daß ich lauschte? Noch bei diesem Baden und erst recht später suchte ich den Klang dieses „Da! Sieh zu, daß du ihn . . .“ zu rekonstruieren, aber es war vergebens. Was mein Gedächtnis registriert hatte, ermangelte jeder Individualität, war ein Laut unter Lauten, nichts weiter. Beim zweitenmal war es ähnlich. Wie jeden Morgen ging ich nach dem Frühstück zum Strand. Der Weg führte durch Wald und kreuzte eine Schneise, die eine Art Zufahrt zum Hotel bildete. Noch bevor sich mir der Blick auf diese Lichtung öffnete, hörte ich Gelächter und Witze über Nagellack, der beim Autowaschen Schaden nimmt, Witze wie sie für nicht sehr geistreiche Männer typisch sind, eine ganze Salve von Sätzen, hier und da unterbrochen vom Ausrufezeichen des Gelächters. Ich wußte nicht, wem die Stimme gehörte und blieb nicht unter den Bäumen stehen um zuzuhören, mich hineinzuhören, alle Kanten und Glätten aufzunehmen. Ich trat aus dem Wald in den offenen Raum der Schneise, es war zu spät für jeden Rückzug, er senkte sofort die Stimme, daß es sogar dem Mädchen auffiel, das sich verwundert umsah. Um alles zu vertuschen, nahm er sie bei den Schultern und ging zum Flüsterton über, er flüsterte ihr etwas ins Ohr, sie lachte auf und zog ihm mit der Waschbürste eins über. Was verbarg er vor mir? Seine Sprache, seinen Akzent? Oder gar seine Stimme?

Am zweiten Tag unseres Aufenthalts in dem dürftigen Schattenstreif brauchte unsere junge Freundin nur einmal nach dem bunten Liegestuhl hinüberzusehen, um festzustellen:

„Der Mann sieht gut aus. Wie Curd Jürgens.“

Ein Kälteschauer überfuhr mich in dieser Hitze, ich sah dieses junge Mädchen von nun an mit anderen Augen: wie jemanden, der das Kodewort kennt, mir bewußt oder unbewußt seine Zeichen übermittelt. „Er sah aus wie Curd Jürgens“, hatte an einem Junitag des Jahres 1945 Ptaszkas Mutter gesagt, und das hing mit dem Schicksal ihrer Tochter zusammen, die ich einst bei der Hand gepackt hatte, um sie in dieses Haus und zu diesem Tag zu führen, ich hatte sie geführt, solange ich konnte, solange sie sich mir nicht entzog, um auf dem Feuerrost zu Asche zu werden.

„Weißt du, Kleine, ich kannte mal ein Mädchen in deinem Alter“, setzte ich an, gab es aber sogleich wieder auf. Unsere junge Freundin wartete ein wenig, ehe sie höflich fragte: „Ja?“

Sie hat nämlich eine gute Erziehung genossen und weiß, daß man Personen, mit denen man gemeinsam eine Reise tut, Aufmerksamkeit und Interesse zu erweisen hat.

„Nichts.“

Sie nahm diese abwiegelnde Bemerkung mit diskreter, aber immerhin offenkundiger Erleichterung auf. Das ist begreiflich, es gehört nicht zu den attraktivsten Zerstreuungen, sich die Geschichten von Frauen anhören zu müssen, die auf das kritische Alter zugehen, schon gar nicht an einem Badestrand, wo es von jungen Burschen wimmelt, die aussehen wie Statuen aus Sandelholz. Ich weiß nicht, wieviel Wahrheit in der These steckt, der Mensch könne sich mit dem Menschen nicht verständigen, was daran empirische Philosophie oder Effekthascherei, literarischer Mißbrauch ist. Ich habe es auch nicht eilig, das nachzuprüfen. Auch rührte meine abwehrende Antwort nicht nur daher. An diesem gutmütigen, an teichstillen Buchten so reichen Meer, unter dieser irgendwie maßvoll brennenden Sonne, erlebte ich wie nirgend anderswo den Ablauf der Zeit, das Paradoxon, daß Jahre, die einem so nahe, so gegenwärtig sein können, doch schon so weit zurückliegen. Mir wurde das bewußt, als unsere junge Freundin so höflich und unschuldig ihr „Ja?“ hervorbrachte. „Nichts.“ Was konnte ich anderes antworten? Was könnte Ptaszkas Geschichte einem anderen geben? Es war eine andere Zeit gewesen, Ptaszkas Zeit und meine Zeit, die Geschichte hatte sich in einer anderen Welt zugetragen, in einer anderen Dimension – genau wie auch die Geschichte derer, die mich getragen hatten.

Der Schatten ist wieder weitergerückt. Würde ich ihm auch jetzt folgen, befände ich mich drei, höchstens fünf Meter neben dem bunten Liegestuhl. Das ist exterritoriales Gebiet, ein Streifen Niemandsland, zwischen uns geschaffen kraft wortloser Übereinkunft, eine Grenze, deren Verletzung . . . Ja, was würde eine solche Verletzung denn bewirken? Ist es nicht etwas, worauf ich warte, seit der Mann sich auf meinen lauten Ruf nach der Badekappe jäh umwandte und mich ansah, als hätte ich ihn aus einem wohligen Schlaf geschreckt? Vielleicht würde ich endlich seine Stimme hören oder eines Nachmittags an den Strand kommen und ihn mitsamt seinen drei Damen nicht mehr antreffen, so daß meine Ferien endlich Ferien wären, endlich aufhören würden, zu sein, was sie sind: ein unablässiges Auf-der-Hut-Sein, besessene Analyse von Beobachtungen, die höchstwahrscheinlich der Einbildung und dem Verfolgungswahnsinn entspringen! Und dennoch bleibe ich an Ort und Stelle und nehme lediglich einige Handgriffe vor, die mich vor den gewöhnlichen Folgen starker Sonneneinwirkung schützen: ich binde mir ein Tuch um den Kopf, lege mich auf den Bauch und berge mein Gesicht in der Armbeuge. Ich lasse mir Zeit, tue alles beinahe ostentativ. In der festen Überzeugung, daß jede meiner Bewegungen beobachtet und analysiert wird, drehe ich den Kopf nach der anderen Seite, der Mann soll wissen, daß ich ihn jetzt nicht sehen kann, daß er absolut sicher ist vor mir, vor jeder Observation meinerseits. Die Minuten rinnen, gerinnen vielleicht zu Viertelstunden, ich verharre in dieser Stellung, der Körper ist nicht mehr der meine, ich fühle ihn nicht mehr. Mein Mann steht wieder neben mir und fragt mich etwas, wahrscheinlich weist er mich wieder darauf hin, daß ich in der prallen Sonne liege. Ich gebe keine Antwort, er erneuert nicht die Frage, offenbar beruhigt durch das Kopftuch, das er mit sanfter Hand zurechtrückt, ehe er in der Meinung, ich sei eingeschlafen, davongeht. Nebenan aber hält sich die Stille. Kein Geräusch, kein Zeitungsrascheln, kein Knarren des Liegestuhls, kein Flüstern und kein Raunen. Eine Insel des Schweigens im Stimmengewirr des Strandes. Auch das Mädchen sagt nichts, und dabei ist sie doch da, ich weiß es, ich habe sie nicht fortgehen hören. Sollten auch sie eingeschlafen sein? Nein, das sind sie nicht, davon bin ich überzeugt, diese Stille ist nicht die Stille der Entspannung, sie haben sich diese Reglosigkeit zu eigen gemacht wie ich, wie ich geben sie sich diesen Anschein, sie haben sich darauf verständigt, dazu braucht es nur einfacher Mittel, eines Händedrucks, eines Fingers vor dem Mund, eines vielsagenden Blicks in meine Richtung.

Wer mag dieses Mädchen sein, dem das Haar im Sonnenschein so mattgolden über die Schultern fließt? Tochter, Nichte, Schwägerin? Unsere junge Freundin hatte diese Frage schon an dem Tag gestellt, als sie dem Fremden die Ähnlichkeit mit Curd Jürgens bescheinigte. Wie stehen diese vier überhaupt zueinander, der Mann und die drei Frauen? Zwei Tage lang trieben wir unser Spiel mit Vermutungen und entwarfen verschiedene Konzeptionen. Die erste und einfachste: Tochter, Frau und Mutter beziehungsweise Schwiegermutter. Die zweite: Frau, Schwägerin und Nichte. Die dritte: Frau und zwei Schwägerinnen. Wir schoben die weiblichen Personen hin und her wie Schachfiguren. Dabei war stets er der Bezugspunkt, die Frauen bildeten um ihn herum wechselnde Konstellationen – je nach der Phantasie und dem Gutdünken des Phantasierenden. Zwei Tage trieben wir dieses Spiel, dann kam es zum Erliegen. Unsere junge Freundin und mein Mann hatten würdigere Beschäftigungen gefunden als das Ausspähen von Familienbanden zwischen zufälligen Strandnachbarn. Das Mädchen stellte eine Schar ortsansässiger junger Männer ruhig, die zuvor über das Wirtschaftsleben ihres Heimatlandes heftigste Dispute geführt und dadurch alle furchtsameren Ausländer ans entgegengesetzte Ufer der Bucht vertrieben hatten. Mein Mann las sich in den Handbüchern fest, die er mitgebracht hatte, um etwas über das Land zu erfahren, unter dessen klarem, warmem Himmel wir zu Gast waren. Jene Frage blieb allein mir überlassen, eine von vielen, deren Ursache und Quelle die Leute von nebenan waren, und wie es in der Natur der Fragen liegt, gebar sie immer neue Fragen, sie alle harrten einer Antwort, und die gab es nur als Mutmaßung, als Hypothese, als Verdacht. Eins hatte ich immerhin herausgefunden: Mit der mittleren der Frauen, die ich auf sechs- bis achtunddreißig schätzte, war er verheiratet. Zufällig (ausgerechnet diese Erkenntnis entsprang nicht der Tätigkeit meines ohnehin überanstrengten Seh- und Gehörsinns) hörte ich sie mit den Besitzern der randalierenden Spaniels reden. Man erwog einen Wechsel des Aufenthaltsortes, eine Verlegung weiter nach Süden. „Wir haben bald Mitte September, da kann es nicht schwierig sein, auf einem Campingplatz wie dem hier unterzukommen! Und ein paar Grad wärmer ist es auf jeden Fall, argumentierte der korpulente Herr mit dem Panamahut, der hier am Strand, auf dem Campingplatz und bestimmt auch in der Stadt inzwischen so etwas wie ein Markenzeichen war. Der beleibte Herr trennte sich nie von dem guten Stück, weder beim Sonnenbaden (dann schob er ihn – je nach Bedarf – in die Stirn oder in den Nacken) noch beim Ballspiel, weder im Zelt noch beim Schwimmen. Ja wirklich, er ging mit seinem Hut sogar ins Wasser, und der ganze Strand freute sich darüber, vor allem die hiesigen Jünglinge, denen es so seltsam die Sprache verschlagen hatte, seit unsere junge Freundin in ihren Kreis getreten war. Jedenfalls, um darauf zurückzukommen, hatte die Frau, jene mittlere, gesagt: „Mein Mann will von hier nicht weg.“ Für mich war dieser Satz sehr vieldeutig, er stellte aber zumindest eins klar – sie war seine Frau. Nach den sonstigen Anzeichen zu schließen, hätte das nämlich jede der drei Frauen sein können, die Älteste, die älter als er, um die Fünfzig war, ebenso die Jüngste. In dem, wie sie mit ihm umgingen, wie sie sich um ihn kümmerten, aber auch darin, wie er das alles entgegennahm, lag jenes Unbestimmte, Ungreifbare, was unzweideutig das Verhalten von Gattinnen kennzeichnet, nicht das von Geliebten, von Schwestern oder gar ferneren Verwandten, es war der familiäre Umgang, die Vertraulichkeit, die nicht allein dem physischen Beisammensein, bloßer körperlicher Vertrautheit entspringt, sondern auch deren Hülle, einer Atmosphäre von Verbindlichkeit, Gewohnheit und – warum soll man sich etwas vormachen – Überdruß. Trotzdem, es war noch mehr. Ein Element der Ehrerbietung, einer dankbaren und demütigen Ergebenheit, die sich im Verhalten aller drei Frauen kundgab, als wollten sie ihm mit jedem Blick und jeder Geste sagen: Wir sind glücklich, daß du bei uns bist. Oder gar: Wir empfinden es als großes Glück, daß du uns erlaubst, beieinander zu sein. Eine neue Art von Serail, dessen Insassinnen der Sultan die Gnade seiner Liebe zuteil werden läßt.

Wie standen die drei Frauen zueinander? Alle duzten einander, und per Du waren sie auch alle mit ihm. Die Älteste war um die Fünfzig und hatte das edle, strenge Gesicht der Pasionaria. Sie rutschte einmal auf den Betonstufen aus, die ins Wasser führen, ich stand gerade recht, daß sie Halt fand an meiner Schulter. „Pardon, Madame“, sagte sie, und ich war verblüfft. Schließlich war es nicht ihre Muttersprache, in der sie sich entschuldigt hatte. Oder hielt sie das Französische für weltläufiger? Nein, nein, über Effekte nachzudenken, war ihr gar keine Zeit geblieben, diese Worte kamen ganz spontan, so unwillkürlich, wie das vor sich geht, wenn man in einer anderen Sprache plötzlich etwas ausrechnen soll, diese fremde Sprache eigentlich auch einwandfrei beherrscht, automatisch aber in der Muttersprache rechnet. Sie sah aus wie die Mutter, obwohl sie schon vom Alter her weder die seine noch die seiner Frau sein konnte, und auch die Jüngste habe ich nie „Mama“ oder „Mutti“ sagen hören. Derlei Worte fielen zwischen ihnen überhaupt nicht, höchstens nannte die Älteste mal jemanden „Maria“. Eines Tages aber, eines Tages kam es . . .

„Berta“, sagte die Jüngste (die Tochter, Nichte oder Geliebte), „Berta, kannst du nicht mal . . .“

Sie sprach den Satz gewiß zu Ende, aber so laut sie es auch getan haben mochte, der Rest ging unter, blieb stecken in dem Rauschen, mit dem das Blut mir plötzlich zu Kopfe trieb, freigelassen wie Wasser, das unterm gezogenen Schütz in den Flutgraben strudelt.

„Berta.“ Ein weiteres jener Signale, aus einer grauen Vergangenheit, aus dem Plusquamperfekt, an mich übermittelt über diese vier, die Sender sind oder Umsetzer oder beides zugleich. Es ist ein Alarmsignal, und ich war darauf nicht gefaßt. Der Intellekt, die Gefühlsbremse, wirkt zu spät, mein Kopf dreht sich so jäh, daß es ihnen allen auffällt, nicht nur ihm, sondern auch dem Mädchen und ihr, der Inhaberin des Namens mit der Signalwirkung. Sie sieht mir in die Augen, hält meinen Blick gelassen aus, keinerlei Gefühl, allein der Wunsch, sich darüber klarzukommen, wodurch meine Reaktion denn gerechtfertigt sein könnte. Darauf wendet sie sich ihm zu, die hochgezogenen Brauen sagen: Ich verstehe das nicht, sie muß sich etwas eingebildet haben. Sie hat ein Recht, so zu denken und sich beruhigt im Liegestuhl zurückzulehnen, außer dem Namen verbindet sie nicht die geringste Ähnlichkeit mit jener anderen, die übrigens „Bertel“ gerufen worden war, ohnehin war es nicht allein der Name als vielmehr ein Unterton in der Stimme des Mädchens, der bei aller Vertraulichkeit eine gewisse Distanz schuf. Das hatte mich stutzig gemacht, ich fand darin etwas sehr Vertrautes wieder.

„Bertel.“ Ich habe die Erlaubnis, diese direkte Anrede zu gebrauchen, ich mache auch Gebrauch davon, sehe aber streng darauf, dieses Privileg nicht zu strapazieren, damit die Adressatin nicht bereuen muß, es mir erteilt zu haben. Jedesmal gebe ich also durch Tonfall und Körperhaltung zu erkennen, daß ich bei aller kameradschaftlichen Vertraulichkeit, die in einer solchen Anrede anklingt, genau den Unterschied kenne, der nach Wert und Rang zwischen mir und der genannten Person liegt. Wenn ich „Bertel“ sage, gebe ich meiner Stimme eine Färbung, die diesem Namen allerhöchste Majestät verleiht: Geruht Eure Wünsche zu äußern, Sire! Ich gehe zum Markt, Bertel, willst du mir nicht gütigerweise sagen, ob du etwas brauchst? Sie weiß diesen Stil zu schätzen, sie mag ihn und hat ihren Spaß daran, vielleicht habe ich deswegen bei ihr einen Stein im Brett. Freundlich, wenngleich auch traurig schaut sie mich an. Traurig blicken ihre Augen übrigens immer, wenn sie Kummer hat, Untergebene straft, sich mit Leo liebt und auch, wenn sie sich glücklich fühlt. Mit ihren dunkelbraunen feuchten Augen schaut sie mich an und heißt mich warten. Also warte ich, ohne meine Frage zu erneuern, ich verstehe, daß sie sich überlegen muß, ob sie mir diesen weiteren Beweis ihrer Gnade gewähren soll, ich warte bescheiden, ohne zu drängen oder mich zurückzuziehen. Endlich läßt Berta ein dankbares Lächeln auf ihre Lippen treten. „Wenn du so gut sein willst, dann sieh zu, daß du Tomaten kriegst, Leo ist verrückt nach Tomaten“, sagt sie bedächtig, sanft die Stimme modulierend. „Tomaten sind ein unfehlbares Mittel, Leo in gute Stimmung zu versetzen, und heute hat sie wahrscheinlich einen schweren Tag.“ Mit einem Lächeln wirbt sie um Nachsicht für diese kleine Schwäche Leos, eigentlich ist es nicht loyal, mir das zu entdecken, aber wenn man jemandem einmal sein Vertrauen geschenkt hat, so wie sie und Leo es mir geschenkt haben . . . Während dieses Monologs richtet sie auf der unteren Pritsche Kissen von buntem Atlas, baut sie zu kleinen Stößen und Pyramiden oder streut sie wieder unordentlich über die flauschige Kamelhaardecke. Die Kammer mißt zwei Meter mal drei Meter im Geviert, sie liegt in rosafarbenem Dämmerlicht (so stelle ich mir die Boudoirs großer Damen vor, wie ich sie aus Zufallslektüre kenne), vor dem Fenster, das auf das Innere des Magazins hinausgeht, hängen rosa Gardinen, rosa Plaids liegen auf den übereinandergebauten Pritschen (später wird mich jedes Schlafwagenabteil an Bertas Kammer erinnern), mit rosa Ölfarbe sind Spind und Schemel gestrichen, und rosa ist auch der Morgenrock Bertas, die in besorgter Ergebenheit auf das Erscheinen Leos wartet, die sich wie immer verspätet. Das Tor knarrt (so könnte das Tor einer Scheune knarren, die bis unters Gebälk mit duftendem Heu gefüllt ist), ich bleibe noch einen Augenblick vor der Baracke stehen, bis ich dieses Knarren aus den Ohren habe, das Gehör sich umgestellt hat auf seine normale Arbeit, auf Geräusche geschärft, deren Wahrnehmung und Verarbeitung für mein Vorhaben besonders wichtig ist. Ja, der Markt wird heute verlassen liegen, die Menschenleere auf der Straße verheißt nichts Gutes, ich kann von hier aus sehen, wie öde sie ist. Nur hin und wieder erscheinen vereinzelt Gestalten, das sind Paladine ersten Grades, ihre Silhouetten, deren Konturen im nebligen Dämmer verfließen, bewegen sich die Straße hinab und hinauf, vom Waschraum zur Kleiderkammer und zurück. Sie gehen langsam und würdevoll, mit dem Schritt, dem allein man schon die Erlaubnis ansieht, die Straße zu betreten. Ich probiere diese Gangart vor der Baracke, ein paar Schritte vor und zurück, ich gehe sogar auf die Straße zu, aber das ist weiter nichts als Theater, ich weiß genau, daß ich im letzten Moment, kurz vor der Straße, jäh abbiegen werde zwischen die Baracken, um wie alle gewöhnlichen Sterblichen von einer Ecke zur anderen zu huschen.

Diese „Wiese“ (ein Platz zwischen den Waschräumen und dem Graben, nur mit spärlichem Knäuelgras bewachsen und doch bei uns beliebt, weil abseits von der Straße und nahe der wirklichen Wiese, jener üppigen, duftenden jenseits des Drahtzauns), sonst ein belebter Ort für kleine Tauschgeschäfte, für Verabredungen und Begegnungen, Treffpunkt und Promenade der Hiesigen, ist jetzt ebenfalls still und leer. Der Handel hat sich in die Waschräume und Latrinen verzogen. Die Latrinenälteste schreit ihr „Los, los, beeilt euch beim Scheißen“, aber es klingt heute gutmütig und aufmunternd, die Latrinenälteste ist bester Laune, jeden Augenblick steht sie an der Tür und späht zwischen die Baracken, dorthin, von wo Gefahr aufziehen könnte, in Gedanken aber überschlägt sie ihren Gewinn an den Transaktionen. Ich sage „Guten Abend!“, sie labt sich an dem Gruß, gibt ihn voller Eifer zurück und setzt auch gleich hinzu: „Sag Bertel einen schönen Gruß von mir.“

Über die Wiesen ziehen Nebelschwaden, in deren Wogen die Wachtürme zu schweben scheinen, man könnte glauben, sie erhöben sich gleich in die Luft und flögen davon, hoch über den Drahtzaun, der unsichtbar ist, als gäbe es ihn nicht. Erst aus der Nähe, vom Grabenrand, ist er zu sehen, aber bei Nebel ist es nicht ratsam, sich auf der Wiese aufzuhalten, ganz zu schweigen davon, sich an den Graben zu setzen und die Beine hinabhängen zu lassen, was wir vor allem dann gern tun, wenn der Regen das Wasser aufgefüllt hat. Sonntags, am arbeitsfreien Nachmittag, ist der Grabenrand in seiner ganzen Länge von uns besetzt, wir singen sogar, die Sprachen sind verschieden, der Inhalt sehr ähnlich. „Kränze wand sie, warf sie in die Wellen.“ Hier schlägt das Wasser keine Wellen, es steht gelb im lehmigen Trog seiner Ufer und spiegelt weder Himmel noch Wolken. Bei solchem Nebel wie heute tut jedoch keiner auch nur einen Schritt in diese Richtung. Der Wächter schießt, ohne abzuwarten bis der Delinquent den Graben überquert, und dabei besagt die Vorschrift ausdrücklich, daß erst der Graben überquert sein muß.

Auf der Acht summt es wie in einem gewaltigen Bienenstock vor Einbruch der Nacht, die Türwache hält mich nicht an, im Gegenteil, mit einer Geste und einem Lächeln fordert sie mich zum Eintreten auf. Ich stehe unter dem Schutz der Blockältesten. Ich gehöre dazu.