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© 2014 Uwe Goeritz

Coverbild: Uwe Goeritz / Jana Goeritz

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7357-3290-3

Inhalt

In den finsteren Wäldern Sachsens

Aus dem Dunkel der Zeit erhob sich ein Volk um unter der Führung eines Kaisers in die Zukunft zu gehen. Am Anfang waren es viele Stämme unter vielen Göttern um am Ende geeint unter einem Gott ein Volk zu bilden.

Diese Geschichte spielt am Anfang dessen was wir heute Deutschland und das deutsche Volk nennen. Die handelnden Figuren sind zu großen Teilen frei erfunden aber die historischen Bezüge sind durch archäologische Ausgrabungen, Sagen und Überlieferungen belegt.

1. Kapitel

Am Brunnen

Es war ein schöner, warmer Vorfrühlingstag. Der Wind säuselte in den Bäumen und ein kleiner Junge, etwa zehn Jahre alt, saß an einem Brunnen und schnitzte eine Figur. Noch war nicht richtig zu erkennen was es werden sollte. Er hatte erst vor ein paar Minuten angefangen. Der Brunnen war abseits des kleinen Dorfes und lag auf einer Waldlichtung. In einiger Entfernung konnte der Junge die Häuser seines Dorfes sehen die hinter einer Hecke auf einer größeren Freifläche am Waldessrand lagen. Die Dächer waren mit Schilf aus dem nahen Moor gedeckt, sie leuchteten goldgelb wenn die Sonne darauf schien.

Sein Elternhaus war das, welches ihm am nächsten war. Es waren zehn lange Häuser, die Wohnhaus und Stall zugleich waren. Die Tiere wärmten im Winter auch gleich noch das Haus für die Menschen. In jedem Haus wohnte eine Familie. Durch die Hecke waren nur die Dächer der Häuser zu sehen. Der Brunnen, an dem der Junge lehnte, war aus Holz gebaut und etwa einen Meter hoch, ein kleines Dach schütze ihn vor von den Bäumen herabfallendem Laub. Die Bewohner des Dorfes gingen mehrmals täglich zu diesem Brunnen, meist früh oder abends. Jetzt um die Zeit, wenn die Sonne am höchsten Stand, war er hier an diesem Platz ungestört und konnte sich seiner Arbeit widmen. Der Junge hatte den Eimer, der immer dort zum Wasser schöpfen stand, umgedreht und sich darauf gesetzt.

Das kleine Messer, mit dem er jetzt gerade schnitzte, hatte er von seinem Onkel aus dem Nachbardorf geschenkt bekommen. Wann immer er Zeit hatte schnitzte er damit im Wald oder hier am Brunnen. Er war sehr begabt und hatte schon viele Tiere geschnitzt. In vielen Häusern des Dorfes wurden seine Schnitzereien von den Kindern als Spielzeug verwendet. Seine Freunde im Dorf waren mächtig stolz wenn er ihnen ein Tier aus Holz schnitzte.

Jetzt konnte man schon deutlich sehen, dass es ein Tier mit vier Füßen sein sollte. Ein Pferd oder Hund, das Oberteil war noch nicht fertig und vielleicht hatte er auch noch gar nicht so weit gedacht was es werden soll. Er schaute auf und sah der schwarzen, großen Hund bei sich liegen. Dieser ruhte sich bei ihm im Gras aus, die beiden waren fast unzertrennlich. Nur wenn der Vater die beiden Schweine zur Futtersuche in den Wald trieb musste der Hund mit ran sonst konnte der Junge mit ihm spielen. Vom Dorf aus hörte er nun seine Mutter die ihn in das Dorf zurück rief, aber er wollte erst noch die Figur zu Ende schnitzen und versteckte sich darum hinter dem Brunnen. Er gab dem Hund ein Zeichen damit dieser leise sein würde und ihn nicht verrät.

Nach einer kurzen Weile, die Figur war doch ein Hund und nun fast fertig geschnitzt, hörte man das Geräusch von Pferdehufen, das wiehern von Pferden, lautes Schreien und Hundegebell aus dem Dorf. Vorsichtig schaute der Junge, den Hund fest am Halsband haltend, über den Rand des Brunnens. In das Dorf waren fränkische Reiter eingefallen die mit den Dorfbewohnern kämpften. Mit Speeren, Pfeilen und Schwertern kämpften sie vom Pferd aus gegen die Zahlenmäßig unterlegenen und überraschten sächsischen Dorfbewohner. Durch die Hecke konnte der Junge nur die Reiter sehen und nicht die zu Fuß kämpfenden Sachsen.

Am Rande des Dorfes sah er einen Krieger auf einem Pferd der nicht bei dem Kampf mitmachte. Dieser ritt nun zu einem anderen, der vermutlich der Anführer der Krieger war, sie stritten kurz und der Reiter ritt aus dem Dorf heraus in den Wald zurück. Der andere kämpfte nun weiter als wollte er die, durch den Streit verlorene, Zeit wieder aufholen. Es dauerte nicht lange bis es im Dorf ruhig wurde. Die Reiter warfen nun Fackeln in die Häuser und ritten dann wieder aus dem Dorf heraus, in dem es nun merkwürdig still war. Nur das Knistern des Feuers war zu hören, kein Tier, kein Mensch, kein Laut. Selbst die Vögel im Wald rund um das Dorf waren verstummt.

Der Junge wartete noch eine kurze Zeit bis er sicher sein konnte das die Reiter nicht wieder zurück kommen würden und dann ging er mit dem Hund schnell in Richtung des Dorfes. Die Reiter hatten niemand im Dorf am Leben gelassen. Sein Elternhaus brannte schon und er konnte nicht mehr hinein. Er sah seine tote Mutter die ihn noch vor kurzem gerufen hatte und kniete sich neben sie. Er weinte bei ihr und machte sich vorwürfe, weil er nicht in das Dorf zurückgekommen war. Doch wenn er im Dorf gewesen wäre, so wäre er jetzt vermutlich tot wie alle anderen Bewohner die beim Angriff der fränkischen Reiter im Dorf waren. Mit einer schnellen Handbewegung wischte er sich die Tränen ab und dachte nach. Was sollte er nun tun? Sollte er hier warten bis jemand die Rauchsäule sieht und vorbei kommt? Dann müsste er aber bei all den Toten hier im Dorf, bei den brennenden Häusern bleiben. Das wollte er aber dann doch nicht. Sollte er nicht lieber aufbrechen?

Er schaute auf das Messer in seiner Hand, dass er eben noch zum schnitzen benutzt hatte, und wusste das er zu seinem Onkel in das Nachbardorf gehen muß. Das war ein halber Tagesmarsch und wenn er heute noch bei Tageslicht dort hinkommen wollte so musste er nun los. Er hatte schon viel zu lange durch sein Nachdenken gezögert.

Aus einem Haus, welches noch nicht brannte, holte er eine Tasche, etwas Brot und Wurst. Zusätzlich nahm er eine Trinkflasche mit die er noch am Brunnen füllen musste. Das alles steckte er nun in die Tasche und hing sich diese um. Er griff sich einen der Speere und band einen Strick um das Halsband des Hundes. Zusammen verließen sie schnell das Dorf, gingen zum Brunnen, tranken dort etwas Wasser und füllten die Flasche auf danach machten sie sich auf den Weg zum nahen Waldrand.

Der Wald stand dort wie eine dunkle Wand, nur an einigen Stellen waren Schneisen im Wald durch die sonst die Tiere zur Weide getrieben wurden. Durch eine davon gingen die beiden in den Wald, in Richtung Osten wo das Dorf seines Onkels lag.

2. Kapitel

Die fränkischen Reiter

Die Glocke in der kleinen, aus Holz gebauten, Kirche rief die Gläubigen gerade zum Gottesdienst. Die Sonne ging gerade unter und alle waren vom Feld zurück. Das kleine Dorf mit den zwanzig Häusern und etwa genau so vielen Ställen lag inmitten von Feldern auf denen gerade die ersten Spitzen des Getreides zu sehen waren. In einiger Entfernung lag ein größeres Waldstück, dass wie eine dunkle, wilde Mauer aus Bäumen und Unterholz da stand. Dort verlief die Grenze zwischen Fränkischem Reich und dem wilden, freien Land der Sachsen. Hier, auf der fränkischen Seite, waren Christen bei der Feldarbeit und dort jenseits des Waldrandes Vieh züchtende und jagende Sachsen als Anhänger ihrer alten Götter. Die Grenze war deutlich in die Landschaft gezogen. Zwar war auf ihrer Seite auch noch Wald, aber der war schon nicht mehr ganz so dich und undurchdringlich wie dieser Wald der Sachsen.

Eine kleine Familie, Mutter, Vater und drei Kinder, waren die letzten die noch zum Gottesdienst eilten. Die Mutter mit zwei kleinen Mädchen an der Hand lief voraus. Ein etwa zehn Jahre alter Junge trödelte etwas rum und der Vater trieb ihn zur Eile an. Sie wollten nicht zu spät kommen. Hinter sich schloss der Vater die Tür der Kirche und alle fünf setzten sich schnell in die letzte Reihe.

Wie jedes Mal begann der Pfarrer als erstes über die heidnischen Sachsen herzuziehen und diese zu verdammen für ihre Gläubigkeit zu ihren Göttern. Danach begann er den eigentlichen Gottesdienst in Latein, auch wenn außer ihm keiner verstand was er da so vorlas und erzählte. Der Gottesdienst endete mit dem Glockengeläut, so wie er begonnen hatte. Der Pfarrer ging dann zu der letzten Reihe und sah die Familie welche als letzte gekommen war strafend an, bevor er die Gemeinschaft wieder in ihre Häuser entließ.

Als sie aus der Kirche kamen sah der kleine Junge vom Waldrand Reiter kommen und machte seinen Vater darauf aufmerksam. Dieser schaute in die Richtung, er erkannte an den Fahnen und der Ausrüstung die diese Reiter trugen sofort das es fränkische Reiter waren die aus Sachsen zurück kamen. Sie hielten auf das Dorf zu und wollten dort vermutlich die Nacht verbringen.

Vor der kleinen Schänke saßen sie ab und brachten ihre Pferde in einen Stall der zur Schänke gehörte. Einige Dorfbewohner saßen schon in der Schänke und ein paar beeilten sich nach dem Gottesdienst um jetzt noch schnell dorthin zu gelangen. Die fremden Reiter hatten bestimmt viel zu erzählen. Auch der Vater des Jungen brach schnell zur Schänke auf, auch er wollte nichts von der Erzählung verpassen, und diese war bestimmt realistischer über das Leben in Sachsen als das, was der Pfarrer jedes Mal beim Gottesdienst erzählte.

Die Schänke lag in der Mitte des Dorfes. Ein großer verrauchter Raum mit einer niedrigen Holzdecke, von einigen Talglichtern und dem Feuer in der Ecke beleuchtet. Einige Tische mit Stühlen sowie an der Seite wo es keine Tische gab war der Schankraum nun gut gefüllt und alle lauschten den Erzählungen der Reiter von den dunklen Wäldern, den Bären, den Auerochsen und den Wölfen. Nur ab und zu unterbrach der Wirt oder einer der Krieger die Erzählung wenn neues Bier auf die Tische gebracht oder bestellt wurde.

Vor allem von ihren Nachbarn, den Sachsen wollten die Dorfbewohner etwas erfahren. Wer waren sie, wie lebten sie. Doch gerade darüber berichteten die Reiter nichts. Nach vielen Bieren und Wein lockerte sich dann bei einem Reiter doch noch die Zunge und er schilderte wie sie am Vortag ein Dorf zerstört und alle Bewohner getötet hatten. Augenblicklich war Ruhe in der Schänke. Der Anführer der Reiter griff sich den Mann am Kragen seines Hemdes und brachte ihn unsanft aus dem Raum. Nach kurzer Zeit kam der Anführer alleine zurück und beorderte alle seine Reiter in ihre Nachtlager. Auch die Dorfbewohner gingen nun wieder nach Hause, wo ein jeder von seiner Familie erwartet wurde damit er von den Schilderungen der Reiter erzählen sollte. Nur die Schilderung der furchtbaren Taten in dem sächsischen Dorf würden sie ihnen verschweigen.

Am nächsten Morgen nahmen die Reiter noch am Gottesdienst teil bevor sie in ihr Lager aufbrachen. Alle gingen danach ihrer täglichen Arbeit auf den Feldern und im Dorf nach bis zum Mittag auf einmal das Sturmläuten der Kirchenglocken zu hören war. Eine kleine Gruppe wilder Reiter kam aus dem Wald gejagt und diesmal waren es keine Fränkischen sondern Sächsische Reiter. Alle im Dorf rannten durcheinander, die Frauen liefen mit den Kindern in die Häuser während die Männer sich eiligst notdürftig bewaffneten und den Reitern entgegen eilten.

Diese waren schon sehr nah, so dass das Zusammentreffen unmittelbar vor dem Dorf stattfand. Vom Dach seines Elternhauses, auf das er geklettert war, konnte der kleine Junge alles genau sehen. Es war ein kurzer Kampf und die Sachsen siegten sehr schnell. Dann berieten sie sich ob sie auch das Dorf angreifen sollten doch ihr Anführer wies sie an wieder in den Wald zurück zu kehren. So schnell wie sie kamen, hatten sie gewonnen und verschwanden sie auch wieder im Wald.

Die Frauen liefen nun zu der Stelle des Kampfes und sahen, dass fast alle Männer des Dorfes Tod waren. Nur ein paar alte Männer, die nicht am Kampf teilgenommen hatten, waren verschont geblieben. Einer von ihnen erzählte nun doch von dem Dorf der Sachsen und alle im Dorf verstanden den Angriff als Tat der Rache. Doch die Klage um die toten Männer war groß im Dorf. Fast jede Familie hatte einen Toten zu beklagen.

Noch am nächsten Tag sollte die Beerdigung neben der Kirche sein, dafür sollten die Toten von den Familien gewaschen und zurechtgemacht werden. Sie wurden noch in Tücher eingehüllt und danach zu der kleinen Kirche gebracht wo sie bis zum nächsten Morgen aufgebahrt wurden. Hinter der Kirche wurden die Gruben für die Beerdigung ausgehoben. Alle halfen dabei mit, bei der Beerdigung am Morgen sowie dem Gebet des Pfarrers schaute der kleine Junge in Richtung des Waldes aus dem die wilden Reiter gekommen waren und in den sie wieder verschwanden, nachdem sie seinen Vater und den Onkel getötet hatten die sie nun gerade beerdigten.

3. Kapitel

Im dunklen Wald

Der kleine Junge und sein Hund kamen nur schwer vorwärts. Sie waren zu spät aufgebrochen und würden es heute wohl nicht bis ins Nachbardorf schaffen. Die Nacht wollten sie aber auch nicht im Wald bleiben. Bei Tageslicht war es hier schon nicht so einfach sich zu Orientieren und nachts ohne Feuer konnten sie die wilden Tiere nicht abwehren. Weit hinter sich sah er die Rauchfahne seines Dorfes und seines bisherigen Lebens über die Baumwipfel aufsteigen. Auf dem halben Wege, das wusste er noch, lebte seine Tante Hildegund in einem Moor. Dorthin wollte er sich wenden doch er musste sich auch dort beeilen. Im dunklen konnte er nicht ins Moor hinein. Zu viele die vom Weg abkamen waren schon im Moor gestorben.

Die Bäume kamen nun immer enger zusammen. Der Pfad, den die Wildschweine ausgetreten hatten, war nun so schmal, dass der Hund vorn und der Junge hinterher gehen musste. Weiter vor sich sahen sie zwei Rehe aus dem Unterholz treten. Der Junge hielt den Hund, der sich auf die Rehe stürzen wollte, an der Leine zurück. Die Rehe erschraken, machten kehrt und verschwanden wieder im Unterholz. Sie hörten nur noch das knacken im Wald und der Hund beruhigte sich wieder.

Nun wurde es vorn etwas lichter. Der Wald öffnete sich zu einer großen Freifläche hin. Der Junge musste nun den Weg in das Moor finden. Er war ihn schon oft mit der Mutter gegangen wenn sie die Tante besuchten. Rechts und links gluckste das Wasser hervor wenn er einen Schritt machte. Auch seinem Hund war der Weg nicht geheuer. Vorsichtig schnüffelte er mal an einem Busch und mal an ein paar Schilfrohren. Langsam wanderte die Sonne über den Himmel und hier unten kamen die beiden auch gut voran.

Der Hund hatte nun Hildegunds Spur gefunden. Sie musste heute schon hier gewesen sein. In einiger Entfernung sah der Junge die Insel mit der kleinen Baumgruppe. Schnell, aber vorsichtig gingen die beiden auf diese Baumgruppe zu. Darunter, das wusste der Junge, stand die kleine Hütte seiner Tante.