Der Bürgermeister von Thorn

 

Am Sterbebett des Hochmeisters

In der Marienburg, dem Haupthause des Deutschen Ordens in Preußen, lag im Oktober des Jahres 1449 der ehrwürdige Hochmeister Herr Konrad v. Erlichshausen zum Tode krank. Er hatte schon bei Beginn der Krankheit, die rasch einen schlimmen Verlauf zu nehmen drohte, seine fürstliche Wohnung im Mittelschloss verlassen und die einfacheren, aber wohnlicheren Räume bezogen, die im alten Hochschoss, dem mächtigen Mauerviereck daneben, für die Landmeister des Deutschen Ordens hergerichtet waren, bevor zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts der Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen seine Residenz von Venedig an die Nogat verlegte und die Marienburg diesem Zweck entsprechend ausbauen ließ. Er hatte hier auch die Kirche in der Nähe, die der fromme Mann ungern versäumte, solange es ihm noch möglich war, sie auf einem Tragsessel zu erreichen. Jetzt freilich sah er sich schon seit Wochen an sein Schmerzenslager gefesselt.

Es waren nur zwei kleine zellenartige Räume, auf die der Meister sich beschränkt hatte. Wenn auch die Ordensregel ihn nicht hinderte, sich jede seinem fürstlichen Stande angemessene Bequemlichkeit zu gestatten, so liebte er es doch, sich der alten Rittersitte treu zu beweisen und den Brüdern, die zu Abweichungen aller Art nur zu geneigt waren, ein gutes Beispiel von Einfachheit und Mäßigkeit zu geben. Nur schwer und auf dringenden Wunsch der Ärzte hatte er sich entschließen können, ein Federbett anzunehmen und eine wärmere Decke als seinen weißen Mantel über sich breiten zu lassen. Das Holzgestell, auf dem er lag, unterschied sich nur wenig von der Lagerstätte der Konventsbrüder. Die Wände des Schlafzimmers waren aber mit Teppichen behängt und die Steinfliesen mit Matten belegt. Ein Bettschirm von Leder hielt den Zugwind gegen die Tür hin ab, und das hoch angebrachte Fenster in der dicken Mauer war durch einen mit geöltem Pergament überzogenen Rahmen geschlossen, der zwar selbst bei hellem Tage nur spärliches und dämmeriges Licht einließ, aber doch Kälte und Nässe abhielt, über dem Fußende des Bettes hing ein Kruzifix, die treffliche Holzschnitzerei eines deutschen Künstlers, der seine Werkstube in Nürnberg hatte. Auf der Decke lag ein Rosenkranz von großen Bernsteinperlen, ein Geschenk des Paternoster-Gewerks in Danzig. Ein in der Fensternische stehender Lehnsessel von reicher Schnitzarbeit und weich gepolstert, aus den Prunkgemächern des Mittelbaues hierhergebracht, wurde nur noch benutzt, wenn der Kranke umgebettet werden musste. Ein paar einfache Stühle und Schemel waren für Besuchende bestimmt. Auf einem kleinen Tisch am Kopfende des Bettes hatten Flaschen und Büchsen mit Medikamenten neben einer Lampe und einem Weinkrug Platz. Auch wurde dorthin das Brett mit den Speisen aus der Hospitalküche gestellt, die jedoch der Kranke meist unberührt wieder abtragen ließ. Eine Glocke stand ihm nahe zur Hand.

Das edelgeformte, von einem weißen Bart eingefasste Gesicht des Hochmeisters war wachsbleich, die Wange hohl, der Mund eingefallen. Auf der hohen Stirn stand der Fieberschweiß. Von Zeit zu Zeit entrang sich den bläulichen Lippen ein ächzender Laut, schloss sich während eines Schmerzanfalls das große überklare Auge. Neben ihm saß der Bischof Franz von Ermland, allezeit ein treuer Anhänger des Ordens und des Meisters geschätzter Ratgeber. Er war schon vor mehreren Tagen von seiner Residenz Heilsberg nach der Marienburg gekommen, um dem Freunde in seiner letzten Not beizustehen, wohl auch sich zu versichern, dass dessen Schwäche nicht von den Ordensgebietigern zum Schaden der Politik ausgebeutet würde, die der hohe Herr während seiner nun neunjährigen Regierungszeit zur Festigung der Ordensmacht so wirksam befolgt hatte. Wusste er doch, dass unter den Brüdern selbst Parteiungen bestanden, die nur das Ansehen des strengen und gerechten Herrn hatte in gemessene Schranken zwingen können.

Er hielt des Meisters hagere, brennend heiße Hand gefasst und sprach ihm, über das Bett gebeugt, geistlichen Trost zu. Konrad hörte ihn wohl geduldig an, schüttelte aber sanft das Haupt. »Glaubt mir, ehrwürdiger Bruder«, sagte er mit matter Stimme, »Gott hat es so beschlossen, dass es mit seinem Knecht zu Ende gehen soll.«

»Hat er es in seiner Weisheit beschlossen, so nützt freilich unser Einreden nichts«, antwortete der Bischof. »Aber wir bitten doch, es möge sein Wille nicht sein, Euch schon so früh von Eurem Werk abzuberufen. Euch ist gelungen, was nach menschlicher Einsicht vor zehn Jahren noch schier unmöglich schien. Wie war unter Eures Vorgängers traurigem Regiment der Orden zerrüttet, dass kaum noch seine Teile notdürftig zusammenhielten und das ganze stolze Gebäude beim nächsten Stoß auseinanderzufallen drohte! Welche Demütigungen hatte sich Paul von Rußdorf von dem übermütigen Polen und von den eigenen fast noch übermütigeren Untertanen gefallen lassen müssen! Und doch will ich ihn nicht den Verderber nennen, wennschon ich seine Schwäche oft genug beklagt habe. Er überkam schon eine verschuldete Erbschaft. Die Tannenberger Schlacht hätte der Orden nie verlieren dürfen: damals war er Polen auch nach dessen Vereinigung mit Litauen wohl noch gewachsen. Verlor er sie aber durch unsichere Führung und arge Verräterei, so musste er sich durch sich selbst wiederaufrichten, nicht aber auf die Schultern derer stützen, die schon gewankt hatten. Ich will Heinrich von Plauen einen Helden nennen, weil er mit einer Handvoll Kriegern die Marienburg gegen das siegreiche Polenheer verteidigte und es zum Abzug nötigte; aber dass er nicht mit Gewalt durchgriff, als Ritter, Knechte und Städte die Geldnot des Ordens ausbeuteten, sich in das Regiment zu drängen, sondern ihnen den Landesrat zusagte und ihrer etliche zu sich berief, die doch des Ordens Gegner waren – das verzeih' ich ihm nicht. Denn da liegt der Grund aller Zwietracht im Orden und im Lande. Aus dem Teufelsei, das damals wohl mit dem Schwert hätte zerschlagen werden können, kroch ein Drache aus, der in einem knappen Menschenalter riesig anwuchs und zuletzt seinen giftgeschwollenen Schuppenleib über das ganze Land hinstreckte, dass kaum noch der Orden in seinen festen Schlössern gesichert schien. Es fehlte wenig, dass er ihn verschlungen hätte. Da sandte Gott ihm Rettung in Euch, ehrwürdiger Meister. Eurer Klugheit und Tapferkeit gelang es, das Ungetüm zu bändigen und den Orden wieder zum Herrn einzusetzen, so dass nun auch der mächtige Nachbar einen neuen Angriff nicht wagt. Euch danken wir den Frieden, in dem das Land wieder aufblüht wie zu Herrn Winrich von Kniprodes Zeiten. Gott wolle uns durch Euch in diesem glücklichen Zustand noch lange erhalten!«

Konrads Augen leuchteten heller auf, die Lippen bewegten sich zitternd. »Ich müsste kein schwacher Mensch sein«, sagte er, »wenn ich's nicht gern hören sollte, dass Ihr mein Tagwerk lobt. Gott hat ihm seinen Segen gegeben, und dafür will ich ihn preisen bis zu meinem letzten Atemzuge. Er hat mich mit seiner starken Hand geleitet, dass ich zwischen Abgründen und reißenden Strömen sicheren Fußes wandelte, Gerechtigkeit zu üben, zu lohnen und zu strafen, zum Kriege zu rüsten und den Frieden zu bewahren. Ihm sei die Ehre!«

»Ihm sei die Ehre«, wiederholte der Bischof und schlug mit der Hand ein Kreuz zur Bekräftigung. »Hat er's aber mit dem Orden so gut und treu gemeint, indem er das Generalkapitel auf Eure Wahl lenkte, warum sollen wir vor der Zeit die Hoffnung aufgeben, dass er sich ein solches Werkzeug seines erhabenen Willens erhalten werde. Darum spreche ich Euch Mut zu, dass Ihr Euch selbst nicht fallen lasset, da Gott Euch möchte wieder zu Kräften bringen. Viel Gutes habt Ihr gewirkt, aber vergesset nicht, dass noch viel zu tun bleibt. Der Bund, den Land und Städte frevelhaft unter Paul von Rußdorf aufgerichtet haben, ist unter Eurer kräftigen und gerechten Regierung gar kleinlaut geworden, dass man außen meinen könnte, er sei gänzlich hingesiecht und nicht einmal mehr ein Schatten von ihm zu spüren. Aber das ist Täuschung. Er ist wie ein böses Raubtier, dem lange die Nahrung gefehlt hat, in eine Höhle gekrochen, sich dort zu verbergen, damit man ihm nicht in seiner Kraftlosigkeit den Garaus mache; aber die natürliche Gier und boshafte Tücke sind deshalb nicht geschwunden, lauern vielmehr nur auf die Gelegenheit, sich aus dem Hinterhalt der Beute zu versichern. Der Bund ist zum Schweigen gebracht, aber nicht abgetan.«

»Ihr wisset am besten, wie ich bemüht gewesen bin, ihn zur Auflösung zu bestimmen«, entgegnete der Meister. »Vergeblich! Meine Vorstellungen und Bitten fruchteten nichts. Hätt' ich zu gewaltsamen Mitteln gegriffen, wie die Heißsporne im Orden immer rieten, so hätt' ich ihn nur von neuem gefestigt und zum Kampf aufgeregt. Bessere Wirkung versprach ich mir von einem gerechten Regiment, das ihn sich selbst unnützlich machte. Danach hab' ich gehandelt.«

»Und Ihr habt wohl daran getan«, bemerkte Franziskus geschmeidig, seine Hand leise drückend. »Wie Ihr die Dinge fandet, waren sie mit einem kräftigen Stoß nicht sogleich umzuwerfen. Ihr musstet erst den Orden wieder zu Ansehen bringen draußen und drinnen. Eures Vorgängers Nachgiebigkeit gegen das bündlerische Gelüste billig Rechnung tragen, die begründeten Beschwerden abstellen. Und es könnte wohl sein, dass das wilde Tier, von dem ich gesprochen, mit der Zeit an gänzlicher Entkräftung verenden müsste, wenn man's aus seinem Versteck nicht herausließe. Ihr könntet das vielleicht erzwingen, wenn Ihr ein hohes Alter erreichtet, denn man hat nun schon gutes Vertrauen zu Euch. Ein anderer nicht. Ich vermute aber auch, dass es nicht Euer Wille war, die Dinge so gehen zu lassen, sondern dass Ihr im rechten Augenblick als der Herr zu befehlen gedachtet, die Siegel sollen vom Bundesbrief abgerissen und das Pergament vernichtet werden. Das schuldet Ihr Eurem Nachfolger, Meister Konrad. Und Ihr seid der Mann, ein solches Machtwort zu sprechen. Man wird ihm gehorsamen, da man Euch hoch in Ehren hält und nichts gegen Euch wagt.

Ihr seid der Mann! Und in wenigen Jahren könntet Ihr's schaffen. Darum möchte ich Euch nicht verzagt auf dem Krankenbett sehen. Ihr könnt jetzt nicht von uns scheiden – die Welt braucht Euch noch.«

Der Hochmeister bewegte langsam schüttelnd das schwere Haupt. »Fragt die gelehrten Doktoren«, sagte er, »ihre Kunst wird lahm und fristet mir nur noch einige Tage hin, oder wenn's hoch kommt, Wochen. Gern hätt' ich, was ich begonnen, auch zum Abschluss gebracht. Aber das Steuer entsinkt meiner Hand – sorgt, dass eine andere es erfasse und kundig das Schiff durch die Brandung lenke.«

Er schloss die Augen und stöhnte leise mit halb geöffnetem Mund, denn die Schmerzen hatten ihn wieder erfasst.

Der Bischof verhielt sich eine Weile schweigend. Er betete auch nicht im stillen, sondern sann offenbar auf etwas, wie die Spannung der Augenbrauen bewies. »Es ist mit der Gelehrsamkeit der Ärzte schwach genug bestellt«, äußerte er dann, wie mit sich selbst sprechend. »Sie üben ihre Kunst, wie sie dieselbe aus Büchern erlernen, in denen doch nur sorgsam alle Irrtümer vermerkt sind, die ihre Professoren über ihr eigenes Wissen täuschten. Sie wenden an, was vor ihnen angewendet wurde; ob es aber nützt, beachten sie wenig. Denn sie kennen den Sitz der Krankheit nur sehr unvollkommen und experimentieren mit ihren Medikamenten, ob sie ihn vielleicht träfen. Wenigen ist ein sicherer Blick in die Geheimnisse der Natur gegeben, und diese wenigen haben ihre beste Kenntnis nicht von gelehrten Universitäten mitgebracht. Es gibt gar einfache Leute in Hirtenhäusern und Waldhütten ...« Er sah auf und mochte auf dem Gesicht des Kranken einige Verwunderung gelesen haben. »Ich will wahrlich nicht dem Aberglauben das Wort reden«, fuhr er deshalb in schnellerer Sprechweise fort, »ist doch niemand von jeher eifriger bemüht gewesen, ihn auszutilgen, als die Kirche, und sie hat zu solchem Zweck selbst strenge Maßregeln nicht gescheut. Besprechungen mit alten Zauberformeln, die ein Rest des Heidentums sind, halte ich gerade wie Ihr für Teufelswerk, das kein Christ gelten lassen sollte, auch wenn es augenblicklich heilende Kraft hätte. Denn die Seele verderben, um den Leib zu retten, ist ein frevelhaftes Beginnen. Aber ich rede nicht von Zauberern und Beschwörern, sondern von ungelehrten Leuten, die ihr Leben in Wald und Feld zubringen, in jedem Frühjahr die tausenderlei Kräuter aufsprießen sehen und ihrer Wirkungen auf Tiere und Menschen kundig sind. Unter ihnen sind einige, die mit besonderer Aufmerksamkeit die Natur betrachten und zu sagen wissen, in welchem Licht das eine und andere Kraut aus der Erde, dem Wasser und der Luft seine heilende Kraft aufnimmt, wann es gepflückt und wie es gebraucht werden muss. Solche Erkenntnis wird als ein Geheimnis gehütet und auf die Nachkommen vererbt. Das gemeine Volk glaubt da wohl an Wundertätigkeit; der einsichtige Priester aber verdammt nicht auf solchen Schein.«

»Habt Ihr selbst solche Leute kennengelernt, ehrwürdiger Bruder?« fragte der Kranke lächelnd. »Ihr sprächet mir wohl sonst nicht von ihnen.«

Der Bischof nickte. »Ich weiß von einer Frau –«

»Einer Frau –?« unterbrach ihn der Meister augenscheinlich erschreckt und machte mit dem Finger eine kreuzende Bewegung.

»Ihr braucht nicht an ein altes Weib oder eine Hexe zu denken«, beruhigte der Prälat. »Die Frau, von der ich spreche, ist in einem mittleren Alter und nicht hässlich, in ihrer Jugend vielleicht sehr schön gewesen – wenn ihre Tochter ihr gleicht, wie sie in ihren Jahren war. Sie lebt in dem großen Walde hinter Heilsberg gegen Bischofstein zu in einer einsamen Hütte, doch nicht zu weit entfernt von einigen Beutnerdörfern, die ihre besondere Kapelle haben. Der ganzen Umgebung und darüber hinaus im ganzen Ermland gilt sie als eine gar kluge Frau, die allerhand innere und äußere Krankheit zu heilen vermag. In derselben Hütte wohnte seit Menschengedenken die Witwe eines Holzschlägers, eine Preußin von Geburt, die Kräuter sammelte und heilkundig war. Sie hat die Frau mit ihrem Kinde bei sich aufgenommen und so gutes Vertrauen zu ihr dass sie ihr von allem ihren Wissen Kenntnis gab, ihr auch auf dem Totenbette ihre letzten Geheimnisse vertraute und ihren ganzen Vorrat von Kräutern und absonderlichen Mischungen vererbte, da sie ihre Klugheit und Geschicklichkeit erkannt hatte. Zu Frau Regina reisen nun nicht nur die Bauern meilenweit, sondern auch in die Städte ist ihr Ruf gedrungen, und vielen hat sie geholfen, wie mir glaubhaft berichtet ist. Selbst einige Domherren aus meinem Kapitel, denen die ärztliche Kunst keine Linderung ihrer schweren Gebresten schaffen konnte, haben sie aufgesucht und sind gebessert zurückgekehrt. Darum darf ich wohl so zu ihrem Lobe sprechen.«

Der Hochmeister hatte aufmerksam zugehört. »So meint Ihr, dass auch ich sie in meinen Nöten zu Rate ziehe?« sagte er zögernd und doch von einiger Hoffnung belebt.

»Das könnt' Euch sicher von keinem Schaden sein«, antwortete der Bischof, »vielleicht aber mit Gottes gnädigem Beistand Heil bringen. Doch wie soll das geschehen können? Die Waldfrau verlässt ihre Hütte nicht; sondern jeder, hoch und gering, der ihren Rat begehrt, muss sie dort aufsuchen.«

»So kann mir nicht geholfen werden«, seufzte der Hochmeister. »Meines Leibes Schwäche ist so groß, dass ich nicht einmal mehr die wenigen Schritte vom Bett zum Lehnstuhl treten kann. Wie sollt' ich eine solche Reise über Land durchsetzen? Auch könnte es meiner Würde nicht schicklich sein, mich zu dem Weibe tragen zu lassen. Was aber ist der Grund dieser sonderbaren Bedingung?«

»Es heißt, Frau Regina habe ein Gelübde getan, ihr Waldhaus nicht zu verlassen.«

»Ihr habt die Macht, davon zu dispensieren, Bruder Franz.«

»Allerdings. Und ich tät's in diesem Falle gern Euch zuliebe und dem ganzen Ordensland zum Segen. Aber ich zweifle, dass sie den Dispens annimmt, denn sie soll von eigensinniger Art und leicht argwöhnisch sein. Doch will ich das Schreiben aufsetzen und besiegeln, es nütze nun oder nicht. Durch wen aber senden wir es ab? Es wäre nicht gut, wenn hier im Hause darüber hin und her gesprochen würde, bevor der Erfolg sicher.«

»Sucht einen Boten in der Stadt«, flüsterte der Kranke. »Ich habe dort treue Anhänger, auf deren Sorgsamkeit und Verschwiegenheit ich mich verlassen kann.«

Bischof Franz erhob sich. »Und den treuesten kenne ich«, sagte er. »Ich will sehen, was ich für Euch ausrichte. Nun seid guten Mutes. Ich bleibe indessen in Eurer Nähe. Braucht Ihr meinen Dienst in geistlichen oder weltlichen Dingen, so schickt nach mir.«

Der Meister hielt seine Hand fest. »Ihr erbietet Euch so freundlich... Wohl denn! Ich lege Euch sogleich eine Bitte vor, Ihr nanntet vorhin das Besorglichste, womit die Zukunft droht: den Bund der Lande und Städte. Ruhig könnt' ich zum Herrn eingehen, wenn er aufgelöst wäre. Vielleicht gelingt es der Mahnung eines Sterbenden, die Führer zum Verzicht zu bewegen. Ich will Mühe und Verdruss nicht scheuen, kann ich dazu etwas tun. Sagt an, wen haltet Ihr für den Obersten des Bundes, der stark genug wäre, die anderen Glieder zu seinem Willen zu vermögen, wenn er mir zustimmte?«

Der Bischof schien sich nicht sogleich in des Meisters Meinung zu finden. Er zog die Achseln auf und stemmte die Unterlippe vor. »Wie möget Ihr glauben, einen von ihnen mit guten Worten zu überreden«, bemerkte er. »Sie haben allesamt harte Köpfe, das haben sie oft genug bewiesen, und geht da die Vernunft schwer ein. Das meiste Ansehen schreibt man gemeinhin den Baisen zu, weil sie aus alter landgesessener Familie, reich begütert, klug und vielerfahren sind, auch mancherlei wichtige Verbindung mit Polen und Böhmen haben. Aber Ihr wisset ja schon, wie vorsichtig sie zwischen dem Orden und dem Bunde hinschreiten, nicht da oder dort anzustoßen. Euer geschworener Rat, der alte Hans von Baisen, der übrigens an einem Fußleiden darniederliegt, hat Euch oft seine Vermittlung zugesagt, aber wenig ausgerichtet, sei es, dass man ihm im Bunde so weit nicht traute. Von seinem Bruder Gabriel erwarte ich mir noch geringeren Beistand; er ist ehrgeizig und verschlagen, wird seine Zeit abpassen und sich vorher nicht die Hände binden lassen wollen. Die Städte folgen nicht dem einen und nicht dem andern blindlings. Eher möchte ihnen noch Hans von Czegenberg etwas Unliebes sagen dürfen, der Eidechsenritter Haupt, ohne die sie nichts von Wichtigkeit beginnen können. Aber auch ihn hat man schon wiederholt beiseitegeschoben, wenn man ihn dem Orden freundlich gesinnt glaubte.«

»Ich hab's ebenso bedacht«, sagte Konrad bekümmert. »Sie möchten viel versprechen, aber wenig halten. Deshalb hab' ich an einen andern gedacht.«

Der geistliche Herr richtete sich aus und legte die Hand aufs spitze Kinn. »Es gibt nur einen einzigen«, ließ er sich nach kurzem Bedenken vernehmen, »der freilich schwer zu gewinnen sein möchte, aber durch die Kraft der Überzeugung wohl die Macht hätte, den Bund zu sprengen, da er das mächtige und reiche Thorn immer auf seiner Seite haben wird.«

»Tileman vom Wege, der Bürgermeister Thorns«, ergänzte Konrad nickend. »Er ist der eifrigste Gegner des Ordens, die Seele des Bundes. Der Bund kann Thorn nicht missen, und Thorn hängt ihm unbedingt an.«

»Und mit ihm wolltet Ihr verhandeln?« fragte der Bischof überrascht.

»Ungern«, entgegnete der Meister, »denn er hat ein finsteres und schroffes Wesen, eine raue Art zu sprechen und zu verkehren. Ich halt' ihn aber auch für verlässlich, wenn er sein Wort gibt. Deshalb möcht' ich mich zu des Ordens und des Landes Bestem an ihn wenden – nicht in einem Brief, der missbraucht werden könnte, sondern mündlich und unter vier Augen. Wollt Ihr mir also in diesem Werk beistehen, so schreibt ihm, dass er schleunigst zu seinem kranken Landesherrn komme, dessen letzten Willen zu vernehmen. Ich hoffe, er wird sich nicht weigern.«

Er wischte sich mit einem Leinentüchlein die Schweißtropfen von der Stirn und sank dann matt in die Kissen zurück.

Der Prälat hob segnend die Hände über ihm auf und verließ mit leisen Schritten das Gemach.

In dem langen Korridor draußen gingen einige Deutschordensritter auf und ab, eifrig miteinander sprechend. Es waren die obersten Gebietiger des Ordens: der Großkomtur Heinrich von Richtenberg, der Marschall Kilian von Exdorf, der Spittler Heinrich Reuß von Plauen und der Trappier Wilhelm von Helfenstein. Sie hatten sich auf die Nachricht, dass die Krankheit des Hochmeisters eine besorgliche Wendung nehme, aus ihren Komtureien nach der Marienburg begeben, um sogleich die Geschäfte übernehmen zu können. Jeder fürchtete, Einfluss gewinnen und den kranken Meister nach seinem Sinn leiten könne. Deshalb ließen sie einander nicht aus den Augen. Die Wahl eines neuen Meisters hatte vielleicht noch nie so viel Schwierigkeiten geboten, denn von dem Mann hing es ab, welche Partei obenauf kommen sollte, und er musste nicht nur in Preußen unter seinen Untergebenen eine sichere Stütze finden, sondern auch dem Deutschmeister des Ordens und dem Landmeister von Livland genehm sein, dabei dem König von Polen wenigstens nicht missfallen, beim römischen Kaiser Vertrauen genießen und dem Heiligen Vater ein möglichst willkommener Sohn sein. Dazu gehörten Eigenschaften, die sich schwer in derselben Person zusammenfinden konnten. Einig mochten diese Mächte vielleicht nur in dem einen Wunsch sein, dass es dem neuen Oberhaupt des Ordens gelingen möchte, den Bund des Landadels und der Städte zu beseitigen, über die Mittel aber, wie dieser Dorn auszuziehen, zeigten sich wieder soviel Meinungen als Köpfe.

Unter den Gebietigern war eigentlich nur einer, der ernstlich in Frage kommen konnte, wenn die persönliche Würdigkeit entschied: Heinrich Reuß von Plauen, der Spittler. Er gehörte einer angesehenen Familie an, die im Reich fürstliche Ehren genoss, erinnerte durch seinen Namen an den Verteidiger der Marienburg vor vierzig Jahren, hatte bereits die vollgültigsten Beweise seiner Klugheit und Tapferkeit gegeben und war mit Leib und Seele dem Orden zugetan. Man brauchte den hochgewachsenen, sicher schreitenden Mann mit dem hageren, scharfgeformten Gesicht nur anzusehen, um zu wissen, dass man einem geborenen Herrscher gegenüberstand. Er trug Haar und Bart kurz verschnitten; die Adlernase gab dem Gesicht einen kräftigen Ausdruck; das blaue Auge blickte so ruhig und so ehrlich, als hätte hinter dieser offenen Stirn nie ein ehrgeiziger Gedanke gelauert. Er schien eine schwere Zunge zu haben, da er nur wenig und das wenige nicht geläufig sprach; aber wer ihn sprechen hörte, wusste auch, dass er jedes Wort erst reiflich erwog, bevor er es durch die Zähne ließ, und dass man ihn daran halten konnte. Er schmeichelte niemand, ging aber auch den Schmeichlern aus dem Wege. Er handelte nach Grundsätzen; hatte er einmal seinen Standpunkt genommen, so ließ er sich durch keine Rücksicht abdrängen. Man mochte ihm das Amt nehmen, das seiner Stimme Gewicht gab; solange er es bekleidete, hielt er auf seine Würde. Die Ordensregel war ihm oberstes Gesetz; er gestattete sich selbst und denen, die unter seinem Befehl standen, keine Abweichung. Gerade dieser Strenge wegen war er aber bei einem großen Teil der Brüder unbeliebt, und selbst seine Mitgebietiger konnten sich mit dem Gedanken nicht befreunden, ihn an der Spitze des Ordens zu sehen. Sie dass er der Mann sei, die alte Ordnung in den Konventen herzustellen, für ein schlagfertiges Heer zu sorgen, jeden Angriff der Untertanen in die Verwaltung ernst zurückzuweisen, den verhassten Bund zur Auflösung zu nötigen, aber sie zweifelten auch nicht, dass er zu diesen Zielen eine Anspannung aller Kräfte fordern würde, die weit hinaus den Verzicht auf jede Behaglichkeit des Daseins bedingen müsste. Man hatte bereits verlernt zu dienen, um zu herrschen.

»Glaubt mir«, sagte Richtenberg, »es muss dem Orden viel daran gelegen sein, mit Polen in Frieden zu bleiben, drüben jeden Anlass zur Unzufriedenheit im Keim zu ersticken. Man lauert dort nur darauf, eine Gelegenheit zu erhalten, sich in unser Regiment einzumischen. Des Ordens Rüstung ist schwach, seine Schlösser sind nicht in gehörigem Verteidigungsstande, und es fehlt an Geld und Mannschaften. Das weiß unser Nachbar.

»Es brauchte uns nicht an Geld und Mannschaften zu fehlen«, bemerkte der Marschall, »wenn das Land leistete, was es der Herrschaft in solchem Notfall schuldig ist. Man will da aber von keinen Abgaben wissen, wir hätten sie denn verbrieft und versiegelt, leistet auch nur Kriegsdienst nach den alten Verschreibungen, die für unsere Zeit nicht mehr passen. Es bleibt dabei, wir müssen die Hand an die Wurzel legen, wenn geholfen werden soll.«

»Deshalb eben brauchen wir Frieden mit Polen um jeden Preis«, entgegnete der Großkomtur, sich zu ihm wendend. »Dort suchen unsere aufsässigen Untertanen am liebsten ihren Rückhalt.«

»Um jeden Preis?« warf Plauen ein.

»Um jeden Preis, der dem Orden nicht wider die Ehre ist«, berichtigte der Großkomtur sich in etwas ärgerlichem Ton. »Man muss jeder Verpflichtung strenge nachzukommen bemüht sein, die uns der letzte Pakt auflegte, so schimpflich er auch seiner Zeit für den Orden sein mochte. Denn wir können doch nicht los von ihm und bringen uns nur nutzlos in neue Gefahr, wenn wir säumig sind. Es ist uns nicht gegen die Ehre, wenn wir den Vertrag halten. Wer aber dazu drängt, dass wir ihn brechen, mag auch die Mittel anzeigen, durch die wir zu einem günstigeren gelangen. Wir müssen freie Bewegung haben innerhalb des Landes.«

»Wir haben sie aber nur«, erinnerte Plauen, »wenn Polen weiß, dass wir keine Einmischung leiden – lieber einen Kampf auf Leben und Tod bestehen.«

Richtenberg warf den dicken Kopf ins Genick. »Auf Leben und Tod! Das ist Euer drittes Wort, Herr Spittler. Ich will Euren tapferen Sinn loben; aber es glaubt mancher dem Orden besser zu dienen, wenn er ihn nicht auf ein so scharfes Entweder-Oder stellt. Ihr könnt am besten darüber Auskunft geben, wie viele von den Brüdern altersschwach und krank in den Spitälern unserer Häuser liegen. Der Zuzug vom Reich ist gering, und die Herrensöhnlein, die sich einkleiden lassen, denken eher darauf, hier in Preußen einen guten Tag zu leben, als in den sicheren Tod geschickt zu werden. Auf Leben und Tod! Das sagt einem andern, der die Dinge nicht kennt.«

»Und doch wird's einmal auf Leben und Tod sein müssen«, antwortete der Spittler, einen Augenblick stehenbleibend, »– müssen! Seht zu, dass dann Euer Wagnis nicht noch größer ist.«

»Ich vertraue des Kaisers Majestät«, äußerte der alte Exdorf ablenkend. »Er hat schon bewiesen, dass er dem Orden wohl will. Es kann dem Reich nicht gleichgültig sein, ob Preußen mehr und mehr in Abhängigkeit von Polen kommt. Der Kaiser hat die Fürsten auf seiner Seite, wenn er uns mit seinem Schild deckt. Er wird uns auch gegen den Bund beistehen. Denn was uns bedroht, bedroht die Herren überall. Adel und Städte stellen sich geschlossen gegen sie, ihnen bessere Rechte abzutrotzen. Sind sie irgendwo siegreich, so sind sie's an allen Enden.«

»Und doch wollt' ich nicht, dass wir den Herrn Kaiser anrufen«, sagte der Spittler ernst. »Er ist unser Lehnsherr nicht. Der deutsche Orden hat bisher seine Freiheit zu behaupten gewusst, auch gegen Kaiser und Reich. Das soll mit meinem Willen nicht geändert werden.«

Darauf erfolgte von keiner Seite Antwort. Die Männer schritten eine kurze Weile schweigend und mit verdrießlichen Mienen den schmalen Gang auf und ab. Endlich meinte Helfenstein: »Ich halt's auch lieber noch mit dem Papst. Er ist weit, und von ihm hat der Orden jedenfalls für seine Herrschaft nichts zu fürchten. Es ist wahr, er sieht Polen mit gar freundlichen Augen an, seit seine Geistlichkeit dort und in Litauen in kirchlichen Angelegenheiten zu unbeschränkter Macht gelangt ist. Und ich streite auch nicht, dass er den Orden allezeit scheel angesehen hat, weil er seine Bischöfe, den von Ermland leider ausgenommen, mit ihren Kapiteln unter das schwarze Kreuz zu beugen verstand. Hier aber hat der Heilige Vater noch andere Dinge zu bedenken. Es ist ihm das unerwünschteste von allem, dass die kaiserliche Macht wächst. Lieber wird er selbst seinen ganzen Einfluss zu unsern Gunsten aufwenden, als dass er dessen Hand im Spiel sieht. Und auch gegen den Bund muss er uns aufspringen. Denn auch die Prälaten sind Landesherrn und sollen von ihren Rechten abgeben. Dabei kann man ihn geschickt fassen.«

Plauen lachte kurz auf. »Ein törichtes Bemühen, Rom zu überlisten! Wer wollte sich mit ihm messen an Geschicklichkeit und Schlauheit? Reicht ihm den Finger und hütet noch den Arm. Nein! Wir sind keine Pfaffenknechte gewesen und wollen hoffen, davon auch in Zukunft bewahrt zu sein.«

»Ihr seid voll Widerspruchs«, schalt der Großkomtur. »Aber zu sagen, was dann geschehen soll, möcht' Euch vielleicht schwer werden.« Der Spittler bedachte sich einen Augenblick. »Schaut nicht nach außen«, sagte er dann, die Worte langsam von der Zunge lösend. »Bessert des Ordens Geist, kräftigt der Ritter Hand; das allein...«

Eben trat Bischof Franz von Ermland aus der Tür zu des Meisters Vorgemach. Er gab den Dienern Weisung für die Krankenstube und schritt dann mit gesenktem Haupt auf die Gebietiger zu, die sich sogleich eifrig bei ihm erkundigten, was er von Erlichshausens Zustand halte.

»Es ist recht traurig um den lieben Herrn bestellt, soweit meine Einsicht reicht«, sagte der Bischof. »Aber alle Hoffnung ist doch noch nicht aufgegeben. Ich selbst will zusehen, dass ich ihm einen Arzt verschaffe, der schon vielen guten Dienst geleistet hat. Machen wir uns gleichwohl auf alle Fälle auf das Schlimmste gefasst.« Er blinzelte listig. »Ist schon bedacht, wer sein Nachfolger sein könnte?«

Die Gebietiger blickten verlegen zu Boden; nur Plauen stand aufrecht wie vorher und schien die Frage gar nicht zu beachten. Der Bischof war ihm ein verdächtiger Freund des Ordens; er hielt ihn für selbstsüchtig und versteckt.

»Es ist von vielen Seiten Herr Ludwig von Erlichshausen, des Hochmeisters Vetter, genannt«, ließ sich Richtenberg mit leiser Stimme vernehmen.

Die andern schwiegen. Man hatte keinen Grund, auf diese Vorwahl besonders stolz zu sein, denn was die Blicke der Brüder auf diesen Mann gelenkt hatte, war vornehmlich die Verwandtschaft mit dem Hochmeister und sein gefälliges Wesen; doch sagte der Großkomtur nur die Wahrheit.

»Ich hörte auch schon davon«, bemerkte der Bischof. »Ja, ja – ein gütiger und lieber Herr. Es ist zu bedenken. Hoffentlich bleibt dazu noch lange Zeit.«

Er verabschiedete sich und ging die Treppe hinab in den Schlosshof.

Des Prälaten doppelter Auftrag

Im unteren Kreuzgang, der den viereckigen Hof umzog, warteten auf den Bischof Franz von Ermland zwei Priesterbrüder. Sie geleiteten ihn durch den an der Nordspitze des mächtigen Vierecks schräg durchgeführten Haupteingang hinaus auf den Parchan. Gegenüber lag ein rundes Treppentürmchen neben der Brücke, die über den trockenen Graben nach dem mittleren Hause, der eigentlichen Hochmeisterwohnung, führte.

Bischof Franz war ein vornehmer Gast. Es waren ihm Logierzimmer in diesem Prachtbau angewiesen worden. Aber er hatte es vorgezogen, sich für die Zeit seines Aufenthalts in so trauriger Zeit vom Probst der Marienkirche in dem neben derselben belegenen Pfaffenturm, der Wohnung der Priesterbrüder, eine gerade leer stehende Zelle öffnen zu lassen. Dorthin ging er am trockenen Graben und der Mauer entlang, die sich in gerader Linie vom Treppenturm bis zum Priesterhause fortsetzte.

Er nahm in dem gemeinsamen Speiseraum ein einfaches Mahl ein, warf dann einen kuttenartigen Mantel von grober grauer Wolle um und zog die Kapuze über den Kopf, so dass er nicht nur gegen die empfindliche kühle Witterung geschützt war, sondern auch sein Gesicht leicht verbergen konnte, wenn er nicht erkannt sein wollte. Er sagte dem Probst, dass er dem Pfarrer der Johanniskirche in der Stadt einen Besuch abzustatten habe, und verbat sich jede Begleitung.

Er machte darauf denselben Weg zurück, ging diesmal aber am Eingangstor des hohen Hauses vorüber und auf dem Parchan am Rogatflügel des Schlosses entlang bis zu der Pforte an der Westseite, die durch die starke, das Schloss mit dem großen viereckigen Turm, dem Herren-Danzk, verbindenden Mauer gelegt war, durchschritt dieselbe, von den Wachen unaufgehalten, und gelangte so auf den nach der Stadt zu gelegenen Teil des Parchans, an dem ein doppelter oder vielmehr dreifacher Graben hinlief, der nächste trocken zwischen zwei Mauern, der eigentliche Schlossgraben mit Wasser gefüllt und durch eine gewaltige Mauer der Länge nach in einen inneren und äußeren Graben getrennt. Etwa in der Mitte dieser Mauer erhob sich der viereckige Dietrichsturm. Er diente einer hölzernen Laufbrücke für Fußgänger als Stütze, die über den trockenen und die beiden nassen Gräben geleitet war und jenseits, schon auf Stadtgebiet, mit dem Johanniskirchhof Verbindung hatte. Sie ließ sich im Kriege leicht abbrechen und war auch in Friedenszeiten nicht für jedermann bestimmt. Wer sonst von der Burg in die Stadt wollte, musste einen weiten Umweg am großen Nogat-Tor vorüber machen, die Zugbrücke passieren, die Niklas-Kapelle und den Speicher rechts, das Sattel- und Schuhhaus links lassen und durch das Schuhtor am Sperlingsturm eintreten.

Der Bischof sprach wirklich bei dem Geistlichen der Johanniskirche an, hielt sich aber nur wenige Minuten auf und begab sich weiter in die kleine rings ummauerte und durch eine Reihe von Türmen verteidigte Stadt. Sie glich selbst einer Burg. Eine breite Marktstraße, die sich gegen das Schloss richtete, durchschnitt sie in ihrer ganzen Länge. Die Häuser derselben, sämtlich mit dem Spitzgiebel gegen die Straße gestellt, zeigten im unteren Stock einen meist gewölbten, nach drei Seiten offenen Vorraum, Laube genannt. Die Lauben standen miteinander seitlich in Verbindung, so dass man unter ihnen stets trockenen Fußes und gegen die Unbill des Wetters geschützt den ganzen Markt abschreiten konnte. Vor jedem Hause befand sich die Dunggrube, der Tummelplatz der Schweine und Hühner, und ein niedriges Bauwerk, durch dessen Tür man treppab in den Keller gelangte. Der Markt war nicht in seiner ganzen Breite gepflastert, aber große platte Steine erleichterten auch bei nasser Witterung den Übergang. Die Häuser hatten sämtlich nur ein Obergeschoß mit zwei oder drei kleinen Fenstern, darüber im Spitzgiebel schmale Luken zur Erleuchtung der Bodenräume. Die ganze Stadt bis auf das Rathaus und die Kirche war Anno zehn von den Polen niedergebrannt worden und seitdem wieder aufgebaut, jetzt großenteils von Ziegeln, während bis dahin Lehmfachwerk und Holz die Regel gebildet hatte.

Bischof Franz hielt sich unter den Lauben, die jetzt zu geselligem Verkehr der Bürgerfamilien nur wenig benutzt wurden. Die Bänke, die vor keiner Haustür fehlten, zeigten sich meist unbesetzt; selten nur arbeitete ein Handwerker noch draußen, weil in seine Werkstube zu spärliches Licht fiel und die Lampe gespart werden sollte. Kinder vergnügten sich beim Greif- und Versteckspiel, für das die Pfeiler der Laubenbogen wie geschaffen waren. Der Bischof wurde nicht erkannt. In der Nähe des Rathauses saß auf der Bank eines der größeren Häuser, das ein Kaufmannszeichen im Steingesims der Tür trug, ein junges Mädchen am Spinnrocken. Es trug eine warme Mütze auf dem blonden, in lange Zöpfe geflochtenen Haar und ein kragenartiges, mit Pelz verbrämtes Mäntelchen mit Armschlitzen. Der Fuß trat eifrig das kleine Brett an der Radstange, und die zierlichen Fingerchen waren bemüht, den Flachsfaden recht fein auszuziehen, was doch in der rauen Luft nur schwer gelingen wollte.

Hier blieb Franziskus stehen, schob die Kapuze ein wenig vom Gesicht fort und sagte: »Guten Tag, Jungfer Magdalene. So fleißig?«

Das Fräulein blickte aus den blauen Augen flüchtig und wohl auch ein wenig verdrießlich über die Störung auf, ließ dann aber sogleich das Rad stillstehen, stand auf, knickste tief und küsste dem geistlichen Herrn die dargebotene Hand. »Ihr seid es, hochwürdigster Herr Bischof«, rief sie verwundert. »Wie konnt' ich mich solcher Ehre versehen, von Ew. Gnaden angeredet zu werden?«

Der Bischof streichelte ihr mit dem Rücken der Hand die Wange. »Friert Euch nicht hier draußen?« fragte er in munterem Ton. »Wahrhaftig! Das Gesicht ist Euch ganz kalt und die Nasenspitze gerötet.«

»Das ist das wenigste«, antwortete das Mädchen lachend. »Aber die Finger sind mir ganz steif geworden und wollen nicht mehr recht gehorchen. Die Mutter wird über die unfeine Arbeit schelten.«

»Warum geht Ihr aber nicht lieber hinein?«

»Ach – ich kann den Sommer noch immer nicht vergessen, gnädiger Herr. Er war in diesem Jahr so schön, wie ich noch keinen erlebt habe. Bis tief in den September hinein hatten wir die warmen Tage, und dann kehrten sie in der Mitte des Oktober nochmals zurück. Unser Wein ist reif geworden und so süß –! Jetzt freilich wird man wohl an den Herbst glauben müssen.«

»Ist der Vater zu Hause?« fragte der Bischof.

»Er müsste denn hinten hinaus fortgegangen sein«, antwortete das Fräulein, »wie manchmal geschieht, wenn er vom Ratsdiener nicht gesehen sein will. Ich gehe sogleich und berichte Ew. Gnaden.«

»Nehmt mich lieber gleich mit«, entschied der Bischof. »Ist er dem Ratsdiener entwischt, so soll es ihm mit mir nicht so gut gelingen; ich warte, bis er zurückkehrt, und sollt's auch bis zum Abend dauern.«

Magdalene hob den Spinnrocken auf, öffnete die Tür und ließ den Gast in den die ganze Breite des Hauses einnehmenden, mit Ziegeln ausgelegten Flur ein. Die beiden Fenster unter der Laube ließen an diesem trüben Nachmittag nur gerade so viel Licht ein, dass man sich in dem ziemlich tiefen Raum zurechtfinden konnte. Rechts in der hinteren Ecke wand sich eine Treppe auf. Darunter befand sich der Durchgang nach dem Hof, links führte eine Tür in das Hinterzimmer. Dort klopfte das junge Fräulein an, zugleich den Kopf wendend und das Ohr der Füllung nähernd. »Der Vater ist in seiner Arbeitsstube«, wisperte sie. »Ich bitte Ew. Gnaden, sich hinauf zu bemühen. Er folgt sofort nach.«

»Aber kann ich nicht hier bei ihm eintreten?« fragte der geistliche Herr.

Das Mädchen wehrte mit der Hand ab. »Er ist gewiss in seinem Arbeitsrock und möchte es verdrießlich finden, einen solchen Gast so zu empfangen. Nein, wir wissen, was sich schickt.« Der Bischof fügte sich lächelnd und schritt langsam treppauf. Er hatte den oberen, nur kleinen und fast dunkeln Flur kaum erreicht, als Magdalene schon nachgelaufen kam und eiligst die Tür nach dem Vorderzimmer aufriss, gleich darauf auch in die Hinterstube hineinrief: »Frau Mutter, der Herr Bischof Franziskus von Ermland...«

Der Gast trat ein. Er war hier nicht zum ersten Mal und kannte die Schränke und Truhen von Eichenholz mit ihren weit ausladenden Gesimsen und eingelegten Figuren, die Regale mit Zinntellern und Krügen an den getäfelten Wänden, den großen Tisch mit blau und weiß gemusterter Leinendecke in der Mitte und die Holzstühle mit hohen geschnitzten Rückenlehnen und aufgelegten Polstern. Schon manchmal hatte er hier zurzeit der Tagfahrten und auch sonst mit Ordensgebietigern und Ratsherren der großen Städte gesessen, um des Landes Wohl zu beraten.

Denn der Bürgermeister von Marienburg, Herr Bartholomäus Blume, genoss viel Vertrauen, ebenso von seiten der Herrschaft als des Landes, und der Rat der Stadt kürte ihn in jedem Jahr von neuem zum Oberhaupt. In seinem Haufe befand sich der Bischof.

Nach wenigen Minuten erschien die Frau Bürgermeisterin, eine würdige Matrone, die Haube von dunklem Samt über dem die Stirn tief beschattenden weißen Kopftuch, die Schlüsseltasche am Gürtel, der zugleich das seitwärts aufgeraffte Kleid hielt. Auch sie begrüßte den Prälaten mit einem Handkuss, nötigte ihn, auf einem Lehnsessel Platz zu nehmen, und bot eine Erfrischung an. »Ich weiß schon«, sagte er schmunzelnd, »dass Ihr keinen Gast ohne einen Trunk entlassen möget, werte Frau. Stellt mir denn einen Krug einheimischen Bieres auf – ich verschmähe so gute Gabe nicht.«

Nun trat auch der Bürgermeister ein. Er war ein schlanker, hochgewachsener Mann, nicht viel über fünfzig Jahre alt. Das bartlose Gesicht zeigte um den breiten, aber nicht unschönen Mund tiefe Falten. Das dichte, dunkelbraune Haar war entlang der knochigen Stirn geradlinig abgeschnitten, fiel aber sonst rund um den Kopf wellig auf das Tuchwams hinab, das am Halse dicht schloss. Aus den blauen Augen blickte ebensoviel Klugheit als Treuherzigkeit. Er hatte die Fingerspitzen der linken Hand in den breiten Ledergürtel gesteckt und reichte die rechte dem Bischof, indem er das Haupt ein wenig neigte und in dieser Haltung eine kurze Weile verblieb. »Ich heiße Ew. Gnaden in meinem Hause willkommen«, sagte er verbindlich, aber nicht demütig. »Ihr bringt hoffentlich vom Schloss keine betrübliche Nachricht.«

»Der Herr Hochmeister lebt noch«, antwortete Franziskus, »aber ich habe ihn sehr krank gefunden, und seine Ärzte geben kaum noch Hoffnung. Doch – sein Leben steht in Gottes Hand.«

»Wir sind sehr in Sorgen um unsern gnädigen Herrn«, versicherte Bartholomäus Blume mit betrübter Miene, »nicht nur wir in dieser Stadt, sondern alle guten Bürger im Ordenslande. Auf ihm vornehmlich beruht unsere Hoffnung des Friedens und freundlichen Einvernehmens. Lebte er noch zehn Jahre, so könnten nicht alle Wunden vernarbt sein. Aber ich fürchte, sie werden wieder aufgerissen werden und noch schmerzlicher bluten, wenn er nicht mehr seine gesegnete Hand darauf hält.«

Der Bischof deutete an, dass er mit dem Bürgermeister etwas zu verhandeln habe. Die Frauen zogen sich nun zurück, nachdem Frau Christine zwei Zinnkrüge voll schäumenden Bieres auf den Tisch gestellt hatte.

Jetzt erfuhr Herr Bartholomäus Blume genau, wie des Hochmeisters Krankheit beschaffen und was der Bischof zu ihrer Heilung geplant hatte. »Ihr werdet einsehen, lieber Getreuer«, schloss dieser, »dass die Sache vorerst geheim gehalten, überhaupt aber geschickt angefasst sein will. Denn es ist eine ganz ungewöhnliche Maßregel, die ich im Sinn habe; und wenn auch mein volles Vertrauen darauf steht, so könnt' ich mich doch nicht wundern, wenn die geschworenen Ratgeber des Fürsten durch sie beunruhigt würden. Es kommt aber dazu, dass ich nicht einmal mit einiger Sicherheit voraussehen kann, ob es uns gelingt, Frau Regina zu dieser Reise zu vermögen. Wiese sie uns ab, so wäre viel Gerede unnütz gewesen. Darum machte ich mich am liebsten selbst auf den Weg nach Heilsberg. Das kann aber nicht im stillen geschehen. Auch kann ich mich an keinen Ritter- oder Priesterbruder im Schloss wenden, da sie nicht ohne Urlaub ihrer Oberen weggehen dürfen. So suche ich mir denn einen treuen Anhänger des Meisters in der Stadt und finde da niemand, dem ich mich lieber anvertraute als Euch. Wollet mir daher mit klugem Rat beistehen, wie ich am besten diese Sendung ausrichte.«

Der Bürgermeister hatte ihn aufmerksam angehört und schaute nun nachdenklich auf den Tisch, »Ich wollte mich gern selbst zu dieser Reise erbieten«, antwortete er, »wenn ich meinem kranken gnädigen Herrn damit einen Dienst erweisen könnte, wie ich nach Ew. Gnaden Vorstellen wohl annehmen muss –«

»Dass ich ganz aufrichtig bin, darauf hab' ich gerechnet«, unterbrach der Bischof, indem er vertraulich die Hand auf seinen Arm legte.

»Dennoch wird es nicht so sein können«, fuhr Blume fort, das Haar über der Stirn ausstreichend. »Ich darf vor dem Rat keine Heimlichkeiten haben und kann nicht aus der Stadt Toren, ohne dass meine Entfernung bemerkt wird. Auch bin ich überall bekannt im Lande, und wer mich ins Ermland reiten sieht, wird sogleich verwundert fragen, welches Geschäft ich dort habe. Müsste ich dann schweigen, so würde der Argwohn gegen mich rege werden, dass ich etwas Unrechtes im Schilde führe. Denn man weiß, hochwürdiger Herr, dass Ihr den Bund schlecht leiden möget, den doch auch diese Stadt Marienburg damals besiegelt hat; und mich hinwiederum kennt man als einen Freund des Ordens. Da würde man sich's bald so reimen, dass ich mit Euch oder Eurem Kapitel gegen den Bund konspirieren wolle. Verzeiht, wenn ich dies so gerade heraussage; es ist aber meine Schuldigkeit, darauf zu achten, dass ich den Herrn Meister nicht schädige, indem ich der Meinigen gutes Vertrauen zu meiner Ehrlichkeit und Unparteilichkeit störe.«

Der Prälat trank einen kräftigen Schluck aus der Kanne, schloss bedächtig den Deckel und setzte sie wieder langsam vor sich hin. »Ihr habt recht, Bartholomäus«, bemerkte er dann, sich mit dem Finger die Lippe wischend. »Es ist Torheit, sich vor der Zeit zu verbrauchen. Wisset Ihr aber einen andern, dem ich einen Brief sicher in die Hand geben kann, so nennt ihn mir, und ich will Euch dankbar sein.«

Der Bürgermeister überlegte. »Ew. Gnaden kennen meinen Sohn Marcus«, sagte er dann. »Er ist freilich noch sehr jung – vor wenigen Monden dreiundzwanzig geworden –, aber ein ruhiger und bedachter Mensch, über seine Jahre reif und auch schon in mancherlei Geschäft erfahren. Keinen Zuverlässigeren könnt' ich Euch nennen. Wenn er Euch sonst also genehm wäre...«

»Sehr genehm ist mir Marcus«, rief der Bischof freudig überrascht. »Was ihm an Gewicht der Jahre abgeht, ersetzt er reichlich durch Jugendmut – und der gilt bei Frauen mehr. An eine Frau aber hat er seine Botschaft auszurichten. Widersteht Frau Regina seiner Bitte, so möchte wohl wenig Aussicht sein, dass ein anderer ihren Eigensinn bräche.«

»Ich vertraue Ew. Gnaden Wort«, sagte Blume, »dass er durch den Verkehr mit der Waldfrau an seiner Seele keinen Schaden nimmt. Ich wollte das als sein Vater nicht zu verantworten haben.«

Der Bischof schlug das Kreuz über Stirn und Brust. »Dafür steh ich als ein Priester der heiligen Kirche«, bestätigte er. »Rüstet ihn noch heute zur Reise aus und mahnet ihn zur Eile. Ich will ihm auch einen Brief an meinen Schlossverwalter in Heilsberg mitgeben, dass er ihn gut aufnehme, unterstütze und mit Pferden für die Rückreise versehe. Sie können in meiner Stadt Wormditt und allenfalls auch in Preußisch-Holland, wo ich in des Pfarrers Stall für mich selbst einigen Vorspann gelassen habe, gewechselt werden. Erlaubt, dass ich die Briefe gleich jetzt an Eurem Tisch schreibe.«

Der Bürgermeister führte ihn in seine Geschäftsstube unten, legte ihm Papier und Feder zurecht und begab sich durch die Hintertür auf den Hof, wo er Marcus im Speicher beschäftigt wusste. Er kaufte von den Bauern im Werder Getreide auf, um es nach Elbing oder Danzig zu verschiffen, war auch des Ordensgroßschäffers rechte Hand in dessen kaufmännischen Betrieben. Marcus war über die Speicherleute gesetzt und hielt beim Ab- und Zumessen gute Ordnung. Eben wurden nach der Hinterstrasse zu mit der Winde Säcke auf einen Wagen herabgelassen, der sie zur Nogat fahren sollte, wo ein Kahn zu beladen war. Er schrieb ihre Zahl mit Kreide auf einer schwarz gestrichenen Holztafel an. Nun übergab er das Geschäft dem Kämmerer und folgte seinem Vater auf dessen Wink in den unteren Raum, in dem sich eine kleine Schreibstube befand. Dort empfing er den Befehl, sich sogleich reisefertig zu machen und aus der Mutter Speisekammer mit Wegekost zu versehen. Marcus war gewohnt, ohne viel Fragen zu gehorchen. So erfuhr er denn auch jetzt fürs erste nicht mehr, als dass er in des Herrn Bischof Franziskus Auftrag nach Heilsberg reiten solle, und war damit wohl zufrieden.

Als Blume in sein Stübchen zurückkehrte, schrieb der Bischof noch eifrig. »Ich will Marcus den Brief an die Waldfrau offen mitgeben«, sagte er, »damit er um so besser sieht, um was es sich handelt.«

»Kann sie denn lesen?« fragte der Bürgermeister.

»Oh, sie soll sehr gelehrt sein«, antwortete der Bischof. »Sicher hat sie in ihrer Jugend eine gute Schule besucht. Man weiß aber nicht, woher sie eigentlich stammt. Sie macht ein Geheimnis daraus. Von meinem Kaplan in der Waldkirche aber weiß ich, dass sie regelmäßig zur Beichte geht, und so halte ich sie für eine gute Christin, ohne ihrer Vergangenheit nachzuspüren.«

Nachdem er das Blatt mit seinen steilen Buchstaben vollgeschrieben, seinen Namen darunter gesetzt und mit seinem Ring ein Siegel beigedrückt hatte, stand er auf und fasste des Bürgermeisters Hand. »Noch ein anderes habe ich mir von Euch zu erbitten«, sagte er, »das ebenso den Herrn Hochmeister angeht. Ihr erwähntet vorhin, dass die Stadt Marienburg im Bunde sei. Wie ich Euch aber kenne, wünschtet Ihr mehr, dem wäre nicht so.«