Image

Image

Impressum:

1. Auflage

© Werner Thiel, 2009
Layout, Gestaltung und Photos: Anne Laumann

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliographie;
detaillierte bibliographische
Daten sind im Internet über http://ddb.de abrufbar.

Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 9783842302204

Dieses Buch ist gewidmet:

ImIvo Gamberini (* 16.7.1911)

Secondo Cervetti (* 7.12.1907)

Ferdinando Dell´Amore (* 31.5.1906)

Giovanni Golfarelli (* 23.6.1911)

Emilio Zamorani (* 20.9.1890)

Massimo Zamorani (* 22.4.1919)

Michele Mosconi (* 11.9.1905)

Celso Foietta (* 14.4.1907)

Antonio Gori (* 22.12.1918)

Antonio Zaccarelli (* 2.10.1924)

ermordet am 29.8.1944 und am 8./9.9.1944

in

Branzolino und San Tomé bei Forli (Italien)

durch Deutsche Soldaten unter dem
Befehl eines Grevener Bürgers.

Personen und Funktionen:

Franjo Hoppe

Kriminaloberkommissar, Hobbykoch, Toskanafan und„Auslandsermittler“

Eduard (Edi) Koch

Kriminalhauptkommissar, Leiter der Mordkommission Greven

Annika Rohdel

Kommissarin in Greven mit ungünstigen Dienstzeiten

Paolo Salerno

Hausmeister und zeitweise Polizeidolmetscher

Georg Hülsbusch

Pressesprecher des Kreises Steinfurt

Greven/Münster

Joseph„Jupp“ Hüsting

Freund von Franjo, Toskanafan, Chauffeur und„Ermittlungspartner“

Maria Fortunato

Grund für viele Fragen

Mario Fortunato

Vater von Maria

Francesa Fortunato

verstorbene Mutter von Maria

Alberto, Paolo, Salvatore, Gabriela

Geschwister von Maria Fortunato

Freundinnen von Maria Fortunato

 

Bernadette Maibaum

Frau des stellv. Bürgermeisters

Magda Frönau

 

Anke Lindenwald

Geschäftsführerin eines Grevener Unternehmens

Josepha Stöckmann

 

Katharina Harracher

 

Marianne von Theile

alter Adel mit langer Beziehung zu Greven

Arezzo

Umberto Montalto

Commissario in der Questura

Guiseppe Strozzi

Gerichtsmediziner

Venedig

Leoluce di Lasso

Vice-Questore der Questura zu Venezia

Guido Brunello

Commissario

Leonardo Olando

Ispettore, mit deutschen Wurzeln

Ludovico Dolfin

Conte, alter, reicher Adel

Alessandro Dolfin

Sohn des Conte

Donato Dolfin

Enkel des Conte

Oratio Lorenzoni

Conte, Freund von Conte Dolfin

Andere Orte

Martina Hoffschulte

Chefin auf dem Campingplatz „Zu den fünf Pinien“, Vada/Toscana

Francesco Del Fino

Besitzer der Masseria Del Torre

Maria del Fino

Geschäftsführerin der Masseria,„Reiseleiterin“, temporäre Dolmetscherin

„Massarie oder Fattoria:

ehemalige landwirtschaftliche Höfe oder Landhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert“.

1

Der Anruf

Kommissarin Annika Rohdel hatte für diese Woche die„A“-Karte gezogen.

Wie in jeder Abteilung mit Schichtarbeit gab es auch im Kommissariat der Polizei Greven eine Aufteilung nach Früh- und Spätarbeitszeit.

Und für die junge Kommissarin aus Emsdetten war in dieser Woche die Frühschicht angesagt. Schon vor ihrer Zeit war beschlossen worden, dass einer der Kollegen besonders früh zu erscheinen habe, um Eingänge der Nacht zu sichten und an die zuständigen Abteilungen und Kollegen zu verteilen.

Besonders problematisch war für die junge, schlanke und schwarzhaarige Frau, dass sie ein besonderes Problem beim frühmorgendlichen Aufstehen hatte. Trotz dreier Wecker, die nacheinander ihr vernichtendes Lärmwerk in Gang setzten, kam es vor, dass sie trotzdem nicht pünktlich im Büro eintraf. Aber an diesem Morgen im August war es ihr gelungen pünktlich durch den gläsernen Eingang am Grünen Weg das Gebäude der Polizei zu betreten.

Ein Wink in Richtung der uniformierten Kollegen beim Empfang war für jeden der Kollegen eine Pflichthandlung, war man doch aufeinander angewiesen.

Im Büro angekommen stellte sie als erstes die Kaffeemaschine ein, um ihre Müdigkeit durch eine gehörige Portion Koffein zu bekämpfen.

Kaum saß Annika Rohdel an ihrem Schreibtisch um sich die Faxe, E-Mails-und Telefonnotizen durchzulesen, als ihr Telefon läutete.

„Hier Kriminalpolizei Greven, Kommissarin Rohdel.“

Am anderen Ende meldete sich der Kollege vom Empfang:„Kollegin Rohdel, nehmen Sie den Anruf an? Die Anruferin hat etwas sehr wichtiges, was in die Zuständigkeit der Kripo fällt. Vermutlich ein Totschlag oder gar Mord.“

„Was, ein Mord? Na, das ist interessant. Stellen Sie mal durch ….“

Ihre Müdigkeit war von einer Sekunde auf die andere verschwunden. Es trat bei ihr so etwas ein, das ein Förster vielleicht mit Jagdinstinkt umschrieben hätte.

„Hier Rohdel, mit wem spreche ich?“, sagte sie deshalb freundlich ins Telefon. „Oh, Frau Rohdel? Wir kennen uns. Frau Maibaum. Brigitte Maibaum spricht hier“, ein Knacken in der Leitung zeigte der Kommissarin an, das der Anruf über eine unsichere Verbindung kam. „Mein Mann ist der stellvertretende Bürgermeister von Greven. Wir trafen uns doch auf der Kirmes …“, hörte die Kommissarin und musste sich augenblicklich an einen sehr langweiligen Abend mit einigen Offiziellen der Stadt während Grevens größtem Fest erinnern.

„Ja, womit kann ich Ihnen helfen? Wo drückt der Schuh?“ „Oh, etwas ganz schlimmer ist hier passiert. Aber dann haben Sie noch nichts erfahren? Keine Nachricht von der Polizei? Nicht von hier aus Italien?“

„Wie, was? Italien? Polizei? Äh, warten Sie mal ..“, die Kommissarin schaute sich in Windeseile alle Papiere auf ihrem Schreitisch durch. Nein, nichts aus Italien war darunter.

„Nein, hier liegt nichts. Worum geht es denn?“, wunderte sich die Kommissarin.

„Dann werden Sie die traurige Nachricht von mir erfahren.“ Die Kommissarin hörte ein Schniefen und die Geräusche die beim Nasensäubern entstehen. „Die Frau Fortunato ist tot.“ „Fortunato? Äh, welche Frau?“ „Maria Fortunato. Die Tochter vom Fortunato aus der Marktstraße!“

Als Emsdettenerin kannte sie nicht jeden Geschäftsmann in Greven mit Namen und noch weniger persönlich. Aber nach einigen Sekundenbruchteilen viel ihr das Geschäft in der Marktstraße Ecke Barkenstraße ein.

„Ja, jetzt fällt es mir ein. Aber warum rufen Sie mich, nein, die Polizei in Greven an? Wäre da nicht besser die Familie die richtige Adresse?“

„Also, das möchte ich nicht machen. Dafür bin ich nicht die Richtige. Außerdem ist es doch wichtiger dass Sie, die Polizei, von dem Mord erfährt!“, gab die Bürgermeistergattin ihr Wissen preis.

„Sehr geehrte Frau Maibaum, bitte noch mal von vorne. Maria Fortunato ist tot?“

„Ja“ „Wie kam sie ums Leben? Unfall oder anders?“, Rohdel wollte nicht das Wort Mord in den Mund nehmen.

„Das war bestimmt Mord, kein Unfall. Sie hat mit uns Wein getrunken und plötzlich fiel sie tot um. Das war kein Unfall. Sagt auch die Polizei hier in Italien, was ich so verstehen konnte.“

„Dann muss ich ihnen jetzt einige Fragen stellen. Zuerst aber vielen Dank für die Information. Wo ist denn die Tat geschehen. Sie sagten die Polizei sei schon da“, fragte die Kommissarin.

„Ja, hier auf der Masseria.“ „Stop. Masseria? Was ist denn das? Welche Masseria? Wo liegt denn diese Masseria ..?“ „Ah, klar jetzt mal ganz ruhig!!“, rief sich Brigitte Maibaum zur Räson. „Also, ich rufe aus Italien an, aus der Toskana. Eine Masseria ist ein Bauerhof.

Auf der Masseria Del Torre bin ich jetzt und rufe sie an. Der Ort heißt, ach je, wie heißt er bloß. Hier steht es Castiglion Fibocchi“, mittels Buchstabieren des Namens konnte ihn auch die Kommissarin aufschreiben. „Und die Masseria heißt Masseria La Torre, das hatte ich ja schon. Das heißt auf Deutsch der Turm.“

„Wo liegt der Ort mit der Masseria?“ „Bei Arezzo, ganz im Osten der Toskana.“ „Schau ich mir auf einer Karte gleich an. Haben Sie ein Nummer der Polizei?“ „Nein, nicht, aber hier waren Carabinieri und sogar ein Kommissar aus Arezzo.“ „Gut, das werden wir hier heraus suchen. Jetzt brauche ich noch Ihre Telefonnummer.“

Nachdem sie die Telefonnummer notiert hatte viel der Kommissarin ein, dass sie noch eine wichtige Frage stellen musste: „Frau Maibaum, eine letzte Frage: Wie geschah denn die Tat?“ „Hier im Weinkeller auf der Masseria La Torre. Wir saßen da zusammen, beim Probieren von Weinen und plötzlich viel sie um und war tot.“

„Beim Weintrinken auf der Masseria La Torre?“ „Ja, La Torre. Aber sonst ist keine tot, nur die Frau Maibaum.“

„Das ist ja schlimm, aber gut, dass Sie uns informieren. Sonst hätte es bestimmt Tage gedauert.“ „Ja, habe ich mir auch gedacht, wenn ich allein schon an die Post von hier nach Deutschland denke.“

„Danke und kommen Sie gut nach Hause zurück.“ „Ja, danke, werden wir heute machen, zurück nach Hause.“ „Gute Reise. Wenn wir noch Fragen haben rufen wir sie an. Ja?“ „Gut, das bin ich Maria schuldig.“

Nachdem Rohdel den Hörer zurückgelegt hatte, ließ sie sich in ihren Sessel zurück fallen. Ein Mord an einer Grevenerin in Italien.

„Diese Filmemacher sind doch ein unwissendes Volk“, ohne Gruß trat Hauptkommissar Eduard Koch in das Büro in dem gerade Kommissarin Rohdel am Computer Näheres über den Ort des Mordes zu erfahren versuchte.

„Morgen Chef. Was war denn?“

„Nah, gestern dieser so genannte Krimi in Fernsehen. Viel Geballer und Verfolgungen aber keine vernünftige Polizeiarbeit. Nee, nee, nee. Und so etwas sehen die Leute und wir müssen es dann ausbaden.“ Sein Lieblingsthema war die kritische Begutachtung von Fernsehkrimis und der Vergleich mit seiner eigenen Arbeit.

„Chef, dann können Sie ja mal zeigen wie Sie einen Mord auflösen.“

„Was soll das? Machen Sie sich lustig über mich?“ „Ach was. Käme mir nie in den Sinn. Wir haben wohl einen Mord.“

Hauptkommissar Koch hatte einen Pott voll warmem Tee in seiner rechten Hand, führte ihn zum Mund und schaute über den Rand erwartungsvoll seine Kollegin an.

„Ja, vor Zwei Stunden rief eine Frau an, Frau Maibaum ….“

„Etwa die Frau vom Bürgermeister?“

„Ja, so stellte sie sich vor. War etwas durch den Wind. Ihre Freundin sei ermordet worden.“

„Aha, und weiter“, fragte der Hauptkommissar nach dem Schluck Tee.

„Ja, der Mord soll in Italien geschehen sein. Auf einer Masseria La Torre in der Toskana“, las die Kommissarin aus ihren Notizen vor.

„Oh, das ist mal was neues in diesen Räumen. Ein Mord in der Toskana. Aber bitte etwas genauer.“

„Ich habe schon mal im Internet nachgeschaut. Diese Masseria liegt tatsächlich im Osten der Toskana, beim Fluss Arno und dem Städtchen Castiglion Fibocchi. Habe mir schon mal die Adresse der Polizei im Ort heraus gesucht. Hier der Ausdruck.“

„Sehr gut. Aber das Opfer, wer ist das Opfer?“ „Maria Fortunato“ „Oh, ha, die Maria ist tot?“, der Hauptkommissar kannte die Tochter des Grevener Feinkosthändlers seit vielen Jahren, seit er dort Kunde war und sie im Laden traf.

In Gedanken trank er weiter an seinem Tee und überlegte was zu tun sei. Nach wohl fünf Minuten ohne eine Reaktion des Hauptkommissars stellte er den Teepott auf die Platte seines Schreibtisches.

„Wir müssen Kontakt mit den Kollegen in Italien, in diesem Castillio oder wie es heißt aufnehmen. Wir brauchen mehr Informationen. Aber wie? Ich kann kein Italienisch.“

„Chef, es gibt eine einfachere Lösung.“ „Und welche?“

„Hinfahren!“, schlug die Kommissarin vor. „Ha, das käme Ihnen gelegen? Ein kleiner beruflicher Sommerausflug nach „Bella Italia“? Nein, das gibt es nicht, Frau Kommissarin!“, Hauptkommissar Koch war sichtlich schlecht zu sprechen auf diesen Vorschlag.

„Chef, ich meine doch nicht mich!“, protestierte die Missverstandene. „Was denn sonst?“ „Franjo Hoppe, den meine ich!“ „Der ist in Urlaub, kommt doch erst in einigen Tagen zurück.“ „Ja, genau deshalb, das meine ich doch.“ „Was denn jetzt? Kommen Sie auf den Punkt!“ „Also, der Franjo ist doch im Urlaub in Italien. Mit seiner Familie und einer befreundeten Familie. Und zwar in der Toscana!“ „Ah, jetzt verstehe ich Sie. Das ist eine sehr gute Idee. Wissen Sie denn wo?“

„Ja, hier ist doch eine Postkarte von Ihm. Hier steht es, in Vada. Auf einem Campingplatz„Zu den fünf Pinien“. Das liegt an der Küste. Und dieses Castiglion Fibocchi liegt hier im Osten.“ Die Kommissarin ging mit ihrem Finger auf einer Karte in die Richtung, in der dieser Ort lag.

Der Hauptkommissar kam zu ihrem Schreibtisch herüber und schaute sich die Lage der Orte auf der Karte an. Vada lag direkt am Meer, etwas unterhalb von Livorno. Der Hauptkommissar war mehr der Skandinavientyp und konnte nicht versteh wie man sich in diese heißen Zonen der Welt verirren konnte. Der Tatort lag bei Arezzo ganz im Landesinneren.

„Hm, das wird eine schöne Fahrt werden für den Kollegen Hoppe“, er legte eine Denkpause ein.„Hm, aber, ja! Das machen wir.

Sehr gut, Kollegin Rohdel.“

2

Meeresplätschern

Manchmal träumte er von diesem Geräusch. Dieses wiederkehrende leise Plätschern, kaum hörbar auf dem Sand. Aber doch ganz leise, wenn der Wind nicht weht. Dieses leise beruhigende Plätschern wenn die kleinen Wellen auf dem Sand ankommen und auf dem Strand ausfließen. Das große Rauschen kennt jeder, wenn der Wind stark weht und die Wellen hoch steigen, bevor sie ihr kurzes Leben aushauchen.

Aber dieses Leise, das von Kindergequieke, von den Rufen der Mütter oder dem Gelächter der Touristen übertönte Geräusch, dieser ist für ihn der wahre Urlaubston.

Nur wegen ihm ging er manchmal noch am Abend an den Strand, dann wenn alle anderen schon lange in Zelt, Wohnwagen oder Campingmobil verschwunden sind.

Von diesem Geräusch konnte er jetzt nichts hören. Wegen der sengenden Sonne hat er sich unter seinen Sonnenschirm verkrochen. Völlig schlaff saß, nein, lag er in seinem Klappstühlchen und schaute dem Treiben am Strand ohne besonderes Interesse zu. Er kann gar nicht verstehen, wie Menschen so eine Energie an den Tag legen, bei über 30 Grad und wenig Wind.

Besonders schwierig würde es, wenn sein Sohn oder die Tochter irgend etwas ihm unbedingt zeigen möchten. Sie kommen dann mit einer, die wahre Bedeutung übertreibenden Wichtigkeit heran gelaufen und erwarteten unverzüglich seine ganze Aufmerksamkeit.

Er versuchte diese elterliche Aufgabe nach Möglichkeit an seine Frau weiter zu leiten. Wenn dann seine Kleinen weiter liefen und sich Rita damit beschäftigen durfte, dann lehnte er sich wieder erleichtert zurück in sein Stühlchen und schaute wieder über das Meer. Am Horizont konnte er dann Passagierschiffe oder Tanker erblicken, die von Livorno nach Süden fuhren oder aus dem Mittelmeer kamen.

Manches Mal überkam ihn ein kleiner Gruselschauer, wenn er darüber nachdachte, was wohl mit diesem kleinen Paradies geschehen würde, wenn einer der Tanker seine Ladung verlöre.

Dieses kleine Paradies war der Campingplatz„Zu den fünf Pinien“ im toskanischen Küstenstädtchen Vada.

Von seinem Bekannten Jupp Hüsting hatte er vor Jahren den Tipp für diesen Campingplatz bekommen. Selbst Vater von drei Kindern und suchte dieser eine Möglichkeit, die Wünsche der Kleinen mit seinen nach etwas Kultur im Urlaub in Einklang zu bekommen. Der Platz, der eher einem Wald entsprach, unter dem die Wagen abgestellt werde konnten, lag direkt am Strand. Nur ein Sandwall mit einem Zaun lag zwischen dem Campingbereich und dem Wasser. Traumhafte Bedingungen für Eltern, denn man brauchte keine Angst zu haben, dass sie entlang gefährlicher Straßen oder über dieselben zum Strand gehen müssen. Nur die An- und Abreise waren jedes Jahr – und es war schon das 6. Jahr in Folge – eine größere Anstrengung.

Mit großem PKW und Campingwagen von Greven über die Alpen in die Toskana ….

er war jedes mal einen ganzen Tag erschlagen, wenn er den Platz erreichte. Auch eine Übernachtung unterwegs, im Schwarzwald südlich von Freiburg, konnte dies nicht wirklich auffangen.

Die folgenden Wochen genoss er aus vollen Zügen. Hatte er in der übrigen Zeit des Jahres wenig Raum für die Familie, die Arbeitsbedingungen als Polizeikommissar ließen dies oft nicht zu, so erlebte er hier die Stimmungshöhen und -tiefen seiner beiden Kinder. Automatisch griff er unter seinem Sonnenschirm schmorend nach der großen Wasserflasche und nahm einen Schluck um dann wieder seinen Gedanken nach zu hängen.

„Franjo, kommst Du mit in die Markthalle?“, fragte ihn eine Stimme.

Aus seinen Gedanken aufwachend schaute es unter dem Schirm hervor und sah in das Gesicht von Jupp Hüsting.

„Hm, in die Markthalle? Ja, gut, besser als hier zu schmoren.“

Jupp war ein begnadeter Freizeitkoch und fuhr nur in die Toskana um seinem Hobby zu frönen. Ihn interessierte das Camping überhaupt nicht. Das war der innerfamiliäre Kompromiss gewesen bei der Diskussion um einen Urlaubsort. Während seine Frau Ute mit den Kindern den Stand und das Wasser täglich genossen, fuhr Jupp von Hof zu Hof, von Weinberg zu Weinberg. Er nahm sich dann stundenlang Zeit um Produkte zu kosten und neue und andere Rezepte zu erfahren. Es gab keinen Hof rund um Vada den er noch nicht angesteuert hatte.

Mit Händen und Füßen und einem leidlichen Italienisch schlug er sich durch die Küchen und Probierstuben der Umgebung. Viele Bauern und Winzer kannten ihn schon länger und gaben ihm deshalb auch Tipps, die sie einem normalen Touristen nicht sagen würden.

Am späten Nachmittag begab Jupp sich dann ein seinen Herd, ein kleines fahrbares Reich in einem Campingmobil der höheren Preisklasse, und ließ seiner Phantasie in Töpfen und Schüsseln freien Lauf. Franjo und seine Familie waren regelmäßige Gäste an der Abendtafel der Hüstings. Wie es schien sollte es auch heute wieder so sein.

Noch etwas benommen vom langen Sitzen trottete Franjo hinter dem für die Hitze bewundernswert aktiven Jupp hinterher. Erst im Schatten der Bäume auf dem Campingplatz hatte die Luft eine angenehmere Kühle, die auch bei ihm die geistige Aktivität steigerte.„Was willst Du denn heute kochen?“, fragte Franjo.

„Das weiß ich noch nicht. Ich will mal schauen, was es so im Angebot gibt. In der Markthalle kommen mir bestimmt gute Ideen, so zwischen den ganzen Ständen der Bauern und Fischer“, antwortete Jupp und ging zügig zu seinem Wagen, den er vom Campingaufbau abgetrennt hatte.

Kaum im Wagen sitzend, warf Jupp die Klimaanlage an und sorgte für angenehme Temperaturen. „So, jetzt geht es mir besser. Wir fahren zuerst mal zur Markthalle.

Vielleicht dann noch zu Fabrizio, der hat dieses Jahr besonders schöne Tomaten und Kartoffeln. Man muss sie nur direkt vom Feld holen, sonst sind sie bei Hitze zu schnell schrumpelig.“ In langsamer Geschwindigkeit fuhr Jupp den Wagen über den schmalen Weg zwischen Zelten, Wohnwagen und Campingmobilen in Richtung Ausgang. Kinderfahrräder, Wasserspielzeug und andere Freizeitgegenstände lagen ihnen im Weg herum.

Besonders musste der Fahrer ein Auge auf Kinder haben, die ohne auf anderes zu achten auf den Weg liefen. Hier war ihr Revier!