Vorwort des Herausgebers

Wie die »Säugetiere« (Univ.-Bibl. 6324), so ist auch der vorliegende Band dem berühmten »Tierleben« Brehms entnommen, und zwar der zweiten, der letzten vom Verfasser herausgegebenen Auflage, deren Inhalt sich in allem wesentlichen noch mit dem der um die Jahrhundertwende erschienenen dritten Auflage deckt. Von Grund aus umgestaltet und größtenteils ganz neu geschrieben wurde erst die jetzt vorliegende vierte Auflage, die nicht mehr wie die früheren zehn, sondern dreizehn starke Bände umfaßt.

Abgesehen von einigen durch die gesonderte Herausgabe des Abschnitts »Menschenaffen« bedingten Kürzungen ist auch in diesem Bande der Brehmsche Text wörtlich wiedergegeben, in der festen Überzeugung, daß dessen packende Lebendigkeit und Anschaulichkeit, die den eigentlichen Reiz des ursprünglichen »Tierlebens« ausmachte, auch heute durchaus noch imstande ist, den Leser zu fesseln und zu erfreuen, wie groß auch die Summe der neuen Beobachtungen und Erfahrungen sein mag, die seit seinem ersten Erscheinen gemacht worden sind. Über das Freileben der Menschenaffen wissen wir übrigens heute beinahe noch ebensowenig wie zu Lebzeiten Brehms. Das wichtigste Neue, das in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Menschenaffenkunde hinzugekommen ist: die Ergebnisse der Intelligenzprüfungen an Schimpansen, die in der mit Unterstützung der Preußischen Akademie der Wissenschaften von 1912–1920 auf Teneriffa unterhaltenen Menschenaffenstation von ausgezeichneten Fachleuten vorgenommen wurden, hat der Herausgeber geglaubt, in einem besonderen Anhang berücksichtigen zu sollen, sind sie doch gleichsam eine posthume Bestätigung dessen, was Alfred Edmund Brehm von der Tierseele sagte. Nicht weniger willkommen wird dem Leser die Schilderung des ersten lebend nach Europa gelangten Gorillas sein, des berühmten »Mpungu« der deutschen Loango-Expedition, zumal sich in den früheren Nachrichten über diese größte Menschenaffenart noch vielfach Dichtung und Wahrheit verquickten.

Leipzig, August 1921.

Carl W. Neumann.

Der Gorilla

Vor mehr als zweitausend Jahren rüsteten die Karthager eine Flotte zu dem Zwecke aus, Ansiedelungen an der Westküste von Afrika zu gründen. Auf sechzig großen Schiffen zogen ungefähr dreißigtausend Männer und Frauen zu diesem Behufe von Karthago aus, versehen mit Nahrung und allen Gegenständen zur Ansässigmachung. Der Befehlshaber dieser Flotte war Hanno, welcher seine Reise in einem kleinen, aber wohlbekannten Werke (dem » Periplus Hannonis«) der damaligen Welt beschrieb. Im Verlaufe der Reise gründete die Mannschaft jener Schiffe sieben Ansiedelungen, und nur der Mangel an Nahrungsmitteln zwang sie, früher als man wollte, zurückzukehren. Doch hatten die kühnen Seefahrer die Sierra Leone bereits hinter sich, als dieses geschah. Jener Hanno nun hinterließ uns in seinem Berichte eine Mitteilung, welche auch für uns von Wichtigkeit ist. Die betreffende Stelle lautet: »Am dritten Tage, als wir von dort gesegelt waren und die Feuerströme durchschifft hatten, kamen wir zu einem Busen, das Südhorn genannt. Im Hintergrunde war ein Eiland mit einem See und in diesem wieder eine Insel, auf welcher sich wilde Menschen befanden. Die Mehrzahl derselben waren Weiber mit haarigem Körper, und die Dolmetscher nannten sie Gorillas. Die Männchen konnten wir nicht erreichen, als wir sie verfolgten; sie entkamen leicht, da sie Abgründe durchkletterten und sich mit Felsstücken verteidigten. Wir erlangten drei Weibchen; jedoch konnten wir diese nicht fortbringen, weil sie bissen und kratzten. Deshalb mußten wir sie töten; wir zogen sie aber ab und schickten das abgestreifte Fell nach Karthago.« Die Häute wurden dort später, wie Plinius berichtet, im Tempel der Juno aufbewahrt.

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß Hanno unter den wilden behaarten Menschen nur einen Menschenaffen meinen kann, und wenn er auch vielleicht den Schimpansen vor Augen gehabt hat, sind wir doch berechtigt, den riesigsten aller Affen Gorilla zu nennen.

Der Gorilla ( Gorilla gina), »Njina« oder »Ingiine« der Eingeborenen, Vertreter einer besonderen Gattung oder doch Untergattung, ist zwar etwas kleiner, aber bei weitem breitschulteriger als ein starker Mann. Laut Owen beträgt beim erwachsenen Männchen die Höhe von der Sohle bis zum Scheitel 1,65 m, die Breite von einer Schulter zur anderen 95 cm, die Länge des Kopfes und Rumpfes zusammengenommen 1,08 m, die der Vorderglieder 1,08 m, der Hinterglieder bis zur Ferse 75 cm, bis zur Spitze der Mittelzehe aber 1,5 m. Die Länge und Stärke des Rumpfes und der Vorderglieder, die unverhältnismäßige Größe der Hände und Füße sowie die durch Bindehaut größtenteils vereinigten mittleren Finger und Zehen sind die bezeichnendsten Merkmale. Der Umriß des Kopfes bildet von dem stark hervortretenden Augenbrauenbeine an nach dem Scheitel zu anfänglich eine etwas eingesenkte, später sanft gewölbte Linie, steigt am Scheitel auf und fällt nach dem Nacken zu gerade ab. Der Brauenbogen wird durch die aufliegende dicke Haut und starke Behaarung noch weiter vorgerückt und läßt das kleine, braune Auge um so tiefer zurücktreten. Die Nase ist flachgedrückt, in der Mitte der Länge nach eingebuchtet und an ihren Flügeln sehr verbreitert, tritt aber, der weiten, schief nach vorn und oben geöffneten Nasenlöcher halber, an ihrer Spitze merklich hervor. Das breite Maul wird durch dicke Lippen geschlossen, welche kürzer und minder beweglich sind als bei anderen Menschenaffen und mehr mit denen des Menschen übereinstimmen. Das Kinn würde seiner Kürze halber zurücktreten, wäre nicht der ganze Unterteil des Gesichtes vorgeschoben. Das ziemlich weit nach hinten, in gleicher Höhe mit den Augen gelegene Ohr ist verhältnismäßig kleiner als das des Schimpansen, jedoch vergleichsweise größer als das des Menschen, diesem ähnlicher als das irgendeines anderen Affen; Leiste wie Gegenleiste, Ecke wie Gegenecke ist wohlentwickelt und selbst ein zwar kleines, aber entschieden hängendes Läppchen vorhanden. Der kurze Hals bildet hinten wegen der langen, mit mächtigen Muskeln überdeckten Wirbelfortsätze mit Hinterkopf und Rücken eine gerade Linie, trennt sich daher nur seitlich und vorn vom Rumpfe ab, so daß der Kopf unmittelbar auf letzterem zu sitzen scheint. Der Rumpf selbst fällt ebensowohl durch seine außerordentliche Stärke wie seine im Vergleiche zu dem des Menschen unverhältnismäßige Länge auf; der mächtige Brustkasten ist ungemein geräumig, die Schulterbreite fast unmäßig, der Rücken sanft gebogen, ohne daß die Schulterblätter hervortreten, der Bauch allseitig gewölbt. Die Glieder unterscheiden sich wesentlich von denen des Menschen durch die gleichmäßige Stärke ihrer einzelnen Teile, indem dem Oberarme die Anschwellung, dem Schienbeine die Wade gänzlich fehlt. Verhältnismäßig ist der Oberarm länger, der ganze Arm aber kürzer als bei anderen Menschenaffen, unter Berücksichtigung der Rumpflänge vergleichsweise nicht viel länger als beim Menschen, obgleich dies der in der Entwicklung zurückgebliebenen Beine halber den Anschein hat. Der Unterarm geht ohne erhebliche Verschmächtigung in die ebenso kurze wie breite und dicke, wegen ihres langen Tellers ausgezeichnete Hand über, deren drei überaus dicke und kräftige, gleichsam geschwollene Mittelfinger bis zu dem dritten Gliede durch eine Bindehaut vereinigt sind, also höchstens zwei Glieder frei bewegen können, und Nägel tragen, welche zwar denen der Menschenhand an Größe gleichkommen, im Verhältnisse zu den Fingern aber klein erscheinen; der Daumen ist wie bei allen Menschenaffen schwach und kurz, kaum halb so lang wie jeder andere Finger. Mit denen der Verwandten verglichen, erscheinen der Oberschenkel stark, der Unterschenkel dagegen ebenso kurz wie schwach, der Fuß kurz und unförmlich breit, die an ihrer Spitze verbreiterte, sehr bewegliche Daumenzehe, welche unter einem Winkel von sechzig Graden zu den anderen steht, verhältnismäßig stark und lang, die übrigen Zehen, unter denen die dritte die längste, die letzte sehr verkürzt ist und deren zweite bis vierte unter sich ebenfalls größtenteils durch Haut verbunden sind, jener gegenüber kurz und schwach. Das gewellte, entfernt an Wolle erinnernde Haar läßt das Vordergesicht nach oben bis zu den Augenbrauen, seitlich bis zur Mitte der Jochbogen, nach unten hin bis zum Kinne, das Ohr, die Hand und den Fuß seitlich und, soweit Finger und Zehen nicht vereinigt sind, auch unten gänzlich frei, bekleidet dagegen ziemlich regelmäßig den übrigen Leib, Oberkopf, Nacken, Schultern, Oberarme sowie Ober- und Unterschenkel am dichtesten, Brust und Bauch am spärlichsten, ist bei alten Tieren aber auch auf Mittel- und Unterrücken gewöhnlich abgerieben und hat, mit Ausnahme des Unterarmes, seinen Strich von vorn und oben nach hinten und unten, am Unterarme dagegen von unten nach oben. Alle nackten Teile haben graulich-schieferschwarze, die mit Haaren bekleideten Hautteile dunkellederbraune, die Haare dagegen verschiedene, schwer zu beschreibende Färbung. Ein düsteres Dunkelgrau, hervorgebracht durch wenige rötliche und viele graue Haare, herrscht vor; die Mischung beider Farben wird gleichmäßiger auf Oberkopf und Nacken, weshalb diese Teile deutlich graurot aussehen; auf dem Rücken kommt mehr das Grau, an den inneren Schenkelseiten das Braun zur Geltung. Einige wenige weiße Haare finden sich am Gesäße. Männchen und Weibchen unterscheiden sich nicht in der Färbung, Alte und Junge anscheinend nicht wesentlich.

Die Zähne sind sehr kräftig, die Eck- oder Hundszähne kaum weniger als bei Raubtieren entwickelt; der hinterste untere Backenzahn zeigt drei kleine äußere und zwei innere Höcker nebst einem hinteren Anhange. Das Geripp entspricht Hinsichtlich seiner Massigkeit der Größe des Tieres. Der ungeheure Schädel fällt besonders auf durch die Länge und Schmalheit des seitlich sehr zusammengedrückten, hinten eckig vortretenden, innen kleinen, d. h. wenig geräumigen Hirnteiles, den mächtig entwickelten Scheitelkamm des Männchens, die weit vortretenden Brauen und Jochbogen und den riesigen Unterkiefer, das Arm- und Handgerüst durch seine gewaltige Stärke, der von dreizehn Rippenpaaren umschlossene Brustkasten durch seine Weite.

Bis jetzt ist es noch nicht möglich gewesen, den Verbreitungskreis des Gorilla genau abzugrenzen, insbesondere wissen wir nicht, wie weit er sich in das Innere Afrikas erstreckt. Einstweilen haben wir die zwischen dem Gleicher und dem fünften Grade südlicher Breite gelegenen Länder der Westküste Afrikas als seine Heimat, die von den Flüssen Gabun, Muni und Fernandovaz durchschnittenen Urwaldungen als seine Aufenthaltsorte anzusehen.

Abgesehen von Hanno, berichtet zuerst Andreas Battell über die großen Menschenaffen Westafrikas. Gelegentlich der Beschreibung von Mayumba und des an der Loangoküste mündenden Stromes, welchen er Banna nennt, sagt er: »Die Wälder sind derartig überfüllt mit Pavianen, Meerkatzen, Affen und Papageien, daß sich jedermann fürchtet, in denselben zu reisen. Namentlich gilt dies für zwei Ungeheuer, welche in diesen Waldungen leben und im höchsten Grade gefährlich sind. Das größte dieser Scheusale wird von den Eingeborenen ›Pongo‹, das kleinere ›Ensego‹ genannt. Der Pongo hat den Gliederbau eines Menschen, ähnelt aber eher einem Riesen als einem Manne; denn er ist sehr groß und besitzt zwar das Antlitz eines Menschen, aber hohlliegende Augen, welche von langen Brauenhaaren überdeckt werden; Gesicht und Ohren sind haarlos, die Hände ebenfalls, der Leib dagegen ist, wenn auch nicht gerade dicht, mit Haaren bekleidet, welche eine düstere Färbung haben. Vom Menschen unterscheidet er sich nur durch seine Beine, welche keine Waden zeigen. Er geht stets auf seinen Füßen und hält, wenn er auf dem Boden läuft, seine Hände zusammengeklammert im Nacken. Er schläft auf Bäumen und baut sich Dächer gegen den Regen. Sein Futter besteht aus Früchten, welche er in den Wäldern findet, auch wohl aus Nüssen; Fleisch ißt er niemals. Sprechen kann er nicht, und sein Verständnis ist nicht größer als das eines Viehes. Haben die Eingeborenen, welche die Wälder durchreisen müssen, nachts ein Feuer angezündet, so erscheinen die Pongos am Morgen, sobald jene das Lager verlassen, und sitzen am Feuer, bis dieses ausgeht; denn sie verstehen nicht, daß man, um es zu erhalten, Holz zulegen muß. Oft vereinigen sie sich zu Gesellschaften und töten manchen Neger im Walde, oft auch überfallen sie Elefanten, welche weidend in ihre Nähe kommen, und schlagen sie so mit ihren mächtigen Fäusten, daß sie brüllend davonlaufen. Niemals kann man diese Pongos lebend bekommen, weil zehn Männer nicht imstande sind, sie festzuhalten; doch erlegt man viele ihrer Jungen mit vergifteten Pfeilen. Der junge Pongo klammert sich so fest an den Leib seiner Mutter, daß die Eingeborenen, wenn sie das Weibchen erlegen, auch das Junge erhalten, welches die Mutter nicht verläßt. Stirbt eines dieser Ungeheuer, so bedecken es die übrigen mit einem großen Haufen von Zweigen und Holz; solche Haufen findet man viele in den Wäldern.«

Später erwähnt ein Schiffsführer, welcher sich längere Zeit an der Westküste Afrikas aufgehalten hat, derselben Affen, führt aber drei Arten von ihnen auf und bemerkt, daß der größte »Impungu« heiße. »Dieses wundervolle und fürchterliche Erzeugnis der Natur«, sagt er, »geht aufrecht wie ein Mann, ist erwachsen sieben bis neun Fuß hoch, verhältnismäßig dick und entsetzlich stark. Schwarzes Haar, welches sich auf dem Kopfe verlängert, bedeckt seinen Leib. Sein Gesicht ähnelt dem des Menschen mehr als das des Schimpansen, ist aber ebenfalls schwarz. Wenn dieses Tier einen Neger sieht, verfolgt und fängt es diesen; zuweilen tötet es ihn auch, und manchmal packt es ihn bei der Hand und nimmt ihn mit sich fort. Einige, welche so glücklich waren, dieser Gefangenschaft zu entrinnen, sagen, daß sich das Ungetüm, wenn es schlafen geht, nicht niederlegt, sondern gegen einen Baum lehnt; dann wartet der Gefangene, bis es eingeschlafen ist, löst vorsichtig seine Hand von sich ab und stiehlt sich still hinweg, erregt aber doch zuweilen die Aufmerksamkeit des Gegners und wird zurückgeholt. Das Tier lebt von den Früchten und Wurzeln dieses Landes und macht sich vornehmlich die Arbeit der Eingeborenen zunutze. Fehlt es ihm an Wasser, so sucht es sich einen Baum mit saftiger Rinde auf, reißt diese mit der Hand ab, zerquetscht sie und saugt den Saft aus; ja es nimmt zuweilen einen solchen Baum bei seinen Wanderungen mit, wenn es weiß, daß sich auf dem Wege kein Wasser findet. Ich habe gehört, daß es imstande ist, einen Palmbaum abzubrechen, um zu dem Safte desselben zu gelangen. Niemals habe ich dieses Tier zu sehen bekommen; allein ein Junges von ihm wurde während der Zeit, als mein Sohn in Malemba war, von einem Lande des Inneren dem Könige geschenkt und die Leute, die es brachten, sagten, daß es seit der Zeit, in welcher sie es in Besitz hatten, ruhig und ernsthaft gewesen sei, seine Speisen widerstandlos genommen und verständig gegessen und getrunken habe. Man hatte ihm ein Joch um den Nacken gelegt und seine Hände gebunden wie die der Sklaven, welche mit ihm kamen, und so führte man es widerstandslos fort. Als es aber in der Königsstadt angelangt war und eine unschätzbare Menge von Leuten sich einfand, um es zu betrachten, wurde es traurig und mürrisch, wollte keine Nahrung mehr zu sich nehmen und starb nach vier oder fünf Tagen. Es war noch jung, aber doch über sechs Fuß hoch. Auch mein Sohn sah es nicht, wohl aber die Hand von ihm, welche man etwas über dem Gelenke abgehauen und getrocknet hatte; die Finger waren noch in diesem Zustande so dick wie drei von den seinigen, stärker fast als sein Handgelenk, im Verhältnisse zu den menschlichen länger, während der Armteil auch in getrocknetem Zustande noch dicker war als die dickste Stelle seines Armes. Der obere Teil der Finger und aller übrigen Handteile war mit schwarzem Haar bedeckt, der untere Teil der Hand ähnelte der eines Negers. Man sah, daß es das stärkste aller Tiere des Waldes sei, und begriff, daß die übrigen sich sämtlich vor ihm fürchten.«

Erst im Jahre 1846 gelang es Wilson, einem amerikanischen Heidenprediger, den Schädel dieses Affen zu erhalten. Dieser ließ keinen Zweifel zu, daß er einer noch unbeschriebenen Art angehöre. Nach einigen Anstrengungen wurde ein zweiter Schädel erworben; andere Teile des Gerippes konnten später erlangt werden. Die Eingeborenen, vollständig vertraut mit Wesen und Sitten dieses Tieres, gaben die eingehendsten Berichte über seine Größe, seine Wildheit, die Beschaffenheit der Waldungen, welche es bewohnt, versprachen auch in kürzester Frist ein vollständiges Geripp zu beschaffen. Wilson selbst hat einen getöteten Gorilla gesehen. Nach seiner Versicherung ist es unmöglich, einen richtigen Begriff weder von der Scheußlichkeit seines Aussehens, noch von seiner außerordentlichen Muskelkraft zu geben. Sein tiefschwarzes Gesicht offenbart nicht allein verzerrte (der englische Text sagt »übertriebene«) Züge, sondern die ganze Erscheinung ist nichts anderes als ein Ausdruck der rohesten Wildheit. Große Augäpfel, ein Schopf von langen Haaren, welcher in der Wut über den Vorderkopf fällt, ein riesenhaftes Maul, bewaffnet mit einer Reihe von gewaltigen Zähnen, abstehende Ohren: dies alles zusammen läßt den Affen als eines der fürchterlichsten Geschöpfe der Erde erscheinen. Es ist nicht überraschend, daß die Eingeborenen sogar bewaffnet mit ihm zusammenzutreffen fürchten. Sie sagen, daß er sehr wild sei und unabänderlich zum Angriff übergehe, wenn er mit einem einzelnen Manne zusammenkomme; »ich selbst«, versichert Wilson, »habe einen Mann gesehen, welchem eins dieser Ungeheuer die Wade fast gänzlich weggebissen hatte und welcher wahrscheinlich in Stücke zerrissen worden wäre, hätte er nicht rechtzeitig die Hilfe seiner Gefährten erhalten. Es wird versichert, daß sie dem bewaffneten Manne das Gewehr aus der Hand reißen und den Lauf zwischen ihren Kiefern zusammendrücken; und wenn man die ungeheure Muskelkraft der Kinnladen in Erwägung zieht, kann man nicht finden, daß dies unmöglich sei.«

Ungefähr in derselben Zeit stellte Savage unter den Negern eingehende Nachforschungen über die Lebensweise des Affen an und veröffentlichte die Ergebnisse in der »Bostoner naturwissenschaftlichen Zeitung« vom Jahre 1847. Ihnen zufolge lebt der »Ingiine« im Inneren von Unterguinea, während der Verbreitungskreis des Schimpansen sich mehr längs der Küste erstreckt. Der Gang des ersteren ist wackelnd oder watschelnd, die Bewegung des Leibes, welcher immer nach vorn überhängt, etwas rollend oder von einer Seite zur anderen schwankend. Die Arme werden beim Gehen vorwärts geworfen und auf den Grund gestemmt. Man sagt, daß der Gorilla beim Gehen die Finger nicht beuge, sondern sie ausgestreckt als Stütze der Hand verwende. Wenn er sich aufrichtet und in dieser Stellung geht, hält er seinen mächtigen Körper dadurch im Gleichgewichte, daß er seine Arme nach oben beugt. Er lebt in Banden, die jedoch nicht so zahlreich sind wie die der Schimpansen. In jeder solchen Bande befinden sich mehr Weibchen als Männchen, denn alle Nachrichten stimmen darin überein, daß sich nur ein altes Männchen bei solcher Gesellschaft befindet und daß, wenn junge Männchen ihre volle Größe erreicht haben, zwischen ihnen und anderen ein Kampf um die Oberherrschaft stattfindet und der stärkste, nachdem er den Nebenbuhler getötet oder doch vertrieben hat, sich zum Haupte der Gesellschaft aufwirft. Seine Wohnungen, falls man sie so nennen darf, ähneln denen, welche der Schimpanse baut, und bestehen einfach aus wenigen Stecken und blätterigen Zweigen, welche von Astgabeln und Ästen der Bäume unterstützt werden, gewähren auch keinen Schutz gegen das Wetter und werden nur des Nachts benutzt. Gorillas sind außerordentlich wild und stets angriffslustig, flüchten auch niemals vor dem Menschen. Die Eingeborenen fürchten sie in hohem Grade und nehmen niemals den Kampf mit ihnen auf, es sei denn, um sich selbst zu verteidigen. Die wenigen Stücke, welche erbeutet wurden, fanden ihren Tod durch Elefantenjäger und Handelsleute, welche im Walde mit ihnen zusammentrafen. Angesichts eines Menschen soll der männliche Gorilla zuerst einen entsetzlichen Schrei ausstoßen, welcher auf weithin im Walde widerhallt und etwa wie ein langgezogenes und schrilles »Kheh, Kheh« klingt, dabei die ungeheuren Kiefer zu voller Weite öffnen und mit über das Kinn herabhängender Unterlippe und über die Brauen herabfallendem Haarschopfe das Bild unbeschreiblicher Wildheit sein. Weibchen und Junge verschwinden bei dem ersten Schrei des Männchens, dieses aber nähert sich, in rascher Folge seinen entsetzlichen Schrei ausstoßend, dem Jäger. Letzterer erwartet seine Ankunft mit dem Gewehre an der Wange und verzögert, wenn er seines Schusses nicht ganz sicher ist, sein Feuer, bis das Tier den Gewehrlauf ergriffen und, wie es zu tun pflegt, in das Maul gebracht hat. Sollte das Gewehr versagen, so zerquetscht der Gorilla den dünnen Lauf zwischen seinen Zähnen und das Zusammentreffen kann für den Jäger verhängnisvoll werden. Im übrigen ähneln die Sitten und Gewohnheiten des Gorilla denen des Schimpansen: er baut ähnliche Nester auf die Bäume, lebt von denselben oder ähnlichen Früchten und macht seinen Aufenthaltsort von den Umständen abhängig.

Im Jahre 1852 gibt Ford übereinstimmende Nachrichten. »Der Gorilla«, sagt er, »erhebt sich zum Angriffe auf seine Füße, nähert sich jedoch seinem Gegner in gebeugter Haltung. Obgleich er niemals auf der Lauer liegt, stößt er doch, sobald er die Annäherung eines Menschen wahrnimmt, augenblicklich seinen bezeichnenden Schrei aus, bereitet sich zum Kampfe und geht zum Angriffe über. Der Schrei ist mehr ein Grunzen als ein Heulen, ähnelt dem des erregten Schimpansen, ist jedoch lauter und wird in weiter Entfernung vernommen. Zuerst nun begleitet er die Weibchen, von denen er regelmäßig umgeben wird, auf eine kurze Strecke bei ihrer Flucht, kehrt hierauf zurück, sträubt den Haarschopf, so daß er vorn überhängt, weitet seine Nüstern, zieht die Unterlippe herab, fletscht die Zähne und läßt nochmals jenen Schrei hören, wie es scheint in der Absicht, seinen Gegner zu erschrecken. Streckt ihn jetzt nicht eine wohlgezielte Kugel zu Boden, so nimmt er einen Ansatz, schlägt seinen Gegner mit der Hand nieder oder packt ihn mit einem Griffe, welcher kein Entrinnen ermöglicht, wirft ihn auf den Boden und zerfetzt ihn mit den Zähnen. Das wilde Wesen dieses Geschöpfes konnte man deutlich sehen an einem kleinen Jungen, welches hierher gebracht wurde. Man hielt es mehrere Monate und gab sich die größte Mühe, um es zu zähmen; es war jedoch so unverbesserlich, daß es mich noch eine Stunde vor seinem Tode biß.«

Der nächstfolgende Berichterstatter ist Du-Chaillu. Ich würde dessen Mitteilungen vorzugsweise benutzt haben, hätte die Darstellung nicht beim ersten Lesen ein unbesiegliches Mißtrauen in mir erweckt. Demungeachtet mag auch diese Schilderung hier eine Stelle finden, nur verwahre ich mich gegen die Annahme, als wolle ich sie in irgendeiner Weise bekräftigen. Ich bin vielmehr durchaus der Meinung Reades, daß Du-Chaillus Erzählung ein wunderbares Gemisch von Wahrheit und Erdichtung ist, und stimme dem letztgenannten bei, wenn er sagt, daß jener vieles über den Gorilla geschrieben hat, was wahr, aber nicht neu ist, und weniges, was neu, aber nicht wahr ist. Man urteile selbst, was wohl von einem Forscher zu halten ist, welcher sein erstes Zusammentreffen mit dem Gorilla wie folgt schildert:

»Schnell vorwärts bewegte es sich im Gebüsche, und mit einem Male stand ein ungeheurer männlicher Gorilla vor mir. Durch das Dickicht war er auf allen vieren gekrochen, als er uns aber erblickte, erhob er sich und sah uns kühn und mutig in die Augen. So stand er etwa zwölf Schritte vor uns – ein Anblick, den ich nie vergessen werde! Der König des afrikanischen Waldes kam mir wie eine gespenstische Erscheinung vor. Aufgerichtet war der ungeheure, fast sechs Fuß hohe Körper; frei zeigten sich die mächtige Brust, die großen, muskelkräftigen Arme, das wild blitzende tiefgraue Auge und das Gesicht mit seinem wahrhaft höllischen Ausdruck. Er fürchtete sich nicht! Da stand er und schlug seine Brust mit den gewaltigen Fäusten, daß es schallte, wie wenn man eine große metallene Trommel schlägt. Das ist die Art des Trotzbietens, das ist das Kampfeszeichen des Gorilla! Und dazwischen stieß er einmal nach dem anderen sein gräßliches Gebrüll aus – ein Gebrüll so grauenerregend, daß man es den eigentümlichsten und fürchterlichsten Laut der afrikanischen Wälder nennen muß. Es beginnt mit scharfem Bellen, wie es ein großer Hund hören läßt, und geht dann in tiefes Dröhnen über, welches genau dem Rollen fernen Donners am Himmel gleicht; habe ich doch mehr als einmal dieses Gebrüll für Donner gehalten, wenn ich den Gorilla nicht sah. Wir blieben bewegungslos im Verteidigungszustande. Die Augen des Unholdes blitzten grimmiger; der Kamm des kurzen Haares, welcher auf seiner Stirn steht, legte sich auf und nieder; er zeigte seine mächtigen Fänge und wiederholte das donnernde Brüllen. Jetzt glich er gänzlich einem höllischen Traumbilde, einem Wesen jener widerlichen Art, halb Mann, halb Tier, wie es die alten Maler erfanden, wenn sie die Hölle darstellen wollten. Wiederum kam er ein paar Schritte näher, blieb nochmals stehen und stieß von neuem sein entsetzliches Geheul aus. Und noch einmal näherte er sich, noch einmal stand er und schlug brüllend und wütend seine Brust. So war er bis auf sechs Schritte herangekommen: da feuerte ich und tötete ihn. Mit einem Stöhnen, welches etwas schrecklich Menschliches an sich hatte und doch durch und durch viehisch war, fiel er vorwärts auf sein Gesicht. Der Körper zuckte krampfhaft mehrere Minuten; dann wurde alles ruhig: der Tod hatte seine Arbeit getan.«

Zu vorstehender Stelle gehört ein kurzer Nachsatz von Reade: »In einem Vortrage, welchen ich in einer Sitzung der Londoner tierkundlichen Gesellschaft las und welcher in den Schriften der Gesellschaft veröffentlicht worden ist, habe ich die Gründe entwickelt, aus denen ich mit vollster Sicherheit schließen darf, daß Du-Chaillu niemals einen Gorilla erlegt hat.« 1

Doch auch das Unwahrscheinliche, richtiger vielleicht die Lüge, mag hier Erwähnung finden, um so mehr als die Berichtigung auf dem Fuße folgen wird.

»Mein langer Aufenthalt in Afrika«, erzählt Du-Chaillu, »erleichterte es mir, mit Eingeborenen zu verkehren, und als meine Neugierde, jenes Ungeheuer kennenzulernen, aufs höchste erregt worden war, beschloß ich, selbst auf dessen Jagd auszuziehen und es mit meinen Augen zu sehen. Ich war so glücklich, der erste zu sein, welcher nach eigener Bekanntschaft über den Gorilla sprechen darf, und während meine Erfahrungen und Beobachtungen zeigen, daß viele Erzählungen auf falschen und leeren Einbildungen unwissender Neger und leichtgläubiger Reisenden beruhen, kann ich anderseits bestätigen, daß keine Beschreibung die entsetzliche Erscheinung, die Wut des Angriffs und die wüste Bosheit eines Gorilla versinnlichen wird.

Es tut mir leid, daß ich der Zerstörer vieler anmutigen Träumereien sein muß. Aber der Gorilla lauert nicht auf den Bäumen über dem Wege, um einen unvorsichtig Vorübergehenden zu ergreifen und in seinen zangengleichen Händen zu erwürgen; er greift den Elefanten nicht an und schlägt ihn nicht mit Stöcken zu Tode; er schleppt keine Weiber aus den Dörfern der Eingeborenen weg; er baut sich kein Nest aus Blättern und Zweigen auf den Waldbäumen und sitzt nicht unter deren Dach; er ist nicht einmal ein geselliges Tier, und alle Berichte von gemeinschaftlichen Angriffen haben nicht ein Körnchen von Wahrheit in sich.

Der Gorilla lebt in den einsamsten und dunkelsten Stellen des dichten afrikanischen Niederwaldes, tiefe bewaldete Täler und ebenso schroffe Höhen allen übrigen Aufenthaltsorten vorziehend. Gerade die Hochebenen, welche mit unermeßlichen Halden bedeckt sind, scheinen seinen Lieblingswohnsitz zu bilden. In jenen Gegenden Afrikas findet sich überall Wasser, und ich habe beobachtet, daß der Gorilla just an solchen Stellen sich aufhält, wo es am feuchtesten ist. Er ist ein rastloses Vieh, welches von Ort zu Ort wandert und schwerlich an einer und derselben Stelle zwei Tage lang bleibt. Dieses Umherschweifen ist zum Teil bedingt durch die Schwierigkeit, sein Lieblingsfutter zu finden. Obgleich der Gorilla vermöge seiner ungeheuren Eckzähne ohne Mühe jedes andere Tier des Waldes zu zerstückeln vermöchte, ist er doch ein echter Pflanzenfresser. Ich habe die Magen von allen untersucht, welche zu töten ich so glücklich war, und niemals etwas anderes gefunden als Beeren, Pisangblätter und sonstige Pflanzenstoffe. Der Gorilla ist ein arger Fresser, welcher unzweifelhaft an einem Orte alles auffrißt und dann in beständigem Kampfe mit dem Hunger zum Wandern gezwungen wird. Sein großer Bauch, der sich, wenn er aufrecht dasteht, deutlich genug zeigt, beweist dies; und wahrlich, sein gewaltiger Leib und die mächtige Muskelentwicklung könnten bei weniger Nahrung nicht unterhalten werden.

Es ist nicht wahr, daß der Gorilla viel oder immer auf den Bäumen lebt; ich habe ihn fast stets auf der Erde gefunden. Allerdings steigt er oft genug an den Bäumen in die Höhe, um Beeren oder Nüsse zu pflücken; wenn er aber dort gegessen hat, kehrt er wieder nach unten zurück. Nach meinen Erfahrungen über die Nahrung kann man behaupten, daß er es gar nicht nötig hat, die Bäume zu erklettern. Ihm behagen Zuckerrohr, die weißen Rippen der Pisangblätter, mehrere Beeren, welche nahe der Erde wachsen, das Mark einiger Bäume und eine Nuß mit sehr harter Schale. Diese letztere ist so fest, daß man sie nur mit einem starken Schlage vermittels eines Hammers öffnen kann. Wahrscheinlich ihrethalben besitzt er das ungeheure Gebiß, welches stark genug ist, einen Gewehrlauf zusammenzubiegen.

Nur junge Gorillas schlafen auf Bäumen, um sich gegen Raubtiere zu schützen. Ich habe mehrere Male die frische Spur eines Gorillabettes gefunden und konnte deutlich sehen, daß das Männchen, mit dem Rücken an einen Baumstamm gelehnt, in ihm gesessen hatte; doch glaube ich, daß Weibchen und Junge zuweilen die Krone des Baumes ersteigen mögen, während die Männchen immer am Fuße der Bäume oder unter Umständen auf der Erde schlafen. Alle Affen, welche viel auf Bäumen leben, haben an ihren vier Händen längere Finger als der Gorilla, dessen Hand mehr der menschlichen ähnelt. Infolge dieses verschiedenen Baues ist er weniger geeignet, Bäume zu erklettern. Zugleich muß ich bemerken, daß ich niemals einen Schirm oder ein Zelt gefunden habe und deswegen zu dem Schlüsse gekommen bin, er führe ein derartiges Gebäude überhaupt nicht auf.

Der Gorilla ist nicht gesellig. Von den Alten fand ich gewöhnlich ein Männchen und ein Weibchen zusammen, oft genug auch ein altes Männchen allein. In solchem Falle ist es immer ein alter, mürrischer, böswilliger Gesell, welcher nicht mit sich spaßen läßt. Junge Gorillas traf ich in Gesellschaft bis zu fünf Stück an. Sie liefen stets auf allen vieren davon, schreiend vor Furcht. Es ist nicht leicht, sich ihnen zu nähern, denn sie hören außerordentlich scharf und verlieren keine Zeit, um zu entkommen, während die Beschaffenheit des Bodens es dem Jäger sehr erschwert, ihnen zu folgen. Das alte Tier ist auch scheu; ich habe zuweilen den ganzen Tag gejagt, ohne auf mein Wild zu stoßen, und mußte bemerken, daß es mir sorgfältig auswich. Wenn jedoch zuletzt das Glück den Jäger begünstigt und er zufällig oder durch ein gutes Jagdkunststück auf seine Beute kommt, geht diese ihm nicht aus dem Wege. Bei allen meinen Jagden habe ich nicht einen einzigen Gorilla gefunden, welcher mir den Rücken zugekehrt hätte. Überraschte ich ein Paar, so fand ich gewöhnlich das Männchen an einen Felsen oder Baum gelehnt im dunkelsten Dickichte des Waldes, wo die strahlende Sonne nur ein düsteres Zwielicht hervorrufen kann; das Weibchen weidete in der Regel nebenbei, und dieses war es auch, welches zuerst unter lautem und heftigem Schreien und Kreischen davonrannte. Dann erhob sich langsam das Männchen, welches noch einen Augenblick mit wütendem Blick dagesessen hatte, schaute mit glühenden Augen auf die Eindringlinge, schlug auf seine Brust, erhob sein gewaltiges Haupt und stieß das furchtbare Gebrüll aus. Ich glaube, daß ich dieses Gebrüll auf die Entfernung von drei Meilen gehört habe.

Es ist Grundsatz eines geschulten Gorillajägers, sein Feuer bis zum letzten Augenblick zu bewahren. Die Erfahrung hat gelehrt, daß, wenn der Jäger feuert und fehlt, der Gorilla augenblicklich auf ihn stürzt. Und seinem Anpralle kann kein Mann widerstehen! Ein einziger Schlag der gewaltigen, mit mächtigen Nägeln bewehrten Hand, und das Eingeweide des armen Jägers liegt bloß, seine Brust ist zertrümmert, sein Schädel zerschmettert; es ist zu spät, neu zu laden, und die Flucht vergebens! Einzelne Neger, tollkühn aus Furcht, haben sich unter solchen Umständen in ein Ringen mit dem Gorilla eingelassen und sich mit ihrem ungeladenen Gewehre verteidigen wollen, aber nur Zeit zu einem einzigen, erfolglosen Streiche gehabt: im nächsten Augenblicke erschien der lange Arm mit verhängnisvoller Kraft und zerbrach Gewehr und Negerschädel mit einem Schlage. Ich kann mir kein Geschöpf denken, welches so unabwendbare Angriffe auf den Menschen auszuführen versteht wie der Gorilla, und zwar aus dem Grunde, weil er sich Gesicht gegen Gesicht dem Manne gegenüberstellt und seine Arme als Waffen zum Angriffe gebraucht, gerade wie ein Preisfechter tun würde, nur daß jener längere Arme und weitaus größere Kraft hat, als sich der gewaltigste Faustkämpfer der Erde träumen läßt.