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Das Geheimnis der Bienen

von Linda Chapman

KOSMOS

Umschlaggestaltung: Walter Typografie & Grafik, Würzburg

unter Verwendung einer Illustration von Josephine Llobet, Quickborn

Textillustrationen: © Biz Hull

Sternenschweif – Das Geheimnis der Bienen, erzählt von Uli Leistenschneider

Based on characters by Working Partners Ltd.

© Working Partners Ltd., 2020

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© 2020, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-50181-8

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

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„Wer zuerst an der alten Eiche ist, darf bestimmen, wo wir heute entlangreiten!“, rief Jessica. „Auf die Plätze, fertig, los!“

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Laura Foster übte mit den Innenschenkeln Druck aus und ihr kleines graues Pony Sternenschweif fiel sofort in den Galopp. Gemeinsam jagten sie neben Mels Apfelschimmel Silver und Jessicas Palominostute Sandy den Waldweg entlang. Ein paar hundert Meter stand die alte Eiche entfernt. Die drei Freundinnen und ihre Ponys waren ungefähr gleich schnell. Das würde wieder ein spannendes Rennen werden. Wenn wir fliegen könnten, würden wir locker gewinnen, dachte Laura und schmunzelte innerlich. Das war gar nicht so abwegig, denn Sternenschweif konnte tatsächlich fliegen. Mel und Jess wussten nur nichts davon, dass Laura ihr Pony mit einem Zauberspruch in ein wunderschönes schneeweißes Einhorn verwandeln konnte. Das war ein großes Geheimnis. Nur andere Einhornfreunde waren eingeweiht, nicht einmal Lauras Familie durfte davon wissen. Deshalb verwandelte Laura Sternenschweif auch meist nur in der Nacht.

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„Gewonnen!“, jubelte Mel, die um Haaresbreite vor den beiden anderen ins Ziel galoppierte und als Erste einen tief hängenden Ast berührte.

„Das war knapp“, meinte Laura. Sternenschweif prustete und sie klopfte ihm den heißen Hals. „Du hast dich wacker geschlagen“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

„Und wo möchtest du entlangreiten?“, fragte Jessica und sah Melanie gespannt an.

Mel überlegte einen Moment. „Am Bach sind wir zurzeit fast jeden Tag“, sagte sie und es klang nicht so, als wollte sie schon wieder dorthin. Momentan war es die beste Stelle im Wald, denn es war sehr heiß in diesen Sommerferien. Deswegen waren die drei Freundinnen auch schon in den kühlen Morgenstunden zu ihrem Ausritt aufgebrochen. Lange schlafen konnte man in den warmen Nächten ohnehin nicht, aber das kümmerte keine von ihnen. Plötzlich leuchteten Mels Augen auf. „Lasst euch überraschen“, meinte sie geheimnisvoll und ritt mit Silver voran. Die anderen folgten ihr neugierig. Mel bog in einen schmalen Weg ein, den sie sonst nicht benutzten. Er war etwas zugewachsen, doch für die Ponys kein Problem. Plötzlich stoppte Mel. „Tada!“ Sie deutete auf einen kleinen Garten.

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„Wow!“, rief Laura staunend.

Der Garten war verwildert, aber gerade das machte ihn wunderschön. Ein kleines Holzhäuschen stand darin, mit einem hübschen Tisch davor. Hoher roter Mohn blühte um das Haus herum und es gab noch viele andere bunte Blumen, die überall verstreut wuchsen. In den Bäumen hingen bunte Lampions, die abends sicher ein zauberhaftes Licht verbreiteten.

„Das sieht wirklich traumhaft aus“, sagte Jess bewundernd.

„Den Garten habe ich neulich mit meinen Eltern entdeckt“, erzählte Mel. „Er gehört Mr Tender, einem Imker.“

Nun sahen Jessica und Laura, dass sich auch ein paar Bienenstöcke im hinteren Teil des Gartens befanden. Es summte und brummte und plötzlich verirrten sich zwei Bienen aus dem Garten zu ihnen. Sie schwirrten um Sandy herum, die ein wenig unruhig wurde.

„Sandy hat Angst“, meinte Jessica und versuchte, ihr Pony zu beruhigen. „Sollen wir weiterreiten? Nicht, dass noch eine von uns gestochen wird.“

„Wenn ihr Ruhe bewahrt, wird das nicht passieren“, sagte da eine freundliche Stimme hinter ihnen. Mr Tender, der Imker, war aus seinem Garten getreten. Die Mädchen erkannten ihn sofort an seinem weißen Schutzanzug. „Hallo, warst du nicht neulich mit deinen Eltern bei mir?“, erkundigte er sich bei Mel.

„Ja, genau“, erwiderte Mel. „Ihr Garten hat mir so gut gefallen, dass ich ihn unbedingt meinen Freundinnen zeigen wollte.“

„Das ist schön“, antwortete Mr Tender erfreut. „Wenn ihr wollt, kommt herein. Ich zeige euch die Bienen. Ihr bekommt Schutzanzüge von mir, dann kann nichts passieren.“

„Oh ja, gerne!“, rief Laura begeistert.

Jessica zögerte und blickte ihre beiden Freundinnen zweifelnd an, aber schließlich siegte ihre Neugier.

Die Mädchen banden ihre Ponys in sicherer Entfernung im Schatten der Bäume fest und betraten den Garten. Als Erstes erhielten sie ihre Schutzanzüge, in die sie schnell hineinschlüpften. Am lustigsten fand Laura den breiten weißen Hut. An seiner Krempe hatte er rundum ein schwarzes Netz, das ihr Gesicht ganz verhüllte.

„Wir sehen ein bisschen aus wie Astronauten“, stellte Mel grinsend fest.

„Oder wie Imker“, erwiderte Jessica lachend.

Mr Tender führte sie zu den Bienenstöcken. „Ich imkere jetzt seit sieben Jahren“, erzählte er. „Damals habe ich gehört, dass Bienen vom Aussterben bedroht sind. Deshalb habe ich angefangen, sie zu züchten.“

An den Stöcken herrschte ein reges Bienentreiben. Wenn Laura das so sah, konnte sie sich kaum vorstellen, dass die Tiere vom Aussterben bedroht waren. Doch sie hatte selbst schon davon gehört.

Mr Tender öffnete einen seiner Bienenstöcke und zog eine Wabe aus dem Inneren hervor. „In einem Bienenstock leben zigtausend Bienen“, erklärte er. „Die wichtigste Biene ist die Königin, sie hält das Volk zusammen und sorgt für Nachkommen. Dann gibt es mehrere hundert Drohnen, das sind die männlichen Bienen. Der Rest sind Arbeiterinnen, die umherfliegen und von den Blumen den Nektar und die Pollen sammeln. Aus dem Nektar wird dann der Honig hergestellt.“

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Interessiert hörten Laura und ihre Freundinnen zu, während Mr Tender ihnen die Honigwaben zeigte. Manche waren von den Bienen verschlossen worden.

„Daran erkennt man, dass der Honig reif ist“, sagte Mr Tender. „Ich öffne dann die Waben und schleudere den Honig mithilfe einer Maschine heraus. Danach muss er noch ruhen und schließlich fülle ich ihn in Gläser. Wartet!“

Mr Tender verschloss den Bienenstock wieder und ging zu seinem Gartenhäuschen. Dort holte er drei kleine Gläser mit Honig und reichte je eines Laura, Melanie und Jess. „Hier, die schenke ich euch! Lasst es euch schmecken!“

„Wie toll! Vielen Dank!“ Die drei Mädchen freuten sich.

Mr Tender zeigte ihnen noch seinen restlichen Garten und erklärte ihnen Wildkräuter und Blumen.

„Das war ein toller Vormittag“, meinte Jess, als sie sich später vom Imker verabschiedeten. „Ich bin froh, dass ich meine Angst überwunden habe und mit zu den Bienen gekommen bin.“

„Besucht mich ruhig mal wieder“, sagte Mr Tender.

„Ganz bestimmt!“, versprach Laura.