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Peter Gerdes

Fürchte die Dunkelheit

Kriminalroman

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Zum Autor

Peter Gerdes, 1955 geboren, lebt in Leer (Ostfriesland). Er studierte Germanistik und Anglistik, arbeitete als Journalist und Lehrer. Seit 1995 schreibt er Krimis und betätigt sich als Herausgeber. Seit 1999 leitet Peter Gerdes die »Ostfriesischen Krimitage«. Mit seiner Frau Heike betreibt der Autor die Krimi-Buchhandlung »Tatort Taraxacum« in Leer.

Impressum

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2020

(Originalausgabe erschienen 2004 im Leda-Verlag)

Herstellung: Mirjam Hecht

Umschlaggestaltung: Katrin Lahmer

unter Verwendung eines Fotos von: © StockSnap/pixabay.com

ISBN 978-3-8392-6482-9

Widmung

Für meine Töchter

1.

Sie waren zu dritt, wie immer, wenn es ernst wurde. Nane wappnete sich. Sie wusste, was jetzt kam, und ihr wurde schlecht vor Angst. Genau deswegen taten sie es ja. Das hatte Nane inzwischen erkannt. Aber die Angst kam trotzdem.

»Vater ist böse auf dich«, sagte Roland. Roland der Riese. Obszön dicke Muskeln wölbten sich unter seinem blütenweißen T-Shirt. Sein breites, glattes Gesicht mit der Babynase blieb unbewegt. Er war nicht wirklich bösartig, war alles andere als gemein, aber er würde genau das tun, was Vater verlangte. Immer. Das machte ihn ziemlich gefährlich.

Sanna sagte nichts. Sie lächelte nur, die Lippen dünn wie Bleistiftstriche. Der Ausdruck ihrer dunklen Augen ließ Nane schaudern wie in kalter Kellerluft. Sanna war schlimm. Nane hatte sie schon Dinge tun sehen, die schlimmer waren als …

»Nein«, sagte Nane. Mit großer Anstrengung richtete sie sich auf, bog die Schultern zurück, zwang sich heraus aus der Igelrolle, in die ihre Angst sie schon wieder gebogen hatte. »Nein. Ich will nicht.«

»Darum wirst du auch niemals Prinzessin sein.« Diese piepsig helle Stimme, dieser selbstgefällige, leiernde Tonfall! Puppe war ein Aas. Ein Schleimer, Ranschmeißer, Schöntuer. Roland mochte ihr wehtun, Sanna sie demütigen. Puppe aber war eine Intrigantin, die sie bei Vater anschwärzte, um sich selbst ins beste Licht zu rücken. Dafür hasste Nane sie. Mehr als alles andere.

Wirklich mehr? Nein, nur fast. Da waren noch andere Dinge, an die selbst Puppe nicht heranreichte. Dinge, vor denen Nane sich sicher glaubte, von denen sie jedoch wusste. Dinge, die andererseits aber auch mit Puppe zu tun hatten. Dinge, die schnell an Kontur verloren und wie im Nebel verschwammen, wenn Nane intensiv daran zu denken begann. Nur Puppe blieb.

»Du weißt, was Vater dir gesagt hat.« Das war wieder Roland. Er sprach ernsthaft, artikulierte sorgfältig, seinen Blick halb über Nane hinweg, halb nach innen gerichtet. Er gab sich Mühe. Ja, so war Roland. Gewissenhaft, zuverlässig. Vaters Großer. Ihn konnte nichts aufhalten. »Du weißt es doch noch?« Jetzt schaute er sie direkt an. Besorgt sah er aus, hoffte sichtlich auf ein Ja. Bei einem Nein würde er ihr wehtun müssen, das war klar. Offenbar machte ihm das keinen Spaß.

Ganz im Gegensatz zu Sanna.

»Ja«, sagte Nane. »Ich weiß es noch. Und ich werde mich auch danach richten. Kein Verstoß gegen Vaters Befehle.«

Noch während sie sprach, erkannte sie, dass sie selbst nicht daran glaubte, und war entsetzt.

»Lüger, Lüger, Lüger«, leierte Puppe. Vor ihr konnte man nichts verbergen, sie registrierte alles wie ein Seismograph. Und lieferte jeden ans Messer. Sannas Grinsen wurde breiter. Sie streckte ihren rechten Zeigefinger aus, dessen langer, metallicschwarz lackierter Nagel wie ein Stilett blitzte, und machte die Geste des Halsabschneidens.

Nane erstarrte. Jetzt kam alles auf Roland an. Roland der Riese war kein Sadist, kannte keinen Hass und keine Lust an Gewalt, nur unbedingtes Pflichtgefühl. Was zuweilen schlimm genug war. Hören würde er immer nur auf Vater. Aber wem würde er jetzt glauben?

»Vater sagt, du darfst nicht vergessen«, sagte Roland, und die Kälte breitete sich in Nane aus. »Niemals vergessen. Fürchte die Dunkelheit. Ich soll dich erinnern.« Braune Augen blickten gutmütig unter dichten dunklen Brauen hervor: »Tut mir leid, Nane.« Roland trat vor.

Sannas Lachen klang wie brechendes morsches Holz, Puppes Gekicher wie das Prasseln einer Handvoll Erbsen auf dem Küchenboden. Roland lachte nicht. Die Wichtigkeit seiner Aufgabe nahm ihn völlig in Anspruch, und der Eifer trieb ihm seine Zungenspitze zwischen die Lippen.

Nane konzentrierte sich ganz auf das Messer.

2.

Knapp zehn Minuten zu Fuß waren es von seiner Wohnung in der Altstadt bis zum Polizeigebäude in der Georgstraße, aber das reichte völlig aus, um ihm Schweißränder unter die Achseln zu zeichnen. Und das um halb acht Uhr früh. Stahnke war froh, als er seinen massigen Körper endlich zwischen den Glastüren hindurch ins Treppenhaus schieben konnte, auch wenn die Luft hier abgestanden war, geschwängert mit den Gerüchen alten Gummis, frischer Putzmittel und überlagerter Akten. Immerhin war es hier kühl, und das zählte.

Mit gemischten Gefühlen erklomm der Hauptkommissar die Treppe zum zweiten Stock des lang gestreckten Backsteinbaus. Sein Büro lag an der Rückseite des Gebäudes, so dass ihm die schöne Aussicht auf den Leeraner Hafen verwehrt blieb, nicht aber die volle Mittagssonne. Die Südlage hatte zur Folge, dass er in diesem glutheißen Sommer an seinem Schreibtisch schwitzte wie ein Schweinebraten und seine feuchten Hände den Telefonhörer kaum halten konnten. An eine Klimaanlage war natürlich nicht zu denken, nicht bei dieser allgemeinen Finanzlage; sein entsprechender Antrag hatte nichts als Heiterkeit zur Folge gehabt. Nicht einmal vernünftige Jalousien waren drin. So erinnerte sein Arbeitsplatz mit jedem Tag mehr an einen defekten Backofen, in dem nichts aufging und garte, schon gar kein guter Gedanke, sondern alles nur verkrustete und verkohlte. Alles in allem ein massiver Standortnachteil.

Einerseits.

Andererseits lag sein Zimmer seit kurzem Wand an Wand mit dem von KK Rosenbohm. Seit neun Tagen, um genau zu sein. Und das ließ er durchaus als Vorteil gelten.

Die Luft in seinem Büro roch noch schlimmer als die im Flur, abgestanden und staubgesättigt, obwohl er gestern Abend noch gelüftet hatte; die Wärme des vergangenen Tages hatte sich nicht vollständig vertreiben lassen, hockte hartnäckig in den Ecken und schien entschlossen, für nachrückende Hitzeeinheiten einen Brückenkopf zu bilden. Jeden Nachmittag wurde es auf diese Art ein Grad heißer im Zimmer als tags zuvor – gefühlt sogar zwei.

Stahnke riss die Fenster auf und fragte sich, wie lange er das noch ertragen konnte. Solche Sommer hatte man eigentlich nicht in Ostfriesland. Zwei, drei heiße Tage waren in Ordnung, aber dann war’s damit auch gut, Zeit für den üblichen Landregen. Nicht so dieses Jahr. Irgendetwas war da aus den Fugen. Die Ozonschicht? Das globale Klima? Auf jeden Fall Stahnkes Weltbild.

Kaffeeduft und ein leises Räuspern von jenseits der Verbindungstür signalisierten, dass Kramer bereits an seinem Schreibtisch saß. Offenbar war es nicht möglich, so früh zur Arbeit zu erscheinen, dass Kramer nicht schon an Ort und Stelle gewesen wäre. Früher hatte Stahnke seinen Assistenten für einen notorischen Streber gehalten. Kramer aber war kein Karrierist, sein Fleiß hatte andere Gründe. Welche? Gute Frage. Vermutlich konnte er einfach nicht anders.

»Moin«, rief Stahnke in Richtung Verbindungstür.

»Morgen, Chef«, klang es gedämpft zurück.

»Was gibt’s Neues?«

Kramer trat ins Zimmer, eine mittelgroße, schmale Gestalt um die vierzig mit hagerem Gesicht und stoischer Miene. In seinem hellblauen, kurzärmeligen Hemd sah er ungewohnt leger aus. Messerscharfe Bügelfalten kämpften energisch gegen diesen Eindruck an. »Eine junge Frau wurde niedergestochen«, sagte er. »So gegen zwei Uhr letzte Nacht, auf dem Parkplatz vor dem Zollhaus. Sie war bewusstlos, als sie aufgefunden wurde.« Kramer blickte von seinen Notizen hoch und hob die Augenbrauen: »Es gab einen telefonischen Hinweis. Anonym.«

»Mann oder Frau?«, fragte Stahnke.

»Frau, der Stimme nach eine sehr junge, meint der Kollege von der Nachtschicht. Anruf vermutlich über Handy, die Nummer war aber unterdrückt.« Kramer blätterte weiter: »Beim Opfer mäßiger Blutverlust, Verdacht auf innere Verletzungen. Keinerlei Hinweise auf sexuellen Missbrauch. Eingewiesen ins Borromäus-Hospital.« Er klappte seinen Notizblock zu und verschränkte die Arme. »Das war’s.«

Stahnke fuhr sich mit beiden Händen durch die stoppelkurzen weißblonden Haare. Das hörte sich nach unklarer Kompetenzlage an. Körperverletzung oder Mordversuch? Körperverletzung war Sache des 2. Fachkommissariats, ebenso wie Eigentumsdelikte, Sachbeschädigung und vieles andere. Für Sexualdelikte und Mord waren er und seine Kollegen vom 1. FK zuständig, aber beides lag hier eindeutig nicht vor. Versuchter Mord, nun ja, vielleicht. Stahnke entschloss sich, Kramers Entscheidung, in dieser Angelegenheit zu ermitteln, fürs Erste zu akzeptieren.

»Vernommen wurde sie noch nicht?«

Kramer schüttelte den Kopf: »War nicht möglich. Im Krankenhaus sei sie zwar vorübergehend zur Besinnung gekommen, habe aber einen verwirrten Eindruck gemacht, heißt es.«

»Und sonst? Spuren?«

»Die Tatortuntersuchung hat bisher nichts ergeben«, sagte Kramer. »Aber wir haben die Tatwaffe. Ein Klappmesser. Ist im Labor.«

»Na, das ist doch was.« Stahnke rieb sich das rundliche Kinn. Der Tatort ließ alle möglichen Spekulationen zu. Das alte Leeraner Zollhaus wurde größtenteils als Veranstaltungszentrum genutzt, getragen von einem Verein mit hohem kulturellen Anspruch, der aus finanziellen Erwägungen aber überwiegend Abtanzfeten und -konzerte veranstaltete. Das Gebäude lag unmittelbar am Bahnhof, sein Parkplatz grenzte an den der Hauptpost, und an der vorbei ging es direkt in die Fußgängerzone. Punker, Nachtschwärmer, Bahnhofspenner, Neonazis – hier war in warmen Nächten alles und jeder unterwegs. Wenn es keine Beziehung zwischen Opfer und Täter gab oder wenigstens eine exakte Beschreibung, konnte es schwierig werden. Da war eine Tatwaffe, möglichst mit Fingerabdrücken, schon sehr hilfreich.

»Ist das Opfer denn beraubt worden?«

»Ihre Handtasche hatte sie noch«, sagte Kramer. »Papiere, Geldbörse, Scheckkarte, alles noch drin. Vermutlich also nicht beraubt. Genau wissen wir das aber erst, wenn wir sie befragen können.«

»Klar.« Natürlich war sie nicht beraubt worden. Aber Kramer gab sich selbstverständlich niemals mit neunundneunzig Prozent Wahrscheinlichkeit zufrieden. »Wie heißt sie denn?«

»Haak. Marion Haak.«

Nebenan klappte eine Tür; ein Fenster wurde aufgerissen. KK Rosenbohm war zum Dienst erschienen. Stahnke blickte auf seine Armbanduhr: kurz vor acht. Akzeptabel, wenn auch nicht gerade übermäßig beflissen.

»Und wann etwa wird sie vernehmungsfähig sein?«

Nebenan wurde gesungen. Einen Augenblick lang lauschten die beiden Männer schweigend. »Get the Party started« drang durch die offenen Fenster herüber, so laut und deutlich, als würde der Song im selben Raum geschmettert. Stahnke, dem es noch nie in den Sinn gekommen war, den Dienstbeginn bei der Leeraner Kripo mit dem Anfang einer Party zu vergleichen, kannte den dazugehörigen Clip aus dem Fernsehen. Die Sängerin hieß Pink: wild, stark, verletzlich. Und ziemlich sexy. Schnell wandte er sich und seine Gedanken wieder Kramer zu: »Nun?«

»Vielleicht kann sie schon heute Vormittag vernommen werden«, mutmaßte Kramer. »Eventuell könnte das ja …«

Die Tür zum Korridor flog auf. »Morgen allerseits!« Kriminalkommissarin Rosenbohm betrat das Büro nicht, sie stürmte es. Inzwischen genoss Stahnke diese Auftritte, die ihn anfangs erschreckt hatten. Frauen wie Maike Rosenbohm fand er überhaupt beängstigend. Na ja, mit den Jahren war er etwas stabiler geworden, nicht nur äußerlich, inzwischen verschüttete er nicht mehr seinen Kaffee vor Nervosität, sobald der Sicherheitsabstand zwischen ihm und einer starken Frau unterschritten war. Früher aber – ach, das war eben früher.

War das nun ein Top oder ein T-Shirt, was die neue Kollegin da trug? Richtig bauchfrei war das Ding nicht, aber bei jeder Bewegung blitzte braune, straffe Haut. Kein Wunder bei diesen tief auf Hüfte geschnallten Jeans. Nicht ganz so tief wie bei Pink, sicher, deren Beinkleider zumeist nur bis knapp über den Schamhügel reichten, aber doch ziemlich tief. Gewagt. Oberrat Manninga hatte bei der Begrüßung der neuen Kollegin die Stirn gerunzelt, mehrmals sogar, Maike Rosenbohm aber hatte das Unübersehbare strahlend übersehen. Dreist, dachte Stahnke. Wild. Und ganz schön …

»Schon fleißig?« Maike Rosenbohm stemmte die Arme in die Hüften. »Was gibt’s denn?« Sie war auf den Zentimeter genau so groß wie Kramer, einssechsundsiebzig, wirkte mit ihren steil gegelten braunen Haaren aber größer. Stahnke fühlte sich an eine Sportlerin erinnert, ohne sagen zu können, an welche. Was für eine Disziplin mochte ihr liegen? Für eine Turnerin war sie viel zu groß, Fußball schied ebenso aus, das passte einfach nicht zu ihr. Ebenso wenig Sprint oder Langlauf, dafür war ihr Körper weder muskulös noch leptosom genug. Eine Speerwerferin vielleicht? Eher noch eine Volleyballerin. Oder eine Handballspielerin auf der Rückraumposition: Überblick, Führungsstärke, Wurfkraft. Ja, das konnte hinkommen.

Der Blick ihrer graublauen Augen war offensiv, unverfroren, fast aggressiv. Auf unsichere Gemüter mochte er einschüchternd wirken. Bei Befragungen konnte das hinderlich sein. Stahnke nahm sich vor, ihr das bei Gelegenheit einmal zu sagen.

»Arbeit für Sie«, sagte er stattdessen. »Rufen Sie mal im Krankenhaus an, ob unser Opfer schon vernehmungsfähig ist. Kramer hat die Daten. Falls ja, sagen Sie Bescheid.« Einer spontanen Idee folgend, fügte er noch hinzu: »Dann gehen wir beide mal rüber.«

Eigentlich könnte sie das auch alleine übernehmen, überlegte Stahnke, als seine beiden Mitarbeiter das Büro verließen. Wäre vielleicht sogar sinnvoller, so von Frau zu Frau. Außerdem hatten sie momentan weiß Gott genug zu tun. Der tote Alki von letzter Woche war noch immer nicht identifiziert. Niedergeschlagen mit einem schweren, glatten Gegenstand, vermutlich einer Metallstange, und dann zum Sterben liegen gelassen, mitten in einer Leeraner Wohnstraße; mit großer Wahrscheinlichkeit Totschlag unter Saufkumpanen, bisher aber gab es noch keinen einzigen Hinweis. Auch in dieser Moormerländer Sache von gestern bestand noch Ermittlungsbedarf. Vorsätzlicher Mord oder Totschlag im Affekt – der erschossenen Ehefrau war das vermutlich egal.

Und warum stahl er sich jetzt auch noch selber Zeit durch einen vermutlich überflüssigen Gesprächstermin? Aus Neugier wahrscheinlich. Stahnke nickte bedächtig ein paar Aktendeckeln zu. Ja, das klang plausibel. Neugierig war er tatsächlich. Eine Schwäche von ihm. Und zugleich eine seiner Stärken. Auf jeden Fall sehr nützlich im Beruf.

Aber wenn er ehrlich war …

Die Bürotür öffnete sich erneut, wieder ohne dass angeklopft worden wäre, und Stahnke war nicht überrascht, seinen direkten Vorgesetzten zu erblicken. Kriminaloberrat Fritz Manninga suchte gern den Kontakt zu seinen Leuten, tauchte häufig in deren Amtsstuben auf, meistens ohne konkreten Grund oder offenkundige Kontrollabsichten. Nur so früh am Morgen begegnete man ihm eher selten.

»Na, mein Bester, interne Frühbesprechung schon beendet?« Manninga streckte seine nikotingelbe Hand über Stahnkes Schreibtisch, und der Hauptkommissar erhob sich, um für das kleine Ritual gerüstet zu sein. Manninga war fast dreiundsechzig, gab sich großväterlich und kokettierte gern mit seiner bevorstehenden Pensionierung, verfügte aber nach wie vor über Bärenkräfte. Und er hatte einen kindlichen Spaß daran, diese Kräfte zu messen.

Der Moment des Zufassens war entscheidend, das wusste Stahnke aus böser Erfahrung. Gelang es einem der beiden, seinen Griff so anzusetzen, dass er Druck auf die Fingergelenke und die Knöchel des anderen ausüben konnte, dann war das Duell schnell beendet. Auch ein Ehering konnte verhängnisvoll sein, vor allem ein etwas zu großer, der sich unter Druck verkantete und seinem Träger unerträgliche Schmerzen verursachte. Zum Glück trug er seit Jahren keinen mehr. Zum Glück? Ja, doch, inzwischen konnte er das so sehen, lange genug hatte es gedauert, die Trennung von Katharina zu überwinden. Auch Manninga trug keinen Ring. Witwer war er, seit vielen Jahren schon. Also irgendwie gleiche Voraussetzungen.

Zwei Pranken schnellten vor wie Klapperschlangenköpfe, zwei Daumen rasteten ein, zwei Satz Finger umschlossen einander, zwei Kiefer verkrampften sich, zwei Muskelpakete traten in Aktion. Aber nur einen Augenblick lang, dann war das Duell gelaufen. Dies war ein typischer Remis-Griff, der keinem der beiden einen Vorteil verschaffte, das spürten die Kontrahenten sofort. Muskel traf auf Muskel, Druck auf festes Fleisch. Patt. Grinsend ließen sie los.

Manninga pflanzte seinen breit gebauten Körper auf den wackeligen Besucherstuhl und bedeutete auch seinem Hauptkommissar, Platz zu nehmen. »Na, viel zu tun im Moment?«

Stahnke horchte auf. Natürlich wusste Manninga genau, welche Fälle sein 1. Fachkommissariat derzeit bearbeitete. Solch eine Frage konnte nur bedeuten, dass neue Arbeit auf ihn und seine Leute zukam.

Auch Kramer musste das mitbekommen haben, denn seine schmale Gestalt tauchte plötzlich im Durchgang auf. Der Oberkommissar schien über ein körpereigenes Sonar für solche Dinge zu verfügen, wie ein Delfin. Oder vielmehr über ein angeborenes Radar, wie eine Fledermaus, das kam besser hin, rein figürlich. Jedenfalls stand er mit verschränkten Armen im Durchgang und schwieg auffordernd, wie nur er schweigen konnte.

»Geht so«, sagte Stahnke. »Könnte schlimmer sein.«

»In der Tat«, erwiderte Manninga und nickte bedächtig. »Schlimmer geht’s immer, nicht wahr, das muss uns alten Haudegen keiner mehr erzählen, was? Womit ich Sie natürlich nicht älter machen will, als Sie sind, Stahnke. Fünfzig sind Sie jetzt, nicht wahr? Oder wie war das?«

»So etwa«, sagte Stahnke. Etwa fünfzig, das reichte, genauer musste das keiner wissen. Er selbst schon gar nicht. Also besser zurück zum Thema. »Tja, wie schlimm kommt es denn nun?«

Manninga strich sich ein paar Strähnen seines dichten, etwas filzigen grauen Haarschopfs aus der Stirn. »Der Fall Frerichs«, sagte er in bekümmertem Tonfall. »Draußen in Moormerland. Die erschossene Frau. Wie weit sind Sie damit?«

Stahnke zuckte die Achseln. »Die Täterschaft ist eindeutig, auch wenn der Mann bisher schweigt. Die Waffe haben wir auch. Heimtückischer Mord oder Totschlag im Affekt, das ist noch die Frage. Motiv – vermutlich Eheprobleme. Sicher, da ist noch einiges zu klären, aber das läuft uns ja nicht weg.« Während seines kurzen Vortrags wurde es Stahnke zunehmend unbehaglicher zu Mute. Sein eigenes Denken und Handeln kam ihm jetzt unglaublich schematisch vor. Ungewohnt. Und unverantwortlich.

Aber durfte ein Fall denn nicht auch einmal klar liegen? Schließlich war in jedem zweiten Fall von Mord oder Totschlag an einer Frau das Opfer mit dem Täter verwandt, verheiratet oder eng befreundet. Die Statistik war da eindeutig. Gewalt innerhalb einer Beziehung war längst ein Straftatbestand wie jeder andere. Allerdings ein überproportional häufiger.

»Wir dürfen diese Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen«, sagte Manninga. »Die Leute reden.«

Ach ja, die Leute. Manninga gab viel auf Volkes Stimme, und er war sehr besorgt um den Ruf seiner Inspektion und damit seinen eigenen. Mit schlechter Presse konnte er leben, wenn nur die Leute nicht murrten.

»Die Leute reden doch immer«, sagte Stahnke, aber es klang nicht überzeugend, nicht einmal für ihn selbst. Also fragte er: »Was reden sie denn diesmal?«

»Über Esdert Frerichs reden sie«, sagte Manninga. »Jetzt, wo er sitzt. Klar. Vorher gab’s kein böses Wort über ihn. Auf seine Nachbarn lässt man ja nichts kommen. Aber plötzlich …«

Jetzt endlich fiel bei Stahnke der Groschen. Natürlich, Manninga wohnte ja in Veenhusen, und das lag in der Gemeinde Moormerland, ein paar Kilometer nördlich von Leer. Kein Wunder, dass er die Leute reden hörte, wenn es um den Fall Frerichs ging. Nachbarschaftsklatsch, das war es also. Beruhigt lehnte er sich zurück. »Ist er also früher schon gewalttätig gegen seine Frau geworden?«, fragte er. »Hat sie geschlagen und bedroht?«

»Kein Stück«, sagte Manninga. »Die Ehe wird als sehr harmonisch geschildert, auch jetzt noch. Aber sonst, also quasi nach außen hin, soll er sich gelegentlich brutal verhalten haben. Auch gegenüber Frauen. Frauen und Mädchen. Angezeigt hat ihn aber nie eine. Klar.«

»Klar.« Stahnke nickte. Er kannte sie gut, diese dörfliche Verschwiegenheit, die keiner brechen durfte, der nicht ausgestoßen werden wollte wie ein Leprakranker. Und natürlich die Kumpanei der Kerle, die sich in aller Regel auch auf die dazugehörigen Ehefrauen erstreckte. Da wurde von Fahrerflucht bis Vergewaltigung alles gedeckt, was diese doppelkorngesättigten Hirne für Kavaliersdelikte hielten. Nur wenn einer zu weit ging, wenn er ein Tabu verletzte, wenn er zum Beispiel seine Gattin nicht nur grün und blau schlug oder sie auf dem Ehebett gewaltsam an ihre Pflichten erinnerte, sondern ihr mit einer Ladung Grobschrot den Hinterkopf wegsprengte, dann hatte er die Solidarität verwirkt, dann ließ man ihn fallen wie eine heiße Kartoffel. So wie jetzt Esdert Frerichs, offenbar.

»Und er soll noch weitere Waffen besessen haben«, fuhr Manninga fort.

Stahnke runzelte die Stirn. »Laut Waffenbesitzkarte hatte er zwei Jagdgewehre«, sagte er. »Die Tatwaffe, eine Schrotflinte, und einen Zwilling. Beide haben wir sichergestellt. Von weiteren Waffen steht nichts im Bericht.« Kramer war vor Ort gewesen, und Stahnke hatte keine Veranlassung, an dessen Akribie zu zweifeln.

»Frerichs ist nicht nur Jäger, sondern auch Mitglied im Schützenverein«, warf Kramer ein. »Vielleicht bewahrt er seine Sportwaffen im Schützenhaus auf.« Stahnke zuckte bei diesen Worten zusammen; wieder einmal war es seinem Kollegen gelungen, seine Anwesenheit aus dem Bewusstsein seiner Vorgesetzten zu tilgen. Diesen Mann konnte man sehen, ohne ihn wahrzunehmen. Der Teufel mochte wissen, wie er das machte.

Manninga schüttelte den Kopf. »Auch solche Waffen müss­ten auf Frerichs’ Waffenbesitzkarte vermerkt sein. Außerdem geht es hier nicht um Sportpistolen oder Kleinkaliberwaffen. Die Rede ist von Schnellfeuergewehren. Armeewaffen. Kriegsgerät.«

Stahnke pfiff leise durch die Zähne. »Ach. Und wozu? Ich meine, was hat er damit gemacht? Oder machen wollen?«

»Keine Ahnung«, sagte Manninga. »Mehr wusste mein Informant nicht. Oder vielleicht wollte er auch nicht mehr sagen, wer weiß. Eben nur, dass Frerichs notorisch gewalttätig ist und dass er über gefährliche Waffen verfügt.«

»Wenn er auch noch Moslem ist und einen Bart trägt, dann ist er jetzt reif für ein Flächenbombardement«, sagte Stahnke. »Anruf bei George W. Bush genügt, und wir sind den Fall los.«

Manninga zeigte nur ein freudloses Grinsen. »Einen Anlass für Witze kann ich hier nicht erkennen«, sagte er. »Nicht einmal für schlechte.«

Abermals flog die Tür zum Flur ohne vorwarnendes Anklopfen auf. »Moin, Herr Manninga.« Wie immer zog Maike Rosenbohm alle Blicke auf sich, ihr Strahlen aber verfehlte diesmal seine gewöhnlich ansteckende Wirkung. Sie wandte sich Stahnke zu: »Frau Haak ist wieder wach, macht aber immer noch einen ziemlich verstörten Eindruck, sagt das Krankenhaus. Sollen wir trotzdem?«

»Sollen wir was?« Stahnke tat sich schwer mit dem Umschalten. »Ach ja, die junge Frau.«

»Genau, Marion Haak, siebenundzwanzig Jahre alt, zahntechnische Laborantin, wohnt hier in Leer. Ordnungsgemäß gemeldet, sauberes Führungszeugnis.« KK Rosenbohm hatte ihre Hausaufgaben gemacht, sehr ordentlich, wie nicht anders zu erwarten.

»Nein«, entschied Stahnke. »Das machen wir später, lassen wir Frau Haak noch etwas ausruhen. Kramer, wir beide fahren raus nach Veenhusen, und Sie, Frau Rosenbohm, kümmern sich inzwischen um den toten Alki. Der Name muss doch rauszukriegen sein.«

»Ist gut«, sagte die Kommissarin. Kramer nickte nur. Manninga und Stahnke erhoben sich.

3.

Wie ist es nur möglich, überlegte Stahnke, während er den Plattenweg abschritt, der rund um das Haus der Familie Frerichs führte. Da wohnt einer auf dem Land, nicht einmal im Dorf, sondern auch noch ganz am Rand, mitten in der Einöde, und was ist? Mehr Lärm als in der Großstadt. Während der wenigen Minuten seines Aufenthalts waren schon drei Sandlaster mit Hänger die Betonstraße entlanggerumpelt, die dicht an Frerichs’ Haus vorbei zu den Kiesgruben führte, zwei Züge waren auf der Strecke jenseits der benachbarten Felder unüberhörbar vorbeigerauscht, der eine Richtung Emden, der andere nach Leer, und jetzt dröhnte auch noch ein Propellerflugzeug über ihn hinweg, offenbar im Anflug auf den Flugplatz Nüttermoor. Vom beständigen, gleichförmigen Donnern des Verkehrs auf der Bundesstraße, hin und wieder zersägt vom Kreischen eines Zweitaktmotorrads, ganz zu schweigen. Was hier wohl erst im Herbst los war, zur Mäh- und Erntezeit? Schwärme von Fliegen ließen vermuten, dass auf den Feldern, an die das Grundstück grenzte, mit Gülle nicht gespart wurde. Oh nein, dachte Stahnke, dann schon lieber die Leeraner Altstadt mit all ihren lauten Festen, knatternden Teenie-Rollern und grölenden Betrunkenen.

Wie wohl das Ehepaar Frerichs, beide Ende vierzig und kinderlos, hier draußen seine Abende verbracht hatte? Gemeinsam saufend vor dem Fernseher? Eher nicht, schließlich wurden beide in mehreren Vereinen als Mitglieder geführt, nicht nur bei den Jägern und Schützen. Das hieß dann wohl öffentliches Trinken in trauter Gemeinschaft.

»Wo hat sie denn gelegen?«, fragte Stahnke, als er die Umrundung des Hauses abgeschlossen hatte und wieder an der großen überdachten Terrasse angekommen war.

»Dort«, sagte Kramer und zeigte auf eine schmale Tür, die offenbar in die Küche führte. »Sie muss von hier gekommen sein, denn an ihren Arbeitsschuhen war Gartenerde, im ganzen Haus aber nicht. Sie war wohl bei der Gartenarbeit und wollte schnell einen Schluck Tee trinken.«

»Worüber ihr Mann so erzürnt war, dass er sie unverzüglich erschoss«, ergänzte Stahnke. »Kramer, Kramer, wohin soll das noch führen mit Ihren vorschnellen Schlüssen.« Aus den Augenwinkeln heraus versuchte er auszumachen, ob seine Ironie Wirkung zeigte.

Der Oberkommissar reagierte nicht.

Wenn er jetzt doch lachen würde, dachte Stahnke. Oder sich verteidigen oder mich wüst beschimpfen, denn wenn hier einer zu vorschnellen Schlüssen neigt, dann ist das ganz gewiss nicht er. Aber nein, er sagt gar nichts, und jetzt stehe ich wieder da mit meiner blöden Bemerkung und meinem schlechten Gewissen. Warum macht er das bloß immer mit mir? Und warum kann ich denn nicht endlich mal die Schnauze halten, wenn mir so etwas in den Sinn kommt? Einen besseren Kollegen als Kramer könnte ich mir nicht wünschen, ein loyaleren auch nicht. Mehr als einmal hätte er mich schon in die Pfanne hauen können. Dann säße er vielleicht schon auf meinem Pos­ten. Also warum zum Teufel muss ich ihn andauernd pieken?

Maike Rosenbohm fiel ihm ein. Die hätte ihm Contra gegeben. So eine lässt sich nichts gefallen. Astreine Polizistin. Tolle Frau. Die würde ihren Weg machen.

Und wohin würde der sie führen? Zügig zum Hauptkommissar? Und auf seinen Posten?

Na, und wenn schon. Bis dahin war er sowieso schon pensioniert.

»Wo hat sie denn gegärtnert, die Frau Frerichs?«, fragte er. Suchend blickte er sich um; der Garten war groß, selbst für ländliche Verhältnisse, und durch mehrere hohe Hecken unterteilt. Vermutlich des Windes wegen, der hier ziemlich heftig übers platte Land wehte. Recht unübersichtliche Gartenanlage, fast schon ein grünes Labyrinth.

»Es gibt mehrere Stellen, an denen kürzlich gegraben wurde. Dort hinten unter den Rosenbüschen, rund um das Stallgebäude und dann noch vorne zwischen Rasen und Entwässerungsgraben.« Ja, das war Kramer: Korrekt, gründlich, unerschüttert. Tröstlich. Und zum Verzweifeln.

Den Stall mit seinen Klinkermauern und dem Satteldach hatte Stahnke erst für ein Nachbarhaus gehalten. Innen waren noch Schweinekoben und Rinderboxen erkennbar, Nutztiere aber wurden hier offensichtlich schon lange nicht mehr gehalten. Alles war sauber gestrichen, und an den Wänden waren Gartengeräte, Holzstapel, Plastikplanen und verschiedene Werkzeuge ordentlich aufgereiht. Frerichs arbeitete seit Jahren im Emder Volkswagenwerk, so wie viele andere Männer auch, die früher in der Landwirtschaft tätig gewesen waren.

Einige der Gartengeräte wiesen noch Spuren anhaftender Erde auf. Der Boden hier schien schwer zu sein, offenbar lehmhaltige Kleierde, obwohl Leer doch auf einem sandigen Geestrücken lag. Entweder verlief hier irgendwo die Grenze zum Marschland, oder aber der Kleiboden war nachträglich aufgebracht worden. Die meisten Erdspuren waren trocken und krümelig, nur die auf einem Spaten und einer Schaufel waren noch klebrig und hinterließen Schmierspuren an den Fingern des Hauptkommissars. Kleiboden trocknete eben selbst bei sommerlicher Hitze nur oberflächlich aus.

»Waren dies die Geräte, mit denen Frau Frerichs gestern gearbeitet hat?«, fragte Stahnke.

»Anzunehmen«, antwortete Kramer. »Draußen liegen jedenfalls keine mehr rum.«

»Also hat die Frau ihre Sachen ordentlich weggestellt. Demnach wollte sie die Gartenarbeit wohl für diesen Tag beenden.«

»Ja, sieht so aus.«

»Aber ihre Schuhe hat sie nicht ausgezogen«, sagte Stahnke. »Und auch nicht saubergemacht, richtig? So wie sie war, mit dicken Erdklumpen an den Sohlen, ist sie ins Haus gelaufen. Können Sie sich das von einer ostfriesischen Hausfrau vorstellen?«

Stumm schüttelte Kramer den Kopf.

Seite an Seite gingen die beiden Männer zurück zur überdachten Terrasse. Neben der Fußmatte, ordentlich ausgerichtet, stand dort ein Paar Slipper, Damenhausschuhe, eindeutig. Erdklümpchen auf der anderen Seite der Matte wiesen den Platz aus, wo die Arbeitsschuhe gewöhnlich abgestreift wurden. Das war gestern unterblieben. Warum?

»Vielleicht hat das Telefon geklingelt«, sagte Kramer.

»Möglich«, sagte Stahnke. »Das ließe sich sogar nachprüfen, die Tatzeit haben wir ja so ungefähr.« Aber wirklich überzeugt kam er sich selber nicht vor.

Behutsam den Trittsteinen folgend, schlenderte er zwischen den Rabatten entlang. Rosenbüsche, alle gleich hoch, alle blühend, allesamt rot. Dazwischen nackte graue Erde. Eintönig. Aber ordentlich, wie manche es mochten. Er nicht. Er liebte Gärten, wo die Stauden so wild und bunt und dicht neben- und durcheinander standen, dass sie sich gegenseitig in die Höhe und zu immer mehr Pracht trieben. Solch einen Garten würde Stahnke natürlich niemals im Griff behalten, das wuss­te er genau. Binnen weniger Monate würde daraus eine grüne Hölle entstehen. Deshalb war sein eigenes Gartenfleckchen eher kahl, genau genommen eine Mooswiese mit einem Baumstumpf in der Mitte. Ideal, um bei Sonne drauf zu sitzen und zu lesen. Trotzdem liebte er prallvolle Wuchergärten. Für ihn war das kein Widerspruch. Lieben hieß ja nicht unbedingt gleich besitzen wollen.

Dort war der Entwässerungsgraben, und hier, ebenfalls von mannshohen Buchsbaumhecken umsäumt, die dritte Stelle, an der Frau Frerichs geackert hatte, ein Rasenstück mit fast kahlen Blumenbeeten an zwei Seiten. Die Spuren ihrer Arbeit waren noch zu erkennen, auch wenn der Boden sorgfältig geglättet worden und die Erde inzwischen getrocknet war, so dass sie sich vom Boden rechts und links davon farblich nicht mehr unterschied.

Moment mal. Stahnke trat einen Schritt zurück und Kramer dabei fast auf den Fuß. »Sehen Sie das? Hier ist nur dieses Stück beackert worden, etwas mehr als einen Meter breit. Rechts und links davon nicht. Ist das nicht eigenartig?«

»Na ja, vielleicht ist sie gestört worden. Das Telefon …« Kramer zuckte die Achseln.

»Möglich. Aber warum fängt die Frerichs hier in der Mitte an? Das passt nicht zu einer ordentlichen Frau wie ihr, ebenso wenig wie mit Gartenschuhen ins Haus zu laufen.«

Sein Blick maß den Verlauf der bearbeiteten Stelle ab. Nach hinten reichte sie bis zur Hecke, die hier die Grundstücksgrenze markierte, möglicherweise sogar unter ihr hindurch. Und vorne bis zum Rasen. Oder nein. Stahnke hockte sich hin und fuhr mit der Hand durch die dichten gestutzten Halme. Da waren Erdkrümel. Kurz entschlossen fasste er zu und zog. Ein kurzer Widerstand, dann hielt er eine Grassode in der Hand, sauber viereckig ausgestochen.

»Hier wurde nicht gegärtnert«, sagte er, während er sich erhob und sich die Erde von den Händen klopfte, »hier wurde gegraben. Aus- oder eingegraben. Und anschließend säuberlich wieder abgedeckt.« Mit dem Handrücken wischte er sich die Stirn; bei dieser Hitze trieb ihm selbst eine geringe Anstrengung den Schweiß aus den Poren.

Kramer hatte sich hingekniet und peilte mit schief gelegtem Kopf über das Gras. »Das reicht etwa drei, vier Meter weit in den Rasen hinein«, sagte er. »Dann ist Schluss, dahinter ist alles unverändert. Jetzt, wo man’s weiß, kann man es deutlich sehen.« Keine Entschuldigung, einfach Fakt.

Dann fragte er: »Soll ich?«

Stahnke nickte und krempelte sich die Hemdsärmel hoch, während der Oberkommissar Richtung Stallgebäude sprintete. Als er kurz darauf zurückkehrte, trug er nicht nur Schaufel und Spaten in der Hand, sondern auch zwei Stück Plastikplane unterm Arm. »Für die Rasensoden und die ausgehobene Erde«, erläuterte er überflüssigerweise. »Frau Frerichs muss das ebenso gemacht haben.«

Stahnke griff nach der Schaufel. Während Kramer vom Blumenbeet her die Soden abhob und sie ordentlich so auf ein Stück Plane legte, dass man ihre Lage später rekons­truieren konnte, machte sich sein Vorgesetzter ans Graben. Schaufelblatttief hob er den Boden aus, über eine Länge von etwa zwei Metern, dann machte er kehrt und nahm sich die nächste Schicht vor. Die Erde war locker und fast frei von Steinen und Bauschutt, trotzdem war Stahnkes Hemd schon nach wenigen Minuten schweißnass. Seinem Bauch würde die Bewegung sicherlich gut tun. Allerdings spürte er dabei eher seinen Rücken.

Die ersten achtzig, neunzig Zentimeter in die Tiefe waren kein Problem. Dann wurde die Erde plötzlich fester. Der Hauptkommissar hielt inne und stützte sich auf den Schaufelstiel.

»Tiefer ist hier nicht gegraben worden«, sagte er. »Fast sicher. Jedenfalls nicht in letzter Zeit.«

»Also wurde hier eher etwas ausgegraben«, vermutete Kramer. »Etwas, das hier deponiert war. Ausgegraben und abtransportiert.«

»Dann hat wohl eher der Frerichs selbst hier gegraben«, sagte Stahnke; sein Atem ging keuchend. »Und seine Frau hat ihn dabei gestört. Überrascht. Ob er sie deshalb …?«

»Und was war es, das hier lag?«, fragte Kramer.

»Na, doch wohl das, woran Sie auch denken«, erwiderte Stahnke. »Illegale Waffen, oder nicht?«

Kramer nickte. »Würde ja zu dem passen, was Manninga uns da erzählt hat«, sagte er. »Für wen er die wohl versteckt hat? Russenmafia oder Neonazis? Bunkerware für irgendwelche Islamisten? Aber vielleicht hat er ja auch selber damit gehandelt.«

Stahnke war wieder zu Atem gekommen. »Erst einmal gu­cken, ob noch etwas von dem Zeug hier ist, ehe wir weiterspekulieren«, entschied er und stieg aus der Grube. Sie erinnerte an einen Graben, gut möglich, dass hier einmal längliche Waffenkisten gelegen hatten. Er wandte sich dem nächs­ten Abschnitt zu, dem, der zur Mitte des Rasenstücks wies, unmittelbar vor der unbeschädigten Grasnarbe.

Wieder flog die lockere Erde, floss der Schweiß in Strömen. Stahnke keuchte fast vom ersten Schaufelstich an. Keine Mütze, dachte er, ich habe nichts auf dem Kopf. Wenn hier nichts liegt, mache ich erst einmal Pause, sonst hole ich mir noch einen Sonnenstich.

Aus den Augenwinkeln sah er, wie Kramer versuchte, mit seinem Spaten vor der Hecke zu graben. »Das bringt nichts«, rief er ihm zu, ohne mit dem Schaufeln innezuhalten. »Spaten sind etwas zum Umgraben, nicht zum Löcher machen.« Das hatten sie ihm beim Gullysetzen im Tiefbau beigebracht, wo er als Jugendlicher gejobbt hatte, und er bildete sich eine Menge auf sein Wissen ein. »Lassen Sie das, Sie Kindskopf!« Mist, dachte er praktisch im selben Augenblick. Wieder mal zu weit gegangen.

Da stieß seine Schaufel auf Widerstand.

»Hier ist etwas«, sagte er und winkte Kramer herbei. Er war sich seiner Sache sicher. Das war kein Stein, bestimmt, der Ruck im Schaufelstiel und der Klang waren anders gewesen. Nicht so hart, nicht so hell. Dumpfer, wie Holz eben. Eine Kiste, voll mit Gewehren und Munition? Mit Schwung und voller Ungeduld stieß er das Schaufelblatt in den lockeren Boden und hebelte eine neue Ladung Erde heraus.

Da kam etwas mit.

Es war graubraun, nicht viel anders als die Erde drum herum, und doch heller. Kein Stein, bestimmt nicht. Steine mochten zwar gelegentlich so glatt sein, aber sie sahen nicht so aus. Und sie schauten einen auch nicht so an. Was konnte das sein?

Etwas vom Gewicht einer Baggerschaufel presste seinen Magen zusammen. Unter perlendem Schweiß fühlte sich seine Haut plötzlich eiskalt an.

»Ein Schädel«, sagte Kramer, seine Stoikermaske wieder vor dem Gesicht. Dann runzelte er die Stirn: »Ein kleiner Schädel.«

Stahnke hatte sofort erkannt, was er da auf seiner Schaufel hatte. Noch aber sträubte sich etwas in ihm, das Erkannte auch zu glauben. Vorsichtig legte er es auf die Plane, bettete es sanft in die weiche Erde, der er es gerade entrissen hatte. »Kindskopf«, murmelte er.

4.

Diesmal war Roland alleine gekommen. Nane konnte sich nicht erinnern, dass er das zuvor schon einmal getan hatte. Roland tat niemals etwas aus eigenem Antrieb. Aber sie fand es schön, dass er da war. Und schöner noch, dass die anderen nicht mitgekommen waren.

»Wie geht es dir?«, fragte er mit aller Ernsthaftigkeit, die solch ein Krankenbesuch verlangte. »Heilt der Stich gut?«

»Ja. Danke«, sagte Nane. Ohne Vorwurf, wie auch aus Rolands Worten keinerlei Bitte um Entschuldigung klang. Beider Verhältnis zu diesen Dingen war nahezu geschäftsmäßig. Zug und Gegenzug, Aktion und Reaktion – eins zog das andere nach sich, das wusste sie, damit war zu rechnen, da gab es nichts zu jammern oder zu verzeihen.

»Gut«, sagte Roland und nickte. Seine Pranke näherte sich ihrer Bauchdecke, schob das Nachthemd hoch, fuhr über ihre Haut und betastete den Verband. Sie ließ es geschehen, ungerührt wie von der kumpelhaften Intimität eines Bruders, staunte darüber, wie zart die Berührung war. Rolands muskelbepackte Arme konnten Eisenstäbe biegen, aber sie würden niemandem etwas zu Leide tun, solange Vater es nicht befahl.

Roland räusperte sich. »Vater«, sagte er langsam, und plötzlich war alles anders. Seine Fingerkuppen brannten wie Eis auf ihrer Haut, ihre Bauchmuskeln spannten sich zuckend, die frische Wunde schickte Wellen des Schmerzes durch ihren ganzen Körper.

Sofort zog er die Hand zurück. »Vater sagt, es ist gut«, fuhr er fort. »Erst einmal gut. Er hat Sanna gesagt, es ist gut.« Er wiederholte es eindringlich. Vaters Gebote, sein Evangelium. »Er hat Sanna gesagt, lass sie jetzt. Lass sie jetzt, hörst du? Aber pass auf, Sanna, pass gut auf. Pass gut auf Nane auf. Was sie sagt. Pass gut auf Nane auf. Was sie tut. Pass gut auf. Das hat er gesagt.« Sie spürte Rolands Hand in ihrer, fühlte seine Muskeln, spürte seine Besorgnis. »Du musst vorsichtig sein, Nane, hörst du? Vorsichtig. Was du sagst und was du tust. Ja? Wirst du das?«

»Ja«, sagte sie. »Ja, Roland. Ich werde aufpassen. Ganz bestimmt. Mach dir keine Sorgen.«

»Das ist gut«, sagte Roland, und er klang erleichtert. »Ja, das ist gut. Gut ist das.« Behutsam drückte er ihre Hand, hielt sie fest. Sie schloss die Augen. Es ist schön, beschützt zu werden, dachte sie. Es ist schön, in Sicherheit zu sein. Wenn jemand über einen wacht, der so stark ist, dass er niemanden fürchten muss. Dann muss man selber auch keine Angst haben. Nicht einmal vor der Dunkelheit.

Aber sie wusste auch, dass Roland Vaters Junge war. Mochte er noch so zart und mitfühlend sein, Vaters Wort war für ihn Gesetz.

Sie öffnete ihre Augen wieder. Roland war schon gegangen. Sie war wieder allein.

5.

Um die Mittagszeit sah das Anwesen der Frerichs bereits wie ein Manövergelände der Bundeswehr aus. Nichts erinnerte mehr an die sauber gestutzten Hecken, die exakt gemähten Rasenflecken und die ordentlichen Blumenbeete; alle Pflanzen waren gekappt, der gesamte Garten mit rotweißem Flatterband abgesperrt und parzelliert, Dutzende von Trichtern waren ausgehoben und dazwischen Erdwälle angehäuft worden. Stahnkes Kollegen, verstärkt durch Beamte vom Landeskriminalamt und einen Zug Bereitschaftspolizei aus Oldenburg, hatten ganze Arbeit geleistet. Und sie waren fündig geworden.

»Nummer drei«, berichtete Kramer. »Dr. Mergner ist schon dran.«

Nummer drei! Stahnke spürte eiskalte Schauer auf seiner erhitzten Haut. Ihm war übel, und es kostete ihn Überwindung, diesem Ort nicht einfach den Rücken zu kehren und zu flüchten.

»Drei«, stieß er hervor. »Wie alt diesmal?«

»Etwas jünger. So um die sechs Jahre«, sagte Kramer. Er hielt den Blick gesenkt. Man musste ihn schon sehr gut kennen, um zu bemerken, dass auch er angeschlagen war. Kra­mer, ein Fels normalerweise. Selbst er wankte.

Der Oberkommissar schluckte zweimal, ehe er hinzufügte: »Ein Junge.«

Stahnke rieb sich die Schläfen. »Also kein Skelett diesmal?« Er zog die Augenbrauen zusammen. Die zeitliche Distanz zum schwer Vorstellbaren schrumpfte. Und der Horror wuchs. Kamen die Einschläge näher?

»Kein Skelett«, bestätigte Kramer. »Liegezeit zwischen vier und sechs Jahren, wie es aussieht. Eine halbwegs aktuelle Sache also, vergleichsweise.«

»Verflucht«, murmelte Stahnke. Ein unbestimmtes Gefühl der Bedrohung ließ seine Eingeweide verklumpen. Was war das hier? Der Privatfriedhof eines Irren, der sein blutiges Handwerk bereits seit Jahrzehnten betrieb, durchgehend, ohne dass irgendjemand auf ihn aufmerksam geworden wäre? Ein Mons­ter, das vor aller Augen mordete, und das womöglich bis zum heutigen Tag? Wenn das stimmte – welch ein Armutszeugnis für diese Gesellschaft, für seine Landsleute, für seinen gesamten Berufsstand, ja, auch für ihn! Was für eine Vorstellung. Stahnke hatte selbst keine Kinder, aber eine Ahnung des Grauens, das die Eltern dieser toten Kinder in seinen Klauen halten musste, jahre-, jahrzehntelang, empfand er dennoch. Seine Kiefermuskeln schmerzten wie von einem verbissenen Weinkrampf. »Verflucht«, wiederholte er.

Kramer nickte.

»Im Haus ist jedenfalls nichts«, sagte der Oberkommissar nach einer halben Minute des einverständigen Schweigens. »Oder vielmehr niemand. Wir haben vom Dachboden bis zum Keller alles auf den Kopf gestellt, jede Kammer und jede Abseite durchsucht, auch den Stall. Alles mit den Bauplänen vom Katasteramt verglichen, jede Wand und jeden Winkel genau ausgemessen. Es gibt keine Geheimtüren oder versteckten Räume. Auch keinen Hinweis darauf, dass hier in letzter Zeit irgendjemand gefangen oder versteckt gehalten worden wäre.«

»Also hat dieses Vieh wenigstens jetzt kein Kind mehr in seiner Gewalt«, knurrte Stahnke. »Jedenfalls nicht hier. Aber wie sieht es mit weiteren Immobilien aus? Besitzt er vielleicht irgendwo noch ein anderes Haus oder hat eins gemietet? Oder eine Wohnung, ein Lagerhaus, einen Schuppen, irgendwas?« Der Gedanke, dass in genau diesem Augenblick vielleicht irgendwo ein Kind eingesperrt war, nach der Verhaftung seines Entführers einem qualvollen Tod preisgegeben, machte ihm Angst.

»Mit ziemlicher Sicherheit nicht«, erwiderte Kramer. »Alle entsprechenden Eintragungen sind überprüft worden, Frerichs’ Konten ebenfalls. Weder er noch seine Frau haben anderweitigen Haus- oder Grundbesitz, und nahe Verwandte, auf deren Namen solche Objekte eventuell eingetragen sein könnten, gibt es nicht. Ebenso keine regelmäßigen Mietzahlungen.«

Die grabenden Polizisten arbeiteten verbissen schweigend; immer, wenn es um Verbrechen an Kindern ging, um Kindesmord und mutmaßlichen Kindesmissbrauch, machte sich diese vibrierende Stille breit. Die einzigen Stimmen, die zu hören waren, kamen von der Straße her. Dort, wo eine schmale Steinbrücke das Grundstück mit der Betonstraße verband, hatte sich eine kleine Menschentraube gebildet. Die Gaffer aus der Nachbarschaft. Klar, so einsam konnte ein Haus gar nicht liegen, dass sich diese Typen nicht binnen kürzester Zeit eingefunden hätten.

Wie es am äußeren Absperrungsring aussehen mochte, wollte Stahnke gar nicht wissen. Längst hatten Fernsehen, Rundfunk und Presse Wind davon bekommen, dass sich hier am Ortsrand von Veenhusen ein unscheinbares Anwesen als Horror-Szenario des Jahrhunderts entpuppt hatte – jedenfalls nach ostfriesischen Maßstäben. Wer auch immer die Medien informiert hatte, die Krawallsender und die Boulevardblätter mit den bluttriefenden Schlagzeilen natürlich zuerst, hatte keine Zeit verloren. Vermutlich winkten Informanten-Honorare, aber Stahnke glaubte nicht, dass derartige Anreize überhaupt nötig waren. Bloße Sensationsgier und die Lust, wenigstens in der Zuträgerrolle endlich einmal die ersehnte Beachtung zu finden, reichten völlig aus, und diese Eigenschaften waren hierzulande auch nicht weniger stark entwickelt als im Rest der Republik.

Nur gut, dass Manninga den Tatort weiträumig hatte abriegeln lassen. Irgendwann würde er natürlich nicht umhin kommen, die Medien vorzulassen und wenigstens in groben Zügen zu informieren, noch aber war dieser Zeitpunkt nicht da. Und auf die Idee, einen Hubschrauber für Luftaufnahmen zu chartern, war bisher offenbar noch niemand verfallen. So herrschte rings um das Grabungsareal einstweilen relative Ruhe. Nur diejenigen Nachbarn, deren Häuser innerhalb der Absperrung standen, hatten es bis zur Grundstücksgrenze geschafft. Ein bärtiger Beamter im kurzärmeligen Uniformhemd hinderte diese Leute daran, womöglich auch noch bis zum Tatort selbst vorzudringen, und beteiligte sich dabei eifrig an der plattdeutsch geführten Unterhaltung.

Der Hauptkommissar wies mit dem Daumen auf die Gaffergruppe: »Haben wir die Personalien von denen da?«

»Van Dieken hat sie aufgenommen«, sagte Kramer. »Der kennt die sowieso alle. Wohnt ja selber nicht weit von hier.«

Jetzt erkannte auch Stahnke den knorrigen Streifenbeamten. Er nickte Kramer zu und schlenderte zur Fußgängerbrü­cke hinüber. Bei seiner Annäherung erstarben die Gespräche. Zwei Dutzend Augenpaare schauten ihn erwartungsvoll an.