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Ursula Irma Scholz

Barcelima - faszinierendes Peru

Eine Rentnerin erfüllt sich ihren Kindheitstraum: Machu Picchu


Diese Buch widme ich den freundlichen Menschen in Barcelona und Peru, die ich auf dieser Reise kennenlernen durfte.


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Editorial

 

"Diese Reise wollt Ihr ganz allein organisieren? Ohne Reiseagentur? Ganz schön mutig!" war der Kommentar einer guten Bekannten, die schon Dutzende von Reisen vorbereitet und organisiert hat. Sie hatte vor vielen Jahren eine Reise nach Peru ausgearbeitet. Gerne hätte ich damals daran teilgenommen. Zu meinem großen Bedauern klappte es aus verschiedenen Gründen nicht. Nun war die Zeit gekommen! Wir griffen die Gelegenheit beim Schopf und stürzten uns ins Abenteuer.

Barcelima

 

„Mama, was hältst Du davon, nach Barcelona zu fliegen?“ fragte Max, mein Sohn. „Das kommt jetzt ein bißchen plötzlich. Wieso, warum nach Barcelona?“ fragte ich zurück. „Ich will dort einen Freund treffen. Wir müssen ein paar Sachen besprechen. Magst nicht mitkommen?“. Ich überlegte. So ganz gelegen kam es mir nicht. Am Freitag abend hatten wir unseren allmonatlichen Treff, unsere Table Ronde, wo wir Freundinnen mehr oder minder diszipliniert versuchten, uns französisch zu unterhalten. Sollte ich das sausen lassen? Sollte ich absagen, mich statt dessen für die kurze Reise entscheiden? Vor mehr als vier Jahrzehnten waren wir in Barcelona gewesen, mein späterer Mann und ich, in den ersten Zeiten unserer jungen Liebe. Damals verbrachte Horst seinen Taucherurlaub an der Costa Brava. Wir waren mit seinem uralten VW-Käfer unterwegs. Warum nicht wieder mal dort hin, nach Barcelona?

Was mir jedoch besonders zu schaffen machte, war, dass mein Mann in den nächsten Tagen zur Kur fahren sollte. Wir hatten überlegt, ich sollte ihn begleiten. „Mama, Du bist noch zu jung dafür, dauernd fremde alte und kranke Leute um Dich herum zu haben, die nur von ihren Krankheiten erzählen! Da wirst Du ja selbst noch krank!“ bemerkte Max. Ja, da mochte er wohl recht haben. Weil ich immer schnell 'Feuer und Flamme' bin für Reisen, noch dazu in südliche, wärmere Regionen, entschied ich mich kurzfristig, den Sohn zu begleiten.

 

 

Warum "Barcelima"?

Mi., 7. Nov.

Max und ich machten uns frühmorgens auf den Weg zum Flughafen; für vier Tage Barcelona. Auch Horst hatte die Koffer gepackt. Er sollte im Laufe des Spätvormittags vom Taxiservice abgeholt und in die Kurklinik gefahren werden. Ich hatte - ehrlich gesagt - ein etwas schlechtes Gewissen; als treusorgende Ehefrau war ich immer an seiner Seite. Er war in dieser Hinsicht ganz schön verwöhnt, mein lieber Mann… Diesmal, nein, diesmal dachte ich an mich! 

In Begleitung des Sohnes am Flughafen zu sein, war nicht unangenehm. Alles ist entspannter, als wenn ich allein gewesen wäre. „Du weißt, lieber bin ich etwas früher dran, bei den langen Anmarschwegen. Die will ich streßfrei haben.“   „Wir haben genügend Zeit!“ sagte Max. „Es läuft alles elektronisch. Unser Gepäck ist erfaßt, da brauchen wir am Check-In-Schalter nicht mehr so viel Zeit.“ Er relativierte meine Hektik, er war überhaupt viel gelassener als ich, kein Wunder, so viel, wie er schon geflogen ist in seinem jungen Leben. Seit einiger Zeit gibt es eine große Umstellung: Wegen meines Herzschrittmachers darf ich nicht durch die elektronischen Pforten am Flughafen gehen. Das mußte ich mir verinnerlichen: nie mehr durch irgendwelche Pforten, die einen zum gläsernen Menschen machen!  Im Spanisch-Wörterbuch hatte ich nachgelesen; das neue Wort heißt: Marcarpasos / Herzschrittmacher. Da bin ich nicht der erste und einzige Reisende; man darf seitlich vorbei, wird dann nach althergebrachter Methode abgetastet. Das ist zu verkraften!

 

Weil wir beide die große Reise nach Lima kurz danach angehen wollten, und ich immer eine Vorliebe für kreative Wortschöpfungen habe, taufte ich unser Gesamt-Vorhaben: 'die Reise nach Barcelima'.

 

In der Stadt am Mittelmeer angekommen, gingen wir zuerst zur Adresse seiner Freunde. „Sind wir hier richtig?“ wir standen vor einem Eisengitter. „Doch, doch, das muß es sein“. Das, was sich seine Freunde als Unterkunft ausgesucht hatten, war ehemals eine Autowerkstatt, Zugang direkt von der Straße aus. Die Freunde guckten etwas überrascht, als Max nicht allein kam, sondern mit mütterlicher Begleitung. „Nein, Ihr braucht keinen Schock zu bekommen, ich wohne nicht bei Euch, ich hab ein Hotel in der Nähe“. Die Freunde sind ausgezeichnete Skateboard-Fahrer, sie wollten dort ihren Sport ausleben; das geht besonders gut in Barcelona. Wir gingen durch einen länglichen Raum, in den angrenzenden nach oben offenen Hinterhof. Dort setzten wir uns zu einem kleinen Begrüßungs-Small-Talk. Na, der Vermieter ist ganz schön rigide: an der Mauer haftet ein Schild, das jegliche laute Unterhaltung nach 23 Uhr bei Strafandrohung von 100 Euro verbietet! Mit diesem Vermieter ist wohl nicht gut 'Kirschen essen'…

 

Mit der Lage des Hotels hatte ich eine gute Wahl getroffen. Es liegt zentral an der Gran Via de les Corts Catalanes und somit nur etwa 300 m entfernt von der Adresse der Freunde. Ich checkte ein, legte kurz ab, und traf mich mit Max und Freund an der Straßenecke, wir bestellten einen 'Cortado' (einen Kaffee) und machten uns dann auf die Erkundung des Umfeldes.

Abends saßen wir beide in einem Thai-Restaurant, unweit des Hotels. Dort konnte Max erfreut seine TomKhaGai-Suppe und andere südostasiatische Spezialitäten, die er so liebt, essen.

Mein Zimmer im 5. Stock war etwas gewöhnungsbedürftig. Nirgends ein Fenster ins Freie, das ich hätte öffnen können, nur eine kleine Öffnung in einen Lichtschacht. Ich mußte erst einmal tief durchatmen. Seit der Balkonsanierung, als unsere Wohnung monatelang durch Baumatten und Holzbretter dicht abgeschottet gewesen war, hatte ich eine Klaustrophobie entwickelt. Rundum nur abgedunkelte Wände, dunkle Flächen. Würde ich das aushalten? „Jetzt fang nicht an zu spinnen!“ sagte ich zu mir, „die paar Nächte wirst du wohl durchhalten!“ Ich konzentrierte mich auf das Positive: die Badewanne. Das war heute von besonderem Wert. Ausgefroren, wie ich war,  genoß ich es, zum Tagesausklang in die wohlig heiße Wanne zu steigen.  

 

Do. 8. Nov.

Mein Hotel war gut gebucht, vornehmlich von Geschäftsleuten. Ich setzte mich an einen kleinen Tisch, von dem aus ich einen guten Überblick über die Räumlichkeiten hatte und orientierte mich erst mal. Das Frühstücksbuffet ließ es an nichts fehlen, sogar Sekt war angeboten. Ich zögerte etwas: „so früh am Tag schon Sekt?“. Hatte ich Tendenz, zur Säuferin zu werden? Nachdem ein in der Nähe sitzendes Pärchen sich zwei Gläser einschenkte, legte ich meine Hemmung ab und genehmigte mir ebenfalls ein Glas. Ich schwelgte und genoß den Tagesbeginn mit diesem wunderbar ausgiebigen Frühstück. 

 

Jetzt, hier in Barcelona, hatte ich Muße, zur Pediküre zu gehen. Schließlich stand ein großer Urlaub bevor. Wer weiß, wo, unter, welchen Umständen, ich barfuß sein würde. Da wollte ich gut gewappnet sein, die Fußnägel gut gepflegt wissen. Unweit des Hotels an der Gran Via fand ich einen Kosmetikladen. Im elektronischen Wörterbuch hatte ich mir die erforderlichen Vokabeln zusammengesucht und in meinem Handy-Notizbuch 'Erinnerungen' notiert:  Quita esmalte = alten Nagellack entfernen / cortar las uñas = Nägel schneiden / esmalte las uñas = neu lackieren. Das waren die Basis-Worte, das mußte genügen. Kurzentschlossen betrat ich den Laden. Er war hell, luftig, dezent dekoriert. „Buenos dias, Señoritas, quiero ….“ und dann legte ich los. Die Damen waren sehr nett, wahrscheinlich amüsierten sie sich innerlich über mich 'alte Schachtel', die zu ihnen in den Laden kam und sich die Fußnägel verjüngen ließ. Sie ließen sich aber nichts anmerken, sondern waren sehr zuvorkommend. Es war alles professionell, geschickt, lässig; ich fühlte mich in guten  Händen. Während ich auf meinem Thron saß und die Füße behandeln ließ, betrat eine weitere Kundin den Kosmetikladen und nahm neben mir Platz. Diese Frau - irgendwie mußte sie erkannt haben, dass ich Deutsche war - sprach mich an und erzählte, dass sie schon jahrelang in Barcelona lebt. Beneidenswert! Ich guckte kritisch, als die Kosmetikerin begann, deren Füße zu behandeln. Oh je, was mußte sie da an Hornhaut abschaben. Da waren meine Füße in besserer Verfassung. Ich  bin stolz auf meine Füße. Wenigstens ein Körperteil, dem das Alter nicht anzusehen ist!  Unter der Palette der möglichen Farben wählte ich kräftiges Tomatrot. Ich lege großen Wert darauf, die Fußnägel gepflegt und lackiert zu wissen. Es dauerte eine Weile, bis die Prozedur beendet war. Zum Abschluß steckte ich die Füße in eine Art Fuß-Föhn, wodurch die Firniß schneller abtrocknen kann. Erstaunlicherweise mußte ich hier, in der Großstadt Barcelona, für diese Pediküre nur den halben Preis in Euros bezahlen wie zuhause in meinem Ort im Umland von München. Ein Pluspunkt für Barcelona…

 

Max holte mich von der Pediküre ab und wir machten uns auf einen ersten großen Stadtbummel. Er klemmte sich ein Skateboard - das ihm sein Freund mitgebracht hatte -  unter den Arm und schlenderte mit seiner Mutter durch die Straßen. Vielleicht wollte er sich einen Touch geben, als 'Einheimischer' zu wirken, keinesfalls als Tourist?

 

Barcelona ist eine tolle Stadt. „Hier könnte ich gut leben! In dieser Stadt, so quirlig, so voller Leben und Charme!“. An jeder Ecke findet man kleine nette Läden und Supermarkets - privat geführt; nicht diese großen Ketten, die überall auf der Welt gleich aussehen. Man muß hier nicht verhungern; viele kleine Cafès und Restaurants. Wir gingen in ein großes Kaufhaus. Max geht immer gerne in Kaufhäuser, besonders gerne in die Lebensmittel-Abteilung. „Schau Dir das an! Diese riesigen Schinken!“ In der Tat, die Schinken waren zu Bergen aufgetürmt, hier ein Berg mit der spanischen Nationalfahne, dort ein Hügel aus Schweineschinken mit Tannenzweigen dekoriert. Oder quer auf der Theke auf einem Holzbrett ein Schinken, teilweise tranchiert, mit großem Holzmesser dazu, das fast aussieht wie ein Fallbeil. Oder die Theken mit Fisch und Meeresfrüchten. „So was hab ich ja noch nie gesehen, so viel, so üppig!“ Nicht mal in den sehr gut sortierten Einkaufs-Malls großer Hafenstädte, wo ich bisher schon gewesen war, hatte ich Vergleichbares gesehen.

 

 

 

 

Beim ausgiebigen Stadtbummel kamen wir in die Nähe der Markthallen. „Komm, da gehen wir rein!“ Wir tauchten ein in das Gewirr der Stände und Wege zwischen den reichlich angebotenen Waren. Überbordend alles, vielfältig, bunt, üppig, laut: wir staunten und waren begeistert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Komm, magst einen Saft trinken?“ Wir setzten uns auf Barhocker an einen Stand. Die Frau hinter dem Tresen konnte kaum hinter den Türmen von Früchten hervorgucken, obwohl sie erhöht stand. Wir deuteten auf diverse Früchte, sie preßte uns einen Cocktail aus Mango, Ingwer, Banane, Papaya. Es war ein Saft-Gedicht, der Vitamin-C-Genuß in frischester Frische.

Hier geht es sehr geschäftig zu, ein Gewirr an Marktständen und Theken. Besucher sitzen an langen Tischen und essen zu Mittag. Ich verspürte auch Hunger, mußte ebenfalls etwas zwischen die Zähne bekommen. „Leider kann ich nicht so gut spanisch, ich weiß nicht, ob ich es schaffe, rauszubekommen, was die da in den riesigen Töpfen kochen! Ich glaub, wir können uns nicht mit an einen der langen Tische setzen“. Die Sprachbarriere ist doch nicht so leicht zu überwinden, mußte ich mir eingestehen. Direkt neben der Markthalle war ein Fischrestaurant. „Komm, da gehen wir rein, ich lad’ Dich ein!“, so nahmen wir an einem engen Tisch auf hohen Barhockern Platz. Ich verspürte großen Appetit und leistete mir eine reich garnierte Fischplatte, sehr ansehnlich!  Auch der Preis. Aber das mußte einfach sein! Das wollte ich mir mal gönnen. Max, der im allgemeinen auch gerne tafelt, vor allem bei Fischgerichten, war heute bescheiden. Wollte er den Geldbeutel seiner Mutter nicht belasten? Er begnügte sich mit einer Paella.

 

Fr. 9. Nov.

Natürlich unternahmen wir beide eine Sightseeing-Tour im Doppeldecker-Bus. Die buchten wir gleich am nächsten Morgen, auf dem großen zentralen Platz. Wir sahen die herrlich bunten Häuser von Gaudí, eine Augenweide an Farb- und Formschöpfung. Die Häuser von Hundertwasser, die ich in anderen Städten schon gesehen hatte, sind zwar auch bunt und witzig, so einzigartig wie die von Gaudí, das sind sie meiner Meinung nach nicht. Wir kamen vorbei an vielen schönen Ecken dieser quirligen Stadt. Bei der Haltestelle Sagrada Familia stiegen wir aus. Gegenüber dem Eingang zur Kirche war ein Kiosk mit heißen Getränken. Ich nahm mir eine 'hot chocolat' und setzte mich auf eine der langen Bierbänke. Von hier aus konnte ich gut zur Kirche hinüber sehen. Es herrschte ein ziemlicher Touristenauflauf. Besucher aus aller Herren Länder belagerten den Eingang. Max überlegte: „Wollen wir da rein, sollen wir uns das von innen ansehen?“ „Lieber nicht, guck, die Menschenschlangen, die hier anstehen, das kostet uns zu viel Zeit. Lieber gehen wir außen herum!“. Wir bewunderten das Bauwerk, das wie ein Magnet auf Touristen aus aller Welt wirkt, bewunderten die verschiedenen Baustile, die die Außenfassade prägen. 

Max bekam Hunger. Er entdeckte ein Schnellrestaurant. Dort machten wir Station. Der übliche Fastfood-Mampf mit aufgeblasener Wuchtsemmel mit Gehacktem. Ich verstehe Max in dieser Hinsicht eigentlich nicht so direkt, was hat er für ein Vergnügen daran, sich dieses Zeug reinzustopfen? Das einzige, was ich an diesen amerikanischen Einrichtungen toll finde, sind die Toiletten. Ganz gleich, ob in San Franzisco oder in Rom: hier ist es immer sauber und kostenlos. Weiter ging es mit dem Hop-on-Hop-off-Touristenbus.

Leider war ausgerechnet an diesem Tag das Wetter ungnädig. Oben auf dem offenen Deck zog es ordentlich, dann fing es auch noch an zu regnen. Es war unangenehm kalt. Ins Unterdeck wollten wir nicht umziehen, weil von dort aus die Sicht einfach ungenügend ist. Mir war schrecklich kalt. So kalt, dass ich Max’s Wunsch: „komm, laß uns den Abstecher machen, die Tram nehmen und zum Aussichtsberg hinauffahren!“  eine Absage erteilen mußte. Schade, aber ich fror erbärmlich. Na ja, es kam, wie es kommen mußte: ich handelte mir eine ordentliche Erkältung ein! Die begleitete mich bis nach Peru. 

 

Irgend jemand hatte uns gesagt: „schaut Euch das Gaudí-Museum an!“. Max zögerte; Museum, das war nicht so ganz seine Sache. Wahrscheinlich hatten mein Mann und ich unsere armen Kinder in dieser Hinsicht malträtiert und ihnen einen Museums-Besuchs-Widerwillen für’s Leben eingepflanzt. „Komm, geh mit rein. Ich lad Dich ein!“ überredete ich ihn. Es ist untergebracht im Diözesanbau der Kathedrale. Ich denke, es gefiel ihm doch ganz gut. Er stand an den Schaukästen und bestaunte die Modelle. Es war sehr interessant zu erfahren, was Gaudí unternommen hatte, um die Senkrechte beizubehalten in dem Gewirr von Türmen und Türmchen und Bögen seiner Kirche. Er kam auf die Idee, Schnüre mit Gewichten aufzuhängen, um die absolute Senkrechte zu finden, hat das Ganze dann einfach umgedreht, um dies als Hilfestellung für seine Bauweise zu berücksichtigen. Auch Max fand das 'genial'.  Am Abend wanderte ich wieder in meine  Badewanne. Aber ich glaube, die Erkältung steckte schon in mir.

 

 

Sa. 10. Nov.

Die Zeit bis zum Abflug wollten wir noch runter ans Meer.  Das Gepäck durften wir - nachdem ich alles bezahlt und ausgecheckt hatte - im Hotel unterstellen. Der Shuttle-Bus zum Flughafen war in fußläufiger Entfernung vom Hotel. Das konnten wir mit unserem Zeitplan gut verbinden, die Zeit ganz gut vorausplanen. Dieser Bus kostet etwa 5.60 Euro und fährt alle 10 Minuten zum Flughafen ! Ein Traum - verglichen mit dem mühsamen und langwierigen Transit zum Flughafen in München. Überhaupt ist das Angebot an Verkehrsmitteln sehr vielfältig und zeitlich eng getaktet. „Mein Gott, wie sind wir doch in München 'hinter dem Mond'!", sagte Max. „Überall gibt es hier free WiFi! Im Hotel, im Zug, in der Untergrundbahn, im Restaurant, überall freies Internet. Wie unkompliziert!“ Wir machten uns auf zum Weg ans Meer. Wir sind im allgemeinen gut zu Fuß, trotzdem bedeutete es eine Stunde flotten Gehens. Wir kamen durch Teile der Stadt, die wir mit der Stadtrundfahrt nicht besucht hatten. Die Allee mit den jugendstilmäßig anmutenden Straßenlaternen, sie sehen ein wenig aus wie Straßenlaternen in Paris.

 

 

 

Nach vielen Ecken und vielen Straßenüberquerungen kamen wir ans Ziel. Am Strand in Barcelona ist alles recht gepflegt und elegant. Die Hochhäuser in Strandnähe erinnern an die Hochhäuser in Hafennähe und in der Hafencity in Hamburg.

 

 

Wir spazierten weiter, hinaus auf eine ins Meer gebaute Promenade mit vielen Restaurants. Ich warf einen Blick auf die Speisekarten: die Preise sind sehr moderat. „Hier können sich auch Einheimische mit schmalem Geldbeutel ein Essen leisten. Ganz im Gegensatz zu unseren Meeres- und Uferpromenaden“ konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen. Ich dachte an die Uferpromenaden am Tegernsee. Na ja, da sind die Schicki-Micki-Münchner, die haben den Einheimischen die teure Suppe eingebrockt…

 

 

Meine Güte, alles hier erinnert mich an irgend etwas! Die Restaurants und das Ambiente erinnerte mich lebhaft an den Besuch am Strand von Swakopmund in Namibia. Dort ist das moderne Restaurant gebaut auf einem Steg weit ins Meer hinaus und bietet einen guten Überblick zurück auf die Hafenstadt. Dort hatte ich mit unserer Tochter gesessen, wir hatten uns einen Weißwein genehmigt, Sushi gegessen und versucht, im Windschatten des Restaurants dem ungemütlich blasenden Südwestwind auszuweichen, siehe Buch 'Destination Namibia' https://www.bookrix.de/_ebook-ursula-irma-scholz-destination-namibia/.

 

Mit dem angenehmen Eindruck eines wärmenden Sonnentages bestiegen wir, Mutter und Sohn, unseren Flieger - und ab ging es zurück nach München. Der Abstecher nach Barcelona war wunderbar.

 

Vorbereitungen für unsere Reise nach Machu Picchu

 

Vorbereitungen 

 

Der Weg nach Machu Picchu ist weit, sehr weit, teuer, steinig und anstrengend. Dessen waren wir uns bewußt. Trotzdem wollten wir dort hin; vor allem ich: seit meiner Jugend, ja Kindheit, hatte ich den Wunsch, diese Inkastadt hoch oben in den Anden mit eigenen Augen betrachten zu dürfen. Viele meiner selbstgesteckten Ziele hatte ich bereits erreicht. Manche Reisen hatten wir gemeinsam in den Schulferien unternommen: New York, San Francisco, Rom, Venedig. Später mit den erwachsenen Kindern in Namibia. Mit meinem Mann zusammen Studienreisen nach Neapel, Pompeji und Herculaneum, Griechenland. Manche Reise hatte ich allein durchgezogen, da ich meinen Göttergatten nicht davon überzeugen konnte, mitzufahren: Paris, London, Chicago. Dort besuchte ich eine ehemalige Kollegin und stattete dem Hauptsitz meines damaligen Arbeitgebers, meiner Ansicht nach im schönsten Gebäude dieser Stadt beheimatet, einen Besuch ab. Im Untergeschoß des Sears Towers, einmal eines der höchsten Gebäude der Welt, beschlich mich ein etwas beklemmendes Gefühl: wie in einem Sarkophag oder wie unter einer Pyramide. Meinen 60. Geburtstag feierte ich in Kapstadt mit anschließender Tour über die Garden Route; Weihnachten in Windhoek; Nairobi mit Safaris in verschiedenen Teilen Kenias. Darüber ist ein gut Teil meines Lebens vergangen. Inzwischen war ich über 70 Jahre alt geworden. Und nun ist der Zeitpunkt gekommen für Machu Picchu! 

 

Die Rahmenbedingungen waren günstig: Die letzten vier Jahre waren hart für uns alle gewesen; alles mußte sich dem Diktat der fürchterlichen Krankheit unterordnen. Im Moment war eine ruhige Phase; die Krankheit schien in die Schranken verwiesen zu sein. Und trotzdem: ich hatte schreckliche Gewissensbisse. Durfte ich das wirklich machen: meine Koffer packen, nicht für den Begleitservice in der Kur, sondern für eine Reise um die halbe Welt? Würde mein Mann es mir überhaupt danken, wenn ich auf die Reise verzichtete? Das alles ging mir im Kopf um, ich grübelte und hatte schlaflose Nächte. Schließlich gehen wir schon seit mehr als 40 Jahren gemeinsam durchs Leben. Bin ich in seinen Augen nicht vielleicht doch das 'Heimchen am Herde', die , die 'immer da' ist?

 Unser Kennenlernen war purer Zufall gewesen, damals, im Jahr der Olympiade in München. Das Jahr 1972 war - zunächst - ein Glücksfall für München und später dann auch für mich persönlich. Aber nun der Reihe nach: Die XX. Olympischen Sommerspiele sollten nach München kommen? In 'mein' München, meine Heimatstadt, unser kleines, beschauliches, gemütliches München? Die Stadt an der Isar sollte zum Nabel der Welt werden? Für dieses bedeutende Sportereignis Gastgeber für Sportler, Journalisten, die Weltpresse, Besucher aus aller Welt? Welch ein Geschenk, welch unfassbares Glück! München stand Kopf. Es war ein Traum. Die neu gebauten Sportstätten, der Olympiapark, der Olympiaturm mit seinem Drehrestaurant in schwindelnder Höhe, das Zeltdach, einzigartig in seiner Eleganz und trotzdem stabil; alles faszinierte die Münchner, die Einheimischen und die Besucher. Ich war stolz auf meine Stadt. Jeder war stolz. Alle tauchten ein in die Begeisterung, für einige Tage Gastgeber der Welt zu sein. Die Menschen verspürten eine Leichtigkeit, die Leute auf den Straßen waren beschwingt. Alles war beschwingt, fröhlich, positiv, vergnügt. München umarmte die Welt und die Welt umarmte München. Es herrschte eine unbeschreibliche Euphorie. Bis dann die traurige Wendung kam - den Fortgang der Geschichte kennt jeder und ich mag jetzt nicht das Schöne in der Erinnerung zerstören…

 

 Viel Zeit zur Vorbereitung hatten wir wirklich nicht. Ich hatte zwar vor zwei Jahren den Reiseführer Peru gekauft, der lag aber seither ungelesen in der Schublade. Daheim im Bücherschrank hatte ich 'alte Schinken' stehen, Bücher über Inka und alte amerikanische Kulturen. Die Bücher hatte ich geerbt. Seltsamerweise nahm ich mir nie die Zeit und die Muße, in diesen inzwischen angestaubten Büchern nachzulesen. Lieber blätterte ich in meinem neuen Reiseführer über Peru. 

 

 

 

 

 

Eigentlich hatte ich schon eine Perücke zuhause. Als ich noch ein ganz junges Ding war, unbeschwert, unbekümmert, immer drauf aus, gut auszusehen und gut gekleidet zu sein, hatte ich mir den Luxus geleistet, eine Perücke aus Echthaar zu kaufen. Ja, ja, ich hatte damals wirklich eine leichte Tendenz zum Luxus, kaufte bei den teueren Boutiquen in der Theatinerstraße ein, lebte meinen Faible für schicke Schuhe und dazu passende Handtaschen aus, die meinen Kleiderschrank vollstopften und die ich, ehrlich gesagt, gar nicht auftragen konnte. Diese Perücke hat eine besondere Geschichte. Als ich seinerzeit bei einem amerikanischen Broker angestellt war, sollte ich zum zuständigen Bundesamt nach Berlin reisen, um dort die erforderliche Genehmigung für den deutschen Verkaufsprospekt einzuholen. Als tüchtige Sekretärin begleitete ich meinen Vorgesetzten zu einem wichtigen Termin bei einem noch wichtigeren Kunden. Ehrfurchtsvoll betrat ich damals mit meinem Chef die düsteren Hallen eines Schlosses, wurde vom Hausherrn, einem gesetzt wirkenden Mann mittleren Alters, der einen grauen Trachtenjanker trug mit grün abgesetzten Applikationen, an einem Seiteneingang empfangen und saß dann, fleißig stenografierend, in einem Seitentrakt des mittelalterlich anmutenden Gebäudes. Ich erinnere mich noch schwach an die Jagdtrophäen und Geweihe, die die hohen Wände unter dem Tonnengewölbe des länglichen Raumes schmückten. Die Einzelheiten des weiteren Ablaufs sind im Laufe der Jahrzehnte verblaßt. Woran ich mich aber erinnere, ist, dass ich zu später Nachtstunde an einem öden Bahnhof wartete. Alles war unheimlich. Nachts, ein junges Mädchen in einer gottverlassenen Gegend, allein an einem menschenleeren Bahnhof. Wartend auf die Ankunft des Zuges. Fast wie in einem Albtraum…