Arbeiten in der Tagesschule

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Inhaltsverzeichnis

Fußnoten

Aus diesem Grund erübrigt es sich, für den vorliegenden Beitrag zwischen den einzelnen Begriffen Tagesschule, Hort, Tagesstrukturen, schulergänzende Betreuung u.a. zu unterscheiden. In Bezug auf die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen sind die Gemeinsamkeiten wichtiger als die Unterschiede.

Personnel: Nombre d’équivalents plein temps (EPT) par fonction dans les structures subventionnées par la FAJE par réseau, Vaud, 20102017, www.scris.vd.ch/Default.aspx?DocID=8174&DomId=2868 (Zugriff: 8.4.2020). Der Statistik ist zu entnehmen, dass im Jahr 2017 in der Betreuung des Kantons insgesamt 3641 Vollzeitäquivalente besetzt waren, davon pädagogische Leitung: 245; pädagogisches Personal mit Tertiärausbildung: 1176; pädagogisches Personal mit Sek-II-Ausbildung: 842; pädagogisches Hilfspersonal: 385; PraktikantInnen im Rahmen einer Tertiärausbildung: 101; FaBe-Auszubildende: 462; administrative Leitung: 32; administratives Personal: 76; Logistik: 323.

www.projekt-steg.de (Zugriff: 8.4.2020). Bisher gab es drei Förderphasen mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten, die dritte Förderphase der Studie wurde 2019 abgeschlossen.

www.ilo.org/integration/themes/mdw/WCMS_189392/lang--en/index.htm; vgl. auch den Index für Gute Arbeit des Deutschen Gewerkschaftsbunds DGB: https://index-gute-arbeit.dgb.de/

Zu den Kriterien und Ansprüchen aus Sicht der Erzieherinnen und Erzieher vgl. Rudow, 2017, S. 71ff. Auffallend in der Befragung war die hohe Identifikation der Erzieherinnen mit ihrem Beruf sowie die hohe Bewertung von Arbeitsplatzsicherheit und respektvollem Umgang, also Anerkennung.

Rudow, 2004 (Kita-Studie), zitiert in Rudow, 2017, S. 108f. Danach sind ca. 10 Prozent der Erzieherinnen in Kitas emotional erschöpft und ausgebrannt.

Die Bilanz zur Anstossfinanzierung weist seit vielen Jahren gleichbleibend einen Anteil von über 40 Prozent unausgebildetem Personal in den geförderten Einrichtungen der schulergänzenden Betreuung aus (Bilanz 2019: 43 Prozent, Bundesamt für Sozialversicherungen, 2020; vgl. auch Windlinger & Züger, 2020, S. 63).

Quote der gesundheitsbedingten Absenzen (Krankheit/Unfall) der Vollzeitarbeitnehmenden nach Geschlecht, Nationalität und anderen Merkmalen, www.bfs.admin.ch/bfs/de/home.assetdetail.8467512.html (Zugriff: 8.4.2020).

Der Bereich ist im Aufbau begriffen, daher ist es naheliegend, dass viele Angestellte bei Befragungen angeben, noch nicht sehr lange auf ihrer Stelle zu arbeiten. Dennoch weisen Untersuchungen aus dem Kita-Bereich und auch die Befragung von Windlinger an einigen Orten auf eine hohe Fluktuation. Vgl. Blöchliger & Bauer, 2014; Windlinger & Züger, 2020, S. 65.

Mehr zum Thema Kooperation findet sich im Beitrag 5 dieses Buches.

Dieser Anspruch könnte allerdings gemäss Gleichstellungsgesetz nur geltend gemacht werden, wenn es sich um eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts handelt. Da auch die Lehrpersonen an der Volksschule heute überwiegend weiblich sind, wäre das wohl nur schwer glaubhaft zu machen.

Zu den sonstigen Gelingensbedingungen der Kooperation siehe die Zusammenfassung bei Windlinger, 2016, S. 11. Die Kooperation an Tagesschulen in Zürich wurde von 2016 bis 2020 im Nationalfonds-Projekt «AusTEr – Aushandlungsprozesse der pädagogischen Zuständigkeiten in Tagesschulen im Spannungsfgeld öffentlicher Erziehung» unter der Leitung von Emanuela Chiapparini und Patricia Schuler Braunschweig untersucht. Die Ergebnisse werden 2020 vorliegen, Teilergebnisse wurden bereits veröffentlicht. www.zhaw.ch/no_cache/de/forschung/forschungsdatenbank/projektdetail/projektid/1130/ (Zugriff: 8.4.2020).

Tagesschulen sind schulergänzende Angebote mit frei wählbaren Modulen. Ganztagesschulen sind verpflichtende Ganztagesangebote.

Die Tagesschulen 2025 bieten zwar gebundene Mittagsbetreuung an, jedoch müssen die Eltern von Gesetzes wegen eine Abmeldemöglichkeit haben. Auf der Sekundarstufe melden mehr Eltern ihre Kinder vom gebundenen Mittagsangebot ab als auf der Primarstufe; bei der Schule Albisriederplatz beträgt die Abmeldequote ca. 30 Prozent.

Im Gesamtbericht wird das methodische Vorgehen der Studie vertieft beschrieben und werden die umfangreichen Datengrundlagen dargestellt. Der Bericht ist online verfügbar unter: www.phbern.ch/forschung/projekte/erfahrung-ganztagesschule (Zugriff: 16.4.2020).

Arbeiten in Tagesschulen – Einführung in den Sammelband

Regula Windlinger

In den letzten Jahren hat die Zahl der Frauen und Männer, die in Einrichtungen der schulergänzenden Bildung und Betreuung (SEBB) arbeiten, stark zugenommen. Neue Tagesschulen, Tagesstrukturen, Horte und Mittagstische wurden eröffnet, und bestehende Einrichtungen haben ihr Angebot erweitert. Vielerorts stossen dabei die Organisationsstrukturen aus der Pionierzeit an ihre Grenzen, und es werden neue Formen erprobt. Während in der Anfangszeit mit Improvisation und Flexibilität vieles möglich gemacht werden konnte, braucht es nun längerfristige Lösungen, die einen hohen Qualitätsstandard garantieren. Angesprochen sind dabei die Infrastruktur, die Organisation der Angebote, Formen der Kooperation innerhalb der SEBB und mit der Schule sowie auch die Arbeits- und Anstellungsbedingungen der Mitarbeitenden.

1.1 Empirie in der schulergänzenden Bildung und Betreuung

Forschungsergebnisse aus dem Bereich der vorschulischen und schulergänzenden Bildung und Betreuung in der Schweiz und in Deutschland (für einen Überblick siehe Windlinger & Züger, 2020, Kapitel 3) zeigen, dass die meisten Mitarbeitenden ihren Job als bedeutsam erleben und die Arbeit mit den Kindern sie motiviert. Essenziell sind dabei die Qualität der Führung und Teamwork. Viele Betreuungspersonen erleben im Arbeitsalltag Belastungen wie Zeitdruck, fehlende Pausen, zu grosse Gruppen oder beeinträchtigende Umgebungsfaktoren wie Lärm. Diese Belastungen können sich negativ auf die Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeitenden auswirken. Studien konnten aufzeigen, dass das Erleben der Arbeit von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Erwähnenswert sind beispielsweise der Betreuungsschlüssel, das pädagogische Konzept einer Einrichtung, die Infrastruktur oder die Einteilung der Arbeitszeit. Günstige Faktoren können die Mitarbeitenden entlasten, negativ wahrgenommene Faktoren führen zu Belastungen.

Um mehr über das Personal in den Tagesschulen, Tagesstrukturen oder Mittagstischen herauszufinden und um zu untersuchen, inwiefern diese Befunde auch für die SEBB in drei Kantonen der Schweiz zutreffen, führten

1.2 Fünf ausgewählte Themenbereiche

Das Projekt «Arbeitsplatz Tagesschule» war von Anfang an darauf ausgelegt, dass der initialen Forschungsphase eine Transferphase zu folgen hat, in der einerseits die im Forschungsteil gewonnenen Erkenntnisse diskutiert und kommuniziert und andererseits Schlussfolgerungen für die Praxis abgeleitet werden. Zu dieser – von der Stiftung Mercator Schweiz unterstützten – Transferphase gehört eine Tagung und die vorliegende, an diese Tagung anschliessende Publikation.

Im September 2019 stellten wir im Rahmen der Tagung «Gute Arbeitsbedingungen für gute Tagesschulen» an der PHBern Ergebnisse des Forschungsprojekts «Arbeitsplatz Tagesschule» vor. Im Vorfeld hatten wir fünf

Die folgenden Abschnitte geben einen Einblick in die fünf genannten Themenbereiche. Zuerst werden Forschungsergebnisse vorgestellt, gefolgt von einem Einblick in die Inhalte der Diskussionen. Verweise im Text zeigen auf, wo diese Themenfelder in weiteren Beiträgen im Sammelband vertieft werden.

1.2.1 Anstellungs- und Arbeitsbedingungen

Die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt «Arbeitsplatz Tagesschule» zeigen, dass sich die Anstellungsbedingungen des Personals in der SEBB in etlichen Belangen von denjenigen anderer Berufsgruppen unterscheiden. Die Mehrheit der Mitarbeitenden ist im Stundenlohn angestellt, insbesondere bei den Mittagstischen (96 Prozent). Ebenfalls bei Tagesschulen (55 Prozent) und bei Tagesstrukturen (40 Prozent) sind diese Anteile relativ hoch. Eine Anstellung im Monatslohn haben eher die Leitungspersonen und Mitarbeitende mit einer pädagogischen Qualifikation. Fünf Prozent der Mitarbeitenden gaben an, gar keinen Arbeitsvertrag zu haben. Weiter arbeiten viele Betreuungspersonen in sehr niedrigen Pensen. Die Pensen sind deutlich tiefer als im Schweizer Durchschnitt. 70 Prozent der Mitarbeitenden in der SEBB arbeiten weniger als 50 Prozent, oft fragmentiert und auf wenige Stunden pro Tag verteilt. Über 40 Prozent der Mitarbeitenden haben zusätzlich zu ihrer Arbeit

In den Diskussionen zeigte sich, dass viele Teilnehmende die Modularisierung der Angebote und die damit verbundenen partiellen Pensen als schwierig erleben. Insbesondere am Vormittag während des Unterrichts gibt es grosse Lücken zwischen dem Früh- und dem Mittagsmodul. Die Mittagsmodule sind an vielen Orten sehr stark belegt. Diese Belegung hat seit der Einführung des Lehrplans 21 und mit den damit verbundenen höheren Pensen für die Schülerinnen und Schüler zugenommen. In der Regel sind Vollzeitanstellungen in der SEBB gar nicht möglich. Aufgrund der Schulferien verbleiben lediglich 39 Arbeitswochen, womit sich eine Maximalanstellung von 75 Prozent ergibt.

Als möglichen Lösungsansatz nannten Teilnehmende die Kombination der Arbeitspensen in der Betreuung mit weiteren Aufgaben in der Schule, wie beispielsweise Assistenzen im Kindergarten oder die Übernahme von SOS-Lektionen. Um den zusätzlichen Personalbedarf während der Mittagsmodule zu decken, stellen einzelne Einrichtungen Studierende an. Solche Einsätze lassen sich gut mit dem Studentenalltag vereinbaren. In den Diskussionen wurde deutlich, dass ein Spannungsfeld zwischen familienfreundlicher und personalfreundlicher Organisation der Angebote besteht. Eine Mindestanwesenheit der Kinder würde Schwankungen in der Belegung ausgleichen, jedoch die Entscheidungsfreiheit der Eltern einschränken, ob und wie oft sie ihre Kinder in die SEBB schicken wollen. Die Situation vor Ort scheint zudem stark von der Gemeinde abhängig zu sein. Manche Gemeinden garantieren Angebote ohne Mindestbelegung, was die Planung und den Personaleinsatz erleichtert.

Diskutiert wurde auch die Frage des Stunden- und Monatslohns (siehe Beitrag 3). Diese Lohndebatte soll gleiche Bedingungen für alle Arbeitnehmenden schaffen und Schutz bieten. Anstellungen im Monatslohn sind ein Zeichen der Wertschätzung, die in diesem Beruf auf verschiedenen Ebenen oft fehlt. Im Bereich der Anstellungsbedingungen zeigt sich grosser Handlungsbedarf (siehe Beitrag 2). Es braucht diesbezüglich arbeitsrechtliche Aufklärung. Möglich wären beispielsweise Bandbreitenanstellungen, um Schwankungen gezielt auszugleichen. Bisher fehlen im Bereich der SEBB sowohl Minimallöhne als auch Gesamtarbeitsverträge.

Multiprofessionelle Zusammenarbeit

Multiprofessionelle Zusammenarbeit findet einerseits innerhalb der Tagesschulen, Tagesstrukturen oder bei den Mittagstischen statt (siehe Beitrag 6) andererseits mit den Lehrpersonen und weiteren Mitarbeitenden der Schule (siehe Beiträge 5, 8 und 12).

In den Einrichtungen der SEBB arbeiten Menschen mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund in Teams zusammen. Einerseits sind dies Mitarbeitende mit einer pädagogischen Qualifikation und andererseits solche ohne pädagogischen Berufsabschluss respektive mit einer Qualifikation ausserhalb dieses Bereichs. Das Forschungsprojekt zeigte, dass an Mittagstischen vor allem Mitarbeitende ohne pädagogische Qualifikation arbeiten, während bei den Tagesstrukturen rund die Hälfte einen pädagogischen Berufsabschluss hat. Bei den Tagesschulen im Kanton Bern haben rund 55 Prozent der Mitarbeitenden einen pädagogischen Berufsabschluss, 33 Prozent sind Lehrpersonen, und 22 Prozent haben einen anderen pädagogischen Abschluss (z.B. Fachperson Betreuung). Bei den Mittagstischen und Tagesstrukturen in den Kantonen Aargau und Solothurn sind nur wenige Lehrpersonen angestellt. Insgesamt äusserten sich im Forschungsprojekt viele Mitarbeitende positiv über die Zusammenarbeit im Team, und es gab nur wenige Aussagen, die explizit Schwierigkeiten wegen unterschiedlicher beruflicher Hintergründe thematisierten.

In Bezug auf die Zusammenarbeit mit der Schule zeigen die Forschungsergebnisse, dass diese von den Leitungspersonen der SEBB als wichtig erachtet wird. Zudem wird deutlich, dass die Zusammenarbeit oft noch wenig ausgeprägt ist. Es ergibt sich eine Diskrepanz zwischen Wichtigkeit und Vorhandensein der Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen und der Schule. Bei den Tagesstrukturen ist diese Diskrepanz am stärksten ausgeprägt. Gemäss den Angaben der Leitungspersonen findet eine Zusammenarbeit mit der Schule am ehesten bei den Tagesschulen im Kanton Bern statt. Viele Tagesstrukturen und Mittagstische (Aargau und Solothurn) pflegen noch sehr wenig Austausch und Zusammenarbeit mit der Schule.

In den Diskussionen wurde angesprochen, dass die räumlichen Verhältnisse wichtig sind. Der Standort der Einrichtung der SEBB ist ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Kommunikation mit der Schule. Diese gelingt leichter, wenn sich die SEBB auf dem Schulareal befindet. Etliche Teilnehmende haben den Eindruck, dass der Kontakt zur Schule meistens von der SEBB aus erfolgen muss, da von anderer Seite her nicht viel passiert. Ein

Der Auftrag der Einrichtungen der SEBB stand ebenfalls zur Diskussion. Sind die Einrichtungen eine Ergänzung zur Schule, welche die schulischen Aufgaben unterstützt, beispielsweise mit der Hausaufgabenbetreuung? Oder ist die SEBB explizit ein sozialpädagogisches Angebot mit dem Fokus auf die Freizeitgestaltung der Kinder? Vielerorts ist eine solche Diskussion bislang nicht geführt worden.

Weiter tauchte die Frage auf, wer sich wem anpassen muss, wenn gleiche Grundregeln in Schule und SEBB ausgearbeitet werden sollen. Für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe braucht es gegenseitige Wertschätzung und eine gute Kommunikation. Förderlich sind zudem gemeinsame Weiterbildungen der Lehr- und Betreuungspersonen. Eine Zusammenarbeit zwischen Unterricht und Betreuung findet eher statt, wenn die Schulleitung zugleich die Leitung der Tagesschule übernimmt, sie ist abhängig von der Organisation der Leitungsstruktur. Eine funktionierende Zusammenarbeit ist eine Entlastung für alle involvierten Parteien. Inhalte der Zusammenarbeit können gemeinsame Förderziele, der Umgang mit familiären Herausforderungen und soziales Verhalten sein. Wichtig dabei ist ein sorgsamer Umgang mit dem Datenschutz.

1.2.3 Betreuungsqualität und Beziehungsgestaltung

Die Betreuungsqualität und das Wohlbefinden der Kinder in Einrichtungen der SEBB werden nach Kibesuisse (2017) durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Dazu gehören der Betreuungsschlüssel, die Grösse und Konstanz der

Das Forschungsprojekt hat aufgezeigt, dass gewisse qualitätsbezogene Aspekte der Arbeit den Mitarbeitenden Schwierigkeiten bereiten. Einerseits erleben sie ihre Arbeit als bedeutsam und motivierend, in Anbetracht der Betreuung der Kinder. Andererseits stellt der Berufsalltag Herausforderungen, die manchmal mit Frust verbunden sein können. Mitarbeitende möchten gerne allen Kindern gerecht werden, dies ist aber aufgrund der Gruppengrössen und fehlender Ressourcen oft nur schwer umsetzbar. Den Umgang mit grossen oder heterogenen Gruppen nannten die Mitarbeitenden als Herausforderungen in ihrer Arbeit (vgl. Jutzi & Windlinger, 2019). Viele Mitarbeitende wünschen sich einen besseren Betreuungsschlüssel und mehr Zeit für die individuelle Betreuung der einzelnen Kinder.

Ein wichtiger Faktor bezüglich der Qualität ist die pädagogische Orientierung der Einrichtungen der Einrichtungen. Ein gemeinsames pädagogisches Verständnis, das im Alltag umgesetzt wird und mit dem sich die Mitarbeitenden identifizieren, sorgt für eine bessere Rollenklarheit, weniger arbeitsbezogene Unsicherheit und eine höhere Qualität der Zusammenarbeit im Team (siehe Beitrag 9).

Anlass zur Diskussion gab zudem der Betreuungsschlüssel, d.h. wie viele Mitarbeitende für die Betreuung der anwesenden Kinder notwendig sind. Dieser sei teilweise zu hoch, insbesondere am Anfang des Schuljahres, weil die anwesenden Betreuerinnen und Betreuer zu viele Kinder zu beaufsichtigen haben. Für viele Kinder ist die Situation in der Betreuungseinrichtung neu. Die Kinder sind teilweise überfordert und benötigen Zeit und Begleitung bei der Eingewöhnung. In dieser Phase wäre zusätzliches Personal hilfreich. Der Betreuungsschlüssel müsste angepasst werden. Dazu könnten bei herausfordernden Gruppenzusammensetzungen, analog zur Schule, SOS-Lektionen als Unterstützung eingefordert werden.

Neben dem Betreuungsschlüssel ist die Gruppengrösse wichtig. Gerade am Mittag, abhängig von der Infrastruktur und der Organisation des Mittagessens, sind die Gruppen teilweise sehr gross. Um die Kinder in kleinere Gruppen aufteilen zu können, beispielsweise nach Altersklassen, braucht es genügend Räume und Personal. Dies wäre wichtig, um dem Ruhebedürfnis der Kinder gerecht zu werden und ihnen Rückzugsmöglichkeiten zu bieten. Neben dem besseren Betreuungsschlüssel schlugen die Teilnehmenden als

Weiter forderten die Diskutierenden mehr Vorbereitungszeit für Mitarbeitende. Mitarbeitende mit einem grossen Erfahrungsschatz, jedoch ohne pädagogische Ausbildung sollten die Möglichkeit erhalten, sich (nicht zuletzt aus lohntechnischen Gründen) zu Fachpersonen ausbilden zu lassen. Förderlich für die Betreuungsqualität wären zudem mehr personelle und finanzielle Ressourcen und passende Räumlichkeiten. Damit gehen eine höhere Wertschätzung und Anerkennung dieses Berufsfeldes durch die Gesellschaft einher.

1.2.4 Infrastruktur und Raumkonzept

Im Forschungsprojekt gaben die Mitarbeitenden an, wie verschiedene Umgebungsfaktoren bei der Arbeit belastend sein können. Dabei zeigte sich, dass der Lärm der am stärksten störende Umgebungsfaktor ist. Über 60 Prozent der Mitarbeitenden geben an, davon zum Teil in hohem Masse betroffen zu sein. Ferner empfinden viele Mitarbeitende die räumliche Enge als unangenehm. Nach den Angaben der befragten Leitungspersonen ist der Lärmpegel in vielen Einrichtungen enorm hoch. Zudem fehlen geeignete Räume für das Personal und vielerorts auch geeignete Rückzugsmöglichkeiten für die Kinder. Auf die Frage, was sie gerne an der Arbeitssituation verändern würden, nannten sowohl die Mitarbeitenden als auch die Leitungen am häufigsten die Infrastruktur. Insbesondere der Innenraum ist hierbei essenziell.

Teilnehmende in den Diskussionen berichteten, dass in ihren Einrichtungen der Lärmpegel manchmal zu hoch sei, vor allem während der Mittagsbetreuung. Die Infrastruktur ist vielerorts nicht ideal. So muss beispielsweise in einer gewöhnlichen Küche für 50 Personen gekocht werden, oder die Betreuung findet in Räumen statt, die sich im Untergeschoss befinden. In vielen Einrichtungen ist man auf die stetig wachsende Kinderzahl nicht vorbereitet und muss improvisieren. Das Teilen von Räumlichkeiten stand ebenfalls zur Diskussion. Die Multifunktionalität und Mehrfachnutzung von Räumen stösst irgendwann an Grenzen. Weiter können feuerpolizeiliche Vorgaben einschränkend sein.

Ob das Teilen von Räumen zwischen Betreuung und Unterricht möglich ist, hängt stark vom Rollenverständnis der Betreuungs- und Lehrpersonen

In Bezug auf den Umgang mit Lärm gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Neben Massnahmen, die schalldämmend wirken, wie zum Beispiel akustische Verkleidungen, lässt sich die Raumorganisation und -gestaltung durch bewegliche Elemente verändern. Auf die Gruppendynamik hat dies einen entscheidenden Einfluss. Eine angepasste Organisation der Mittagsverpflegung, bei der nicht alle Schülerinnen und Schüler gleichzeitig essen, führt zu einer Reduktion des Lärms (siehe Beitrag 11). Das Thema der Gestaltung und Nutzung von Raum und Infrastruktur wird im Beitrag 4 von Keller und Marin vertieft behandelt.

1.2.5 Qualifikation des Personals

In den Einrichtungen der SEBB arbeiten Frauen und Männer mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund zusammen (siehe Abschnitt 1.2.2, «Multiprofessionelle Zusammenarbeit»). Da im Kanton Bern die Tagesschulen räumlich und organisatorisch in die Schule integriert sind (Erziehungsdirektion des Kantons Bern, 2009), arbeitet ein deutlich höherer Anteil an Lehrpersonen in der Betreuung mit, als dies in den Kantonen Aargau und Solothurn der Fall ist. Insgesamt liegt der Anteil pädagogisch ausgebildeter Mitarbeitender im Kanton Bern über 50 Prozent. In Tagesstrukturen verfügt etwa die Hälfte des Personals über eine pädagogische Qualifikation. An Mittagstischen hat die Mehrzahl der Betreuungspersonen keine pädagogische Ausbildung.

Die Anstellung von genügend pädagogischem Personal erachten die Leitungspersonen im Forschungsprojekt als sehr wichtig, und diese Bedingung wird von den meisten Einrichtungen überwiegend erfüllt. Diesbezüglich besteht folglich kaum Handlungsbedarf.

In den Forschungsergebnissen zeigen sich gewisse Unterschiede zwischen Mitarbeitenden mit und solchen ohne pädagogische Qualifikation. Pädagogisch ausgebildete Mitarbeitende schätzen die Wichtigkeit von verschiedenen Merkmalen der Arbeit höher ein als Mitarbeitende ohne pädagogische Ausbildung. Sie haben höhere Ansprüche an die Qualität ihrer Arbeit. Gleichzeitig fühlen sich pädagogisch ausgebildete Mitarbeitende im Arbeitsalltag nach eigenen Angaben seltener überfordert als ihre

In den Diskussionen wurde besprochen, wie mit den Betreuungspersonen ohne pädagogische Qualifikation umgegangen werden soll. Das Ziel dabei soll sein, dass diese Mitarbeitenden einer pädagogischen Ausbildung nachgehen können und es nicht zur Entlassung des unqualifizierten Personals kommt. Dabei wurde die Frage diskutiert, wie berufliches Engagement und pädagogische Nachqualifikation unter einen Hut gebracht werden können. Teilnehmende waren der Meinung, dass die Einstiegsschwelle für die Nachholbildungen zu hoch sein kann, wenn ein Anstellungspensum von 50 Prozent vorausgesetzt wird. Die Rahmenbedingungen sollten derart angepasst werden, dass die Niederschwelligkeit gewährleistet ist und sich die Mitarbeitenden qualifizieren können. Erwähnt wurde in diesem Zusammenhang die Möglichkeit von Weiterbildungen für Klassenassistenzen, die sowohl im Unterricht als auch in der Betreuung eingesetzt werden können.

Die Beteiligten betonten, dass Zeitfenster für Backgroundarbeiten für Führungspersonen und Mitarbeitende gleichermassen zur Qualitätssicherung notwendig sind. Dafür sollen im Budget Poolstunden einberechnet werden. Einzelne Tagesschulen haben bereits Tools für solche Berechnungen erarbeitet. Wünschenswert wäre ein Instrument zur Berechnung von Stellenprozenten, das vereinheitlicht und für alle verbindlich ist. Dies würde dafür sorgen, dass die Abhängigkeit von der Gemeinde in diesen Fragen aufgehoben würde.

Dass Mitarbeitende mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund in einem Team gut zusammenarbeiten können, ist nicht selbstverständlich. Eine Schlüsselrolle hat hierbei die Leitungsperson (siehe Beitrag 6).

1.3 Entstehung dieses Bandes

Die Forschungsergebnisse und die Diskussionen mit Leitungspersonen, Mitarbeitenden, Forschenden, Behördenmitgliedern und weiteren Interessierten anlässlich der Tagung und im Verlauf der Entstehung dieses Bandes geben einen Einblick, wo Herausforderungen bestehen und Entwicklungen

Alle Autorinnen und Autoren der weiteren Beiträge waren in unterschiedlichen Funktionen an der Tagung beteiligt. Ihre Beiträge in diesem Sammelband vertiefen die Themen, die in dieser Einleitung bereits kurz angesprochen wurden: die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen (Beitrag 2), die Infrastruktur (Beitrag 4), Kooperation und Teamarbeit (Beiträge 5 und 6), die Beziehungsgestaltung (Beitrag 10) sowie Entwicklungen zur Ganztagesschule (Beitrag 12). Hinweise und Impulse für die weitere Entwicklung der Einrichtungen der SEBB werden aufgezeigt. Die Einblicke und thematischen Betrachtungen sollen Anregungen für die Praxis geben und einen aufschlussreichen Beitrag zur laufenden Diskussion liefern.

Zur Entstehung dieses Buches haben viele Personen beigetragen. Ich möchte mich zuallererst bei allen Autorinnen und Autoren herzlich bedanken. Ein grosses Dankeschön geht an die Leitungspersonen der Einrichtungen, die in Interviews ihre Erfahrungen mit uns teilten und uns einen Einblick in ihre Tagesschulen, Tagesstrukturen oder den Hort ermöglichten. Weiter danke ich Ueli Hostettler, Leiter des Forschungsschwerpunkts «Governance im System Schule», für seine Unterstützung im Verlauf des Projekts und bei der Entstehung dieses Buches. Ein Dank geht an alle Personen, die am Forschungsprojekt und an der Tagung teilgenommen und mitgearbeitet haben. Danken möchte ich schliesslich der PHBern sowie der Stiftung Mercator Schweiz, die das Projekt finanziell ermöglicht haben.

Literatur