Joseph von Eichendorff

Gedichte

e-artnow, 2021
Kontakt: info@e-artnow.org
EAN 4066338128492

Inhaltsverzeichnis

Abend
Abendlich schon rauscht der Wald
Abendlandschaft
Abendständchen
Abschied
Abschied II
Abschied III
Adler
Allgemeines Wandern
Am Strom
An den heiligen Joseph
An der Grenze
An die Dichter
An die Entfernte
An die Entfernte II
An die Freunde
An die Lützowschen Jäger
An die Meisten
An die Tiroler
An die Waldvögel
An eine Tänzerin
An einen Offizier, der als Bräutigam starb
An Jegor von Sivers
An Luise
An meinem Geburtstage
An meinen Bruder
An Philipp
An...
Andre haben andre Schwingen
Angedenken
Anklänge
Appell
Auf dem Rhein
Auf dem Schwedenberge
Auf der Feldwacht
Auf einer Burg
Auf meines Kindes Tod
Auf meines Kindes Tod (II)
Auf meines Kindes Tod (III)
Auf meines Kindes Tod (IV)
Auf meines Kindes Tod (V)
Auf meines Kindes Tod (VI)
Auf offener See
Aufbruch
Aufgebot
Aus schweren Träumen
Aussicht
Begegnung
Bei einer Linde
Bei Halle
Beim Erwachen
Blanka
Blumen und Liebe
Dank
Das Alter
Das Bilderbuch
Das Flügelroß
Das Gebet
Das kalte Liebchen
Das Kind ruht aus vom Spielen
Das kranke Kind
Das Mädchen
Das Ständchen
Das Waldfräulein
Das Zaubernetz
Das zerbrochene Ringlein
Dein Bildnis wunderselig
Der Abend
Der alte Garten
Der armen Schönheit Lebenslauf
Der Blick
Der Bote
Der brave Schiffer
Der Bräutigam
Der Dichter
Der Dichter (II)
Der Dichter (III)
Der Dichter (IV)
Der Dichter (V)
Der Dichter (VI)
Der Dichter (VII)
Der Einsiedler
Der Freiwerber
Der Freund
Der Friedensbote
Der frohe Wandersmann
Der Fromme
Der Gefangene
Der Geist
Der Glückliche
Der Glücksritter
Der Gärtner
Der Götter Irrfahrt
Der Hochzeitstanz
Der himmlische Maler
Der irre Spielmann
Der Isegrimm
Der junge Ehemann
Der Jäger
Der Jäger Abschied
Der Kadett
Der Kehraus
Der Knabe
Der Kranke
Der Kranke (II)
Der Kühne
Der Kämpe
Der Lenz mit Klang und roten Blumenmunden...
Der letzte Gruß
Der Liedsprecher
Der Liedsprecher (II)
Der Morgen
Der Nachtvogel
Der neue Rattenfänger
Der Pilger
Der Pilot
Der Poet
Der Polack
Der Reitersmann
Der Riese
Der Schalk
Der Schatzgräber
Der Schiffer
Der Schnee
Der Schreckenberger
Der Soldat
Der Soldat (II)
Der stille Freier
Der stille Grund
Der Sänger
Der Sänger II
Der Tanzmeister
Der Tiroler Nachtwache
Der traurige Jäger
Der Umkehrende
Der Unbekannte
Der Unverbesserliche
Der verirrte Jäger
Der verliebte Reisende
Der verspätete Wanderer
Der verzweifelte Liebhaber
Der Vögel Abschied
Der Wachtturm
Der wandernde Musikant
Der wandernde Student
Der Wegelagerer
Der Winzer
Der Wächter
Der zaubrische Spielmann
Deutschlands künftiger Retter
Dichterfrühling
Dichterglück
Dichterlos
Die Altliberalen
Die Altliberalen II
Die Altliberalen III
Die Altliberalen IV
Die Altliberalen V
Die Altliberalen VI
Die Altliberalen VII
Die Altliberalen VIII
Die Altliberalen IX
Die Braut
Die Brautfahrt
Die deutsche Jungfrau
Die Einsame
Die Einsame II
Die Einsame III
Die Einsame IV
Die ernsthafte Fastnacht
Die falsche Schwester
Die Flucht der Heiligen Familie
Die Freunde
Die Freunde II
Die Freunde III
Die Freunde IV
Die Freunde V
Die Freunde VI
Die Freunde VII
Die Geniale
Die heilige Mutter
Die Heimat
Die Hochzeitsnacht
Die Hochzeitsänger
Die Jungfrau und der Ritter
Die Jäger
Die Kleine
Die Lerche
Die Mahnung
Die Musikantin
Die Nacht
Die Nachtblume
Die Nachtigallen
Die Nonne und der Ritter
Die Riesen
Die Räuberbrüder
Die Saale
Die Schärpe
Die Sperlinge
Die Spielleute
Die späte Hochzeit
Die Stille
Die stille Gemeinde
Die Stolze
Die Studenten
Die verlorene Braut
Die weinende Braut
Die Werber
Die wunderliche Prinzessin
Die Zauberin im Walde
Die Zeit geht schnell
Die Zigeunerin
Die zwei Gesellen
Donna Alda
Donna Urraca
Dort in moosumrankten Klüften
Dryander mit der Komödiantenbande
Durandartes Abschied
Durandartes Tod
Durch!
Durch! (II)
Durcheinander
Ein alt Gemach voll sinnger Seltsamkeiten
Ein Auswanderer
Ein Fink saß schlank
Einem Paten zu seinem ersten Geburtstage
Eldorado
Elfe
Entgegnung
Entschluß
Erinnerung
Erwartung
Es qualmt der eitle Markt in Staub und Schwüle
Es wandelt...
Es weiß und rät es doch keiner
Fata Morgana
Frau Venus
Frisch auf!
Frische Fahrt
Frühe
Frühling
Frühlingsdämmerung
Frühlingsgruß
Frühlingsklage
Frühlingsmarsch
Frühlingsnacht
Frühlingsnetz
Für die Kleinen einer Waisenanstalt
Gebet
Gedenk
Gewalt‘ges Morgenrot
Gleichheit
Glück
Glück auf
Glückliche Fahrt
Glückwunsch
Gottes Segen
Gruß an die Eintracht
Gute Nacht
Guter Rat
Götterdämmerung
Götterdämmerung II
Heimkehr
Heimweh
Heimweh II
Herbst
Herbstklage
Herbstliedchen
Herbstweh
Herkules‘ Haus
Hermanns Enkel
Hippogryph
Ich kann wohl manchmal singen
Im Abendrot
Im Alter
Im Herbst
Im Walde
In C.S. ... Stammbuch
In Danzig
In das Stammbuch der M.H.
In der Fremde
In der Fremde II
In der Nacht
In E...s Stammbuch
Intermezzo
Intermezzo II
Intermezzo III
Intermezzo IV
Jagdlied
Jagdlied II
Jahrmarkt
Jeder meint, die Schönste wär sein Lieb
Jugendandacht
Jugendandacht II
Jugendandacht III
Jugendandacht IV
Jugendandacht V
Jugendandacht VI
Jugendandacht VII
Jugendandacht VIII
Jugendandacht IX
Jugendsehnen
Julian
Julian II
Julian III
Julian IV
Julian V
Julian VI
Julian VII
Julian VIII
Julian IX
Julian X
Julian XI
Julian XII
Julian XIII
Julian XIV
Julian XV
Julian XVI
Julian XVII
Jäger und Jägerin
Jägerkatechismus
Kirchenlied
Klage
Klage II
Klang um Klang
Koda
Komm, Trost der Welt, du stille Nacht
Kriegslied
Kurze Fahrt
Lass das Trauern
Leid und Lust
Letzte Heimkehr
Libertas Klage
Liebe in der Fremde
Liebe, wunderschönes Leben
Lieber alles
Lied des Armen
Lieder
Liedesmut
Lockung
Lorelei
Lustige Musikanten
Läuten kaum die Maienglocken
Mahnung
Mahnung II
Mandelkerngedicht
Marienlied
Mariä Sehnsucht
Meeresstille
Memento
Memento mori
Mittag
Mittagsruh
Moderne Ritterschaft
Mondnacht
Morgendämmerung
Morgengebet
Morgenlied
Morgenlied (II)
Morgenständchen
Mädchenseele
Möcht wissen, was sie schlagen
Nachklänge
Nachruf
Nachruf an meinen Bruder
Nacht
Nachtfeier
Nachtgebet
Nachtgruß
Nachtigall
Nachtlied
Nachts
Nachts II
Nachtwanderer
Nachtzauber
Neue Liebe
Oh wunderbares, tiefes Schweigen
Ostern
Parole
Prinz Rokoko
Ratskollegium
Reiselied
Rettung
Rückblick
Rückkehr
Rückkehr II
Schiffergruß
Schifferspruch
Schlimme Wahl
Schläft ein Lied in allen Dingen
Schneeglöckchen
Schöne Fremde
Seemanns Abschied
Sehnsucht
Seliges Vergessen
So oder so
Soldatenlied
Sommerschwüle
Sommerschwüle II
Sonette
Sonntag
Sonntag II
Sonst
Spaziergang
Spruch
Sprüche
Steckbrief
Sterbeglocken
Still in Luft
Stimmen der Nacht
Stimmen der Nacht II
Symmetrie
Sängerfahrt
Sängerglück
Tafellieder: Damen-Liedertafel in Danzig
Tafellieder II: Trinken und Singen
Tafellieder III: Zum Abschied
Tafellieder IV: Berliner Tafel
Tafellieder V: Die Haimonskinder
Tafellieder VI: Der alte Held
Tafellieder VII: Toast
Terzett
Todeslust
Trauriger Frühling
Trauriger Winter
Trennung
Treue
Treue II
Treue III
Trost
Trost II
Trost III
Turteltaube und Nachtigall
Tusch
Täuschung
Umkehr
Unmut
Valet
Vergebner Ärger
Verloren
Verlorene Liebe
Verschwiegene Liebe
Vesper
Viele Boten gehn und gingen
Vom Berge
Vom heiligen Eremiten Wilhelm
Vom Strande
Von Engeln und von Bengeln
Vor der Stadt
Vorbei
Vorwärts
Wacht auf!
Waffenstillstand der Nacht
Wahl
Waldgespräch
Waldmädchen
Wanderlied der Prager Studenten
Wandernder Dichter
Wandersprüche
Wann der Hahn kräht
Warnung
Wechsel
Wegweiser
Weh Valencia!
Wehmut
Wehmut II
Wehmut III
Wehmut IV
Weihnachten
Weltlauf
Wenn zwei geschieden sind von Herz und Munde
Werktag
Wetterleuchten
Winter
Winter II
Winternacht
Wo noch kein Wandrer gegangen
Wohin ich geh’ und schaue
Wunder über Wunder
Wünschelrute
Übermut
Zauberblick
Zeichen
Zorn
Zum Abschied
Zum Abschied an J. und R.
Zum Abschied meiner Tochter
Zum Abschiede. Im Jahre 1813
Zur Hochzeit
Zweifel
Zwielicht

Abend

Inhaltsverzeichnis

Gestürzt sind die goldnen Brücken
Und unten und oben so still!
Es will mir nichts mehr glücken,
Ich weiß nicht mehr, was ich will.

Von üppig blühenden Schmerzen
Rauscht eine Wildnis im Grund,
Da spielt wie in wahnsinnigen Scherzen
Das Herz an dem schwindligen Schlund. –

Die Felsen möchte ich packen
Vor Zorn und Wehe und Lust,
Und unter den brechenden Zacken
Begraben die wilde Brust.

Da kommt der Frühling gegangen,
Wie ein Spielmann aus alter Zeit,
Und singt von uraltem Verlangen
So treu durch die Einsamkeit.

Und über mir Lerchenlieder
Und unter mir Blumen bunt,
So werf ich im Grase mich nieder
Und weine aus Herzensgrund.

Da fühl ich ein tiefes Entzücken,
Nun weiß ich wohl, was ich will,
Es bauen sich andere Brücken,
Das Herz wird auf einmal still.

Der Abend streut rosige Flocken,
Verhüllet die Erde nun ganz,
Und durch des Schlummernden Locken
Ziehn Sterne den heiligen Kranz.

Abendlich schon rauscht der Wald

Inhaltsverzeichnis

Abendlich schon rauscht der Wald
Aus den tiefsten Gründen,
Droben wird der Herr nun bald
An die Sternlein zünden.
Wie so stille in den Schlünden,
Abendlich nur rauscht der Wald.

Alles geht zu seiner Ruh.
Wald und Welt versausen,
Schauernd hört der Wandrer zu,
Sehnt sich recht nach Hause.
Hier in Waldes stiller Klause,
Herz, geh endlich auch zur Ruh.

Abendlandschaft

Inhaltsverzeichnis

Der Hirt bläst seine Weise,
Von fern ein Schuß noch fällt,
Die Wälder rauschen leise
Und Ströme tief im Feld.

Nur hinter jenem Hügel
Noch spielt der Abendschein –
O hätt’ ich, hätt’ ich Flügel,
Zu fliegen da hinein!

Abendständchen

Inhaltsverzeichnis

Schlafe Liebchen, weils auf Erden
Nun so still und seltsam wird!
Oben gehn die goldnen Herden,
Für uns alle wacht der Hirt.

In der Ferne ziehn Gewitter;
Einsam auf dem Schifflein schwank,
Greif ich draußen in die Zither,
Weil mir gar so schwül und bang.

Schlingend sich an Bäum und Zweigen,
In dein stilles Kämmerlein
Wie auf goldnen Leitern steigen
Diese Töne aus und ein.

Und ein wunderschöner Knabe
Schifft hoch über Tal und Kluft,
Rührt mit seinem goldnen Stabe
Säuselnd in der lauen Luft.

Und in wunderbaren Weisen
Singt er ein uraltes Lied,
Das in linden Zauberkreisen
Hinter seinem Schifflein zieht.

Ach, den süßen Klang verführet
Weit der buhlerische Wind,
Und durch Schloß und Wand ihn spüret
Träumend jedes schöne Kind.

Abschied

Inhaltsverzeichnis

O Täler weit, o Höhen,
O schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
Andächtger Aufenthalt!
Da draußen, stets betrogen,
Saust die geschäftge Welt,
Schlag noch einmal die Bogen
Um mich, du grünes Zelt!

Wenn es beginnt zu tagen,
Die Erde dampft und blinkt,
Die Vögel lustig schlagen,
Daß dir dein Herz erklingt:
Da mag vergehn, verwehen
Das trübe Erdenleid,
Da sollst du auferstehen
In junger Herrlichkeit!

Da steht im Wald geschrieben
Ein stilles, ernstes Wort
Von rechtem Tun und Lieben,
Und was des Menschen Hort.
Ich habe treu gelesen
Die Worte, schlicht und wahr,
Und durch mein ganzes Wesen
Wards unaussprechlich klar.

Bald werd ich dich verlassen,
Fremd in der Fremde gehn,
Auf buntbewegten Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn;
Und mitten in dem Leben
Wird deines Ernsts Gewalt
Mich Einsamen erheben,
So wird mein Herz nicht alt.

Abschied II

Inhaltsverzeichnis

Laß, Leben, nicht so wild die Locken wehen!
Es will so rascher Ritt mir nicht mehr glücken,
Hoch überm Land von diamantnen Brücken:
Mir schwindelt, in den Glanz hinabzusehen.

»Vom Rosse spielend meine Blicke gehen
Nach Jüngern Augen, die mein Herz berücken,
Horch, wie der Frühling aufjauchzt vor Entzücken,
Kannst du nicht mit hinab, laß ich dich stehen.«

Kaum noch herzinnig mein, wendst du dich wieder,
Ist das der Lohn für deine treusten Söhne?
Dein trunkner Blick, fast möcht er mich erschrecken.

»Wer sagt' dir, daß ich treu, weil ich so schöne?
Leb wohl, und streckst du müde einst die Glieder,
Will ich mit Blumen dir den Rasen decken.«

Abschied III

Inhaltsverzeichnis

Abendlich schon rauscht der Wald
Aus den tiefen Gründen,
Droben wird der Herr nun bald
An die Sterne zünden,
Wie so stille in den Schlünden,
Abendlich nur rauscht der Wald.

Alles geht zu seiner Ruh,
Wald und Welt versausen,
Schauernd hört der Wandrer zu,
Sehnt sich recht nach Hause,
Hier in Waldes grüner Klause
Herz, geh endlich auch zur Ruh!

Adler

Inhaltsverzeichnis

Steig nur, Sonne,
Auf die Höhn!
Schauer wehn,
Und die Erde bebt vor Wonne.

Kühn nach oben
Greift aus Nacht
Waldespracht,
Noch von Träumen kühl durchwoben.

Und vom hohen
Felsaltar
Stürzt der Aar
Und versinkt in Morgenlohen.

Frischer Morgen!
Frisches Herz,
Himmelwärts!
Laß den Schlaf nun, laß die Sorgen!

Allgemeines Wandern

Inhaltsverzeichnis

Vom Grund bis zu den Gipfeln,
Soweit man sehen kann,
Jetzt blühts in allen Wipfeln,
Nun geht das Wandern an:

Die Quellen von den Klüften,
Die Ström auf grünem Plan,
Die Lerchen hoch in Lüften,
Der Dichter frisch voran.

Und die im Tal verderben
In trüber Sorgen Haft,
Er möcht sie alle werben
Zu dieser Wanderschaft.

Und von den Bergen nieder
Erschallt sein Lied ins Tal,
Und die zerstreuten Brüder
Faßt Heimweh allzumal.

Da wird die Welt so munter
Und nimmt die Reiseschuh,
Sein Liebchen mitten drunter
Die nickt ihm heimlich zu.

Und über Felsenwände
Und auf dem grünen Plan
Das wirrt und jauchzt ohn Ende –
Nun geht das Wandern an!

Am Strom

Inhaltsverzeichnis

Der Fluß glitt einsam hin und rauschte,
Wie sonst, noch immer, immerfort,
Ich stand am Strand gelehnt und lauschte,
Ach, was ich liebt, war lange fort!
Kein Laut, kein Windeshauch, kein Singen
Ging durch den weiten Mittag schwül,
Verträumt die stillen Weiden hingen
Hinab bis in die Wellen kühl.

Die waren alle wie Sirenen
Mit feuchtem, langem, grünem Haar,
Und von der alten Zeit voll Sehnen
Sie sangen leis und wunderbar.
Sing Weide, singe, grüne Weide!
Wie Stimmen aus der Liebsten Grab
Zieht mich dein heimlich Lied voll Leide
Zum Strom von Wehmut mit hinab.

An den heiligen Joseph

Inhaltsverzeichnis

Wenn trübe Schleier alles grau umweben,
Zur bleichen Ferne wird das ganze Leben,
Will Heimat oft sich tröstend zeigen;
Aus Morgenrot die goldnen Höhen steigen,
Und aus dem stillen, wundervollen Duft
Eine wohlbekannte Stimm hinüberruft.

Du warst ja auch einmal hier unten,
Hast ew'ger Treue Schmerz empfunden;
Längst war Maria fortgezogen,
Wie einsam rauschten rings die dunklen Wogen!
Da breitet oben sie die Arme aus:
Komm, treuer Pilger, endlich auch nach Haus!

Seitdem ist wohl viel anders worden,
Treulieb auf Erden ist ausgestorben.
Wem könnt ich's, außer dir, wohl klagen,
Wie oft in kummervollen Tagen
Mein ganzes Herz hier hofft und bangt,
Und nach der Heimat immer fort verlangt!

An der Grenze

Inhaltsverzeichnis

Die treuen Berg stehn auf der Wacht:
»Wer streicht bei stiller Morgenzeit
Da aus der Fremde durch die Heid?« –
Ich aber mir die Berg betracht
Und lach in mich vor großer Lust,
Und rufe recht aus frischer Brust
Parol und Feldgeschrei sogleich:
Vivat Östreich!

Da kennt mich erst die ganze Rund,
Nun grüßen Bach und Vöglein zart
Und Wälder rings nach Landesart,
Die Donau blitzt aus tiefem Grund,
Der Stephansturm auch ganz von fern
Guckt übern Berg und säh mich gern,
Und ist ers nicht, so kommt er doch gleich,
Vivat Östreich!

An die Dichter

Inhaltsverzeichnis

Wo treues Wollen, redlich Streben
Und rechten Sinn der Rechte spürt,
Das muß die Seele ihm erheben,
Das hat mich jedesmal gerührt.

Das Reich des Glaubens ist geendet,
Zerstört die alte Herrlichkeit,
Die Schönheit weinend abgewendet,
So gnadenlos ist unsre Zeit.

O Einfalt gut in frommen Herzen,
Du züchtig schöne Gottesbraut!
Dich schlugen sie mit frechen Scherzen,
Weil dir vor ihrer Klugheit graut.

Wo findst du nun ein Haus, vertrieben,
Wo man dir deine Wunder läßt,
Das treue Tun, das schöne Lieben,
Des Lebens fromm vergnüglich Fest?

Wo findest du den alten Garten,
Dein Spielzeug, wunderbares Kind,
Der Sterne heilge Redensarten,
Das Morgenrot, den frischen Wind?

Wie hat die Sonne schön geschienen!
Nun ist so alt und schwach die Zeit;
Wie stehst so jung du unter ihnen,
Wie wird mein Herz mir stark und weit!

Der Dichter kann nicht mit verarmen;
Wenn alles um ihn her zerfällt,
Hebt ihn ein göttliches Erbarmen –
Der Dichter ist das Herz der Welt.

Den blöden Willen aller Wesen,
Im Irdischen des Herren Spur,
Soll er durch Liebeskraft erlösen,
Der schöne Liebling der Natur.

Drum hat ihm Gott das Wort gegeben,
Das kühn das Dunkelste benennt,
Den frommen Ernst im reichen Leben,
Die Freudigkeit, die keiner kennt,

Da soll er singen frei auf Erden,
In Lust und Not auf Gott vertraun,
Daß aller Herzen freier werden,
Eratmend in die Klänge schaun.

Der Ehre sei er recht zum Horte,
Der Schande leucht er ins Gesicht!
Viel Wunderkraft ist in dem Worte,
Das hell aus reinem Herzen bricht.

Vor Eitelkeit soll er vor allen
Streng hüten sein unschuldges Herz,
Im Falschen nimmer sich gefallen,
Um eitel Witz und blanken Scherz.

Oh, laßt unedle Mühe fahren,
O klingelt, gleißt und spielet nicht
Mit Licht und Gnad, so ihr erfahren,
Zur Sünde macht ihr das Gedicht!

Den lieben Gott laß in dir walten,
Aus frischer Brust nur treulich sing!
Was wahr in dir, wird sich gestalten,
Das andre ist erbärmlich Ding. –

Den Morgen seh ich ferne scheinen,
Die Ströme ziehn im grünen Grund,
Mir ist so wohl! – Die's ehrlich meinen,
Die grüß ich all aus Herzensgrund!

An die Entfernte

Inhaltsverzeichnis

Denk ich, du Stille, an dein ruhig Walten,
An jenes letzten Abends rote Kühle,
Wo ich die teure Hand noch durfte halten:
Steh ich oft sinnend stille im Gewühle,
Und, wie den Schweizer heim'sche Alphornslieder
Auf fremden Bergen, fern den Freunden allen,
Oft unverhofft befallen,
Kommt tiefe Sehnsucht plötzlich auf mich nieder.

Ich hab es oft in deiner Brust gelesen:
Nie hast du recht mich in mir selbst gefunden,
Fremd blieb, zu keck und treibend dir mein Wesen,
Und so bin ich im Strome dir verschwunden.
O nenn drum nicht die schöne Jugend wilde,
Die mit dem Leben und mit seinen Schmerzen
Mag unbekümmert scherzen,
Weil sie die Brust reich fühlt und ernst und milde!

Getrennt ist längst schon unsres Lebens Reise,
Es trieb mein Herz durch licht' und dunkle Stunden.
Dem festern Blick erweitern sich die Kreise,
In Duft ist jenes erste Reich verschwunden –
Doch, wie die Pfade einsam sich verwildern,
Was ich seitdem, von Lust und Leid bezwungen,
Geliebt, geirrt, gesungen:
Ich knie vor dir in all den tausend Bildern.

An die Entfernte II

Inhaltsverzeichnis

Als noch Lieb mit mir im Bunde,
Hatt ich Ruhe keine Stunde;
Wenn im Schloß noch alle schliefen,
War's, als ob süß' Stimmen riefen,
Tönend bis zum Herzensgrunde:
»Auf! schon goldne Strahlen dringen,
Heiter funkeln Wald und Garten,
Neu erquickt die Vögel singen,
Läßt du so dein Liebchen warten?«
Und vom Lager mußt ich springen.

Doch kein Licht noch sah ich grauen,
Draußen durch die nächtlich lauen
Räume nur die Wolken flogen,
Daß die Seele, mitgezogen,
Gern versank im tiefen Schauen –
Unten dann die weite Runde,
Schlösser glänzend fern erhoben,
Nachtigallen aus dem Grunde,
Alles wie im Traum verwoben,
Miteinander still im Bunde.

Wach blieb ich am Fenster stehen,
Kühler schon die Lüfte wehen,
Rot schon rings des Himmels Säume,
Regten frischer sich die Bäume,
Stimmen hört ich fernab gehen:
Und durch Türen, öde Bogen,
Zürnend, daß die Riegel klungen,
Bin ich heimlich ausgezogen,
Bis befreit aufs Roß geschwungen,
Morgenwinde mich umflogen.

Läßt der Morgen von den Höhen
Weit die roten Fahnen wehen,
Widerhall in allen Lüften,
Losgerissen aus den Klüften
Silberner die Ströme gehen:
Spürt der Mann die frischen Geister,
Draußen auf dem Feld, zu Pferde
Alle Ängste keck zerreißt er,
Dampfend unter ihm die Erde,
Fühlt er hier sich Herr und Meister.

Und so öffnet ich die schwüle
Brust aufatmend in der Kühle!
Locken fort aus Stirn und Wange,
Daß der Strom mich ganz umfange,
Frei das blaue Meer umspüle,
Mit den Wolken, eilig fliehend,
Mit der Ströme lichtem Grüßen
Die Gedanken fröhlich ziehend,
Weit voraus vor Wolken, Flüssen –
Ach! ich fühlte, daß ich blühend!

Und im schönen Garten droben,
Wie aus Träumen erst gehoben,
Sah ich still mein Mädchen stehen,
Über Fluß und Wälder gehen
Von der heitern Warte oben
Ihre Augen licht und helle,
Wann der Liebste kommen werde. –
Ja! da kam die Sonne schnelle,
Und weit um die ganze Erde
War es morgenschön und helle!

An die Freunde

Inhaltsverzeichnis

Der Jugend Glanz, der Sehnsucht irre Weisen,
Die tausend Ströme durch das duftge Land,
Es zieht uns all zu seinen Zauberkreisen. –
Wem Gottesdienst in tiefster Brust entbrannt,
Der sieht mit Wehmut ein unendlich Reisen
Zu ferner Heimat, die er fromm erkannt:
Und was sich spielend wob als irdsche Blume,
Wölbt still den Kelch zum ernsten Heiligtume.

So schauet denn das buntbewegte Leben
Ringsum von meines Gartens heitrer Zinn,
Daß hoch die Bilder, die noch dämmernd schweben –
Wo Morgenglanz geblendet meinen Sinn –
An eurem Blick erwachsen und sich heben.
Verwüstend rauscht die Zeit darüber hin;
In euren treuen Herzen neu geboren,
Sind sie im wilden Strome unverloren.

An die Lützowschen Jäger

Inhaltsverzeichnis

Wunderliche Spießgesellen,
Denkt ihr noch an mich,
Wie wir an der Elbe Wellen
Lagen brüderlich?

Wie wir in des Spreewalds Hallen,
Schauer in der Brust,
Hell die Hörner ließen schallen
So zu Schreck wie Lust?

Mancher mußte da hinunter
Unter den Rasen grün,
Und der Krieg und Frühling munter
Gingen über ihn.

Wo wir ruhen, wo wir wohnen:
Jener Waldeshort
Rauscht mit seinen grünen Kronen
Durch mein Leben fort.

An die Meisten

Inhaltsverzeichnis

Ist denn alles ganz vergebens?
Freiheit, Ruhm und treue Sitte,
Ritterbild des alten Lebens,
Zog im Lied durch eure Mitte
Hohnverlacht als Don Quijote;
Euch deckt Schlaf mit plumper Pfote,
Und die Ehre ist euch Zote.

Ob sich Kampf erneut', vergliche,
Ob sich roh Gebirgsvolk raufe,
Sucht der Klügre Weg' und Schliche,
Wie er nur sein Haus erlaufe.
Ruhet, stützet nur und haltet!
Untersinkt, was ihr gestaltet,
Wenn der Mutterboden spaltet.

Wie so lustig, ihr Poeten,
An den blumenreichen Hagen
In dem Abendgold zu flöten,
Quellen, Nymphen nachzujagen!
Wenn erst mut'ge Schüsse fallen,
Von den schönen Widerhallen
Laßt ihr zart Sonette schallen.

Wohlfeil Ruhm sich zu erringen,
Jeder ängstlich schreibt und treibet;
Keinem möcht das Herz zerspringen,
Glaubt sich selbst nicht, was er schreibet.
Seid ihr Männer, seid ihr Christen?
Glaubt ihr, Gott zu überlisten,
So in Selbstsucht feig zu nisten?

Einen Wald doch kenn ich droben,
Rauschend mit den grünen Kronen,
Stämme brüderlich verwoben,
Wo das alte Recht mag wohnen.
Manche auf sein Rauschen merken,
Und ein neu Geschlecht wird stärken
Dieser Wald zu deutschen Werken.

An die Tiroler

Inhaltsverzeichnis

Im Jahre 1810

Bei Waldesrauschen, kühnem Sturz der Wogen,
Wo Herden einsam läuten an den Klüften,
Habt ihr in eurer Berge heitern Lüften
Der Freiheit Lebensatem eingesogen.

Euch selbst die Retter, seid ihr ausgezogen,
Wie helle Bäche brechen aus den Klüften;
Hinunter schwindelt Tücke nach den Schlüften,
Der Freiheit Burg sind eure Felsenbogen.

Hochherzig Volk, Genosse größrer Zeiten!
Du sinkst nun in der eignen Häuser Brande,
Zum Himmel noch gestreckt die freien Hände.

O Herr! laß diese Lohen wehn, sich breiten
Auffordernd über alle deutschen Lande,
Und wer da fällt, dem schenk so glorreich Ende!

An die Waldvögel

Inhaltsverzeichnis

Könnt mich auch sonst mit schwingen
Übers grüne Revier,
Hatt ein Herze zum Singen
Und Flügel wie ihr.

Flog über die Felder,
Da blüht' es wie Schnee,
Und herauf durch die Wälder
Spiegelt' die See.

Ein Schiff sah ich gehen
Fort über das Meer,
Meinen Liebsten drin stehen –
Dacht meiner nicht mehr.

Und die Segel verzogen,
Und es dämmert' das Feld,
Und ich hab mich verflogen
In der weiten, weiten Welt.

An eine Tänzerin

Inhaltsverzeichnis

Kastagnetten lustig schwingen
Seh ich dich, du zierlich Kind!
Mit der Locken schwarzen Ringen
Spielt der sommerlaue Wind.
Künstlich regst du schöne Glieder,
Glühendwild,
Zärtlichmild
Tauchest in Musik du nieder
Und die Woge hebt dich wieder.

Warum sind so blaß die Wangen,
Dunkelfeucht der Augen Glanz,
Und ein heimliches Verlangen
Schimmert glühend durch den Tanz?
Schalkhaft lockend schaust du nieder,
Liebesnacht
Süß erwacht,
Wollüstig erklingen Lieder –
Schlag nicht so die Augen nieder!

Wecke nicht die Zauberlieder
In der dunklen Tiefe Schoß,
Selbst verzaubert sinkst du nieder,
Und sie lassen dich nicht los.
Tödlich schlingt sich um die Glieder
Sündlich Glühn,
Und verblühn
Müssen Schönheit, Tanz und Lieder,
Ach, ich kenne dich nicht wieder!

An einen Offizier, der als Bräutigam starb

Inhaltsverzeichnis

Frisch flogst du durch die Felder
Und faßtest ihre Hand,
Ringsum der Kreis der Wälder
In Morgenflammen stand.

O falsches Rot! Verblühen
Mußt dieses Blütenmeer,
Wer dachte, daß dies Glühen
Das Abendrot schon wär!

Nun dunkeln schon die Fernen,
Du wirst so still und bleich,
Wie ist da weit von Sternen
Der Himmelsgrund so reich!

Trompeten hört ich laden
Fern durch die stille Luft,
Als zögen Kameraden –
Der alte Feldherr ruft.

Es sinken schon die Brücken,
Heut dir und morgen mir.
Du müßt hinüberrücken,
Kamrad, mach uns Quartier!

Treu' Lieb ist unverloren,
Empfängst – wie bald ist's hin! –
Einst an den Himmelstoren
Die müde Pilgerin.

An Jegor von Sivers

Inhaltsverzeichnis

Wo sie schwindeln und vor Bangen
In der zack'gen Gipfel Bann
Andern längst der Mut vergangen,
Seht erst deine Lust recht an,
Und bei wilder Brandung schäumen,
An des Nordlands Felsenhang
Oder unter Palmenbäumen:
Wo du trittst, gibt's frischen Klang.

Wanderdichter, nimm vom Greise,
Da er von dir scheiden muß,
Recht aus Herzensgrund zur Reise
seinen allerbesten Gruß:
Wo die Pfade kühn sich schlingen
Nach des Lebens höchsten Höhn,
Freud'ges Ringen, herzhaft Singen
Und ein bald'ges Wiedersehn!

An Luise

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Ich wollt in Liedern oft dich preisen,
Die wunderstille Güte,
Wie du ein halbverwildertes Gemüte
Dir liebend hegst und heilst auf tausend süße Weisen,
Des Mannes Unruh und verworrnem Leben
Durch Tränen lächelnd bis zum Tod ergeben.

Doch wie den Blick ich dichtend wende,
So schön still in stillem Harme
Sitzt du vor mir, das Kindlein auf dem Arme,
Im blauen Auge Treu und Frieden ohne Ende,
Und alles lass ich, wenn ich dich so schaue –
Ach, wen Gott lieb hat, gab er solche Fraue!

An meinem Geburtstage

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War ein wunderschöner Garten,
Warm und herrlich aufgetan.
Lenz und Licht des Reisleins harrten,
Daß es wuchs zum Himmel an.

Wie die Blätter ringsum glühten
In der frohen Morgenzeit,
Alle Zweige voller Blüten,
Vögel sangen weit und breit!

Mittag kam, die Blätter hingen,
In dem Wipfel säuselt's kaum,
Wetter stiegen auf und gingen,
Stumm erwartend stand der Baum.

Jetzo sinkt die Abendröte,
Blüte fällt, es schweigt der Sang,
Und ich rausch' wie im Gebete
Mit den Zweigen: Gott sei Dank!

An meinen Bruder

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Was Großes sich begeben,
Der Kön'ge Herrlichkeit,
Du sahsts mit freudgem Beben,
Dir wars vergönnt, zu leben
In dieser Wunderzeit.

Und über diese Wogen
Kam hoch ein himmlisch Bild
Durchs stille Blau gezogen,
Traf mit dem Zauberbogen
Dein Herz so fest und mild.

O wunderbares Grauen,
Zur selben Stund den Herrn
Im Wetterleuchten schauen,
Und über den stummen Gauen
Schuldloser Liebe Stern!

Und hat nun ausgerungen
Mein Deutschland siegeswund:
Was damals Lieb gesungen,
Was Schwerter dir geklungen,
Klingt fort im Herzensgrund.

Laß bilden die Gewalten!
Was davon himmlisch war,
Kann nimmermehr veralten,
Wird in der Brust gestalten
Sich manches stille Jahr.

Die Fesseln müssen springen,
Ja, endlich macht sichs frei,
Und Großes wird gelingen
Durch Taten oder Singen,
Vor Gott ists einerlei.

An Philipp

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(Nach einer Wiener Redoutenmelodie)

Kennst du noch den Zaubersaal,
Wo süß Melodien wehen,
Zwischen Sternen ohne Zahl
Frauen auf und nieder gehen?

Kennst du noch den Strom von Tönen,
Der sich durch die bunten Reihen schlang,
Von noch unbekannten Schönen
Und von fernen, blauen Bergen sang?

Sieh! die lichte Pracht erneut
Fröhlich sich in allen Jahren,
Doch die Brüder sind zerstreut,
Die dort froh beisammen waren.

Und der Blick wird irre schweifen,
Einsam stehst du nun in Pracht und Scherz,
Und die alten Töne greifen
Dir mit tausend Schmerzen an das Herz.

Uhren schlagen durch die Nacht,
Drein verschlafne Geigen streichen,
Aus dem Saale, überwacht,
Sich die letzten Paare schleichen.

So ist unser Fest vergangen,
Und die lust'gen Kerzen löschen aus,
Doch die Sterne draußen prangen,
Und die führen mich und dich nach Haus.

An...

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Wie nach festen Felsenwänden
Muß ich in der Einsamkeit
Stets auf dich die Blicke wenden.
Alle, die in guter Zeit
Bei mir waren, sah ich scheiden
Mit des falschen Glückes Schaum,
Du bliebst schweigend mir im Leiden,
Wie ein treuer Tannenbaum,
Ob die Felder lustig blühn,
Ob der Winter zieht heran,
Immer finster, immer grün –
Reich die Hand mir, wackrer Mann.

Andre haben andre Schwingen

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Andre haben andre Schwingen,
Aber wir, mein fröhlich Herz,
Wollen grad hinauf uns singen,
Aus dem Frühling himmelwärts!

Angedenken

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Berg' und Täler wieder fingen
Ringsumher zu blühen an,
Aus dem Walde hört ich singen
Einen lust'gen Jägersmann.

Und die Tränen drangen leise:
So einst blüht' es weit und breit,
Als mein Lieb dieselbe Weise
Mich gelehrt vor langer Zeit.

Ach, ein solches Angedenken,
's ist nur eitel Klang und Luft,
Und kann schimmernd doch versenken
Rings in Tränen Tal und Kluft!

Anklänge

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1

Liebe, wunderschönes Leben,
Willst du wieder mich verführen,
Soll ich wieder Abschied geben
Fleißig ruhigem Studieren?

Offen stehen Fenster, Türen,
Draußen Frühlingsboten schweben,
Lerchen schwirrend sich erheben,
Echo will im Wald sich rühren.

Wohl, da hilft kein Widerstreben,
Tief im Herzen muß ich`s spüren:
Liebe, wunderschönes Leben,
Wieder wirst du mich verführen!

2

Hoch über stillen Höhen
Stand in dem Wald ein Haus,
So einsam war's zu sehen
Dort übern Wald hinaus.

Ein Mädchen saß darinnen
Bei stiller Abendzeit,
Tät seidne Fäden spinnen
Zu ihrem Hochzeitskleid.

Appell

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Ich hört viel Dichter klagen
Von alter Ehre rein,
Doch wen'ge mochten's wagen
Und selber schlagen drein.

Mein Herz wollt mir zerspringen,
Sucht' mir ein ander Ziel,
Denn anders sein und singen,
Das ist ein dummes Spiel.

So stieg ich mit Auroren
Still ins Gebirg hinan,
Ich war wie neugeboren,
So kühle weht's mich an.

Und als ich, Bahn mir schaffend,
Zum Gipfel trat hinauf,
Da blitzten schon von Waffen
Ringsum die Länder auf.

Die Hörner hört ich laden,
Die Luft war streng und klar –
Ihr neuen Kameraden,
Wie singt ihr wunderbar!

Frisch auf, wir wollen uns schlagen,
So Gott will, übern Rhein
Und weiter im fröhlichen Jagen
Bis nach Paris hinein!

Auf dem Rhein

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Kühle auf dem schönen Rheine,
Fuhren wir vereinte Brüder,
Tranken von dem goldnen Weine,
Singend gute deutsche Lieder.
Was uns dort erfüllt die Brust,
Sollen wir halten,
Niemals erkalten,
Und vollbringen treu mit Lust!
Und so wollen wir uns teilen,
Eines Fels verschiedne Quellen,
Bleiben so auf hundert Meilen
Ewig redliche Gesellen!

Auf dem Schwedenberge

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Da hoben bunt und bunter
Sich Zelte in die Luft,
Und Fähnlein wehten munter
Herunter von der Kluft.

Und um die leichten Tische,
An jenem Bächlein klar,
Saß in der kühlen Frische
Der lust'gen Reiter Schar.

Eilt' durch die rüst'gen Zecher
Die Marketenderin,
Reicht' flüchtig ihre Becher,
Nimmt flücht'ge Küsse hin.

Da war ein Toben, Lachen,
Weit in den Wald hinein,
Die Trommel ging, es brachen
Die lust'gen Pfeifen drein.

Durch die verworrnen Klänge
Stürmt' fort manch wilde Brust,
Da schallten noch Gesänge
Von Freiheit und von Lust.

Fort ist das bunte Toben,
Verklungen Sang und Klang,
Und stille ist's hier oben
Viel hundert Jahre lang.

Du Wald, so dunkelschaurig,
Waldhorn, du Jägerlust!
Wie lustig und wie traurig
Rührst du mir an die Brust!

Auf der Feldwacht

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Mein Gewehr im Arme steh ich
Hier verloren auf der Wacht,
Still nach jener Gegend seh ich,
Hab so oft dahin gedacht!

Fernher Abendglocken klingen
Durch die schöne Einsamkeit;
So, wenn wir zusammen gingen,
Hört ichs oft in alter Zeit.

Wolken da wie Türme prangen,
Als säh ich im Duft mein Wien,
Und die Donau hell ergangen
Zwischen Burgen durch das Grün.

Doch wie fern sind Strom und Türme!
Wer da wohnt, denkt mein noch kaum,
Herbstlich rauschen schon die Stürme,
Und ich stehe wie im Traum.

Auf einer Burg

Inhaltsverzeichnis

Eingeschlafen auf der Lauer
Oben ist der alte Ritter;
Drüber gehen Regenschauer,
Und der Wald rauscht durch das Gitter.

Eingewachsen Bart und Haare,
Und versteinert Brust und Krause,
Sitzt er viele hundert Jahre
Oben in der stillen Klause.

Draußen ist es still und friedlich,
Alle sind ins Tal gezogen,
Waldesvögel einsam singen
In den leeren Fensterbogen.

Eine Hochzeit fährt da unten
Auf dem Rhein im Sonnenscheine,
Musikanten spielen munter,
Und die schöne Braut die weinet.

Auf meines Kindes Tod

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Das Kindlein spielt' draußen im Frühlingsschein,
Und freut' sich und hatte so viel zu sehen,
Wie die Felder schimmern und die Ströme gehen –
Da sah der Abend durch die Bäume herein,
Der alle die schönen Bilder verwirrt.
Und wie es nun ringsum so stille wird,
Beginnt aus den Tälern ein heimlich‘ Singen,
Als wollt's mit Wehmut die Welt umschlingen,
Die Farben vergehn und die Erde wird blaß.
Voll Staunen fragt 's Kindlein: »Ach, was ist das?«
Und legt sich träumend ins säuselnde Gras;
Da rühren die Blumen ihm kühle ans Herz
Und lächelnd fühlt es so süßen Schmerz,
Und die Erde, die Mutter, so schön und bleich,
Küßt das Kindlein und läßt's nicht los,
Zieht es herzinnig in ihren Schoß
Und bettet es drunten gar warm und weich,
Still unter Blumen und Moos. –

»Und was weint ihr, Vater und Mutter, um mich?
In einem viel schöneren Garten bin ich,
Der ist so groß und weit und wunderbar,
Viel‘ Blumen stehn dort von Golde klar,
Und schöne Kindlein mit Flügeln schwingen
Auf und nieder sich drauf und singen. –
Die kenn ich gar wohl aus der Frühlingszeit,
Wie sie zogen über Berge und Täler weit
Und mancher mich da aus dem Himmelblau rief,
Wenn ich drunten im Garten schlief. –
Und mitten zwischen den Blumen und Scheinen
Steht die schönste von allen Frauen,
Ein glänzend Kindlein an ihrer Brust. –
Ich kann nicht sprechen und auch nicht weinen,
Nur singen immer und wieder dann schauen
Still vor großer, seliger Lust.«

Auf meines Kindes Tod (II)

Inhaltsverzeichnis

Als ich nun zum ersten Male
Wieder durch den Garten ging,
Busch und Bächlein in dem Tale
Lustig an zu plaudern fing.

Blumen halbverstohlen blickten
Neckend aus dem Gras heraus,
Bunte Schmetterlinge schickten
Sie sogleich auf Kundschaft aus.

Auch der Kuckuck in den Zweigen
Fand sich bald zum Spielen ein,
Endlich brach der Baum das Schweigen:
»Warum kommst du heut allein?«

Da ich aber schwieg, da rührt' er
Wunderbar sein dunkles Haupt,
Und ein Flüstern konnt ich spüren
Zwischen Vöglein, Blüt und Laub.

Tränen in dem Grase hingen,
Durch die abendstille Rund
Klagend nun die Quellen gingen,
Und ich weint aus Herzensgrund.

Auf meines Kindes Tod (III)

Inhaltsverzeichnis

Was ist mir denn so wehe?
Es liegt ja wie im Traum
Der Grund schon, wo ich stehe,
Die Wälder säuseln kaum
Noch von der dunklen Höhe.
Es komme wie es will,
Was ist mir denn so wehe –
Wie bald wird alles still.

Das ist's, was mich ganz verstöret:
Daß die Nacht nicht Ruhe hält,
Wenn zu atmen aufgehöret
Lange schon die müde Welt.

Daß die Glocken, die da schlagen,
Und im Wald der leise Wind
Jede Nacht von neuem klagen
Um mein liebes, süßes Kind.

Daß mein Herz nicht konnte brechen
Bei dem letzten Todeskuß,
Daß ich wie im Wahnsinn sprechen
Nun in irren Liedern muß.

Auf meines Kindes Tod (IV)

Inhaltsverzeichnis

Freuden wollt ich dir bereiten,
Zwischen Kämpfen, Lust und Schmerz
Wollt ich treulich dich geleiten
Durch das Leben himmelwärts.

Doch du hast's allein gefunden
Wo kein Vater führen kann,
Durch die ernste, dunkle Stunde
Gingst du schuldlos mir voran.

Wie das Säuseln leiser Schwingen
Draußen über Tal und Kluft
Ging zur selben Stund ein Singen
Ferne durch die stille Luft.

Und so fröhlich glänzt' der Morgen,
's war als ob das Singen sprach:
Jetzo lasset alle Sorgen,
Liebt ihr mich, so folgt mir nach!

Ich führt dich oft spazieren
In Wintereinsamkeit,
Kein Laut ließ sich da spüren,
Du schöne, stille Zeit!

Lenz ist's nun, Lerchen singen
Im Blauen über mir,
Ich weine still – sie bringen
Mir einen Gruß von dir.

Auf meines Kindes Tod (V)

Inhaltsverzeichnis