A
Absonderung 63
Alkoholverbot 2, 35
Anschlussvollstreckung 20
Anstaltskleidung 2
Anti-Gewalt-Training 83
Aquarium 55
Arbeiterwohlfahrt 87
Arbeitsentgelt 51
Arbeitspflicht 48 ff.
Ausführung 71
Ausgang 74
Auslieferungshaft 6, 24
Außenbeschäftigung 71
B
Berufsausbildung 49
Berufsverbrecher 27
Beschwerde 68
Besonders gesicherter Haftraum 62
Besuch 35 ff., 107
– Überwachung 38
Besuchsraum 37
Besuchsverbot 37, 40 f.
Bewährungshelfer 85
Briefe 42 ff.
C
Cliquen 79
Computer 28
Corona 38, 39, 85
D
Diätkost 32
Disziplinarmaßnahmen 64 ff.
Drogen 91 ff.
Drogenpäckchen 42
Drogentest 62
E
Eckvergütung 51
Ehepartner 37
Einschließung 61
Einzelhaft 62 ff.
Entbindungsabteilung 98
Entlassungsloch 87
Entziehungsanstalt 93, 102
Essen 32 ff.
F
Fernsehgerät 10, 28, 29
Fernstudium 48
Frauenstrafanstalt 96
Freigang 73
Freizeit 78
Fußfessel 84
132G
Geburtsanzeige 98
Gefangenenmitverantwortung 11
Gefangenenrechte 5
Gegenvorstellung 68
Geld 51 ff.
Gottesdienst 82
H
Haftantritt 20
Haftentlassung 84
Haftkostenbeitrag 55
Haftraum 25 ff.
Hafturlaub 52, 66, 71, 95
Handschellen 72
Hauptschulabschluss 48
Hobby 74
Hochbett 26
Hochschulstudium 48 f.
Homosexualität 108
I
Imam 83
Internetzugang 46
Isolationshaft 62 f.
J
Joker 49
Jugendliche 99
Juristen 72, 129
K
Kassiber 45
Kleidung 30 ff.
Kleinkriminelle 27
Knastanwalt 19, 78
Körperhygiene 30
Konto (Geldkonto) 57 f.
Krankenversicherung 54
L
Legalverhalten 27
Lockerungen 71 ff.
M
Maßregelvollzug 102 ff.
Metalldetektor 40 Mordmerkmal 56
N
Nationalsozialismus 117
O
Ordnung 30, 44 f., 53, 56 ff., 62 f., 77, 81, 111
P
Playstation 29
Pornographie 28
Postgeheimnis 43
Prisonisierung 97
133Q
Quadratmeter 42
Qualifikation 102 f.
Quarkbecher 50
R
Raumgröße 26
Rechtsschutz 67
Religion 81 ff.
Remonstration 68
Rentenalter 101
Rentenversicherung 54
Resozialisierung 1, 12, 35, 87, 93, 97
Reststrafenregelung 76
Rückfall 88 f.
S
Schlichtzelle 63
Schmerzensgeldanspruch 76
Schwangerschaft 98
Schulabschluss 48
Sechsmonatsprüfung 17
Seelsorger 81 f.
Sexualität 108 ff.
Sexualleben 37
Sexualstraftäter 111 f.
Sicherheitsmaßnahmen 61
Sicherheitsschleuse 38
Sicherungsverwahrung 104
Sichtkontrolle 42
Sichtschutz 26
Sonderurlaub 84
Sonderschulabschluss 48
Speiseplan 33
Spezialprävention 1
Sport 78
Sportverein 73
Sprachkurs 94
Stundensatz 52
Subkultur 79 ff.
T
Tagebuch 61
Tagessatz 51
Taschengeld 54
Tätowieren 80
Telefon 41 f.
Todesstrafe 6
Transsexuelle 113 ff.
U
Überbrückungsgeld 56 f.
Unschuldsvermutung 17
Untersuchungshaft 6, 16 f., 20, 38, 75, 121
Unterwäsche 30 f.
Urlaub 75
Urlaubsanspruch 52
Urlaubssperre 65
V
Verdunkelungsgefahr 38
Verfassungsbeschwerde 70
Verhaltensvorschrift(en) 61, 63
Versagensquote 23
Verteidigerbesuch 39
Verteidigerpost 45
134Vollzugsplan 21, 84, 106
Vollzugstauglichkeit 58
W
Wäschemarken 47
Weihnachtszeit 84
Wiedereingliederung 86
Winterkleidung 31
X
X-Box 29
Z
Zeittag 52
Zuchthaus 22
Zwangsbehandlung 103 f.
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www.beck.de
Originalausgabe
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,
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ISBN 978-3-423-51275-6 (dtv)
ISBN 978-3-406-78140-7 (C. H. Beck)
ISBN 978-3-406-78141-4 (eBook)
Beck im dtv
für Verurteilte, Angehörige und
Interessierte
Von Ingo W. P. Lenßen und Robert F. Scheel
dtv
Gegenwärtig sitzen in Deutschland fast 75.000 Menschen im Gefängnis. Nicht wenige von ihnen verbüßen langjährige Haftstrafen zwischen 10 und 15 Jahren. Doch wie ist das Leben im Strafvollzug? Der Knast-Guide widmet sich dem Knastalltag von der Aufnahme, der Verpflflegung und der Kommunikation nach „draußen“ bis hin zu Arbeitsmöglichkeiten, der Resozialisierung und der Entlassung. Dabei geht es unter anderem um folgende Fragen:
Beispiele aus der Knastsprache und wertvolle Tipps runden das Buch ab.
Ingo Lenßen ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Lenßen & Partner. In seiner Rolle als erfolgreicher Fernsehanwalt ist er deutschlandweit bekannt. Robert Scheel ist ebenfalls Rechtsanwalt und Partner von Ingo Lenßen in der Kanzlei am Bodensee. Beide Autoren haben ihre Erlebnisse als Strafverteidiger dazu inspiriert, dieses Buch zu schreiben.
Vorwort
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
Literaturhinweise
1. Kapitel Haft in Deutschland
I. Einleitung
II. Wie und wo werden Freiheitsstrafen vollzogen?
1. Wie ist das Gefängnis organisiert?
2. Das Ziel des Knastaufenthaltes
III. Aktuelle Zahlen zum Strafvollzug
IV. Der Unterschied zwischen Untersuchungshaft und Strafhaft
2. Kapitel Der Knastalltag
I. Die Ankunft im Gefängnis
1. Strafantritt
2. Der Fahrplan für den Knastaufenthalt (= Vollzugsplan )
3. Haft mit Gittern oder ohne
II. Der Alltag
1. Einzel- oder Gemeinschaftsraum
2. Kleidung und Unterwäsche
3. Essen im Gefängnis
4. Besuche
5. Telefon
6. Post, Briefe und Internet
7. Arbeit und Ausbildung
8. Geld
9. Gesundheit und Soziales
10. Sicherheit und Ordnung
11. Strafen für Bestrafte
12. Lockerungen für den Gefangenen
13. „Knastanwälte“
14. Freizeit im Knast
15. Subkulturen und Cliquen im Gefängnis
16. Religion hinter Gittern
III. Vorbereitung und Freilassung
IV. Wiedereingliederung des Freigelassenen in die Gesellschaft
V. Rückfall in die Illegalität
3. Kapitel Besonderheiten
I. Drogen und Drogenabhängige im Gefängnis
II. Menschen aus fremden Kulturkreisen im Knast
III. Frauen im Gefängnis
IV. Der Jugendliche im Knast
V. Alte „Knackis“
VI. Gefangene in der Psychiatrie oder in der Entziehungsanstalt
VII. Die Sicherungsverwahrung für besonders gefährliche Straftäter
VIII. Homosexualität in deutschen Gefängnissen
IX. Sexualstraftäter in Haft
X. Die Inhaftierung von Transsexuellen
4. Kapitel Einzelne Justizvollzugsanstalten im Überblick
I. Berühmt-berüchtigte Gefängnisse
II. Die schrecklichsten Gefängnisse
5. Kapitel Die Berechnung der Haftzeit im Einzelnen
6. Kapitel Schluss
Anmerkungen
Sachverzeichnis
Wir, die Strafverteidiger, waren auf dem Weg zu einem Mandantenbesuch „im Knast“. Der kalte Dezemberwind wehte rau durch die Straßen Villingens. Langsam öffneten sich die mächtigen Schleusen der Justizvollzugsanstalt, die ein Leben verbergen, dessen Umstände nur der erahnen kann, der das Innere kennt.
Drinnen erfolgte die übliche Sicherheitsüberprüfung. Wir zeigten unsere Anwaltsausweise und mussten unsere Mobiltelefone abgeben. Scheinbar misstraut man auch den Anwälten und will unkontrollierte Kontakte verhindern. Hinter weiteren stets verschlossenen Türen warteten wir in einem Besucherraum, der nichts für Menschen mit Platzangst ist. Trotz unzähliger Besuche: nichts ist normal. Wir würden es keine 24 Stunden hier aushalten!
Mancher wird sich fragen: Wie muss es wohl sein, hier zu leben? Oder besser gesagt: hier leben zu müssen. Wie ist der Alltag? Kann man hier Sport treiben, lesen oder gar arbeiten? Wie sieht es mit dem Essen aus? Welche Kleidung darf ich tragen? Wie oft kann mich meine Familie besuchen? Kann ich fernsehen? Alles Fragen, auf die viele keine Antwort wissen.
Deshalb haben wir uns entschlossen, diesen Fragen nachzugehen und dieses Buch zu schreiben. Wir wollen einen Einblick in den Alltag der deutschen Justizvollzugsanstalt geben, erklären, welche Rechte die Insassen und ihre Angehörigen haben. Wie sieht es mit dem Strafanspruch des deutschen Staates und seiner Bürger aus? Sind Gefängnisse in Deutschland so komfortabel, dass es sich für manchen lohnen könnte, dort statt obdach- und/oder nahrungslos in Freiheit zu leben? Oder sind die Haftverhältnisse in der Bundesrepublik mancherorts so schlecht, dass die Menschenwürde des Gefangenen verletzt ist?
Bodman-Ludwigshafen, Januar 2022
Ingo W. P. Lenßen
Robert F. Scheel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturhinweise
1. Kapitel Haft in Deutschland
2. Kapitel Der Knastalltag
3. Kapitel Besonderheiten
4. Kapitel Einzelne Justizvollzugsanstalten im Überblick
5. Kapitel Die Berechnung der Haftzeit im Einzelnen
6. Kapitel Schluss
Anmerkungen
Sachverzeichnis
a.a.O. |
am angegebenen Ort |
a.A. |
anderer Ansicht |
Abs. |
Absatz |
a.E. |
am Ende |
a.F. |
alte Fassung |
(m.) Anm. |
(mit) Anmerkung |
Aufl. |
Auflage |
AWO |
Arbeiterwohlfahrt |
Az. |
Aktenzeichen |
Bearb. |
Bearbeiter |
Begr. |
Begründer |
BewHi |
Zeitschrift für Bewährungshilfe |
BGB |
Bürgerliches Gesetzbuch |
BGBl. |
Bundesgesetzblatt |
BGH |
Bundesgerichtshof |
BVerfG |
Bundesverfassungsgericht |
BVerfGE |
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (amtliche Sammlung) |
ders. |
derselbe |
d.h. |
das heißt |
dies. |
dieselben |
EGMR |
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte |
Einf. |
Einführung |
Einl. |
Einleitung |
EU |
Europäische Union |
etc. |
et cetera |
f./ff. |
folgende |
GG |
Grundgesetz |
ggf. |
gegebenenfalls |
h.M. |
herrschende Meinung |
Hrsg. |
Herausgeber |
i.S. |
im Sinne |
i.V.m. |
in Verbindung mit |
XIVJVA |
Justizvollzugsanstalt |
k.A. |
keine Angabe |
KG |
Kammergericht |
LG |
Landgericht |
m.w.N. |
mit weiteren Nachweisen |
OLG |
Oberlandesgericht |
qm |
Quadratmeter |
Rn. |
Randnummer |
s. |
siehe |
S. |
Seite, Satz |
SGB IV |
Viertes Sozialgesetzbuch |
StGB |
Strafgesetzbuch |
StPO |
Strafprozessordnung |
StVollzG |
Strafvollzugsgesetz |
v. |
von |
VGH |
Verwaltungsgerichtshof |
vgl. |
vergleiche |
z.B. |
zum Beispiel |
zit. |
zitiert |
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen – Eine bundesweite Rückfalluntersuchung 2010 bis 2013 und 2004 bis 2013, 2016.
Dünkel, Frieder/Geng, Bernd/Morgenstern, Christine, Rechtstatsächliche Analysen, aktuelle Entwicklungen und Problemlagen des Strafvollzuges in Deutschland, https://www.bpb.de/apuz/32967/strafvollzug-in-deutschland-rechtstatsaechliche-befunde (abgerufen am 29.9.2021).
Feest, Johannes/Lesting, Wolfgang/Lindemann, Michael (Hrsg.), Strafvollzugsgesetze, Kommentar, 8. Aufl. 2022 (zit.: Bearbeiter, in: Feest/Lesting/Lindemann, Kommentar zum StVollzG, § Rn.).
Foucault, Michel, Überwachen und Strafen – Die Geburt des Gefängnisses, 20. Aufl. 2017.
Laubenthal, Klaus, Lexikon der Knastsprache, 2001.
Laubenthal, Klaus, Strafvollzug, 8. Aufl. 2019
Mayntz, Gregor, Zahl der Ausländer in Gefängnissen auf Rekordhoch, in: Rheinische Post Online vom 4.2.2019, https://rp-online.de/politik/deutschland/gefaengnisse-in-deutschland-immer-mehr-auslaender-sitzen-in-haft_aid-36501705 (abgerufen am 29.9.2021).
Müller, Eckhart/Schlothauer, Reinhold/Knauer, Christoph (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 3. Aufl. 2022 (zit.: Bearb., in: Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, § Rn.).
XVIStatistisches Bundesamt, Strafgefangene und Sicherungsverwahrte am 31.3.2020 nach Art der Straftat, Art des Vollzugs und Altersgruppe, https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Justiz-Rechtspfle ge/Publikationen/Downloads-Strafverfolgung-Strafvollzug/strafvollzug-2100410207004.pdf;jsessionid=55ACE178F7F3219721CB25B736E7DFAD.live742?__blob=publicationFile (abgerufen am 29.9. 2021).
Statistisches Bundesamt, Bestand der Gefangenen und Verwahrten in den deutschen Justizvollzugsanstalten nach ihrer Unterbringung auf Haftplätze des geschlossenen und offenen Vollzuges zum 7. Oktober 2021, https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Justiz-Rechtspflege /Publikationen/Downloads-Strafverfolgung-Strafvollzug/bestand-gefangene-verwahrte-xlsx-5243201.html (abgerufen am 1.12.2021).
Stiels-Glenn, Michael, Leserzuschrift zu dem Themenschwerpunkt „Ü̈bergangsmanagement“ in Heft 2/2009, in: BewHi 2009, S. 410–415.
Stukenberg, Timo, Drogen hinter Gittern – Suchtkranke in deutschen Gefängnissen, in: Deutschlandfunk.de vom 1.5.2019, https://www.deutschlandfunk.de/suchtkranke-in-deutschen-gefaengnissen- drogen-hinter-gittern.724.de.html?dram:article_id=447618 abgerufen am 29.9.2021).
Walter, Michael, Strafvollzug, 2. Aufl. 1999.
Der französische Philosoph Michel Foucault schrieb in seinem 1975 erschienenen Buch „Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses“ folgenden Satz:
„Man kennt alle Nachteile des Gefängnisses: dass es gefährlich ist, dass es vielleicht sogar nutzlos ist. Und dennoch ‚sieht‘ man nicht, wodurch es ersetzt werden könnte. Es ist die verabscheuungswürdige Lösung, um die man nicht herumkommt.“1
Damit ist das Dilemma der Gefängnisse auf den Punkt gebracht. Es ist weder erwiesen, dass die Inhaftierung verurteilte Straftäter vor neuen Taten abschreckt (Gedanke der Spezialprävention), noch, dass sich Menschen grundsätzlich durch eine mögliche Haftstrafe davon abhalten lassen, Straftaten zu begehen.
Andererseits ist der Gedanke anerkannt, dass gemeingefährliche Menschen, die eine Bedrohung für die Bevölkerung darstellen, nicht auf freiem Fuß sein sollten.
Dabei ist das primäre Ziel des Strafvollzugs doch ein ganz anderes: nämlich die Resozialisierung des Gefangenen. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in einem Urteil vom 1. Juli 1998 unmissverständlich ausgeführt:
2„Die Verfassung gebietet es, den Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung der Gefangenen hin auszurichten. Der einzelne Gefangene hat aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz einen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass dieser Zielsetzung bei ihn belastenden Maßnahmen genügt wird. (…) Die Resozialisierung dient auch dem Schutz der Gemeinschaft: Diese hat ein unmittelbar eigenes Interesse daran, dass der Täter nicht wieder rückfällig wird und erneut seine Mitbürger und die Gemeinschaft schädigt.“
Der zu einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe Verurteilte wird, sofern er sich nicht bereits während des Strafverfahrens in Untersuchungshaft befunden hat, bald nach Rechtskraft des Urteils zum Haftantritt geladen.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt drängen sich dem Betroffenen, sofern er nicht über Hafterfahrung verfügt, zahlreiche Fragen über den Vollzug der Freiheitsstrafe im Allgemeinen und über den Haftalltag im Besonderen auf.
Durch die Haft verliert der Verurteilte seine Privatsphäre fast gänzlich. Ohne Einzelraum kein Toilettengang ohne die Anwesenheit des Zimmernachbarn, kein Einschlafen, kein Aufwachen, kein Frühstück, kein Mittag oder Abendessen in privater Atmosphäre.
Die Inhaftierung schränkt den Verurteilten tatsächlich massiv in seinen Grundrechten ein; diese Einschränkungen begleiten ihn während seiner gesamten Inhaftierung. Der Gefangene wird dabei nicht nur um seine Freiheit gebracht (Art. 2 Abs. 2 S. 2 Grundgesetz), auch seinen Beruf (Art. 12 Grundgesetz) kann er meist nicht mehr ausüben. Mehr noch, er ist im Gefängnis grundsätzlich sogar zur Arbeit verpflichtet. Zudem sind die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 und 2 Grundgesetz) sowie auf Wahrung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 Abs. 1 Grundgesetz) betroffen. Das Ehe- und Familienleben des Gefangenen (Art. 6 Grundgesetz) kommt – mit Ausnahme der Besuche – ganz zum Erliegen. Schließlich leidet das allgemeine Persönlichkeitsrecht, etwa durch die Verpflichtung zum Tragen von Anstaltskleidung, die Beschränkung der freien Arztwahl, das in den Anstalten herrschende Alkoholverbot und durch die Beschränkung der Gegenstände, die der Gefangene besitzen darf.
3Damit noch nicht genug. Denn hinzu tritt das den Gefängnissen innewohnende Prinzip der Über- und Unterordnung: Der Gefangene ist an die Anordnungen der Anstaltsbediensteten und Weisungen der Anstaltsleitung gebunden und dabei von deren „gutem Willen“ abhängig. Das Ganze wird durch die unter den Gefangenen selbst bestehende Hierarchie, die das Leben des Einzelnen bestimmt, noch verschlimmert.
Das Gefängnispersonal kann aber nicht allein für die missliche Lage in manchen Haftanstalten verantwortlich gemacht werden. Ihre Arbeit ist oft durch die Überbelegung der Vollzugsanstalten sowie Kosten- und Personalabbau beeinträchtigt. Dazu kommt oft auch noch der Erwartungsdruck von Politik und Öffentlichkeit, der das Anstaltsleben beeinflusst. Immer wieder führt mediale Berichterstattung über den Missbrauch von Vollzugslockerungen zu lautstarken Forderungen nach strengeren Sicherheitsvorkehrungen und das, obwohl die überwiegende Mehrzahl von Vollzugslockerungen erfolgreich verläuft.2
Nicht zuletzt deshalb musste das Bundesverfassungsgericht in den letzten beiden Jahrzehnten gegen erhebliche Beeinträchtigungen der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) einschreiten.
So sah es in der Unterbringung zweier Gefangener in einem Haftraum von 4,5 qm Größe eine Verletzung der Menschenwürde.3 Das Gericht verwies hierbei auch auf sein Grundsatzurteil aus dem Jahr 1977,4 nach dem „die grundlegenden Voraussetzungen individueller und sozialer Existenz des Menschen“ erhalten bleiben müssen. Insbesondere im Strafvollzug besteht daher die aus der Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip herzuleitende Verpflichtung des Staates, „jenes Existenzminimum zu gewähren, das ein menschwürdiges Dasein überhaupt erst ausmacht“. Das Landgericht Mannheim hatte die Beschwerde eines der beiden Gefangenen zunächst als unbegründet zurückgewiesen, weil der Haftraum über eine außergewöhnliche Raumhöhe verfüge: Die Kubikmeterzahl des Haftraums gewährleiste, laut dem Landgericht Mannheim, daher ausreichend Luft zum Atmen.
4Eine Beeinträchtigung der Menschenwürde des Gefangenen wurde auch bei der Unterbringung in einem Haftraum mit Hakenkreuzen und rassistischen Schmierereien angenommen:
„Die von Art. 1 Abs. 1 GG geforderte Achtung der Würde (…) verbietet es grundsätzlich, Gefangene grob unhygienischen und widerlichen Haftraumbedingungen auszusetzen. Dies gilt auch insoweit, als die Unerträglichkeit der Verhältnisse im Haftraum durch Verhaltensweisen anderer Gefangener bedingt ist, und betrifft auch mit physischem oder verbalem Kot beschmierte Haftraumwände.“5
Ein sehr deutlicher und unmissverständlicher Richterspruch aus Karlsruhe!
Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sah das Bundesverfassungsgericht außerdem in der Anordnung einer Haftanstalt, den Gefangenen vor jedem Besuchskontakt zu durchsuchen und dabei zu entkleiden.6 Der Bundesgerichtshof sprach einem Strafgefangenen Schadensersatz zu, weil er zusammen mit vier weiteren Häftlingen in einem 16 qm großen Gemeinschaftsraum untergebracht wurde, in dem die Toilette nur durch Sichtschutz abgetrennt war.7
Dazu kommt noch ein weiterer Missstand. Seitdem die Gesetzgebung für den Strafvollzug mit der sogenannten Föderalismusreform im Jahr 2006 von der Bundes- in die Landeszuständigkeit übergegangen ist, herrscht – gelinde gesagt – Chaos: Allein die Gesetzestexte aus dem Bereich Strafvollzug der 16 Bundesländer umfassen abgedruckt ca. 1.500 Seiten. In unserem Buch ist grundsätzlich die Vorschrift aus dem Strafvollzugsgesetz des Bundes (StVollzG) angegeben. Sie gilt von Verfassung wegen, solange und soweit die Länder keine abweichende Regelung erlassen haben. Das ist vielfach geschehen, meist jedoch durch ähnliche Vorschriften. Auf Unterschiede zwischen Bundes- und Landesgesetze wird an geeigneter Stelle hingewiesen.
Die Inhaftierung bedeutet jedoch nicht nur für den Gefangenen erhebliche Einschnitte. Vor dem Antritt einer Haftstrafe besteht auch großer Beratungs- und Unterstützungsbedarf bei dessen Familie. So 5sind Besuchs- oder Urlaubszeiten und deren Bedingungen zu klären. Die Organisation des Vollzugsalltags wie etwa die Fernsehbenutzung, die Arbeit oder eine Ausbildung spielen ebenfalls eine gewichtige Rolle.
Die wohl wichtigste Frage für den Gefangenen und auch seine Angehörigen ist aber zugleich die für jeden Außenstehenden naheliegende: wie lange habe ich im Gefängnis zu sitzen? Auch hierauf, insbesondere auf die Berechnung der Strafe nach der 1/2- oder 2/3-Regel, geht dieses Buch ausführlich ein. Zu den Fragen des Vollzugs kommen schließlich die Fragen zur Vorbereitung des Gefangenen auf die Zeit nach dem Strafvollzug, wie z. B. die Möglichkeit einer Drogen- oder Psychotherapie, einer Ausbildung oder eines Schulabschlusses.
Dieses Buch soll all jenen einen Überblick verschaffen, die nicht alltäglich mit dem Gefängnisaufenthalt konfrontiert sind, den Interessierten, den Studierenden ebenso wie dem jungen Strafverteidiger. Vor allem aber soll es dem Gefangenen und seiner Familie ein Ratgeber sein, der sie durch die schwierige Zeit der Inhaftierung geleitet. Das Buch vermag hierbei zwar nicht den Anspruch zu erheben, auf die Entwicklung des Strafvollzugs und die Fortentwicklung der Gefangenenrechte Einfluss zu nehmen, will aber nichts unversucht lassen, eine kleine Verbesserung im „Knastalltag“ des Gefangenen und seiner Familie herbeizuführen.
In Deutschland werden Gefängnisse bzw. die das Gefängnis betreibende Behörde Justizvollzugsanstalt (JVA) genannt. Ihre Aufgabe ist es, Freiheitsstrafen zu vollziehen. Die JVA steht unter der Leitung eines Anstaltsleiters bzw. einer Anstaltsleiterin. Es gibt 186 Haftanstalten in Deutschland.
6Knastsprache:8 Unter den Gefangenen wird die JVA auch Bau, Café Viereck, Hotel mit Gitterblick, Loch, Nummer Sicher, Schule, Sommerfrische, Staatshotel oder Kiste genannt. Den Anstaltsleiter nennen die Häftlinge wahlweise Oberguru, der Alte, Häuptling, Kopf, Vater oder Vorstand.
In der JVA werden Freiheitsstrafen, Sicherungsverwahrung, die Jugendstrafe, die Untersuchungshaft, die Zivilhaft (zum Beispiel die Ordnungshaft) und die Auslieferungshaft vollzogen.
Grundsätzlich hat in der BRD die Staatsanwaltschaft bei der Strafvollstreckung das Sagen. Der Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen allerdings ist in allen Bundesländern einem eigenständigen Bereich der Justizverwaltung zugeordnet. Der Staatsanwaltschaft bleibt damit an sich nur noch die Vollstreckung vom Gericht verhängter Geldstrafen.
Knastsprache: Die Gefangenen nennen den Staatsanwalt liebevoll Oberverdachtschöpfer oder Musiklehrer.
Bis zum Jahre 1970 existierten in der Bundesrepublik verschiedene Arten von Freiheitsstrafen, die in gesonderten Einrichtungen vollzogen wurden. So war etwa die Zuchthausstrafe mit verschärften Haftbedingungen für Gefangene vorgesehen, die wegen nicht mit Todesstrafe bedrohter Verbrechen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Das Zuchthaus war mit dem Zwang zu harter körperlicher Arbeit verbunden und sah vor, die Insassen durch Arbeit zu „therapieren“, um sie auf die Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorzubereiten.
Die Gefängnisstrafe war für Freiheitsentziehungen vorgesehen, die mindestens einen Tag und höchstens fünf Jahre betrugen. Die Einschließung,