Klausurenkurs im Arbeitsrecht II

Ein Fall- und Repetitionsbuch zum Schwerpunktbereich Arbeitsrecht

 

 

von

Prof. Dr. Matthias Jacobs
Professor an der Bucerius Law School, Hamburg

Christopher Krois, LL.B., EMBA
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bucerius Law School, Hamburg

 

kein Alternativtext verfügbar

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Vorwort

Das vorliegende Fall- und Repetitionsbuch für den Schwerpunktbereich Arbeitsrecht ist aus mittlerweile neun Jahren Unterricht im Schwerpunktbereich Arbeit, Wirtschaft und Soziales an der Bucerius Law School in Hamburg hervorgegangen. Seiner Konzeption nach wendet es sich vor allem an Studenten, die sich im Rahmen der Ersten Juristischen Prüfung auf die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung im Fach Arbeitsrecht vorbereiten wollen.

Bei den zehn Klausuren des vorliegenden Bandes handelt es sich ganz überwiegend um originale Examensklausuren (mit Ausnahme der Übungsklausuren 9 und 10). Aus diesem Grund sind sie zumeist nicht – wie reine Übungsklausuren – auf einen einzelnen arbeitsrechtlichen Themenkomplex beschränkt, sondern prüfen eine Mischung examensrelevanter Fragestellungen ab, wie es für die Schwerpunktbereichsprüfung auch an anderen Universitäten und Hochschulen typisch ist.

Mit dem vorliegenden Band wird aber auch und vor allem das Anliegen verfolgt, den Studenten zur Vorbereitung auf das Examen Musterlösungen an die Hand zu geben, die den Formulierungsanforderungen im Examen entsprechen. Während andere Fallbücher bisweilen nur stichpunktartige Lösungen oder zur Vermittlung zusätzlichen Wissens auch Ausführungen abseits des zu lösenden Falles enthalten, wurde im vorliegenden Band jede einzelne Fall-Lösung so formuliert, wie es in einer originalen Examensklausur von den Bearbeitern erwartet wird.

Wie diese Erwartungen aussehen und welche Techniken bei der Abfassung eines Gutachtens zu berücksichtigen sind, ist Gegenstand eines separaten, einführenden Teils zur Anfertigung einer Klausur. Um gleichzeitig auch Hinweise zum Prüfungsaufbau sowie über den Fall hinausgehendes Wissen vermitteln zu können, wurden entsprechende Ergänzungen in den Musterlösungen jeweils grau hinterlegt und vom übrigen Text optisch abgesetzt. Außerdem wurde der Text mit weiterführenden Fußnoten versehen. Zum Abschluss jeder Klausur dient schließlich ein Fragenteil der Wiederholung des behandelten Prüfungsstoffes.

Abschließend gilt unser Dank einer ganzen Reihe von Personen, die zum Entstehen des vorliegenden Bandes beigetragen haben. Das sind zum einen Dr. Arendt Gast, Dr. Sebastian Naber und Jörg Noltin, auf die das ursprüngliche Konzept der Klausuren 1, 2, 7 und 10 zurückgeht. Zu danken haben wir außerdem Dr. Olivia Czerny für ihre wertvollen Hinweise zur Verbesserung der Klausuren. Gleiches gilt für die Studenten im Schwerpunktbereich Arbeit, Wirtschaft und Soziales an der Bucerius Law School, die mit ihren kritischen Fragen und Anmerkungen zur steten Verbesserung der Lösungen beigetragen haben. Für die Durchsicht des Manuskripts danken wir schließlich Alina Häck.

Für Anregungen, Kritik, Lob und sonstige Hinweise zu den Klausuren sind wir stets dankbar. Bitte nutzen Sie dafür die E-Mail-Adressen christopher.krois@law-school.de und matthias.jacobs@law-school.de.

Hamburg, im September 2014

Matthias Jacobs
Christopher Krois

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort

 Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

1. TeilHinweise zur Klausuranfertigung

2. TeilKlausurfälle

 Klausur 1Das harte Musik-Business

   Inhalt: Kündigungsschutz bei unerlaubter Internetnutzung; Entbehrlichkeit der Abmahnung; Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG und Sphärentheorie; Betriebliche Übung; AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht und Schriftformklauseln

 Klausur 2Alles klar mit 1a!

   Inhalt: Zulässigkeit von Turboprämien in Sozialplänen und Betriebsvereinbarungen; betriebsverfassungsrechtliches Gleichbehandlungsgebot (§ 75 BetrVG); Maßregelungsverbot (§ 612a BGB); Erstattung von Kosten der Betriebsratstätigkeit (§ 40 I BetrVG)

 Klausur 3Ärger im Callcenter

   Inhalt: Betriebsübergang; Verwirkung des Widerspruchsrechts; Verbot der Altersdiskriminierung und europäisches Arbeitsrecht; Hemmung der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage; AGB-Kontrolle bei Gratifikationen

 Klausur 4Outsourcing und Videoüberwachung

   Inhalt: Wirksamkeitsfiktion nach § 7 KSchG und Kündigungstermin; Widerspruch gegen einen Teilbetriebsübergang; diskriminierende Kündigung und § 2 IV AGG; Betriebsvereinbarung und APR; arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren

 Klausur 5Rechtsfortbildung im Arbeitsrecht

   Inhalt: Tariffähigkeit des verbandsangehörigen Arbeitgebers; Tarifpluralität und Tarifkonkurrenz; Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen; Zulässigkeit der Entfristungsklage; Vertretungsbefristung; Vorbeschäftigungsverbot bei sachgrundloser Befristung

 Klausur 6Die Sprachschule

   Inhalt: Tarifgeltung nach Betriebsübergang; Überkreuzablösung; Tarifkonkurrenz; Nachwirkungslehre; Schadensersatz und Entschädigung bei diskriminierender Nichteinstellung

 Klausur 7Krise in der Holzindustrie

   Inhalt: Kündigung und Betriebsübergang; Zustimmung des Integrationsamts; Kompetenz des Gesamtbetriebsrats; Tariffähigkeit des verbandsangehörigen Arbeitgebers; Rückwirkung von Tarifverträgen

 Klausur 8Flashmob im Einzelhandel

   Inhalt: Zulässigkeit einer Kündigungsschutzklage; Kündigung im Arbeitskampf; zulässige Arbeitskampfmittel; Reichweite der Friedenspflicht; Rechtmäßigkeit einer Arbeitskampfmaßnahme

 Klausur 9Das Vorstellungsgespräch

   Inhalt: Anfechtung des Arbeitsvertrags und Abgrenzung zur Kündigung; Fragerecht des Arbeitgebers bezüglich Vorstrafen, Schwangerschaft und Behinderung; Rechtsfolgen der Anfechtung; Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis

 Klausur 10Pfingstdienstag

   Inhalt: Außerordentliche Kündigung; Umdeutung in eine ordentliche Kündigung; betriebliche Übung; Grundsatz „kein Lohn ohne Arbeit“; Lehre von der Annahmeunmöglichkeit und § 615 S. 1 BGB; Betriebsrisikolehre und § 615 S. 3 BGB

3. TeilPrüfungsschemata

 Schema 1Ordentliche Arbeitgeberkündigung

 Schema 2Außerordentliche Arbeitgeberkündigung

 Schema 3Betriebsübergang

 Schema 4Betriebliche Übung

 Schema 5Befristungs- und Bedingungskontrollklage

 Schema 6Anspruch aus Tarifvertrag

 Schema 7Rechtmäßigkeit einer Arbeitskampfmaßnahme

 Schema 8Anspruch aus Betriebsvereinbarung

 Schema 9Anspruch aus § 15 I und II AGG

 Schema 10AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht

 Schema 11Zulässigkeit im Urteilsverfahren

 Schema 12Zulässigkeit im Beschlussverfahren

 Sachverzeichnis

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

Adomeit, Klaus / Mohr, Jochen (Hrsg.)

Kommentar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und zu den anderen Diskriminierungsverboten, 2. Auflage, 2011

(zit.: Adomeit/Mohr)

Ascheid, Reiner / Preis, Ulrich / Schmidt, Ingrid (Hrsg.)

Kündigungsrecht, Großkommentar zum gesamten Recht der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, 4. Auflage, 2012

(zit.: APS-Bearbeiter)

Bamberger, Hein-Georg / Roth, Herbert (Hrsg.)

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 22. Edition, 2012

(zit.: Bamberger/Roth-Bearbeiter)

Bepler, Klaus / Böhle, Thomas / Meerkamp, Achim / Russ, Willi (Hrsg.)

Beck‘scher Online-Kommentar zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, 29. Edition, 2014

(zit.: BeckOK-TVöD-Bearbeiter)

Brox, Hans / Rüthers, Bernd (Hrsg.)

Arbeitskampfrecht: ein Handbuch für die Praxis, 2. Auflage 1982 (zit.: Brox/Rüthers)

Buchner, Herbert / Becker, Ulrich

Kommentar zum Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Auflage, 2008

(zit.: Buchner/Becker, MuSchG)

Däubler, Wolfgang (Hrsg.)

Kommentar zum Tarifvertragsrecht mit Arbeitnehmer-Entsendegesetzen, 3. Auflage, 2012

(zit.: Däubler-Bearbeiter)

Däubler, Wolfgang (Hrsg.)

Arbeitskampfrecht: Handbuch für die Rechtspraxis, 3. Auflage, 2011

(zit.: Däubler-Bearbeiter, ArbKR)

Däubler, Wolfgang / Kittner, Michael / Klebe, Thomas / Wedde, Peter (Hrsg.)

Kommentar für die Praxis zum Betriebsverfassungsgesetz, 14. Auflage, 2014

(zit.: DKKW-Bearbeiter)

Würtenberger, Thomas / Otto, Dirk (Hrsg.)

Einführung in das juristische Denken, 11. Auflage, 2011

(zit.: Engisch, Einführung)

Etzel, Gerhard / Bader, Peter / Fischermeier, Ernst (Hrsg.)

Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz, 10. Auflage, 2013

(zit.: KR-Bearbeiter)

Fitting, Karl (Begr.)

Handkommentar zum Betriebsverfassungsrecht mit Wahlordnung, 27. Auflage, 2014 (zit.: Fitting)

Germelmann, Claas-Hinrich / Matthes, Hans-Christoph / Prütting, Hanns (Begr.)

Arbeitsgerichtsgesetz – Kommentar, 8. Auflage, 2013

(zit.: Germelmann-Bearbeiter)

Henssler, Martin / Willemsen, Heinz Josef / Kalb, Heinz-Jürgen (Hrsg.)

Kommentar zum Arbeitsrecht, 6. Auflage, 2014

(zit.: HWK-Bearbeiter)

Hess, Harald / Worzalla, Michael / Glock, Dirk / Nicolai, Andrea / Rose, Franz-Josef / Huke, Kristina (Hrsg.)

Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 9. Auflage, 2014

(zit.: HWGNRH-Bearbeiter)

Hoyningen-Huene, Gerrick Freiherr v. / Linck, Rüdiger

Kommentar zum Kündigungsschutzgesetz, 15. Auflage, 2013

(zit.: v. Hoyningen-Huene/Linck-Bearbeiter)

Hueck, Alfred / Nipperdey, Hans Carl

Lehrbuch des Arbeitsrecht, Bd. 2/2, 7. Auflage, 1970

(zit.: Hueck/Nipperdey-Bearbeiter)

Kempen, Otto Ernst / Zachert, Ulrich (Begr.)

Kommentar für die Praxis zum Tarifvertragsgesetz, 5. Auflage, 2014 (zit.: Kempen/Zachert-Bearbeiter)

Kittner, Michael / Däubler, Wolfgang / Zwanziger, Bertram (Hrsg.)

Kommentar für die Praxis zum Kündigungsschutzgesetz und anderen Kündigungsschutzvorschriften, 9. Auflage, 2014

(zit.: KDZ-Bearbeiter)

Krüger, Wolfgang / Rauscher, Thomas (Hrsg.)

Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, Bd. 1, 4. Auflage, 2013

(zit.: MüKoZPO-Bearbeiter)

Larenz, Karl

Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 1: Allgemeiner Teil, 14. Auflage, 1987 (zit.: Larenz, Schuldrecht AT)

Lieb, Manfred / Jacobs, Matthias

Arbeitsrecht, 9. Auflage, 2006 (zit.: Lieb/Jacobs, Arbeitsrecht)

Laux, Helga / Schlachter, Monika (Hrsg.)

Kommentar zum Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Auflage, 2011 (zit.: Laux/Schlachter)

Löwisch, Manfred / Rieble, Volker

Kommentar zum Tarifvertragsgesetz, 3. Auflage, 2012

(zit.: Löwisch/Rieble)

Maunz, Theodor (Begr.) / Dürig, Günther (Begr.)

Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1: Art. 1-5 GG, 70. Ergänzungslieferung, 2013

(zit.: Maunz/Dürig-Bearbeiter)

Meinel, Gernod / Heyn, Judith / Herms, Sascha

Arbeitsrechtlicher Kommentar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, 2. Auflage, 2011

(zit.: Meinel/Heyn/Herms)

Möller-Glöge, Rudi / Preis, Ulrich / Schmidt, Ingrid (Hrsg.)

Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Auflage, 2014

(zit.: ErfK-Bearbeiter)

Oetker, Hartmut / Wiese, Günther / Fabricius, Fritz / Kraft, Alfons / Thiele, Wolfgang

Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, 10. Auflage, 2014

(zit.: GK-BetrVG-Bearbeiter)

Palandt, Otto (Begr.)

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen, 73. Auflage, 2014

(zit.: Palandt-Bearbeiter)

Richardi, Reinhard / Wlotzke, Otfried / Wißman, Hellmut / Oetker, Hartmut (Hrsg.)

Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1: Individualarbeitsrecht, 3. Auflage, 2009

(zit.: MünchArbR-Bearbeiter)

Richardi, Reinhard (Hrsg.)

Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, 14. Auflage, 2014

(zit.: Richardi-Bearbeiter)

Rolfs, Christian / Giesen, Richard / Kreikebohm, Rolf / Udsching, Peter (Hrsg.)

Beck‘scher Online-Kommentar zum Arbeitsrecht, 31. Edition, 2014 (zit.: BeckOK-ArbR-Bearbeiter)

dies.

Beck‘scher Online-Kommentar zum Sozialrecht, 33. Edition, 2014

(zit.: BeckOK-SR-Bearbeiter)

Säcker, Franz Jürgen / Rixecker, Roland (Hrsg.)

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1 bis 4, 6. Auflage, 2012 und Bd. 5, 6. Auflage, 2013

(jeweils zit.: MüKoBGB-Bearbeiter)

Schaub, Günther (Begr.)

Arbeitsrecht-Handbuch, systematische Darstellung und Nachschlagewerk für die Praxis, 15. Auflage, 2013

(zit.: Schaub-Bearbeiter)

Soergel, Theodor (Begr.)

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen, Bd. 5/2: Schuldrecht 3/2, §§ 320-327, 13. Auflage, 2005 (zit.: Soergel-Bearbeiter)

Stahlhacke, Eugen (Begr.) / Preis, Ulrich / Vossen, Reinhard (Hrsg.)

Handbuch Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 10. Auflage, 2010 (zit.: SPV-Bearbeiter)

Staudinger, Julius v. (Hrsg.)

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen, Buch 1: Allgemeiner Teil, §§ 116-144, Neubearb. 2011; Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 293-304, Neubearb. 2014 und Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 611-613, Neubearb. 2014

(jeweils zit.: Staudinger-Bearbeiter)

Wiedemann, Herbert (Hrsg.)

Kommentar zum Tarifgesetz mit Durchführungs- und Nebenvorschriften, 7. Auflage, 2007

(zit.: Wiedemann-Bearbeiter)

Wendeling-Schröder, Ulrike / Stein, Axel

Kommentar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, 2008

(zit.: Wendeling-Schröder/Stein)

1. Teil Hinweise zur Klausuranfertigung

Inhaltsverzeichnis

I.Äußere Form der Klausur

II.Typische Probleme und Klausurfehler – Tipps zu ihrer Vermeidung

1 › I. Äußere Form der Klausur

I. Äußere Form der Klausur

 

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Braun, Der Zivilrechtsfall, 5. Aufl. 2012, S. 38 f.; Czerny/Frieling, JuS 2012, 877, 881 f.

1

Was Form und Gliederung einer Klausur anbelangt, besteht bei Studenten häufig eine Mischung aus Unkenntnis und Unsicherheit. Das liegt daran, dass es einerseits zwar keine (absolut) verbindlichen Vorgaben gibt, andererseits aber bestimmte Gepflogenheiten zu beachten sind. Aus unserer Sicht bietet sich folgende Vorgehensweise als praktikabel an:

2

Die obersten Gliederungspunkte der Klausurlösung sollten stets separate Überschriften erhalten.

Beispiel:

„A. Zulässigkeit“ und „B. Begründetheit“; „A. Lohnanspruch N gegen U“ und „B. Ergebnis“.

3

Folgen einem Gliederungspunkt längere Ausführungen bzw. mehrere weitere Unterpunkte, so sollte der Übersichtlichkeit halber zumindest eine kurze Zwischenüberschrift eingebaut werden.

4

Für kurze Unterpunkte bietet es sich stattdessen an, lediglich Absätze zu bilden und diese zu nummerieren. Ob es ratsam ist, außerdem ein Schlagwort im Text zu unterstreichen, wird unterschiedlich beurteilt: Einerseits erleichtert es dem Korrektor die schnelle Suche nach Schlagwörtern, andererseits kostet es auch Zeit und wird von einigen Prüfern kritisiert, weil sie im Zuge der Korrektur selbst im Text Unterstreichungen vornehmen wollen.

Abschließendes Beispiel:

„A. Zulässigkeit

Die Kündigungsschutzklage des A ist begründet, wenn die Kündigung des G vom 14.10.2009 rechtsunwirksam ist und daher das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst hat.

I. Eine der Form des § 623 BGB genügende Kündigungserklärung liegt auf Seiten des P – abgegeben durch dessen Personalleiter (vgl. § 164 I 1 BGB) – vor.

II. A hat innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung und damit rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben, so dass es nicht zur Fiktion der sozialen Rechtfertigung und der sonstigen Wirksamkeit der Kündigung nach §§ 4 S. 1, 7 Hs. 1 KSchG gekommen ist. [. . .]“

5

Schließlich gilt allgemein die Empfehlung, den Text der Lösung durch das Verwenden von Absätzen logisch zu gliedern und dadurch besser nachvollziehbar zu gestalten. Das betrifft auch einzelne Gliederungspunkte, innerhalb deren bspw. unterschiedliche Auffassungen zu einem Auslegungsproblem auch optisch hervorgehoben werden können. Darüber hinaus vereinfacht ein solches Vorgehen nicht nur das nachträgliche Einfügen eigener Ergänzungen, sondern auch die Arbeit des Korrektors.

1 › II. Typische Probleme und Klausurfehler – Tipps zu ihrer Vermeidung

II. Typische Probleme und Klausurfehler – Tipps zu ihrer Vermeidung

1. Grundlagen der sog. Gutachtentechnik

 

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Braun, Der Zivilrechtsfall, 5. Aufl. 2012, S. 9 ff.; Germann, Leitsätze zur Subsumtionstechnik, 2010;[1] Larenz, Methodenlehre, S. 271 ff.; Wieduwilt, JuS 2010, 288 ff.

6

Viele Studenten unterliegen dem Irrglauben, das Abfassen eines Gutachtens richte sich nach der Formel „fraglich + Konjunktiv = Gutachtentechnik“. Doch ist im Gutachten weder alles „fraglich“ noch muss ein Obersatz zwingend im Konjunktiv formuliert sein.

7

Zunächst ist Gutachtentechnik kein (bloß) zweifelnder oder fragender Schreibstil (deswegen ist der Begriff „Gutachtenstil“ eher irreführend), sondern eine Technik zur Darstellung und Plausibilisierung der Normanwendung und Rechtsfindung. Anders als beim Urteil wird das Ergebnis den Ausführungen dabei nicht voran gestellt, sondern im Wege des juristischen Syllogismus im Dreischritt hergeleitet und begründet. Dieser Dreischritt ist nicht bloß eine (lästige) Formalie, sondern verdeutlicht und strukturiert den Rechtsfindungsprozess und macht ihn so für andere logisch wie wertungsmäßig nachvollziehbar.

8

Die Darstellung im Gutachten erfolgt dreigliedrig (bzw. viergliedrig, wenn das Aufwerfen der Frage nach einer Rechtsfolge als „Einleitung“ [0] separat gefasst wird):

[0] Einleitung (Frage nach einer Rechtsfolge)

„Die Betriebsratsanhörung könnte fehlerhaft [= Rechtsfolge] gewesen sein.“

[1] Obersatz (Verknüpfung von Rechtsfolge und Tatbestand aus Norm)

„Das [fehlerhafte Anhörung = RF] ist u.a. der Fall, wenn nicht mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen hat [= TB], vgl. § 33 II Hs. 1 BetrVG.“

oder: „Die Betriebsratsanhörung ist u.a. fehlerhaft, wenn nicht mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen hat [= TB], vgl. § 33 II Hs. 1 BetrVG.“ [ohne separat gefasste Einleitung]

[2] Untersatz (Erfüllt konkreter Sachverhalt den abstrakten Tatbestand aus [1]?)

„Der Betriebsrat bei G umfasst fünf Mitglieder, von denen nur zwei und damit weniger als die Hälfte an der Beschlussfassung teilgenommen haben.“ [Sachverhalt erfüllt Tatbestand]

[3] Schlussfolgerung (Rechtsfolge tritt ein oder nicht ein)

„Die Anhörung ist damit fehlerhaft gewesen.“ [Eintritt der Rechtsfolge „Fehlerhaftigkeit“]

9

Häufig hat es mit der bloßen Schlussfolgerung nicht sein Bewenden. Auch auf Rechtsfolgenseite kann es erforderlich sein, den Syllogismus zur Konkretisierung heranzuziehen.[2]

Beispiele:

„Somit ist die Betriebsratsanhörung fehlerhaft [= RF]. Fraglich ist, ob die Kündigung damit nach § 102 I 3 BetrVG unwirksam ist [. . .]“ oder „Folglich ist V nach § 535 I 2 Alt. 2 BGB verpflichtet, die Wohnung in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten [= RF]. Fraglich ist, ob hierzu auch der Austausch defekter Glühbirnen zählt […]“

10

Über wie viele Ebenen der Dreischritt des Syllogismus nach und nach anzuwenden ist, hängt von der Komplexität der Fragestellung ab. Im Beispiel unter Rn. 8 war der Untersatz evident (der Tatbestand also offensichtlich durch den Sachverhalt erfüllt): Es bedarf keiner tiefer dringenden Analyse, ob zwei weniger als die Hälfte von fünf ist. Ebenso wenig muss bspw. im Dreischritt begründet werden, dass ein Hund ein Tier i.S.d. § 90a S. 3 BGB ist. Gleiches gilt für Umstände, deren Vorliegen im Sachverhalt ohne nähere Ausführungen vorgegeben wird: Ist im Sachverhalt bspw. nur zu lesen, dass zwei Personen eine Vereinbarung getroffen haben, kann im Gutachten schlichtweg festgehalten werden, dass durch Einigung ein Vertrag zustande gekommen ist.

11

Ist dagegen nicht evident, dass der Tatbestand des Obersatzes durch den Sachverhalt erfüllt ist, muss der Untersatz seinerseits wieder über den Dreischritt des Syllogismus bejaht oder verneint werden. Dabei lassen sich drei verschiedene Konstellationen unterscheiden:

12

Häufig bildet die Definition eines Tatbestandsmerkmals (z.B. „Betrieb“ oder „verhaltensbedingter Grund“) den Obersatz eines untergeordneten Syllogismus, mit dem untersucht wird, ob das Tatbestandsmerkmal erfüllt ist oder nicht.

Beispiel:

„Dazu muss es sich bei der Verkaufsstelle um einen Betrieb handeln. Ein Betrieb ist eine organisatorische Einheit, innerhalb deren der Unternehmer allein oder zusammen mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke, die sich nicht in der Deckung von Eigenbedarf erschöpfen, fortgesetzt verfolgt.“

13

Bei abstrakten (= nicht abschließend definierbaren) Tatbeständen wird im untergeordneten Obersatz dagegen mit einer Konkretisierung gearbeitet.

Beispiel:

„Das ist der Fall, wenn die Betriebsratsanhörung fehlerhaft war. Fehlerhaft ist sie unter anderem, wenn…“

14

Ist die Auslegung eines Tatbestandsmerkmals umstritten, leitet der nachgeordnete Obersatz in den Auslegungsstreit ein.

Beispiel:

„Zu ihrer Wirksamkeit muss die Kündigungserklärung A nach § 130 I 1 BGB zugegangen sein. Umstritten ist jedoch, was unter ‚Zugang‘ zu verstehen ist.“

15

Oft gelingt es Bearbeitern zwar noch, auf der ersten Ebene die Gutachtentechnik einzuhalten. Auf den nachfolgenden Ebenen wird dann aber von ihr abgewichen, weil der eben dargelegte stufenartige und verschachtelte Aufbau nicht verinnerlicht wurde.

Beispiele:

für einen solchen Fehler: „Es liegt aber keine Ungleichbehandlung vor [= vorweggenommenes Ergebnis!]. Denn. . . [= nachgeschobene Begründung].“

16

Zur Veranschaulichung mag abschließend folgendes Standardbeispiel[3] zum Stufenbau der Subsumtion dienen:

A ist Student im ersten Semester und fragt B, ob er ihm ein Lehrbuch empfehlen kann. B bietet ihm daraufhin an, ihm sein altes Lehrbuch für 10,– EUR zu verkaufen. A ist einverstanden. Eine Woche später weigert sich B, dem A das Buch zu geben, weil er es für einen Wiederholungskurs noch braucht. Welche Ansprüche hat A?

[O1]

A könnte gegen B einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Buches aus einem Kaufvertrag haben, vgl. § 433 I 1 BGB [Obersatz: RF = Anspruch, TB = Kaufvertrag].

[U1 = O2]

Ein Kaufvertrag kommt zustande durch Abgabe zweier inhaltlich übereinstimmender, mit Bezug aufeinander abgegebener Willenserklärungen, Antrag und Annahme (vgl. §§ 145, 147 BGB).

[= Definition als Untersatz: Liegt ein Kaufvertrag, d.h. der TB aus dem Obersatz vor?
= Obersatz auf der nachfolgenden Ebene: Was ist TB eines Kaufvertrags?]

[U2]

B hat erklärt, das Buch verkaufen zu wollen und damit einen Antrag abgegeben. A erklärte sich hiermit einverstanden, nahm den Antrag des A also an.

[S2]

A und B haben folglich einen Kaufvertrag über das Buch geschlossen.

[S1]

Somit hat A gegen B einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Buches.

2. Tempora im Gutachten

17

Mit einem Gutachten soll in aller Regel eine gegenwärtige Rechtsfrage beantwortet werden, so dass die Antwort auf die Fallfrage und die nachfolgenden Ausführungen im Präsens abzufassen sind.

Beispiele:

„Die Kündigungsschutzklage hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.“ oder „Möglicherweise hat A gegen B einen Anspruch auf Zahlung von Lohn i.H.v. 1.000,– EUR aus seinem Arbeitsvertrag, vgl. § 611 I BGB. Das ist der Fall, wenn […]“

18

Soweit im Gutachten auch auf bereits abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Vorgänge aus dem Sachverhalt einzugehen ist, sind diese in der Regel[4] im Perfekt (bei vollständig abgeschlossenen Vorgängen im Imperfekt) darzustellen.

Beispiele:

„B hat erklärt, das Buch verkaufen zu wollen.“ oder „An der Betriebsratssitzung haben zwei der fünf Mitglieder teilgenommen. […] Sie ist deshalb fehlerhaft gewesen.“ oder „A muss außerdem (im bereits vergangenen Zeitpunkt des Vertragsschlusses) mit Vertretungsmacht gehandelt haben.“ oder „Die Kündigungserklärung ist durch Zugang an B gem. § 130 I BGB auch wirksam geworden.“

3. Verwendung des Konjunktivs im Rahmen der Gutachtentechnik

 

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Germann, Leitsätze zur Subsumtionstechnik, 2010, S. 9 f.; Wieduwilt, JuS 2010, 288, 290; Fleck/Arnold, JuS 2009, 881, 884; Schütze, JURA Zwischenprüfung, 1.

19

In Klausurbearbeitungen wird der Konjunktiv ganz überwiegend nicht nur inflationär, sondern auch falsch angewandt. Das ist umso erstaunlicher, als bei näherem Hinsehen der Konjunktiv im Gutachten völlig verzichtbar ist.

20

Uneingeschränkt zulässig ist der Konjunktiv II allein in seiner Funktion als Potentialis (!), wenn es um die Rechtsfolge (im Obersatz) geht, wenn also z.B. formuliert wird „A könnte einen Anspruch gegen B haben.“ Zwingend ist die Verwendung des Konjunktivs freilich auch in diesem Zusammenhang nicht.[5]

Gegenbeispiele:

„A hat einen Anspruch gegen B, wenn…“; „Möglicherweise hat A einen Anspruch gegen B auf Zahlung aus einem Kaufvertrag.“; „Die Klage hat Aussicht auf Erfolg, wenn…“.

21

Geht es um den Tatbestand (im Untersatz), wird von vielen Studenten (und Dozenten) auf den Konjunktiv II zurückgegriffen, um auszudrücken, dass die Erfüllung des Tatbestands durch den Sachverhalt unsicher ist („müsste“). Die Verwendung des Konjunktivs in diesem Zusammenhang hat sich zwar (leider) eingebürgert, ist grammatikalisch aber nicht korrekt.[6] Fasst man ihn als Irrealis auf, wird die Erfüllung des Tatbestands unzulässigerweise im Obersatz verneint, sieht man den Konjunktiv als Potentialis an, beinhaltet er ein Wahrscheinlichkeitsurteil („Ich müsste (wohl) Zeit haben.“), das ebenfalls das Ergebnis vorwegnimmt.

Beispiel:

Statt „Dazu [damit ein Anspruch besteht] müssten A und B einen Arbeitsvertrag geschlossen haben.“ richtig „Dazu müssen A und B einen Arbeitsvertrag geschlossen haben.“

22

Eindeutig falsch ist schließlich die Verwendung des Konjunktivs II in seiner Funktion als Irrealis. Der Konjunktiv bringt dann nämlich zum Ausdruck, dass eine Rechtsfolge in Wahrheit nicht gegeben ist und nimmt folglich das Ergebnis vorweg. Vollends falsch wird das Gutachten, wenn im Irrealis (also verneinend) eingeleitet wird, der Bearbeiter nach Subsumtion den Eintritt der Rechtsfolge aber trotzdem bejaht und sich somit selbst widerspricht.

Beispiele:

„Die Kündigungsschutzklage wäre begründet, wenn…“ = „sie ist nicht begründet“, richtig: „Die Kündigungsschutzklage ist begründet, wenn. . .“. „Die Erklärung wäre G zugegangen, wenn A sein Empfangsbote gewesen wäre.“ = „sie ist nicht zugegangen, weil A nicht Empfangsbote war“, richtig: „Die Erklärung ist G zugegangen, wenn A sein Empfangsbote gewesen ist.“

23

Einige Bearbeiter neigen schließlich dazu, einzelne Prüfungsschritte im sog. Erschöpfungskonjunktiv enden zu lassen („Das hätten wir geschafft!“).

Beispiel:

Nicht „Damit hätte A einen Anspruch gegen B.“, sondern „Damit hat A gegen B einen Anspruch auf Übereignung des Buchs.“

4. Darstellung unproblematischer Punkte im Gutachten

 

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Braun, Der Zivilrechtsfall, 5. Aufl. 2012, S. 13 f.; Wieduwilt, JuS 2010, 288, 290.

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Erstaunlicherweise liegt ein Schwachpunkt vieler Klausurbearbeitungen darin, auch (weitgehend) unproblematische Prüfungspunkte ansprechend abzuhandeln. Hier verfallen Bearbeiter immer wieder in eine Art „Kurz-Gutachtenstil“ (Subsumtionssyllogismus), der wenig sinnhaft ist.

Falsches Beispiel aus der Klausurpraxis:

„A dürfte keine Kündigungsschutzklage erhoben haben [warum? RF?]. A hat aber Kündigungsschutzklage erhoben [Folge?].“

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Häufig liegt das daran, dass der korrekte Obersatz und damit die relevante Rechtsfolge fehlt.

Beispiel:

„Die Wirksamkeit der Kündigung wird allerdings nach §§ 4 S. 1, 7 Hs. 1 KSchG fingiert [= RF], wenn A nicht innerhalb von zwei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben hat [= TB]. A hat zwei Tage nach Zugang der Kündigung Klage erhoben [Untersatz]. Die Wirksamkeitsfiktion ist somit nicht eingetreten [Schluss].“

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Bei sehr einfachen Subsumtionsvorgängen, zu denen auch das vorstehende Beispiel gehört, bietet es sich an, auf einen vollständigen, dreistufigen Syllogismus zu verzichten und den Obersatz (bspw. „A muss arglistig gehandelt haben.“) auszulassen. Man spricht dann vom sog. Feststellungsstil: Anders als bei der häufig (zu Unrecht[7]) als Urteilsstil bezeichneten Darstellungsweise wird hierbei nicht das Ergebnis konstatiert („A täuschte B arglistig.“), sondern der Untersatz in Form einer kurzen Begründung (häufig in Form einer Definition) dem daraus gezogenen Schluss vorangestellt, wobei die Verbindung durch Konjunktionen wie „mithin“; „also“; „und folglich“; „so dass“; „und damit“ erfolgt.

Beispiele:

„A hat innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben [Tatbestand/Untersatz], so dass die Wirksamkeit der Kündigung nicht nach §§ 4 S. 1, 7 Hs. 1 KSchG fingiert wird [Schlussfolgerung].“ „A handelte vorsätzlich [Definition/Untersatz], mithin arglistig i.S.d. § 123 I Alt. 1 BGB [Schlussfolgerung].“ „Durch Verneinen der Frage nach Vorstrafen im Einstellungsbogen hat A bei G einen Irrtum bezüglich ihrer Vorstrafen erregt [Definition/Untersatz], diesen also getäuscht [Schlussfolgerung].“

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Für den Einstieg in die Beantwortung der Gutachtenfrage ist allerdings stets ein kompletter Obersatz erforderlich, der nicht im Sinne des Feststellungsstils verkürzt werden sollte (erst Recht genügt keine bloße Überschrift ohne Text). Das gilt insbesondere (aber nicht nur) bei der Prüfung eines Anspruchs; hier muss der Obersatz die bekannte Frage „Wer will was von wem woraus?“ beantworten.

5. Schwerpunktsetzung, Argumentationstiefe und Lösungsskizze

 

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Kerbein, JuS 2002, 353 ff.; Lemke, JA 2002, 509 ff.

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Was Darstellungsweise und Schwerpunktsetzung einer Klausur anbelangt, muss eine ausführliche, tief gehende Argumentation in sauberer Gutachtentechnik somit nur an Stellen erfolgen, die problematisch sind und zu denen der Sachverhalt auch die notwendigen Angaben enthält. Dass Bearbeiter die Bedeutung eines Punktes für die Fall-Lösung falsch einordnen, lässt sich häufig daran festmachen, dass für die Subsumtion eine Reihe von Annahmen und Unterstellungen erforderlich ist, weil der Sachverhalt die notwendigen Angaben gar nicht enthält; das ist ein Indiz dafür, dass der geprüfte Punkt unproblematisch ist. Zu diskutieren sind außerdem nur solche Streitstände, die für den weiteren Gang des Gutachtens auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (im Gutachten ist schließlich immer der konkrete Fall, nicht ein für dessen Ausgang irrelevanter Meinungsstreit zu entscheiden).

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In Abhängigkeit davon, wie viele Probleme ein Klausursachverhalt aufwirft, kann darüber hinaus ein ganz unterschiedliches Maß an argumentativem Tiefgang erwartet werden. Schon aus diesem Grund bietet es sich an, eine kurze, stichpunktartige (!) Lösungsskizze anzufertigen und dabei die durch den Fall aufgeworfenen Probleme kurz zu gewichten, um so zu einer überzeugenden Schwerpunktsetzung zu gelangen (d.h. Unproblematisches – wenn überhaupt – nur knapp festhalten, typischerweise im Feststellungsstil; problematische Punkte dagegen mit ausführlicher Argumentation in sauberer Gutachtentechnik darstellen). Es bringt dem Bearbeiter wenige Punkte ein, wenn er in perfekter Gutachtentechnik an den eigentlichen Problemen der Klausur vorbeischreibt; gleiches gilt für eine „unstrukturierte“ (wennauch sachlich weitgehend richtige) Fall-Lösung. Wer eine hohe Punktzahl erreichen will, braucht beides: Schwerpunktsetzung und saubere Darstellung.

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Für die Lösungsskizze bietet es sich darüber hinaus an, bereits stichpunktartig Argumente für die aufgefundenen Probleme zu sammeln und kurz zu ordnen. Dadurch werden Wiederholungen vermieden (z.B. wird dasselbe Argument einmal bei der Darstellung einer bestimmten Auffassung, dann versehentlich nochmals im Rahmen der Streitentscheidung gebracht). Zum anderen sollte der Bearbeiter vorher überlegen, wie ein Problem zu entscheiden ist, und die für die Entscheidung maßgebliche Begründung an den Schluss seiner Argumentation stellen.

6. Umgang mit unbekannten Problemen

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Ist eine Problematik im Sachverhalt zwar angelegt (insbesondere durch Ausführungen der beteiligten Parteien), dem Bearbeiter aber nicht bekannt, sollte der einschlägige Rechtssatz nach den klassischen Auslegungskanones Wortlaut, Historie/Genese, Systematik und ratio ausgelegt werden (weitere Kriterien daneben sind z.B. der Vorrang des allein verfassungs- oder richtlinienkonformen Auslegungsergebnisses, Praktikabilität und Bedürfnisse des Rechtsverkehrs, Prozessökonomie und ökonomische Folgen einer bestimmten Rechtsanwendung).

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Wie dargelegt, wird eine ausführlichere Argumentation idealerweise nicht nur logisch, sondern auch optisch durch Absätze gegliedert. Allein durch eine solche Gliederung der Argumentation zeigt ein Klausurbearbeiter, dass er seine Gedanken zu systematisieren vermag – was deutlich überzeugender wirkt als eine „freie“ Aneinanderreihung verschiedener Wertungen, die dann auch häufig nicht mehr ans Gesetz oder einen bestimmten Rechtssatz anknüpft.

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Was „freie“ Wertungen anbelangt, ist im Arbeitsrecht insbesondere darauf hinzuweisen, dass der pauschale Verweis auf den „Arbeitnehmerschutzgedanken“ niemals genügt.[8] Arbeitsrecht ist stets ein gerechter Ausgleich verschiedener, auch arbeitgeberseitiger Interessen. Wenn also mit der Schutzbedürftigkeit einer Seite argumentiert wird, so ist diese möglicht präzise und konkret herauszuarbeiten.

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Die übermäßige Zuweisung verschiedener Auffassungen zur Rechtsprechung (z.B. „Das BAG vertritt die Ansicht, dass…“) oder Literatur (z.B. „Die Literatur will hingegen…“) sollte bei der Darstellung von Streitständen ebenfalls vermieden werden. Zum einen sind solche Gruppierungen selten trennscharf (auch unterschiedliche Senate desselben Gerichts argumentieren bisweilen verschieden). Zum anderen erweckt eine solche Darstellung den Eindruck, die Berufung auf eine externe Autorität solle die fehlende Überzeugungskraft des Gutachtens wettmachen, insbesondere wenn ohne weitere Argumente eine (angeblich) „herrschende Meinung“ bemüht wird. Die Berufung auf die „h.M.“ ersetzt aber niemals die eigene Argumentation. Wenn es nicht um besonders wichtige Entscheidungen oder sehr bekannte Minderheitenauffassungen geht, sollte sich eine Klausurbearbeitung darauf beschränken, die jeweils entscheidenden Argumente darzustellen.

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Für die erforderliche Breite der Ausführungen gilt die Faustformel: Je mehr von der vorherrschenden Auffassung abgewichen wird, desto ausführlicher muss auch die Argumentation ausfallen. Umgekehrt macht der bloße Verweis auf eine (angeblich) herrschende Meinung eine Argumentation aber keinesfalls entbehrlich (nicht etwa: „Nach h.M. genügt das für den Zugang der Kündigungserklärung.“).

7. Zitiergenauigkeit

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Ein weit verbreitetes Manko vieler Klausurbearbeitungen besteht darin, dass die angewandten Normen entweder gar nicht oder zu pauschal zitiert werden. Allein das exakte Zitat verdeutlicht aber dem Korrektor, welcher Teil eines Rechtssatzes überhaupt angewandt oder ausgelegt wird. Gleichzeitig ist der Bearbeiter durch ein exaktes Zitat – schon routinemäßig – dazu gezwungen, die einschlägige Norm nochmals ins Auge zu fassen und vermeidet damit die Gefahr, Einschränkungen oder Ausnahmen zu übersehen, die er nicht auswendig parat hat. Nicht zuletzt ist das Auffinden des einschlägigen Rechtssatzes auch Teil der Klausurleistung und fließt somit in die Benotung der Klausur ein.

Beispiele:

Soziale Rechtfertigung nach § 1 II 1 KSchG; Unwirksamkeit wegen mangelnder Betriebsratsanhörung gem. § 102 I 3 BetrVG; Rückforderung von Lohn nach § 812 I 1 Var. 1 BGB.

8. Verschiedenes

 

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Fleck/Arnold, JuS 2009, 881, 884 ff.; Schütze, JURA Zwischenprüfungsklausur, 1, 2.

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Der Sachverhalt darf niemals ergänzt oder abgeändert werden. Was der Sachverhalt nicht mitteilt, ist nicht geschehen. Nur lebensnahe (eng zu verstehen!) Ergänzungen sind zulässig, d.h. es ist z.B. zu unterstellen, dass Personen volljährig und geschäftsfähig sind.

38

Umgekehrt enthält ein Sachverhalt selten überflüssige Angaben. Wenn bestimmte Daten, Argumente in indirekter Rede oder Sachverhaltsausführungen in der eigenen Lösung keine Rolle spielen, sollte überlegt werden, ob etwas übersehen wurde. In jedem Fall gilt, dass der Sachverhalt mindestens zweimal gelesen werden sollte. Für längere Sachverhalte mit vielen Daten sollte darüber hinaus eine knappe Zeitleiste erstellt werden.

39

Mit gleicher Sorgfalt sollte für die Fallfrage verfahren werden. Idealerweise wird sie noch vor dem Sachverhalt gelesen, um diesen von vornherein mit Blick auf die Fallfrage zu analysieren. Außerdem sollte man sich angwöhnen, vor der Bearbeitung die Fallfrage routinemäßig ein zweites Mal zu lesen. Denn in der (stressigen) Klausursituation wird häufig übersehen, dass möglicherweise nur die Begründetheit oder umgekehrt Zulässigkeit und Begründetheit zu prüfen sind, dass bestimmte Rechtsfragen ausgeklammert werden sollen oder umgekehrt besonders zu berücksichtigen sind.

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Elemente aus dem Sachverhalt sollten in ein sachlich verfasstes Gutachten nicht „erzählerisch“ eingebaut werden. Ebenso wenig sollten „flapsige Formulierungen“ verwendet oder aus dem Sachverhalt übernommen werden.

Falsche Beispiele:

„V führt an, dass A sehr schludrig gearbeitet hat. . . Insofern ist festzustellen, dass. . .“. „Laut Sachverhalt ist A lieber länger im Bett geblieben, als pünktlich zur Arbeit zu erscheinen.“

41

Sog. Abtönungswörter – „ja“, „halt“, „eben“, „ruhig“, „bloß“ – sind unsachlich und sollten im Gutachten vermieden werden.

Beispiel:

Statt „da er ja widersprochen hat.“ einfach „da er widersprochen hat“.

42

Ebenso wenig passen ausschweifende Kommentierungen der eigenen Prüfungsschritte (sog. „Märchenonkelstil“) zum sachlichen Charakter eines Rechtsgutachtens.

Beispiel:

Die Floskel „Nun ist zunächst einmal zu prüfen, ob…“ kann ersatzlos entfallen.

43

Dass mit dem Sachverhalt gearbeitet wird, ist im Übrigen selbstverständlich. Im Gutachten haben daher die nicht nur stilistisch fragwürdigen und zeitraubenden, sondern auch gänzlich überflüssigen Worte „hier“, „vorliegend“ und „laut Sachverhalt“ nichts verloren.

44

Ebenso wenig gehören abstrakte „Kommentierungen“ von Normen oder lehrbuchhafte Ausführungen ohne Bezug zum Sachverhalt in ein Gutachten.

Falsches Beispiel:

„Die Anweisung des G könnte gegen § 612a BGB verstoßen. Diese Norm soll verhindern, dass ein Arbeitnehmer seine Rechte nicht mehr geltend macht, weil er fürchtet, im Anschluss benachteiligt zu werden. . . [Diese Ausführungen haben noch keinerlei Bezug zur Lösung und sind daher – an dieser Stelle – gänzlich überflüssig].“

45

Statt „Schachtelsätze“ zu verwenden, kann der Inhalt der Argumentation auch auf mehrere Sätze aufgeteilt werden. Das ist in der Klausursituation zum einen weniger fehleranfällig. Zum anderen erleichtert es die Arbeit des Korrektors, insbesondere wenn der Bearbeiter über keine mustergültige Handschrift verfügt.

46

Für die Lösungsskizze ist es aus Zeitgründen zwar ratsam, Abkürzungen oder Sonderzeichen für Standardprüfungspunkte oder bestimmte Probleme zu verwenden. Umgekehrt dürfen in der ausformulierten Lösung aber keine unüblichen Abkürzungen (z.B. nicht „KV“ für „Kaufvertrag“; „AN“ für „Arbeitnehmer“; „AG“ für „Arbeitgeber“; „Kdg.“ für „Kündigung“ etc.) oder Sonderzeichen (Pfeile, Klammern etc.) verwendet werden. Erlaubt sind nur solche Abkürzungen, die allgemeinüblich sind, die man also bspw. auch in einem Zeitungsartikel lesen könnte (z.B. „d.h.“ für „das heißt“ oder „z.B.“ für „zum Beispiel“).

47

Ein häufiger formaler Fehler besteht schließlich darin, die Gliederung nicht abzuschließen, d.h. es darf bspw. nicht „I. 1.; II.“ gegliedert werden (es fehlt „2.“). Notfalls kann nachträglich eine Schlussfolgerung als Zwischenergebnis formuliert werden, um auf diesem Weg die Gliederung noch abzuschließen (also z.B. „2. Zwischenergebnis“).

Anmerkungen

[1]

Kostenfrei abrufbar unter http://www.jura.uni-halle.de/lehrstuehle_dozenten/lehrstuhl_germann/lehre/, dort unter „Dokumente“.

[2]

Vgl. hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 276 f. mit dem nachfolgend übernommenen zweiten Beispiel.

[3]

Vgl. hierzu auch Germann, Leitsätze zur Subsumtionstechnik, 2010, S. 3.

[4]

Vgl. Schimmel, Juristische Klausuren und Hausarbeiten richtig formulieren, 11. Aufl. 2014, Rn. 330.

[5]

Vgl. die weiteren Formulierungsmöglichkeiten bei Germann, Leitlinien zur Subsumtionstechnik, 2010, S. 4.

[6]

Ebenso Germann, Leitsätze zur Subsumtionstechnik, 2010, S. 10. Mit viel gutem Willen lässt sich der Konjunktiv II in diesem Zusammenhang in seiner Funktion zur Wiedergabe einer Vermutung rechtfertigen; streng genommen liegt darin freilich eine unzulässige, subjektive Wahrscheinlichkeitsaussage, die vom Verfasser des Gutachtens in aller Regel gar nicht gewollt ist.

[7]

Der Urteilsstil unterscheidet sich von der Gutachtentechnik allein dadurch, dass das Ergebnis erst genannt und anschließend begründet wird.

[8]

Vgl. dazu statt vieler Gamillscheg, AcP 164 (1964), 385, 388.

2. Teil Klausurfälle

2 › Klausur 1 Das harte Musik-Business

Klausur 1 Das harte Musik-Business[1]

Inhaltsverzeichnis

 Gliederung und Schwerpunktsetzung

 Lösung

 Fragen zur Wiederholung

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A ist seit Anfang 1999 „Product-Manager“ im Musikverlag PressToPlay (P), der im deutschsprachigen Raum über Zwischenhändler und per Internet Tonträger vertreibt. Am Sitz der P in Hamburg sind 56 Arbeitnehmer beschäftigt; ein Betriebsrat ist gebildet.

A ist großer Fan US-amerikanischer Fernsehserien. Weil er auf dem neuesten Stand bleiben möchte, lädt er sich von seinem Internet-Arbeitsplatz aus via DSL gelegentlich einzelne Folgen herunter, die in Deutschland erst anderthalb Jahre später ausgestrahlt werden. Er brennt diese dann auf mitgebrachte DVDs, um sie zu Hause anzuschauen. Auf seine Arbeitsleistung haben die Downloads keinerlei negative Auswirkungen. Die IT-Abteilung bei P kann die Downloads seit 2002 eindeutig dem Arbeitsplatz des A zuordnen. Als A im Januar 2007 während der Arbeitszeit die neueste „Friends“-Staffel in höchster Auflösung (720p, insgesamt 25 Gigabyte) herunterlädt, kommt es wegen des Downloads zu vorübergehenden Systembeeinträchtigungen von drei Mal etwa 20 Minuten. Während dieser Zeit ist der E-Mailserver bei P nicht erreichbar, so dass kein Mitarbeiter E-Mails empfangen oder versenden kann. Während des Downloads beklagen sich bei P außerdem mehrere Kunden über die extrem langen Ladezeiten der Verkaufs-Seite, die an das System gekoppelt ist.

Daraufhin wird A noch im Januar 2007 zu einem Personalgespräch geladen. In dem Gesprächsprotokoll heißt es: „Die Personalleitung teilte A mit, dass es arbeitsvertragswidrig ist, während seiner Arbeitszeit und von seinem Arbeitsplatz aus Datenmengen in derart großem Umfang herunterzuladen. A solle dies in Zukunft unterlassen.“ Weiteren Inhalt hatte das Personalgespräch nicht. Als Ende Februar 2007 die neue Staffel von „Grey‘s Anatomy“ im Internet angeboten wird, schlägt A jedoch wieder zu. Der Download (15 Gigabyte) an seinem Arbeitsplatz ruft erneut vorübergehende Störungen des E-Mailservers und Kundenbeschwerden hervor.

Darauf entschließt man sich bei P am 1. März 2007, das Arbeitsverhältnis des A zu kündigen. Der Betriebsrat bei P wird am 2. März 2007 umfassend informiert. Statt der einschlägigen Kündigungsfrist von drei Monaten teilt die Personalabteilung dem Betriebsrat aber versehentlich mit, diese betrage vier Monate. Am 5. März 2007 findet eine Betriebsratssitzung statt, auf der nur zwei Betriebsratsmitglieder anwesend sind, die der Kündigung jedoch beide zustimmen. Das Protokoll der Sitzung – aus welchem auch die geringe Teilnehmerzahl hervorgeht – wird vom Betriebsratsvorsitzenden umgehend an die Personalabteilung weitergegeben. Diese erstellt noch am selben Tag eine ordentliche Kündigung zum 31. Mai 2007, die A per Brief am 6. März 2007 zugeht. A erhebt form- und fristgerecht Kündigungsschutzklage.

Frage 1: Ist die Klage des A begründet?

Neben dem Betrieb in Hamburg unterhält P mehrere Niederlassungen im Ausland, um den Puls des internationalen Musikmarktes zu fühlen. C ist bei P seit August 2006 beschäftigt, um die Londoner Dependance zu führen. Praktisch hat er aber vor allem mit der Zentrale in Hamburg Kontakt und ist dort in sämtliche Abläufe (Meetings etc.) eingebunden.

C nimmt sich in South Kensington eine Wohnung, die im Monat umgerechnet 1.200,– EUR kostet. Am Ende der Monate August, September, Oktober, November und Dezember 2006 schickt er jeweils eine Auflistung seiner Ausgaben in London, inklusive Mietkosten, an die Hamburger Zentrale. P erstattet dann nachträglich jeweils den vollen Betrag. Dieses Verfahren ist bei P für alle Auslandsbüros üblich; schriftliche Vereinbarungen hierüber gibt es aber nicht.

Der Vertrag, den P und C in Hamburg unterzeichnet haben, enthält in § 22 folgende Klausel, die P in sämtlichen Arbeitsverträgen verwendet:

„Alle Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrags bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, auch wenn sie bereits mündlich getroffen wurden. Dies gilt auch für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis.“

Im November 2006 besucht C im Auftrag von P ein Konzert der britischen Nachwuchsband „Bloody Hairies“, von der C wenig überzeugt ist, weil er Gitarrenbands für aus der Mode gekommen hält. Auf Anraten von C schlägt P die Möglichkeit aus, mit der Band einen Plattenvertrag abzuschließen. Als Anfang 2007 die von einem anderen Label vertriebene erste Single der „Bloody Hairies“ sämtliche Verkaufsrekorde bricht, kündigt P dem C am 7. Januar 2007 außerordentlich wegen „schwerwiegender Unterschiede in der Auffassung über die Entwicklung des Künstlerportfolios“.

C erhebt daraufhin vor dem Arbeitsgericht Hamburg Kündigungsschutzklage. Im März 2007 vergleichen sich P und C darauf, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen zum 31. März 2007 endet. Den ausstehenden Lohn zahlt P umgehend aus. Weiteren Inhalt (etwa eine Erledigungsklausel) hat der Vergleich nicht. C verlangt von P daraufhin auch die Erstattung der Miete, die er in London für die Monate Januar bis März 2007 in Höhe von 3.600,– EUR zahlen musste.

Frage 2: Hat C Anspruch auf Ersatz der Mietkosten?

Bearbeitervermerk:

Es ist davon auszugehen, dass auf das Arbeitsverhältnis deutsches Recht Anwendung findet.

Anmerkungen

[1]

Die Klausur wurde am 14.12.2007 als Aufsichtsarbeit im Schwerpunktbereich Arbeitsrecht an der Bucerius Law School in Hamburg gestellt.

2 › Klausur 1 Das harte Musik-Business › Gliederung und Schwerpunktsetzung