Über José Saramago

José Saramago, geboren am 16. November 1922 in Azinhaga in der portugiesischen Provinz Ribatejo, entstammt einer Landarbeiterfamilie. Nach dem Besuch des Gymnasiums arbeitete er als Maschinenschlosser, technischer Zeichner und Angestellter. Später war er Mitarbeiter eines Verlags und Journalist bei verschiedenen Lissabonner Tageszeitungen. Ab 1966 widmete er sich verstärkt der Schriftstellerei. Während der Salazar-Diktatur gehörte er zur Opposition. Der Romancier, Erzähler, Lyriker, Dramatiker und Essayist erhielt 1998 den Nobelpreis für Literatur. Er starb am 18. Juni 2010 auf Lanzarote. Sein Werk erscheint bei Hoffmann und Campe und im Taschenbuch bei Atlantik.

Von Umberto Eco

Ein eigentümlicher Mensch, dieser Saramago. Er ist siebenundachtzig Jahre alt und hat einige Zipperlein (sagt er), er hat den Nobelpreis gewonnen, der es ihm erlauben würde, nichts mehr zu produzieren, denn ins Pantheon kommt er in jedem Fall (Harold Bloom, der mit seinem Lob sehr geizt, sagte von ihm, er sei »der talentierteste lebende Romancier … einer der letzten Titanen eines im Aussterben begriffenen literarischen Genres«). Und da schreibt er nun einen Blog, in dem er sich ein wenig mit allen anlegt, sodass es von vielen Seiten Polemiken und Bannflüche hagelt – häufig nicht deshalb, weil er Dinge sagt, die er nicht sagen dürfte, sondern weil er keine Zeit damit verliert, seine Worte abzuwägen, und vielleicht macht er das sogar mit Absicht.

Wie, er? Er, der die Interpunktion so ernst nimmt, dass sie praktisch verschwindet, der in seiner Kritik an Moral und Gesellschaft ein Problem nie frontal angeht, sondern es poetisch mit den Formen des Phantastischen und des Allegorischen umkreist, sodass der Leser (obwohl er ahnt, dass de te fabula narratur) sich anstrengen muss, um zu begreifen, worauf die Apologie letztlich abzielt; er, der – wie in seinem Roman Die Stadt der Blinden – den Leser in einem milchigen Nebel treiben lässt, in dem nicht einmal die Eigennamen, die Saramago ohnehin ziemlich sparsam verwendet, ein deutlich erkennbares Signal geben; er, der in der Stadt der Sehenden auf der Grund

Und dieser phantasievolle, metaphorische Schriftsteller erklärt uns nonchalant, dass Bush von einer abgrundtiefen Ignoranz ist, dass sein konfuses verbales Ausdrucksvermögen beständig von der unwiderstehlichen Versuchung angezogen wird, Blödsinn zu reden, dass er ein Cowboy ist, der die Welt mit einer Viehherde verwechselt, dass wir nicht einmal wissen, ob er überhaupt denken kann (im noblen Sinn des Wortes), dass er ein schlecht programmierter Roboter ist, der ständig die in ihm gespeicherten Befehle durcheinanderbringt, ein zwanghafter Lügner, Anführer aller anderen Lügner, die ihm in den vergangenen Jahren Beifall gespendet und ihm gedient haben? Und dieser feinsinnige Erfinder von Parabeln benutzt Wörter, die keinerlei Zweifel zulassen, wenn er sich über den Eigentümer des Verlags äußert, der ihn publiziert? Und dieser erklärte Atheist, für den Gott »das Schweigen des Universums ist und der Mensch der Schrei, der diesem Schweigen einen Sinn verleiht«, führt Gott wieder ein, einzig damit er sich fragen kann, was er, Gott nämlich, von Ratzinger denkt? Und als immer noch hartnäckig militanter Kommunist verkündet er, dass »die Linke auch nicht die geringste Ahnung hat von der Welt, in der sie lebt«, und beschwert sich anschließend, dass jegliche Reaktion ausblieb (dass er zum Beispiel noch nicht einmal verstoßen oder exkommuniziert wurde)? Und er riskiert den Vorwurf des Antisemitismus, weil er die Politik der israelischen Regierung kritisiert und über seiner zornigen Anteilnahme am Unglück der Palästinenser offenbar vergessen hat, auch daran zu erinnern – wie eine ausgewogene Analyse es erfordern würde –, dass es Leute gibt, die Israel sein Existenzrecht absprechen? Aber niemand bedenkt, dass Saramago,

 

Wenn Saramago immer das Pro und Kontra in Erwägung zöge, wüsste er, dass man sich auch beim Schimpfen so oder so ausdrücken kann. Ich zitiere (aus dem Gedächtnis) Borges, der (vielleicht aus dem Gedächtnis) Dr. Johnson zitierte, welcher eine Begebenheit zitierte, bei der jemand einen Widersacher folgendermaßen beleidigte: »Werter Herr, unter dem Vorwand, ein Bordell zu betreiben, verkauft Eure Gemahlin geschmuggelte Stoffe.« Saramago hingegen nimmt kein Blatt vor den Mund, redet vielmehr frei von der Leber weg, und wenn er täglich die ihn umgebende Wirklichkeit kommentiert, revanchiert er sich für die ganze düstere Unbestimmtheit seiner Fabeln.

 

Von Saramagos militantem Atheismus war bereits die Rede. Eigentlich richtet sich seine Polemik nicht gegen Gott: Nachdem er einmal zugestanden hat, dass »seine Ewigkeit nur die eines ewigen Nichtseins ist«, könnte Saramago ganz beruhigt sein. Sein Groll richtet sich gegen die Religionen (und aus diesem Grund wird er von allen möglichen Seiten angegriffen – Gott leugnen darf jeder, gegen die Religion polemisieren stellt die gesellschaftlichen Strukturen in Frage).

An anderer Stelle zog Saramago den Schluss: »Wären wir alle Atheisten, würden wir in einer friedlicheren Gesellschaft leben.« Ich bin nicht sicher, ob er recht hat, und es sieht aus, als habe ihm Papst Ratzinger in seiner Enzyklika Spe salvi indirekt geantwortet, als er schrieb, der Atheismus des 19. und 20. Jahrhunderts sei, auch wenn er sich als Protest gegen die Ungerechtigkeiten der Welt und der Universalgeschichte präsentierte, die »Prämisse gewesen, die die größten Grausamkeiten und Vergewaltigungen der Gerechtigkeit nach sich gezogen« habe.

Vielleicht dachte Ratzinger an die gottlosen Menschen Lenin und Stalin, aber er vergaß, dass auf den Gürtelschnallen der Soldaten der Wehrmacht »Gott mit uns« stand, dass Heerscharen von Militärgeistlichen die faschistischen Standarten segneten, dass der Massenmörder Francisco Franco von ausgesprochen frommen Prinzipien beseelt war und von faschistischen Christuskriegern unterstützt wurde (schweigen wir von den Verbrechen der Gegenseite, angefangen hatte schließ

Daher kam mir der Gedanke, wenn die Religion manchmal das Opium des Volkes ist oder gewesen ist, so war es doch vielleicht häufiger das Kokain. Ich glaube, dass dies auch Saramagos Meinung ist, und schenke ihm die Definition – und die Verantwortung dafür.

 

Saramago als Blogger ist ein zorniger Wüterich. Aber gibt es wirklich eine Kluft zwischen dieser Praxis, sich täglich über Ephemeres zu entrüsten, und dem Schreiben von »kleinen moralischen Werken« im Sinne Leopardis, die sowohl für vergangene als auch für künftige Zeiten Geltung besitzen? Ich schreibe dieses Vorwort, weil ich glaube, mit meinem Freund Saramago eine Erfahrung gemein zu haben: Beide schreiben wir zum einen Bücher, und zum anderen verfassen wir für eine Wochenzeitschrift Glossen, die sich mit der Alltagskultur beschäftigen. Da die zweite Form des Schreibens zugänglicher

Daher würde ich sagen, dass Saramago in diesen kurzen Texten weiterhin seine Erfahrung mit der Welt macht, wie sie leider ist, um sie dann aus einer gelasseneren Entfernung in Form einer poetischen Moral zu betrachten (und dann zuweilen schlimmer aussieht, als sie ist, auch wenn es kaum möglich scheint, die Realität noch zu übertreffen).

 

Aber ist er denn wirklich immer so zornig, dieser Meister der Philippika und der Schmähungen? Mir will scheinen, dass es außer denen, die er hasst, auch solche Menschen gibt, die er liebt. Und tatsächlich gibt es feinsinnige Texte, die Fernando Pessoa gewidmet sind (nicht umsonst ist man Portugiese) oder Jorge Amado, Carlos Fuentes, Federico Mayor oder Chico Buarque de Hollanda, Texte, die demonstrieren, dass dieser Autor nicht besonders neidisch ist auf seine Kollegen und anmutige, liebevolle Miniaturen von ihnen zu zeichnen versteht.

Ganz zu schweigen von den Momenten (und dann kehrt er zu den großen Themen seiner Romane zurück), wenn er die Analyse des Tagtäglichen auf die großen metaphysischen Probleme ausweitet, auf die Realität und den Schein, die Natur der

Dann kehrt der Philosoph und Erzähler Saramago auf die Bühne zurück, nicht mehr zornig, sondern nachdenklich und seiner Sache nicht so ganz gewiss.

Aber wir mögen ihn auch, wenn er in Rage gerät. Er ist sympathisch.

Aus dem Italienischen von Anna Leube

Pilar braucht dieses Buch nicht gewidmet zu werden, denn das ist es bereits seit dem Tag, als sie zu mir sagte: »Du hast eine Aufgabe, schreib einen Blog.«

In besagtes Notizbuch habe ich nie etwas geschrieben, doch so und nicht anders sind die Cadernos de Lanzarote entstanden, die in fünf aufeinanderfolgenden Jahren erschienen. Heute befinde ich mich überraschend in einer ähnlichen Lage. Dieses Mal jedoch sind die treibenden Kräfte Pilar, Sérgio und Javier, die sich um den Blog kümmern. Sie haben mir gesagt, sie hätten für mich einen Platz im Blog reserviert und ich solle dafür schreiben, ganz gleich, was, Kommentare, Betrachtungen, einfach meine Meinung zu diesem und jenem, kurzum, was sich gerade so ergibt. Weit disziplinierter, als zu sein ich zuweilen den Eindruck erwecke, antwortete ich, jawohl, Herrschaften, ich bin dazu bereit, vorausgesetzt, man verlangt von mir nicht so regelmäßiges Arbeiten, wie ich es mir selbst bei den Cadernos de Lanzarote abverlangt habe. In diesem Sinne kann man also auf mich zählen.

José Saramago

 

Beim Blättern in nicht mehr ganz taufrischen Papieren stieß ich auf einen vor Jahren geschriebenen Artikel über Lissabon, und ich geniere mich nicht, zu gestehen, dass ich gerührt war. Vielleicht, weil es eigentlich kein richtiger Artikel war, sondern ein Liebesbrief, eine Liebeserklärung an Lissabon. Ich beschloss, meine Freunde und Leser daran teilhaben zu lassen und ihn noch einmal zu veröffentlichen, dieses Mal auf der grenzenlosen Seite des Internets, und damit meinen persönlichen Platz in diesem Blog einzuweihen.

Worte an eine Stadt

Es gab Zeiten, da hieß Lisboa – Lissabon – nicht so. Als die Römer kamen, nannten sie die Stadt Olisipo, und als die Mauren sie einnahmen, hieß sie Olissibona, woraus sie Aschbouna machten, vielleicht, weil sie das Barbarenwort nicht aussprechen konnten. Als die Mauren 1147 nach dreimonatiger Belagerung besiegt wurden, erhielt die Stadt nicht sofort einen neuen Namen; falls der, der unser erster König werden sollte, seiner Familie einen Brief geschrieben hat, um von vollbrachter Tat zu berichten, so hat er höchstwahrscheinlich Aschbouna, den 24. Oktober, oder Olissibona obendrüber geschrieben, doch auf keinen Fall Lisboa. Ab wann aber hieß Lisboa nun tatsächlich und von Rechts wegen Lisboa? Ein paar Jahre mindestens mussten vergehen, bis der neue Name

Solche historischen Kleinigkeiten sind uninteressant, wird man einwenden, doch für mich wäre es sehr interessant, nicht nur zu erfahren, sondern – ganz konkret – zu sehen, wie Lissabon sich seit jenen Tagen verändert hat. Wenn es damals schon das Kino gegeben hätte, wenn die alten Chronisten Kameraleute gewesen wären, wenn die tausend Veränderungen, die Lissabon im Laufe der Jahrhunderte erlebt hat, aufgezeichnet worden wären, dann könnten wir sehen, wie dieses Lissabon wächst und sich einem Lebewesen gleich bewegt, ähnlich den Blüten, die sich im Fernsehen binnen weniger Sekunden von der noch geschlossenen Knospe zu ihrer endgültigen Formen- und Farbenpracht entfalten. Ich glaube, schon allein deswegen würde ich dieses Lissabon lieben.

Physisch bewohnen wir einen Raum, was unsere Gefühle betrifft, so werden wir von Erinnerung bewohnt. Erinnerung an Zeit und Raum, Erinnerung, in der wir leben wie eine Insel zwischen zwei Meeren: Das eine nennen wir Vergangenheit, das andere Zukunft. Dank unseres Gedächtnisses, das die Erinnerung an die Routen bewahrt hat, können wir das Meer der nahen Vergangenheit befahren, doch um das Meer der fernen Vergangenheit zu befahren, müssen wir die mit der Zeit angesammelten Erinnerungen nutzen, die Erinnerung an einen ständig sich verändernden, wie die Zeit flüchtigen Raum. Dieser Film über Lissabon, der die Zeit verdichten und den Raum erweitern würde, wäre die vollkommene Erinnerung an die Stadt.

Von den Orten wissen wir, dass wir uns für eine gewisse Zeit in dem Raum, den sie ausmachen, mit ihnen vereinen. Der Ort war schon da, der Mensch kam hinzu, dann ging der

Vielleicht kann man nicht über eine Stadt sprechen, ohne ein paar denkwürdige Daten ihrer Geschichte zu nennen. Bislang wurde hier nur ein einziges Datum zu Lissabon erwähnt, das Datum seines portugiesischen Anfangs – ihn zu verherrlichen dürfte keine allzu schwere Sünde sein … Eine schwere Sünde wäre hingegen, jener patriotischen Begeisterung nachzugeben, die mangels echter Feinde, an denen sie ihre vermeintliche Macht auslassen könnte, die billigen Anreize rhetorischer Beschwörung sucht. Feierliche Gedenkreden sind zwar nicht zwangsläufig von Übel, bergen jedoch eine Selbstgefälligkeit, die dazu verleitet, Worte mit Taten zu verwechseln, wenn sie nicht gleich die Worte an die Stelle setzen, die einzig den Taten gebührt.

An jenem Oktobertag tat das gerade erst entstehende Portugal einen großen Schritt nach vorn, und zwar einen so endgültigen, dass Lissabon nie wieder verlorenging. Doch sollten wir

Lissabon hat sich in den letzten Jahren verändert, es hat im Bewusstsein seiner Bürger die Triebkraft zu wecken vermocht, die es aus dem Dämmerzustand riss, in den es versunken war. Im Namen der Modernisierung werden über den alten Steinen Betonmauern hochgezogen, die Silhouette der Hügel entstellt, die Panoramen verändert, die Blickwinkel verschoben. Doch Lissabons Geist lebt weiter, und es ist der Geist einer Stadt, der ihr ewiges Leben schenkt. Berauscht von der leidenschaftlichen Liebe und göttlichen Begeisterung, die Dichtern innewohnt, schrieb einst Camões über Lissabon: »[…] du, die du Königin bist unter den anderen Städten«. Sehen wir ihm die Übertreibung nach. Es genügt, wenn Lissabon einfach das ist, was es sein soll: gebildet, modern, sauber, gut organisiert – ohne dabei etwas von seiner Seele einzubüßen. Und wenn all diese Tugenden am Ende Lissabon zu einer Königin machen, dann sei es so. In dieser unserer Republik sind solche Königinnen immer willkommen.

Vergebung für Darwin?

Eine gute Nachricht, werden arglose Leser sagen, vorausgesetzt, es gibt sie noch nach so vielen Enttäuschungen. Die Anglikanische Kirche, diese zu Zeiten Heinrich VIII. als Staatsreligion etablierte englische Version des Katholizismus, hat eine bedeutende Entscheidung verkündet: Man wolle Charles Darwin nun, anlässlich der Zweihundertjahrfeiern seines Geburtstags, um Vergebung bitten dafür, wie schlecht man ihn nach der Veröffentlichung seiner Werke Die Entstehung der Arten und vor allem Die Abstammung des Menschen behandelt hat. Ich habe nichts gegen Entschuldigungen, wie sie nahezu täglich aus diesem oder jenem Grund ausgesprochen werden, auch wenn ich ihren Nutzen bezweifle. Selbst wenn Darwin noch am Leben und bereit wäre, »Ja, ich vergebe euch« zu sagen, könnte sein großherziges Wort keine einzige der vielen Beleidigungen, Verleumdungen und verächtlichen Kommentare, mit denen man ihn überhäuft hat, ungeschehen machen. Profitieren würde davon ganz allein die Anglikanische Kirche, denn sie erhielte, ohne dafür zahlen zu müssen, einen Zuwachs ihres Kapitals an gutem Gewissen. Dennoch sei ihr gedankt für ihre, wenn auch späte, Reue, die vielleicht dem jüngst mit einem diplomatischen Manöver bezüglich des Laizismus befassten Papst Benedikt XVI. Anlass bietet, sich bei Galileo Galilei und Giordano Bruno zu entschuldigen, insbesondere bei Letzterem, den man mit viel christlicher Nächstenliebe folterte und schließlich auf dem Scheiterhaufen verbrannte.

Die Entschuldigung der Anglikanischen Kirche wird den nordamerikanischen Kreationisten ganz und gar nicht gefal

189.

George Bush oder das Zeitalter der Lüge

Ich frage mich, wieso die USA, ein in jeder Hinsicht großes Land, so oft so kleine Präsidenten haben. George Bush ist vielleicht der kleinste von allen. Mit seinem Mittelmaß an Intelligenz, seiner abgrundtiefen Ignoranz, seiner wirren Ausdrucksweise, ständig der unwiderstehlichen Versuchung erlegen, Blödsinn zu reden, präsentiert sich dieser Mann der Menschheit so grotesk wie ein Cowboy, der die Welt geerbt hat und diese wie eine Viehherde behandelt. Wir wissen nicht, was er wirklich denkt, wir wissen nicht, ob er überhaupt denkt (ganz wörtlich gemeint), wir wissen nicht, ob er nicht womöglich ein schlecht programmierter Roboter ist, der die in ihm gespeicherten Befehle ständig durcheinanderbringt. Eines sei aber zu seiner Verteidigung gesagt – ein Programm in dem Roboter George Bush, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, läuft reibungslos: das Lügen. Er weiß, dass er lügt, er weiß, dass wir wissen, dass er lügt, doch da er zu der Kategorie der zwanghaften Lügner gehört, wird er weiterhin lügen, auch wenn er die nackte Wahrheit direkt vor Augen hat, er wird auch dann weiter lügen, wenn die Wahrheit ihn Kopf und Kragen gekostet hat. Er hat gelogen, um den Irakkrieg führen zu können, so wie er schon über seine turbulente, dubiose

George Bush hat die Wahrheit aus der Welt verbannt, damit statt ihrer das Zeitalter der Lüge Früchte tragen konnte. Die heutige menschliche Gesellschaft ist von der Lüge, der schlimmsten moralischen Seuche, kontaminiert, und er ist einer der Hauptverantwortlichen dafür. Überall wird inzwischen ungestraft gelogen, die Lüge ist schon zu einer Art zweiter Wahrheit geworden. Als vor ein paar Jahren ein portugiesischer Premierminister, dessen Namen ich hier aus Barmherzigkeit nicht nenne, öffentlich feststellte, »Politik ist die Kunst, nicht die Wahrheit zu sagen«, konnte er nicht ahnen, dass George Bush diese schockierende Aussage wenig später zu der arglosen Behauptung eines Politikers der Peripherie degradieren würde, der sich der wahren Bedeutung und Tragweite seiner Worte nicht bewusst war. Für Bush ist die Politik schlicht und einfach ein Instrument zum Geschäftemachen, und vielleicht gar das beste, mit der Lüge als Vorhut der Panzer und Kanonen, der Lüge über die Ruinen, über die Toten, über die bescheidenen, aber immer enttäuschten Hoffnungen der Menschheit. Es ist nicht bewiesen, dass die Welt heute sicherer ist, doch haben wir keinen Zweifel daran, dass sie erheblich sauberer wäre ohne die imperialistische und kolonialistische Politik des Präsidenten der Vereinigten Staaten, George Walker Bush, und all der vielen, die ihm, wohl wissend, dass sie einen Betrug begingen, den Weg ins Weiße Haus geebnet haben. Die Geschichte wird sie zur Rechenschaft ziehen.

Berlusconi & Co.

Der amerikanischen Zeitschrift Forbes zufolge, einer Art Gotha der Reichen dieser Welt, beläuft sich Berlusconis Vermögen auf fast zehn Milliarden Dollar. Ehrlich verdientes Geld, versteht sich, wenn auch mit nicht geringer Hilfe von außen, wie zum Beispiel von mir. Da meine Bücher in Italien beim Verlag Einaudi erscheinen, der Berlusconi gehört, hat er auch durch mich ein bisschen was verdient. Natürlich nur einen winzigen Tropfen im großen Ozean, doch für seine Zigarren dürfte es gereicht haben – Korruption ist vermutlich nicht sein einziges Laster. Abgesehen von dem, was allgemein bekannt ist, weiß ich sehr, sehr wenig über Leben und Wunder des Silvio Berlusconi, il Cavaliere