Stephen Zarlenga

DER MYTHOS VOM

GELD

DIE GESCHICHTE DER MACHT

Vom Tauschhandel zum Euro:
eine Geschichte
des Geldes und der Währungen

Aus dem Amerikanischen von
Anette Holzwarth und Dagmar Brede

Conzett Verlag

Inhaltsverzeichnis

Einführung

1. Kapitel

Die Ursprünge des Geldwesens

Der Ursprung des Geldes im Warenhandel

Der Ursprung des Geldes in der Gesellschaft

Der Ursprung des Geldes in der Religion

Gold wird zum Zahlungsmittel

Die griechischen Stadtstaaten führen die Münzprägung ein

Lykurgs numerisches System in Sparta

Solons Reform

Aristoteles’ »Nomisma«

2. Kapitel

Roms Bronzegeld: besser als Gold

Roms Bronzegeld

Der Niedergang des römischen Geldsystems

Östliche Kulte infiltrieren Rom

Übernahme durch die Cäsaren

Die Zerstörung des römischen Ethos

Der kaiserliche Goldstandard stärkt die finanzielle Macht des Ostens

Edelmetalle fließen in den Osten ab

Die Währungskrisen im späten dritten Jahrhundert

Das Imperium verlagert sich nach Osten

3. Kapitel

Der Untergang Roms aus monetärer Sicht

Erste Regel: Das »heilige« Vorrecht der Goldmünzenprägung

Zweite Regel: Die unterschiedlichen Gold-Silber-Wertverhältnisse in Ost- und Westrom

Der Untergang des Römischen Reiches bleibt eine der größten Fragen der Geschichte

Eine monetäre Sicht des Untergangs von Rom

Der moslemische Angriff auf das »monetäre Rückgrat« des Reiches

4. Kapitel

Die Wiedereinführung von Geld im Westen

Die Wiederbelebung des Münzsystems im Norden durch Karl den Großen: ein »trügerisches Licht«

Sonnenaufgang über dem Mittelmeer: Der Aufstieg von Venedig

Venedigs Geldsysteme

Venedig führt vorsichtig Nominalgeld ein

Die venezianischen Imprestidi: eine Form der Staatsfinanzierung

5. Kapitel

Die Kreuzzüge beenden den monetären Würgegriff von Byzanz

Der erste Kreuzzug

Der Aufstieg der Templer

Der vierte Kreuzzug nach Konstantinopel

Die monetäre Bedeutung des vierten Kreuzzuges

Die finanziellen Neuerungen der Templer

6. Kapitel

Der Kampf um die monetäre Vorherrschaft in der Renaissance

Die Handelsmessen

Die Münzstätten der Könige

Die mittelalterlichen Geldverleiher

Privatbanken

Staatseigene Banken

Die große Entdeckung: Banken schöpfen Geld

Die Fugger

Die Welser, Hochstetter und Tucher

Brügge: die treibende Kraft im Norden

Die Hanse

7. Kapitel

Scholastiker und Reformatoren

Die scholastische Sicht von Geld und Preis

Das Wucherverbot

Das Wucherverbot wird in Frage gestellt

Keine Vergebung für Wucherer

Martin Luther

Johannes Calvin

Wirtschaftliche und geistige Auswirkungen des Calvinismus

8. Kapitel

Das Jahr 1500 – Dreh- und Angelpunkt der Geschichte

Machtverschiebungen vom Mittelmeer zur Nordsee

Die Plünderung Amerikas

Die Renaissance des Nordens

Die Kaproute verändert die Handelsbeziehungen

9. Kapitel

Der Aufstieg des Kapitalismus in Amsterdam

Die Bank von Amsterdam

Die Juden Amsterdams

Die Börse von Amsterdam

Die Vernachlässigung des Handels durch die Holländer

Holland finanziert England

10. Kapitel

Der Transfer des Kapitalismus nach England

Englands monetärer Hintergrund

Der Kampf um die Kontrolle des englischen Geldsystems

Die religiöse Unterminierung der Monarchie

Die Wiederzulassung der Juden in England

Die Unterminierung der Monarchie über das Geldsystem

Das Papiergeld-Experiment Karls II

Der Free Coinage Act von 1666

11. Kapitel

Die Bank of England wird ausgeheckt

Die Lehre vom Geld wird wiederentdeckt – und missbraucht

Die Gründung der Bank wird in aller Stille vorangetrieben

Der Widerstand gegen die Bank regt sich

Ricardo greift die Geldschöpfungsmacht der Bank an

Der Missbrauch der Lehre vom Geld

Der South Sea Bubble

12. Kapitel

Die Nationalökonomen: die Priesterschaft der Bankentheologie

Ökonomen als Propagandisten

Die Verachtung für geschichtliche Forschung wächst

Der Mythos Adam Smith

Zutreffendere Geldtheorien vor und nach Adam Smith

Die Ergreifung der gesellschaftlichen Geldmacht

Zinsberechnung auf privat geschöpftem Geld

Geldmenge und Inflation – wieviel Geld ist notwendig?

Weshalb konnte sich Adam Smith’ Auffassung durchsetzen?

Bankiers setzen Smith’ monetäre Ansichten gegen England ein

13. Kapitel

These versus Antithese: Synthese

England in Schwierigkeiten – die sichtbaren Auswirkungen des Wuchers

Religiös motivierte Menschen engagieren sich

Sogar Ökonomen stellen sich gegen die Bank of England

Der Wucher in der Defensive

Die mathematische Unmöglichkeit des langfristigen Wuchers

Die monetären Reformen von 1844

Marx und Engels formulieren die Antithese

Die Synthese aus Smith und Marx

14. Kapitel

Die Kolonialwährungen der USA

Die Urwährungen der »Moundbuilder«-Kulturen

Die monetäre Not in den Kolonien

Die credit bills von Massachusetts – das erste Papiergeld im Westen

Pennsylvanias überlegenes Geldsystem

Der Angriff der Lords of Trade and Plantations auf das Kolonialgeld

Der Currency Act von 1764

Die monetäre Ursache der amerikanischen Revolution

Die Continental currency – der Lebensnerv der Revolution

Der insgesamt bemerkenswerte Erfolg der Continental currency

15. Kapitel

Die Geldmacht gegen die Verfassung der Vereinigten Staaten

Frühe Versuche einer widerrechtlichen Übernahme der Geldmacht

Die Verfassung von 1787

Die Frage nach dem Wesen des Geldes

To emit bills of credit

Die First Bank of the United States ergreift die Geldmacht

Die erste Geldausgabe der Vereinigten Staaten

Die üblen Machenschaften der Second Bank of the United States

16. Kapitel

Ein Vergleich zwischen der staatlichen und der privaten Geldemission der Vereinigten Staaten

Die Erfahrungen der USA mit staatlich emittiertem Geld

Die Erfahrungen der USA mit privat emittiertem Geld

Die Funktionsweise des free banking

Gouges Darstellung des frühen Bankwesens

Maßnahmen gegen die privaten Staatsbanken

Die Free-banking-Gesetze der Bundesstaaten von 1836

17. Kapitel

Greenbacks – echtes amerikanisches Geld

Amerika vor dem Sezessionskrieg

Die Einführung des greenback

Die Entwicklung des greenback und der Preise

Das Papiergeldsystem der Konföderation scheitert

Der National Banking Act von 1863/64

Der Kampf um die greenbacks

Die Verteidiger des greenback

18. Kapitel

Die monetären Verbrechen des 19. Jahrhunderts – die großen Demonetisierungen

Warum Bankiers an einer Deflation gelegen ist

Probleme des Bimetallismus

Die Lateinische Münzunion

Die Hälfte des Münzgelds der Welt wird vernichtet

Die erste Attacke: die Greenback-Anleihen

Die zweite Attacke: Versuche zur Abschaffung der greenbacks

Die dritte Attacke: die »heimliche« Demonetisierung des Silbers

Die Vereinigten Staaten remonetisieren das Silber

19. Kapitel

Der Triumph der Bankiers – die Einrichtung des Federal Reserve System

Die volksnahen Parteien – von den Bankiers in die Tasche gesteckt

Verebbender Kampf um den greenback

Der Currency Act von 1900

Das Aufkommen gesellschaftlich verträglicher Lösungen des Geldproblems

Die Panik von 1907

Das Federal Reserve System – eine heimlich etablierte private Zentralbank

Parallelen zur Gründung der Bank of England

Die uralten Techniken monetärer Herrschaft

20. Kapitel

Das Federal Reserve System ruiniert Amerika

Das Federal Reserve System startet gerade rechtzeitig

Das Federal Reserve System destabilisiert das amerikanische Geldsystem

Die Bank of England diktiert die amerikanische Geldpolitik in den zwanziger Jahren

Wie es zum Börsenkrach kam

Der Börsenkrach

Die große Depression – eine drastische Verringerung der Geldmenge

Von Hoover zu Roosevelt – ein markanter Regierungswechsel

Die Bankenreform von 1933 bis 1935

Die Finanzierung des Zweiten Weltkrieges

Versuche, das moralische Ansehen des Kapitalismus wiederherzustellen

Die anglikanische Kirche zieht der Bank of England die Giftzähne

21. Kapitel

Ein Plädoyer für eine vierte Staatsgewalt

Die Fehldiagnose der monetären Probleme Amerikas

Abschaffung des Systems der begrenzten Reservehaltung und die Einführung einer Deckungspflicht von 100 %

Die Geldausgabe muss eine staatliche Aufgabe sein

Im Angesicht des Bösen

Hindernisse bei der Umsetzung monetärer Reformen in den Vereinigten Staaten

22. Kapitel

Die deutsche Hyperinflation von 1923 unter einer privaten Zentralbank

Die Entstehung Deutschlands

Der Versailler Vertrag

Die monetäre Zerstörung Deutschlands

Die Ursache der Inflation: erste »Erklärung«

Die wahren Gründe für die Inflation

Schachts Enthüllung

Die Spekulanten versuchen wieder ihr Glück

Hitler ist von Feders monetären Ansichten angetan

Die Errichtung der Deutschen Bundesbank als einer staatlichen Zentralbank

Die Europäische Währungsunion stellt Deutschland vor neue Herausforderungen

23. Kapitel

Internationale Währungssysteme

Das Problem des internationalen Zahlungsverkehrs

Der internationale Goldstandard

Die Gründung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)

Der Internationale Währungsfonds (IWF)

Drei Vorschläge zur Verwirklichung internationaler Währungsstabilität

Geldschöpfungsbefugnisse des IWF

Die Weltbankgruppe

Die Internationale Finanz-Korporation (IFC)

Die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA)

Monetäre Entwicklungen im Islam – ein Wiederaufleben der Scholastik

24. Kapitel

Die Europäische Währungsunion

Der Aufbau der Europäischen Währungsunion

Die Inhaber der EZB

Berichte und Überprüfung

Konvergenzkriterien

Methoden der Geldschöpfung

Das Problem der begrenzten Reservehaltung in der Europäischen Währungsunion

Soll neues Geld auf Außenhandelsüberschüssen basieren?

Die Gelddefinition ist die Aufgabe des Europäischen Währungsinstituts

Es gibt keine Alternativen zur EWU

Institutionalisierung eines Prüfungsverfahrens

Zusammenfassung

Quellennachweise

Einführung

Die Historiker werden nur dann wertvolle Dienste leisten, wenn sie die Kernfrage der Geschichte beantworten können: Was ist Macht?

Leo Tolstoi

Das Bedürfnis nach Wissen über monetäre Zusammenhänge wächst

Kurz vor Anbruch des dritten nachchristlichen Jahrtausends führen uns mehrere weltumspannende Entwicklungen die Notwendigkeit vor Augen, unseren Blick für monetäre Begriffe zu schärfen. Die Bildung der Europäischen Gemeinschaft stellt eine der bedeutendsten geopolitischen Entwicklungen in der Geschichte Europas der vergangenen Jahrhunderte dar. In ihrer Tragweite mit der ursprünglichen Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika vergleichbar, wird sie das Weltgeschehen wohl bis weit in die Zukunft hinein beeinflussen.

Diese neue politische Wirklichkeit besteht zu einem Großteil aus der Verschmelzung der nationalen europäischen Währungen zu einer einheitlichen Währung, dem Euro. Mit der allmählichen Vollendung dieser Reform wächst die Skepsis vieler Europäer gegenüber monetären Entwicklungen, die sich auf ihre wirtschaftliche Zukunft auswirken werden.

Die enorme Bedeutung monetärer Macht

Obwohl man im allgemeinen lieber die politischen und wirtschaftlichen Aspekte der Europäischen Union diskutiert, zeigt die Geschichte, dass der monetäre Bereich für die Gestaltung der Europäischen Gemeinschaft von größerer, wenn nicht sogar von entscheidender Bedeutung ist.

Die Macht in einer Gesellschaft wird überwiegend von ihrem Geld- und Bankensystem ausgeübt. Während die Wahlen von Ministerpräsidenten und Volksvertretern im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen, werden die wirklich wesentlichen gesellschaftlichen Fragen – etwa ob allgemeine wirtschaftliche Gerechtigkeit herrscht oder ob einzelne Gruppen besondere Privilegien erhalten – oft leise hinter den Kulissen entschieden, und zwar mittels der Strukturen des monetären Systems einer Gesellschaft.

Diese monetären Beschlüsse werden sich sehr unmittelbar auf das tägliche Leben der EU-Bürger auswirken, unmittelbarer als die Beschlüsse des Europäischen Parlaments, des Ministerrats oder des Europäischen Gerichtshofs. Durch monetäre Beschlüsse wird festgelegt, auf welche Art und Weise Geld in der Gemeinschaft verfügbar gemacht wird, was wiederum den Grad der Beschäftigung bzw. der Arbeitslosigkeit, die Höhe der Einkommen, Investitionen, Zinssätze und viele weitere Faktoren bestimmt.

Mit einem Wort, die monetären Institutionen werden in der Lage sein, der Europäischen Gemeinschaft entweder großen Nutzen zu bringen oder aber Schaden zuzufügen, je nach ihrer Struktur und Umsetzung. Das Bewusstsein der Bürger für diesen Sachverhalt kann die Struktur und die Führung dieser Institutionen beeinflussen. Da das langfristige Arbeiten einer Institution häufig von ihrer Anfangsentwicklung bestimmt wird, sollte dieses Bewusstsein die Europäische Währungsunion im Idealfall bereits in ihrer Aufbauphase mitgestalten und beeinflussen. Doch selbst wenn sich dieses monetäre Bewusstsein erst allmählich herausbilden sollte, kann es seine Wirkung immer noch zu einem späteren Zeitpunkt entfalten, falls die Währungsunion ins Stocken geraten und eine Reform ihrer Strukturen erforderlich werden sollte.

In diesem Buch wird die These aufgestellt, dass die Ausübung der monetären Macht das Hauptmotiv gesellschaftlicher Auseinandersetzungen ist und dass diese Macht durch undurchsichtige oder gar falsche Theorien über das Wesen des Geldes ausgeübt wird. Eine falsche Definition des Geldbegriffs hat häufig dazu geführt, dass bestimmte Gruppen oder Personen die Macht über das Geldwesen einer Gesellschaft und damit auch über die Gesellschaft selbst ausüben konnten. Anhand einer historischen Beschreibung dieser monetären Machtausübung sollen diese Geldbegriffe klar erläutert und in ihrer Bedeutung offengelegt werden. Damit kann hoffentlich ein Beitrag zur Entmystifizierung des Geldes geleistet werden.

Das Haupthindernis: die Mystifizierung des Geldes

Gerade weil monetäre Systeme sich so hervorragend zur Ausübung von Macht eignen, schützen diejenigen, die diese Systeme beherrschen, in der Regel ihre daraus resultierenden Privilegien durch Verhüllung und Verfälschung monetärer Begriffe. Durch diese Tatsache wird das Verständnis von Geld erheblich erschwert.

Diese seit Jahrhunderten angewandte Begriffsvernebelung hat zum Verlust zahlreicher grundlegender Kenntnisse der Geldlehre geführt, so wie etwa auch verschiedene Künste und Wissenschaften im »finsteren Mittelalter« verlorengingen.

Die Geschichte des Geldes ist unbekannt

Die Mystifizierung des Geldes war vor allem wegen der von den Ökonomen hauptsächlich angewandten Untersuchungsmethode so erfolgreich. Von Adam Smith bis zur Wiener Schule der Nationalökonomie wurde zu viel Wert auf theoretisches Denken und logisches Argumentieren statt auf direkte Beobachtung gelegt. Außerdem wurden moralische Erwägungen aus den Theorien möglichst herausgehalten. So schrieb vor etwa einem Jahrhundert der berühmte Geldhistoriker Alexander Del Mar: »Politische Ökonomen machen sich in der Regel nicht die Mühe, die Geschichte des Geldes zu erforschen, ist es doch viel einfacher, sie sich vorzustellen und dann aus diesem imaginären Wissen Prinzipien abzuleiten.«1

Diese abwertende Haltung der empirischen Forschung gegenüber prägt auch das einflussreiche Standardwerk der Wiener Schule, Ludwig von Mises Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel (1912), wie etwa das folgende Zitat zeigt: »Die einfache Umschreibung der volkswirtschaftlichen Funktion des Geldes, dass es ein den Austausch von Gütern und Dienstleistungen vermittelndes Verkehrsgut sei, konnte all jene nicht befriedigen, welche in der Wissenschaft nicht so sehr die Tiefe der Erkenntnis als die Fülle von Material suchen. MancherForscher meinte, dass der hervorragenden Stellung des Geldes im Wirtschaftsleben nicht genügend Rechnung getragen sei, wenn man ihm lediglich die Tauschmittelfunktion zuerkenne, und glaubte erst durch Aufzählung eines halben Dutzend weiterer ›Funktionen‹ die Bedeutung des Geldes voll gewürdigt zu haben. Eine recht naive Auffassung: […]«2

Diese Methode ist für die Mathematik, nicht aber für die Ökonomie sinnvoll. Von Mises greift sogar die geschichtliche Forschung an, indem er von einem ihrer Vertreter sagt, er sei der Auffassung gewesen, man könne das Nachdenken über wirtschaftliche Probleme durch Veröffentlichung historischer Dokumente ersetzen. Überhaupt geht von Mises mit den Kritikern seiner monetären Ansichten nicht zimperlich um. So schadete er dem Ruf des berühmten Wissenschaftlers, Erfinders und amerikanischen Revolutionsführers Benjamin Franklin, indem er ihn postum beschuldigte, sich nur deshalb für Papiergeld eingesetzt zu haben, weil er Drucker war und daher vom neuen Papiergeld profitiert habe.

Das Wissen über die Geschichte des Geldes ist von entscheidender Bedeutung, da die Auswirkungen eines monetären Systems manchmal erst nach Generationen sichtbar werden. Indem manche Ökonomen über historische Studien hinwegsehen oder sie sogar ins Lächerliche ziehen, bringen sie sich selbst um den Beitrag der Geschichte zu ihrer wissenschaftlichen Arbeit und damit auch um den Nutzen, der daraus zu ziehen wäre. Nicht zufällig entstanden die meisten Leittheorien dieser Schulen als denkerische Konstruktionen, bevor ihre Stärken und Schwächen sich an der Wirklichkeit bewähren mussten.

Monetäres Denken wurde zensiert

Die Suche nach den Ursprüngen des Geldes wird weiter dadurch erschwert, dass die Geschichte des Geldes stark zensiert wurde. So lesen wir beispielsweise in der Athener Verfassung, wie damals der Müll gesammelt wurde, suchen aber vergeblich nach Informationen über das staatliche Münzsystem. So erfährt man nichts über den für das Finanzwesen verantworlichen »Minister«3, und über Solons Einführung eines Münzsystems in Attika gibt es keine Aufzeichnungen.4 Solons Geldreformen lassen sich deshalb nicht vollständig rekonstruieren. Die Geschichte des römischen Geldwesens ist zwar besser, aber keineswegs vollständig dokumentiert.

Monetäre Daten werden oft falsch interpretiert

Ein weiteres Hindernis besteht darin, dass Historiker des 19. und 20. Jahrhunderts dazu neigen, Adam Smith’ monetäre Theorien auf ihre Arbeit anzuwenden und die überlieferten monetären Daten falsch zu bewerten. Ökonomen gehen oft noch einen Schritt weiter: Widersprechen die aufgezeichneten Fakten ihren bevorzugten Theorien, bestreiten sie diese nicht selten mit Äußerungen wie der folgenden: »Wir wissen, dass dies nicht richtig sein kann.«

Das Ziel dieses Buches

Ziel dieses Buches ist es, einen kleinen Beitrag zur Klarstellung der monetären Begriffe zu leisten und das Potential für eine erfolgreiche Verwirklichung der Europäischen Währungsunion zu maximieren. Ein erster Schwerpunkt der in diesem Buch angewandten Methode liegt auf der Darstellung bedeutender Prinzipien der Geldlehre, wie sie sich aus historischen Beispielen ableiten lassen. In einem zweiten Schritt soll untersucht werden, inwieweit diese Prinzipien in die Pläne einer Europäischen Währungsunion einfließen können.

Da meine persönliche Wiederentdeckung dieser Prinzipien auf einer Untersuchung monetärer Daten in der Geschichte beruht, ist auch dieses Buch geschichtlich aufgebaut. Meine Aufgabe ist es, Ihnen zu zeigen, dass die Geschichte des Geldes weder trocken noch langweilig ist, denn sie ist die Geschichte der Macht!