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Vom

allzumenschlich

Sein!


von

Kurt Blasi


Impressum

Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency

EPUB ISBN 978-3-95865-396-2

MOBI ISBN 978-3-95865-397-9

© 110th / Chichili Agency 2014

Urheberrechtshinweis:

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Der angeblich fast perfekte Mord

Kurzkrimi

Es war schon fast zur Tradition geworden: das regelmäßige, wöchentliche Zusammentreffen der vier ehemaligen Arbeitskollegen: Georg Suter, früher Direktor einer chemischen Fabrik in der Nähe von Basel, jetzt siebzigjährig, André Berger, Vizedirektor unter Suter, Rudolf Flückiger, ehemaliger Prokurist und Martin Chevallaz, früher Abteilungschef und mit achtundsechzig Jahren der Jüngste im Quartett.

Die Zusammenkünfte erfolgten immer auf dem Landsitz von Suter. Die Besitzung war ein ehemaliges Bauerngut, in dessen Umgebung auch die drei anderen wohnten. Suter wohnte hier mit seiner zehn Jahren jüngeren zweiten Frau in dem Bauernhaus, das fantastisch, in rustikalem Stil eingerichtet war und genoss offensichtlich das Rentnerleben.

Suter hatte schon immer einen Hang zu gewisser Skurrilität gehabt, was manchmal im Geschäftsleben zu nicht unerheblichen Schwierigkeiten geführt hatte. Seinen Freunden schien es, dass sich dieser Hang zum Skurrilen und Verrückten mit dem Alter noch steigerte und manchmal fast komische Ausmaße zeigte. Im Grossen und Ganzen nahmen sie, wie auch Suters Frau, dieses Verhalten nicht ernst und lachten darüber.

Die Mittwochabende verbrachten die Vier mit Kartenspielen, Diskussionen und Trinken. Suters Frau hatte in diesem Kreis nichts zu suchen und sie respektierte das auch.

Es war an der Zusammenkunft vom 27. November. Der schlanke, große, weißhaarige Suter hatte sich an der Bar, die in einer Ecke des Zimmers eingerichtet war, einen Whisky eingegossen und ging damit zum Kreis der Freunde zurück in der einen Hand eine Boulevard-Zeitung haltend: „Schon wieder ein Mord geschehen, seht her!“, sagte er mit seiner sonoren Stimme und hielt die erste Seite der Zeitung den Freunden vor die Nase.

„Und hat man den Mörder erwischt?“, fragte André Berger, der im Gegensatz zu Suter eher korpulent war und ein vom Bluthochdruck rötlich, aufgedunsenes Gesicht hatte.

„Mörder werden fast immer erwischt. Sie gehen in den meisten Fällen dilettantisch vor oder machen Fehler“, antwortete Suter und legte die Zeitung auf den Tisch, um welchen die drei Freunde saßen.

„Das kann sein Georg. Aber Menschen die andere umbringen handeln ja meistens emotionell: Entweder bringt man jemand aus Hass, Liebe, Lust um oder man will sich bereichern. Im ersten Falle wird dilettantisch vorgegangen, weil Hass, Liebe und Lust blind macht. Im zweiten Fall ist es dann vielleicht mangelnde Intelligenz oder blinde Habsucht, welche der Polizei erlaubt einen Mörder zu entlarven.“ Es war Martin Chevallaz, der Jüngste des Kreises, der diese Erklärung abgab.

Chevallaz sah noch recht jugendlich aus mit wenigen grauen Haaren an den Schläfen. Er trug eine strenge, steife und altmodische Hornbrille, welche ihm bei seinen Freunden den Spitznamen "der Professor" eingetragen hatte.

„Unser Professor hat sich als Philosoph wieder einmal übertroffen“, lachte Suter. „Aber du hast schon recht Martin alle Mörder haben einen Grund zu morden. Aber es müsste doch auch einen perfekten Mord geben, eine Mord sozusagen ohne Grund, nur aus Freude am töten“.

„Was meinst du damit?“, fragte Rudolf Flückiger, ein untersetzter, kleiner Mann, welcher bis jetzt interessiert zugehört hatte.

„Ja, erkläre uns das!“, baten die anderen.

Suter nahm sein Whiskyglas und prostete seinen Freunden zu. „Ich meine damit folgendes: Ein Mann, es könnte ja auch eine Frau sein, geht einfach normal spazieren. Er trifft in einer einsamen Gegend auf eine Person, erschießt sie sie mit einer Pistole, die mit einem Schalldämpfer versehen ist und geht einfach weg, wie wenn nichts geschehen wäre.“

Die drei Freunde schauten sich belustigend an und Flückiger sagte: „Wieder so eine verrückte Idee unseres Georgs. Grundlos erschießt man doch nicht einen Menschen!“

„Das ist ja eben dass raffinierte, Rudolf, weil kein Motiv vorhanden ist, findet man keinen Täter. Die Polizei sucht doch immer zuallererst nach Motiven und ist dann ohne hilflos.“

„Ja gut, ich gebe zu, dass das für die Aufdeckung schwierig sein würde. Aber nur aus lauter Freude und um zu sehen, wie die Polizei im Dunkeln tappt, würdest du wohl auch nicht jemanden umbringen, oder Georg?“, sagte Chevallaz.

„Vielleicht doch! Auf jeden Fall schwirrt mir dieser Gedanke schon lange im Kopf herum.“

Alle in diesem Kreise lachten laut, wie wenn Suter einen guten Witz erzählt hätte.

„Zum Wohl auf unseren perfekten Mörder“. André Berger hob scherzend und grinsend sein mit Rotwein halb gefülltes Glas. „Du Spinner, du!“

Die anderen zwei prosteten Suter ebenfalls lachend zu.