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Das Buch

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und für Mimikresonanz: die Fähigkeit, Gefühle in den Gesichtern anderer Menschen zu entschlüsseln. Als »Gesichterleser« ist er nicht nur jeden Montagmorgen auf rbb radioeins zu hören, seine Expertise ist auch in Printmedien und TV gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin.

Der Autor

Wir sind emotionale Wesen, gesteuert von unseren Gefühlen. Wer seinen Traumpartner für sich gewinnen und mit ihm dauerhaft glücklich sein möchte, muss daher gezielt auf seine Gefühle eingehen – und die offenbaren sich nirgends so deutlich wie in unserem Gesicht.

Der Gesichterleser Dirk W. Eilert erklärt in seinem fundierten Buch, wie Sie diese Gefühle entschlüsseln und so den Weg zu Ihrem Liebesglück finden. Er erläutert die wichtigsten Flirtsignale und zeigt, worauf Männer wie Frauen beim Flirten achten sollten. Denn es ist nicht nur notwendig, den anderen richtig zu deuten – wir müssen auch selbst die richtigen Signale senden. Wie das funktioniert und wie man im Umgang mit dem anderen Geschlecht mehr Selbstbewusstsein gewinnt, zeigt der Autor ebenso anschaulich wie unterhaltsam.

Wir lernen aber auch, Lügen zu erkennen und typische Beziehungsfallen zu vermeiden. So ist die Liebe bald garantiert kein Glücksspiel mehr.

Dirk W. Eilert

Der Liebes-Code

Wie Sie Mimik entschlüsseln und Ihren Traumpartner finden

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Für das Gefühl, das uns alle verbindet.
Die Liebe.

1. Liebe ohne Worte: Warum es auf die Mimik ankommt

Kommt Ihnen die Liebe manchmal vor wie eine Lostrommel, in der mehr Nieten als Hauptgewinne sind? Sehnen Sie sich danach, endlich auch einmal das große Los für eine glückliche und erfüllte Partnerschaft zu ziehen? Auch wenn Ihnen dieser Vergleich vielleicht etwas drastisch vorkommt, vermute ich dennoch, dass Sie zumindest den Wunsch nach mehr Glück und Erfüllung in der Liebe verspüren, sonst würden Sie wahrscheinlich nicht gerade dieses Buch in den Händen halten. Und mit diesem Wunsch sind Sie in guter Gesellschaft: »Was halten Sie persönlich im Leben für besonders wichtig?«, fragten Mitarbeiter des Instituts für Demoskopie Allensbach bundesweit mehr als 25 000 Menschen. »Eine glückliche Partnerschaft« – so antworteten 75,4 Prozent der Befragten. Liebe ist für die meisten Menschen also eines der wichtigsten Dinge im Leben. Intuitiv scheinen viele zu erfassen, was mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen ist: Die Zufriedenheit in der Partnerschaft beeinflusst unser allgemein empfundenes Lebensglück. Und das sogar mehr als Gesundheit, Freunde oder unser beruflicher und finanzieller Erfolg. Die Liebe zu meistern erweist sich allerdings als weitaus schwieriger: Jede zweite Ehe hierzulande wird wieder geschieden, knapp die Hälfte davon in den ersten zehn Jahren nach der Hochzeit.

Woran liegt es, dass sich so viele Menschen eine glückliche Beziehung wünschen, in der Realität aber scheitern? Manchmal sogar bereits bei der Suche nach ihrem Partner? Eines kann ich Ihnen jetzt schon verraten: Ein bisschen Glück – zur richtigen Zeit am richtigen Ort in der richtigen Stimmung zu sein – gehört zwar dazu. Doch es existieren ebenso zahlreiche Faktoren, die wissenschaftlich fundiert sind und von Ihnen gesteuert werden können. Sie entscheiden letztlich über den Erfolg des ersten Augenblicks und machen eine Liebesbeziehung stabil und dauerhaft glücklich. Glauben Sie mir: Liebe ist kein Glücksspiel, sie folgt einfachen Regeln. Die Schlüsselrolle kommt dabei dem Nonverbalen, also Mimik und Körpersprache zu. Denn wenn es um Gefühle geht, sagt unser Körper mehr als tausend Worte. Aber warum ist das so?

Der Mensch – das nonverbale Wesen

Ob E-Mails, geflüsterte Liebesschwüre oder hitzige Diskussionen: Worte, geschrieben wie gesprochen, beeinflussen unsere Beziehungen. Doch noch größer ist die Wirkung der stillen Sprache von Mimik und Gestik auf unser Liebesleben. Ob wir jemandem abkaufen, was er sagt, hängt nicht immer vom Inhalt seiner Worte ab. Ein in einem Streit abfällig oder ironisch ge­äußertes »Es tut mir leid!« glättet die Wogen nicht. Im Gegenteil: Die Worte verschwinden in diesem Fall unter dem Mantel des Nonverbalen und heizen den Konflikt zusätzlich an. Widerspricht das Gesagte dem, was wir mimisch und körpersprachlich ausdrücken, entscheidet das Nonverbale darüber, wie wir die Aussage interpretieren.

Wenn man einen Blick auf die Menschheitsgeschichte wirft, verwundert das auch nicht: Die ausgebildete Sprachfähigkeit, wie wir sie heute jeden Tag ganz selbstverständlich nutzen, besitzen wir Menschen nach wissenschaftlichen Schätzungen erst seit 35 000 Jahren. Unsere archaischen Vorfahren verständigten sich – wie unsere Verwandten aus der Tierwelt noch heute – mittels nonverbaler Signale. Drückt beispielsweise ein Lächeln die Erlaubnis aus, dass der andere sich nähern darf, vermittelt das Zeigen der Zähne, indem wir die Oberlippe hochziehen, das Gegenteil. Und die stille Sprache von Mimik und Körper hat gegenüber dem gesprochenen Wort einen Vorsprung von mehreren Millionen Jahren. Dementsprechend groß ist auch ihr Beitrag zu unserer Kommunikation: Es sind gerade die vielen, meist subtilen, nonverbalen Signale, die unsere Beziehungen zueinander prägen – größtenteils außerhalb unserer bewussten Wahrnehmung. So kann schon ein kleines Lächeln unser Herz höher schlagen lassen, der leicht in den Nacken gelegte Kopf arrogant wirken und uns subtil abschrecken. Glaubt man den Schätzungen des Anthropologen David Givens, überschreitet der Einfluss der nonverbalen Kommunikation beim Liebeswerben sogar die 99-Prozent-Marke. Wenn das Nonverbale nun so eine große Rolle in der täglichen Kommunikation spielt, sollten wir doch eigentlich Meister darin sein, diese Signale zu entschlüsseln, oder? Weit gefehlt.

Blind für nonverbale Signale?

Der amerikanische Psychologe Jeffrey A. Hall testete in einer Studie, wie gut Flirtsignale von zwei zuvor unbekannten Personen erkannt werden, wenn sie sich das erste Mal begegnen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Frauen erkennen einen Annäherungsversuch nur in 18 Prozent aller Fälle. Anders formuliert: Nur rund einer von fünf Flirtversuchen wird wahrgenommen. Die Männer liegen zwar mit 36 Prozent Trefferquote etwas höher, dennoch ist auch dieses Ergebnis alles andere als gut. Flirten ist anscheinend weitaus komplizierter als gemeinhin gedacht.

Und das Fatale ist: Viele überschätzen ihre Fähigkeiten zu erkennen, was in anderen vorgeht. Gemeinsam mit dem Wirtschaftspsychologen Dennis Rabe habe ich den sogenannten READ-Test entwickelt, mit dem sich messen lässt, wie gut eine Person in der Mimik anderer Menschen lesen kann, also erkennt, wie diese sich fühlen: Ist das Gegenüber ängstlich oder überrascht, wütend oder angeekelt, erfreut oder traurig? Die Forschung hat gezeigt, dass es sieben Basisemotionen gibt, die kulturübergreifend von allen Menschen gleich ausgedrückt und erkannt werden. Dabei handelt es sich um Angst, Überraschung, Ärger, Ekel, Verachtung, Trauer und Freude. Während des READ-­Tests, der sich auf genau diese sieben Basisemotionen konzentriert, blickt die Versuchsperson auf einen Computerbildschirm, auf dem in zufälliger Reihenfolge 49 verschiedene emotionale Gesichtsausdrücke für jeweils 300 Millisekunden erscheinen. Nach jeder eingeblendeten Mimik muss die Person angeben, welche Emotion gerade gezeigt wurde. Die Erfolgsquote der Testläufe ist für gewöhnlich bescheiden, nur in 50 Prozent aller Fälle können die Getesteten das Gefühl richtig zuordnen.

Eines Tages passierte allerdings etwas Erstaunliches: Als ich vor meinem Computer gerade ein paar der Bilder kontrolliere, besucht mich meine damals fünfjährige Tochter Sophie im Büro. »Papa, was machst du denn da? Darf ich auch mal?«, fragt sie und guckt mich mit großen Augen an. Ich erklärte ihr kurz ihre Aufgabe, und als ich sieben Minuten später die Testergebnisse sehe, kann ich es fast nicht glauben: Meine Tochter hat 94 Prozent aller Gefühle richtig erkannt. Ich habe den READ-Test daraufhin mit mehreren anderen Kindern wiederholt, die ähnlich gute Ergebnisse erzielten. Aber warum sind Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen so gut im Deuten nonverbaler Signale?

Geboren als Gesichterleser

Wir alle werden als Gesichterleser geboren. Kinder sind wahre Meister im Erkennen nonverbaler Signale, das haben nicht nur die Ergebnisse im READ-Test gezeigt. Wer selbst Kinder hat, weiß das wahrscheinlich. Denn was macht ein kleines Kind als Erstes, nachdem es hingefallen ist? Es guckt zu Mama oder Papa, um zu erfahren, wie schlimm der kleine Unfall gerade war. Wenn es ein entspanntes Gesicht erblickt, wird es sich meist sofort wieder aufrappeln und weiterspielen. Es sei denn natürlich, das Kind hat sich wirklich schlimm verletzt. In solch einem Fall fällt meist auch der prüfende Blick weg.

Wie sensibel vor allem Babys auf mimische Reaktionen wie auch auf das Ausbleiben von mimischen Signalen reagieren, zeigt das »Still Face Experiment« (Bewegungsloses-Gesicht-Experiment), das der Entwicklungspsychologe Edward Tronick entwickelte. Hierbei nimmt die Mutter zwar Blickkontakt zu ihrem Baby auf, zeigt mimisch aber keinerlei Bewegung. Schon nach wenigen Sekunden wird das Baby unruhig und ängstlich, bis es schließlich anfängt zu schreien. Weil Babys und Kleinkinder Worte noch nicht so gut verstehen, sind sie besonders stark auf nonverbale Signale angewiesen. Bleiben diese aus, reagieren sie gestresst.

Durch die ständige Beobachtung von Mimik können Kinder diese besser lesen als der durchschnittliche Erwachsene. Spannenderweise wiederholt sich hier in der individuellen Entwicklung die stammesgeschichtliche Evolution der Menschheit. Als sich unsere archaischen Vorfahren vor mehr als 35 000 Jahren nicht mittels Worten verständigen konnten, waren auch sie ­darauf angewiesen, über Mimik, Körpersprache und bestimmte Laute zu kommunizieren. Deswegen waren ihre Sinne dafür wesentlich stärker geschärft. Und je mehr sich die Sprache ent­wickelt und verfeinert hat, umso weniger war es noch notwendig, das Nonverbale zu deuten.

Dieser Prozess wiederholt sich auch in der individuellen Entwicklung eines jeden Menschen. Durch die wachsende Sprachfähigkeit geht unsere nonverbale Begabung zurück. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass sie verschwindet. Sie nimmt lediglich ab und schläft etwas ein. Das Schöne ist: Sie wartet nur darauf, wieder wachgeküsst zu werden.

Bewusst achten wir mehr auf Worte

Ohne Training neigen Menschen allerdings dazu, auf bewusster Ebene mehr auf die gesprochenen Worte zu achten, als auf das, was Mimik, Körper und Stimme ausdrücken. Die Studie einer internationalen Forschergruppe rund um den amerikanischen Psychologen Paul Ekman hat sogar gezeigt, dass die meisten Menschen Gesichtszüge ignorieren, die im Gegensatz zu den gesprochenen Worten stehen. Zumindest wenn wir untrainiert sind und die Signale nicht auf dem Präsentierteller serviert werden. Nur wenn wir das Gesagte nicht hören oder verstehen können, sind wir gezwungenermaßen wieder wesentlich aufmerksamer für die nonverbalen Signale. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn wir uns im Ausland aufhalten und die fremde Sprache nicht verstehen. Wer schon einmal einen Urlaubsflirt hatte, weiß: Erfolgreich flirten kann man hervorragend auch ohne viele Worte … bei manch einem läuft es dann sogar besser.

Dass sich in normalen Gesprächssituationen – wo wir also das Gesagte verstehen können – viele nonverbale Signale unserer bewussten Aufmerksamkeit entziehen, bedeutet jedoch nicht, dass wir sie nicht unbewusst registrieren. Wir alle kennen die Unsicherheit am Anfang einer Beziehung: »Sie hat zwar gesagt, dass sie sich meldet, doch mein Bauchgefühl sagt mir: Das wird nichts!« Aber wie entsteht dieses »Bauchgefühl«? Unbewusst nehmen wir weit mehr Informationen auf als auf bewusster Ebene. Das Problem ist nur, dass unser Bauchgefühl uns manchmal täuscht und die meisten Menschen nicht überprüfen können, wie es überhaupt dazu kam. Das macht ihre Wahrnehmung anfällig für Fehler.

Mein Tipp, wie Sie Ihre Fähigkeit im Deuten nonverbaler Signale reaktivieren können, lautet: Lernen Sie, das, was Sie sehen, auch wahrzunehmen und trainieren Sie Ihren Beobachtungsmuskel Stück für Stück! Genau das wollen wir in diesem Buch gemeinsam tun. Die Mimik spielt dabei eine besonders entscheidende Rolle. Denn unser Gehirn liebt Gesichter.

Unser Gehirn liebt Gesichter

Das menschliche Gehirn ist hochspezialisiert darauf, Gesichter zu erkennen und darin zu lesen, das heißt, mimische Signale blitzschnell zu entschlüsseln. Stellen Sie sich einmal vor, Sie laufen gerade die Straße entlang und ein alter Schulfreund kommt Ihnen entgegen. Sobald Sie ihn erblickt haben, braucht Ihr Gehirn weniger als eine halbe Sekunde, um sein Gesicht von allen anderen Ihnen bekannten und unbekannten Gesichtern zu unterscheiden. Auch wenn Ihnen der Name nicht sofort einfällt und Sie nicht wissen, woher Sie die Person kennen, so genügt dennoch dieser eine Blick, um zu wissen: »Den kenne ich doch irgendwoher.« Und manchmal auch: »Oh Gott, nicht der. Jetzt bloß schnell weggucken und so tun, als ob ich ihn nicht erkannt habe!«

Anhand dieses Blicks deuten wir aber noch viel mehr: zum Beispiel das Geschlecht einer fremden Person, ihr ungefähres Alter, mögliche Charakterzüge oder – und das ist hier entscheidend – die Gefühlslage. Unser Gehirn versucht in Sekundenbruchteilen, im Gesicht unseres Gegenübers zu lesen, um so blitzschnell zu entscheiden, ob es uns sympathisch oder unsympathisch ist, uns anzieht oder abstößt. Doch die Fähigkeit, Gefühle treffsicher zu erkennen, ist, wie wir eben gesehen haben, eingeschlafen, und lässt deshalb oft zu wünschen übrig. Findet mich mein sympathischer Nachbar attraktiv, oder flirtet er vielleicht sogar mit mir? Das sind Fragen, bei denen viele Menschen mit ihrem Spontanurteil häufig danebenliegen. Gemeinsam werden wir diese Fähigkeit im Laufe dieses Buches aber wieder aufpolieren, so dass sie schon bald in neuem Glanz erstrahlen wird.

Fakt ist: Das Gesicht transportiert so viele Informationen wie kein anderer Bereich der Körpersprache. Die Spezialisierung unseres Gehirns auf die Erkennung von Gesichtern ist insofern aus evolutionärer Sicht ein klarer Überlebensvorteil und erklärt auch, weshalb unser Gehirn sie gegenüber anderen Dingen bevorzugt behandelt. So sehr, dass wir manchmal sogar Gesichter sehen, wo gar keine sind. Denken Sie nur einmal an den Mann im Mond, ein scheinbares Gesicht auf der Mondscheibe, oder an Emoticons, die wir im Schriftverkehr nutzen. So macht unser Gehirn aus einem Doppelpunkt und einer geschlossenen Klammer ein lächelndes Gesicht. :)

Dieses »Wir-sehen-überall-Gesichter«-Phänomen wird dadurch verursacht, dass beim Anblick eines Gesichtes andere neuronale Prozesse ablaufen als bei der Betrachtung von Gegenständen wie ein Hammer oder ein Auto. Denn um unmittelbar auf die Emotionen unserer Mitmenschen reagieren zu können, müssen Gesichtsinformationen möglichst schnell verarbeitet werden. Damit das gelingt, gibt es in den Schläfenlappen unseres Gehirns sogar einen eigenen Bereich, der auf Gesichtserkennung spezialisiert ist: das fusiforme Gesichtsareal (FFA).

Für unsere steinzeitlichen Vorfahren war diese Spezialisierung in manchen Situationen überlebensentscheidend: Übersah man in einem Streit einen Angriffsimpuls in der Mimik des Gegenübers, bezahlte man dafür unter Umständen mit dem Leben. Dieser Impuls kann sich in einem lediglich konzentriert wirkenden Blick verstecken oder sich deutlich durch den typisch »stechenden« Blick im Gesicht des Gegners offenbaren, bevor dieser zuschlägt.

Tatsächlich werden die Muskeln, die unsere Gesichtsausdrücke formen, von unserem Gefühlszentrum im Gehirn, dem limbischen System, »ferngesteuert«: Nervenbahnen verknüpfen unsere mimische Muskulatur direkt mit dem limbischen System, wo die Strukturen unseres Gehirns liegen, die alle in irgendeiner Form mit der Emotionsverarbeitung zu tun haben. So gilt zum Beispiel die Amygdala als wichtiges emotionales Auslösezentrum bei Gefahr. Sie ist Teil des limbischen Systems und drückt gewissermaßen den Startknopf in einer bedrohlichen Situation: In Sekundenbruchteilen entscheidet unser Gehirn, ob wir fliehen oder angreifen sollen. Vereinfacht gesagt, ist das limbische System unser Emotionszentrum, das unsere Entscheidungen und unser Verhalten viel stärker beeinflusst, als es den meisten Menschen bewusst ist.

Emotionen steuern uns

Wir sind emotionale Wesen. Sie denken jetzt vielleicht, »Nein, ich entscheide und verhalte mich immer … na ja, sagen wir fast immer … rational«! Um zu veranschaulichen, wie stark Gefühle uns im Positiven wie im Negativen steuern und unsere rationalen Ansichten beeinflussen können, werfen wir einmal einen Blick auf zwei Beispiele – übrigens wahre Begebenheiten:

Patrick ist überzeugter Nichtraucher. Wenn einer seiner Freunde sich eine Zigarette anzündet, reißt er sie ihm aus dem Mund und schmeißt sie in den Müll. Dann lernt er Janina kennen und verliebt sich auf den ersten Blick unsterblich in sie. Dass Janina eine starke Raucherin ist, stört ihn nicht. Patrick fährt sogar abends zur Tankstelle, um ihr Zigaretten zu kaufen. Er fängt zwar nicht selbst an zu rauchen, ist aber plötzlich auch anderen Rauchern gegenüber viel toleranter. Die Macht der Emotionen macht es möglich. Was hier in Patricks Gehirn passiert, schauen wir uns später noch an.

Szenenwechsel: Norbert und Katja leben seit zwei Jahren in einem kleinen Häuschen in einem Vorort von Berlin. Sie sind glücklich verheiratet. Eigentlich. Wären da nicht immer wieder Norberts kleine Aussetzer, wenn etwas nicht nach seinem Plan läuft. In solchen Momenten streiten sich die beiden häufig, und Norbert sagt in seiner Wut Dinge, die ihm schon kurze Zeit später, wenn er wieder »klar denken kann«, leidtun. Obwohl ihm bewusst ist, dass seine Wutausbrüche der Ehe schaden, kann er sie nur selten kontrollieren.

Vielleicht haben Sie so etwas auch schon einmal erlebt: Starke Gefühle, wie in Patricks Fall die Liebe und bei Norbert die Wut, haben plötzlich einen ganz konkreten Einfluss auf Ihr Leben – und verändern sogar langjährige Überzeugungen oder rational gefasste Vorsätze. Emotionen bewegen uns. Sie fordern uns heraus – manchmal im Positiven, manchmal im Negativen. Sie lassen uns lachen und auch weinen, lieben und hassen, umarmen und wegschubsen. In unserer Welt sind sie der Motor des Fortschritts wie der Zerstörung. Kurz gesagt, Emotionen bedeuten Leben und prägen die Beziehung zu unseren Mitmenschen.

Nonverbale Kompetenz als Schlüssel zum Liebesglück

Gefühle steuern uns und haben ganz konkreten Einfluss auf unser Leben. Die Fähigkeit, unsere eigenen Gefühle auszudrücken und die nonverbalen Signale anderer Menschen zu lesen, ist deshalb der Schlüssel zu einer glücklichen und stabilen Liebesbeziehung.

Genau wie Angst und Freude ist auch die Liebe eine Emotion. Da sie höhere Hirnregionen aktiviert, bezeichnen Psychologen die Liebe in Abgrenzung zu den Basisemotionen als komplexe Emotion. Im Vergleich zu den Basisemotionen, wie Freude oder Ärger, können komplexe Emotionen länger andauern – nicht nur Sekunden bis Minuten oder ein paar Stunden, sondern auch Tage, Wochen, Monate, Jahre oder sogar ein Leben lang. Wenn Sie Liebe als Emotion betrachten und nicht als einen einmal zu erreichenden Zustand, beinhaltet dies eine wichtige Schlussfolgerung für Ihre Beziehungen: Es sind die vielen kleinen Momente, in denen wir in positive Resonanz mit einem Menschen gehen, die Liebe in jedem Augenblick neu entstehen lassen. Durch viele und/oder besonders intensive dieser Mikromomente knüpft sich langsam, aber sicher ein unsichtbares Band zwischen zwei Menschen. Das ist der Kitt, der eine Partnerschaft zusammenhält. Die Liebe ist also kein Zustand, der selbstverständlich und sicher ist, sobald man ihn einmal erreicht hat. Sie ist nichts, was man einmal anschafft und auf Lebzeiten bei uns bleibt, sondern ein zartes Pflänzchen, das gepflegt werden möchte, damit es wächst und gedeiht. Der amerikanische Anthropologe David Givens hat gezeigt, dass die Liebe in fünf Phasen entsteht. Das Gefühl wächst also schrittweise, und jede dieser Phasen hat spezifische neurobiologische und psychologische Gesetzmäßigkeiten. Das ist, was ich den geheimen Code der Liebe nenne. Ihn zu enträtseln und zu begreifen ist der Schlüssel für eine glückliche und stabile Partnerschaft. Und die gute Nachricht ist: Diesen Schlüssel halten Sie gerade in Ihren Händen.

Die fünf Phasen des Liebeswerbens

Bevor wir uns diesen fünf Phasen, von Givens auch Werbephasen genannt, im Detail widmen, lassen Sie uns diese kurz im Überblick anschauen:

Phase 1: Aufmerksamkeit erregen

In der ersten Phase des Liebeswerbens, der Aufmerksamkeits­phase, geht es erst einmal um Sehen und Gesehenwerden. Wie können wir die Aufmerksamkeit auf uns ziehen, um einen Kontakt zum potentiellen Partner herzustellen? Welche Faktoren sind im ersten Augenblick einer neuen Begegnung besonders entscheidend – und machen ihn manchmal sogar magisch?

Phase 2: Sich wahrnehmen

Die Wahrnehmungsphase beginnt, wenn wir beobachten, wie das »Objekt unserer Begierde« auf uns reagiert, nachdem wir einen ersten Kontakt aufgenommen haben. Ohne eine von beiden Seiten ausgedrückte Flirtbereitschaft ist keine Annäherung möglich. Die zentralen Fragen lauten also: Wie erkenne ich, ob jemand mit mir flirtet? Woran erkenne ich Interesse oder Ablehnung? Und welche Signale muss ich ausstrahlen, damit wir uns näherkommen?

Phase 3: Miteinander sprechen

Die erste Hürde ist genommen. Man spricht das erste Mal mit­ein­ander und ist mittendrin in der Konversationsphase. Was gesagt wird, ist hier wesentlich unwichtiger als wie es gesagt wird. Aber welches sind die richtigen Strategien für das erste Gespräch? Wie fange ich das Gespräch am besten an? Und wie kann ich mein Gegenüber richtig »lesen«?

Phase 4: Sich näherkommen

Weil es in dieser Phase zu ersten Berührungen kommt, spricht Givens jetzt von der Berührungsphase. Es geht hier aber noch um mehr: Neben der körperlichen Nähe ist nämlich auch die emo­tionale Nähe entscheidend, weshalb ich von Annäherungsphase sprechen möchte. Die Flirtenden nähern sich mehr und mehr an, die Distanz wird kleiner – nicht nur nonverbal, die Gesprächspartner öffnen sich auch auf der Inhaltsebene. Doch wie können wir erkennen, dass die empfundene Nähe zunimmt? Und wie lässt sich diese fördern?

Phase 5: Bindung aufbauen und erhalten

Die Bindungsphase ist die intimste Phase des Liebeswerbens, in der es in der Regel zum Sex kommt. Wir sind verliebt. Alles ist rosarot. Aber was hält die Beziehung auch nach dem Abklingen der ersten romantischen Verliebtheit glücklich und stabil?

Im Folgenden werden Sie erfahren, wie Sie diese fünf Phasen erfolgreich durchlaufen, was Sie also konkret tun können, damit Ihr Liebeswerben von Erfolg gekrönt ist. Dazu werden wir jede Liebesphase, vom ersten Augenblick bis zur Bindung, einzeln durchleuchten, angereichert mit den neuesten Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung – und natürlich mit praktischen Ideen, die Sie sofort umsetzen können. Wir schauen uns die jeweiligen neurobiologischen und psychologischen Gesetzmäßigkeiten an, und wir machen sie durch viele Beispiele und Übungen für den Alltag anwendbar.

Bevor wir starten, möchte ich Ihnen in Anlehnung an die Worte des römischen Philosophen Augustinus noch Folgendes mitgeben: Die Liebe gleicht einer Reise. Es kommt nicht darauf an, die Hindernisse zu umgehen, sondern sie zu meistern. In diesem Sinne: Machen wir uns gemeinsam auf den Weg.

Filmtipp

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Ich liebe Filme. Sie finden deshalb an manchen Stellen einen Filmtipp, der einige Aspekte des jeweiligen Kapitels noch einmal veranschaulicht.

Der Tipp für dieses Kapitel ist einer meiner Lieblingsfilme: »Und dann kam Polly«. Ohne zu viel zu verraten, sei die Handlung kurz umrissen: Ruben (Ben Stiller) ist Risk Manager einer großen Versicherungsgesellschaft. Er versucht, die Emotionen und Gefahren des Lebens durch konsequentes Abwägen der Risiken zu kontrollieren. Dann lernt er Polly (Jennifer Aniston) kennen. Sie ist das personifizierte Chaos und lebt nahezu jede ihrer Emotionen direkt aus. Die Achterbahnfahrt der Gefühle ist vorprogrammiert. Ein Film zum Lachen, der sehr schön den Kampf zwischen Emotionen und Verstand veranschaulicht.