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Übersetzung aus dem Englischen von Gaby Wurster

ISBN 978-3-492-96923-9
© Sergio F. Bambaren 2014
Deutschsprachige Ausgabe:
© Pendo Verlag in der Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2015
Originaltitel : »The Beating Heart of the Desert«
Covergestaltung: Mediabureau Di Stefano, Berlin unter
Verwendung einer Illustration von Bob Desantis
Datenkonvertierung: Fotosatz Amann, Memmingen

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa
Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung

können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

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Dies richtet sich an die Verrückten, an die Unangepassten, die Rebellen, die Unruhestifter, die runden Stifte in den viereckigen Löchern, an diejenigen, die die Dinge anders sehen. Sie mögen keine Regeln und haben keinen Respekt vor dem Status quo. Ihr könnt sie zitieren, könnt anderer Meinung sein als sie, ihr könnt sie rühmen oder verdammen. Aber das Einzige, was ihr nicht machen könnt, ist, sie zu ignorieren, denn sie verändern Dinge. Sie bringen die Menschheit voran, mögen manche sie auch für verrückt halten. Man erkennt ihre Genialität: Menschen, die verrückt genug sind zu meinen, dass sie die Welt verändern können, sind diejenigen, die es auch tun.

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Eure Zeit ist begrenzt, also verschwendet sie nicht, indem ihr das Leben eines anderen lebt. Lasst euch nicht von einem Dogma einfangen, was hieße, mit den Erkenntnissen anderer zu leben. Lasst den Lärm anderer Meinungen nicht eure innere Stimme übertönen. Und am wichtigsten ist es, den Mut zu haben, eurem Herzen und eurer Intuition zu folgen. Die beiden wissen, was ihr wirklich werden wollt. Alles andere ist zweitrangig.

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Manchmal schlägt das Leben mit voller Härte zu. Verliert nicht das Vertrauen. […] Ihr werdet finden, was ihr liebt. […] Wenn ihr es noch nicht gefunden habt, sucht weiter. Bleibt nicht stehen. Wie bei allen Herzensangelegenheiten werdet ihr sie erkennen, wenn ihr sie findet. Und wie bei jeder guten Beziehung wird sie im Lauf der Jahre immer besser.

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Zitate von Apple-Gründer Steve Jobs (1950–2011)

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Dies ist eine wahre Geschichte, die ich schon vor langer Zeit hätte erzählen sollen. Heute habe ich endlich begriffen, warum ich es bislang nicht getan habe.

Verschiedentlich wollte ich schon meinen treuen Laptop aufklappen – mein Reisegefährte, der mich seit über zwanzig Jahren begleitet – und diese Geschichte niederschreiben. Dieser kleine, stille Freund hilft mir, in inspirierten oder auch verzweifelten Momenten in Worte zu fassen, was mein Herz sagen will. Allerdings ist die Inspiration wie auch die Melancholie ein Schatz, der sich nur offenbart, wenn man es am wenigsten erwartet. Und so hat mein Laptop, nur für den Fall der Fälle, immer einen Platz im Rucksack, obwohl ich gelernt habe, mit leichtem Gepäck durch mein Leben zu reisen.

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Ich saß in einem gemütlichen Café auf der malerischen, gut gepflegten Piazza von Oleggio, einer typischen Provinzstadt im Norden Italiens. Dort leben die Menschen in Ruhe und Frieden, umgeben von üppig grünem Land, das allerlei Feldfrüchte hervorbringt. Ich hatte gerade eine wunderbare, jedoch anstrengende Lesereise durch Norditalien hinter mir. In Städten wie Bergamo, Genua, Rimini, Bologna, Mailand und an ein paar kleineren Orten durfte ich aus nächster Nähe die Freundlichkeit der Menschen kennenlernen, die dieses wundervolle Land mit Leben füllen.

Nachdem ich zwei köstliche espressi geschlürft und zum Abschluss ein herrliches gelato genossen hatte, hörte ich eine Stimme: »Sergio! Sergio!«

Ich drehte mich um, um nachzusehen, wer nach mir gerufen hatte. Aber da war niemand. Wahrscheinlich hatte ich es mir nur eingebildet, dachte ich.

Ich wollte bezahlen und weitergehen, da rief wieder eine Stimme aus dem Nichts:

»Sergio! Sergio!«

Und auf einmal erinnerte ich mich, wo ich diesen Ruf, diese Stimme vor so vielen Jahren schon einmal gehört hatte: an der zerklüfteten Küste des Königreichs Marokko, unweit der endlosen Wüste der Sahara.

Vor mir auf dem Tisch lag mein treuer Laptop.

Ich öffnete ihn.

Es war an der Zeit, in Worte zu bringen, was mein Herz mir so lange verborgen hatte.

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Vor vielen Jahren reiste ich auf der Suche nach der perfekten Welle um die Welt. Nachdem ich gehört hatte, dass eine sagenhafte Brandung stetig die Nordwestküste Afrikas peitscht, ging ich zum Wellenreiten in das legendäre Königreich Marokko. Genauer gesagt führte mich meine Reise nach Agadir, einem Surf-Mekka für all diejenigen, die sengende Hitze aushalten können, die gern ferne Länder erkunden und die neue Welten entdecken sowie Menschen kennenlernen wollen, von denen man nur träumen kann. Und die natürlich perfekte Wellen reiten wollen.

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Um nach Marokko zu kommen, musste ich über Spanien fliegen – ein wunderbarer Anlass, meinen Vater zu besuchen, der in der einstigen Römerstadt Palencia in der Nähe von Valladolid in Nordspanien lebt.

Mein Vater ist ein ganz besonderer Mensch. Er behält sein Wissen normalerweise für sich und teilt es nur sehr selten mit anderen Menschen und nur, wenn sie ihm aufmerksam zuhören. Er besitzt eine Bibliothek, um die ihn viele beneiden. Die Bücher hat er sorgsam ausgewählt – Bücher, aus denen man wahrlich fürs Leben lernen kann. Doch ich glaube, die größte Tugend meines Vaters ist seine Geduld, anderen zuzuhören. Er hört nicht bloß, was jemand sagt, er spürt auch, was derjenige ausdrücken will, und ich denke, das ist ein großer Unterschied. Meinem Vater liegen die Menschen wirklich am Herzen.

Ich sage den Leuten immer, dass sie, bevor sie diese Welt verlassen, denen danken sollen, die ihr Leben zum Besseren verändert, und jenen vergeben sollen, die ihre Lebensreise in irgendeiner Weise behindert haben. Bei meiner Mutter habe ich mich dafür bedankt, dass sie mich immer mit einer Hingabe und reinen Zuneigung geliebt hat, die ich sonst nicht sehr oft erlebt habe. Meinem Vater habe ich gedankt, dass er mir seine Weisheit vermittelt und mir eine Kindheit ermöglicht hat, die als Beispiel für wahres Glück steht. Doch vor allem trage ich meine Eltern ständig im Herzen, weil sie einen Menschen geschaffen haben, der sein Leben nach Prinzipien führt und anderen grundsätzlich und immer mit Ehrlichkeit und Liebe begegnet. Meine Eltern halfen mir, meine Flügel zu spreizen und meinen Träumen entgegenzufliegen, indem sie stets meine Entscheidungen respektierten, selbst als ich noch sehr jung war. Wenn ich aus irgendwelchen Gründen einen Fehler machte und wegen einer schlechten Entscheidung, die ich getroffen hatte, gegen die Wand lief, waren sie immer für mich da und halfen mir, wieder auf die Beine zu kommen. Sie urteilten nie über das, was ich tat, sie ließen zu, dass ich fiel und meine Lektion lernte, sie reichten mir die Hand und halfen mir, wieder in die Spur zu kommen.

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Also tut es, bedankt euch! Wir Menschen errichten gern Denkmäler und opulente Grabstätten für die Toten. Aber wartet nicht, bis es zu spät ist und ihr jenen Menschen nicht mehr direkt in die Augen sehen könnt, die euch die Chance gegeben haben, auf diese Welt zu kommen und alles Gute und auch Schlechte zu erleben, das jedem Menschen auf seiner Reise begegnet. Wenn ihr euch zu Lebzeiten bei den Menschen bedankt, die ihr liebt, werdet ihr das schönste Lächeln in ihren Gesichtern wahrnehmen, das ihr je gesehen habt. Glaubt mir.

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Es machte mich glücklich, meinen Vater bei guter Gesundheit und immer mit einem Lächeln auf den Lippen wiederzusehen. Wir verbrachten zusammen ein paar Tage mit langen Gesprächen bei köstlichem Kaffee. Ich weiß gar nicht genau, wie alt er eigentlich ist – wahrscheinlich weiß er es selbst nicht. Er kümmert sich genauso wenig um die verstreichenden Jahre wie ich. Er lebt im Hier und Jetzt und hat die einzigartige Gabe, Schönheit und Weisheit zu finden, wo andere gar nichts sehen. Als die Zeit des Abschieds nahte, gab ich ihm einen zärtlichen Kuss, sagte ihm, wie sehr ich ihn liebe, und bedankte mich dafür, dass er mich immer hatte derjenige sein lassen, der ich bin. Er lächelte, dann sah er mir ernst in die Augen. Worte waren bedeutungslos, es gab keinen Raum für sie. Unsere Herzen hatten alles gesagt. Die Stunde des Abschieds war gekommen.

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Ich fuhr weiter an den südlichsten Zipfel Spaniens, nach Tarifa, einem bei Windsurfern weltbekannten Topspot. In Tarifa nahm ich die Fähre über die »Straße von Gibraltar« genannte Meerenge nach Tanger, einer Hafenstadt an der marokkanischen Nordküste. Ich hatte die christliche Welt verlassen und das Reich des Islam betreten. Statt Kirchen gab es Moscheen, statt Kreuzen Minarette. Doch aus meiner bescheidenen Perspektive war dies alles, was sich verändert hatte. Menschen sind und bleiben einfach überall Menschen.

Nach einer Fahrt mit der alten Eisenbahn, die die Franzosen vor weiß Gott wie vielen Jahrzehnten gebaut hatten und die bei brütender Wüstenhitze und mit einer Geschwindigkeit von dreißig Stundenkilometern durch einige größere Städte Marokkos führte – mit regelmäßigen Stopps, damit die Muslime beten konnten … und ich betete, dass der alte, rostige Zug sich wieder in Bewegung setzt –, kam ich schließlich in Agadir an der marokkanischen Atlantikküste an. Tosende nordatlantische Stürme peitschen mitunter die Gestade dieses märchenhaften Königreichs und schaffen tolle Wellen, die von den Surfern sehnlich erwartet werden. Es gibt dort viele Surfspots, die nicht weit voneinander entfernt sind, manche liegen sogar in Gehweite zueinander. Die salzige Brise erfrischte meine Seele. Ich war endlich wieder da, wo ich hingehörte.

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Ich surfte ein paar Wochen lang. Ein perfekter Righthander nach dem anderen brach sich, und im Wasser waren nur sehr wenige Surfer – ein weiterer kleiner Himmel hier auf Erden.

In Agadir traf ich Soul-Surfer aus aller Herren Länder. Genau wie ich waren sie an diese magische Wüstenküste gereist, um jenes besondere Gefühl zu erleben, das nur ein Surfer nachvollziehen kann. Menschen aus Europa, Australien, Japan, Brasilien, hauptsächlich aber Einheimische bildeten das Völkchen der Soul-Surfer, die alles »Wichtige« in ihrem Leben zurückgelassen hatten, um gemeinsam das zu tun, was sie am meisten lieben – sich in die salzigen Fluten zu stürzen und perfekte Wellen zu reiten.

So einfach ist das.

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Jeden Tag, kurz bevor die Sonne über dem schneebedeckten Atlasgebirge aufging, das sich zwischen der Küstenebene und der Sahara erhebt, paddelte ich mit einem Marokkaner hinaus aufs Meer.

Er sprach fließend Spanisch, schließlich trennt Marokko und Spanien lediglich ein schmaler Wasserweg. Nur aus diesem Grund wurde ich als Katholik geboren und er als Moslem, nur wegen eines Streifens Wasser … Zwei Welten, die so nah und doch so fern sind, hervorgegangen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen. Doch letztendlich einte uns etwas Bedeutungsvolleres: Unabhängig von unserem Glauben und unserer Religion waren wir einfach Surfer. Das zeigte mir, dass Gemeinschaften unterschiedlichen Glaubens in guter Eintracht zusammenleben können, wenn etwas Stärkeres sie verbindet, egal, woher sie kommen und wer sie sind.

Wir waren einfach Soul-Surfer und taten das, was uns das Liebste war.

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