image

Thomas Finn

Die flüsternde
Stadt

Die Wächter von Astaria
II

Die flüsternde Stadt – Die Wächter von Astaria #2

Copyright © Thomas Finn 2009

Ein E-book der MiMe books agency Michael Meller

Covergestaltung: © freierstein artwork by Mark Freier

Autorenphoto: © privat

ISBN 978-3-944866-08-6

images

Für Tigger,
dem Astaria einige schöne Ideen verdankt

Inhalt

Prolog

Ritterehre

Der Bund von Sonne und Mond

Molunahs Fluch

Fallende Sterne

Firenze

Splitternde Lanzen

Freund und Feind

Das Anatomische Theater

Auf Leben und Tod

Das Astrarium

Wolkenreiter

Die Tauweberinnen

Geheimnisse in Stein

Der Geburtsstern

Das Traumlabyrinth

Die Eiserne Bibliothek

Der Fluss im Berg

Die flüsternde Stadt

Nachtblaue Tiefen

Verfluchte Seelen

Schattenmacht

Ruhe vor dem Sturm

Anhang : Die Bewohner von Astaria

Du siehst die leuchtende Sternschnuppe nur dann, wenn sie vergeht.

Christian Friedrich Hebbel

Prolog

Dunkle Wolken schoben sich vor den Mond und am Himmel jenseits des Mitternachtsmeeres erfüllte Wetterleuchten die Nacht. Hin und wieder blitzten am Firmament helle Sternschnuppen auf. Sterbende Stellare. Der Mann, der im Schatten der alten Leuchtturmruine stand und dem fernen Schauspiel zusah, lächelte böse.

Sein Meister erwachte. Die Vorzeichen seiner Auferstehung waren kaum zu übersehen. Jene, die davon wussten, konnten bereits das Zittern spüren, das die stellare Schöpfung durchlief. Wer genau hinhörte, der vermochte die Stimme des dunklen Herrn nicht nur im Donnern der Meeresbrandung wahrzunehmen, sondern auch im Wind, der flüsternd über all die verwitterten Steine und Felsblöcke strich. Noch war der Ruf des Schrecklichen unverständlich. Noch hielten ihn die Ketten seiner verräterischen Stellarsgeschwister gefangen, doch schon bald würde er seine Fesseln abwerfen und unerbittlich über all jene richten, die im stellaren Krieg auf der falschen Seite gestanden hatten.

Das Lächeln des Mannes wurde breiter. Sein Gebieter war auch gnädig. Treue Anhänger wie er, die sich rechtzeitig zu ihm bekannt hatten, würden belohnt werden. Und für das, was er zu tun beabsichtigte, würde ihm der dunkle Herr ganz sicher einen Platz zu seiner Rechten anbieten.

»Sinnst du bereits deinen törichten Träumen von Ruhm und Macht nach, Mensch?«, wisperte eine gehässige Stimme im Rücken des Mannes. Mit der Hand am Schwert wirbelte er herum und für einen Moment war das Klirren von Kettengliedern unter seinem Umhang zu hören.

Jenseits der geborstenen Turmmauern stiegen Nebelschwaden auf. Der Dunst bildete wabernde Tentakel, die über die zerstörten Mauerkronen tasteten und sich durch die Ritzen im Gestein zwängten. Der Mann musste all seinen Willen zusammennehmen, um vor dem unheimlichen Anblick nicht zurückzuweichen. Der dunkle Herr hasste Schwäche. Und so verharrte der Mann widerstrebend an seinem Platz und sah angespannt dabei zu, wie die gespenstische Wolke auf ihn zuwallte, nur um sich wenige Schritte vor ihm zu einer entsetzlichen Kreatur zusammenzuballen – einem Sternenvampir!

Das Wesen war etwas größer als ein Mensch und wirkte angesichts des fernen Wetterleuchtens wie ein Schreckgespenst, dessen nachtschwarze Phantomgestalt beständig zerfaserte und ihre Form veränderte. So, als würde der Dämon ganz aus dunklem, öligem Qualm bestehen, der immerzu von unsichtbaren Kräften aufgewirbelt wurde. Die Luft kühlte merklich ab, doch der Mann hielt trotzig dem Blick der zwei bläulich glühenden Punkte stand, die auf Kopfhöhe des Wesens glosten. Noch immer lag die Hand des Mannes auf dem Schwertgriff, wohl wissend, dass er gegen die unheimliche Kreatur nichts würde ausrichten können.

»Vesperuga … Dann stimmen die Gerüchte also«, presste er zwischen den Zähnen hervor. Zu seinem Erstaunen bemerkte er, dass die Dunkelheit, in die sich der Dämon hüllte, nicht vollkommen war. Auf Höhe der Brust des Wesens verlief schräg eine dünne Linie, die in einem kaum wahrnehmbaren Silberlicht schimmerte. Eine Narbe?

»Meine sterbliche Hülle ist ohne Bedeutung«, zischte der Sternenvampir finster. »Also verschwende meine Zeit nicht. Kannst du erfüllen, was du versprochen hast?«

»Lass das nur meine Sorge sein«, antwortete der Mann überheblich. »Niemand wird Verdacht schöpfen. Sag du mir lieber, ob du die Waffen mitgebracht hast, die mir versprochen wurden.«

Statt einer Antwort enthüllte der Sternenvampir lange, gebogene Krallen, mit denen er auf das zusammengestürzte Tor des alten Leuchtturms deutete. Der Mann sah genauer hin und entdeckte zwischen den verwitterten Felsblöcken die kantigen Umrisse einer schweren Truhe. Er ging zu ihr, öffnete den Deckel und wich einen Moment vor dem Inhalt zurück. Ein gefährliches Kratzen, Klackern, Summen und Schnarren schlug ihm entgegen.

»Arkanomechanische Spielereien. Das ist alles?«, sagte er verächtlich.

»Nein, das ist nur der Beginn«, wisperte der Sternenvampir mit eisiger Stimme.

Geräuschlos glitt der Dämon neben ihn und der Blick der kaltblauen Augen bohrte sich bis auf den Grund der verdorbenen Seele des Mannes. »Mit ihrer Hilfe wirst du Tod und Verderben unter unsere Feinde tragen. Doch von dir wird mehr erwartet. Weit mehr. Also hör mir gut zu, denn gemeinsam werden wir einen Sturm entfesseln, in dem die Ordnung der Welt für immer untergeht …«

Ritterehre

Fabio saß mit hoch erhobener Lanze auf seinem Streitross und konzentrierte sich. Im großen Innenhof des Castello di Arborea, der Ordensburg der Paladine, war jetzt nur noch der Seewind zu hören, der sich säuselnd an Zinnen und Mauerkronen brach und die rot-weißen Marsakielsstan-darten auf den Türmen zum Knattern brachte.

Doch etwas war heute anders. Nur was?

Fabio überprüfte noch einmal den Sitz der Steigbügel. Dann signalisierte er dem Pferd mit leichtem Schenkeldruck, dicht an die weiße Markierung neben dem Hofbrunnen heranzutreten. Die Lanze einen Zollbreit gesenkt, nahm er Maß. Sein Ziel war eine Stechpuppe, die in etwa zwanzig Schritt Entfernung aufgestellt worden war. Bei dem Übungsgerät handelte es sich um ein T-förmiges Drehgestell aus Holz. An einem Ende des Querbalkens hing ein Sandsack, am anderen Ende war ein Schild angebracht. Irgendjemand hatte dem »Eisernen Rolando«, wie die Stechpuppe spöttisch genannt wurde, sogar einen Helm aufgesetzt, sodass das Übungsgerät entfernt einem Krieger mit ausgebreiteten Armen ähnelte.

Die Stechpuppe war bei den Paladinen beliebt und verhasst zugleich. Es galt, schnell anzureiten und den Schild in vollem Galopp mit der Lanze zu treffen, sodass sich das ganze Gestell drehte. Doch wer nicht gewandt genug war, wurde von dem herumschleudernden Sandsack aus dem Sattel gehauen. Und das war, wie Fabio nur allzu gut wusste, eine mehr als schmerzhafte Erfahrung.

Entschlossen drückte er seinem Streitross die Stiefelabsätze in die Flanken und mit einem Satz schoss das Tier nach vorn. Sogleich senkte er die Lanze, klemmte sie fest unter die Achsel und visierte den Eisernen Rolando an. Wind fing sich in Fabios hellen Haaren und das Trommeln der Pferdehufe auf dem Hofpflaster erklang seltsam gedämpft in seinen Ohren. Im letzten Moment stemmte er sich in die Steigbügel und rammte die Lanzenspitze mit aller Kraft gegen den Schild. Ein lautes Scheppern dröhnte über den Innenhof und mit quietschendem Hall wirbelte der Querbalken herum. Verflucht, er war nicht schnell genug. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, wie hinter ihm der Sandsack heranjagte. Fabio machte sich schon auf den Aufprall in seinem Rücken gefasst, doch sein Pferd galoppierte ruhig aus.

Hätte er nicht eigentlich im Dreck liegen müssen? Verwirrt sah er sich um. Er war völlig allein auf dem Burghof. Selbst die Mauern der stolzen Klippenfestung waren unbesetzt. Hier stimmte doch etwas nicht. Und zwar ganz und gar nicht.

Vom Himmel her ertönte ein lang gezogenes Rumpeln, als setzte sich irgendwo in den Sternensphären ein altes Mühlwerk in Betrieb. Entgeistert starrte Fabio zu den Zinnen der Türme auf. Über der Burg jagten auf unnatürlich schnelle Weise Wolkenfetzen über den Himmel. Und er konnte dabei zusehen, wie die Mittagssonne beständig gen Westen wanderte. Mit jedem Atemzug wurden die Schatten der Mauern und Türme länger. Schon versank das grelle Himmelslicht als roter Glutball im Meer und hüllte den Burghof in ein gespenstisch rotes Zwielicht.

Was geschah hier?

Mit der Dunkelheit stieg über dem Palas der Ordensburg die fahl leuchtende Mondscheibe der Erzstellarin Molunah auf. Mit ihr kamen die Sterne. Zu Hunderten funkelten sie am Himmelszelt wie Diamanten auf dunklem Samt. Und doch waren zwischen ihnen deutlich wahrnehmbar in Gelb, Grün, Rot und Blau die Wandelsterne der Erzstellare Merkuriel, Venudha, Marsakiel und Juprabim zu sehen.

Die Stechpuppe drehte sich inzwischen so schnell, dass ihre Konturen verwischten. Helm, Schild und Sandsack erstrahlten in blassem Silberlicht und einen Moment lang glaubte Fabio, einer aus sich selbst heraus leuchtenden Flügelgestalt gegenüberzustehen.

Ein Stellar?

Vernimm, was im Buch der Sterne geschrieben steht, Paladin, säuselte es vielstimmig vom Nachthimmel herab. Die Zeit selbst hat Geschehnisse in Gang gesetzt, die das Antlitz Astarias für immer verändern werden. Zweimal, nicht einmal, wird der Tag zur Nacht werden und zweimal, nicht einmal, wird die Gabe der Fünf über das Schicksal der Schöpfung entscheiden. Dreimal sollst du dem Sechsten begegnen, dessen Atem den Sternenkerker erfüllt. Dreimal wird er dir seine Macht offenbaren, auf dass du standhaft bleibst. Finde, was aus gutem Grund verborgen wurde. Denn die Stunde wird kommen, da die Zeit selbst vergeht. Erst dann vermagst du zu tun, was nur ein Sterblicher zu tun vermag. Und jetzt erwache. Erwache!

Fabio schreckte aus dem Schlaf und bemerkte, dass er kerzengerade auf seiner Strohmatratze saß. Sein Atem ging stoßweise und Schweißtropfen perlten ihm auf der Stirn. Nur ein Traum.

Durch eine der Schießscharten hindurch konnte er Molunah sehen, deren fahler Schein in den Schlafsaal der Knappen sickerte. Der Raum war von leisen Schnarchgeräuschen erfüllt, einzig auf der Matratze neben ihm raschelte es.

»Alles klar, Fabio? Du hast im Schlaf geschrien.«

Fabio schüttelte benommen den Kopf.

»Hast du wieder von deinem verräterischen Herrn Ludovico geträumt?«

Fabio blickte zu seinem Freund Perusio hinüber, den rothaarigen Knappen des Waffenmeisters. »Entschuldige, dass ich dich geweckt habe.«

»Das geht so nicht weiter«, flüsterte der Rothaarige mit schlaftrunkener Stimme. »Wenn du nicht endlich eine Nacht durchschläfst, fällst du vor lauter Erschöpfung irgendwann noch um. Warum suchst du nicht den Krankenflügel auf und lässt dir einen Schlaftee geben?«

»Das ist es nicht, Perusio.« Fabio legte seine Stirn in Falten.

»Ich glaube, ich muss weg von hier.«

»Weg?« Im Zwielicht war zu sehen, dass Perusio die Augen aufriss. »Ohne Genehmigung der Ordensführung? Wie willst du das anstellen? Wir befinden uns hier auf einer Insel. Über einhundertfünfzig Meilen vom Festland entfernt.«

»Ja … Nein … Ach, verdammt, ich weiß es nicht.« Fabio seufzte.

Drei Wochen waren inzwischen verstrichen, seit er sich bei den Paladinen auf der Insel Arborea zurückgemeldet hatte. Das Castello di Arborea war die größte der Ordensburgen und zugleich auch die älteste. Doch trotz ihrer abgeschiedenen Lage machten auf Burg und Insel jeden Tag neue Gerüchte über den Krieg im Osten Astarias die Runde. Längst war der Großteil der Burgbesatzung zum Festland abkommandiert worden. Die Verschiffung von knapp zweihundert Paladinen in blinkender Rüstung samt Pferden und Gefolge war ein Ereignis gewesen, das niemanden auf dem Castello di Arborea unberührt gelassen hatte. Das Ganze hatte nur einen Nachteil: Fabio hatte gemeinsam mit einer Notbesatzung zurückbleiben müssen. Doch mit einem überraschenden Angriff auf das Castello di Arborea war kaum zu rechnen. Die einzigen Feinde hier im Sternenmeer waren die Freibeuter auf dem unzugänglichen Eiland der Winde weiter im Norden. Und die nahmen Reißaus, wann immer sie die rot-weißen Segel der Ordensschiffe entdeckten.

»Soll ich mit meinem Herrn sprechen?« Perusio war anzuhören, dass er den Plan Fabios, die Burg zu verlassen, für eine große Dummheit hielt. »Vielleicht kann er etwas für dich tun? Er vertraut mir.«

»Ja, dir«, brach es verbittert aus Fabio heraus. »Aber mir vertrauen die Schwertbrüder nicht mehr. Seit ich zurück bin, werde ich von Paladin zu Paladin gereicht wie ein schimmeliges Brot, dessen man sich am liebsten entledigen würde.«

Er musste wieder an jenen Abend zurückdenken, als er den Ordensoberen als Kronzeuge der zurückliegenden Geschehnisse Rede und Antwort gestanden hatte. Doch zu seiner Überraschung schienen es weniger seine Erlebnisse in Venezia und im Dolomitischen Himmelsmassiv gewesen zu sein, die die Paladine erschüttert hatten, als vielmehr die Eröffnung, dass sich sein einstiger Herr Ludovico als Anhänger des finsteren Astronos entpuppt hatte. Dass ausgerechnet der Orden der Morgenröte von Anhängern des gestürzten Stellars unterwandert sein könnte, schien die Vorstellungskraft vieler seiner Schwertbrüder zu übersteigen.

»Also, ich glaube dir«, wisperte Perusio und lehnte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen zurück. »Wenn auch nur annähernd stimmt, was über dich gemunkelt wird, dann ist das weit mehr, als manch erfahrener Paladin von sich behaupten kann. Ein Kampf gegen Sternenvampire und Goblins! Sag schon, hast du Ludovico am Ende wirklich im Zweikampf besiegt?«

»Du weißt doch, dass ich darüber nicht sprechen darf«, antwortete Fabio.

Eigentlich hätte Perusio von seinen Erlebnissen in Venezia gar nichts wissen dürfen. Doch Teile von Fabios Bericht hatten sich inzwischen durch eine Indiskretion bis zu den unteren Rängen des Ordens herumgesprochen. Und schon seit Längerem fragte sich Fabio, ob das geschehen war, um ihn bloßzustellen. Seitdem wurde er von den meisten Schwertbrüdern behandelt, als sei er selbst schuld am Verrat seines einstigen Herrn gewesen. Abgesehen vielleicht von Perusio, der ihn jeden Tag aufs Neue mit seinen Fragen löcherte. Und doch war er dem Knappen dankbar dafür, dass er ihn ernst nahm.

»Ich gebe zu, ich wäre gern an deiner Seite gewesen«, murmelte Perusio.

»Überlege dir gut, was du dir wünschst«, murrte Fabio.

»Ich kann von Glück reden, dass ich überhaupt noch lebe.«

Fabios ganze Hoffnung ruhte darauf, endlich mit Großmeister Silvestro persönlich zu sprechen. Leider war das Oberhaupt der Paladine bei Fabios Rückkehr nach Barion gereist und bislang hatte ihn das Kriegsgeschehen auf dem Festland aufgehalten.

»Na ja, immer noch besser, als hier untätig herumzusitzen und Waffen zu polieren, während alle anderen Schwertbrüder den Ruhm ernten.« Perusio legte sich wieder hin. »Ich verspreche dir, morgen rede ich mit meinem Herrn. Und jetzt schlaf endlich.«

Fabio wollte sich ebenfalls wieder zurücklehnen, als vor der Tür zum Schlafsaal Stiefelschritte zu hören waren.

»Welches Bett?«, vernahm er gedämpft eine Stimme in breitem asconischem Dialekt.

»Das vierte auf der rechten Seite, Schwertbruder.«

Die Tür zum Schlafsaal öffnete sich und Fackellicht fiel in den Raum. Weiter hinten im Saal wurden zwei weitere Knappen wach. Verschlafen rieben sie sich die Augen. Auch sie sahen nun dabei zu, wie ein Paladin mit kurz geschnittenen schwarzen Haaren und dichtem Schnauzbart vor Fabios Schlafstatt trat. Die Wache mit der Fackel blieb an der Tür zurück. Dennoch konnte Fabio erkennen, dass der Unbekannte, der jetzt vor seinem Bett stand, vielleicht vierzig Jahre alt war. Er trug den rot-weißen Rittermantel des Ordens so, dass man das Kettenhemd und den roten Waffenrock mit dem Wappen der Paladine sehen konnte: eine weiße Sonnenscheibe mit vergoldetem Flammenrand, die von fünf Sternen umrahmt wurde. Darin prangte die Darstellung Marsakiels, der wie immer als geflügelter Kämpfer mit Streitkolben und Schild dargestellt war. Der fremde Paladin hielt den Daumen seiner rechten Hand lässig im Schwertgurt verhakt und musterte Fabio eine Weile aufmerksam.

»Bist du Fabio, der frühere Knappe Ludovicos?«, wollte der Ritter wissen. Fabio war sich sicher, dass er den Paladin schon einmal gesehen hatte.

»Ja, bin ich«, antwortete Fabio müde. »Und wer seid Ihr, mein Herr?«

»Mein Name ist Ernesto. Ich diene dem Großmeister seit Kriegsbeginn als Seneschall und helfe ihm bei allen administrativen Aufgaben des Ordens.«

Fabio sah zu der silbernen Gewandspange Ernestos auf, auf der ein geflügelter Streitkolben eingearbeitet war, was den Mann tatsächlich als Stellvertreter des Großmeisters auswies.

Bei Marsakiel, vor ihm stand der zweitwichtigste Mann des Ritterordens! Fabio sprang aus dem Bett und verneigte sich.

»Entschuldige, Bruder Seneschall. Das Tagwerk heute war anstrengend.«

Der Mann lächelte, ohne dass dieses Lächeln seine Augen erreichte. »Großmeister Silvestro will dich sehen.«

»Der Großmeister? Er ist zurück?« Fabio wandte sich verblüfft zu Perusio um, der so tat, als würde er schlafen. »Ich … ich bin sofort fertig, Schwertbruder.« Ihm war, als hätten die Erzstellare persönlich sein Flehen erhört. Einen Moment lang musste er wieder an den seltsamen Traum zurückdenken, doch er wischte den Gedanken beiseite. Vielleicht fällte die Ordensführung nun endlich eine Entscheidung über seine weitere Verwendung. Hauptsache, die ihm aufgezwungene Untätigkeit würde ein Ende finden.

Aufgeregt zog er sich an und folgte den Paladinen. In der Burg war es wie erwartet ruhig. Sie stiegen steinerne Treppen hinauf, durchquerten verschlossene Tore und verschattete Innenhöfe. Zweimal kamen sie an großen Katapulten vorbei, die drohend in der Dunkelheit aufragten. Hin und wieder waren im Mondlicht die Silhouetten von Wachen zu erkennen, die auf Mauern und Wehren patrouillierten.

Je weiter sie zum Palas des Castello di Arborea hinaufgelangten, desto mulmiger wurde Fabio zumute. Was, wenn der Großmeister ihm nicht glaubte? Ganz sicher war ihm der Bericht über seine Erlebnisse bereits zugestellt worden. Darin stand alles, was wichtig war. Zumindest war er sich damals bei der Beantwortung der Fragen recht schlau vorgekommen. Doch gerade diese Antworten hatten einige der Ordensoberen zusätzlich gegen ihn aufgebracht. Aber was hätte er sonst tun sollen, um sein Wahrheitsgelübde einzuhalten und zugleich seine neuen Freunde zu schützen?

Ob sich die anderen überhaupt noch an den Pakt erinnerten, den sie auf der Sternenwind geschlossen hatten? Fabio träumte noch immer von dem wundersamen Flugschiff und all den Gefahren, die er an der Seite von Sylvana, Meister Arcimboldos Familie, den beiden Gardisten Jacopo und Odilio und nicht zuletzt Celeste erlebt hatte. Vor allem Celestes hübsches Gesicht stieg immer wieder vor seinem inneren Auge auf. Ein Bild, das ihm Kraft gab. Ohne Zweifel war sie das schönste Mädchen, dem er jemals begegnet war. Außerdem war Celeste tapfer und unerschrocken. Er mochte das. Leider war sie von Adel, er hingegen war nur … ein Bauernritter.

Inzwischen hatten sie den wuchtigen Palas der Burg erreicht, dessen Schindeldach schwarz vor dem Sternenhimmel aufragte. Der stolze Saalbau der Ordensburg mit den hohen Außenmauern war das eigentliche Zentrum der Klippenfestung, denn hier residierte in Friedenszeiten die Ordensführung. Ernesto schickte den Schwertbruder mit der Fackel zurück und führte Fabio zügig zu einer großen Flügeltür, in die ein Relief kämpfender Stellare eingearbeitet war. Vor ihr hielten zwei Paladine mit Speeren und Schilden Wache, die beiseitetraten, kaum dass sie den Seneschall erblickten. Hinter dem Portal war gedämpftes Wutgebrüll zu hören.

»Ist dieser Graf noch bei Trost? Verdammt noch mal, wir ziehen nicht gegen irgendwelche Wegelagerer zu Felde, sondern gegen Goblins!«

Fabio erkannte die zornige Bassstimme sofort. Sie gehörte Großmeister Silvestro.

»Wir brauchen seine Pferde – und zwar alle. Dieser blaublütige Narr bekommt genau so viel, wie wir vor Kriegsausbruch vereinbart hatten. Keinen Dukaten mehr. Richtet dem Pferdemeister aus, dass er die Gäule nötigenfalls mit Waffengewalt beschaffen soll.«

Schwertbruder Ernesto klopfte an, ohne dass sich eine Gefühlsregung in seinem Gesicht abzeichnete.

»Herein, wenn es keine Goblins sind!«

Gemeinsam mit dem Seneschall betrat Fabio den stattlichen Rittersaal der Ordensburg, dessen Eichenholzdecke von zwei Reihen dunkler Holzpfeiler getragen wurde. Zwischen den Pfeilern prangte ein großes Bodenmosaik aus roten und weißen Ziegeln, das den Erzstellar Marsakiel darstellte. Der Erzstellar des Krieges hielt Schild und Streitkolben erhoben, als wollte er Fabio ermahnen, trotz aller Widrigkeiten standhaft zu bleiben. An der Stirnseite des Saals, flankiert von zwei brennenden Ölschalen, war ein langer Tisch aufgebaut, der übersät von Landkarten und aufgeschlagenen Büchern war. An ihm standen neben Großmeister Silvestro auch Waffenmeister Gaspare, der Herr seines Freundes Perusio, sowie der kahlköpfige Burgverwalter des Castello di Arborea. Obwohl es sich bei den Rittern um kräftige Männer handelte, wirkten sie im Vergleich zu der muskulösen Gestalt des Großmeisters fast schmächtig. Der Anblick Silvestros hatte Fabio schon immer an einen aufgerichteten Bären erinnert, der nur seine starken Arme anzuspannen brauchte, um die Ringe seines Kettenhemdes zu sprengen. Ein Eindruck, der von dem wild wuchernden Bart des Mannes noch verstärkt wurde. Abgesehen von dem blitzenden Schwertgehänge an seiner Seite trug er einen weißen Überwurf mit der zinnoberroten Abbildung Marsakiels.

»Hier ist der Knappe«, erklärte der Seneschall mit fester Stimme.

»Ah, sieh an!« Silvestro fixierte Fabio mit undurchdringlichem Blick und wandte sich dann wieder den Rittern zu. »Gut, meine Herren, damit betrachte ich die leidige Angelegenheit vorerst als beendet. Ich will, dass meine Befehle schnellstens nach Genova gebracht werden.«

»Wie Ihr befehlt, Großmeister!« Die beiden Ordensritter salutierten knapp und verließen gemeinsam mit Seneschall Ernesto den Rittersaal, allerdings nicht ohne Fabio noch einen düsteren Blick zuzuwerfen.

Die Flügeltür war kaum zugefallen, als der Großmeister eine Pergamentrolle vom Tisch nahm, die er finster dreinblickend entrollte.

»Tritt näher, Knappe.«

Fabio durchmaß den Saal, bis er einen Schritt vor dem Tisch stand. Beim Anblick der Sternensphären auf dem großen Wandteppich in Silvestros Rücken musste er wieder an seinen seltsamen Traum denken.

»Du bist also der Knappe, von dem in diesem Bericht die Rede ist?«

Fabio räusperte sich. »Euer Exzellenz, wenn Ihr den Bericht über die Vorgänge in Venezia und im Dolomitischen Himmelsmassiv meint, dann lautet die Antwort ja. Mein Name ist Fabio.«

»Bei Astronos’ schwarzen Schwingen, das weiß ich«, knurrte der Großmeister und sah wieder zu ihm auf. »Beantworte bitte nur die Fragen, die ich dir stelle. Du schwörst also bei allen Stellaren, dass deine Erlebnisse wahr sind? Also all das, was hier über den rätselhaften Himmelsmechaniker Cagliomaeus, die Suche nach den Uhren und den Verlust seiner Offenbarung steht?«

»Ja, Euer Exzellenz. Ich hoffe, meine Aussagen wurden in dem Bericht richtig wiedergegeben.«

»Meine Güte.« Ungläubig schüttelte Silvestro den Kopf.

»Dann ist Vesperuga, die Ducchessa von Venezia, tatsächlich ein Sternenvampir? Und du willst allen Ernstes Gruuk begegnet sein, dem Hochschamanen der Goblins?«

»Nicht nur das. Wir haben auch gegen ihn gekämpft, aber leider verloren.«

»Wir?« Der Großmeister richtete sich zu voller Größe auf und funkelte Fabio über den Tisch hinweg an. »Mal davon abgesehen, dass all das nur schwer zu glauben ist, taucht dieses wir in dem Bericht ziemlich häufig auf. Aber wann immer du befragt wurdest, wer deine Begleiter waren, ist hier nur eine ziemlich spitzfindige Antwort vermerkt.« Silvestro warf erneut einen Blick auf die Blätter. »Ich zitiere: Ich verschweige nicht, dass ich etwas verschweige. Aber die Antwort muss ich Euch leider schuldig bleiben. Waren das deine Worte?«

»Ja, Euer Exzellenz.« Fabio schluckte.

»Die gleiche Antwort hast du auch gegeben, als dich die Schwertbrüder nach dem Verbleib dieses arkanomechanischen Flugschiffes befragt haben. Wie war noch sein Name?«

»Sternenwind

»Und auch, als du über den Verbleib des Schwertes aus Meteoreisen Auskunft geben solltest.«

Fabio nickte schwach.

»Nun, was das Schwert betrifft, weiß ich inzwischen, wo es ist«, fuhr der Großmeister deutlich milder gestimmt fort. »Du hast es zusammen mit der Novizin Celeste de Vontafei zur Sternenburg in Stella Tiberia gebracht.«

»Ihr wisst das?«, fragte Fabio erstaunt.

»Verflucht, Junge, natürlich weiß ich das!«, schimpfte der bärtige Paladin. »Die Hohe Sternenmystikerin Aureana und ich stehen in engem Kontakt. Du hast offenbar vergessen, dass die Zusammenarbeit mit der Sternenburg seit Bestehen unseres Ordens auf gegenseitigem Vertrauen beruht.«

»Es tut mir leid, Euer Exzellenz.« Fabio wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken. »Der Grund für meine Geheimniskrämerei ist, dass ich seit dem Verrat meines Herrn Ludovico nicht mehr weiß, wem ich im Orden noch trauen kann. Und Ihr … Ihr wart nicht da.«

»Das«, der Großmeister hob mahnend einen Zeigefinger, »ist auch der einzige Grund, den ich akzeptiere. Aber hättest du nicht wenigstens bei der Angelegenheit mit Ludovico überlegter handeln können?«

Fabio verstand nun gar nichts mehr.

»Dass der Orden unterwandert sein könnte, ahnen wir schon seit Längerem«, fuhr Großmeister Silvestro mit sorgenvoller Stimme fort. »Bereits seit einigen Jahren sind die Anhänger des gefallenen Astronos überall in Astaria ungewöhnlich aktiv. Männer und Frauen wurden ermordet, die sowohl der Sternenburg als auch dem Orden der Morgenröte treu ergeben waren. Wir haben diese Vorfälle natürlich geheim gehalten. Doch spätestens seit dem unheilvollen Horoskop, das die Sternenburg vor einigen Monaten erstellt hat, wussten wir, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein würde, bis Astronos’ unheilvoller Schatten auch auf den Orden selbst fallen würde.«

»Ihr wusstet auch das?« Fabio starrte den Großmeister entsetzt an.

»Natürlich, oder hältst du uns für Narren, Knappe?« Silvestro umrundete den Tisch, bis er direkt vor Fabio stand. »Es hat in der Geschichte schon immer Paladine gegeben, die den Versuchungen des Astronos erlegen waren. Dein Herr Ludovico ist bloß der Erste, dessen Maske dieser Tage gefallen ist. Leider wissen wir nicht, wie groß die Anhängerschaft des Astronos in unseren Reihen ist.«

»Ja, aber ich verstehe nicht, wie meine Aussagen …«

»Weil jene Feinde, mit denen dein Herr Kontakt hatte, nun gewarnt sind«, unterbrach ihn Silvestro ernst. »Der Verrat deines Herrn hat sich inzwischen sogar bis zum Festland herumgesprochen. Begreifst du es jetzt? Du warst Ludovicos Knappe. Du weißt am besten, mit wem dein Herr Umgang pflegte. Sei es auf euren Reisen oder hier in der Ordensburg. Einige von Ludovicos Komplizen hätten wir mit deiner Hilfe vielleicht fassen können, doch dieses Überraschungsmoment ist nun vertan.«

Fabio sah beschämt auf den Boden. »Das war mir nicht bewusst, Euer Exzellenz.«

»Wie hätte dir das auch?« Großmeister Silvestro räusperte sich. »Wenn ich denjenigen unter den Schwertbrüdern erwische, der deine Aussagen mit seiner Geschwätzigkeit in Umlauf gebracht hat, schlage ich ihm eigenhändig den Kopf ab. Wenn das Ganze nicht gar mit voller Absicht geschah.«

»Ihr meint, einer der Schwertbrüder, die mich befragt haben, ist vielleicht selbst ein Verräter?«

»Wir müssen mit allem rechnen, Knappe.« Großmeister Silvestro blickte Fabio fest in die Augen, als suchte er dort die Antwort auf eine unausgesprochene Frage. »Deine Aussagen decken sich in großen Teilen mit denen der Novizin, die du zur Sternenburg in Stella Tiberia geführt hast. Diese Celeste de Vontafei.« Fabio hob gespannt eine Augenbraue. »Interessanterweise scheint sie über die genaueren Umstände eures Abenteuers ebenfalls nicht mehr verraten zu haben, als unbedingt notwendig war. Allerdings hat sie in ihrem Bericht auch Himmelsmechaniker und eine mysteriöse Wolfsfrau erwähnt, die euch angeblich geholfen haben. Ebenfalls, ohne Namen zu nennen.«

»Wenn Ihr es wünscht, Exzellenz, werde ich von nun an keine Geheimnisse mehr vor Euch haben. Bei diesen …«

»Nicht, Knappe.« Großmeister Silvestro gebot Fabio energisch zu schweigen. »Sei dir gewiss, ich würde nur zu gern mehr über die genaueren Umstände eures Abenteuers erfahren. Aber je weniger ich weiß, desto besser. Im Gegenteil, ich befehle dir, dass du von nun an niemandem mehr traust. Niemandem. Nicht einmal mir!«

»Was soll das heißen?«

»Das heißt, dass du dich an den Gedanken gewöhnen wirst, dass selbst ich von nun an der Feind sein könnte.« Der Großmeister wirkte einen Moment lang traurig. »Ich liebe den Orden und habe ihm mein Leben geweiht. Aber wir wissen nicht, was die Zukunft noch für uns bereithält. Außerdem läuft uns die Zeit davon.« Der Großmeister straffte sich. »Die Hohe Sternenmystikerin Aureana hat die Sterne ein weiteres Mal befragt und sie ist davon überzeugt, dass die stellaren Mächte ein Mitglied des Ordens der Morgenröte zu ihrem Werkzeug bestimmt haben. Nämlich dich!« Fabio schaute ungläubig auf und Silvestro lächelte schmal. »Zumindest liest sich deine Befragung tatsächlich wie eine der alten Heldensagen. Ich bin nur deswegen nach Arborea zurückgekehrt, um dich persönlich nach Stella Tiberia zu bringen. Schon morgen werden wir gemeinsam zur Sternenburg aufbrechen, um uns dort dem Ratschluss der Sternenmystikerinnen zu unterwerfen.« Großmeister Silvestro zog in einer feierlichen Geste sein Schwert.

»Der Orden hat dich alles gelehrt, was du wissen musst. Welche Pläne die Stellare auch immer mit dir haben, Knappe, sie sind Ehre und Verpflichtung zugleich. Ich hoffe, du bist dir dessen bewusst? Alles, was ich noch tun kann, ist, dir den beschwerlichen Weg zu ebnen, der nun vor dir liegt.« Er atmete tief ein. »Und jetzt geh auf die Knie, Knappe.«

Fabio begriff endlich, warum ihn der Großmeister zu sich gerufen hatte. Überwältigt kam er dem Befehl nach und sank zu Boden.

»Im Namen des standhaften Marsakiel, seiner machtvollen Schwester Molunah und der übrigen Erzstellare; im Namen der Ehre, des Mutes und der Freiheit; im Namen der Treue und im Namen der Liebe zur stellaren Schöpfung, senke ich diese Klinge auf deine Schultern, die fortan die schwere Bürde tragen sollen, Astaria vor jedem Ungemach zu bewahren.«

Großmeister Silvestro tippte mit der Schwertspitze beide Schultern Fabios an und wechselte die Waffe in die Linke.

»So wie du es bei der Aufnahme in den Orden geschworen hast, wirst du dem Schrecken, der Astaria droht, standhaft die Stirn bieten und auch fortan allen Versuchungen des schwarzen Astronos widerstehen. Dies soll dich an deinen Schwur erinnern.« Silvestro holte mit der flachen Hand aus und versetzte Fabio einen schmerzhaften Hieb ins Gesicht. »Und dies soll der letzte Schlag sein, den du in deinem Leben unerwidert hinnimmst.« Diesmal schlug der Großmeister mit dem Handrücken zu. Fabios Wangen brannten. Wie aus weiter Ferne bekam er mit, dass Silvestro zu einem prachtvollen Schwertgehänge auf dem Tisch griff und es ihm reichte. »Erhebe dich, Paladin vom Orden der Morgenröte. Du bist jetzt ein Ritter!«

Der Bund von Sonne und Mond

Möwen krächzten und es roch nach Fisch und Teer. Fabio stand geblendet von der Mittagssonne auf einer der Hafenmolen Stella Tiberias und wuchtete den mandelförmigen Paladinschild, der neben seinem Speer gegen einen Poller lehnte, auf seinen Rücken. Kurz sah er zum lang gezogenen Achterkastell der Morgenröte auf. Er hörte, wie der Rumpf des dickbauchigen Lastseglers, mit dem sie in der berühmten Pilgerstadt eingetroffen waren, sanft und im steten Rhythmus der Wellen gegen die Kaimauer drängte. Seneschall Ernesto unterhielt sich dort oben mit dem Kapitän des Schiffes, während Pagen und Knappen des Ordens damit beschäftigt waren, schwere Körbe und Kisten mit Vorräten und Waffen von Bord zu schleppen.

Noch immer konnte es Fabio nicht fassen, dass er jetzt den rot-weißen Mantel eines Ritters des Ordens trug. Das Kettenhemd hing ihm ungewöhnlich schwer von den Schultern und er erwischte sich dabei, wie er beständig über den Knauf des prächtigen Langschwertes an seiner Seite strich.

Wie sehr hatte er sich all die Jahre danach gesehnt, als Paladin für das Wohl Astarias zu streiten. Doch die Umstände seiner Schwertleite vor zwei Tagen trugen einen bitteren Beigeschmack. Er brauchte bloß seinen Kopf zu wenden, um zu sehen, dass die Vorboten des Krieges auch im stolzen Stella Tiberia Einzug gehalten hatten.

Das komplette Hafenviertel war mit Paladinen, Knappen und Pagen bevölkert. Kommandos gellten immerzu durch die Gassen. Soeben war der Marschtritt einer Gruppe Ordenskrieger zu hören, die von einem Offizier auf den großen Platz mit der Stadtwaage geführt wurde. Vor den hohen Kontoren mit den blau glasierten Dachschindeln, für die Stella Tiberia so berühmt war, waren zahllose Schlachtrösser angepflockt. Der Rest des mächtigen Paladinheeres lagerte in Zelten vor der Stadt.

Fabio hatte von Großmeister Silvestro gehört, dass sich auf dem Stadtgebiet in Stella Tiberia fast fünfhundert Paladine versammelt hatten. Hinzu kam ein gewaltiger Tross aus Knappen, Pferdeburschen und Pagen. Das waren fast zwei Drittel aller Paladine Astarias und noch nie hatte Fabio so viele Streiter seines Ordens an einem Ort versammelt gesehen. Silvestro hatte hier alle Kräfte des südlichen und westlichen Astaria zusammengezogen. Dass das Ritterheer noch nicht weitergezogen war, war allerdings ein Umstand, der Fabio Rätsel aufgab. Die übrigen Schwertbrüder Astarias waren schon vor Wochen in den umkämpften Osten verlegt worden.

Fabio fragte sich, wie es seinen Kameraden dort wohl erging, als er von Hufgeklapper aus den Gedanken gerissen wurde. Jenseits eines großen, hölzernen Lastkrans nahte Gaspare, der Waffenmeister des Ordens, zusammen mit seinem rothaarigen Knappen Perusio. Die beiden führten drei kräftige Rösser hinter sich her und Perusio zwinkerte Fabio frech zu, als sein Herr nicht hinsah.

»So, Schwertbruder Fabio«, hub Waffenmeister Gaspare an. »Wir haben dir das beste Pferd besorgt, das in den hiesigen Stallungen aufzutreiben war.« Gaspares Knappe Perusio reichte Fabio die Zügel eines grauen Falben mit schwarzem Langhaar und kräftigem Aalstrich. Der Wallach schnaubte bei Fabios Anblick.

»Wie ist sein Name?«, wollte Fabio wissen.

»Aldebaran«, antwortete Perusio.

Fabio musste wieder daran denken, dass er noch vor wenigen Tagen zusammen mit Perusio am Knappentisch gesessen hatte. Doch auch der Ritterschlag seines Freundes dürfte nicht mehr lange auf sich warten lassen. Es herrschte Krieg und der Junge war nur ein Jahr jünger als er selbst.

»Das Tier hat noch bis vor einem Monat einem Schwertbruder aus Barion gedient. Leider fiel er im Kampf gegen Bergräuber. Aber du darfst dich darauf verlassen, dass der Falbe gut trainiert ist.«

»Dank Euch.«

»Ah, wie ich sehe, hast du auch an mein Pferd gedacht, Gaspare«, ertönte vom Schiff her die Stimme des Seneschalls. Schwertbruder Ernesto, der mit Satteltaschen und Waffen beladen war, stapfte auf sie zu. Der Waffenmeister reichte dem schnauzbärtigen Paladin die Zügel eines Braunen mit weißen Fesseln. Ernesto legte Speer und Schild ab und befestigte zwei vollgepackte Satteltaschen auf dem Rücken des Pferdes. Es klirrte metallisch.

»Begibst du dich heute noch auf Reisen, Bruder?«, wollte Gaspare wissen.

»Wer weiß?« Der Seneschall zwinkerte ihnen verschwörerisch zu. »Besser, man ist auf alles vorbereitet. Nun sollten wir uns aber beeilen, Großmeister Silvestro dürfte schon ungeduldig auf uns warten.«

Fabio saß auf und musste einen Moment lang an Gino zurückdenken, seinen treuen Esel, den er in Venezia verloren hatte. Er hoffte, dass ihm Aldebaran ebenso gute Dienste leistete.

Er tätschelte das Pferd wehmütig und sie verließen das Hafenviertel über die berühmte Venudhasbrücke, die wirkte, als sei sie von dem kühnen Pinselstrich eines Künstlers geschaffen worden. Sie spannte sich luftig und elegant über den Fluss Tiber in Richtung Stadtzentrum. Perusio eilte leichtfüßig hinter ihnen her, doch auch er betrachtete die Brückenkonstruktion fasziniert, die von einem Ende bis zum anderen milchig weiß im Sonnenschein glänzte. Schlanke, fast zerbrechlich wirkende Pfeiler stemmten sich fugenlos der Strömung entgegen und erinnerten Fabio daran, dass die Brücke einst von den Sternenmystikerinnen errichtet worden war. Flussauf waren hölzerne Landungsstege zu erkennen, die wie dünne Finger in den Fluss hinausgriffen, und auf dem Strom selbst tanzten unzählige Lastkähne.

Kurz darauf erreichten sie das gegenüberliegende Ufer mit seinen blau-weißen Häusern, und das Klackern der Hufe auf dem harten Pflaster schreckte eine Möwe auf, die auf einem Dachfirst ihr Gefieder putzte.

In ganz Astaria gab es keine schönere Metropole. Eine Stadtmauer besaß Stella Tiberia nicht. Angesichts der Präsenz der Sternenburg hatte die Stadt diese bisher auch nicht nötig gehabt. Und wenn das Sonnenlicht wie heute auf das weiß gestrichene Häusermeer mit den blauen Dächern fiel, überkam Fabio stets das Gefühl, zwischen die Wolken am azurblauen Himmelszelt einzutauchen. Natürlich war dieser Eindruck gewollt, denn die Einwohner Stella Tiberias achteten sehr auf das Erscheinungsbild ihrer Stadt.

Obwohl sich die Mystikerinnen der nahen Sternenburg nur wenig in die Belange des Magistrats einmischten, lebte doch ein Großteil der Bürger von den vielen Pilgern, die täglich hierherkamen, um von den Zauberinnen Hilfe bei Krankheiten oder Rat bei Entscheidungsfragen zu erbitten. Die Existenz der Sternenburg hatte jeden Aspekt städtischen Wirkens durchdrungen und der Sternenkult trieb nirgendwo in Astaria seltsamere Blüten als hier. Beim Anblick der von Säulen geschmückten Markthalle Stella Tiberias mit der Plastik Merkuriels auf dem Dachfirst erinnerte sich Fabio wieder daran, dass es in der ganzen Stadt kein einziges öffentliches Gebäude gab, dessen Längsachse nicht streng nach dem Nordstern ausgerichtet war. Auf wirklich jedem der sternförmig angelegten Plätze erhoben sich Statuen geflügelter Stellare und alle bedeutenderen Gassen trugen die Namen bekannter Sternbilder. Die Baumeister der Stadt waren dafür bekannt, vor jedem Neubau akribisch die zeitlichen Einflüsse der fünf Wandelsterne zu analysieren, um die stellaren Himmelskräfte so gut wie möglich auf das Gebäude einwirken zu lassen. Und natürlich verwendeten sie nur solche Hölzer zum Bau, die kurz vor Neumond geschlagen wurden und damit weniger feucht waren. Als Kind armer Bauern wusste Fabio, wie sehr sich Molunahs Einfluss auf die Erträge von Obstbäumen und Feldfrüchten auswirkte. Aber in Stella Tiberia achteten die Bewohner sogar darauf, bei welchem Mondstand geschlachtet wurde. Und während man andernorts die Orkane und Wirbelstürme nur fürchtete, die sich in den Tagen um Neu- oder Vollmond oft über dem Meer zusammenbrauten, war es den hier ansässigen Kapitänen verboten, zu diesen Zeiten überhaupt auszulaufen.

Inzwischen waren sie in eine stark bevölkerte Straße mit Pilgerherbergen eingebogen, in der ein Astromedikus, ein marktschreierisch auftretender Heilkundiger, seine Tinkturen und Salben anpries. Angeblich waren sie streng im Einklang mit den stellaren Kräften zusammengemischt worden. Doch Fabio hielt den Mann für einen Scharlatan. Das schien die vielen Wundergläubigen nicht zu stören, die trotz oder gerade wegen der Kriegsgefahr nach Stella Tiberia gereist waren. Immer wieder mussten die Paladine ihre Pferde anhalten lassen, um dem Strom der Menschen Platz zu machen, die sich ehrfürchtig vor ihnen verneigten.

Fabio dachte daran, dass sich hier irgendwo auch Jacopo und Odilio aufhalten mussten. Die beiden so ungleichen venezianischen Gardisten hatten ihn begleitet, als er Celeste zur Sternenburg gebracht hatte. Es war abgemacht gewesen, dass sie in der Stadt bleiben, damit Celeste weiterhin unauffällig Kontakt zu Meister Arcimboldo halten konnte.

Was Sylvana und die Gnome trieben, entzog sich Fabios Kenntnis. Er hatte die seltsame Wolfsfrau und Meister Arcimboldo samt seiner Familie aus den Augen verloren, kaum dass sie ihn, Celeste und die beiden Gardisten eine halbe Tagesreise vor Stella Tiberia abgesetzt hatten. Der Himmelsmechaniker, seine Tochter Ambra und Sylvana waren mit der Sternenwind anschließend wieder zum Himmel aufgestiegen, um weitere Vorbereitungen hinsichtlich des bevorstehenden Krieges zu treffen. Der Gnom hatte angekündigt, die Himmelsmechaniker seines Volkes über die bevorstehende Gefahr zu informieren. Auch die künftige Verwendung der Sternenwind wollte er mit seinen Kollegen besprechen. Ganz sicher wusste Fabio nur, dass Meister Arcimboldos Plan vorsah, Yargo zu seiner Frau Munadella und dem Himmelsmechaniker Poliogenes zu bringen, um den beschädigten Jungen dort wieder instand zu setzen.

Fabio konnte noch immer nicht fassen, dass Yargo kein Wesen aus Fleisch und Blut war. Meister Arcimboldo hatte den Jungen als »mechanotempische Uhrwerksmarionette« bezeichnet, dessen Schöpfer angeblich der rätselhafte Himmelsmechaniker Cagliomaeus selbst gewesen war. Doch von dem alten Seher wussten sie ehrlich gesagt nicht einmal, auf wessen Seite er eigentlich stand. Und der Verlust von Cagliomaeus’ Offenbarung an Gruuk, den Hochschamanen der Goblins, hatte mehr neue Fragen aufgeworfen, als dass sie die alten beantwortet hätte. Vielleicht hatten die zwei Gardisten inzwischen in Erfahrung bringen können, was Meister Arcimboldo in den zurückliegenden Wochen unternommen hatte. Doch zu Fabios Bedauern konnte er die beiden nirgendwo entdecken.

Dafür erreichten die Paladine nun den von blau-weißen Prachtbauten umgebenen Juprabimbrunnen im Zentrum Stella Tiberias, der schon von Ferne mit mächtigen Wasserfontänen die Aufmerksamkeit Fabios auf sich zog. Das dafür benötigte Wasser wurde mittels eines großen Aquädukts aus den Lemurenbergen herangeführt, der sich auf Hunderten schlanken Pfeilern wie ein langer Tausendfüßer über die Dächer der Stadt gen Osten spannte. Umnebelt von wolkenartigen Wasserschleiern und erkennbar an Schwert und Waage, erhob sich im Zentrum des Beckens die kolossale Marmorgestalt des geflügelten Erzstellars der Gerechtigkeit. Leider blieb Fabio nicht viel Zeit, den Anblick zu genießen, denn wie vereinbart warteten vor dem Brunnen hoch zu Ross Großmeister Silvestro sowie die Schatzmeister der Ordenshäuser von Ancona und Barion auf sie. Die Bürger Stella Tiberias beäugten das Aufgebot der Paladine mit großem Respekt und machten Platz, als Fabio und seine Begleiter nahten.

»Entschuldigt die kleine Verspätung, Großmeister«, begrüßte der Seneschall die wartenden Ritter. »Die Suche nach einem angemessenen Pferd für Schwertbruder Fabio hat leider mehr Zeit in Anspruch genommen, als ursprünglich beabsichtigt war.«

»Na, dann will ich hoffen, dass er auch zu reiten versteht!«, antwortete Silvestro und zog an den Zügeln seines kraftvollen Schimmels. »Wir wollen doch nicht riskieren, dass die Mystikerinnen erst ein Horoskop erstellen müssen, um zu sehen, wo wir bleiben.« Die Paladine lachten rau und setzten ihre Pferde in Trab.

Sie ritten gemeinsam eine breite Allee hinauf, die von hohen Zypressen und vierstöckigen Patrizierhäusern umgeben war. Am Ende der Allee, auf einem grünen Hügel am Stadtrand gelegen, von dem aus man bei gutem Wetter weit über das Meer blicken konnte, war bereits die majestätische Sternenburg zu sehen. Sie bot einen Anblick, der Fabio bei jedem seiner Besuche den Atem raubte. Umgeben von einem breiten Wassergraben, der unmittelbar an eine sanft geschwungene Zinnenmauer mit geflügelten Stellarsfiguren grenzte, erhoben sich dort oben drei Lehrtürme, deren Mauern wie aus weißer Watte erbaut wirkten.

In Stella Tiberia hielt sich das Gerücht, dass die Türme vor langer Zeit in nur drei aufeinanderfolgenden Nächten mittels Sternenmagie erschaffen worden seien. Jeder der drei himmelwärts strebenden Bauten schien eine andere Funktion zu erfüllen. So wurde der mittlere und kleinste der Türme von einer Kuppel gekrönt, die wie ein riesiger Opal im zartesten Blau-Weiß schimmerte. Der Turm zu seiner Rechten wies dagegen ein blau schimmerndes Spitzdach mit verspielt wirkenden Erkertürmen auf, über dessen Giebel das silberweiße Banner der Schwesternschaft mit den violetten, gelben, grünen, roten und blauen Sternensymbolen der fünf Erzstellare wehte. Und auf der Plattform des Turms zur Linken war die grünliche Silhouette eines Dachgartens auszumachen. Angeblich gediehen dort oben ausschließlich solche Gewächse, die nur im Sternenlicht blühten. Dazu gehörten die seltene Mondblume, die wohlriechende Venudhasrose oder der giftige Kometendorn.

Schließlich erreichten sie das mit Sternen und Kometendarstellungen verzierte Tor der Sternenburg. Die schwere Zugbrücke war bereits heruntergelassen worden, sodass sie, ohne anhalten zu müssen, den breiten Wassergraben überqueren konnten. Unter hallendem Hufgetrappel erreichten sie einen gepflasterten Vorhof, der von schlanken Gebäuden im blau-weißen Baustil Stella Tiberias umgrenzt wurde. Erst hinter dieser Gebäudefront ragten die riesigen Lehrtürme auf, deren alabasterne Außenmauern mit blitzenden Kristallfenstern und luftigen Balkonen geschmückt waren.

Kaum hatten sie die unsichtbare Grenzlinie des Torhauses überschritten, als auf dem ganzen Gelände der Sternenburg ein durchdringendes Heulen ertönte. Das Geräusch ging von den Stellaren oben auf den Zinnen der Ringmauer aus. Fabio bemerkte, dass die geflügelten Figuren vergoldete Trompeten in den Händen hielten.

Schon eilten ihnen drei Sternenmystikerinnen in silbernen Damastgewändern entgegen. Die Älteste der drei hob ihre Hand, die sich unvermittelt mit einem strahlend goldenen Lichtschein überzog. Das seltsame Heulen verstummte so plötzlich, wie es aufgekommen war.

»Bei Marsakiel, was war das?«, entfuhr es Fabio.

»Ein magisches Alarmsignal«, erklärte der Großmeister knapp.

»Und zugleich ein Relikt aus dem Krieg der Städte vor fünfhundert Jahren«, ergänzte Waffenmeister Gaspare. »Wie man hört, war die Sternenburg damals massiven Angriffen der Himmelsmechaniker ausgesetzt. Aber das wird dir Schwester Artemesia sicher besser erklären können. Als Hohe Wächterin der Sternenburg obliegt ihr der Schutz des Geländes.« Er nickte der grauhaarigen Sternenmystikerin zu, die dem Spuk kurz zuvor ein Ende bereitet hatte.

»Euer Schwertbruder hat Recht, junger Paladin«, wandte sich die Zauberin an Fabio und strich beiläufig ihr silbernes Gewand glatt. »Die arkanomechanischen Erfindungen der Himmelsmechaniker bestehen allesamt aus Stahl, Eisen und Blechen. Aus diesem Grund ist es verboten, metallene Gegenstände mit auf die Sternenburg zu bringen, die nicht von der Schwesternschaft überprüft wurden. Sollten derartige Objekte dennoch unbemerkt die Grenze des Burggeländes überschreiten, werden wir gewarnt.«

Artemesia knickste mit schmalem Lächeln vor Großmeister Silvestro, der sie ebenfalls würdevoll begrüßte und dann das Zeichen zum Absitzen gab. Die Mystikerin deutete auf die Schwerter, Schilde und Rüstungen der Ritter, die den Alarm ausgelöst hatten. »In eurem Fall machen wir natürlich eine Ausnahme. Die Hohe Sternenmystikerin Aureana erwartet Euch bereits im Sternensaal.«

Drei junge Novizinnen in blauen Gewändern erschienen, die die Pferde der Ritter zum nahen Stallgebäude der Burg führten. Zu Fabios Leidwesen befand sich Celeste nicht unter ihnen. Auch er gab Schild und Speer ab und Artemesia führte die Paladine nun durch einen Garten mit Beeten aus leuchtenden Sonnennarzissen und Himmelstulpen zu einem großen Turmportal, das nur aus Silber und blauem Mondstein zu bestehen schien. Die Portalflügel öffneten sich wie von unsichtbaren Händen bewegt, und sie betraten eine großzügige Halle, deren Holzdecke von Streben in Spitzbogenform getragen wurde. Von irgendwoher erfüllte der gedämpfte Gesang eines Mädchenchors den Turm, und die Ritter schritten an marmornen Statuen von Sternenmystikerinnen vorbei, die als Zeichen der Gelehrsamkeit Bücher und Pergamentrollen in den Händen hielten. Weitere Türen zweigten von der Halle ab, die allesamt mit bekannten Sternzeichen verziert waren.