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Morris berichtet aus Bottleneck Gulch und Smokey Town
Lucky Luke gegen Phil Steel gilt hierzulande als eines der großen, dem Publikum noch
unbekannten Lucky-Luke-Alben aus der Frühzeit der Serie, als Morris (1923-2001) neben den
Zeichnungen auch die Handlung der Geschichten ausarbeitete. Im französischen Original mit
Phil Defer überschrieben, wird es 1956 vom belgischen Verlag Dupuis als achter Titel in der
Reihe publiziert. Die darin nachgedruckten Abenteuer Phil Defer „le Faucheux und Lucky Luke et
„Pilule erscheinen erstmals 1954 in den Ausgaben 303 bis 337 und 338 bis 346 von Le
Moustique, einer Radio-Programmzeitung aus dem Haus Dupuis. Da die beiden Storys als zu
gewalttätig befunden wurden, bleiben sie den jüngeren Lesern des Comicmagazins Spirou, auf
dessen Seiten Lucky Luke normalerweise beheimatet war, vorenthalten. Sicher, Lucky Luke lie-
fert sich mit Phil Steel ein Duell auf Leben und Tod und in „Pille, wo der einsame Cowboy
interessanterweise nur den Erzähler am Lagerfeuer abgibt, wird vollends scharf geschossen.
Den humorvoll gedrehten Episoden, die ersichtlich als Parodien auf den legendären Wilden
Westen angelegt sind, deshalb Gewaltverherrlichung unterstellen zu wollen, erscheint aus
heutiger Sicht aber kaum nachvollziehbar. So entpuppt sich Phil Steel als treffende Karikatur
des US-Leinwandstars Jack Palance (1919-2006). Im Kleinkrieg der beiden Saloonbesitzer in
Bottleneck Gulch tritt der spindeldürre Hüne mit dem eiskalten Mienenspiel als Revolverheld
auf. Morris sagt dazu: „Ich habe Jack Palance in der Rolle des Phil Steel benutzt, nachdem der
Westernfilm Mein großer Freund Shane (im Original: Shane, Erscheinungsjahr: 1953) herauskam, der
seine Karriere in Schwung brachte. Ich finde, dass er eine Furcht erregende Natur hat: kleine Augen,
ein kantiges, längliches Gesicht...
Eine erste deutsche Fassung der beiden Geschichten als Bottleneck Gulch beziehungsweise
Der neue Sheriff ist 1959 in den vom Hamburger Alfons Semrau Verlag herausgegebenen
Nummern 18 bis 22 und 23 bis 24 von Der heitere Fridolin zu sehen. 1967 publiziert Rolf
Kauka (1917-2000) das gleiche Material als Lucky Luke: Spinnenbein schießt nicht allein.
1994 schließlich veröffentlicht Egmont Ehapa die beiden Comics im achten Band der Kollektion
Lucky Luke Classics unter dem Titel Lucky Luke gegen Phil Steel.
Mit der vorliegenden Edition ist ein seit langer Zeit vergriffenes Juwel aus der Feder von
Morris nun endlich als Band 83 in die Albenreihe Lucky Luke integriert. Dabei markiert Lucky
Luke gegen Phil Steel nicht nur einen ersten Höhepunkt im Gesamtwerk von Morris. Die vor
mehr als fünf Jahrzehnten geführte Kontroverse zum Inhalt der beiden Geschichten hatte
letztlich auch entscheidenden Einfluss auf die weitere Ausrichtung der Serie. Wie die Not zur
Tugend gemacht wurde, die sich ab 1955 mit Die Eisenbahn durch die Prärie und damit der
ersten Zusammenarbeit von René Goscinny (1926-1977) und Morris präsentierte, belegt diese
Aussage des geistigen Vaters von Lucky Luke: „Die Zensur führte zwangsläufig dazu, dass wir
in unseren Serien niemanden mehr umlegten. Auf lange Sicht ist daraus ein Spiel geworden.
Wir suchten nach Lösungen, nach Gags, nach Umkehrungen einer Situation, um zu
vermeiden, dass Lucky Luke tötet. Zuvor hatte Lucky Luke einige Desperados erschossen.
Phil Steel etwa wurde durch den berühmten siebenschüssigen Colt niedergestreckt... Apropos
siebenschüssiger Colt: In Phil Steel „Spinnenbein wird dieses edle Einzelstück erstmals erwähnt. In
Band 77: Schikane in Quebec bietet der reiche Mister Mac Lenburger, Besitzer der größten Sammlung
von Devotionalien, die an die Eroberung des Wilden Westens erinnern, dafür erfolglos stolze 100
000 Dollar. Eine nette Reminiszenz von Texter Laurent Gerra (*1967) und Zeichner Achdé (*1961), die
heute die glorreiche Saga vom Mustercowboy, der schneller zieht als sein Schatten, weiterschrei-
ben.              
-Horst Berner-
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TEXT UND ZEICHNUNGEN: MORRIS
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„Lucky Luke – Lucky Luke gegen Phil Steel“
Zeichnungen und Text: Morris
Aus dem Französischen von Klaus Jöken
Mit einem Vorwort von Horst Berner
Originaltitel: „Lucky Luke et Phil De Fer ‘Le Faucheux’ / Lucky Luke et Pilule“
EGMONT EHAPA MEDIA GMBH, Berlin
Egmont Verlagsgesellschaften mbH, Köln
Verantwortlicher Redakteur: Dominik Madecki
Produktmarketing: Christian Behr
© DUPUIS 1956 - by Morris
© DARGAUD ÉDITEUR PARIS 1971
© LUCKY COMICS
© für die deutschsprachige Ausgabe:
EGMONT EHAPA MEDIA GMBH, Berlin 2015