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Die Autorinnen

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Sabine Pauli

Jahrgang 1952, arbeitet seit über 20 Jahren in ihrer ergotherapeutischen Praxis in Ravensburg mit Patienten, die durch Erkrankungen oder Verletzungen der Hand einer Handrehabilitation bedürfen. Weitere Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sind die Fachgebiete Pädiatrie und Neurologie. Jahrelange Berufserfahrung und umfassendes, aktuelles fachliches Wissen flossen in diesen Ratgeber mit ein. Sabine Pauli ist Autorin mehrerer Fachbücher und Elternratgeber, u. a. zum Thema „Ergotherapeutische Übungen in der Handtherapie“ und „Handgeschicklichkeit bei Kindern“ sowie von Publikationen in Fachzeitschriften. Im Bereich Pädiatrie gibt sie Fortbildungen und Seminare in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Info: www.ergotherapieravensburg.de

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Sara Straub

Jahrgang 1981, absolvierte ein Studium der Sprachwissenschaften, Kunst- & Medienwissenschaften und Literaturwissenschaften an der Universität Konstanz. Sie unterstützte als Co-Autorin Sabine Pauli bei der Entstehung und Ausarbeitung dieses Ratgebers.

Sabine Pauli / Sara Straub

Erkrankungen und Verletzungen der Hand

Ein Ratgeber für Betroffene, Angehörige und
Fachleute im Bereich der Handrehabilitation

RATGEBER
für Angehörige, Betroffene und Fachleute

Herausgeber:

DEUTSCHER VERBAND DER
ERGOTHERAPEUTEN E.V.

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Sabine Pauli / Sara Straub

Erkrankungen und
Verletzungen der Hand

Ein Ratgeber für Betroffene,
Angehörige und Fachleute im
Bereich der Handrehabilitation

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| Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur Reihe

Danksagung

Einleitung

Aufbau des Ratgebers

Grundlagen

Anatomie von Schulter, Arm und Hand

Ergonomie im Alltag - Vermeidung von Fehlbelastungen

Probleme im Alltag

Schmerzen

Ödeme

Narben

Sensibilität

Handtherapie

Konservative Behandlung

Operation

Handtherapie (Ergotherapie / Physiotherapie)

Narbenbehandlung

Schienenversorgung und -behandlung

Spiegeltherapie

Triggerpunktbehandlung

Thermische Behandlung

Häusliche Übungen

Handtherapie mit Kindern

Erkrankungen der Hand

Karpaltunnelsyndrom

Schnellender / schnappender Finger (Tendovaginitis stenosans) oder Daumen (Tendovaginitis de Quervain)

Golferellenbogen / Golferarm (Epikondylitis humeri ulnaris)

Tennisellenbogen (Epikondylitis humeri radialis)

Mausarm und RSI-Syndrom (Repetitive Strain Injury Syndrom)

Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis)

Rheumatische Erkrankungen

Arthrose / Rhizarthrose

Morbus Dupuytren

Verletzungen der Hand

Knochenbrüche (Frakturen)

Distaler Radiusbruch

Handwurzelbrüche: Kahnbeinbruch

Mittelhandbruch

Fingerbruch

Sehnenverletzungen

Beugesehnenverletzungen

Strecksehnenverletzungen

Kapsel- / Bänderverletzungen

Nervenverletzungen

CRPS Typ 1 (Morbus Sudeck)

Verbrennungen

Amputationen

Replantationen

Literaturverzeichnis

| Vorwort zur Reihe

Die „Ratgeber für Angehörige, Betroffene und Fachleute“ vermitteln kurz und prägnant grundlegende Kenntnisse (auf wissenschaftlicher Basis) und geben Hilfestellung zu ausgewählten Themen aus den Bereichen Ergotherapie, Sprachtherapie und Medizin.

Die Autorinnen und Autoren dieser Reihe sind ausgewiesene Fachleute, die seit vielen Jahren als Therapeuten in der Behandlung und Beratung und / oder als Dozenten in der Aus- und Weiterbildung tätig sind. Sie sind jeweils für den Inhalt selbst verantwortlich und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Im vorliegenden Band „Erkrankungen und Verletzungen der Hand“ hat Sabine Pauli ihre Erfahrung in der Arbeit nicht nur mit Betroffenen, sondern auch mit deren Angehörigen zusammengefasst und wurde dabei von Sara Straub unterstützt.

In gut nachvollziehbarer Form wird zunächst ein Überblick über die anatomischen Grundlagen der Hand gegeben. Es folgt eine sorgfältige Übersicht über die Behandlungsmöglichkeiten von Erkrankungen und Verletzungen der Hand aus ärztlicher und therapeutischer Perspektive. Der therapeutische Teil bietet konkrete Anregungen auch für Situationen im Alltag und zeigt auf, bei welchen Schwierigkeiten welche Ansprechpartner aufgesucht werden sollten. Im Anschluss daran werden verschiedene Erkrankungen und Verletzungen der Hand dargestellt und ihre notwendigen ärztlichen wie therapeutischen Maßnahmen erläutert.

Die leicht verständliche Sprache des Ratgebers trägt dazu bei, die in der Therapie oft mündlich gegebenen Informationen zu festigen. Die Erläuterung der therapeutischen Maßnahmen führt zu einer größeren Transparenz und kann so den Behandlungserfolg verbessern. Insofern empfiehlt sich der Ratgeber als gute Ergänzung der Behandlung.

Wir hoffen, mit diesem Ratgeber dazu beizutragen, dass die Auswirkungen einer Erkrankung oder Verletzung der Hand im Alltag besser bewältigt werden können und somit der Heilungserfolg verbessert wird.

Arnd Longrée

Herausgeber für den DVE

Danksagung

Wir danken den ergotherapeutischen Kolleginnen für den gemeinsamen Weg des Lernens und Gerda für ihre Unterstützung sowie einem ärztlichen Experten für seine konstruktive Kritik. Besonderer Dank gilt Roland für seine Geduld und Hilfe.

| Einführung

Im Alltag sind wir auf unsere Hände angewiesen, egal ob es sich um alltägliche Verrichtungen handelt oder ob wir unserer beruflichen Arbeit nachgehen. Unsere Hände sind Werkzeuge des Geistes: Bereits Säuglinge und Kleinkinder erfassen - wie dies im Wort begreifen schon seinen Ausdruck findet - die konkrete Umwelt mit allen Sinnen, dem Körper und vor allem auch mit ihren Händen. Über Gesten, Malen, Schreiben, Gestalten, Musizieren und viele weitere Ausdrucksformen sind wir in der Lage, uns mitzuteilen und zu kommunizieren. Wenn durch Erkrankungen oder Verletzungen der Hand vorübergehende Einschränkungen bestehen, gilt es, diese so schnell wie möglich zu überwinden und bleibende Schäden so gut wie möglich zu kompensieren. Dazu sind Tipps für den Alltag hilfreich, aber auch das Aufzeigen von Grenzen, damit es nicht zu Überlastungen und sekundären Schädigungen der Hand kommt.

Dieser Ratgeber richtet sich in erster Linie an Patienten mit Erkrankungen und Verletzungen der Hand. Aber auch Fachleute wie Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Pflegefachkräfte können sich damit einen ersten Einblick in das Thema verschaffen. In allgemein verständlicher Sprache gehalten, nennt er auch die medizinischen Fachbegriffe, um die Kommunikation zwischen Betroffenen und Fachleuten zu verbessern. Der einfacheren Lesbarkeit wegen wurde auf die spezielle weiblich / männliche Schreibweise verzichtet. Dieses Buch eignet sich auch, um Antworten auf typische Fragen von Patienten im Beratungsgespräch während einer Handtherapie zu geben.

Aufbau des Ratgebers

Im ersten Teil werden Grundlagen erläutert. Kenntnisse über Heilungsprozesse, Begleiterscheinungen von Erkrankungen und Verletzungen, wie z. B. Schmerzen, Ödeme und Narben, sowie eine kurze Einführung in die Anatomie und die Bezeichnung der einzelnen Strukturen und ihrer Funktionen bilden die Basis zum Verständnis der weiteren Erläuterungen.

Im zweiten Teil geht es um die Behandlungsmöglichkeiten durch Ärzte und Handtherapeuten. Es werden typische Therapieverfahren der Handtherapie dargestellt.

Die Aufklärung über erforderliche Schienenbehandlungen, deren Sinn und Funktionsweise und Informationen über Heilungsprozesse und erforderliche Behandlungsmaßnahmen helfen, den Krankheits- und Heilungsverlauf zu verstehen. Hier geht es auch um die spezielle Behandlung von Kindern und wie häusliche Übungen die Handrehabilitation unterstützen.

Im dritten Teil gibt der Ratgeber Informationen über die einzelnen Krankheitsbilder und Verletzungsformen der Hand und ihrer Behandlungsmöglichkeiten. Das Verstehen der Ursachen, der Heilungsverläufe und Behandlungsmöglichkeiten hilft dem Betroffenen, aktiv und tatkräftig am Gesundwerden mitzuwirken.

| Grundlagen

Anatomie von Schulter, Arm und Hand

Durch die große Beweglichkeit von Schulter, Arm und Hand kann der Mensch eine Vielzahl von Greifbewegungen ausführen und damit seinen Alltag bewältigen. Zwar geht es in diesem Ratgeber primär um Erkrankungen und Verletzungen der Hand. Dennoch ist es wichtig zu wissen, dass eine Hand nur dann gut funktionieren kann, wenn der gesamte Arm und die Schulter frei von Bewegungseinschränkungen sind. Erkrankungen und Verletzungen von Schulter und Arm können die Handfunktion beeinträchtigen, deswegen sollte man die anatomischen Grundlagen kennen.

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Abb. 1: Funktionsfähigkeit der Hände ermöglicht eine Vielzahl von Greifbewegungen

Für eine erste Übersicht werden die Knochen der gesamten oberen Gliedmaße (obere Extremität) und eine detaillierte Ansicht der Hand- und Fingerknochen dargestellt. Zur Verdeutlichung der weiteren Strukturen (Muskeln, Sehnen, Kapseln, Bänder) gibt es lediglich einfache schematische Zeichnungen, da eine ausführliche Beschreibung den Rahmen dieses Ratgebers sprengen würde. Bei Bedarf können Fachleute ihr Wissen mithilfe der in der Literaturliste aufgeführten Fachbücher vertiefen.

Abb. 2: Knochen von Schulter, Arm und Hand

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Abb. 3: Knochen der rechten Hand (Sicht auf den Handrücken)

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Abb. 4: Muskeln und Sehnen der linken Hand (Sicht auf die Handfläche)

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Abb. 5: Muskeln und Sehnen der rechten Hand (Sicht auf den Handrücken)

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Die Stabilität und Beweglichkeit der Hand und des Arms werden durch folgende Strukturen ermöglicht:

Knochen

Die Knochen dienen der Stabilisierung des Körpers. An Arm und Hand gibt es lange Knochen (sogenannte Röhrenknochen: Ober- / Unterarmknochen, Mittelhand- und Fingerknochen) und kurze Knochen, die Handwurzelknochen. Das Schulterblatt besteht aus einem platten Knochen. Durch Verletzungen kann es zu Knochenbrüchen (Frakturen) kommen, die konservativ oder operativ behandelt werden können.

Gelenke

Man unterscheidet zwei Gelenkarten an Arm und Hand, durch die die Knochen verbunden sind:

a.  Echte Gelenke (Diarthrosen)

Bei den echten Gelenken sind die Knochen durch Gelenkspalte voneinander getrennt. Der Gelenkspalt und die Gelenkhöhle sind mit Gelenkflüssigkeit (Synovialis) ausgefüllt, die das Aneinanderreiben der Gelenkflächen verhindert und den Knorpel ernährt. Diese Gelenkflüssigkeit wird von dem Knorpelgewebe gebildet, das die Gelenkflächen bedeckt.

Der Knorpel fängt durch seine Elastizität Druck und Stöße auf und schützt die Knochenflächen der Gelenke vor Abnutzung.

Die Gelenke sind von einer geschlossenen Gelenkkapsel umgeben. Durch die Bänder und die mit ihnen verbundenen Muskeln werden die Gelenke sowohl bewegt als auch stabilisiert. Diese komplexe funktionelle Einheit, deren Komponenten genau miteinander koordinieren, kann durch Störungen in einzelnen Teilen Beeinträchtigungen der gesamten Gelenkfunktion zur Folge haben. Durch Fehl- oder Überlastung kann es zu Abnutzungserscheinungen der Gelenke (Arthrose) kommen, entzündliche, rheumatische Erkrankungen können zur Zerstörung von Knorpel- und Knochengewebe führen.

Abb. 6: Darstellung eines echten Gelenks

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b. Unechte Gelenke (Synarthrosen)

Bei unechten Gelenken sind die Knochenflächen durch straffes Bindegewebe miteinander verbunden. Dies erlaubt nur geringe Bewegungen. Unechte Gelenke bleiben nur beweglich, wenn sie ständig bewegt werden. Die Handwurzelknochen sind durch solche unechten Gelenke miteinander verbunden. Wie bei den echten Gelenken sind die Gelenkflächen mit einer Knorpelschicht überzogen. Die Handwurzelknochen bilden zusammen mit den Unterarmkochen Elle und Speiche ein echtes Gelenk – das Handgelenk.

Gelenkkapsel / Bänder / Syndesmose

Die Gelenkkapsel ist eine aus kräftigem Bindegewebe bestehende Hülle, die den Gelenkspalt und einen Teil der Knochen umgibt, die das Gelenk bilden. Sie stabilisiert das Gelenk und schützt vor schädigenden Bewegungen. Die Kapsel kann durch unnatürliche Bewegungen (Ballsport, Skidaumen) überdehnt werden oder einreißen.

Bänder verstärken und stabilisieren die aus verschieden festen Bindegeweben aufgebaute Gelenkkapsel und haben mit dieser zusammen hauptsächlich die mechanische Aufgabe, das Gelenk zu stabilisieren, zu führen und die Bewegung zu begrenzen.

Wenn Gelenke übermäßig belastet werden, können die Bänder gezerrt werden, ein- oder auch ganz abreißen. Teilweise kommt es zu knöchernen Ausrissen an den Ansatzstellen der Bänder am Knochen, die operiert werden müssen. Zwischen den beiden Unterarmknochen Elle (Ulna) und Speiche (Radius) gibt es eine bindegewebige Verbindung, eine sogenannte Syndesmose. Bei Knochenbrüchen im Unterarmbereich wird diese häufig mit verletzt.

Sehnen / Muskeln

Sehnen und Muskeln sind für die aktiven Bewegungen zuständig. Die Muskelfasern haben die Fähigkeit, sich aktiv zu verkürzen (kontrahieren). Dadurch können willkürliche und unwillkürliche Bewegungen ausgeführt werden. Die Muskeln werden von einer Muskelhülle (Muskelfaszie) aus Bindegewebe umgeben. Sie hält den Muskel zusammen und ermöglicht eine Verschiebung gegen die umliegenden Strukturen. An den Muskelenden gehen die bindegewebigen Strukturen nach und nach in die Sehne über. Sehnen bestehen aus straffem, faserigem Bindegewebe. Sie verbinden die Muskeln mit den Knochen und bilden mit diesen zusammen eine genau aufeinander abgestimmte Funktionseinheit. An der Hand sind die Sehnen sehr lang und führen zu den Muskeln am Unterarm. Sie sind sehr reißfest, etwas elastisch, aber nur wenig dehnbar. Sie setzen an den sogenannten Sehnenansatzzonen an und sind mit der Knochenhaut und dem Knochen verwachsen. An diesen Stellen kann es bei Verletzungen zu knöchernen Ausrissen und bei Überbeanspruchung zu schmerzhaften Reizzuständen kommen (z. B. Tennisellenbogen). Sind Sehnen durch Überlastung und Überbeanspruchung angegriffen und ist ihre Blutversorgung eingeschränkt, können sie auch im Sehnenverlauf reißen. Der häufigste Grund für Sehnendurchtrennungen sind jedoch Schnitt- und Sägeverletzungen, die ebenso wie der Sehnenabriss operativ versorgt werden müssen. Bei stumpfen Muskelverletzungen kann es zu Prellungen, Quetschungen oder Muskelrissen kommen. Muskelfaserrisse entstehen häufig durch Überforderung beim Sport. Offene Verletzungen, wie Schnitt- oder Stichverletzungen, betreffen meist mehrere Strukturen; je nach Schwere und Umfang der Verletzung sind konservative und operative Behandlungsverfahren erforderlich.