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Lieber Len,

tja, wenn du das hier liest, ist es passiert. Und wahrscheinlich sollte ich froh darüber sein – und du auch. Wir beide haben so lange gewartet, und ganz gleich, wie sehr du versucht hast, es vor mir zu verbergen, ich habe dir angesehen, wie sehr dich das alles mitgenommen hat.

Also, meine Lebensversicherungspolice liegt in einem Schuhkarton im Schlafzimmer, auf dem Kleiderschrank unter dem Hut, den ich zur Hochzeit unseres Dominic trug – weißt du noch? Der mit dem Schleier, mit dem ich deiner Meinung nach aussah wie eine Femme fatale? Kann gut sein, dass du dich nicht mehr erinnerst, du hattest viel zu viel getrunken, vier von Dominics Freunden mussten dich Koloss nach oben tragen. Ich glaube nicht, dass die Versicherung einen großen Batzen bringen wird, aber für die Beerdigung wird’s reichen. Ich habe keine besonderen Wünsche, was das angeht. Du kennst mich am allerbesten von allen. Ich bin sicher, du wirst alles richtig machen.

Die Waschmaschine. Eigentlich ganz einfach: den runden Knopf im Uhrzeigersinn drehen und auf die Temperatur einstellen, bei der du waschen möchtest. Am besten alles bei vierzig Grad, da kannst du nichts falsch machen. Das Flüssigwaschmittel kommt in die Plastikkugel und direkt in die Trommel, nicht in die Schublade. Keine Ahnung, wieso Waschmaschinen heutzutage überhaupt noch mit diesen Schubladen gebaut werden.

Du musst was essen – und zwar nicht nur Sachen, die du dir in der Mikrowelle warm machst. Bitte versprich mir, wenigstens einmal pro Woche Gemüse zu essen! Du hast sonntags immer unser Abendessen gemacht – Käsetoast mit Baked Beans –, darum bin ich mir sicher, dass du Leib und Seele zusammenhalten kannst, wenn du dir ein bisschen Mühe gibst. Anfangs wirst du wahrscheinlich von allen Seiten mit Essen versorgt werden, aber irgendwann wirst du mal einen Blick in ein Kochbuch werfen müssen. Ich glaube, unterm Bett liegt eines von diesen Basic-Kochbüchern. Hat Susan mir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt. Fand ich eine ganz schöne Frechheit.

Kannst du dich noch daran erinnern, wie wir uns kennengelernt haben, Len? Wie du mich an dem Abend auf die Tanzfläche geführt hast? Du hast nichts gesagt, mich nicht gefragt, du Filou. Hast mich einfach bei der Hand genommen und mit dir gezogen. Wir sind über die Tanzfläche gewirbelt und haben gelacht, bis alles um uns herum sich drehte. Und als das Lied aus war, hast du mich geküsst. Du hattest immer noch kein Wort gesagt und mich einfach geküsst. Und das Erste, was du dann herausbrachtest, war: »Sag mir mal besser, wie du heißt, du bist nämlich die Frau, die ich heiraten werde.« Was bildet der sich denn ein, dachte ich, aber du hattest recht.

Es war ein schönes Leben, Len, voller Liebe und Glück. Natürlich gab es auch traurige und weniger schöne Zeiten, aber wenn man mal drüber nachdenkt – und ich hatte in letzter Zeit sehr viel Gelegenheit dazu –, dann überwogen letztlich doch die guten Zeiten. Mehr kann man sich eigentlich nicht wünschen. Bitte hör nicht auf damit, nur weil ich weg bin, Len. Mach weiter. Tanz weiter, tanz mit unseren Enkeln, für mich. Bring sie zum Lachen und verwöhn sie, so viel du kannst.

Und wenn du an mich denkst, dann denk nicht daran, wie ich in diesen letzten Tagen war. Denk an mich, wie ich mit dir tanze, wie du mich herumwirbelst und ich in deinen Armen lache.

Genau so sollst du mich in Erinnerung behalten.

Deine dich liebende Frau

Dorothy

Prolog

Stella

Er war Langstreckenläufer. Das war das Erste, was ich über Vincent wusste.

Vor vier Jahren, als es im Juli so heiß war, joggte er auf meinem Fußweg zur Arbeit fast drei Wochen lang jeden Morgen an mir vorbei.

In dem Sommer hatte ich beschlossen, immer vor sieben aufzustehen, um die relative morgendliche Ruhe des Londoner Nordens zu genießen, bevor ich meinen Dienst im Krankenhaus antrat. Ich bin Krankenschwester und arbeitete damals auf der Unfallstation, und die Stille auf den noch wenig belebten Straßen bot mir den nötigen Raum, um noch mal tief durchzuatmen, bevor ich acht Stunden lang die Luft anhalten musste. Darum bin ich zu Fuß zur Arbeit gegangen, eigentlich eher geschlendert, habe leere Kaffeebecher zur Seite gekickt, mit Straßenfegern geflirtet und dem Obdachlosen, der immer am Zaun des Parks campierte und an seinem unendlichen Roman schrieb, eine Tasse starken Tee gebracht. Für mich war das die Zeit des Tages, in der ich Ruhe verspürte. Meine Atempause.

Und dann stürmte Vincent jeden Morgen fast genau zur selben Zeit an mir vorbei, als liefe er mit einem unsichtbaren Kontrahenten um die Wette. Ich nahm seine Wasserflasche wahr, sein kurzes, dunkles Haar, gebräunte Haut, schöne Beine – lang und durchtrainiert. Jeden Tag, fast genau zur selben Zeit, drei Wochen lang. Er zischte vorbei, und ich dachte, ach, da ist der Läufer ja wieder, und konnte eins der Ereignisse auf meinem Weg abhaken. Mir gefiel diese Vorhersehbarkeit. Der Flirt mit dem Straßenfeger, die Tasse Tee für den Obdachlosen, der Läufer. Das war, wie wenn man sein Lieblingslied nicht mehr aus dem Kopf bekommt.

Eines Morgens verlangsamte er dann das Tempo ein klein wenig und sah sich nach mir um. Die Sekunde reichte mir, um seine Augen zu bemerken – strahlend blau, als würden sie den Himmel spiegeln. Und dann war er wieder weg, aber da war es bereits zu spät: Er hatte meine Routine gestört – und meinen Seelenfrieden. Den Rest des Tages, ganz gleich, ob ich auf der Station inmitten eines Dramas auf Leben und Tod stand oder ganz allein im Umkleideraum, musste ich immer wieder an diese Augen denken. Und jedes Mal kribbelte es dabei im Bauch.

Am nächsten Tag wartete ich darauf, dass er wieder an mir vorbeilaufen und so die Routine wiederherstellen würde. Aber nein. Er blieb stehen, völlig unvermittelt, nur wenige Meter vor mir. Er beugte sich vornüber, die Hände auf die Knie gestützt, um zu verschnaufen. Ich zögerte, wich aus und wollte weitergehen.

»Hallo? Moment mal … bitte.« Er schnaufte und hob eine Hand, um mich aufzuhalten. »Eigentlich wollte ich nicht stehen bleiben, aber dann dachte ich, ach, was soll’s, und jetzt bin ich doch stehen geblieben.«

»Und jetzt …?«, sagte ich.

»Ich dachte, du hättest vielleicht Lust, einen Kaffee mit mir zu trinken?« Er lächelte. Es war ein hinreißendes, siegesverwöhntes Lächeln.

»Ach ja?«, entgegnete ich. »Und wieso?«

»Na ja, ich hatte es wohl eher gehofft.« Sein Lächeln bröckelte ein wenig. »Ich bin Vincent. Vincent Carey. Ich bin bei der Royal Army. Ich hab grad Heimaturlaub und muss bald zurück in die Wüste. Und man kann ja nie wissen … Darum dachte ich … Also, du hast so tolle Haare. So lang, und dann diese Locken. Und deine Augen – wie Bernstein.«

Er hatte meine Augen bemerkt – vielleicht im selben Moment wie ich seine.

»Ich bin ein extrem fauler Mensch«, sagte ich. »Ich gehe alles immer schön gemächlich an.«

»Ist das deine etwas seltsame Art, den gemeinsamen Kaffee abzulehnen?« Sein Stirnrunzeln gefiel mir genauso gut wie sein Lächeln.

»Das ist eine Warnung«, sagte ich. »Ich bin wahrscheinlich nichts für dich.«

»Manchmal weiß man aber einfach so, ob jemand was für einen ist oder nicht.«

»Sieht man das demjenigen an den Haaren an?« Ich lachte.

»Nein, an den Augen.«

Dagegen konnte ich nichts sagen.

»Hast du was dagegen, wenn ich dich ein Stück begleite?«, fragte er.

»Nein.« Ich lächelte in mich hinein, als er neben mir herging und wir eine Weile schwiegen.

»Du lässt dir wirklich Zeit«, sagte er schließlich.

Das Zweite, was ich über Vincent wusste, war, dass ich ihn eines Tages heiraten würde. Aber das Erste war, dass er Langstreckenläufer war.

Und darum tut es verdammt weh, ihn jetzt so zu sehen: Das zerschundene Gesicht im Schlaf der Wand zugewandt und die Leere, wo früher mal ein Bein war.

DIE ERSTE NACHT

Hope

Ich kann nicht schlafen. Das geht schon seit Tagen so. Hier kann ich einfach nicht schlafen, es ist nie richtig dunkel. Nie. Irgendwo lassen sie immer ein Licht an. Aber das ist nicht das Einzige. Ich muss einfach ständig daran denken, wie ich hier gelandet bin. Ja, natürlich weiß ich das: Ich habe mir was eingefangen – irgendeinen Bazillus, und das ist verdammt gefährlich, wenn man Mukoviszidose hat. Ich wäre fast gestorben, und jetzt bin ich hier, wo auf dem langen und schmerzvollen Weg der Genesung die Lichter nie ganz ausgemacht werden. Das weiß ich. Aber was ich nicht weiß und echt gerne wissen würde ist: wie. Ich will wissen, in welcher Sekunde genau der kleine Bakterienhaufen wie Sandkörner in meine Blutbahn gerieselt ist. Das kann ich natürlich nicht wissen, aber das heißt nicht, dass ich es nicht wissen will oder einfach so nicht mehr daran denken könnte. Das Frustrierende an meinem Zustand ist, dass ich jede Menge Zeit zum Nachdenken habe, gleichzeitig aber meine Lebenszeit schwindet. Die Zeit vergeht unglaublich langsam und irre schnell zugleich – sie rast und schleicht, langweilt und bringt mich in Aufruhr. Natürlich kann man sein ganzes Leben mit der Idee der eigenen Sterblichkeit leben – man kann sein ganzes Leben lang wissen, dass eines Tages der letzte Tag gekommen sein wird – und trotzdem nicht wirklich wissen oder wissen wollen, was das eigentlich heißt. Jedenfalls nicht, bis der letzte Tag dann da ist.

Mir ist der Tod auf einer Party begegnet.

Ich hasse Partys, aber mein bester Freund Ben hat mich überredet mitzukommen.

»Du kannst doch nicht immer nur in der Bude hocken«, hatte er gesagt und mich aus meinem Zimmer und die Treppe heruntergezerrt. »Du bist einundzwanzig, fast zweiundzwanzig. Du bist in der Blüte deines Lebens, das solltest du genießen und jeden Abend auf der Piste sein!«

»Du bist in der Blüte deines Lebens – ich bin schon auf dem absteigenden Ast«, sagte ich, obwohl ich wusste, dass er es nicht ausstehen konnte, wenn ich derartige Anspielungen auf meine geringe Lebenserwartung machte. »Und abgesehen davon: Kann ich wohl. Ich kann den Rest meines Lebens in der Bude hocken, Joni Mitchell hören, Bücher lesen, Buchcover entwerfen und versuchen, das Solo aus ›Beat It‹ auf der Gitarre nachzuspielen – und es würde mir dabei ganz hervorragend gehen.«

»Mrs K.?« Ben zog mich ins Wohnzimmer, wo meine Eltern die x-te Wiederholung einer Krimiserie sahen, in der der Kommissar entschieden zu viel trinkt, eine hässliche Scheidung von seiner Frau hinter sich hat und jetzt hinter irgendeinem Psycho-Mörder her ist. »Bitte sagen Sie’s Ihrer Tochter: Sie ist einundzwanzig Jahre alt. Sie muss ab und zu mal ausgehen und Spaß haben! Erinnern Sie sie daran, dass das Leben dazu da ist, gelebt zu werden – und nicht dazu, allein im Zimmer zu sitzen und über das Leben anderer Menschen zu lesen! Außerdem sind da alle unsere alten Klassenkameraden, die wir ewig nicht gesehen haben, und die freuen sich alle auf Ihre Tochter.«

Mum drehte sich in ihrem Sessel zu uns um und lächelte, aber ich sah ihr an, dass sie sich Sorgen machte. Das war nichts Neues – sie hatte sich jeden Tag, jede Stunde, jede Minute meines einundzwanzigjährigen Lebens Sorgen um mich gemacht. Ständig. Manchmal frage ich mich, ob sie sich je gewünscht hatte, meinen Namen – Hope – noch mal zu ändern, nachdem ich als Baby die Diagnose bekommen hatte und die Situation ganz offiziell hoffnungs-los war, aber da war es bereits zu spät. Der Name gehörte bereits zu mir, und mit dieser bitteren Ironie müssen wir beide jetzt leben. Meine arme, liebe Mum. Als hätte sie nicht schon genug Sorgen. Es war nicht fair, von ihr eine Entscheidung darüber zu verlangen, ob ich nun ausgehen sollte oder nicht. Ganz gleich, wie sie entschied, sie würde sich den Rest des Abends Sorgen machen, und später hätte sie sich mit Selbstvorwürfen zerfleischt.

Dass ich an jenem Abend also selbst eine Entscheidung traf, war völlig richtig.

Nur die Entscheidung, die ich traf, war leider falsch.

»Ist ja gut, ich komme mit. Zieh mich nur eben um.«

Ben grinste und setzte sich auf die unterste Treppenstufe. Ich hatte ihn in seiner engen Jeans, seinem viel zu großen Pullover, der ihm lässig von der einen Schulter rutschte, dem rabenschwarzen Haar und den mit Kohlkajal umrandeten Augen im Kopf, während ich meinen Kleiderschrank durchwühlte auf der Suche nach einem auch nur annähernd ähnlich lässigen Outfit. Ich fand das ungerecht – aus dem kleinen, hässlichen Entlein, das immer von allen ausgeschlossen und herumgeschubst worden war, ausgerechnet aus diesem Jungen war plötzlich ein cooler, sexy Schwan geworden. Damals waren wir die beiden Loser – und so wurden wir die besten Freunde. Wie das eben so ist, wenn sich Gruppen bilden und man eine Wagenburg errichten muss, um sich zu verteidigen. Unsere Gruppe war ziemlich kümmerlich, wir waren nur zu zweit – aber selbst zu zweit ist man sicherer als allein. Er war der schüchterne Hänfling mit grauem Kragen und ausgelatschten Schuhen, ich das kranke Mädchen.

Ich glaube nicht, dass der Tod mit Bens Betreten unseres Hauses zu tun hatte. Obwohl es natürlich sein könnte. Ben könnte durchaus irgendwelche Bazillen auf dem Treppengeländer oder im Gästehandtuch auf der Toilette im Erdgeschoss hinterlassen haben. Könnte er durchaus, aber das glaube ich nicht, das will ich nicht glauben, weil ich es einfach absolut unpassend fände, wenn ein Gästehandtuch der Grund für meinen Beinahe-Tod gewesen wäre.

Ich zog mich komplett schwarz an, versuchte, meine magere Silhouette unter einem Skaterrock und einem passenden Oberteil zu verbergen, und überlegte, wie viele Frauen in meinem Alter sich wohl danach sehnten, zuzunehmen. Ich umrahmte meine Augen mit dunklem Lidschatten und hoffte, das würde reichen.

In dem Augenblick, als wir durch die Tür traten und uns die Partywolke aus Hitze, Schweiß und Speichelmolekülen entgegenschlug (ich weiß, dass ich mit jedem Atemzug Speichelmoleküle in mich aufnehme), wollte ich schon wieder gehen.

Ich hätte fast auf dem Absatz kehrtgemacht, aber Ben hatte die Hand in meinem Rücken. Als wollte er mich beschützen. Beruhigen. Schließlich waren das hier meine Freunde. Jungs und Mädchen, mit denen ich aufgewachsen war, die immer nett zu mir gewesen waren und die Spendenläufe für mich organisiert hatten. Leute, mit denen ich einen Kaffee trinken und lachen konnte, die immer irgendein Gesprächsthema fanden und dabei gleichzeitig potenziell unangenehme Fragen à la »Und, wie geht’s? Glaubst du immer noch, dass du bald stirbst?« vermieden.

»Hopey!« Sally Morse, meine quasi beste Freundin in der Schule, rannte den Flur entlang auf mich zu und fiel mir um den Hals. »Mann, Scheiße, ist das schön, dich zu sehen! Du siehst klasse aus! Wie geht es dir? Was gibt’s Neues? Wie läuft’s mit der Selbstständigkeit?« Sie hakte sich bei mir unter, dirigierte mich in Richtung Küche und legte auf dem Weg kurz den Kopf auf meine Schulter. Ich bemerkte die leichte Rötung rund um ihre Nasenlöcher – die Überreste einer Erkältung.

»Mir geht’s gut«, sagte ich und nahm ein Bier an. »Ich habe angefangen, Buchcover zu entwerfen, und das läuft ganz gut.«

»Wie cool!« Sie freute sich ehrlich. »Echt cool, weil, weißt du, die Uni ist im Prinzip die reine Zeitverschwendung. Arbeit gibt es hinterher sowieso keine für uns, und am Ende steht man mit einem Haufen Schulden da. An Sex und Alkohol kommt man ja wohl auch billiger ran. Ich hab dir tausend E-Mails geschrieben, aber du antwortest ja nie. Hast wahrscheinlich zu viel zu tun, so als Geschäftsfrau.«

Sie verstummte, sah mir forschend ins Gesicht und nahm mich dann wieder in den Arm. Mein Gesicht verschwand in ihrem nach Zitrone und Rauch duftenden Haar, und ich erwiderte ihre Umarmung. Ich hatte gedacht, mir hätte all das überhaupt nicht gefehlt – die Leute, die ich den größten Teil meines Lebens fast jeden Tag gesehen hatte. Das redete ich mir jedenfalls ein, aber an dem Abend merkte ich, dass genau das Gegenteil der Fall war. Ich freute mich in dem Moment, sie zu sehen, und war froh, dass ich gekommen war. Vielleicht war es in diesem Moment. Vielleicht atmete ich in diesem kurzen Augenblick des Optimismus und der Nostalgie, den ich in dieser Umarmung erlebte, meinen Mörder ein. Ich hoffe nicht. Aber es würde dem Universum ähnlich sehen, einem so richtig vor den Koffer zu scheißen, wenn man gerade zufällig mal glücklich war. Meiner Erfahrung nach ist das Universum nämlich eine ziemlich linke Bazille.

Das Gute daran, mit meinen alten Freunden zusammen zu sein, war, dass ich nichts erklären musste. Ich musste sie nicht erst über Mukoviszidose aufklären, sie mussten nicht erst betroffen gucken. Es war eine Erleichterung, mit den Leuten zusammen zu sein, die sich, seit ich ein Teil ihres Lebens geworden war, auf mein Ableben vorbereitet haben.

Es dauerte nicht lange, da steckte Sally bereits bis zu den Mandeln in einem Typen, von dem ich vermutete, dass sie ihn angeschleppt hatte, weil ich ihn nämlich noch nie gesehen hatte. Also bahnte ich mir einen Weg durch die vielen Leute und suchte Ben.

»Hope!«, kreischte Clary Clayton und drückte mir einen glossigen Kuss auf die Wange. »Ist das schön, dich zu sehen! Wenn du hier bist, heißt das, dass Ben auch hier ist, wo ist er? Mann, der ist ja wirklich krass scharf geworden … Äh – ihr seid doch nicht …?«

»Hallo, Hope«, sagte Tom Green, an der Schule jahrelang der Herzensbrecher vom Dienst. »Wie läuft’s? Wie geht es dir?« Er war noch genauso schnuckelig, blond und gut gebaut wie damals. Und er war auch noch genauso ungelenk, höflich, freundlich und groß wie damals – all das, was mich als Dreizehnjährige hyperventilieren ließ. Aber jetzt nicht mehr, wie ich mit Interesse feststellte. Jetzt fand ich ihn immer noch sehr nett, aber irgendwie langweilig.

»Du siehst super aus«, sagte er, was ihn einige Anstrengung kostete. »Echt … cooler Rock.«

Ich ging weiter von Zimmer zu Zimmer, und jedes Mal, wenn ich auftauchte, machten alle schnell ihre Zigaretten aus. Ich fühlte mich wohl. Ich fühlte mich zu Hause. Unter Freunden. Ich fühlte mich wie eine Einundzwanzigjährige auf einer Party. Ich entspannte mich – und das war wahrscheinlich mein Verhängnis.

Vielleicht ist der Tod bei einem dieser kleinen Treffen auf mich übergesprungen, in jener Stunde, als ich den Leuten viel zu nahe kam, während sie mir erzählten, wie es mit ihrem Studium lief und was sie danach machen wollten. Oder vielleicht, als der Taxifahrer auf dem Weg zur Party einmal kräftig über das Wechselgeld hustete. Aber das glaube ich nicht.

Ich glaube, es ist passiert, als Ben mich küsste.

Denn mal im Ernst: Ich verbringe die meiste Zeit in meinem Zimmer im Haus meiner Eltern, tue so, als sei das Entwerfen von Buchcovern eine richtige Arbeit, und lese Bücher. Viele Bücher. Und in einem viktorianischen Roman wäre der Kuss eines Mannes ganz klar die Ursache meines Untergangs.

Ich bin gerne zu Hause in meiner eigenen Welt. Die Welt da draußen ist nichts für mich.

Ben war betrunken. Bei ihm läuft das immer auf eine ihm ganz eigene Art ab: Er wirkt sehr lange völlig nüchtern – und dann ist er schlagartig sturzbesoffen. An dem Abend war er total cool, fing irgendwann an zu tanzen, zu lachen, herumzuwirbeln, und er nahm Leute in den Arm, spielte Luftgitarre, laberte Frauen an, denen sein Quatsch Spaß machte. Ich stand in einer Ecke und sah ihm dabei zu. Lächelnd. Er will immer so gerne der Coole sein – der Typ aus der Rockband, der Rockstar, dem es scheißegal ist, was andere von ihm halten –, aber es dauert in der Regel nicht lange, dann ist er wieder ganz der schräge Alte: der Junge, den ich seit Ewigkeiten kenne. Der Junge, der sich Würmer in die Taschen steckt, damit die anderen Jungs sie nicht zertrampeln können. Der Typ, der nachts aussieht, als könnte er Fledermäusen die Köpfe abbeißen, der tagsüber aber stellvertretender Filialleiter eines Handyladens ist.

Auf einmal stürzte er sich auf mich, packte mich bei den Schultern und ließ sich mit mir aufs Sofa fallen. Dabei war er ein bisschen zu ruppig und ich ein bisschen zu höflich.

»Du bist vielleicht ein Spacko«, sagte ich, aber natürlich in liebevollem Ton.

»Und wieso bin ich dann dein bester Freund?« Er schob den Arm um meine Schulter, zog mich noch näher an sich heran und klimperte mit seinen absurd langen, braunen Wimpern.

»Ach, halt die Klappe.« Ich verzog das Gesicht, als er wie ein etwas zu hingebungsvoller Hund seine Wange gegen meine rieb. Ich beschloss, ihn vor sich selbst zu schützen, und zwar indem ich ihn glauben ließ, er würde mich beschützen, denn dann würde er nicht mehr ganz so schnell so viel trinken. »Weißt du was? Ich hab keinen Bock mehr auf die Party. Ich glaub, ich geh jetzt lieber. Bringst du mich nach Hause?«

»Nein! Nicht gehen!« Ben nahm mein Gesicht in beide Hände, drückte meine Lippen zu einem dämlichen Kussmund zusammen und sah mir in die Augen. »Immer willst du früher gehen. Hör auf damit, Hope. Hör auf, immer wegzugehen. Wann kapierst du endlich, dass ich das nicht ertrage? Ich will, dass du immer bei mir bist.«

»Sei nicht albern«, sagte ich, allerdings etwas zögerlich, denn er sah mich in dem Moment gleichzeitig wütend und verletzt an. Ich begriff nicht ganz, was überwog, und bin auch kein großer Fan von Zweideutigkeiten. Einen Augenblick, wirklich nicht einmal eine Sekunde lang, dachte ich, dass sein Verhalten an dem Abend vielleicht etwas mit mir zu tun hatte.

»Bitte geh noch nicht«, sagte er.

»Aber Ben, ich …«

Und da küsste er mich.

Ich meine, richtig. Ben, den ich kenne, seit ich fünf Jahre alt bin. Ben, der mich mal heldenhaft aus ein paar Brennnesseln gerettet hat. Ben, der meine Haare zur Seite gehalten und Small Talk mit mir gemacht hat, während ich bei meinen Hustenattacken Schleimbrocken ausspuckte. Ben küsste mich, und zwar richtig fordernd, mit Zunge. Das war so körperlich und merkwürdig, und es kam völlig überraschend, weil mich noch nie jemand so geküsst hatte, so drängend oder – ja, verzweifelt. Er drückte mich dabei so fest ins Sofa, dass ich plötzlich das Gefühl hatte, keine Luft zu bekommen. Ich geriet in Panik und stieß ihn weg.

»Scheiße«, sagte er. »Ich bin total besoffen. Tut mir leid. Sorry. Scheiße.«

Ich stand auf und ging zur Toilette. Nein, ich stolzierte wohl eher. Ich stolzierte, um meine Verwirrung zu verbergen, die Wut und Empörung. Ich stand ziemlich lange vorm Spiegel und betrachtete meine vom Küssen leicht angeschwollenen Lippen. Irgendwie wusste ich, dass jetzt alles anders war – aber nicht besser.

Als ich zurückkam, saß Ben mit zurückgefallenem Kopf und offenem Mund da und schlief.

Ich fuhr allein mit dem Taxi nach Hause und war noch vor Mitternacht im Bett.

Als ich Ben am nächsten Tag wiedersah, sagte er, er könne sich praktisch an nichts erinnern, und ich solle ihn bitte nie wieder etwas trinken lassen.

Den Kuss erwähnte er nicht, und ich habe immer noch keine Ahnung, ob er den vergessen hat oder ob er einfach am liebsten nicht drüber reden möchte.

Eine Woche später wurde ich mit einer bakteriellen Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert.

Die Schmerzen, diese verdammten Schmerzen, das Ringen nach Luft und das ständige Gefühl, immer noch nicht genug davon zu bekommen, haben mich fast all meine Kraft gekostet. Und dann dieser Augenblick, dieser einzige Augenblick vollständiger Klarheit, als ich den Arzt zu meiner Mutter sagen hörte: »Es tut mir leid, aber das Leben Ihrer Tochter hängt am seidenen Faden.«

Da dachte ich: Ich bin noch nicht so weit. Ich bin einfach noch nicht so weit.

Und tatsächlich, ich hab’s geschafft, ich bin noch hier, ich lebe noch und bin kurz davor, ins Leben zurückzukehren. Diese Runde habe ich gewonnen. Aber ich kann nicht schlafen. Ich weiß, dass ich es nie erfahren werde, und trotzdem will ich es wissen. Ich muss wissen, wann genau ich dem Tod die Tür geöffnet habe, und darum kann ich nicht schlafen – ich habe Angst, nicht genügend auf der Hut zu sein, wenn er das nächste Mal anklopft.

Liebe Maeve,

Kip und ich, wir hatten uns immer versprochen, der Frau des anderen zu schreiben, falls es mal passieren würde. Tja, und wie du weißt, ist es passiert, Maeve. Es tut mir so leid, dass ich so lange gebraucht habe, um den Brief zu schreiben, von dem ich doch gar nicht wollte, dass du ihn je würdest lesen müssen. Ach, wenn ich mich doch nur besser ausdrücken könnte, wenn ich doch nur wüsste, wie ich sagen soll, was ich dir sagen muss. Ach, hätte ich es Kip doch nie versprochen. Habe ich aber. Kip war wie ein Bruder für mich.

Wir haben alles zusammen gemacht. Wir waren die neuen, grünen Rekruten. Haben zusammen trainiert und geübt. Kip war der schlechteste Rekrut, der dem Sergeant je untergekommen war. Aber wir haben ihn alle geliebt. Er wusste, wie er uns an Tagen, an denen alles finster aussah, zum Lachen bringen konnte. Als wir dann zu unserem ersten Einsatz in Afghanistan flogen, hatte Kip sich zum besten Soldaten gemausert.

Er hat die ganze Zeit von dir und der kleinen Casey geredet. Ihr wart alles für ihn. Von morgens bis abends mussten wir uns anhören, was Casey wieder alles angestellt hatte, dass sie das hübscheste, witzigste, schlauste Kind von allen ist. Ja, Kip war Soldat, aber sein Herz schlug für die Familie. Ich weiß, dass er euch immer der beste Ehemann und Vater sein wollte.

Der Tag, an dem es passiert ist, fing wie jeder andere Tag auch an.

Routinepatrouille, um die Provinz gegen die Taliban zu verteidigen. Keinerlei Info oder Hinweis darauf, dass mehr zu befürchten stand als sonst. Nicht, dass wir sonst nicht auch genug zu befürchten gehabt hätten. Wir alle wussten, dass wir bald wieder auf Heimaturlaub durften, aber das Kommando lautete: Augen und Ohren offen halten, ständige Alarmbereitschaft, bis zur letzten Sekunde unseres Einsatzes, und das wussten wir. Als die Rakete einschlug, war es 

Stella

Immer, wenn es mal einen Moment ganz still ist, halte ich inne und lausche und warte, bis die Stille wieder vorbei ist. Vollkommen still ist es im Marie-Francis-Hospiz- und Rehabilitationszentrum eigentlich nie, nicht einmal nachts. Von irgendwo ist im Halbdunklen immer leises Reden und Murmeln zu hören, manchmal sogar Lachen oder Singen. Manchmal redet oder schreit jemand im Schlaf. Ganz ruhig ist es also so gut wie nie. Darum bin ich in diesen Augenblicken ganz besonders aufmerksam und lausche und warte, bis wieder von irgendwo etwas zu hören ist. Und dann atme ich aus.

Ich spüre, wie sich etwas Warmes an meine Beine schmiegt, und sehe hinunter. Shadow, die absolut inoffizielle Hospiz-Katze, ist wieder mal aus dem Nichts hier aufgetaucht. Sie ist rabenschwarz, ohne jede Zeichnung, hat smaragdgrüne Augen und ist ein Kater. Keiner weiß, woher er kommt oder wann – er kreuzt einfach auf, wenn es ihm passt, und weiß, dass dann jeder, der ihm begegnet, sich freut, ihn zu sehen. Er ist groß und ganz gewiss nicht herrenlos. Irgendjemand kümmert sich sehr gut um ihn – jemand, der vermutlich keine Ahnung hat von der humanitären Hilfe, die das Tier hier leistet. Er ist noch jung, geht es mir durch den Kopf, und trotz seiner Größe etwas verspielt. Er sieht den Schatten eines flackernden Lichtes und stürzt sich darauf. Mit jedem Satz dreht er sich um 180 Grad, bereit, seine Beute zu packen. Ich strecke die Hand nach ihm aus, und er beäugt sie spielerisch, bis ich anfange, ihn hinter den Ohren zu kraulen. Wie hypnotisiert beginnt er, ganz zart zu lecken, und lässt sich von mir auf meinen Schoß heben und eine Weile streicheln. Ich spüre, wie sein kleines Herz rast und sein Brustkorb sich hebt und senkt. Die Verwaltung drückt in Sachen Shadow ein Auge zu und hat auch nichts dagegen, dass wir im Schwesternzimmer eine Packung Dreamies für ihn bereithalten – schließlich ist allgemein bekannt, dass Kontakt mit Tieren einen therapeutischen, beruhigenden, tröstenden Effekt hat. Und Shadow kann genau das, was die meisten unserer Ärzte, was wir Schwestern und Albie, der etwas dümmliche Labrador des Geistlichen, nicht können: Er kann von Zimmer zu Zimmer streunen und immer genau den Gast aufsuchen, der seine Aufmerksamkeit offenbar gerade am nötigsten hat. Als hätte er ein Gespür dafür. Lächelnd streichele ich ihn in langen Strichen, wie er es gerne mag, über das schwarze, seidige Fell, und höre sein zufriedenes Schnurren. Ich freue mich, dass ich heute für ein paar Minuten in den Genuss seiner Aufmerksamkeit komme.

»Stella? Tee?« Thea nickt zu meinem leeren Becher. »Sie brauchen wohl bald mal eine Pause – oder was will Shadow dir sagen? Er hat eben bei Issy gesessen, bis sie eingeschlafen ist.«

»Nein danke, ich hatte schon genug«, sage ich. »Ich muss jetzt meine Runde machen, und ich habe Maggie versprochen, mich eine Weile zu ihr zu setzen. Sie möchte gerne ein bisschen reden, und sie wollte, dass ich einen Brief für sie schreibe.«

»Wenn es nach ihr ginge, würde sie mit dem Reden nie aufhören«, stellte Thea nicht im Geringsten bissig fest. Unsere Gäste und ihre Zugehörigen fühlen sich einander auf wundersame, unvermeidliche Weise verbunden. Ich glaube, viele von ihnen empfinden es als Erleichterung, nicht allein zu sein. Nicht die Einzigen zu sein, die diesen schweren Weg gehen.

»Wie geht es Ihnen?«, frage ich sie. Theas Lächeln fällt schmal und schwach aus, aber es ist ein Lächeln. Ein Ausdruck, der mir vertraut geworden ist, als trotzte sie noch einmal hoffnungsvoll der unweigerlich bevorstehenden Niederlage. Ich kenne Thea jetzt seit eineinhalb Jahren. Sie ist alleinerziehend und bringt ihre vierzehnjährige Tochter Issy regelmäßig hier ins Hospiz, seit sie die niederschmetternde Diagnose bekommen hat: Endstadium eines seltenen Knochenkrebses, des Ewing-Sarkoms. Anfangs brauchte Thea einfach nur mal kurzfristig Entlastung, um mehr Zeit für ihre zweite Tochter zu haben – und für sich selbst. Jetzt, nach jahrelanger Behandlung, hat sie sie hergebracht, weil es bald so weit ist.

Wir sollen emotional Abstand halten und keine Beziehungen aufbauen zu den Zugehörigen unserer Gäste, aber das ist manchmal schwer. Wie soll man keine Beziehung aufbauen zu jemandem, der jeden Tag hier ist, wie soll man emotional Abstand halten von jemandem, der vor deiner Nase die schlimmste Zeit seines Lebens durchmacht und bei dir Bestätigung und Gewissheit sucht, wo es keine gibt? Und so sind Thea und ich inmitten der endlosen Folge schlafloser Nächte vielleicht nicht gerade Freundinnen geworden, aber doch Gefährtinnen. Und Thea lächelt weiter, hofft weiter. Wenn ich in meiner Zeit als Nachtschwester hier im Hospiz eins gelernt habe, dann dass wir uns eigentlich nur in einem Punkt wirklich von Tieren unterscheiden, nur dieser eine Punkt macht uns zu Menschen: Hoffnung.

»Ganz okay«, antwortet Thea. »Issy lächelt im Schlaf. Ich überlege mir dann immer, was sie wohl träumt. Vor ein paar Jahren waren wir mal im Urlaub, wir sind zu einem Wasserpark mit einer riesigen Rutsche gefahren, und als wir runterrutschten, hat Issy aus Leibeskräften gekreischt. Kaum waren wir unten angekommen, wollte sie noch mal. Vielleicht träumt sie davon.«

»Ich seh mal nach ihr, wenn ich bei Maggie gewesen bin«, verspreche ich ihr.

Normalerweise sind hier nachts bis zu vierzehn Gäste, zwei Schwestern, drei Pflegehilfskräfte und ein Arzt, der im Bereitschaftsraum schläft. Wir alle sind Teil dieses Tanzes, der an einen Regentanz erinnert. Mit dem Unterschied, dass wir nicht auf Regen hoffen, sondern auf Linderung der Schmerzen. In dieser nächtlichen Welt ist unser kleines Team ganz allein. Tagsüber ist immer viel los – Tagespatienten kommen und gehen, es finden Therapiegespräche einzeln und in Gruppen statt, es gibt Musik und Tanz und Spendenaktionen. Es ist die Zeit der Zugehörigen, Zeit zum Heilen, Zeit zum Atmen. Nachts dagegen sind wir maximal zwanzig, die gemeinsam den Weg bewältigen, den wir alle eines Tages gehen werden. Und den – wenn irgend möglich – keiner hier allein gehen soll, so lautet das Versprechen des Nacht-Teams. Wir können nicht mit dir gehen, aber du wirst bei deinem letzten Schritt nicht alleine sein.

Ich mache immer Nachtdienst. Als mir der Job angeboten wurde, habe ich sofort gefragt, ob das möglich ist. Man zögerte, sagte dann aber doch Ja, unter der Voraussetzung, dass ich mir zwischendurch genügend Tage freinehme. Kein Krankenhaus möchte, dass eine Krankenschwester ausschließlich die deutlich schwierigeren Nachtschichten übernimmt, auch keine so erfahrene wie ich. Niemand hat mich je gefragt, warum ich nur nachts arbeiten möchte – mit Kinderbetreuung habe ich ja kein Problem, aber es liegt nicht nur daran. Es hat sich einfach nach und nach ergeben. Oder war es eine bewusste Entscheidung? Seit Vincent vor einigen Monaten den Militärdienst verließ, fällt es mir schwer, irgendetwas wirklich klar zu sehen – außer dass die Fäden unseres Lebens, die so eng miteinander verwoben waren, sich voneinander lösten und zu zwei einzelnen Strängen wurden. Und das ging so schnell, dass ich das Gefühl hatte, keine Kontrolle darüber zu haben. Vielleicht ist das mit den Nachtschichten so etwas wie eine weiße Flagge – ich schwenke sie und ergebe mich, denn wenn unser gemeinsames Haus das Schlachtfeld ist, dann ist es einfacher, weniger schmerzhaft, weniger gefährlich, wenn immer nur einer von uns da ist. Tagsüber gehört das Haus mir, nachts Vincent.

Thea zögert immer noch. Mir wird klar, dass sie mich etwas fragen will.

»Wie geht es Ihrem Mann?«, fragt sie, und Shadow, der meiner plötzlich müde ist, springt auf den Schreibtisch und stupst ihre Hand an, damit sie sie ihm auf den Kopf legt. Er hat uns alle ziemlich gut erzogen.

»Super.« Ich nicke lächelnd. »Es geht ihm wirklich gut. Seit er die Prothese bekommen hat, sitzt er keine Sekunde mehr still. Ist wohl das Modernste, was es gibt. Letzte Woche ist er von der Benefiz-Radtour wiedergekommen und hat sofort angefangen, vom Marathon zu reden. Er will anfangen zu trainieren … Es geht ihm super. Kann überhaupt nicht still sitzen.«

»Okay. Schön.« Sie steht kurz da und holt dann Luft. »Sie schreiben für Maggie einen Brief?«

Ich nicke.

Angefangen hat das Briefeschreiben mit einem weiblichen Gast. Sie konnte keinen Stift mehr halten und wollte sicherstellen, dass ihr Mann nach ihrem Tod wusste, wie die Waschmaschine zu bedienen sei – und seither hat es sich immer weiterentwickelt. In jedem Brief steckt eine andere Geschichte, ein anderes Leben, eine andere Hinterlassenschaft. Nicht jeder Gast möchte seine letzten Gedanken zu Papier bringen, muss er auch nicht. Aber es hat etwas Tröstliches an sich, der Welt einen Teil seiner Gedanken in Schriftform zu hinterlassen. Etwas Beruhigendes.

»Wenn die Gäste Sie bitten, einen letzten Brief für sie zu schreiben … Ist das … Sie wissen schon. Ich meine: Wissen die Gäste, dass es Zeit für einen Brief ist?«

Auf einmal wusste ich, was sie quälte, was sie aber nicht aussprechen konnte.

»Issy hat mich noch nicht gebeten, einen Brief für sie zu schreiben«, sage ich.

»Okay.« Sie nickt, senkt den Blick und hält ihren leeren Becher hoch. »Ich geh dann mal wieder zu ihr.«

Shadow scheint einverstanden zu sein: Er lässt sich elegant von dem Schreibtisch gleiten und tigert zielstrebig los in Richtung von Issys Zimmer, den Schwanz senkrecht in der Luft.

»Ich schau auch gleich noch rein«, versichere ich Thea lächelnd. Ich sehe ihr nach, wie sie zurück zu Issys Zimmer geht. Dass sie eigentlich ihren Becher mit heißem Tee auffüllen wollte, hat sie ganz vergessen, als sie leise die Tür hinter sich schließt.

Ich hole meinen Schreibblock aus der Schublade und suche in meiner Handtasche nach meinem Lieblingsstift: ein blauer, gleichmäßig schreibender Tintenroller, dessen Schrift fast aussieht wie von einem Füllhalter, aber ohne zu verschmieren. Ich liebe es, wie die Stiftspitze über das Papier gleitet und Kringel und Schlaufen darauf hinterlässt, die so viel bedeuten.

Lieber Franco,

du erinnerst dich wahrscheinlich nicht mehr an mich. Warum auch? Sechzig Jahre ist es her, seit wir uns begegnet sind, und die Begegnung fiel recht kurz aus. Ich habe keine Ahnung, ob du immer noch in Monte Bernardi lebst, ob du überhaupt noch lebst, aber in der Fernsehwerbung heißt es immer, Italiener würden ewig leben, also hoffe ich, das gilt auch für dich.

Es war 1954. Ich war zwanzig und machte zusammen mit meiner Bankkollegin Margaret Harris einen Tagesausflug nach Brighton. Mit dem Zug, in unseren besten Kleidern und Hüten. Meins war primelgelb mit Blumenstickereien auf den Taschen. Wir spazierten am Kai entlang, als ich dich sah, aber wir sind dir nicht weiter aufgefallen. So, wie du da standst, mit der Sonnenbrille, den mit Pomade zurückgekämmten Haaren, dem schwarzen Hemd und der weißen Hose, dachten wir, du müsstest ein Filmstar sein oder so. Wir gingen um die Ecke, beobachteten dich kurz, trugen etwas Lippenstift auf und gingen dann noch mal an dir vorbei, wobei wir dieses Mal dafür sorgten, dass unsere Röcke schwangen, und kicherten, als seien wir wahnsinnig faszinierend. Du hast auf Italienisch Hallo gesagt. Kreischend vor Lachen sind wir davongerannt, wir Gänse.

Den ganzen Tag habe ich dich nicht mehr gesehen, erst abends beim Tanz am Ende des Piers. Du trugst einen hellblauen Anzug. Und als du zu mir herüberkamst und mich ansprachst, dachte ich, ich müsste sterben vor Aufregung. Dein Englisch war nicht besonders gut, und ich konnte kein Wort Italienisch. Dein Akzent war entzückend!

Wir haben uns den ganzen Abend geküsst, wir machten nicht einmal eine Pause, um Luft zu holen oder etwas zu trinken. Du hast mir fremd klingende Wörter ins Ohr geflüstert, wer weiß, vielleicht war es bloß ein Einkaufszettel. Mir war das egal, in meinen Ohren klang es wie Musik.

Dann stellte ich fest, dass Margaret den letzten Zug zurück nach Hause genommen hatte – ohne mich. Wahrscheinlich ziemlich pikiert, weil du nur Augen für mich hattest. Du hast mich nach oben auf dein Zimmer geschmuggelt. Ich war vorher noch nie mit einem Jungen zusammen gewesen und dachte, etwas ganz Schreckliches würde passieren. Dass ich schwanger oder mir etwas einfangen würde. Aber ich war jung und naiv, und in dem Moment war mir das alles egal.

Am nächsten Morgen schriebst du mit Bleistift deine Adresse in mein Adressbuch und gabst mir einen Abschiedskuss. Ich habe nie wieder von dir gehört. Ich hatte mir nichts eingefangen und war auch nicht schwanger geworden. Ich hatte nicht den Mut, dir zu schreiben. Ein paar Jahre später habe ich einen lieben Mann geheiratet, mit dem ich glücklich war. Ich habe ein gutes Leben gehabt. Aber jedes Mal, wenn ich ein altes Adressbuch ausrangierte, habe ich deine Adresse in das neue übertragen. Monte Bernardi – das steht für mich für die Nacht, in der ich für ein bisschen Herzflattern alles riskierte. Und darum wäre es eine Schande, wenn ich die Adresse nicht wenigstens einmal in meinem Leben anschreiben würde. Ich danke dir für den Tanz.

Susan Wilks

Hope

»Du bist noch auf?« Stella sieht auf die Uhr, als wüsste ich nicht, dass es fast drei Uhr früh ist.

»Sieht ganz so aus«, sage ich.

Ich habe – wie so oft – meine Gitarre auf dem Schoß und ein halbes Lied im Kopf. Das Lied will nicht verstummen, darum versuche ich, es zu schreiben – oder vielmehr, es mir auszutreiben. Es ist ein total blödes Lied über Liebe und Regenbögen und allen möglichen Scheiß – so ein Lied will ich überhaupt nicht schreiben, ich will ein Lied schreiben über … Ach, ich weiß auch nicht. Mit Tiefgang jedenfalls.

Sie zieht eine Augenbraue hoch und lächelt fast.

»Du magst das lästig finden, aber ein ruhiger Schlaf würde dir helfen, hier möglichst bald wieder rauszukommen«, ermahnt sie mich auf ihre fürsorgliche, ruhige Art. Sie spricht so sanft und leise, als habe jemand ihren Lautstärkeregler gefunden und heruntergedreht.

»Ich glaube, ich könnte jetzt schon wieder raus«, sage ich. »Ich liege nicht mehr im Sterben. Zumindest nicht akut. Ich habe kein gutes Gefühl dabei, einem anderen Menschen das Bett wegzunehmen, der es vielleicht nötiger braucht als ich. Und ich habe andere Sachen zu tun.«

Bevor ich hierherkam, lag ich mehrere Wochen im Krankenhaus. Da drehte sich alles nur um kiloweise Medikamente, um Schmerzen und um Angst. Meine Angst, die Angst meiner Eltern, die Angst meiner Freunde – selbst Ben hatte Angst, das merkte ich daran, dass er mich täglich besuchte und mir lustige Geschichten über diverse Kunden in seinem Laden erzählte und dabei längst nicht so nervig war wie sonst.

Mum hat viel geweint, und Dad hat mir alles Mögliche mitgebracht: Zeitschriften, die ich nie lesen würde, Junkfood, das ich nicht essen wollte, Plüschtiere mit kleinen Stoffherzen in der Hand, auf denen verschiedene, meistens unangebrachte Botschaften standen – mal ganz zu schweigen davon, dass es sich um Plüschtiere handelte und ich eine erwachsene Frau bin, wenn auch eine, die manchmal den lieben langen Tag in einem Häschen-Overall steckt. Auf dem letzten Stoffherz stand »Du bist mein Herzschlag« – wahrscheinlich ein Restposten vom Valentinstag. Ich war durchaus dankbar, stopfte den Bären aber in die letzte Reihe der stetig anwachsenden Schar von Kuscheltieren, gleich hinter den blauen Teddy, der verkündete: »Es ist ein Junge!«

Dann wurde ich für die letzte Etappe meiner Genesung ins Marie-Francis-Hospiz- und Rehabilitationszentrum verlegt, weil man mich noch nicht nach Hause entlassen wollte. Eigentlich gehöre ich ja auf eine auf Mukoviszidose spezialisierte Station, aber das örtliche Krankenhaus musste im Rahmen einiger Haushaltskürzungen zwei der sechs Betten dort streichen, und die übrigen vier waren alle belegt. Mir ging es also nicht gut genug, um nach Hause entlassen zu werden, und die nächste auf Mukoviszidose spezialisierte Station war Hunderte Kilometer entfernt, und darum bekam ich für die letzte Phase meiner recht intensiven medizinischen Betreuung dieses Bett hier, ganz in der Nähe meiner Eltern. So bin ich hier gelandet. Aber wie es aussieht, ist das hier für mich nur eine Zwischenstation, nicht die Endstation. Die Medikamente haben angeschlagen, mein Körper hat gekämpft. Ich bin auf dem Weg der Besserung, ich werde wieder gesund – oder zumindest so gesund, wie ich werden kann, schließlich bin ich krank geboren.

Ich meine, jeder einzelne Atemzug tut weh. Es ist immer noch eine gigantische Anstrengung, Luft einzusaugen und wieder herauszupressen. Das Atmen strengt mich so an, dass ich nur noch mehr Luft brauche und noch mehr einatmen will – ein echter Teufelskreis. Aber das Schlimmste habe ich hinter mir: die Phase, in der mein Lungenvolumen nicht einmal mehr dem einer Coladose entsprach. Und obwohl mir immer noch Säure aus dem nicht ordentlich funktionierenden Verdauungssystem die Speiseröhre hinauf und bis in meinen Mund steigt und es in einem Einzelzimmer natürlich schwierig ist, jemand anderen für die Absonderung übelriechender Gase verantwortlich zu machen, geht es mir schon viel, viel besser.

Nein danke, lieber Tod, du kannst dich wieder verziehen, ich lebe noch. Und langweile mich kolossal.

Stella beäugt die Notizbücher, die offen auf meinem Bett liegen, und ich hoffe, dass sie meine Handschrift über Kopf nicht lesen kann. Die Texte sind nämlich so peinlich, dass sie dann vermutlich ihre Einstellung zur Euthanasie ändern würde.

»Es ist mitten in der Nacht. Versuch doch, ein bisschen zu schlafen«, sagt sie.

Das ist so etwas wie ihr Mantra – sie sagt das jedes Mal, wenn sie nach mir schaut, und dabei sieht sie selbst aus, als würde sie nie schlafen. Sie ist extrem blass, eine Runde Solarium würde ihr guttun.

»Wie spät ist es denn?« Ich blicke aus dem Fenster, sehe aber nur die Spiegelung meines Zimmers in der dunklen Scheibe. »Hier drin verliert man völlig das Zeitgefühl. Mir kommt es vor, als würde die Zeit stillstehen. Als würden die Sekunden extrem langsam vergehen. Echt extreeeeem laaaaaaangsaaaaaaaam.« Stella betrachtet mich, während ich die letzten Worte wie Kaugummi in die Länge ziehe. Gutmütig erträgt sie mein unreifes Gehabe – schließlich bin ich erst einundzwanzig.

»Wenn du dich langweilst, kannst du ja bei einer der Aktivitäten, die tagsüber angeboten werden, mitmachen.« Stella notiert sich etwas. »Oder mal in die Bücherei gehen. Die besteht ausschließlich aus gespendeten Büchern, aber davon haben wir jede Menge, sogar die neuesten Bestseller sind in der Regel dabei. Die Auswahl soll wirklich gut sein, habe ich gehört.«

»Ja, ich war da schon mal.« Ich finde, es wäre unhöflich, jetzt zu sagen, dass ich bereits alles gelesen habe, was lesenswert ist, und dass alles andere Schund ist. Ich glaube, ich käme dann ziemlich arrogant rüber. Stella hat wahrscheinlich keine Ahnung, wie viel Prozent meiner begrenzten Lebenszeit ich bereits mit Lesen verbracht habe. Sie kann nicht wissen, dass ich, während andere Mädchen in meinem Alter auf Ibiza die Nächte durchfeiern, wilden Sex mit fremden Männern haben, für Langstreckenläufe trainieren oder ihren Rucksack packen, um sich auf eine gesponserte Abenteuerreise nach Bali zu begeben, allein zu Hause sitze und in einer anderen Welt lebe, in einer Welt, die es nur zwischen Buchdeckeln und im Internet gibt – denn nur übers Internet kann ich mit anderen Betroffenen reden, im echten Leben dürfen wir uns nicht treffen. Wenn zwei Mukoviszidose-Patienten aufeinandertreffen, könnten irgendwelche Bazillen, die der eine mit sich herumträgt, auf den andern überspringen und ihn umbringen, und darum halten wir uns hübsch voneinander fern.

Es gibt Chatrooms, Blogs und Selbsthilfegruppen, aber inzwischen interessiert mich das nicht mehr. Ich habe mal mit Begeisterung einen Blog verfolgt, wo eine junge Mukoviszidose-Patientin davon berichtete, wie sie ihre Hochzeit plante – mit einem Mann, den sie kaum kannte. Das hat natürlich niemand kommentiert, weil sie ja möglicherweise auch gar keine Zeit mehr haben würde, herauszufinden, dass sie überhaupt nicht zusammenpassten. Jeden Abend habe ich nachgesehen, ob sie was Neues gepostet hatte, ich liebte ihren Blog. Ich liebte ihre überschäumende Begeisterung und freute mich wie verrückt, dass der Plan, zu heiraten, sie so glücklich machte. Ich liebte das kleine Brautjungfernkleid, das sie für das an ihrem Rolli montierte Sauerstoffgerät gemacht hatte, und ihren Wunsch, in den Flitterwochen nach Australien zu fliegen, um Ayers Rock zu sehen, genau wie William und Kate.

Ich liebte auch ihre endlosen Erörterungen in Sachen Nagellack und Kopfschmuck und ihre Überlegungen dazu, wie lange sie es wohl aushalten würde, in hohen Absätzen herumzulaufen. Sie schrieb davon, wie ihr Gesundheitszustand sich verschlechterte, dass sie auf der Transplantationswarteliste weiter nach oben gerückt war und dass selbst das ihr irgendwie Hoffnung gab. Weil eine Lungentransplantation ihr viele weitere Jahre mit ihrem Mann schenken würde, und wenn sie die Flitterwochen ein Jahr verschieben müssten, sei das auch kein Problem. Sie schrieb, dass die Hochzeit nun doch nicht in einer Kirche stattfinden würde und auch nicht im Sommer, sondern in der Krankenhauskapelle, schon im nächsten Monat. Sie schrieb, sie sei überzeugt, dass, wenn ein Mensch so geliebt werde wie sie und das Leben so liebte wie sie, das Schicksal schon dafür sorgen würde, dass es zu der lebensrettenden Operation käme. Und dann, ungefähr eine Woche vor dem Hochzeitstermin, hörte sie auf mit Schreiben. Sie fing nie wieder damit an. Ich brauche ihren Namen nicht zu googeln, um zu wissen, was passiert ist. Ich brauche die vielen, vielen Kommentare unter ihrem letzten Post nicht zu lesen. Und seitdem mache ich einen Bogen um solche Sachen. Mehr als ein trauriges Ende kann ich nicht ertragen.

»Aber ich bin mir auch ganz sicher, dass sie dich bald nach Hause schicken werden. Wir müssen nur sichergehen, dass du stabil genug bist. Schließlich wollen wir nicht, dass du rückfällig wirst, und die Ärzte hätten gerne, dass deine Lungenkapazität wirklich ausreichend ist.« Sie schweigt kurz. »Du warst sehr, sehr krank. Dein Körper ist wahnsinnig geschwächt. Wir wollen einfach nicht, dass alles, was wir jetzt für dich getan haben, für die Katz war, nur weil du nicht lange genug stillhalten konntest.«

»Weiß ich doch«, sage ich. »Bin schließlich kein Kind mehr. Und die Schmerzen sind auch so freundlich, mich ständig an meinen Zustand zu erinnern.«

Stella neigt den Kopf zur Seite und sieht mich an.

»Du bist ganz schön grantig – bist du immer so? Wie ein Teenager, der Hausarrest bekommen hat?«