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Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2015

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2015

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Ilona Daiker

Lektorat: Janette Schroeder

Bildredaktion: Julia Fell/Henrike Schechter

Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Dana Wingensiefen

impressum ISBN 978-3-8338-4957-2

2. Auflage 2015

Bildnachweis

Coverabbildung: Nicolas Olonetzky

Fotos: Frank Eidel, Timo Vogt, Bridgeman Archiv, Willem Wittstamm, AKG Images, A1 pix/your photo today, Mauritius Images, Laif, Corbis, Masterfile, Pictures Press, 360° Creative, GU-Archiv (Stephan Winkler)

Syndication: www.jalag-syndication.de

GuU 8-4957 09_2015_02

Das vorliegende eBook basiert auf der 3. Auflage der Printausgabe

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

DIE GU-QUALITÄTS-GARANTIE

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir möchten Ihnen mit den Informationen und Anregungen in diesem eBook das Leben erleichtern und Sie inspirieren, Neues auszuprobieren.

Alle Informationen werden von unseren Autoren gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteuren sorgfältig ausgewählt und mehrfach geprüft. Deshalb bieten wir Ihnen eine 100%ige Qualitätsgarantie. Sollten wir mit diesem eBook Ihre Erwartungen nicht erfüllen, lassen Sie es uns bitte wissen! Wir tauschen Ihr eBook jederzeit gegen ein gleichwertiges zum gleichen oder ähnlichen Thema um.

Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung, auf Lob, Kritik und Anregungen, damit wir für Sie immer besser werden können.

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Liebe Leserinnen und liebe Leser,

vor 30 Jahren war es exotisch, wenn man in Deutschland Yoga gemacht hat. Vielleicht ist es in 30 Jahren exotisch, wenn man es nicht macht. Aber wo stehen wir heute? Wir stehen nicht, wir sitzen. Wir sitzen so lange, bis wir nicht mehr können, und dann liegen wir. Wir alle wissen, was uns guttut, aber die wenigsten tun es. Wie kommt man vom Wissen zum Tun? In dem man da anfängt, wo man ist. Auf dem Stuhl! Noch besser mit anderen zusammen und mit einer Anleitung, die Freude macht. Und deshalb wünsche ich von Herzen diesem Buch ganz viele begeisterte Leser.

Hier kannst du sitzen bleiben

Was ich an diesem Buch mag, ist seine lockere Art, altes Wissen rüberzubringen, mit Respekt und Humor. Yoga ist mit geschätzten fünf Millionen Übenden in Deutschland ein Volkssport. Manche streben nach Erleuchtung, andere nach einem straffen Po. Einige versuchen sich in Selbstlosigkeit, andere versuchen erst mal ihr Selbst zu finden, bevor sie es wieder vergessen können. Als Nebenwirkungen bekommt man Muskelkater an Orten, wo man gar nicht wusste, dort überhaupt Muskeln zu haben. Ich dachte immer, ein großer Teil des Yoga besteht in der geistigen Übung, sich zu merken, wie man in eine Position geraten ist, um später noch zu wissen, wie man sich auch wieder entknoten kann. Dabei geht es viel einfacher, wie dieses Buch beweist. Unaufgeregt, alltagstauglich, nah am Menschen. Aber fern vom Boden. Und das alles von einem recht ungewöhnlichen Autor.

Willem Wittstamm kenne ich schon sehr lange. Wir sind im Herzen beide Bühnenkünstler, weil wir es lieben, Menschen zu bewegen. Im Zwerchfell wie im Herzen. Über die Zauberei und die Liebe zum Varieté sind wir uns vor über 20 Jahren schon begegnet. Auch wenn sich unsere Schwerpunkte sehr unterschiedlich entwickelt haben, blieben wir immer in Kontakt, und so konnte ich, wenn schon nicht am eigenen Leib, so doch in direkter Anschauung bei ihm erleben, wie gut einem Menschen auch jenseits des 45. Lebensjahrs Yoga tut. Ich schätze an Willem seine Ernsthaftigkeit und seinen Humor. Immer schon hatte er ein besonderes Herz für Menschen, groß und klein, jung und alt, generationenübergreifend. Er war ständig auf der Suche nach der echten Zauberei, nach dem, was uns berührt, verblüfft und verändert. Und er hat sein Ding gefunden, hat sich weitgehend von der Bühne verabschiedet, um sein Talent, begeisternd und anschaulich vor Gruppen zu reden, als Yogalehrer einzusetzen. In einem umgebauten Bauernhaus hat er mit einer kleinen Gruppe angefangen und kontinuierlich seinen Wirkungskreis erweitert. Inzwischen ist er ein international gefragter Lehrer. Und wer meint, er sei darüber etwas sonderlich geworden, dem darf ich verraten – das war er schon immer, und dafür liebe ich ihn. Er hat Yoga nicht für sich entdeckt, weil es plötzlich Mode wurde. Wenn jemand sich noch nie etwas aus Moden gemacht hat, dann er.

Kleine Bewegungen, große Wirkung

Seit Jahren werden wir überall ermahnt, uns mehr zu bewegen, weniger zu essen und Ausdauersport zu machen. Was hat es genutzt? Die Deutschen sind so dick und so unbeweglich wie kaum eine andere Nation in Europa. Vielleicht weil wir vor lauter Appellen aus Trotz einfach lieber zu Hause geblieben sind. Große Veränderungen fangen nicht mit großen Vorsätzen an, sondern mit kleinen Taten. Einer kleinen Drehung, bis man den Dreh raushat. Und drin. Bis sich die Sehnen nach dem Dehnen sehnen!

Mit meinem Bühnenprogramm »Wunderheiler« toure ich durch Deutschland, bringe die Menschen zum Lachen und zum Nachdenken und versuche die Welten der akademischen Medizin mit der Wunderwelt der Alternativmedizin zu versöhnen und verständlich zu machen. An einer Stelle bitte ich die Zuschauer, sich auf ein kleines Experiment einzulassen, sich für eine Minute nur hinzustellen und in der Hüfte zu wippen. Erst zieren sich einige, aber es ist jedes Mal ein großes Erlebnis, wie sich die Atmosphäre im Raum und das eigene Körpergefühl durch die allereinfachsten Aktivierungen spürbar verändern. Es gibt heute viele fundierte wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass Yoga dem Körper und der Seele guttut, und dass diese Kombination mehr bringt als punktuelle Krankengymnastik. Und es hilft sogar beim Abnehmen. Nicht etwa, weil wir so maßlos viele Kalorien bei den Übungen verbrennen würden, sondern schlichtweg weil wir ein besseres Körpergefühl entwickeln und dadurch gar keine Lust mehr darauf haben, Dinge in uns hineinzustopfen, die uns nicht guttun.

Der Gedanke, dass wir zu jedem Zeitpunkt in unserem Leben beweglicher werden können, ist also bestechend. Oft wird die »demografische Entwicklung« wie ein Drohgespenst beschworen. Dabei bedeutet das doch im Kern etwas Tolles: Wir werden älter als alle Generationen vor uns. Zu Goethes Zeiten lebten die Menschen im Schnitt nur halb so lang wie wir, und dennoch hat man schnell den Eindruck, damals hätten die mehr Zeit gehabt. Die haben sich mehr Zeit genommen!

Wenn jemand Zeit hat, dann sind wir das hier und heute. Sich diese Zeit zu nehmen, um seinen Körper kennenzulernen, zu spüren, zu dehnen und im wahrsten Sinne äußerlich und innerlich »weiter« zu kommen, ist doch mit das Schönste, was man mit seiner Zeit anfangen kann.

Apropos anfangen – es gibt nichts Gutes, außer man tut es, meinte bereits Erich Kästner, aber wollen wir überhaupt gesund sein? Dazu mein Lieblingswitz:

Am Strand von Goa bietet ein Wunderheiler den Touristen seine Dienste an. »Ich habe heilende Hände, wem kann ich Gutes tun?« Der Engländer meldet sich mit seiner juckenden Haut. Der Heiler legt die Hand auf, ZACK, ist der Engländer geheilt. Der Franzose klagt über Bauchweh. Der Heiler legt die Hand auf, ZACK, ist auch der Franzose geheilt. Der Deutsche sieht das und schreit den Heiler an: »Hau ab mit deinen Händen, ich bin noch sechs Wochen krankgeschrieben!«

Wäre es nicht schön, die heilenden Kräfte in sich selber zu entdecken? Sie müssen nur umblättern und sich einlassen.

Viel Freude mit meinem alten Freund Willem wünscht

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Dr. Eckart von Hirschhausen

Arzt, Komiker und Gründer der Stiftung
HUMOR HILFT HEILEN

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Yoga ist für alle da

Yoga geht auch ohne akrobatische Stellungen, ohne hippes Fitness-Studio und hat auch nichts mit der Jagd nach ewiger Jugend zu tun. Und das ist gut so! Denn die Weisheit des Yoga war schon immer die Weisheit des Alters. Mit sanftem Yoga für Späteinsteiger können wir Lebenslust und Vitalität in die zweite Lebenshälfte bringen und uns beide lange erhalten!

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Auf die Stühle, fertig, los!

Sechs Wochen, sechs Übungsreihen und Meditationen, die alle einem Motto folgen: Es muss nicht immer Matte sein! Die wichtigsten Yogastellungen wurden für dieses Buch weiterentwickelt, damit du sie auf dem Stuhl machen kannst.

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1. Woche Aus der Mitte heraus

»Alles Yoga beginnt am Nabelpunkt«

So steht es schon in den alten yogischen Schriften, den Shastras. Und ein sehr altes indisches Gleichnis verdeutlicht diesen Aspekt des Yoga besonders gut:

Auf der Suche nach der Wahrheit fragte ein junger Yogi einst einen erfahrenen Guru, wie weit er noch reisen müsse, bis er den Pfad zur Erleuchtung durchmessen habe. Da der weise Lehrer ein Mann weniger Worte war, machte er eine Faust, spreizte Daumen und kleinen Finger ab und meinte: »Größer ist die Strecke nie gewesen.« Nachdem er seinem Schüler genügend Zeit gegeben hatte, sich zu wundern, legte der Meister die gespreizte Hand auf seinen Bauch, verband mit Daumen und kleinem Finger die Strecke zwischen Herz und Nabel und sprach: »Wenn die Liebe des Herzens aus der Kraft der Mitte schöpft, ist dir jeder Weg frei!«

Der Nabelpunkt

Gemäß der yogischen Philosophie liegt in unserer Körpermitte der Nabelpunkt, ein Kraftzentrum, von dem Energiebahnen ausgehen, ähnlich den Meridianen der Traditionellen Chinesischen Medizin. Dieser Punkt ist nicht mit dem Nabel zu verwechseln, wird aber nur wenige Zentimeter unter ihm im Bauchraum verortet. Da vom Nabelpunkt alle feinstofflichen Kanäle ausgehen, kommt ihm im Yoga eine große Bedeutung zu.

Die Körpermitte ist der Ort, von dem aus wir uns nach oben und unten verankern. Von hier her holen wir die Kraft, um die Yogaübungen gut und sicher auszuführen. Damit du deine Energie im wahrsten Sinne des Wortes aus der Mitte heraus schöpfen kannst, ist es erforderlich, dass du deine Bauchmuskulatur trainierst und lernst, diese Kraft in deinem Becken zu verankern.

Eine Besonderheit im Yoga sind die drei sogenannten Körperschleusen. Die wichtigste unter ihnen ist die Wurzelschleuse. Sie wird schon in der ersten Übungsreihe immer wieder angewandt. Bevor du mit einem Wochenprogramm anfängst, übe also zunächst die Wurzelschleuse (siehe >).

Um die innere Bauchmuskulatur wahrzunehmen, zu kräftigen und entspannt einzusetzen, ist etwas Übung erforderlich. Beginne also gelassen und überstürze nichts. Wundere dich aber auch nicht, wenn du schon in kurzer Zeit spürbare Fortschritte machst.

Diese Übungsreihe bewirkt auf körperlicher Ebene
  • Flexibilisierung der Wirbelsäule

  • Kräftigung der Bauchmuskulatur

  • Anregung der Organe im Bauch

  • Anregung der Verdauung

Auf geistig-seelischer Ebene bewirkt sie
  • Stärkung von Ausdauer und Willenskraft

  • Hineinspüren in die eigene Mitte

  • Ruhen in der eigenen Mitte

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2. Woche Kraft aus der Wurzel

Das Fundament stärken

Wer kennt das nicht? Man hat ein Ziel erreicht, sich einen Wunsch erfüllt, doch die Befriedigung darüber hält nicht lange an – schon regt sich neues Begehren! Was wir als Erfüllung unserer Wünsche herbeigesehnt haben, lässt uns allzu oft unbefriedigt zurück. Es geht uns wie einem Baum, dessen Wurzeln in der Luft hängen. Der Regen kann endlos auf ihn herunterprasseln – es wird nie genug sein. Yoga und vor allem die damit verbundene Stärkung im Unterleib zeigt uns einen Weg heraus aus diesem Dilemma.

Deshalb verwurzeln wir die in unserer Mitte gewonnene Kraft in unserer Basis, dem Becken. Dort finden wir nicht nur körperliche Standfestigkeit, sondern auch das wunderbare Gefühl, in uns zu ruhen und geerdet zu sein.

Vitalität und Stärke

Oft wird der Beckenboden mit den Jahren geschwächt, durch Geburten oder Operationen, aber auch Übergewicht und Fehlbelastung. Darum ist es für mehr Sicherheit in den yogischen Haltungen wichtig, die Beckenbodenmuskulatur zu trainieren. Im Beckenboden finden wir die Kraft, die uns aufrichtet. Haltungsschäden, aber auch Inkontinenz oder das Absinken der Bauchorgane können durch Beckenbodentraining (siehe >) gezielt und erfolgreich vermieden werden.

Die Schale des Lebens

Im Yoga spielt das Becken eine herausragende Rolle. Hier befinden sich zwei wichtige Energiepunkte: das Wurzel-Chakra am Ende der Wirbelsäule, als Basis von Wohlbefinden und Vitalität, und das Mann / Frau-Chakra, eine gute Handbreit unterhalb des Bauchnabels. Hier finden wir Zugang zu unserer Kreativität und der Fähigkeit, Beziehungen zu führen.

Die Schale des Beckenbodens ist die unterste Haltestruktur unseres Körpers und birgt wichtige Prozesse unseres Organismus, wie Verdauung, Reinigung, Ausscheidung und Fortpflanzung. Sie ist aber auch der Sitz unserer Standhaftigkeit, Lebenslust und Fundament unseres Bauchgefühls.

Die folgenden Übungen helfen uns, die Kraft aus der Basis heraus aufzubauen. Nicht nur um Reinigungsprozesse zu stärken und unsere körperliche und mentale Tiefe auszuloten, sondern auch, damit wir im Alter nicht zum sprichwörtlichen Fass ohne Boden werden.

Diese Übungsreihe hat auf körperlicher Ebene folgende Schwerpunkte
  • Kräftigung der unteren Wirbelsäule

  • Kräftigung der Bauchmuskulatur

  • Kräftigung der Beckenmuskulatur

Auf geistig-seelischer Ebene bewirkt sie
  • Förderung der Ausdauer

  • Stärkung der Willenskraft

  • Stärkt Vitalität und Selbstvertrauen

  • Unterstützt die innere Sammlung

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3. Woche Herzlichkeit

Allein kann jeder ein Buddha sein!

Das ist keine große Herausforderung. Doch die Qualität der Herzenskraft kannst du erst in der Kommunikation mit anderen lernen und leben. Damit du besser verstehst, was ich damit meine, erzähle ich dir eine Geschichte.

Ein großer Fakir hatte viele Jahre seines Lebens asketisch in einem abgelegenen Hochtal des Himalaya-Gebirges verbracht und so lange Yoga praktiziert, bis er auch die schwierigsten Yogastellungen meisterte. Nach 30 Jahren selbst gewählter Abgeschiedenheit entschied er sich, zu den Menschen zu gehen und ihnen seine Weisheit zu vermitteln. Am frühen Morgen erreichte er das erste Dorf. Doch es war noch dunkel, und so geschah es, dass er den Bauern nicht bemerkte, der ihm entgegenkam. Dieser war mit einem Korb voller frischer Eier auf dem Weg zum Markt. Es kam, wie es kommen musste: Die beiden Männer stießen heftig zusammen, die Eier zerbrachen, und ihr Inneres ergoss sich über den Yogi. Völlig entgeistert schaute der Yogi auf seine über und über mit Ei befleckte Kleidung. Sollte er den Menschen etwa in diesem Aufzug seine Yogastellungen demonstrieren? »Schau, was passiert ist«, rief der Yogi außer sich vor Wut und versuchte, den Glibber abzuwischen. »Macht nix«, beruhigte ihn der Bauer und stellte fest: »Die legen neue.«

Das Herz-Chakra

Mit der Übungsreihe für die dritte Woche erreichen wir das Herz-Chakra, den vierten der sieben yogischen Energiepunkte. Das Herz-Chakra stellt die Verbindung dar zwischen dem unteren und dem oberen Kraftfeld, zwischen der Urkraft und dem Geist. Im Herzen treffen unsere Instinkte auf unseren Verstand. Im Herzen entstehen unsere Gefühle, und hier werden sie auch bestätigt. Werden wir verletzt, spüren wir dies ebenfalls im Herzen.

Brücken bauen

Mithilfe der Übungen aus der Herzreihe können wir über die Mauern meditieren, die wir um unser Herz errichtet haben – und darüber, dass wir aus ihren Mauersteinen Brücken bauen können. So können wir die Mauern verschwinden lassen und wieder in Verbindung mit unserer Umwelt treten – mit den Menschen, mit den Tieren, mit den Pflanzen und mit den Dingen.

Diese Übungsreihe hat auf körperlicher Ebene folgende Schwerpunkte
  • Richtet dich auf

  • Beugt einem Rundrücken vor

  • Fördert die Beweglichkeit der Wirbelsäule

  • Regt den Kreislauf an

Auf geistig-seelischer Ebene bewirkt sie
  • Raum für Gefühle haben

  • Befreiung spüren

  • Innere Größe spüren

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4. Woche Weite und Tiefe

Der Atem verbindet uns

Nimm bitte einen tiefen Atemzug, bevor du weiterliest. Und? Hast du zuerst ein- oder ausgeatmet? Das ist beim Yoga von großer Bedeutung. In den überlieferten Sanskrittexten steht geschrieben, dass Yoga mit dem Ausatmen beginnt. Darin liegt eine tiefe Weisheit: Will ich im Leben zufrieden und glücklich sein, geht es weniger darum, Neues zu entdecken, als darum, Altes loszulassen.

Yoga hilft Verspannungen und Verhärtungen aufzulösen. Bewusstes Ausatmen ist daher sehr wichtig, um die wohltuende Wirkung des Yoga in ihrer Tiefe erleben zu können.

Die Lunge – ein Reinigungsorgan

Bei einem Volumen, das dem eines mittelgroßen Balls entspricht, verfügt die Lunge über eine Oberfläche von 100 Quadratmetern, was etwa der Größe eines Tennisplatzes entspricht. Sie ist also das größte Reinigungsorgan des Körpers. Täglich atmen wir zehn- bis zwanzigtausend Liter Luft ein und aus. Voller Vertrauen lassen wir diese Luft mit jedem Atemzug in uns hineinströmen und uns nähren. Jedes Ausatmen senkt nicht nur den Kohlendioxidgehalt im Blut, sondern sorgt auch dafür, dass wir Laute bilden können, etwa um unsere Gefühle auszudrücken. So hilft uns die Atmung dabei, uns zu artikulieren und loszulassen. Denn durch tiefes Atmen können wir aus der Lunge heraus einen heilsamen inneren Prozess des Verarbeitens auslösen.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die Lunge mit dem Gefühl Trauer in Verbindung gebracht. Wenn das Herz der Sitz unserer Gefühle ist, dann schützt der Brustkorb mit der Lunge das Herz vor zu vielen Emotionen. Und Trauer kann manchmal überwältigend sein. Die Lunge portioniert sozusagen die Emotionen für das Herz. Das kann im Extremfall dazu führen, dass die Atmung flach wird und der Brustkorb einsinkt. Der obere Rücken beugt sich vor und drückt auf die Lunge. Dort, wo wir nicht mehr atmen sitzt dann der Ärger, haben sich Hilflosigkeit und Wut eingenistet. Durch yogische Atmung wandelt sich Trauer mit der Zeit, und neuer Raum für Freude und Begeisterung entsteht.

Es kann dir daher passieren, dass tiefer Atem alte, längst vergessene Erinnerungen und Gefühle wachruft, die mit Schlüsselszenen deines Lebens verbunden sind. Bewusstes Ausatmen kann dann sehr befreiend wirken.

Diese Übungsreihe hat auf körperlicher Ebene folgende Schwerpunkte
  • Beugt Rundrücken vor

  • Vertieft die Atmung

Auf geistig-seelischer Ebene bewirkt sie
  • Befreiung von Altlasten

  • Stärkung der Lebenslust

  • Schützt davor, von negativen Gefühlen überwältigt zu werden

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5. Woche Tragen und Loslassen

Verspannungen lösen

Nun sind wir über dem Herzen angekommen und damit bei der bewussten Verarbeitung von Prozessen, die durch Yoga in Gang gesetzt werden können. Was damit gemeint ist, möchte ich am Beispiel von Muskelverspannungen erklären. Die gehören nämlich zu den Hauptgründen, aus denen Menschen mit Yoga beginnen. Verspannung entsteht, wenn Anspannung nicht verarbeitet und losgelassen wird. Auch unsere Kultur kennt diesen Zusammenhang. »Jemandem die kalte Schulter zeigen«, »halsstarrig sein« oder »etwas nicht schultern können« sagt der Volksmund, aber auch »etwas auf die leichte Schulter nehmen«.

Hals und Nacken müssen um die 16 Stunden pro Tag den etwa sieben Kilogramm schweren Kopf auf den Schultern halten und balancieren. Doch damit nicht genug, sie reagieren auch als Puffer auf psychische Belastungen. Dauerhafte unbewusste Anspannung durch Überforderung kann zu starken körperlichen Problemen führen.

Ursachen finden

Man kann natürlich an den Symptomen herumdoktern oder aber die meditative Phase der Yogastunde nutzen und sich fragen, wo die Ursachen der Beschwerden liegen. Was drückt dich so nieder? Was muss sich ändern, damit du es besser tragen kannst?

Was kann man nun aber selbst tun, um Verspannungen zu mindern oder gar loszuwerden? Man sollte sich darüber klar werden, was man tragen will oder kann und was nicht.

In den Siebzigerjahren hatten die Hollies und Neil Diamond mit »He ain’t heavy. He’s my brother« einen großen Hit. Der Song geht zurück auf einen schottischen Text von 1884, der davon handelt, dass ein kleines Mädchen seinen großen Bruder auf dem Rücken getragen hatte. Auf die Frage eines erstaunten Erwachsenen antwortete es: »Nein, er ist nicht schwer, er ist ja mein Bruder.« In dieser kleinen Geschichte steckt schon die Lösung.

Natürlich ist nichts dagegen zu sagen, durch physikalische Therapien an den körperlichen Symptomen zu arbeiten. Letztendlich ist aber vor allem die innere Haltung entscheidend und der persönliche Umgang mit äußeren Einflüssen. Körperliche Übungen sind daher zwar sinnvoll, helfen aber nicht dauerhaft, wenn man seine Lebenseinstellung nicht ebenfalls hinterfragt. Leg also deinen Schwerpunkt in dieser Woche nicht nur auf den körperlichen Aspekt der Yogaübungen. Entscheide, was du freudig annehmen und tragen oder was du loslassen möchtest.

Diese Übungsreihe bewirkt auf körperlicher Ebene
  • Lösung von Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich

  • Aufrichtung der Wirbelsäule

  • Beugt einem Rundrücken vor

Auf geistig-seelischer Ebene bewirkt sie
  • Entspannung und Entlastung

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6. Woche Energie fließen lassen

Yoga sorgt für Veränderung

An die Zeit, als ich mit Yoga angefangen habe, kann ich mich noch gut erinnern. Nicht nur, dass ich erlebte, wie meine alte Gelenkigkeit wiederkehrte, meine Essstörung nachließ und auch meine Warzen verschwanden. Besonders beeindruckt haben mich damals die Reaktionen aus meinem persönlichen Umfeld. »Bist du gewachsen?«, »Du wirst immer jünger!« oder »Du strahlst so!« waren nur einige der Kommentare, die mir bestätigten, auf dem richtigen Weg zu sein.

Mit der Übungsreihe für die sechste Woche erreichen wir die Königsklasse des Yoga und spüren in seine feinstofflichen Aspekte hinein. Vielleicht lernen wir sogar zu verstehen warum in den ältesten Yogatexten so viel vom Loslassen und Verbinden die Rede ist. Die Übungen dieser Woche sprechen nämlich genau das an, was letztendlich das Ziel der yogischen Philosophie ist. Zu sich selbst zu finden und, so paradox es klingen mag, gerade deshalb mit allem verbunden zu sein.

Das große Ganze spüren

Der Baum, Der nach unten schauende HundSat Kriya

Indem wir den Spannungen und Blockaden des Körpers tiefer auf den Grund gehen, bringen wir Energien in Schwung, die unsere Gefühle wieder fließen lassen. Die damit einhergehende Selbsterkenntnis führt unweigerlich zu mehr Selbstliebe und zu einem Gefühl der Verbundenheit. Wir strahlen wieder!

Diese Übungsreihe bewirkt auf körperlicher Ebene
  • Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens

Auf geistig-seelischer Ebene bewirkt sie
  • Innere Ruhe

  • Innere Größe