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ISBN 978-3-406-68126-4

 

© 2015 Verlag C. H. Beck oHG
Wilhelmstraße 9, 80801 München

Satz: Fotosatz Buck, Kumhausen
Umschlaggestaltung: Ralph Zimmermann – Bureau Parapluie
Bildnachweis: © Bernd Kröger – fotolia.com
eBook‐Produktion: Datagroup int. SRL, www.datagroup.ro

Dieser Titel ist auch als Printausgabe beim
Verlag und im Buchhandel erhältlich.

3Inhalt

Vorwort

Sind Arbeitszeugnisse heute noch zeitgemäß?

Individualität als Mehrwert

Welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften sind relevant?

Der Schnellcheck – Das sind die wichtigsten Prüfkriterien

Habe ich ein Recht auf ein Zeugnis?

Wer muss das Zeugnis ausstellen?

Wann kann ich mein Zeugnis verlangen?

Der Grundsatz der Zeugniswahrheit

Wie wohlwollend muss ein Arbeitgeber sein?

Kann ich meinen Anspruch verlieren?

Was tun, wenn der Arbeitgeber kein Zeugnis ausstellt?

Diese Arten von Zeugnissen gibt es

Das einfache Zeugnis

Das qualifizierte Zeugnis

Das Ausbildungszeugnis

Volontäre und Trainees

Werkstudenten und Praktikanten

Das Zwischenzeugnis

Sonstige Nachweise

So sollte ein Zeugnis aussehen

Der erste Eindruck – Anforderungen an die Form

Die Stellenbezeichnung und der Werdegang

Wie sollte die Unternehmensbeschreibung aussehen?

Wie ausführlich muss die Tätigkeitsbeschreibung sein?

Welche Kriterien sollten beurteilt werden?

Die zusammenfassende Leistungsbeurteilung

Ihr Sozialverhalten unter der Lupe

Beendigungsgrund und Schlussformel

Besonderheiten bei Führungskräften

Was nicht im Zeugnis stehen darf

Selbstcheck: Ist mein Zeugnis vollständig?

Was ist beim Zwischenzeugnis anders?

Auf dem Prüfstand: Wie gut ist mein Zeugnis wirklich?

Gibt es wirklich einen Geheimcode?

Die wichtigsten Verschlüsselungstechniken

Was die Länge eines Zeugnisses aussagt

Ich soll mein Zeugnis selbst schreiben

Nutzen Sie Ihre Karrierechance

Den richtigen Aufbau des Zeugnisses beachten

Unzufrieden mit dem Zeugnis?

Verhandeln auf die sanfte Tour

Wenn alles nichts nutzt: Die Klage

Stichwortverzeichnis

2So nutzen Sie dieses Buch

Die folgenden Elemente erleichtern Ihnen die Orientierung im Buch:

Beispiele

In diesem Buch finden Sie zahlreiche Beispiele, die die geschilderten Sachverhalte veranschaulichen.

Definitionen

Hier werden Begriffe kurz und prägnant erläutert.

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Die Merkkästen enthalten Empfehlungen und hilfreiche Tipps.

Auf den Punkt gebracht

Am Ende jedes Kapitels finden Sie eine kurze Zusammenfassung des behandelten Themas.

9Sind Arbeitszeugnisse heute noch zeitgemäß?

Im November 2014 hat ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 18.11.2014, Az. 9 AZR 584/13) sehr viel Medienaufmerksamkeit erhalten, sogar die Tagesschau berichtete darüber. In der Sache war die Entscheidung eher banal: Die Erfurter Richter bestätigten, dass die Zeugnisnote „befriedigend“, also „drei“, weiterhin als durchschnittlicher Maßstab gelten soll. Das heißt im Klartext, wer ein besseres Zeugnis einklagen will, muss beweisen können, dass seine Leistungen besser als „befriedigend“ waren. Damit ist das höchste deutsche Arbeitsgericht seiner bisherigen Rechtsprechung treu geblieben.

Die Hintergründe für das Urteil sind allerdings interessant. Der klagende Arbeitnehmer bezog sich in seiner Klage auf neuere Studien, die darlegen, dass in der Praxis meist nur noch „gute“ und „sehr gute“ Zeugnisse ausgestellt werden – auch für „befriedigende“ Leistungen. Dies zeigt, dass immer mehr Arbeitnehmer – vorwiegend Angestellte, Führungskräfte und das höhere Management – auf eine bessere Dokumentation ihrer Leistungen Wert legen bzw. Einfluss auf das Zeugnis nehmen, es von Profis schreiben lassen oder sogar selbst schreiben.

Im Hinblick darauf wird immer öfter die Frage diskutiert, welchen Wert Arbeitszeugnisse heute noch haben, wenn sich jeder sein Zeugnis selbst schreiben kann. Viele Arbeitgeber wollen darüber hinaus einen nervenzehrenden Rechtsstreit vermeiden und geben dem Wunsch nach einem guten bis sehr guten Zeugnis schnell nach. Immer öfter hört man in diesem Zusammenhang auch Aussagen wie „Ich darf eh nicht die Wahrheit schreiben, was soll also das Ganze?“ oder 10 „Da steht sowieso überall das Gleiche drin, ich überfliege die Zeugnisse der Bewerber nur noch“.

Die Frage nach dem heutigen Wert eines Arbeitszeugnisses ist also ein Stück weit berechtigt. Betrachtet man das Thema jedoch aus einem anderen Blickwinkel, gibt es derzeit einfach (noch?) keine ernst zu nehmende Alternative, mit der ein Arbeitnehmer seine Leistungen im Job dokumentieren kann. Gerade im Hinblick auf die digitale Entwicklung ist es jedoch noch nicht auszuschließen, dass sich früher oder später mögliche Alternativen etablieren. Aber das ist Zukunftsmusik.

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Achtung

Eine Alternative ist jedoch immer mehr im Kommen – die Referenz oder das Empfehlungsschreiben. Dieser Trend ist sicherlich dem Umstand geschuldet, dass immer mehr Freelancer und Projektmitarbeiter, zum Teil über Arbeitnehmerüberlassung, eingesetzt werden, die sonst nichts in der Hand hätten.

Arbeitnehmer, die ihre berufliche Zukunft im Auge haben, sollten also nach wie vor darauf achten, dass ihnen der Arbeitgeber ein gutes Arbeitszeugnis ausstellt. Um dem Dokument wieder eine höhere Wertigkeit zu verleihen, können und sollten Sie aber noch mehr tun: Achten Sie darauf, dass das Arbeitszeugnis aussagekräftig ist. Das wird es durch eine individuelle Beurteilung mit für den jeweiligen Job relevanten Beurteilungskriterien. Hierzu ist es in erster Linie notwendig, dass man sich – ob Mitarbeiter oder Zeugnisaussteller – über die Anforderungen an den jeweiligen Job ein paar Gedanken macht.

11Individualität als Mehrwert

„Frau Böhme arbeitete zu jeder Zeit strukturiert, selbstständig und äußerst sorgfältig.“ Und „Herr Wiegand zeichnete sich stets durch einen sehr konzentrierten und effizienten Arbeitsstil aus.“ Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, welche Eigenschaften und Fähigkeiten wichtig in Ihrem Job sind?

Die Anforderungen an eine berufliche Aufgabe, an ein Jobprofil, sind der Knackpunkt in jedem Arbeitszeugnis. Egal, ob Sie Ihr Zeugnis analysieren oder sich selbst an einem Zeugnisentwurf versuchen wollen – Sie sollten vorab genau überlegen, welche Eigenschaften und Fähigkeiten von Ihnen (also zum Beispiel von einem Produktmanager, von einer Vorstandsassistentin oder von einem Mechatroniker) gefordert werden.

Passende Beschreibungen: selbstständig, kreativ oder sorgfältig?

Stimmen die im Zeugnis beurteilten Eigenschaften nicht mit denen in der Realität geforderten überein, ist das meist ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Zeugnisaussteller nicht viel nachgedacht hat (Beispiel: einem einfachen Produktionshelfer am Fließband wird analytisches Denkvermögen bescheinigt) oder dass sogar böser Wille dahintersteckt (Beispiel: „… dank seiner offenen und geselligen Art […]“, „eine anspruchsvolle und kritische Mitarbeiterin …“).

Genauso unvorteilhaft ist es, wenn bestimmte Attribute fehlen, die für den Job eigentlich wichtig sind (Beispiel: einer Sachbearbeiterin wird keine sorgfältige und gewissenhafte 12Arbeitsweise bescheinigt; bei einem Vertriebler wird das Verkaufstalent mit keiner Silbe erwähnt).

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Achtung

Das Bundesarbeitsgericht hatte dieses Thema auch schon mal auf dem Tisch. Im Entscheidungsfall hatte sich ein Tageszeitungsredakteur darüber beschwert, dass in seinem Zeugnis die Hervorhebung seiner Belastbarkeit in Stresssituationen fehlte. Nach Ansicht der Erfurter Richter kann ein Arbeitnehmer die Ergänzung seines Arbeitszeugnisses verlangen, wenn der Arbeitgeber „übliche Formulierungen“ weggelassen hat. Die Auslassung eines bestimmten Inhalts könne nämlich ein unzulässiges Geheimzeichen sein. Welche Formulierungen üblich sind, hängt von der jeweiligen Branche, in der der Arbeitnehmer tätig ist, oder von der Berufsgruppe ab, der er angehört (BAG, Urteil vom 12.08.2008, Az. 9 AZR 632/07).

Welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften sind relevant?

Die folgende Checkliste soll Ihnen bei der Analyse bzw. Vorbereitung Ihres Zeugnisses als Hilfestellung dienen. Auch wenn ich mich bemüht habe, so viele Anforderungen wie möglich aufzuzählen, erhebt die Liste natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

13Checkliste: Welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften sind in Ihrem Job relevant?

Fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten

spezifische Fachkenntnisse auf einem bestimmten Gebiet

Kenntnis der Prozesse und Abläufe im Unternehmen

Branchen- und Marktkenntnisse

Berufserfahrung

praktische Fähigkeiten (zum Beispiel handwerkliches Geschick, Fingerfertigkeit, Talent)

wirtschaftliche Kompetenz/betriebswirtschaftliche Kenntnisse

unternehmerisches Denken und Handeln

technische Kenntnisse/technisches Verständnis

(besondere) IT-Kenntnisse

Sprachkenntnisse

Rhetorische Kenntnisse

pädagogische Fähigkeiten

Verhandlungsgeschick/-stärke

Verkaufstalent

Verknüpfung mehrerer Fähigkeiten, die besonders wertvoll für das Unternehmen war

Besondere Anforderungen

innovativ

beobachtungsstark

fantasievoll/kreativ

14gutes Gespür für Trends

kommunikationsstark

assoziativ

entscheidungsfreudig

strategisch denkend

analytisch denkend

integer/loyal

diskret

Belastbarkeit

ausdauernd

beharrlich

auch in Stresssituationen/unter Termindruck belastbar

flexibel

Leistungsbereitschaft

motiviert

engagiert

entschlossen

zielstrebig

leistungsbereit

eigeninitiativ

ehrgeizig im positiven Sinn

proaktiv

15Arbeitsweise

verantwortungsbewusst/zuverlässig

rational

genau/sorgfältig/gewissenhaft

systematisch/strukturiert

effizient/schnell

selbstständig

zielorientiert

planend/vorausschauend

Sozialkompetenz

überzeugend, durchsetzungsstark

empathisch/mit Feingefühl

konfliktfähig

kooperativ, teamorientiert/-fähig

kompromissbereit

kontaktstark, offen

kritikfähig

hilfsbereit

freundlich, höflich

serviceorientiert

16Gehen Sie die verschiedenen Punkte der Reihe nach durch und wählen Sie die Anforderungen aus, die eine deutliche Relevanz für Ihre Aufgabe haben. Beziehen Sie dabei unter Umständen auch mit ein, welche Eigenschaften Sie in Ihrer weiteren Karriereplanung voranbringen können.

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Achtung

Die Erfahrung zeigt, dass die meisten meiner Gesprächspartner versucht sind, sehr viele Möglichkeiten anzukreuzen, schließlich ist man ja ehrlich, integer, kompromissbereit. Doch Vorsicht, es geht hier nicht um die persönlichen Eigenschaften im privaten Sinn. Hinterfragen Sie Ihre Auswahl noch einmal: Was ist wirklich relevant für Ihren Job?

Auch wenn die Vorbereitung oder Analyse dadurch aufwendig wird, es lohnt sich wirklich, sich darüber Gedanken zu machen. Nur so wird das Arbeitszeugnis aussagekräftig.

Aufgaben, Projekte und Erfolge im Fokus

Ein weiterer Punkt der in vielen Zeugnissen fehlt, ist der Erfolg. Ihre Aufgaben werden aufgezählt, wenn es gut geht, noch ein bestimmtes Fachwissen, worüber Sie verfügen. Das war es aber dann auch schon.

Um einen potenziellen Arbeitgeber mit einem aussagekräftigen Zeugnis zu überzeugen, gehört mehr dazu. Wo konnten Sie mit Ihrem Fachwissen besonders überzeugen? Welche Projekte haben Sie umgesetzt? Was bedeutet der Erfolg des Projektes für das Unternehmen? Auch diese Punkte 17sollten Sie gründlich überlegen, bevor es an die Erstellung des Zeugnisses geht. Geben Sie auch diese Punkte an den Vorgesetzten weiter, der Zeugnis erstellen soll.

Beispiel

Nehmen wir an, Sie haben sich als Restaurantfachfrau in einem guten Hotel ein hervorragendes Wissen über deutsche Weine angeeignet. Warum sollte nicht erwähnt werden, wie Sie dieses Wissen besonders gut einsetzen konnten?

So könnte die Formulierung aussehen:

Besonders hervorheben wollen wir, dass sich Frau Sommer während ihrer Zeit in unserem Hause ein hervorragendes Wissen über deutsche Weine angeeignet hat. Ihre Kenntnisse konnte sie besonders bei großen Bankettveranstaltungen wie Hochzeiten und Firmenfeiern unter Beweis stellen. Durch eine sehr professionelle Beratung im Vorfeld sowie eine sehr gute Planung und Vorbereitung sorgte sie stets dafür, dass die Veranstaltungen für unsere Kunden ein unvergessliches Erlebnis wurde.

Damit verknüpfen Sie erfolgreich Wissen und Erfolg und machen damit das Zeugnis ein Stück individueller und aussagekräftiger. Wenn Sie Ihre Aufgaben und Projekte im Vorfeld näher unter die Lupe nehmen, wird sich bei jedem Job ein entsprechender Erfolg finden lassen, den man auf Ihre besonderen Kenntnisse oder Fähigkeiten zurückführen kann.

Folgende Formulierungen können Sie hierfür zum Beispiel verwenden:

Der Schnellcheck – Das sind die wichtigsten Prüfkriterien

Worauf achten Personalprofis als Erstes, wenn sie ein Zeugnis betrachten? Die meisten von ihnen haben sicherlich eine Reihe von Prüfkriterien im Kopf, die sie schnell und gezielt abhaken. Nicht selten weiß ein geübter Leser bereits nach ein bis zwei Minuten, ob das Zeugnis in Ordnung ist oder ob es Unstimmigkeiten enthält.

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Achtung