Ripley Under Ground

Für meine polnischen Nachbarn

Agnès und Georges Barylski,

meine französischen Freunde

Ich glaube, ich würde bereitwilliger für etwas sterben, wovon ich nicht überzeugt bin, als für etwas, was ich für wahr halte … Manchmal habe ich den Eindruck, daß das Leben eines Künstlers ein langer und lieblicher Selbstmord ist, und das bedaure ich nicht.

Oscar Wilde in einem persönlichen Brief

1

Tom war im Garten, als das Telefon klingelte. Er ließ die Haushälterin, Madame Annette, an den Apparat gehen und kratzte weiter das feuchte Moos von den Steinstufen. Es war ein nasser Oktober.

»Monsieur Tomme!« rief Madame Annettes heller Sopran. »Ein Anruf aus London!«

»Ich komme«, rief Tom. Er warf den Spachtel hin und ging ins Haus.

Das Telefon befand sich im Wohnzimmer. Tom setzte sich nicht auf das Sofa, um den gelben Satinbezug nicht mit seiner Gartenjeans zu beschmutzen.

»Hallo, Tom. Hier spricht Jeff Constant. Hast du –« Knattern in der Leitung.

»Kannst du bitte lauter sprechen? Die Verbindung ist schlecht.«

»Jetzt besser? Ich höre dich gut.«

In London konnten sie einen immer gut hören. »Ein bißchen.«

»Hast du meinen Brief bekommen?«

»Nein«, sagte Tom.

»Oh. Wir haben Ärger. Ich wollte dich warnen. Es gibt –« Knistern, Summen, dumpfes Klicken, und die Verbindung war unterbrochen.

»Mist«, sagte Tom gelassen. Ihn warnen? Gab es Ärger in der Galerie? Mit Derwatt Ltd.? Ausgerechnet ihn warnen? Tom war nur eine Randfigur. Gewiß, er hatte sich Derwatt Ltd. ausgedacht und bezog ein bescheidenes Einkommen aus der Firma, aber – Tom warf einen Blick auf das Telefon und wartete darauf, daß es wieder klingelte. Oder sollte er Jeff anrufen? Nein; er wußte nicht, ob Jeff ihn von seinem Atelier oder von der Galerie aus angerufen hatte. Jeff Constant war Fotograf.

Tom ging zu der Fenstertür, die in den Garten führte. Er wollte sich wieder über das Moos hermachen. Gartenarbeit in moderatem Ausmaß gefiel ihm, und er verbrachte jeden Tag etwa eine Stunde mit Rasenmähen, Zusammenrechen von Laub und Zweigen und Unkrautjäten. Es war gut für die Kondition, und außerdem konnte man tagträumen. Kaum war er wieder mit dem Moos beschäftigt, klingelte das Telefon.

Madame Annette kam mit einem Staubwedel in der Hand in das Wohnzimmer. Sie war klein und kompakt, um die Sechzig und munteren Gemüts. Sie konnte kein Wort Englisch und war außerstande, auch nur »Good morning« sagen zu lernen, und das war Tom gerade recht.

»Ich gehe hin, Madame«, sagte Tom und nahm ab.

»Hallo!« rief Jeff. »Hör mal, Tom, kannst du nicht herkommen? Ich meine nach London, weil –«

»Wie?« Die Verbindung war wieder schlecht, aber besser als vorhin.

»Ich meine – ich habe es in meinem Brief erklärt. Ich kann jetzt nicht sprechen. Aber es ist wichtig, Tom.«

»Hat irgend jemand einen Fehler gemacht? Bernard?«

»In gewisser Hinsicht. Es kommt jemand aus New York, wahrscheinlich morgen.«

»Wer ist das?«

»Steht in meinem Brief. Die Derwatt-Ausstellung wird am Dienstag eröffnet. Bis dahin halte ich ihn hin. Ed und ich verschwinden einfach von der Bildfläche.« Jeff klang ziemlich besorgt. »Kannst du kommen, Tom?«

»Ja, ja.« Tom hatte keine Lust, nach London zu reisen.

»Laß Héloïse nichts davon wissen. Ich meine, daß du nach London fährst.«

»Héloïse ist in Griechenland.«

»Oh, prima.« Die erste hörbare Erleichterung.

Jeffs Brief kam nachmittags um fünf Uhr an, per Eilpost und eingeschrieben.

104, Charles Place
London NW8

Lieber Tom,

die neue Derwatt-Ausstellung wird am Dienstag, den 15., eröffnet. Es ist die erste seit zwei Jahren. Bernard hat neunzehn neue Bilder, andere kommen als Leihgaben dazu.

Und jetzt die schlechte Nachricht: Es gibt einen amerikanischen Sammler namens Thomas Murchison – Sammler, nicht Händler –, im Ruhestand und stinkreich. Er hat vor drei Jahren einen Derwatt bei uns gekauft. Den hat er mit einem Derwatt aus einer früheren Periode verglichen, den er in den Staaten gesehen hat, und jetzt behauptet er, seiner wäre nicht echt. Was natürlich zutrifft, weil er von Bernard ist. Er hat an die Buckmaster Gallery (an mich) geschrieben, daß er sein Bild für eine Fälschung hält, weil es nach Technik und Farbgebung zu einer Derwatt-Werkperiode von vor fünf oder sechs Jahren gehört. Mir schwant, daß Murchison mächtig viel Ärger machen will. Was sollen wir tun? Du hast doch immer gute Einfälle, Tom.

Kannst Du rüberkommen und Dich mit uns beraten? Selbstverständlich auf Kosten der Buckmaster Gallery. Mehr als alles andere brauchen wir einen Schuß Selbstvertrauen. Ich glaube nicht, daß Bernard bei einem der neuen Bilder danebengegriffen hat, aber er ist zur Zeit ein einziges Nervenbündel, und wir wollen ihn nicht einmal auf der Vernissage dabeihaben – vor allem nicht auf der Vernissage.

Bitte komm sofort, wenn Du kannst!

Herzlich,
Dein Jeff

 

PS: Murchisons Brief war zwar höflich, aber was machen wir, wenn er sich in den Kopf setzt, Derwatt in Mexiko aufzusuchen, um sich zu vergewissern, usw.?

Das war tatsächlich ein Problem, dachte Tom, denn Derwatt existierte nicht. Die Geschichte (Toms Erfindung), wie die Buckmaster Gallery und Derwatts treuer kleiner Freundeskreis sie verbreitete, lautete, Derwatt habe sich in ein winziges mexikanisches Dorf zurückgezogen, wo er ganz allein, ohne Telefonanschluß lebte und keine Besucher vorließ; der Galerie habe er ausdrücklich verboten, seine Adresse weiterzugeben. Tja, sollte Murchison sich nach Mexiko aufmachen, dann hätte er eine anstrengende Suche vor sich, gewissermaßen eine Lebensaufgabe.

Zu befürchten stand, wie Tom es sah, daß Murchison wahrscheinlich seinen Derwatt mitbringen, sich auch an andere Kunsthändler wenden würde und danach an die Presse. Das konnte Mißtrauen wecken und am Ende die Derwatt-Schimäre zum Platzen bringen. Würde die Bande ihn in die Sache hineinziehen? (Tom bezeichnete die Leute von der Galerie, Derwatts alte Freunde, in Gedanken immer als »die Bande«, obwohl er sich über den Begriff jedesmal ärgerte.) Bernard war in der Lage, Tom Ripley zu erwähnen, nicht aus Tücke, sondern wegen seiner krankhaften, fast schon christusgleichen Ehrlichkeit.

Tom hatte sich einen tadellosen Namen und einen tadellosen Ruf bewahrt, erstaunlich tadellos. Nicht auszudenken, wie peinlich es wäre, in den französischen Zeitungen zu lesen, daß Thomas Ripley aus Villeperce-sur-Seine, Ehemann von Héloïse Plisson und Schwiegersohn Jacques Plissons, des millionenschweren Eigentümers von Plisson Pharmaceutiques, sich den lukrativen Betrug mit Derwatt Ltd. ausgedacht hatte und seit Jahren Geld damit machte, auch wenn es nur zehn Prozent der Einnahmen waren. Es würde den denkbar schlechtesten Eindruck erwecken. Selbst Héloïse, deren Moralbegriffe Tom als nahezu inexistent einschätzte, könnte sich daran stören, und mit Sicherheit würde ihr Vater Druck auf sie ausüben (indem er ihr den Geldhahn zudrehte), um sie zur Scheidung zu bewegen.

Derwatt Ltd. war inzwischen so gewachsen, daß ein Kollaps weitverzweigte Auswirkungen haben würde. Es wäre das Ende des lukrativen Handels mit Künstlerfarben und -material unter dem Label Derwatt, aus dem die Bande und Tom Tantiemen bezogen. Und in Perugia gab es die Derwatt School of Art – hauptsächlich für harmlose alte Damen und amerikanische Schulmädchen auf Europareise, doch ebenfalls eine Einnahmequelle. Die Kunstschule lebte weniger vom Unterricht und vom Verkauf des entsprechenden Derwatt-Zubehörs als vielmehr davon, daß sie als Makler fungierte, indem sie Häuser und möblierte Wohnungen der Luxusklasse an gutgepolsterte Touristen vermittelte und eine saftige Provision dafür kassierte. Ein englisches Schwulenpaar, das in die Derwatt-Geschichte nicht eingeweiht war, leitete die Schule.

Tom konnte sich nicht entscheiden, ob er nach London fahren sollte. Was konnte er ihnen sagen? Und das Problem war ihm nicht klar: Warum sollte ein Maler nicht für kurze Zeit zu einer alten Technik zurückkehren?

»Möchte Monsieur heute abend Lammkoteletts oder lieber kalten Schinken essen?« fragte ihn Madame Annette.

»Lammkoteletts, glaube ich. Danke. Und was macht Ihr Zahn?« Madame Annette war an diesem Morgen wegen eines Zahns, der sie die ganze Nacht wach gehalten hatte, bei dem Dorfzahnarzt gewesen, in den sie größtes Vertrauen setzte.

»Keine Schmerzen mehr. Dr. Grenier ist so reizend! Er hat gesagt, es wäre ein Abszeß, und er hat ein Loch in den Zahn gebohrt und gesagt, der Nerv würde herausfallen.«

Tom nickte, obwohl er sich fragte, wie ein Nerv herausfallen sollte; wahrscheinlich ein Effekt der Schwerkraft. Er erinnerte sich, wie einmal nach einem der Nerven in seinen Zähnen gegraben worden war, ebenfalls im Oberkiefer.

»Haben Sie gute Nachrichten aus London?«

»Nein, nur – nur ein Anruf von einem Freund.«

»Haben Sie von Madame Héloïse gehört?«

»Heute noch nicht.«

»Ah, stellen Sie sich die Sonne vor! Griechenland!« Madame Annette polierte die bereits spiegelglatte Oberfläche einer großen Eichentruhe neben dem Kamin. »Schauen Sie nur! In Villeperce scheint keine Sonne. Bei uns ist schon Winter.«

»Ja.« Madame Annette sagte in letzter Zeit jeden Tag das gleiche.

Tom erwartete Héloïse erst kurz vor Weihnachten zurück. Es war ihr aber auch zuzutrauen, daß sie unerwartet auftauchte – nach einer unerheblichen und keineswegs irreparablen Auseinandersetzung mit ihren Freunden oder weil sie auf einmal keine Lust mehr hatte, sich so lange auf einem Schiff aufzuhalten. Héloïse war sehr spontan.

Tom legte eine Beatles-Platte auf, um sich aufzumuntern, und ging mit den Händen in den Taschen in dem großen Wohnzimmer auf und ab. Er liebte das Haus. Es war ein zweistöckiger grauer Steinbau mit vier Türmchen über vier runden Räumen. Das Haus sah aus wie ein kleines Schloß. Der Garten war riesig, und das Anwesen hatte selbst für amerikanische Begriffe ein Vermögen gekostet. Héloïse’ Vater hatte es ihnen vor drei Jahren zur Hochzeit geschenkt. Vor seiner Heirat hatte Tom das Greenleaf-Geld nicht mehr ausgereicht, daß er das Leben so genießen konnte, wie er es sich angewöhnt hatte, und deshalb war ihm sein Anteil an der Derwatt-Sache zupaß gekommen. Jetzt bereute er es. Er war mit zehn Prozent einverstanden gewesen, als diese zehn Prozent nicht viel Geld gewesen waren. Nicht einmal er hatte voraussehen können, wie lukrativ Derwatt einmal sein würde.

Den Abend verbrachte Tom wie die meisten Abende still und allein, doch er war unruhig. Beim Essen spielte er leise Musik und las Servan-Schreiber auf französisch. Zwei Wörter kannte er nicht, die wollte er später in seinem Harrap-Wörterbuch auf dem Nachttisch nachschlagen. Er konnte sich Wörter, die er nachschlagen wollte, gut merken.

Nach dem Essen zog er einen Regenmantel an, obwohl es nicht regnete, und ging zu einer kleinen bar-café in der Nähe. Hin und wieder trank er hier am Tresen abends seinen Kaffee. Unweigerlich erkundigte sich Georges, der Inhaber, nach Héloïse und sagte, wie bedauerlich es sei, daß Tom soviel allein sei. Heute abend sagte Tom fröhlich: »Oh, ich glaube nicht, daß sie noch einmal zwei Monate auf der Yacht bleiben wird. Sie wird sich langweilen.«

»Quel luxe«, murmelte Georges verträumt. Er war beleibt und hatte ein Mondgesicht.

Tom mißtraute seiner sanftmütigen und unerschütterlich guten Laune. Seine Frau Marie, eine große, energische Brünette mit grellrotem Lippenstift, war alles andere als zimperlich, aber ihr enthemmtes und fröhliches Lachen nahm jeden für sie ein. Es war ein Arbeiterlokal, was Tom nicht störte, doch es war nicht sein Lieblingslokal, nur das nächstgelegene. Wenigstens hatten ihn Georges und Marie nie auf Dickie Greenleaf angesprochen wie ein paar von seinen und Héloïse’ Pariser Bekannten und wie der Besitzer des Saint-Pierre, des einzigen Hotels von Villeperce. Der hatte ihn gefragt: »Sind Sie etwa der Mr. Ripley, der mit dem Amerikaner Grinlif befreundet war?« Tom hatte bejaht, doch das war vor drei Jahren gewesen, und solche Fragen – wenn nicht weitergebohrt wurde – machten ihn nicht nervös; trotzdem mied er das Thema tunlichst. Es war durchgesickert, daß er von Dickie ziemlich viel Geld geerbt hatte, ein regelmäßiges Einkommen. Andererseits hatte niemand je unterstellt, daß Tom als Erblasser sich selbst als Erben eingesetzt hatte. Obschon die Franzosen für finanzielle Transaktionen einen Riecher hatten.

Nach dem Kaffee ging Tom nach Hause und grüßte unterwegs die wenigen Nachbarn, die ihm begegneten, mit einem bonsoir; hin und wieder rutschte er auf den nassen Blätterhaufen am Straßenrand aus. Ein Trottoir gab es nicht. Weil die Straßenlaternen so spärlich waren, hatte Tom eine Taschenlampe mitgenommen. Hie und da erhaschte er einen Blick auf gemütliche Familienrunden, die um einen Küchentisch mit Wachstuchdecke saßen und fernsahen. Kettenhunde bellten in dem einen oder anderen Hof. Tom öffnete das drei Meter hohe Eisentor seines Grundstücks; seine Sohlen knirschten auf dem Kies. Madame Annettes Licht brannte in ihrem Zimmer und warf ein helles Rechteck auf den Boden. Sie hatte ihren eigenen Fernsehapparat. Zum Zeitvertreib malte Tom abends gern. Er wußte, daß er schlecht malte, noch schlechter als Dickie. Aber heute abend war ihm nicht nach Malen zumute. Statt dessen schrieb er einem Freund in Hamburg, Reeves Minot, einem Amerikaner, und fragte ihn, wann er gebraucht würde. Reeves sollte einem italienischen Grafen namens Bertolozzi einen Mikrofilm oder etwas Ähnliches unterschieben. Der Graf würde Tom in Villeperce für ein paar Tage besuchen, und Tom würde den Gegenstand aus dem Koffer entfernen oder von der Stelle, die Reeves ihm nannte, und einem Unbekannten in Paris schicken. Tom fungierte häufig als Zwischenträger, bei Juwelendiebstählen beispielsweise. Es war einfacher, seinen Gästen Gegenstände zu Haus abzunehmen, als zu versuchen, so etwas in einem Pariser Hotelzimmer zu tun, während der ahnungslose Bote den Rücken kehrte. Tom hatte den Grafen vor kurzem auf einer Reise nach Mailand kennengelernt, wo sich auch Reeves aufgehalten hatte. Tom hatte sich mit dem Grafen über Malerei unterhalten. Meistens fiel es ihm nicht weiter schwer, Leute mit etwas Zeit und Muße zu überreden, ihn in Villeperce zu besuchen und sich seine Bilder anzusehen. Neben den Derwatts besaß er einen Soutine – diesen Maler schätzte er ganz besonders –, einen van Gogh, zwei Magrittes, Zeichnungen von Cocteau, Picasso und von weniger bekannten Künstlern, die er nicht schlechter oder sogar besser fand. Villeperce war nicht weit von Paris entfernt, und den meisten seiner Gäste gefiel es, ein bißchen Landluft zu schnuppern, bevor sie sich in die Großstadt aufmachten. Tom holte sie oft mit dem Wagen in Orly ab, sechzig Kilometer nördlich von Villeperce. Nur einmal war die Sache schiefgegangen, weil der Gast sofort nach seiner Ankunft an einer Lebensmittelvergiftung erkrankt war und Tom keine Möglichkeit gefunden hatte, sich an seinem Koffer zu schaffen zu machen, weil der Kranke dauernd wach in seinem Zimmer lag. Der fragliche Gegenstand, auch diesmal ein Mikrofilm, war von einem Reeves-Mitarbeiter unter schwierigen Umständen in Paris gesichert worden. Tom konnte den Wert einiger dieser Dinge nicht einschätzen, doch so ging es ihm auch oft genug bei der Lektüre von Spionageromanen; Reeves war ebenfalls nur ein Strohmann, der seinen Prozentsatz bekam. Tom gab diese Dinge jedesmal auf einem anderen Postamt auf, und er versandte sie stets unter falschem Namen und mit falschem Absender.

An diesem Abend konnte er einfach nicht einschlafen, und schließlich stand er auf, zog seinen purpurroten wollenen Morgenmantel an – neu und flauschig, mit lauter militärisch anmutenden Schnüren und Quasten, ein Geburtstagsgeschenk von Héloïse – und ging in die Küche hinunter. Er hatte vorgehabt, eine Flasche Super-Valstar-Bier zu holen, sich dann aber dafür entschieden, Tee zu machen. Weil er fast nie Tee trank, paßte es zu dieser seltsamen Nacht. Er ging auf Zehenspitzen durch die Küche, um Madame Annette nicht zu wecken. Der Tee, den er machte, war dunkelrot. Er hatte zu viele Teeblätter genommen, und das Gebräu war das, was die Engländer als Themsewasser bezeichneten. Er trug das Tablett ins Wohnzimmer, schenkte sich eine Tasse ein und ging lautlos in seinen Filzpantoffeln auf und ab. Warum sollte er nicht in Derwatts Rolle schlüpfen, dachte er. Ja, natürlich! Das war die Lösung, die perfekte Lösung, die einzige Lösung.

Derwatt war ungefähr in seinem Alter – Tom war einunddreißig, und Derwatt wäre um die Fünfunddreißig gewesen, mit blaugrauen Augen, wie Cynthia (Bernards Freundin) oder Bernard geschwärmt hatten, wenn sie von ihrem Idol Derwatt erzählten. Derwatt hatte einen kurzgestutzten Bart gehabt, was Tom zustatten kam.

Jeff Constant wäre zweifellos von der Idee begeistert. Eine Pressekonferenz. Für eventuelle Fragen mußte Tom unbedingt sein Wissen auffrischen und sich Geschichten ausdenken. War Derwatt von gleicher Körpergröße wie er? Na, wer von den Journalisten würde das schon wissen! Derwatts Haar war dunkler gewesen, dachte Tom. Aber dem ließ sich nachhelfen. Tom trank mehr Tee und nahm seine Wanderungen durch das Zimmer wieder auf. Er sollte einen Überraschungsauftritt haben, vermeintlich sogar für Jeff und Ed überraschend – und natürlich für Bernard. Das zumindest würden sie der Presse erzählen.

Tom versuchte sich vorzustellen, wie er Mr. Thomas Murchison gegenübertreten würde. Ruhig und selbstsicher auftreten, das war das A und O. Wenn Derwatt sagte, daß es sein Bild sei und er es gemalt hatte, wie sollte ihm Murchison da widersprechen können?

Im Hochgefühl der Begeisterung ging Tom zum Telefon. Um diese Stunde – kurz nach zwei Uhr morgens – waren die Telefonistinnen im Amt oft eingenickt und brauchten zehn Minuten, um sich zu melden. Geduldig saß Tom auf der Kante seines gelben Sofas und dachte nach. Jeff oder sonstwer mußte ihm erstklassiges Make-up besorgen. Am liebsten hätte er ein Mädchen damit beauftragt, Cynthia zum Beispiel, doch Cynthia und Bernard hatten sich vor zwei oder drei Jahren getrennt. Cynthia wußte über die Derwatt-Sache und Bernards Fälschungen Bescheid und hatte keinen Penny von dem Geld angerührt, das damit eingenommen worden war, soviel wußte Tom noch.

»Allô, j’écoute«, sagte die Telefonistin gereizt, als hätte Tom sie aus dem tiefsten Schlaf gerissen. Tom nannte ihr die Nummer von Jeffs Atelier, die in einem Adreßbuch neben dem Telefon stand. Tom hatte Glück, der Anruf wurde nach fünf Minuten durchgestellt. Er schob seine dritte Tasse von dem grauenhaften Tee näher zum Telefon.

»Hallo, Jeff. Hier Tom. Wie steht’s?«

»Unverändert. Ed ist da. Wir wollten dich gerade anrufen. Kommst du?«

»Ja, und ich habe eine Idee. Wie wär’s, wenn ich als – als unser abwesender Freund aufträte, für ein paar Stunden wenigstens?«

Es dauerte einen Augenblick, bis Jeff verstanden hatte. »Oh, Tom, Klasse! Kannst du bis Dienstag hier sein?«

»Klar, sicher.«

»Kannst du am Montag kommen, übermorgen?«

»Das schaffe ich nicht. Aber Dienstag bin ich da. Jetzt paß auf, Jeff, das Make-up muß erstklassig sein.«

»Keine Sorge! Sekunde!« Jeff legte den Hörer hin, um mit Ed zu sprechen, und kam wieder an den Apparat. »Ed sagt, er hat da eine – eine gute Quelle.«

»Setz es nicht gleich in die Zeitung«, sagte Tom ruhig, denn Jeffs Stimme klang, als würde er vor Freude gleich überschnappen. »Und noch etwas: Wenn es nicht klappt, wenn ich auffliege, dann müssen wir so tun, als wäre es ein Scherz, den sich ein Freund von dir ausgedacht hat – ich in diesem Fall. Und daß es nichts mit du weißt schon zu tun hat.« Tom meinte den Versuch, das gefälschte Bild in Murchisons Besitz zu einem echten Derwatt zu erklären, doch Jeff begriff sofort.

»Ed will noch etwas sagen.«

»Hallo, Tom«, sagte Eds tiefere Stimme. »Wir sind so froh, daß du kommst. Und deine Idee ist großartig. Außerdem hat Bernard noch Kleidung und anderen Kram von ihm.«

»Das überlasse ich alles euch.« Tom war plötzlich besorgt. »Die Kleidung ist das unwichtigste. Wichtig ist das Gesicht. An die Arbeit, ja?«

»Du sagst es. Toi, toi, toi.«

Sie legten auf. Tom ließ sich auf das Sofa sinken, legte die Füße hoch und entspannte sich. Nein, er würde keinen Tag zu früh nach London fahren. Im letzten Moment mit Bravour und Schneid auf die Bühne springen. Zuviel Üben und Einstudieren konnte alles ruinieren.

Tom stand auf, die Tasse mit dem kalten Tee in der Hand. Es wäre amüsant und spaßig, wenn der Bluff ihm gelänge, dachte er, während er auf den Derwatt über dem Kamin blickte. Es war ein in Rosatönen gehaltenes Bild von einem Mann in einem Sessel, einem Mann mit mehreren Umrissen, so daß es aussah, als betrachte man das Bild durch eine fremde Brille, die alles verzerrte. Manche Leute sagten, Derwatt-Bilder verursachten ihnen Augenschmerzen. Doch aus einer Entfernung von drei, vier Metern verhielt es sich nicht so. Das Bild war kein echter Derwatt, sondern eine frühe Fälschung Bernard Tufts’. An der Wand gegenüber hing ein echter Derwatt, Die roten Stühle. Zwei kleine Mädchen saßen nebeneinander, verängstigt wie am ersten Schultag oder bei einer besonders drastischen Predigt in der Kirche. Die roten Stühle war acht oder neun Jahre alt. Hinter den kleinen Mädchen, wo sie auch sitzen mochten, stand alles in Flammen. Gelbe und rote Flammen züngelten, von weißen Pinselstrichen akzentuiert, so daß das Feuer dem Betrachter nicht sofort ins Auge sprang, was einen ungeheuren Effekt bewirkte. Tom liebte beide Bilder. Wenn er sie anschaute, dachte er inzwischen kaum noch daran, daß eines gefälscht und das andere echt war.

Tom erinnerte sich verschwommen an die Frühzeit dessen, was heute Derwatt Ltd. war. Er war Jeffrey Constant und Bernard Tufts in London begegnet, kurz nach Derwatts Tod – vermutlich Freitod – in der Ägäis. Tom war selbst gerade aus Griechenland zurückgekommen, nicht lange nach dem Tod Dickie Greenleafs. Derwatts Leiche war nie gefunden worden, doch einige Fischer aus dem Dorf sagten, sie hätten ihn eines Morgens zum Schwimmen aufbrechen sehen, ohne daß er wiedergekommen wäre. Derwatts Freundeskreis – bei dieser Begegnung hatte Tom auch Cynthia Gradnor kennengelernt – war zutiefst bestürzt gewesen, auf eine Weise betroffen, wie Tom es noch nie erlebt hatte, nicht einmal bei Menschen, die einen nahen Verwandten verloren hatten. Jeff, Ed, Cynthia und Bernard waren wie betäubt gewesen. Sie sprachen wie in Trance, geradezu ekstatisch von Derwatt – nicht nur als Künstler, sondern als Freund und als Mensch. Er hatte in Islington bescheiden gelebt, sich oft kärglich ernährt, doch er war immer großzügig gewesen. Die Kinder aus der Nachbarschaft hatten ihn geliebt und hatten ihm Modell gesessen, ohne Geld zu erwarten, doch Derwatt hatte immer seine letzten Pennies aus der Tasche geholt und ihnen gegeben. Und kurz vor seiner Abreise nach Griechenland hatte er eine große Enttäuschung erlitten. Er hatte einen Regierungsauftrag für eine Wandmalerei im Postamt einer nordenglischen Stadt erhalten. Der Entwurf war angenommen worden, doch die Ausführung des Freskos nicht: wegen einer nackten oder zu nackten Person auf dem Bild, und Derwatt hatte sich geweigert, daran etwas zu ändern. (»Zu Recht selbstverständlich«, wie Derwatts treue Freunde Tom versicherten.) So war Derwatt um tausend Pfund gebracht worden, mit denen er gerechnet hatte. Offenbar war es die letzte Enttäuschung in einer veritablen Pechsträhne gewesen, deren ganzes Ausmaß Derwatts Freunde nicht erkannt hatten, was sie sich nun zum Vorwurf machten. Auch um eine Frau war es gegangen, daran erinnerte Tom sich undeutlich, obwohl diese Enttäuschung Derwatt letztlich weniger ausmachte als die beruflichen Rückschläge. Derwatts Freunde waren sämtlich Künstler und Intellektuelle, in der Mehrzahl vielbeschäftigte Freiberufler, die in den Tagen vor seiner Abreise, als er sie besuchen wollte – nicht, um sie anzupumpen, sondern um Gesellschaft zu haben –, keine Zeit für ihn gehabt hatten. Ohne Wissen seiner Freunde hatte Derwatt das bißchen Mobiliar aus seinem Atelier verkauft und sich nach Griechenland abgesetzt, von wo er einen langen und tieftraurigen Brief an Bernard geschrieben hatte. (Den Brief hatte Tom nie zu sehen bekommen.) Und dann hatte es geheißen, er sei verschwunden oder umgekommen.

Als erstes hatten Derwatts Freunde, darunter Cynthia, seine Gemälde und Zeichnungen zusammengetragen und versucht, sie zu verkaufen. Sie wollten seinen Namen am Leben erhalten, wollten, daß die Welt sein Werk zur Kenntnis nahm und wertschätzte. Derwatt hatte keine Verwandten; soweit Tom sich erinnerte, war er ein Findelkind gewesen, das nicht einmal seine Eltern kannte. Die Geschichte von seinem tragischen Tod war eher eine Hilfe gewesen als ein Hindernis: Normalerweise interessierten Galerien sich nicht für die Arbeiten junger unbekannter Künstler, die obendrein nicht mehr lebten, doch Edmund Banbury, ein freier Journalist, hatte seine Beziehungen spielen lassen und Artikel um Artikel über Derwatt lanciert, die in Zeitungen, Sonderbeilagen und Kunstzeitschriften erschienen, mit Fotos illustriert, die Jeffrey Constant von Derwatts Bildern gemacht hatte. Innerhalb weniger Monate nach Derwatts Tod fanden sie eine Galerie, die Buckmaster Gallery – obendrein in der Bond Street! –, die bereit war, die Bilder in Kommission zu nehmen, und schon bald wurden Derwatts Leinwände für sechs- bis achthundert Pfund gehandelt.

Doch dann war das Unvermeidliche eingetreten. Alle Bilder oder fast alle waren verkauft; zu diesem Zeitpunkt war Tom, der damals in London wohnte (genauer gesagt seit zwei Jahren in einer Mietwohnung in SW1 in der Nähe des Eaton Place), eines Abends im Salisbury Pub Jeff und Ed und Bernard wiederbegegnet. Sie waren an diesem Abend wieder traurig gewesen, weil Derwatts Bilder zu versiegen drohten, und auf einmal hatte Tom gesagt: »Ihr seid so gut im Geschäft, daß es zu schade wäre, sang- und klanglos aufzuhören. Kann Bernard nicht einfach ein paar Bilder in Derwatts Manier fabrizieren?« Tom hatte das scherzhaft oder wenigstens nicht richtig ernst gemeint. Er kannte die drei nur oberflächlich und wußte nicht mehr, als daß Bernard Maler war. Doch Jeff, der ebenso praktisch veranlagt war wie Ed Banbury (und das genaue Gegenteil von Bernard), hatte sich zu Bernard umgewandt und gesagt: »Auf den Gedanken bin ich auch schon gekommen. Was sagst du dazu, Bernard?« Tom wußte nicht mehr, was Bernard darauf erwidert hatte, doch er wußte noch, daß Bernard den Kopf gesenkt hatte – wie vor Scham oder vor schierem Entsetzen bei der Vorstellung, sein Idol Derwatt zu fälschen. Monate später war Tom Ed Banbury in London auf der Straße begegnet, und Ed hatte ihm aufgeräumt verkündet, daß Bernard zwei hervorragende Derwatts zustande gebracht hatte und daß sie eines der Bilder in der Buckmaster Gallery als echten Derwatt verkauft hatten.

Wieder später, als Tom gerade Héloïse geheiratet hatte und nicht mehr in London lebte, begegneten Tom und Héloïse Jeff auf einer Party, einer jener Cocktailpartys, deren Gastgeber man nie zu sehen oder zu sprechen bekommt, und Jeff hatte Tom in eine Ecke gelotst.

Jeff hatte gesagt: »Können wir uns später woanders sehen? Das ist meine Adresse«, wobei er Tom eine Karte zusteckte. »Kannst du gegen elf vorbeikommen?«

Tom war allein zu Jeff gegangen, was nicht weiter schwierig war, da Héloïse, die damals schlecht Englisch sprach, nach der Cocktailparty keine Lust mehr hatte und in ihr Hotel zurückwollte. Héloïse liebte London – und englische Pullover und die Carnaby Street und die Läden, die mit dem Union Jack gemusterte Papierkörbe und Schilder verkauften, auf denen »piss off« und ähnliches stand, was Tom ihr übersetzen mußte, weil sie sagte, sie bekomme Kopfweh, wenn sie länger als eine Stunde Englisch zu sprechen versuchte.

»Unser Problem«, hatte Jeff an jenem Abend gesagt, »ist, daß wir nicht ständig behaupten können, irgendwo wieder einen Derwatt entdeckt zu haben. Auf Bernard ist Verlaß, aber – meinst du, wir könnten es wagen, irgendwo einen ganzen Haufen Derwatts aufzutun – zum Beispiel in Irland, wo er eine Zeitlang gemalt hat –, und dann ein für allemal Schluß zu machen, wenn wir die verkauft haben? Bernard ist nicht wild darauf, weiterzumachen. Er hat das Gefühl, daß er damit in gewisser Weise Verrat an Derwatt begeht.«

Tom hatte kurz nachgedacht und dann gesagt: »Warum sollte Derwatt nicht irgendwo am Leben sein? Von der Welt zurückgezogen, und hin und wieder schickt er Bilder nach London? Vorausgesetzt natürlich, daß Bernard mitmacht.«

»Hmm. Tja – warum nicht? Vielleicht in Griechenland. Was für eine tolle Idee, Tom! Auf diese Weise kann es ewig weitergehen!«

»Wie wär’s mit Mexiko? Ich glaube, das wäre sicherer als Griechenland. Wir könnten sagen, daß Derwatt in irgendeinem kleinen Dorf lebt. Den Namen des Dorfs hat er niemandem verraten – außer vielleicht dir und Ed und Cynthia –«

»Cynthia nicht. Sie hat – na, ja, Bernard ist nicht mehr mit ihr zusammen. Folglich sehen wir sie auch nicht mehr oft. Besser, sie weiß nicht zuviel.«

Jeff hatte Ed am selben Abend angerufen, um ihn einzuweihen.

»Es ist nur eine Idee«, hatte Tom gesagt. »Ich habe keine Ahnung, ob es funktionieren würde.«

Aber es hatte funktioniert. Derwatt-Bilder waren in der Folge eingetroffen – aus Mexiko, wie es hieß –, und Ed Banbury und Jeff Constant hatten die dramatische Geschichte der Derwattschen »Wiedererweckung« in weiteren Zeitschriftenartikeln nach allen Regeln der Kunst ausgeschlachtet, mit Fotos von Derwatt und von seinen (das heißt Bernards) neuesten Bildern; nur Fotos von Derwatt in Mexiko gab es keine, weil Derwatt sich Interviews und Fototermine strikt verbat. Die Bilder wurden in Vera Cruz aufgegeben, und nicht einmal Jeff oder Ed wußte, wie Derwatts Dorf hieß. Vielleicht war Derwatts Einsiedlertum ein Indiz, daß er geistesgestört war. Seine Bilder hatten in den Augen mancher Kritiker etwas Krankes, Depressives. Und gehörten trotzdem zu den Bildern lebender Künstler in England, Europa und Amerika, die die höchsten Preise erzielten. Ed Banbury schrieb Tom nach Frankreich und bot ihm zehn Prozent aus den Einnahmen an, denn der treue kleine Freundeskreis (der nur mehr aus Bernard, Jeff und Ed bestand) erhielt alles Geld aus den Bilderverkäufen. Und Tom war einverstanden gewesen, hauptsächlich weil er sein Einverständnis als Zustimmung betrachtete, über den Betrug Stillschweigen zu wahren. Doch Bernard Tufts malte wie ein Besessener.

Jeff und Ed kauften die Buckmaster Gallery. Ob Bernard daran beteiligt war, wußte Tom nicht. Mehrere Derwatts waren in der Galerie als Dauerausstellung zu sehen; selbstverständlich stellte die Galerie auch andere Künstler aus. Damit war Jeff eher befaßt als Ed, und Jeff stellte einen Assistenten ein, der sich um die Galerie kümmerte. Doch dieser Schritt, der Kauf der Buckmaster Gallery, war erfolgt, nachdem ein Hersteller von Künstlerbedarf namens George Janopolos oder so ähnlich an Jeff und Ed herangetreten war, weil er Artikel vom Radiergummi bis zu Ölfarben unter dem Etikett »Derwatt« vertreiben wollte; dafür bot er Derwatt eine Gewinnbeteiligung von einem Prozent an. Ed und Jeff hatten in Derwatts Namen zugestimmt (mit Derwatts stillschweigend unterstelltem Einverständnis), und so war das Unternehmen Derwatt Ltd. aus der Taufe gehoben worden.

An all das dachte Tom um vier Uhr morgens, während es ihn trotz seines fürstlichen Morgenmantels ein wenig fröstelte. Abends drehte die sparsame Madame Annette die Heizung unweigerlich herunter. Er hielt die Tasse kalten süßen Tees zwischen den Händen, starrte blicklos auf ein Foto von Héloïse – langes blondes Haar umrahmte ein schmales Gesicht, das Tom in diesem Augenblick eher wie ein dekoratives Etwas als wie ein Gesicht vorkam – und dachte dabei an Bernard, der in seiner Atelierwohnung hinter geschlossener, ja sogar abgesperrter Tür heimlich an seinen falschen Derwatts malte. Bernards Behausung war so verlottert wie eh und je. Tom hatte nie das Allerheiligste betreten, in dem die meisterlichen Derwatts gemalt wurden, die Tausende von Pfund einbrachten. Wenn man mehr Fälschungen malte als eigene Bilder, wurden dann die Fälschungen nicht natürlicher, wirklicher, echter als die eigenen Bilder? Würden sie nicht irgendwann mühelos entstehen und einem zur zweiten Natur werden?

Zu guter Letzt rollte Tom sich auf dem gelben Sofa zusammen, schlüpfte aus den Pantoffeln, steckte die Füße unter den Morgenrock und schlief ein. Er hatte nicht lange geschlafen, als Madame Annette ihn mit einem schrillen Schrei oder Keuchen des Erstaunens weckte.

»Ich bin offenbar beim Lesen eingeschlafen«, sagte Tom und setzte sich lächelnd auf.

Madame Annette eilte in die Küche, um seinen Kaffee zu machen.

2

Tom buchte einen Flug nach London für Dienstag mittags. Das ließ ihm nur zwei Stunden Zeit zum Schminken und Vorbereiten. Nicht genug Zeit, um nervös zu werden. Tom fuhr nach Melun, um auf der Bank Francs abzuheben.

Es war zwanzig vor zwölf, und um zwölf schloß die Bank. Tom war der dritte in der Schlange am Schalter, doch zu seinem Pech zahlte eine Frau vor ihm Lohngelder oder dergleichen ein, Tüten voller Münzen, und weitere Tüten mit Münzen standen auf dem Boden an ihre Knöchel gelehnt. Hinter dem Schalter zählte ein Bankangestellter mit angefeuchtetem Daumen Banknoten und notierte die Summen auf zwei verschiedenen Formularen. Wie lange würde das noch dauern, fragte sich Tom, während die Uhrzeiger auf zwölf zukrochen. Amüsiert sah er, wie die Schlange sich auflöste. Nun standen sie zu fünft – drei Männer und zwei Frauen – um den Schalter und starrten mit glasigem Blick wie hypnotisierte Kaninchen auf die viele Kohle, als wäre es ihr Erbe, von einem Verwandten hinterlassen, der sich sein Leben lang dafür abgerackert hatte. Tom gab auf und verließ die Bank. Er würde auch ohne das Bargeld zurechtkommen, und er hatte ohnehin vorgehabt, es englischen Freunden, die unter Umständen nach Frankreich reisen wollten, zu schenken oder zu verkaufen.

Dienstag morgen klopfte Madame Annette an die Schlafzimmertür, als Tom gerade packte. »Ich fahre nach München«, sagte Tom munter. »Ich gehe in ein Konzert.«

»Ah, München! Bayern! Sie müssen warme Kleidung mitnehmen.« Madame Annette war an seine unvermuteten Reisen gewöhnt. »Wie lange bleiben Sie weg, Monsieur Tomme

»Zwei, höchstens drei Tage. Machen Sie sich keine Gedanken, falls jemand anruft. Ich werde vielleicht selbst anrufen, um mich danach zu erkundigen.«

Dann fiel Tom etwas möglicherweise Nützliches ein, ein mexikanischer Ring, den er, wie er vermutete, in seinem Etui mit Manschettenknöpfen aufbewahrte. Ja, da war er, zwischen Knöpfen und Krimskrams, ein schwerer Silberring mit zwei ineinander verschlungenen Schlangen. Tom mochte ihn nicht und hatte vergessen, wie er an den Ring gekommen war, doch zumindest war es ein mexikanischer Ring. Tom hauchte ihn an, rieb ihn an seinem Hosenbein und steckte ihn ein.

Mit der Post um halb elf kamen drei Briefe: eine unförmige Telefonrechnung – unförmig wegen der vielen Einzelbelege für die Ferngespräche –, ein Brief von Héloïse und ein amerikanischer Luftpostbrief, adressiert in einer Handschrift, die Tom nicht kannte. Er drehte den Umschlag um und sah zu seiner Verwunderung den Namen Christopher Greenleaf und eine Adresse in San Francisco. Wer war Christopher? Er öffnete zuerst Héloïse’ Brief.

11. Oktober 19-

Chéri,

ich bin glücklich und sehr ruhig jetzt. Sehr gute Malzeiten. Wir fangen Fische von Schiff. Zeppo schickt seine Liebe. (Zeppo war ihr schmieriger griechischer Gastgeber, und Tom hätte ihm gern gesagt, was er mit seiner Liebe anfangen konnte.)

Ich lerne besser auf eine Fahrrad steigen. Wir haben viele Reise gemacht ins Land, das trocken ist. Zeppo macht Fotos. Wie geht es in Belle Ombre? Du fehlst mir. Bist Du glücklich? Viele Einladenen? (Hieß das Gäste oder Einladungen?) Malst Du? Ich habe erhalten kein Wort von Papa.

Küßchen für Mme. A. Ich umarme Dich.

Der Rest war auf französisch. Er sollte ihr einen roten Badeanzug schicken, den er in der kleinen commode in ihrem Badezimmer finden würde. Per Luftpost. Die Yacht besaß einen geheizten Swimmingpool. Tom ging sofort in das obere Stockwerk, wo Madame Annette noch in seinem Zimmer beschäftigt war, und übergab ihr den Auftrag, verbunden mit einem Hundertfrancschein, damit sie nicht in Versuchung geriet, angesichts der Kosten für den Luftpostversand das Päckchen auf dem Land- und Seeweg zu versenden.

Dann ging er hinunter und riß hastig den Greenleaf-Brief auf, weil er in wenigen Minuten nach Orly fahren mußte.

12. Oktober 19-

Lieber Mr. Ripley,

ich bin ein Cousin von Dickie und komme nächste Woche nach Europa, wahrscheinlich zuerst nach London, obwohl ich noch nicht entschieden habe, ob es nicht doch zuerst Paris sein wird. Auf alle Fälle dachte ich, es wäre nett, Sie kennenzulernen. Mein Onkel Herbert hat mir Ihre Adresse gegeben. Er sagt, Sie wohnten in der Nähe von Paris. Ihre Telefonnummer habe ich nicht, aber die kann ich herausfinden.

Um mich Ihnen ein bißchen vorzustellen: Ich bin zwanzig Jahre alt und besuche die Stanford University. Mein Studium habe ich für den Militärdienst ein Jahr lang unterbrochen. Bevor ich in Stanford weiterstudiere, um als Ingenieur abzuschließen, will ich ein Jahr lang Urlaub machen und mich in Europa erholen. Das machen heute viele junge Leute. Der Druck, dem man sich überall ausgesetzt sieht, ist enorm. Ich meine, in Amerika, aber vielleicht leben Sie schon so lange in Europa, daß Sie gar nicht wissen, was ich damit sagen will.

Mein Onkel hat mir viel von Ihnen erzählt. Er sagt, Sie seien ein guter Freund von Dickie gewesen. Dickie habe ich kennengelernt, als ich elf war und er einundzwanzig. Ich erinnere mich an einen großen blonden Burschen. Er hat uns damals in Kalifornien besucht.

Sagen Sie mir bitte, ob Sie Ende Oktober, Anfang November in Villeperce sein werden. Bis dahin verbleibe ich in der Hoffnung, Sie dort zu sehen, Ihr

Chris Greenleaf

Dem würde er sich elegant entziehen, dachte Tom. Auf engeren Kontakt mit Familie Greenleaf legte er keinen gesteigerten Wert. Alle Jubeljahre schrieb ihm Herbert Greenleaf, und Tom antwortete jedesmal; es war ein netter und höflicher Briefwechsel.

»Madame Annette, halten Sie die Ohren steif«, sagte Tom beim Abschied.

»Was haben Sie gesagt?«

Er übersetzte es ins Französische, so gut er konnte.

»Au revoir, Monsieur Tomme! Bon voyage!« Madame Annette winkte ihm von der Haustür aus nach.

Tom nahm den roten Alfa Romeo, der neben dem Zweitwagen in der Garage stand. In Orly stellte er den Wagen im Parkhaus ab und sagte, er lasse ihn für zwei oder drei Tage da. Im Flughafen kaufte er eine Flasche Whisky für die Bande. In seinem Koffer befand sich bereits eine Literflasche Pernod (da er nicht mehr als einen Liter Spirituosen nach England einführen durfte); Tom hatte festgestellt, daß der Zollinspektor nie verlangte, daß man den Koffer öffnete, wenn man eine Flasche von sich aus deklarierte. Im Flugzeug kaufte er filterlose Gauloises, die in London ausgesprochen beliebt waren.

In England nieselte es. Der Bus kroch auf der linken Straßenseite im Schneckentempo dahin, an Einfamilienhäusern vorbei, deren Namen Tom immer zum Lächeln brachten, obwohl er sie heute durch die verschmierten Scheiben kaum entziffern konnte. Bide-a-Wee. Unglaublich. Milford Haven. Dun Wandering. Sie waren auf kleine Schilder aufgemalt. Inglenook. Sit-Ye-Doon. Du lieber Himmel. Dann kam der Abschnitt mit enggedrängten viktorianischen Häusern, die in kleine Hotels umgewandelt waren, deren großspurige Namen sich auf Neon zwischen dorischen Säulen darboten: Manchester Arms, King Alfred, Cheshire House. Tom wußte, daß hinter der vornehmtuerischen Reputierlichkeit dieser engen Eingangsflure für ein, zwei Nächte einige der fähigsten Mörder der Gegenwart unterzutauchen pflegten, die nicht minder reputierlich aussahen. England blieb England, Gott sei es gedankt!

Als nächstes fiel Tom ein Plakat an einem Laternenpfosten links am Straßenrand ins Auge. DERWATT lautete der kraftvolle schwarze Schriftzug, der sich nach unten neigte – es war Derwatts Signatur –, und das farbig wiedergegebene Bild sah im Dämmerlicht dunkelviolett oder schwarz aus und erinnerte entfernt an einen geöffneten Konzertflügel. Offenbar eine neue Fälschung von Bernard Tufts. Ein paar Meter weiter war ein zweites Plakat zu sehen. Es war ein sonderbares Gefühl, sich so über ganz London »angekündigt« vorzukommen und so unauffällig einzutreffen, dachte Tom, als er am Busbahnhof West Kensington unbeobachtet den Bus verließ.

Vom Bahnhof aus rief Tom Jeff Constant in seinem Atelier an. Ed Banbury nahm den Hörer ab.

»Schwing dich in ein Taxi, und komm sofort her!« sagte Ed, der überschwenglich froh klang.

Jeffs Atelier lag in St. John’s Wood. Im zweiten Stock, den die Engländer als ersten Stock bezeichnen, zur Linken. Es war ein ordentliches und gefälliges kleines Gebäude, weder angeberisch noch heruntergekommen.

Ed riß die Tür weit auf. »Mein Gott, Tom, bin ich vielleicht froh, dich zu sehen!«

Sie schüttelten einander die Hand mit festem Druck. Ed war größer als Tom und hatte glattes blondes Haar, das ihm ins Gesicht fiel, so daß er es unablässig zurückstrich. Er war Mitte Dreißig.

»Wo steckt denn Jeff?« Tom angelte Gauloises und Whisky aus der roten Einkaufstüte und holte den geschmuggelten Pernod aus dem Koffer. »Hier, für die Gastgeber.«

»Oh, toll! Jeff ist in der Galerie. Hör mal, Tom, du machst es doch, oder? Ich habe das Zeug nämlich hier, und wir haben nicht mehr viel Zeit.«

»Ich will es versuchen«, sagte Tom.

»Bernard müßte gleich kommen. Er hilft uns. Mit dem Abfragen.« Ed warf hektisch einen Blick auf seine Uhr.

Tom hatte Mantel und Jackett abgelegt. »Kann Derwatt sich nicht ein bißchen verspäten? Die Vernissage ist doch um fünf, oder?«

»Ja, natürlich. Vor sechs müssen wir dort nicht erscheinen. Ich will nur vorher das Make-up ausprobieren. Jeff hat gesagt, ich soll dir ausrichten, daß du fast genauso groß bist wie Derwatt – und wer soll sich daran schon so genau erinnern? Vorausgesetzt, daß ich es überhaupt je erwähnt haben sollte. Derwatt hatte blaugraue Augen. Deine Augenfarbe genügt vollauf.« Ed lachte. »Wie wäre es mit etwas Tee?«

»Nein, danke.« Tom betrachtete den dunkelblauen Anzug auf Jeffs Sofa. Er sah zu groß aus und war ungebügelt. Ein Paar scheußliche schwarze Schuhe standen neben dem Sofa auf dem Boden. »Wie wäre es mit einem Drink?« schlug Tom Ed vor, weil Ed vor Nervosität zappelte. Wie üblich bewirkte die Nervosität des anderen, daß Tom um so ruhiger war.

Es klingelte an der Tür.

Ed öffnete und ließ Bernard Tufts ein.

Tom reichte ihm die Hand. »Bernard, wie geht es dir?«

»In Ordnung, danke«, sagte Bernard in kläglichem Ton. Er war dünn und dunkelhäutig, mit glattem schwarzem Haar und sanften braunen Augen.

Tom hielt es für das Beste, Bernard einstweilen in Ruhe zu lassen und sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren.

Ed ließ in Jeffs winzigem, aber modernem Badezimmer Wasser in das Waschbecken laufen, und Tom erhielt eine Spülung, die sein Haar dunkler tönte. Bernard begann zu sprechen, doch erst nachdem Ed ihn dazu unverblümt aufgefordert und noch unverblümter genötigt hatte.

»Er ging immer leicht vorgebeugt«, sagte Bernard. »Seine Stimme – er war in der Öffentlichkeit ziemlich schüchtern. Eine eher monotone Stimme, glaube ich. Etwa so, wenn ihr versteht, was ich meine«, sagte Bernard mit monotoner Stimme. »Hin und wieder hat er gelacht.«

»Tun wir das nicht alle!« sagte Tom, der selbst nervös lachte. Er saß jetzt auf einem Stuhl mit gerader Lehne, und Ed kämmte ihn. Rechts neben Tom lag etwas auf einem Teller, was aussah wie vom Boden eines Friseursalons aufgeklaubt, doch Ed schüttelte es aus, und es erwies sich als Bart, der auf ein dünnes fleischfarbenes Gazenetz geklebt war. »Du lieber Himmel, hoffentlich ist das Licht nicht zu hell«, murmelte Tom.

»Dafür werden wir schon sorgen«, sagte Ed.

Während Ed mit dem Schnurrbart beschäftigt war, zog Tom seine zwei Ringe ab – den Ehering und Dickie Greenleafs Ring – und steckte sie ein. Er bat Bernard, den Ring aus seiner linken Hosentasche zu fischen und ihm zu geben, was Bernard tat. Bernards dünne Finger waren kalt und zitterten. Tom hätte ihn gern nach Cynthia gefragt, doch dann fiel ihm ein, daß Bernard nicht mehr mit ihr zusammen war. Damals wollten sie heiraten, entsann er sich. Ed bearbeitete Toms Haar mit der Schere und schnitt es vorne zu einem buschigen Pony.

»Und Derwatt –« Bernard hielt inne, weil ihm die Stimme versagte.

»Ach, stell dich nicht so an, Bernard!« sagte Ed und lachte schrill.

Bernard lachte mit. »Tut mir leid. Tut mir echt leid.« Er klang zerknirscht, als tue es ihm wirklich leid.

Der Bart wurde angeklebt.

Ed sagte: »Tom, ich fände es gut, wenn du dich hier ein bißchen bewegen würdest. Damit du dich daran gewöhnst. In der Galerie – wir machen es jetzt so, daß du nicht mit den anderen kommst, sondern Jeff läßt uns zur Hintertür herein. Wir wollen ein paar Leute von der Presse in unser Büro bitten, und da gibt es nur die Stehlampe am anderen Ende des Zimmers. Die Tischlampe und die Glühbirne an der Decke haben wir entfernt, so daß sie nicht zufällig eingeschaltet werden können.«

Der klebrige Bart fühlte sich auf Toms Haut kühl an. Im Spiegel von Jeffs Toilette meinte er eine leise Ähnlichkeit zu D.H. Lawrence festzustellen. Sein Mund war von Haar umrahmt. Ein Gefühl, das Tom nicht behagte. Unter dem Spiegel lehnten auf einem kleinen Bord drei Schnappschüsse von Derwatt – Derwatt, der in Hemdsärmeln im Liegestuhl ein Buch las, Derwatt, der in die Kamera blickte, neben einem Mann, den Tom nicht kannte. Auf allen Fotos trug Derwatt eine Brille.

»Das Spekuliereisen«, sagte Ed, als hätte er Toms Gedanken gelesen.

Tom setzte sich die Brille mit den runden, drahtgefaßten Gläsern auf, die Ed ihm reichte. Schon besser. Tom lächelte, behutsam, um den antrocknenden Bart nicht zu gefährden. Die Gläser waren offenbar Fensterglas. Tom trat gebückt in das Atelier und sagte mit einer Stimme, die wie Derwatts Stimme klingen sollte: »Erzähl mir jetzt etwas über diesen Murchison –«

»Tiefer!« sagte Bernard und gestikulierte fahrig mit seinen mageren Händen.

»Über diesen Murchison«, wiederholte Tom.

Bernard sagte: »M-Murchison meint, jedenfalls laut Jeff, daß – daß Derwatt zu einer früheren Technik zurückgekehrt ist. Verstehst du, zum Beispiel auf seinem Bild Die Uhr. Ich muß gestehen, daß mir nicht ganz klar ist, was er damit genau meint.« Bernard schüttelte hastig den Kopf, förderte ein Taschentuch zutage und putzte sich die Nase. »Ich habe mir gerade eine von Jeffs Aufnahmen von der Uhr angeschaut. Ich habe das Bild seit drei Jahren nicht mehr gesehen. Jedenfalls nicht das Original.« Bernard sprach leise, als hätten die Wände Ohren.

»Ist Murchison Experte?« fragte Tom und überlegte dabei, wer ein Experte sein sollte.

»Nein, er ist ein amerikanischer Geschäftsmann«, sagte Ed. »Er ist Sammler. Und er hat eine fixe Idee.«

Das konnte nicht die ganze Erklärung sein, dachte Tom; das erklärte nicht, warum alle so aufgeregt waren. »Soll ich mich auf irgendwelche besonderen Fragen vorbereiten?«

»Nein«, sagte Ed. »Was sagst du, Bernard?«

Bernard riß den Mund auf, dann versuchte er zu lachen, und einen Moment lang sah er wieder wie früher aus, jünger und naiver. Tom fiel auf, daß Bernard magerer war als vor drei oder vier Jahren, als er ihn zum letztenmal gesehen hatte.

»Wenn ich’s nur wüßte«, sagte Bernard. »Du mußt einfach – darauf beharren, daß das Bild Die Uhr ein Derwatt ist.«