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Philipp Tholey, Otto Förster

Der Erneuerer

Zweite Geschichte des Space-Legion-Zyklus (Science-Fiction)





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Prolog

Gegen Ende des dreiundzwanzigsten Jahrhunderts ist die Menschheit an einem Wendepunkt angekommen. Die elektronische Datenverarbeitung beherrscht seit langer Zeit praktisch jeden Bereich des menschlichen Lebens, denn sie ist nahezu bis zur Perfektion entwickelt worden. Die Folge davon ist die fast vollkommene Abhängigkeit der Menschen von dieser Technologie. Gerade, als aus diesem Grund eine allgemeine gesellschaftliche Lähmung um sich greift, gibt es mehrere bahnbrechende technische Neuentwicklungen:

Das Cortex-Com wurde erfunden: Der Träger eines Cortex-Coms, im Allgemeinen kurz und bündig „C-Com-Träger“ genannt, ist immer und überall erreichbar. Er selbst kann sich ohne Zusatzgerät in jedes Datennetz von beinahe jedem beliebigen Standort aus einschalten. Aber das Cortex-Com ist nicht nur ein ins Gehirn eingepflanztes Kommunikationsgerät. Es ist Kommandogerät und Programmierwerkzeug und gleichzeitig auch ein hochwertiger Computer. Es enthält einen riesigen, frei programmierbaren Datenspeicher. Mithilfe der Visibrain-Technik kann ein C-Com-Träger beliebig Grafiken, Filme und dreidimensionale Darstellungen betrachten, Texte lesen, Tonkonserven hören – und natürlich auch bearbeiten. Und das alles ohne irgendwelche zusätzlichen Geräte.

Mitte des vierundzwanzigsten Jahrhunderts kann die Menschheit endlich darangehen, weit entfernte Sternsysteme zu erforschen und zu besiedeln, denn die überlichtschnelle Raumfahrt ist entwickelt worden. In Wirklichkeit bewegen sich die Raumschiffe gar nicht mit Überlichtgeschwindigkeit. Aber das Twister-Feld, wie es genannt wird, hat die Eigenschaft, eine quasi-unendliche Zahl von Transferkanälen in der Raumzeit aufzubauen, die das Raumfahrzeug einnimmt. Dort ist dann überlichtschneller Materietransfer möglich.

In die auf diese Weise aufgebaute Front von Kanälen „springen“ die Raumfahrzeuge praktisch hinein und das Raumschiff bewegt sich so ohne Zeitverlust ein Stück weit in dieser Transfer-Front fort. Und je schneller und vollständiger es dem Twister-Feld-Generator gelingt, diese Front immer wieder neu aufzubauen und aufrechtzuerhalten, desto schneller bewegt sich das Raumfahrzeug. Doch im Inneren des Raumschiffs ist davon absolut nichts zu spüren.

Niemand weiß mehr, wer einst den Ausdruck „Twister-Feld“ geprägt hat. Aber den Raumfahrern hat die Vorstellung, durchs All zu tanzen, einfach gut gefallen. Deshalb hat man sehr bald nur noch diesen Begriff verwendet.

 Der zeitgleich eingeführte, überlichtschnelle Signaltransfer lässt den regelmäßigen Datenaustausch über kosmische Entfernungen nahezu in Echtzeit zu. Nur so sind die interstellare Datenvernetzung, schnelle interstellare und -planetare Nachrichtenverbindungen und eine effiziente Verwaltung im rasant wachsenden kosmischen Siedlungsraum überhaupt erst möglich geworden.

Die Abhängigkeit von den allumfassenden Datennetzen hat natürlich auch ihren Preis: Gelingt es einem Gegner, in diese Lebensadern einzubrechen, drohen schwerste Konsequenzen: Leben und Gesundheit von Milliarden Menschen sind in Gefahr.

Doch genau dieser Fall ist eingetreten. Ein unbekannter Gegner aus den Tiefen des Alls ist in die Datennetze ganzer Planeten eingedrungen und hat sie lahmgelegt. Millionen Menschen sind infolge dieser Angriffe gestorben, weil der unbekannte Angreifer immer wieder gnadenlos zugeschlagen hat. Die hochgerüstete Raumflotte hatte den Angriffen nichts entgegenzusetzen, denn selbst ihre modernsten Kampfschiffe waren ihnen hilflos ausgeliefert. Mit vereinten Kräften hat man beim Raumkommando nach einer Lösung gesucht, und hat schließlich einen aus der Verzweiflung geborenen Plan entwickelt. 

Die begnadetsten Computerhacker der Erde, meist sehr junge Leute, wurden festgenommen und dazu gebracht, sich freiwillig für den Dienst bei der Raumflotte zu verpflichten. Ihr Auftrag lautete, im All Relaisstationen für die überlichtschnelle Kommunikation zu überprüfen und zu warten. Beim Raumkommando hoffte man jedoch insgeheim, dass sie von den unbekannten Angreifern gefangengenommen und zu derem Heimatplaneten transportiert werden. Dort sollten sie die Computersysteme des Feindes sabotieren.

Vorsätzlich wurde ihr Raumschiff, die Vigilante, mit dem jungen Kapitän Tom de Vriere und seiner Crew in einen Raumsektor beordert, in dem Feindberührung unvermeidlich war. Und die Rechnung des Raumkommandos ging tatsächlich auf: Das Raumschiff der jungen Hacker wurde vom Feind aufgebracht. Gemeinsam mit seiner Mannschaft nahm man Tommy gefangen und transportierte alle zum Heimatplaneten der Angreifer, der von einem geheimnisvollen "Erneuerer" beherrscht wird.

Bei einem Fluchtversuch zerstörte die Crew unabsichtlich das Flaggschiff der Raumflotte der Angreifer im Orbit des Planeten und landete im Dschungel, wobei ihr Raumschiff zu Bruch ging. Die Flüchtigen wurden wieder gefasst und gemeinsam untergebracht. Eines Tages nahm die Crew Sarah O'Reilly, eine verwundete C-Com-Trägerin der irdischen Raumflotte, bei sich auf. Von Sarah erfuhren die Crewmitglieder, dass es ein Spezialkommando geschafft haben soll, den feindlichen Planeten zu erreichen, und sogar Spezialausrüstung einzuschmuggeln. 

Sarah beauftragte die Crew, die Angehörigen dieses Kommandos zu suchen. Sie sollten ihnen Informationen zu übergeben, die es ermöglichen, den "Erneuerer" lahmzulegen. Erst später erkannten die jungen Leute, wie sehr sie vom Raumkommando getäuscht worden waren: Sie selbst sind das "Spezialkommando", das den Planeten des Feindes erreicht hatte.

Trotzdem nehmen sie sich vor, den Auftrag anzunehmen, um den Feind mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen. Aber die vermutete Spezialausrüstung befindet sich im Wrack ihres Raumschiffs, das noch immer mitten im Urwald liegt. Also bleibt der Mannschaft nichts Anderes übrig, als in den Wald zu fliehen, um sich die Ausrüstung zu sichern. Doch nicht nur der Feind ist ihnen bald auf der Spur. Auch die Natur des Planeten schlägt gnadenlos zu ...