Clockwork
Orange  Die Urfassung

Anthony
Burgess

Herausgegeben und mit
einem Nachwort und Anmerkungen
versehen von Andrew Biswell

Aus dem Englischen
von Ulrich Blumenbach

Klett-Cotta

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Besuchen Sie uns im Internet: www.klett-cotta.de

Klett-Cotta

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »A Clockwork Orange.

The Restored Edition« im Verlag William Heinemann, London

© 2012 by the Estate of Anthony Burgess

© 2012 Nachwort und Anmerkungen by Andrew Biswell

Für die deutsche Ausgabe

© 2013 by J. G. Cotta'sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Cover: Rothfos & Gabler, Hamburg unter Verwendung eines Fotos von plainpicture/amanaimages

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-98157-5

E-Book: ISBN 978-3-608-10639-8

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Inhalt

Clockwork Orange – Die Urfassung

Nadsat-Glossar

Prolog zu A Clockwork Orange: A Play with Music

Epilog: »Malenkiges Goworitzen über die Molodoj«

»Die menschlichen Russen«

»Uhrwerk Marmelade«

Auszug aus einem unveröffentlichten Interview

Programmtext für A Clockwork Orange 2004

»Ludwig van« – Eine Rezension von Maynard Solomons Beethoven

»Zeigt klaffend Purpurgold«

»Ein letztes Wort über Gewalt«

Nachwort – Andrew Biswell

Hinweis zur restaurierten Fassung

Annotierte Seiten aus dem Typoskript von 1961

Der Zungenschlag des Stammes – Ulrich Blumenbach

Anmerkungen

Der alte Schäfer: Ich wollte, es gäbe gar kein Alter zwischen zehn und dreiundzwanzig, oder die jungen Leute verschliefen die ganze Zeit: denn dazwischen ist nichts, als den Dirnen Kinder schaffen, die Alten ärgern, stehlen, balgen! –

Shakespeare, Das Wintermärchen,

III. Akt, 3. Szene

1

1

»Was läuft denn jetzt, ey?«

Wir waren zu viert, ich, also Alex, und meine drei Droogs Pete, Georgie und Dim, wobei Dim echt dumm ist, und saßen in der Korowa Milchbar und ließen uns durch die Rassudocks gehen, wie der Abend laufen sollte, ein flipper dunkler kalter Winterarsch, aber trocken. Die Korowa Milchbar war ein Milch-plus-Mesto, und ihr, o meine Brüder, mögt vergessen haben, wie diese Mestos waren, wo sich die Dinge heutzutage so skorri ändern, alle grotte schnell vergessen und auch keiner mehr Zeitung liest. Die verkauften da jedenfalls Milch mit was drin. Sie hatten keine Schnapskonzession, aber kein Gesetz verbot das Stupsen mit neuen Weschen, mit denen sie eben die alte Moloko versetzten, so dass man die mit Vellocet, Synthomeskal, Drencrom oder noch ein paar anderen Weschen pitschen konnte und eine Viertelstunde schöne stille Horrorshow bekam, Bog Und All Seine Himmlischen Heerscharen Und Heiligen im linken Schuh bewundern konnte und im ganzen Mosg Lichtlein auffunkeln sah. Man konnte auch Milch mit Messern drin pitschen, wie wir es nannten, das machte einen scharf und bereit zu einer Runde dreckiges Zwanzig-gegen-einen, und das pitschten wir an dem Abend, an dem meine Geschichte anfängt.

Wir hatten die Taschen voll Deng, also war es von wegen noch mehr Penunzia krasten nicht nötig, einen alten Weck in einer Gasse zu tolschocken und dann zu viddieren, wie er in seinem Blut schwamm, während wir die Einnahmen zählten und durch vier teilten, und wir mussten auch keine schlotternde starige grauhaarige Petieza in ihrem Laden vergewohltätigen und smeckernd mit den Innereien der Kasse abziehen. Aber wie heißt es so schön, Geld ist nicht alles.

Wir vier waren nach dem Dernier Krieh gekleidet, und das waren zu jener Zeit knallenge schwarze Strumpfhosen mit im Schritt unter der Strumpfhose festgeschnallten Eierschalen, wie wir sie nannten, zum Schutz, aber auch als eine Art Design, das im richtigen Licht klar zu viddieren war, so dass meine die Form einer Spinne hatte. Pete hatte eine Ruka (also eine Hand), Georgie eine schnafte Blume, und der arme alte Dim das voll stumpfe Litso (das ist ein Gesicht) von einem Clown, weil Dim wieder mal keine Checkung hatte und ohne den Schatten eines ungläubigen Thomas der Dümmste von uns vieren war. Dann trugen wir taillierte Jacken ohne Aufschläge, aber mit so aufgefuderten Schultern (»Pletschos« nannten wir die), die eine Art Verspottung von echt so Schultern waren. Dann, meine Brüder, hatten wir diese grauweißen Halstücher, die wie Kartoffelbrei aussahen, wo wer mit einer Gabel ein Muster draufgezogen hat. Wir trugen die Haare mittellang und hatten flippe Horrorshowstiefel zum Treten.

»Was läuft denn jetzt, ey?«

Am Tresen saßen drei Dewuschkas, wir aber waren vier Maltschicks, und bei uns hieß es gewöhnlich einer für alle und alle für einen. Auch die Schnallen waren nach dem Dernier Krieh gekleidet, trugen Perücken in Knallrot, Grün und Orange auf den Gullivern, die jede den Schnallenlohn von mindestens drei bis vier Wochen gekostet haben musste, würd ich mal sagen, und dazu passendes Make-up (Regenbogen um die Glasis und den Rott breit ummalt). Dann trugen sie lange, sehr gerade schwarze Kleider, die auf den Gruhdis so kleine silberne Abzeichen mit den Namen verschiedener Maltschicks hatten – Joe und Mike und so. Das stand für die Namen der verschiedenen Maltschicks, mit denen sie gespatet hatten, bevor sie vierzehn waren. Sie sahen immer wieder zu uns rüber, und fast hätte ich (also aus dem Rottwinkel jetzt) gesagt, wir drei sollten uns eine Runde Poll gönnen und den armen alten Dim zurücklassen, denn dazu mussten wir Dim nur einen Halbliter Weißes kupittieren, aber diesmal mit einem Schuss Synthomeskal drin, aber das wäre gegen die Spielregeln gewesen. Dim war potthässlich und dumm wie sein Name, aber er war ein horrorshow übler Kämpfer und hatte ein Händchen für den Stiefel.

»Was läuft denn jetzt, ey?«

Der Tschelloweck neben mir auf der langen breiten plüschigen Sitzbank, die sich an drei Wänden langzog, war bannig hinüber, hatte glasige Glasis und blubberte Slowos wie »Aristoteles arbeitet wischiwaschi mit einem Ausflug von Alpenveilchen in rhagadiformer Pfiffigkeit«. Er war fürwahr im Lande Fort, in der Umlaufbahn, und ich wusste, wie das war, hatte das wie jeder andere probiert, aber inzwischen fand ich, das war eine feige Wesch, o meine Brüder. Wenn du deine gute alte Moloko getrunken hattest, lagst du da, und dir kam der Missel, dass alles um dich herum irgendwie Vergangenheit war. Du konntest alles gut viddieren, ganz klar – Tische, Anlage, Lichter, Schnallen und Maltschicks –, aber es war wie eine Wesch, die früher mal da war und jetzt nicht mehr. Und du warst quasi wie hypnotisiert von deinem Stiefel, deinem Schuh oder meinetwegen einem Fingernagel, und gleichzeitig wurdest du quasi am Genick gepackt und wie eine Katze geschüttelt. Du wurdest geschüttelt und geschüttelt, bis nichts mehr übrig war. Du hast deinen Namen vergessen, deinen Körper, dein Selbst, und das war dir einfach egal, und du hast gewartet, bis dein Stiefel oder dein Fingernagel gelb wurde, immer gelber und gelber, die ganze Zeit über. Dann knisterten die Lampen A-bombig, und der Stiefel oder Fingernagel oder meinetwegen ein Bremsstreifen am Hosenboden wurde ein großes großes großes Mesto, größer als die ganze Welt, und als du gerade dem guten alten Bog oder Gott vorgestellt werden solltest, war alles vorbei. Du kamst winselnd ins Hier und Jetzt zurück, und dein Rott verzog sich zum großen Buhuhu. Das ist nun sehr nett, aber auch sehr feige. Du bist nicht bloß auf Erden, um mit Gott in Kontakt zu treten. Sowas kann einem Tschelloweck die ganze Kraft und Güte rauben.

»Was läuft denn jetzt, ey?«

Die Anlage lief, und man konnte das Gefühl kriegen, die Golosse der Sängerin würde durch die Bar wandern, zur Decke hochfliegen, wieder herabstoßen und von Wand zu Wand flitzen. Es war Berti Laski, die einen echt starigen Oldie namens »Du Blase in meinem Lack« krächzte. Eine von den drei Petiezas am Tresen, die mit der grünen Perücke, schob im Takt mit der akustischen Jauche ständig den Bauch vor und zog ihn wieder ein. Ich spürte, wie die Messer in der guten alten Moloko zu stechen anfingen, und hatte Lust auf eine Runde Zwanzig-gegen-einen. Ich kläffte »Raus raus raus raus!« wie ein Wauwau, und dann knackste ich den Weck an, der neben mir saß und echt weg war, knackste ihm horrorshow eins aufs Ucho oder Ohrloch, aber er spürte nichts und machte weiter mit seinem »Telefonische Eisenwaren und wenn die Anakusis rirarutsch macht«. Wenn er vom Lande Fort zurück und zu sich kam, würde er es schon spüren.

»Wo raus?«, fragte Georgie.

»Ach, nur die Beine vertreten«, sagte ich, »und mal viddieren, was Sache ist, o meine kleinen Brüder.«

Wir verdufteten also in die große Winternotschi, gingen den Marghanita Boulevard runter, bogen auf die Boothby Avenue ab, und da fanden wir genau das, wonach wir luckilucki gemacht hatten, einen malenkigen Spaß zum Einstieg in den Abend; einen tatterigen, starigen Schulmeisterweck mit Brille, den Rott in der kalten Notschiluft offen. Er hatte Bücher und einen Scheißregenschirm unterm Arm und kam um die Ecke aus Richtung Öffentliche Biblio, die wenige Ludis zu jener Zeit nutzten. Von so älteren Bobotypen sah man nach Einbruch der Nacht damals nicht mehr viele draußen, bei dem Mangel an Polizei und uns feinen jungen Maltschickiwicks unterwegs, und dieser profmäßige Tschelloweck war der Einzige, der weit und breit unterwegs war. Wir gullerten also voll höflich auf ihn zu, und ich sagte: »Verzeihung bitte, Bruder.«

Er wirkte ein malenkiges bisschen pugglig, als er viddierte, wie wir vier da so still und höflich und lächelnd ankamen, sagte aber mit lauter lehrermäßiger Golosse, als wollte er uns demonstrieren, dass er null pugglig war: »Ja? Was gibt’s denn?« Ich sagte:

»Ich sehe, Ihr habt da Bücher unter dem Arm, Bruder. Es ist dieser Tage ein seltenes Vergnügen, jemandem über den Weg zu laufen, der noch zu lesen versteht, Bruder.«

»Ach«, sagte er ganz schlottrig. »Tatsächlich? Ach, verstehe.« Und er sah uns vier einen nach dem anderen an, wie er sich da in der Mitte eines sehr lächelnden und höflichen Quadrats fand.

»Ja«, sagte ich. »Es würde mich ungemein interessieren, Bruder, wenn Ihr so gütig wärt, mir einen Blick zu erlauben, was das für Bücher sind, die Ihr da unter dem Arm habt. Nichts mag ich auf der Welt so gern wie ein gutes anständiges Buch, Bruder.«

»Anständig«, sagte er. »Anständig, ja?« Und dann quartete Pete ihm die drei Bücher weg und verteilte sie echt skorri. Da es drei waren, hatten wir bis auf Dim jeder eins zum Viddieren. Meins hieß Grundlagen der Kristallographie, ich schlug es auf und sagte: »Ausgezeichnet, absolut erstklassig«, und blätterte darin. Dann sagte ich mit ganz schockierter Golosse: »Aber was haben wir denn da? Was ist denn das für ein unflätiges Slowo? Ich erröte beim Anblick dieses Wortes. Ihr enttäuscht mich, Bruder, fürwahr.«

»Aber«, versuchte er, »aber, aber.«

»Hier«, sagte Georgie, »das hier nenne ich wahren Schmutz und Schund. Hier ist ein Slowo, das mit einem A beginnt und ein anderes mit einem F.« Sein Buch hieß Das Wunder der Schneeflocke.

»Oh«, sagte der arme alte Dim, smotterte Pete über die Schulter und übertrieb es wieder mal: »Hier steht, was er mit ihr macht, und da ist ein Bild und alles. Mensch«, sagte er, »du bist ja nichts als ein dreckiger alter Pissbartel.«

»Ein Mann in Eurem Alter, Bruder«, sagte ich, riss Seiten aus dem Buch, das ich abbekommen hatte, und die anderen zerrissen ihre, wobei Dim und Pete mit Das rhomboedrische System eine Art Tauziehen machten. Der starige Proftyp krischte: »Aber die gehören doch nicht mir, die sind Eigentum der Gemeinde, das ist schierer Mutwille und Vandalismus« oder ähnliche Slowos. Und er versuchte, uns die Bücher zu entreißen, was schon ziemlich erbärmlich war. »Euch gehört eine Lektion erteilt, Bruder«, sagte ich, »in der Tat.« Das Kristallbuch war fest gebunden und schwer in Stücke zu rasurieren, echt starig und zu einer Zeit gemacht, als die Dinge noch von Dauer sein sollten, aber ich konnte die Seiten rausreißen und den krischenden alten Weck mit megaschneeflockenmäßigen Salven davon beschmeißen, und die anderen machten das dann auch mit ihren, wobei der alte Dim typischerweise wieder mal nur herumkasperte. »Da hast du’s«, sagte Pete. »Da hast du deinen Plunder der Teesocke, du versauter Leser von Schlüpf und Unflat.«

»Ihr schweinischer alter Weck, Ihr«, sagte ich, und dann fillierten wir ein bisschen mit ihm. Pete hielt ihm die Rukas fest, Georgie sperrte ihm den Rott auf und Dim riss ihm die falschen Subis raus, oben und unten. Er schmiss sie auf den Gehweg, und ich spendierte ihnen den alten Stiefelknirsch, wobei das echt harte Brocken waren, die aus irgendeinem horrorshow neuen Plastik sein mussten. Der alte Weck plauschelte irgendwelche Schumms – »Wuff waff woff« –, also ließ Georgie seine Gubas los und verpasste ihm mit der beringten Faust einfach eins auf den zahnlosen Rott, und da stöhnte der alte Weck noch und nöcher, und das Blut floss, meine Brüder, einfach bildschön. Als nächstes rissen wir ihm die Oberplattys ab, strippten ihn runter bis auf Unterhemd und Liebestöter (sehr starig; Dim smeckerte sich einen ab), Pete trat ihm noch allerliebst in den Wanst, und dann ließen wir ihn laufen. Er taumelte davon, denn so übel hatten wir ihn ja gar nicht getolschockt, machte noch »Oh oh oh«, wusste nicht mehr richtig, was war was, und wir kicherten uns eins, flöhten ihm noch schnell die Taschen, während Dim mit dem Scheißregenschirm herumtanzte, aber da war nicht viel zu holen. Ein paar starige Briefe fanden sich, die teilweise bis 1960 zurückreichten, mit »Mein Herzallerliebster« und dem ganzen Tschepucha drin, ein Schlüsselanhänger und ein stariger undichter Füller. Der olle Dim ließ seinen Schirmtanz und las einen der Briefe prompt laut vor, als müsste er der menschenleeren Straße beweisen, dass er lesen konnte. »Mein Liebling«, trug er mit so einer hohen Golosse vor, »ich werde immer an dich denken, wenn du fort bist, und ich hoffe, du denkst daran, dich warm anzuziehen, wenn du des Abends ausgehst.« Dann stieß er ein schummiges Gesmecker aus – »Ho ho ho« – und tat so, als wische er sich damit den Jama ab. »Fürwahr«, sagte ich, »lasst fahren dahin, o meine Brüder.« In den Hosentaschen des starigen Wecks fand sich nur malenkig wenig Patte (also Geld) – höchstens drei Gollys –, also ließen wir dem dreckigen Kleingeld die Streubehandlung angedeihen, schließlich war das nur Hühnerkacke im Vergleich zur Penunzia, die wir schon besaßen. Dann zerbrachen wir den Regenschirm, rasurierten seine Plattys und überließen sie dem Brausewind, meine Brüder, und damit waren wir mit dem starigen lehrermäßigen Weck fertig. Wir hatten nicht viel gemacht, ich weiß, aber das war ja erst der Auftakt des Abends, und ein Tutmirfurchtbartraurig werden Euer Gnaden dafür nicht von mir zu hören bekommen. Die Messer in der Milch-plus stachen jetzt schön und horrorshow drauflos.

Als nächstes war die Samariternummer fällig, wo wir einen Teil unserer Patte abluden, damit der Anreiz zum neuen Ladenkrasten stieg, außerdem besorgten wir uns damit schon im Vorfeld ein Alibi, also gingen wir an der Amis Avenue in den Duke of New York, und klar doch, im Hinterzimmer saßen drei oder vier alte Babuschkas und pitschten Irenkaltschalen auf SA (Staatliche Amtshilfe). Jetzt gaben wir die total lieben Maltschicks und lächelten allen und jedem ein Guten Abend zu, aber die Hutzelantinnen fingen voll zu schlottern an, ihre geäderten alten Rukas zitterten an den Gläsern, und die Kaltschalen kleckerten auf den Tisch. »Lasst uns in Ruhe, Jungs«, sagte eine mit einer tausend Jahre alten Knittervisage, »wir sind nur arme alte Frauen.« Aber wir zeigten bloß die Subis, flash flash flash, setzten uns, drückten auf die Klingel und warteten auf den Barjungen. Als der kam und sich nervös die Rukas an der grasigen Schürze abwischte, bestellten wir vier Veteranen – ein Veteran ist Rum mit Kirschlikör, was damals gerade angesagt war; manche tranken es mit einem Limonenspritzer, das war dann die kanadische Variante. Ich sagte zu dem Barjungen:

»Gib den armen alten Babuschkas da drüben mal noch was Nahrhaftes. Eine Runde große Schotten und was zum Mitnehmen.« Und ich streute mein Deng aus der Hosentasche auf den Tisch, und die anderen drei taten es mir gleich, o meine Brüder. So bekamen die verängstigten starigen Hutzelantinnen doppeltes Feuergold gebracht und wussten nicht, wie ihnen geschah. Eine von ihnen brachte ein »Danke, Jungs« heraus, aber man sah, dass sie Angst hatten, da käme gleich was Dreckiges hinterher. Jedenfalls bekam jede eine Flasche Yank General, also Cognac, zum Mitnehmen, und ich zahlte dafür, jeder am nächsten Morgen ein Dutzend Irenkaltschalen nach Hause bringen zu lassen, wozu die stinkenden Schenas am Tresen ihre Adressen angeben sollten. Mit unserer restlichen Patte erwarben wir, meine Brüder, die ganzen Fleischpasteten, Brezeln, Käse-Snacks, Chips und Schokoriegel in dem Mesto, und auch die waren für die alten Schnallen. Dann sagten wir »Tschüssikowski«, und die alten Petiezas sagten noch »Danke, Jungs« und »Gott segne euch Burschen«, und ohne einen Cent Patte in den Karmans gingen wir.

»Fühlt man sich doch echt dobrig so«, sagte Pete. Man konnte viddieren, dass der gute alte dumme Dim das alles nicht ganz raffte, aber er sagte nichts aus Angst, sonst ein glupiger, hirnloser Wunderknabe genannt zu werden. Wir bogen jetzt in die Attlee Avenue ab, und der Laden dort für Schnökerkram und Lungendübel war noch offen. Wir hatten ihn fast drei Monate lang in Frieden gelassen, und der ganze Bezirk war mehr oder weniger ruhig gewesen, also gingen die bewaffneten Millicents oder Polypen hier nur selten Streife und trieben sich dieser Tage eher nördlich vom Fluß rum. Wir zogen unsere Maskis über – brandneue Dinger, echt horrorshow, wirklich wunderschön gearbeitet; sie hatten die Gesichter historischer Persönlichkeiten (die Namen sagten sie einem beim Kauf), und ich hatte Disraeli, Pete hatte Elvis Presley, Georgie hatte Henry VIII. und der arme alte Dim hatte einen Dichterweck namens Peebee Shelley; das waren richtige Verkleidungen mit Haaren und allem, und es waren ganz spezielle Plastikweschen, und man konnte sie zusammenrollen und in den Stiefel stecken, wenn man sie nicht mehr brauchte – und gingen zu dritt rein, während Pete draußen Tschasso hielt, auch wenn da nicht viel zu befürchten war. Wir stürmten den Laden und warfen uns als erstes auf Slouse, den Inhaber, eine große Portwein-Schwabbelwampe. Der viddierte sofort, was Sache war, und wollte nach hinten, wo das Telefon und vielleicht auch seine gutgeölte Puschka mit den sechs dreckigen Patronen drin waren. Dim umrundete den Tresen skorri wie ein Wiesel, ließ Schniefiepäckchen durch die Luft fliegen und trat eine große Pappfigur um, eine Schnalle, deren Subis die Kunden anstrahlten und der die Gruhdis praktisch raushingen, um eine neue Lungendübelmarke zu bewerben. Als nächstes viddierte man eine Art große Kugel, die ins Ladeninnere hinter den Vorhang rollte, und das waren der alte Dim und Slouse, die sich zu einem Kampf auf Leben und Tod ineinander verkrallt hatten. Dann konnte man hinter dem Vorhang Keuchen und Schnauben und Tritte sluschen, umfallende Weschen, Flüche und dann klirrklirrklirrendes Glas. Mutter Slouse, die Gattin, war hinter dem Tresen erstarrt. Uns war klar, dass sie sich die Kehle heiser krischen würde, wenn sie die Chance bekam, also flitzte ich skorri um den Tresen rum und schnappte sie mir, und sie war ein horrorshow großer Trampel und nucherte nach Parfum und hatte flipflop große Wuppergruhdis. Ich hielt ihr meine Ruka vor den Rott, damit sie nicht in alle Himmelsrichtungen Zeter und Mordio schmettern konnte, aber die Pisstöle biss mich übel in die Ruka, und dann war ich es, der krischte, und schon brüllte sie flip nach den Millicents. Da musste sie natürlich mit einem Gewicht der Waage getolschockt werden, und dann zog ich ihr mit dem Stemmeisen, mit dem sie die Kisten aufmachten, eins über die Rübe, und das Rot floß wie ein alter Freund. Schon ging sie zu Boden, und wir zerrissen ihr zum Spaß die Plattys und traten sie ein sanftes Bisschen mit dem Stiefel, damit sie das Stöhnen ließ. Als ich sie da mit ihren entblößten Gruhdis liegen viddierte, überlegte ich, soll ich oder nicht, aber das war für später am Abend. Dann leerten wir die Kasse, und die Einnahmen dieser Notschi waren flip horrorshow, wir nahmen uns noch jeder ein paar Päckchen der allerbesten Lungendübel, und ab dafür, meine Brüder.

»Ein echt großer schwerer Megaarsch war das«, sagte Dim immer wieder. Sein Aussehen gefiel mir nicht; er sah schmutzig und unordentlich aus, wie ein Weck, der in einen Kampf verwickelt worden war, was ja auch stimmte, aber das sollte man einem nie ansehen. Sein Halstuch sah aus, als wäre jemand darauf herumgetrampelt, seine Maski war weggezerrt worden, und er hatte Bodendreck im Litso, also zogen wir ihn in eine Seitenstraße, machten ihn ein malenkig bisschen sauber, spuckten uns in die Taschentücher und tschiesten ihm den Dreck ab. Was machten wir nicht alles für den alten Dim. Ultraskorri waren wir wieder im Duke of New York, und nach einem Blick auf die Uhr konnten wir kaum mehr als zehn Minuten weggewesen sein. Die starigen alten Babuschkas saßen noch über den Irenkaltschalen und Schotten, die wir ausgegeben hatten, und wir sagten: »Hallo Mädels, was läuft denn jetzt?« Sie legten wieder mit ihrem »Zu gütig, Jungs. Gott segne euch Burschen« los, also drückten wir wieder auf die Kolokol, und diesmal erschien ein anderer Kellner, wir bestellten für uns Bier mit Rum drin, denn es dürstete uns sehr, meine Brüder, und für die alten Petiezas alles, was sie wollten. Dann sagte ich zu den alten Babuschkas: »Wir waren doch nicht weg, oder? Wir waren doch die ganze Zeit hier, oder?« Alle schnackelten echt skorri und sagten:

»Genau, Jungs. Wir haben euch keine Sekunde aus den Augen gelassen. Gott segne euch Burschen.« Und tranken weiter.

Nicht dass es viel ausgemacht hätte. Eine halbe Stunde verstrich, bevor sich die Millicents blicken ließen, und dann waren es nur zwei blutjunge Polypen, die reinkamen, ganz rosig unter den großen Polypenschlemmis. Der eine sagte:

»Wisst ihr irgendwas über die Ereignisse in Sloanes Laden heute Abend?«

»Wir?«, fragte ich unschuldig. »Wieso, was ist denn passiert?«

»Diebstahl und Körperverletzung. Zwei Menschen krankenhausreif. Wo wart ihr heute Abend?«

»Dieser garstige Ton missfällt mir«, sagte ich. »Diese garstigen Unterstellungen sind nicht nach meinem Geschmack. Ein gar argwöhnisches Wesen dies alles bezeichnet, meine kleinen Brüder.«

»Sie waren den ganzen Abend hier, Jungs«, krischten die alten Schnallen jetzt los. »Gott segne sie, es gibt keine besseren Burschen an Güte und Großzügigkeit. Waren den ganzen Abend hier, waren sie. Haben sich nicht wegbewegt, können wir bezeugen.«

»Wir fragen ja nur«, sagte der zweite junge Polyp. »Wir machen auch nur unseren Job.« Aber bevor sie gingen, warfen sie uns garstig warnende Blicke zu. Als sie gingen, bedachten wir sie noch mit ein bisschen Lippenmusik: »Brrrrssssrrrr«. Aber ich konnte mir eine leichte Enttäuschung über den damaligen Stand der Dinge nicht verkneifen. Nichts, wogegen man wirklich kämpfen konnte. Alles so leicht wie ein Leck-mich-an-den-Scharris. Aber die Nacht war ja noch jung.

2

Als wir aus dem Duke of New York kamen, viddierten wir vor dem langen beleuchteten Fenster der eigentlichen Bar einen brabbelnden alten Pjaniza oder Trunki, der die dreckigen Lieder seiner Ahnen jaulte und zwischendurch »Börpbörp« machte, als hätte er ein unflätiges altes Orchester in seinen stinkenden verrottenden Gedärmen. Solche Weschen konnte ich noch nie ab. Dreckige, torkelnde, rülpsende und besoffene Muschkoten konnte ich noch nie anschauen, egal wie alt sie waren, aber am allerwenigsten starige Männer wie den hier. Er stützte sich an der Wand ab, und seine Plattys waren eine Schande, völlig zerknittert und unordentlich und mit Kal, Schlamm, Dreck und so Zeugs bedeckt. Den schnappten wir uns und knacksten ihn mit ein paar horrorshow guten Tolschocks, aber er sang trotzdem weiter. Das Lied ging so:

Und ich geh zurück zum Schatz, dem Schatz,

Doch du, mein Schatz, bist fort.

Nachdem Dim ihm ein paar auf den dreckigen Säuferrott verpasst hatte, hörte er aber auf zu singen und fing an zu krischen: »Macht nur so weiter, schlagt mich tot, ihr feigen Mistkerle, ich will sowieso nicht mehr leben, nicht in einer Scheißwelt wie dieser.« Ich sagte zu Dim, er solle kurz mal aufhören, denn manchmal interessierte es mich zu sluschen, was diese Kompostis über das Leben und die Welt zu sagen hatten. Ich sagte:

»Ach. Und was ist an der Welt so scheiße?« Er schrie:

»Eine Scheißwelt ist das, weil sie zulässt, dass die Jungen die Alten so behandeln wie ihr mich, und es gibt keine Zucht und Ordnung mehr.« Er krischte laut und wedelte mit den Rukas und machte aus den Slowos eine richtige Horrorshow. Nur aus seinen Kischkas kam manchmal noch das komische Blörpblörp, als würde sich da drin was drehen oder als würde ein sehr unhöflich unterbrechender Muschkote Schumm machen. Der alte Weck drohte mit den Fäusten und schrie: »Das ist keine Welt für einen alten Mann mehr, und das heißt, ich hab absolut keine Angst vor euch Jungspunden, weil ich zu betrunken bin, um den Schmerz zu spüren, wenn ihr mich schlagt, und wenn ihr mich umbringt, werde ich froh sein, dass ich tot bin.« Wir smeckerten und grinsten, sagten aber nichts, und da sagte er: »Was ist das überhaupt für eine Welt? Männer fliegen auf den Mond, und Männer umkreisen die Erde wie Motten das Licht, und niemand achtet mehr auf irdische Zucht und Ordnung. Also euer Schlechtestes tut, ihr dreckigen feigen Rowdys.« Dann bedachte er uns mit ein bisschen Lippenmusik – »Prrrrssssrrrr« – wie wir die jungen Millicents und fing wieder an zu singen:

Lieb Vaterland, ich focht im Krieg,

Errang den Frieden dir und Sieg –

Wir knacksten ihn ein bisschen und grinsten über die ganzen Litsos, aber er sang immer weiter. Dann stellte ihm einer ein Bein, so dass er platt und schwer dalag und eine Eimerladung Bierkotze aus ihm rausschoss. Das war ekelhaft, also ließen wir ihn die Stiefel spüren, jeder einen, und dann kam aus seinem dreckigen alten Rott weder Lieder noch Kotze, sondern Blut. Daraufhin gingen wir unserer Wege.

Beim Kommunalen Elektrizitätswerk stießen wir auf Billyboy und seine fünf Droogs. In jenen Tagen, meine Brüder, tat man sich meist zu viert oder fünft zusammen, das waren quasi Autobanden, vier passten komfortabel in ein Auto, und sechs war die Obergrenze für eine Bande. Manchmal verbündeten sich Banden, um malenkige Armeen für den großen Nachtkrieg zu bilden, aber in der Regel zog man in diesen kleinen Gruppen umher. Bei Billyboy war mir schon zum Kübeln, wenn ich nur sein fettes Grinselitso viddierte, und er verströmte immer diesen Vonn nach sehr altem Öl, in dem man schon tausendmal was frittiert hat, auch wenn er wie jetzt seine besten Plattys anhatte. Sie viddierten uns genauso wie wir sie; beide Seiten belauerten sich quasi totenstill. Jetzt wurde es ernst, jetzt wurde es amtlich, jetzt kamen Nosch, Uschi und Britwa zum Einsatz, nicht nur Fäustchen und Stiefel. Billyboy und seine Droogs hielten mit ihrem Tun und Treiben inne; ihr Tun hatte darin bestanden, es mit einer verheulten jungen Dewuschka treiben zu wollen, die höchstens zehn sein konnte und am Krischen war, ihre Plattys aber noch anhatte. Billyboy hielt sie an der einen Ruka und seine Nummer eins Leo an der anderen. Wahrscheinlich waren sie noch beim dreckigen Slowoteil der Geschichte gewesen und hatten mit ein bisschen malenkiger Vergewohltätigung grade erst anfangen wollen. Als sie uns kommen viddierten, ließen sie die buhuhuhende kleine Petieza laufen, denn die gab es ja im Dutzend billiger, und sie rannte mit ihren blitzenden dünnen weißen Beinchen durch die Dunkelheit davon und machte immer noch »Oh oh oh«. Breit lächelnd und droogig sagte ich: »Na, wenn das nicht der fette Stinker Billigbock Billyboy höchstperversönlich ist. Wie geht’s, wie steht’s, du klebrige Flasche billiges stinkendes Frittenfett? Komm und hol dir einen Tritt in die Jarbeln, falls du überhaupt Jarbeln hast, du schwabblige Eunuchenwampe, du.« Und dann ging’s los.

Wir waren zu viert gegen die sechs, aber wie schon gesagt, war der arme alte Dim zwar dumm, aber an schierem Wahnsinn und fiesen Kampftricks nahm er es mit drei Männern auf. Dim hatte eine echt horrorshow lange Uschi oder Kette um die Taille, zweimal rumgewickelt, und die wickelte er nun ab und peitschte damit wunderschön Richtung Augen oder Glasis. Pete und Georgie hatten gute scharfe Noschen, und ich für mein Teil hatte eine schöne starige horrorshow Kehlschlitzbritwa, die ich damals geradezu kunstvoll schwingen und blitzen lassen konnte. Wir draschten also in der Dunkelheit drauflos, die alte Luna mit ihren Männern drauf war grade aufgegangen, und die Sterne stachen auf uns ein, als wären sie Messer, die danach jieperten, beim Draschen mitzumachen. Einem von Billyboys Droogs konnte ich mit der Britwa vorn die Plattys aufschlitzen, supersauber und ohne den Plott unter dem Stoff zu verletzen. Deshalb platzte dieser Droog plötzlich auf wie eine Erbsenschote, sein nackter Bauch und sogar seine jämmerlichen Jarbeln quollen raus, und er war voll rasdraschiert, wavelte, krischte und achtete nicht auf seine Deckung, und da zischelte Dim schlangenmäßig mit der Kette wisssscccchhhh und zog sie ihm quer über die Glasis, so dass dieser Droog von Billyboy davonwankte und sich das Herz aus dem Leib schrie. Wir schlugen uns horrorshow, und bald hatten wir Billyboys Nummer eins am Boden, von Dims Kette geblendet, kriechend und jaulend wie ein Tier, aber nach einem ordentlichen Stiefel auf den Gulliver war er weg und weg und weg.

Von uns vieren kam Dim in puncto Aussehen wie immer am schlechtesten weg, sein Litso war blutverschmiert, und seine Plattys sahen saumäßig aus, aber wir anderen waren noch cool und ganz. Den stinkenden fetten Billyboy wollte ich für mich haben und tanzte mit meiner Britwa herum, als wäre ich Barbier auf einem Schiff in schwerer See, und setzte ihm zu, wollte seinem dreckigen öligen Litso unbedingt ein paar saubere Schlitzer verpassen. Billyboy hatte ein Nosch von der langen Schnappsorte, aber er war in seinen Bewegungen malenkig langsam und schwerfällig und konnte keinen wirklich üblen Wred anrichten. Und es war mir eine echte Genugtuung, meine Brüder, ihm im Walzerschritt – links zwei drei, rechts zwei drei – das linke Bäckchen und das rechte Bäckchen zu schlitzen, so dass gleich zwei Blutschleier hervorquollen, einer auf jeder Seite seiner fetten dreckigen öligen Schnauze unter dem winterlichen Sternenzelt. Das Blut floss in roten Strömen, aber man viddierte, dass Billyboy nichts spürte, und er trampelte weiter wie ein dreckiger fetter Bär und stieß mit seinem Nosch nach mir.

Dann sluschten wir die Sirenen und wussten, dass die Millicents kamen, die Puschkas in den Autofenstern schon im Anschlag. Die verheulte kleine Dewuschka musste es ihnen erzählt haben, kurz hinter dem E-Werk gab es einen Kasten, von dem aus man die Polypen rufen konnte. »Dich krieg ich noch, des sei dir gewiss«, rief ich, »stinkender Billigbock. Dann trenn ich dir sauber die Jarbeln ab.« Bis auf Nummer eins Leo, der auf dem Boden schnarchte, hauten sie da langsam und keuchend ab Richtung Norden zum Fluss, und wir gingen in die Gegenrichtung. Um die Ecke lag eine Gasse, dunkel, leer und an beiden Enden offen, wo wir Pause machten, erst heftig keuchend und dann ruhiger, bis wir wieder normal atmeten. Es war, als ruhten wir uns am Fuß zweier bombiger und riesengroßer Berge aus, zwei Mietskasernen, in deren Fenstern man überall blaues Licht tanzen viddierte. Das waren die Glotzen. An dem Abend lief eine sogenannte Weltsendung, das heißt, praktisch auf der ganzen Welt viddierte man dasselbe Programm, wenn man wollte, und wer wollte, das waren vor allem mittelalte Ludis aus der Mittelklasse. Garantiert sang da irgendein großer berühmter blöder komischer Tschelloweck oder schwarzer Sänger, und alles wurde von den speziellen Glotzensatelliten im Weltall reflektiert, meine Brüder. Wir warteten keuchend und sluschten, wie die sirenenden Millicents nach Osten fuhren, womit wir wussten, dass uns nichts mehr passieren konnte. Der arme alte Dim sah zu den Sternen und Planeten hoch und zur Luna, den Rott weit offen wie ein Kind, das sowas noch nie viddiert hat, und sagte:

»Was auf denen wohl drauf ist, frag ich mich. Was könnte auf den Dingern da oben wohl drauf sein?«

Ich stieß ihn in die Rippen und sagte: »Komm, o glupiger Sohn einer räudigen Hündin. Daran zu denken, geziemt sich deiner nicht. Wahrscheinlich gibt es dort Leben wie hier auch; die einen werden abgestochen, und die anderen stechen. Und jetzt, wo die Notschi noch molodoj ist, lasst wacker uns fürbass schreiten, o meine Brüder.« Da smeckerten die anderen, aber der arme alte Dim sah mich sehr ernst an und dann wieder zu den Sternen und zur Luna hoch. Also durchquerten wir die Gasse, und die Weltsendung blaute auf beiden Seiten. Wir brauchten jetzt ein Auto, also bogen wir links ab, nachdem wir aus der Gasse kamen, denn dass wir auf dem Priestley Place waren, wussten wir sofort, als wir die große Bronzestatue irgendeines starigen Dichters mit affiger Oberlippe und in den schlaffen Hängerott gestopfter Pfeife viddierten. Weiter im Norden kamen wir zum dreckigen alten Filmodrom, das abblätterte und -bröselte, weil da außer Maltschicks wie mir und meinen Droogs kaum noch wer hinging, und auch wir suchten da nur Bambule, Rasurieren oder ein bisschen Rein-raus-rein-raus im Dunkeln. Am Plakat an der Fassade vom Filmodrom, auf das sich ein paar fliegendreckgetüpfelte Scheinwerfer richteten, viddierten wir, dass es den üblichen Cowboyschmonzes gab, die Erzengel kämpften an der Seite des US Marshal mit seinem Sechsschüsser gegen die Viehdiebe aus den Legionen des Satans – die voll stumpfen Weschen, die Staatsfilm damals eben so rausbrachte. Die Autos, die vor dem Kintopp parkten, waren nicht gerade horrorshow, die meisten starige Scheißweschen, aber einen neu aussehenden Durango fand ich ganz geeignet. Georgie hatte einen Dietrich am Schlüsselbund, also waren wir ruckzuck an Bord – Dim und Pete schmauchten hinten voll mondän ihre Lungendübel –, ich schloss den Wagen kurz, er grummelte echt horrorshow, und ein schönes warmes Vibriergefühl grummelte einem durchs Gekröse. Dann gab ich mit dem Noga Gas, wir setzten lieblichst zurück, und keiner viddierte uns davonfahren.

Wir fillierten ein bisschen durch die sogenannte Hinterstadt, erschreckten alte Wecks und Schenas, die die Straßen überquerten, jagten Katzen und so. Dann nahmen wir die Straße nach Westen. Es gab nicht viel Verkehr, also trat ich den Noga fast durchs Bodenblech, und der Durango 95 saugte die Straße ein wie Spaghetti. Nach kurzer Zeit waren wir unter Winterbäumen in der Dunkelheit, meine Brüder, einer ländlichen Dunkelheit, und irgendwo überfuhr ich etwas Großes, das im Lichtkegel einen knurrenden Beißerrott hatte, krischte und unter uns zermatscht wurde, und darüber lachte sich der alte Dim hinten fast den Gulliver weg – »Ho ho ho«. Dann sahen wir einen jungen Maltschick, der unter einem Baum mit seiner Schnalle Lubbilubbi machte, also hielten wir an, bejohlten sie, schlugen sie mit ein paar halbherzigen Tolschocks, bis sie flennten, und fuhren weiter. Wir hatten es jetzt auf den alten Überraschungsbesuch abgesehen. Das kam voll gut, brachte was zum Smeckern, und man kam zum Vergewohltätigen. Schließlich erreichten wir eine Art Dorf, und kurz vor dem Dorf gab es so ein freistehendes Landhäuschen mit ein bisschen Garten. Luna stand nun hoch am Himmel, und wir konnten das Landhaus klar und deutlich viddieren, als ich runterschaltete und bremste. Die anderen drei kicherten schon wie besummst, und wir konnten viddieren, dass auf dem Tor zu der Landhauswesch HOME stand, ein irgendwie glupiger Name. Ich stieg aus, wies meine Droogs an, das Kichern zu lassen und sich manierlich zu benehmen, öffnete das malenkige Tor und ging zur Haustür. Ich klopfte höflich und leise, aber niemand kam, also klopfte ich lauter, und jetzt sluschte ich jemanden kommen, ein Riegel wurde zurückgeschoben, die Tür öffnete sich einen Spalt, und ich viddierte, dass mich ein Glasi ansah und dass die Tür an einer Kette hing. »Ja? Wer ist da?« Es war die Golosse einer Schnalle, dem Klang nach eine junge Dewuschka, also sagte ich in meinem kultiviertesten Tonfall, einer richtigen Gentlemangolosse:

»Verzeihen Sie, gute Frau, es tut mir sehr leid, Sie behelligen zu müssen, aber mein Freund und ich machten einen Spaziergang, doch dann wurde meinem Freund plötzlich auf besorgniserregende Art und Weise schlecht, und jetzt liegt er wie tot auf der Straße und stöhnt. Würden Sie womöglich die Güte haben, mich Ihr Telefon benutzen zu lassen, auf dass ich einen Krankenwagen herbeirufen könnte?«

»Wir haben kein Telefon«, sagte die Dewuschka. »Tut mir leid, haben wir nicht. Sie werden sich anderswo umsehen müssen.« Irgendwo hinter ihr in dem malenkigen Landhaus sluschte ich das Klack-klack-klacky-klack-klack-klackity-klackklack eines Wecks beim Tippen, dann verstummte das Tippen, und die Golosse eines Tschellowecks rief: »Was ist denn los, Liebste?«

»Nun«, sagte ich, »hätten Sie womöglich die Freundlichkeit, ihm ein Glas Wasser zu geben? Er ist quasi wie ohnmächtig, wissen Sie. Es scheint, als habe er bei einer Art Ohnmachtsanfall das Bewusstsein verloren.«

Die Dewuschka zögerte, sagte dann »Warten Sie« und ging. Meine drei Droogs waren leise aus dem Auto gestiegen, schlichen horrorshow verstohlen herbei, zogen jetzt genau wie ich Maskis über, und dann musste ich nur meine alte Ruka durch den Spalt schieben und die Kette aushängen, denn mit meiner Gentlemangolosse hatte ich die Dewuschka weich gekriegt, und so hatte sie die Tür nicht so geschlossen, wie sie das hätte tun sollen, schließlich waren wir Fremde der Nacht. Wir vier stürmten rein, der alte Dim spielte wie immer den Schut, hüpfte auf und ab und sang dreckige Slowos, und es war ein malenkig hübsches Landhaus, das muss ich sagen. Smeckernd gingen wir in den Raum, wo Licht brannte, und da hockte die Dewuschka, eine junge hübsche Schnalle mit echt horrorshow Gruhdis, und bei ihr war so ein Tschelloweck, das musste ihr Muschkote sein, auch noch eher jung, Otschkis mit Hornrand auf der Nase, und auf dem Tisch stand eine Schreibmaschine, und überall lagen Blätter herum, aber es gab einen kleinen sauberen Papierstoß, der schien schon fertig getippt zu sein, also hatten wir es schon wieder mit so einem intelellen Buchmann zu tun wie dem, mit dem wir vor ein paar Stunden filliert hatten, nur war das hier ein Schreiber, kein Leser. Und der sagte jetzt:

»Was soll das? Wer sind Sie? Wie können Sie es wagen, ohne Erlaubnis mein Haus zu betreten?« Seine Golosse zitterte die ganze Zeit und seine Rukas auch. Ich sagte:

»Fürchtet Euch nicht. Solltet Ihr Furcht im Herzen tragen, so zaudert nicht, sie zu verscheuchen, o Bruder.« Georgie und Pete machten sich inzwischen auf die Suche nach der Küche, während der alte Dim mit weit offenem Rott neben mir stand und auf Befehle wartete. »Und was soll das?«, fragte ich, nahm den Stapel Getipptes vom Tisch, und der hornbebrillte Muschkote sagte zitternd:

»Das möchte ich auch gerne wissen. Was soll das? Was wollen Sie? Verschwinden Sie. Sofort. Bevor ich Sie rauswerfe.« Darüber musste der arme alte Dim unter seiner Peebee-Shelley-Maski laut smeckern, er brüllte wie ein Stier.

»Das ist ja ein Buch«, sagte ich. »Ihr schreibt ja ein ganzes Buch.« Ich sprach mit heiserer Golosse. »Ich habe schon immer die größte Bewunderung gehegt für jene, die da Bücher schreiben.« Ich warf einen Blick auf das oberste Blatt, auf dem der Titel stand – CLOCKWORK ORANGE –, und ich sagte: »Das ist ein ganz schön glupiger Titel. Wo gibt’s denn sowas? Eine Uhrwerk-Orange?« Dann las ich mit hoher Predigergolosse ein malenkiges bisschen vor: »… gegen den Versuch, dem Menschen, einem zu Wachstum und Anmut befähigten Geschöpf, in der letzten Runde behaucht von Gottes bärtigen Lippen, gegen den Versuch, so sage ich, diesem Menschen Gesetze und Bedingungen aufzuzwingen, wie sie nur einer mechanischen Kreatur gebühren, schwinge ich die Schwertfeder …« Dim machte dazu seine alte Lippenmusik, und auch ich musste smeckern. Dann riss ich die Seiten durch und verstreute sie auf dem Boden, und der Schreibmuschkote summste durch, ging mit gefletschten gelben Subis auf mich los und wollte mit den Fingernägeln auf mich einkrallen. Das war natürlich das Stichwort für den alten Dim, er grinste und ging dem Weck mit »harhar« und »eheheh« an die zitternde Kehle, knacksknacks, erst linkes und dann rechtes Fäustchen, so dass unser lieber alter Droog, das Rot zu fließen begann – roter Wein vom Fass und überall gleich, als würde er überall vom selben Unternehmen hergestellt –, und es suppte auf den schönen sauberen Teppich und die Buchseiten, die ich immer noch zerriss und rasurierte. Die Dewuschka, seine liebende und treusorgende Gattin, stand die ganze Zeit wie erstarrt am Kamin, dann fing sie malenkig zu krischen an, fast schon im Takt mit der Fäustchenmusik vom alten Dim. Georgie und Pete kamen daraufhin aus der Küche zurück, beide schmatzten, hatten aber die Maskis auf, mit denen konnte man das null problemo. Georgie hatte in der einen Ruka eine kalte Keule irgendwas und in der anderen einen halben Laib Kleb mit einer dicken Schicht Maslo drauf, und Pete schäumte sich mit einer Flasche Bier den Gulliver weg und hatte eine horrorshow Ruka voll mit Pflaumenkuchen. Sie machten »Hohoho« und viddierten den alten Dim, der herumtänzelte und den Schreiberweck befaustete, so dass der plakierte, sein Lebenswerk wäre zerstört, und mit einem ganz eckigen blutenden Rott »Buhuhu« machte, aber das Hohoho kam erstickt mit vollem Mund, und man konnte sehen, was sie im Mund hatten. Ich mochte das nicht, weil es schmutzig und sabberig war, und sagte daher:

»Schluss mit dem Mampf. Das hab ich nicht erlaubt. Schnappt euch den Weck, damit er alles viddieren kann und nicht abhaut.« Also legten sie ihr fettiges Pischa auf den Tisch zu den ganzen losen Blättern und kloppten rüber zu dem Schreiberweck, dessen Horn-Otschkis zerknackst waren, aber noch auf der Nase hingen, und der alte Dim tanzte noch immer herum und ließ den Nippes auf dem Kaminsims erbeben (ich fegte dann alles runter, da konnte nichts mehr erbeben, kleine Brüder), während er mit dem Autor von Clockwork Orange fillierte und sein Litso dunkelrot und tropfig machte wie eine ganz spezielle saftige Frucht. »Es ist gut, Dim«, sagte ich. »Jetzt mal zur nächsten Wesch, Bog sei uns gnädig.« Daraufhin machte er den starken Mann bei der Dewuschka, die immer noch in einem horrorshow Viervierteltakt am Krischkrischkrischen war, und drehte ihr die Rukas auf den Rücken, während ich ihr dies und das und jenes abriss, immer noch zum Hohoho der anderen, und da strotzten echt gute horrorshow Gruhdis hervor mit rosa Glasis, o meine Brüder, unterdessen ich mich auszog und aufs Schwengeln vorbereitete. Beim Schwengeln sluschte ich Schmerzensschreie, und der Schreiber, der blutende Weck, den Georgie und Pete festhielten, konnte sich fast losreißen und jaulte besummst die dreckigsten Slowos, die ich je gehört hatte, und andere, die er erfand. Nach mir kam von Rechts wegen der alte Dim an die Reihe, und er erledigte das auf viehisch schnaubend jaulende Weise, wobei seine Peebee-Shelley-Maski keine Miene verzog und ich sie festhielt. Dann wurde gewechselt, Dim und ich packten den geifernden Schreiberweck, der sich gar nicht mehr richtig wehrte und nur noch schlaffe Slowos rausbrachte, als wäre er schon im Land der Milch-plus-Bar, und Pete und Georgie kamen zum Schuss. Dann war sowas wie Ruhe, aber wir waren noch voll am Abhassen, also zerschlugen wir alles, was noch zerschlagen werden konnte – Schreibmaschine, Lampe, Stühle –, und Dim, das war wieder mal typisch Dim, seichte das Feuer aus und wollte auf den Teppich koten, weil ja genug Papier da war, aber ich sagte nein. »Raus raus raus raus«, jaulte ich. Der Schreiberweck und seine Schena waren nicht mehr ganz da, blutig und zerrissen und laut. Aber sie würden’s überleben.

Wir stiegen in den geparkten Wagen, und ich überließ Georgie das Lenkrad, weil ich ein malenkiges bisschen schlapp war, und wir kehrten in die Stadt zurück und überfuhren auf der Straße hier und da irgendwas Quiekendes.

3

Wir jehatzten wieder Richtung Stadt, meine Brüder, hatten sie aber noch nicht ganz erreicht, da viddierten wir in der Nähe vom sogenannten Industriekanal, dass die Tanknadel schlappgemacht hatte, genau wie unsere Nadeln auch, hohoho, und das Auto hustete kaschl kaschl kaschl. Kein Grund zu übertriebener Sorge, denn ganz in der Nähe blinkte blau ein Bahnhof – an aus an aus. Die Frage war, ließen wir den Wagen einfach stehen, so dass die Polypen ihn sobiratten konnten, oder tolschockten wir ihn, weil wir in einer Hass- und Mörderlaune waren, anständig ins starige Wasser, damit es vor dem Tod des Abends noch einen schönen lauten Pleskat gab? Wir entschieden uns fürs Zweite, stiegen aus, lösten alle Bremsen, tolschockten ihn alle Mann hoch zum Rand des dreckigen Wassers, das wie Sirup mit Menschenlochprodukten aussah, gaben ihm einen guten horrowshow Tolschock, und rein rauschte er. Wir mussten zurückspringen, damit uns die Jauche nicht auf die Plattys spritzte, aber er versank ganz entzückend mit Splusssccchhh und Glulp. »Lebwohl, alter Droog«, rief Georgie, und Dim gab noch ein clownisches Gewieher zum Besten – »Hahahaha«. Dann steuerten wir auf den Bahnhof zu, um eine Haltestelle weit ins Zentrum zu fahren, wie die Stadtmitte genannt wurde. Nett und höflich zahlten wir unsere Fahrkarten und warteten ruhig und gesittet am Bahnsteig, der alte Dim fillierte mit den Automaten, weil er die Karmans voller malenkigem Kleingeld hatte und notfalls Schokoriegel für die Armen und Hungernden haben wollte, aber von denen war grad keiner da, und dann rumpelte der alte Espresso Rapido rein, wir stiegen ein, und der Zug war praktisch leer. Um uns die dreiminütige Fahrzeit zu verkürzen, fillierten wir mit der Polsterung herum, rissen horrorshow die Sitzinnereien raus, und der alte Dim kettete auf die Oknos ein, bis die Scheiben splitterten und in der Winterluft glitzerten, aber wir fühlten uns alle schlaff und schlapp und geschafft, schließlich hatte der Abend doch eine gewisse Energie verbraucht, meine Brüder, nur Dim, unser tierischer Clown, war noch lebensfroh, sah dafür aber um so dreckiger aus und vonnte nach Schweiß, und das war etwas, das mir am alten Dim missfiel.

Im Zentrum stiegen wir aus und gingen langsam zur Korowa Milchbar zurück, alle gääääähnten ein malenkiges bisschen und zeigten dem Mond und den Sternen die hinteren Plomben, schließlich waren wir noch junge Maltschicks im Wachstum und gingen tagsüber zur Schule, und als wir in die Korowa kamen, war sie voller als zuvor. Aber der Tschelloweck, der unter Weiß plus Synthomeskal oder Sonstwas im Lande Fort drauflos geblubbert hatte, war immer noch dabei: »Bengel der Gipstoten im Fallerifallera glillen platonische Gezeiten wettergetragen.« Wahrscheinlich war das schon seine dritte oder vierte Portion an dem Abend, denn er machte so einen blassen unmenschlichen Eindruck, als wäre er ein Ding geworden, und sein Litso war wie aus Kreide geschnitzt. Also wirklich, wenn er so lang im Lande Fort bleiben wollte, hätte er in eins von den Privatkubis hinten gehen und nicht im großen Mesto bleiben sollen, weil hier immer mal Maltschickies ein malenkiges bisschen mit ihm fillieren würden, wenn auch nicht viel, denn in der alten Korowa versteckten sich immer auch ein paar Beulbrüder, die jeden Krawall sofort stoppten. Dim quetschte sich jedenfalls neben den Weck und zermalmte ihm mit einem lauten Clownsbrüller, der sein baumelndes Zäpfchen zeigte, mit dem großen dreckigen Sapog den Fuß. Aber der Weck, meine Brüder, hörte nichts, alldieweil er nun weit über seinem Körper schwebte.

Das Bettzeug,