Literaturverzeichnis

Ausgaben und Übersetzungen

C. Iulius Caesar: Commentarii rerum gestarum. Vol. I: Bellum Gallicum. (Bibliotheca Teubneriana) ed. Alfred Klotz 1952 und 1964

Dass. ed. Otto Seel 1961

Dass. ed. Wolfgang Hering 1987

C. Iulius Caesar: Der Gallische Krieg – De bello Gallico. Lateinisch-deutsch, hgg. u. übers. v. Otto Schönberger. Düsseldorf – Zürich 2000 (Tusculum Studienausgabe)

Gaius Julius Caesar: Sämtliche Werke. Nach der Übersetzung und mit den Kommentaren von Karl Blümel. Essen 2004

Sekundärliteratur

Baltrusch, Ernst: Caesar und Pompeius. Darmstadt 2004

Ders.: Caesar. [Neue Wege der Forschung] Darmstadt 2007

Dahlheim, Werner: Julius Caesar. Die Ehre des Kriegers und die Not des Staates. Paderborn 2005

Gelzer, Matthias: Caesar. Der Politiker und Staatsmann. Stuttgart (Neudruck der Ausg. von 1921) 2008

Gesche, Helga: Caesar. [Erträge der Forschung, Bd. LI] Darmstadt 1976

Goerler, Woldemar: Ein Darstellungsprinzip Caesars. In: Hermes 105 (1977), S. 307–331

Goldsworthy, Adrian Keith: Caesar. The Life of a Colossus. London 2006

Goudineau, Christian: Caesar und Vercingetorix. Mainz 2003

Jehne, Martin: Caesar. München 42008

Ders.: Der große Trend, der kleine Sachzwang und das handelnde Individuum. Caesars Entscheidungen. München 2009

Maurach, Gregor: Caesar der Geschichtsschreiber. Kommentar für Schule und Studium. Münster 2003

Meusel, Heinrich (Hg.): C. Iulii Caesaris Commentarii de Bello Gallico. Erklärt von Friedrich Kraner und Wilhelm Dittenberger. 3 Bde., Berlin 18/191960–61

Mutschler, Fritz-Heiner: Erzählstil und Propaganda in Caesars Kommentarien. Heidelberg 1975

Richter, Will: Caesar als Darsteller seiner Taten. Heidelberg 1977

Seel, Otto: Caesar-Studien. Stuttgart 1967

Szidat, Joachim: Caesars diplomatische Tätigkeit im Gallischen Krieg. Wiesbaden 1970

Walser, Gerold: Bellum Helveticum. Studien zum Beginn der Caesarischen Eroberung von Gallien. [Historia Einzelschrift XVIII] Stuttgart 1998

Will, Wolfgang: Caesar. Darmstadt 2009

Buch I

Proömium: Galliens Lage und
Bewohner zur Zeit Caesars

(1) Gallien insgesamt ist geteilt in drei Teile, von welchen einen die Belger bewohnen, einen anderen die Aquitaner, den dritten aber die, welche in ihrer Sprache Kelten, in unserer Gallier genannt werden. 2 Diese alle unterscheiden sich in Sprache, Einrichtungen und Gesetzen. Die Gallier teilt von den Aquitanern die Garunna (Garonne), von den Belgern die Matrona (Marne) und die Sequana (Seine). 3 Von ihnen allen sind die Belger die Tapfersten, weil sie von der Kultur und Bildung unserer Provinz am weitesten entfernt sind und zu ihnen am seltensten Kaufleute kommen und das, was zur Verweichlichung der Herzen beiträgt, dorthin bringen und weil sie den Germanen am nächsten wohnen, die auf der anderen Rheinseite leben, mit denen sie dauernd Krieg führen. 4 Aus diesem Grund übertreffen auch die Helvetier die übrigen Gallier an Tapferkeit, weil sie sich fast täglich in Kämpfen mit den Germanen messen, indem sie diese entweder von ihrem eigenen Gebiet abhalten oder selbst in deren Territorium Krieg führen. 5 Ein Teil davon, von dem man sagt, dass er von den Galliern besessen wird, nimmt seinen Ausgang am Fluss Rhodanus (Rhône), wird begrenzt vom Fluss Garunna, dann vom Ozean und dem Gebiet der Belger, berührt auch bei den Sequanern und Helvetiern den Rhein und wendet sich nach Norden. 6 Die Belger erheben sich von den äußersten Grenzen Galliens, erstrecken sich am Unterlauf des Rheins und dehnen sich nach Norden und Osten aus. 7 Aquitanien erstreckt sich vom Fluss Garunna zu den Pyrenäen und jenem Teil des Ozeans, der Hispanien am nächsten liegt. Es dehnt sich nach Westen und Norden aus.

Der Helvetische Krieg

Die Verschwörung des Orgetorix

(2) Bei den Helvetiern war der bei Weitem vornehmste und reichste Mann Orgetorix. Dieser zettelte im Konsulat M. Messallas und M. Pisos, von der Begierde nach Herrschaft getrieben, eine Verschwörung des Adels an und überredete die Bürgerschaft, ihr Gebiet mit all ihren Vorräten zu verlassen. 2 Sehr leicht sei es, weil sie an Tapferkeit alle überträfen, sich der Herrschaft über ganz Gallien zu bemächtigen. 3 Umso einfacher überredete er sie, weil die Helvetier von allen Seiten durch die Natur der Landschaft eingegrenzt sind. Auf der einen Seite durch den überaus breiten und tiefen Rhein, der das Land der Helvetier von den Germanen trennt, auf der anderen Seite durch das riesige Juragebirge, das zwischen den Helvetiern und den Sequanern liegt, an der dritten Seite aber durch den Lacus Lemannus (Genfer See) und den Fluss Rhodanus, die unsere Provinz von den Helvetiern scheiden. 4 Durch diese Umstände geschah es, dass sie sowohl weniger weit umherschweifen als auch nicht so leicht ihre Nachbarn mit Krieg überziehen konnten. Von daher waren die auf Kämpfen so begierigen Menschen von großer Unzufriedenheit bedrückt. 5 Gemessen an der Menge der Menschen und ihrem Kriegsruhm und ihrer Tapferkeit glaubten sie, viel zu enge Grenzen zu haben. Diese dehnten sich in der Länge 240 000 Schritt (ca. 36 km) aus, in der Breite 180 000 Schritt (ca. 270 km).

(3) Durch diese Umstände veranlasst und von der Autorität des Orgetorix beeindruckt, beschlossen sie, das, was zum Aufbruch notwendig wäre, bereitzustellen und eine möglichst große Zahl an Zugvieh und Wagen zusammenzukaufen, eine möglichst große Aussaat zu machen, damit unterwegs die Getreidevorräte reichen würden, und mit den benachbarten Völkern Frieden und Freundschaft zu stärken. 2 Um dies zu vollbringen, so glaubten sie, würde ihnen ein Zeitraum von zwei Jahren genügen. Für das dritte Jahr setzten sie per Gesetz den Aufbruch fest. 3 Zur Durchführung dieses Unternehmens wurde Orgetorix ausgewählt. Dieser übernahm die Gesandtschaft zu den Nachbarstämmen. 4 Auf dieser Reise überredete er Casticus, den Sohn des Catamantaloëdis, einen Sequaner, dessen Vater die Königsherrschaft bei den Sequanern viele Jahre lang innegehabt hatte und vom Senat Freund des Römischen Volkes genannt wurde, dass er die Herrschaft in seinem Stamm an sich reiße, welche bis dahin der Vater besessen hatte. 5 Ebenso überredete er den Haeduer Dumnorix, den Bruder des Diviciacus, welcher zu jener Zeit die Herrschaft in seinem Stamm innehatte und beim Volk überaus geschätzt wurde, dass er dasselbe versuche, und gab diesem seine Tochter zur Ehefrau. 6 Ganz leicht sei es zu bewerkstelligen, so bekräftigte er ihnen gegenüber, die Unternehmungen auszuführen, weil er selbst in seinem eigenen Stamm die Herrschaft übernehmen würde. 7 So bestehe kein Zweifel, dass in ganz Gallien die Helvetier dann am meisten vermochten. Er bekräftigte, dass er mit seinen Vorräten und seinem Heer ihnen die Herrschaft erringen werde. 8 Durch diese Rede veranlasst, versprachen sie sich untereinander Treue und leisteten einen Eid und hofften, dass sie sich, wenn sie die Herrschaft über die drei mächtigsten und stärksten Völker ergriffen hätten, ganz Galliens bemächtigen könnten.

Orgetorix’ Tod

(4) Diese Tatsache wurde den Helvetiern durch Anzeige bekannt. Gemäß ihren Sitten zwangen sie Orgetorix, sich in Fesseln vor Gericht zu verteidigen. Im Falle der Verurteilung müsste er die Strafe erleiden, im Feuer verbrannt zu werden. 2 Am festgesetzten Tag des Prozesses versammelte Orgetorix zum Gericht seine ganze Sippe, an die 10 000 Menschen, von überallher und alle seine Anhänger und die ihm Verpflichteten, derer er eine große Zahl hatte, und führte sie dort zusammen. Mit ihrer Hilfe entzog er sich, um sich nicht verteidigen zu müssen. 3 Nachdem der Stamm wegen dieser Sache aufgeschreckt war, versuchte er, sein Recht mit Waffen durchzusetzen, und die Anführer versammelten eine Menge von Menschen aus der Landbevölkerung. Orgetorix starb. 4 Und der Verdacht blieb nicht aus, dass er, so glauben die Helvetier, Selbsttötung begangen habe.

Versuchter Durchzug der Helvetier
durch die Provinz und Ausweichen
durch das Gebiet der Sequaner

(5) Nach dessen Tod versuchten die Helvetier, das, was sie beschlossen hatten, durchzuführen, nämlich aus ihrem Gebiet auszuziehen. 2 Sobald sie glaubten, zu dieser Sache bereit zu sein, zündeten sie alle ihre Städte, etwa zwölf an der Zahl, die Siedlungen, an die vierhundert, sowie die privaten Gebäude an. 3 Das gesamte Getreide außer dem, welches sie mitnehmen würden, verbrannten sie, um damit – der Hoffnung auf Rückkehr nach Hause beraubt – umso bereitwilliger zu sein, alle Gefahren auf sich zu nehmen. Sie befahlen, dass sich jeder in gemahlener Form Getreidevorräte für drei Monate von zu Hause mitnehme. 4 Sie überredeten auch die Rauracer, Tulinger und Latobriger, ihre Nachbarn, dass sie denselben Plan verfolgten und, nachdem sie ihre Städte und Siedlungen verbrannt haben würden, mit ihnen aufbrachen. Die Boier aber, die auf der anderen Rheinseite wohnten und in das Gebiet von Noricum eingewandert waren und Noreia belagerten, nahmen sie bei sich auf und machten sie zu Verbündeten.

(6) Es gab insgesamt zwei Wege, auf welchen sie von zu Hause ausziehen konnten: einen durch das Gebiet der Sequaner, eng und schwierig, zwischen dem Juragebirge und dem Rhodanus, kaum dass ein einzelner Wagen dort fahren konnte. Ein hoher Bergvorsprung aber ragt über den Weg, sodass leicht sehr wenige Männer Vorbeiziehende aufhalten konnten. 2 Der andere Weg führt durch unsere Provinz, viel leichter und bequemer, weil zwischen dem Gebiet der Helvetier und der Allobroger, das erst vor kurzer Zeit befriedet wurde, die Rhône fließt und an einigen Stellen an Furten durchschritten werden kann. 3 Der äußerste Ort der Allobroger, der auch am nächsten am Gebiet der Helvetier liegt, ist Genava (Genf). Aus dieser Stadt verläuft eine Brücke in helvetisches Gebiet. Sie glaubten nun, die Allobroger überreden zu können, da diese dem römischen Volk noch nicht wohlgesonnen zu sein schienen, oder sie mit Gewalt zu zwingen, dass sie duldeten, dass die Helvetier durch ihr Gebiet ziehen. 4 Als alle Dinge zum Abmarsch bereit waren, setzten sie den Tag fest, an welchem sie alle am Ufer des Rhodanus zusammenkommen würden. Dieser Tag war der fünfte vor den Kalenden des Aprils (28. März) im Konsulat L. Pisos und A. Gabinius’ (58 v. Chr.).

(7) Als dies Caesar gemeldet wurde, dass sie nämlich versuchten, den Marsch durch unsere Provinz zu lenken, beeilte er sich, von der Stadt aufzubrechen und marschierte in so großen Tagesmarschen, wie er konnte, in das Äußere Gallien (Gallia ulterior) und erreichte Genava. 2 Er hob aus der gesamten Provinz so viele Soldaten aus, wie er konnte – im Ganzen gab es im Äußeren Gallien nur eine einzige Legion –, und er befahl, dass die Brücke, die nach Genava führte, abgerissen werde. 3 Sobald die Helvetier von seiner Ankunft Kenntnis erhalten hatten, schickten sie die Vornehmsten des Stammes als Gesandte zu ihm. Die Führung dieser Gesandtschaft hatten Nammeius und Verucloëtius, die sagten, es sei ihre Absicht, ohne irgendein Unrecht zu tun, den Weg durch die Provinz zu nehmen, weil ihnen kein anderer Weg offen stünde. Sie wollten fragen, ob sie dies mit seiner Zustimmung tun dürften. 4 Caesar glaubte, da er noch in Erinnerung hatte, dass Konsul L. Cassius (107 v. Chr.) von den Helvetiern geschlagen und sein Heer unter das Joch geschickt worden waren, dass er diesem Wunsch nicht nachgeben dürfe. 5 Er ging auch nicht davon aus, dass sich diese feindlich gesinnten Menschen, wenn man ihnen den Weg durch die Provinz freigebe, des Unrechts und der Verbrechen enthalten würden. 6 Dennoch antwortete er, damit eine Verzögerung eintreten konnte, bis die von ihm herbeibefohlenen Soldaten zusammenkamen, den Legaten, dass er sich Bedenkzeit nehmen wolle. Wenn sie etwas wollten, sollten sie an den Iden des Aprils (13. April) wiederkommen.

(8) Inzwischen ließ er von der Legion, die er bei sich hatte, und von den Soldaten, die aus der Provinz zusammengekommen waren, vom Lacus Lemannus, aus welchem der Rhodanus herausfließt, bis zum Juragebirge, welches das Gebiet der Sequaner von dem der Helvetier trennt, eine Mauer mit einer Länge von 19 000 Schritt (ca. 28,5 km) und einer Höhe von 16 Fuß (ca. 8 m) errichten und einen Graben ziehen. 2 Als dieses Werk vollendet war, stellte er Wachen auf und befestigte Kastelle, wodurch er sie umso leichter, falls sie versuchten, gegen seinen Willen durchzuziehen, würde aufhalten können. 3 Sobald der Tag, welchen er mit den Legaten festgesetzt hatte, herangekommen war und die Legaten zu ihm zurückkehrten, erklärte er, dass er nach Sitte und Beispiel des römischen Volkes keinen Durchzug durch die Provinz gewähren könne, und er zeigte ihnen, dass er, wenn sie es mit Gewalt versuchen würden, sie abhalten würde. 4 Die Helvetier, die diese Hoffnung aufgeben mussten, versuchten, mit zusammengebundenen Schiffen und indem sie eine größere Zahl von Flößen gebaut hatten, ob sie an anderen Furten des Rhodanus, wo der Fluss nicht so tief war, manchmal bei Tag, öfter aber bei Nacht, durchbrechen könnten, mussten von diesem Versuch aber durch die Festigkeit des Bauwerkes und die Konzentration der Soldaten und weil sie von Geschossen zurückgedrängt wurden, Abstand nehmen.

(9) So blieb allein der Weg durch das Gebiet der Sequaner übrig, auf dem sie aufgrund der Enge gegen den Willen der Sequaner nicht ziehen konnten. 2 Als sie diese aus eigener Kraft nicht überreden konnten, schickten sie Legaten an den Haeduer Dumnorix, um es durch seine Bitten von den Sequanern zu erlangen. 3 Dumnorix vermochte durch seine Beliebtheit und Großzügigkeit bei den Sequanern sehr viel und war ein Freund der Helvetier, weil er aus deren Stamm die Tochter des Orgetorix geheiratet hatte, und er strebte aus Begierde auf die Herrschaft nach einem Umsturz und wollte so viele Stämme wie möglich durch Wohltaten sich verpflichtet wissen. 4 Daher übernahm er die Aufgabe und erreichte bei den Sequanern, dass sie den Durchzug der Helvetier durch ihr Gebiet duldeten, und bewirkte, dass sie sich gegenseitig Geiseln gaben: die Sequaner, damit sie nicht den Helvetiern den Weg versperrten, die Helvetier, damit sie ohne Unrecht und Verbrechen hindurchzögen.

Caesars Plan, die Helvetier abzuhalten und
die Klagen der Gallier über dieselben

(10) Caesar wurde gemeldet, dass die Helvetier die Absicht hätten, durch das Gebiet der Sequaner und Haeduer den Weg in das Gebiet der Santonen zu nehmen, die nicht weit weg vom Gebiet der Tolosaten wohnen, einem Stamm innerhalb der Provinz. 2 Wenn dies geschehe, so begriff er, stellte dies eine große Gefahr für die Provinz dar, dass sie so kriegerische Menschen, Feinde des römischen Volkes, an offen daliegenden Gebieten, überreich an Getreide, zu Nachbarn hätte. 3 Aus diesem Grund stellte er der Befestigung, die er hatte bauen lassen T. Labienus als Kommandeur voran. Er selbst eilte in riesigen Tagesmärschen nach Italien, hob dort zwei Legionen aus und führte drei weitere, welche in der Gegend von Aquileia überwinterten, aus dem Winterlager und beeilte sich, mit diesen fünf Legionen auf dem nächsten Weg über die Alpen in das Äußere Gallien zu marschieren. 4 Dort versuchten die Ceutronen, Graioceler und Caturigen, indem sie die Gebirgspässe besetzten, das Heer auf seinem Weg aufzuhalten. 5 Nachdem diese in mehreren Kämpfen vertrieben worden waren, gelangte er von Ocelum, welches der äußerste Ort der Diesseitigen Provinz ist, am siebten Tag in das Gebiet der Vocontier im Äußeren Gallien. Von dort führte er das Heer in das Gebiet der Allobroger, vom Gebiet der Allobroger in das der Segusiaver. Diese sind außerhalb der Provinz auf der anderen Seite des Rhodanus der erste Stamm.

(11) Die Helvetier hatten ihren Tross schon durch die Engpässe und das Gebiet der Sequaner geführt und waren in das Gebiet der Haeduer gelangt und verwüsteten nun aufs Schwerste deren Äcker. 2 Da die Haeduer sich und ihren Besitz gegen diese nicht verteidigen konnten, schickten sie Gesandte zu Caesar, damit ihn diese um Hilfe bäten: 3 Sie hätten sich zu jeder Zeit so sehr um das römische Volk verdient gemacht, dass nun nicht gleichsam in Sichtweite unseres Heeres ihre Äcker verwüstet, ihre Kinder in die Sklaverei weggeführt werden und ihre Städte erobert werden dürften. 4 Zu derselben Zeit unterrichteten die Ambarrer, Verwandte und Angehörige der Haeduer, Caesar darüber, dass sie nach der Verwüstung ihrer Äcker die Gewalt der Feind nicht leicht von ihren Städten würden abhalten können. 5 Ebenso suchten die Allobroger, die auf der anderen Seite des Rhodanus Dörfer und Besitzungen hatten, Zuflucht bei Caesar und zeigten ihm an, dass ihnen außer ihrem Ackerboden nichts übriggeblieben sei. 6 Durch diese Umstände veranlasst, stellte Caesar fest, dass er nicht länger abwarten könne, bis die Helvetier, nachdem sie alle Güter seiner Bundesgenossen aufgebraucht hätten, in das Gebiet der Santonen gelangt seien.

Niederlage der Tiguriner am Fluss Arar
und die Gesandtschaft der Helvetier

(12) Da gibt es den Fluss Arar (Saône), welcher durch das Gebiet der Haeduer und Sequaner in den Rhodanus fließt, mit so unglaublicher Langsamkeit, dass man mit den Augen nicht entscheiden kann, in welche Richtung er fließt. 2 Diesen überschritten die Helvetier mit Flößen und zusammengebundenen Kähnen. Als Caesar durch Kundschafter erfahren hatte, dass schon drei Viertel des Trosses der Helvetier den Fluss überquert hätten, der vierte Teil aber am diesseitigen Ufer des Arar noch zurückgeblieben sei, brach er um die dritte Nachtwache (um 3 Uhr morgens) mit drei Legionen aus dem Lager auf und gelangte zu dem Teil, der den Fluss noch nicht überquert hatte. 3 Indem er diesen, nichtsahnend und kampfunfähig, angriff, tötete er einen großen Teil desselben. Die Übrigen flohen und schlugen sich in die umgebenden Wälder. 4 Dieser Stamm aber wurde Tiguriner genannt, denn der ganze Stamm der Helvetier ist in vier Teilstämme bzw. Gaue geteilt. 5 Dieser Teilstamm nun hatte, als er von zu Hause auszog, nach der Erinnerung unserer Väter Konsul L. Cassius getötet und sein Heer unter das Joch geschickt. 6 Und nun, sei es Zufall, sei es das Urteil der Götter, erhielt gerade der Stamm der Helvetier, welcher dem römischen Volk eine so enorme Niederlage zugefügt hatte, als erster seine Strafe. 7 In dieser Sache aber rächte Caesar nicht nur öffentliches, sondern auch persönlich erlittenes Unrecht, weil die Tiguriner in derselben Schlacht, in welcher sie Cassius töteten, auch L. Piso, den Großvater seines Schwiegervaters L. Piso, getötet hatten.

(13) Nachdem diese Schlacht geschlagen war, sorgte Caesar, um den übrigen Tross der Helvetier verfolgen zu können, dafür, dass eine Brücke über den Arar gebaut würde, und führte sein Heer hinüber. 2 Die Helvetier schickten, durch seine plötzliche Ankunft erschüttert, weil sie begriffen, dass er das, was sie in zwanzig Tagen mit größter Mühe vollbracht hatten, nämlich den Fluss zu überqueren, in einem Tag erledigt hatte, Gesandte zu ihm. Leiter dieser Gesandtschaft war der Häuptling Divico, der im Krieg gegen Cassius Anführer der Helvetier gewesen war. Dieser sprang mit Caesar folgendermaßen um: 3 Wenn das römische Volk Frieden mit den Helvetiern schließe, würden die Helvetier in den Teil des Landes gehen und dort bleiben, wo er es wolle. 4 Wenn sie aber auf Krieg beharrten, so möge er sich der früheren Niederlage des römischen Volkes erinnern und der alten Tapferkeit der Helvetier. 5 Nachdem er einen Teilstamm unvorhergesehen angegriffen habe, während die, welche den Fluss schon überquert hatten, ihren Leuten keine Hilfe leisten konnten, solle er deswegen seiner Tapferkeit nicht zu viel zuschreiben oder die ihre verachten. 6 Er habe von seinen Vätern und Vorfahren gelernt, eher durch Tapferkeit zu kämpfen, als sich auf List und Hinterhalt zu stützen. 7 Er solle daher nicht zulassen, dass dieser Ort, wo sie stünden, aus der Niederlage des römischen Volkes und der Vernichtung des Heeres seinen Namen erhalte und die Erinnerung an so etwas bewahre.

Caesars Antwort

(14) Darauf antwortete Caesar so: Er habe gerade deswegen, weil er die Dinge, an welche die Helvetier erinnern, sehr wohl im Gedächtnis habe, umso weniger Zweifel, und er trage umso schwerer daran, je weniger dies durch die Schuld des römischen Volkes geschehen sei. 2 Wenn sich dieses irgendeiner Schuld bewusst gewesen wäre, wäre es nicht schwer gewesen, auf der Hut zu sein. Aber gerade dadurch war es getäuscht worden, dass es sich weder einer Tat bewusst war, derentwegen es sich hätte fürchten müssen, noch glaubte, sich ohne Grund fürchten zu sollen. 3 Wenn er auch die alte Schmach vergessen wolle – könne er dann die Erinnerung an das neue Unrecht, dass sie nämlich gegen seinen Willen den Weg durch die Provinz mit Gewalt nehmen wollten, dass sie die Haeduer, die Ambarrer und die Allobroger schikaniert hatten, beiseiteschieben? 4 Dass er sich seines Sieges so ungehörig rühme und dass sie sich wunderten, dass er ihr Unrecht so lange ungestraft hingenommen habe, gehöre ebenfalls dazu. 5 Die unsterblichen Götter pflegten nämlich, wenn sie sich an Menschen für ein Unrecht rächen wollten, diesen vorher umso glücklichere Zeiten und längere Straflosigkeit zuzugestehen, damit sie dann umso schwerer an einer Veränderung der Verhältnisse leiden. 6 Auch wenn sich dies so verhielte, werde er, wenn sie ihm Geiseln stellten, damit er sehe, dass sie dies, was sie versprachen, auch tun wollten, und wenn sie den Haeduern wegen des Unrechts, das sie selbst und ihre Bundesgenossen ihnen zugefügt hatten, und ebenso den Allobrogern Schadenersatz gäben, mit ihnen Frieden schließen. 7 Divico antwortete: Die Helvetier seien von ihren Vorfahren gelehrt worden, dass sie gewohnt seien, Geiseln zu nehmen, nicht Geiseln zu geben. Zeuge dafür sei das römische Volk selbst. Nachdem er diese Antwort gegeben hatte, verschwand er.

Zug der Heere

(15) Am nächsten Tag brachen sie von dieser Stelle auf. Dasselbe tat Caesar, und die ganze Reiterei, an die 4000 Mann, welche er aus der ganzen Provinz und von den Haeduern und deren Bundesgenossen versammelt hatte, sandte er voraus, damit sie erkundeten, in welche Gegenden der Feind ziehe. 2 Diese verfolgten die Nachhut zu eifrig und ließen es an einem ihnen unbekannten Ort mit der Reiterei der Helvetier zu einem Kampf kommen, und einige wenige unserer Leute fielen. 3 Durch diesen Kampf aufgeputscht, weil sie mit 500 Reitern eine solche Menge feindlicher Reiter in die Flucht geschlagen hatten, begannen die Helvetier, gelegentlich kühner Widerstand zu leisten und mit ihrer Nachhut unseren Leuten einen Kampf zu liefern. 4 Caesar hielt seine Leute vom Kampf zurück und ließ es genug damit sein, den Feind für jetzt von Raubzügen und Verwüstungen abzuhalten. 5 So marschierten sie etwa fünfzehn Tage, wobei zwischen der Nachhut des feindlichen Heeres und der Vorhut des unsrigen nicht mehr als fünf oder sechs Meilen (7,5 bis 9 km) lagen.

Anklage Caesars gegen die Haeduer
und die Hinterlist des Dumnorix

(16) Inzwischen hatte Caesar täglich von den Haeduern das Getreide gefordert, dessen Lieferung auf eigene Kosten sie versprochen hatten. 2 Denn wegen der Kälte (weil Gallien, wie schon gesagt wurde, nördlich liegt) war nicht nur das Getreide auf den Feldern noch nicht reif, sondern es war nicht einmal eine hinreichende Menge Futters vorhanden. 3 Das Getreide aber, welches er auf dem Fluss Arar auf Schiffen hatte mitführen lassen, konnte er deswegen weniger gebrauchen, weil die Helvetier sich von diesem Weg abgewendet hatten und er sie nicht aus den Augen lassen wollte. 4 Tag für Tag hielten ihn die Haeduer hin und sagten, es werde gesammelt und herbeigebracht. 5 Sobald er aber begriff, dass er zu lange hingehalten wurde und der Tag bevorstand, an welchem den Soldaten das Getreide werde ausgegeben müssen, rief er ihre Anführer zusammen, von welchen sich in seinem Gefolge eine große Anzahl befand, darunter Diviciacus und Liscus, welcher der obersten Regierung vorstand, ein Amt, das die Haeduer »Vergobretus« nannten und dessen Inhaber jährlich gewählt wird und die Vollmacht über Leben und Tod hat. 6 Dann klagte er sie heftig an, dass sie ihn, da er Getreide weder kaufen noch von den Äckern holen könne, in einer so schwierigen Zeit, angesichts des so nahen Feindes nicht unterstützten, zumal er den Krieg vor allem wegen ihrer Bitten auf sich genommen habe. Und noch stärker beklagte er, dass sie ihn im Stich gelassen hatten.

(17) Schließlich legte Liscus, von der Rede Caesars veranlasst, dar, was er zuvor verschwiegen hatte: Es gäbe einige, deren Ansehen beim Volk sehr viel bewirke, die persönlich mehr Einfluss hätten als die Regierung selbst. 2 Diese hätten in aufrührerischer Weise und durch eine schändliche Rede die Menge davon abgeschreckt, das geschuldete Getreide zu liefern. 3 Wenn nun schon die Haeduer die Herrschaft über Gallien nicht halten könnten, so würden sie die Herrschaft anderer Gallier der der Römer vorziehen. 4 Und es bestehe kein Zweifel, dass die Römer, wenn sie die Helvetier besiegt haben würden, den Haeduern mit dem übrigen Gallien die Freiheit rauben würden. 5 Von denselben seien auch unsere Pläne und was im Lager vor sich ging, den Feinden gemeldet worden. Diese könnten sie alleine nicht bezwingen. 6 Ja er sehe sogar, in welch große Gefahr er sich begebe, indem er Caesar diese Tatsache notgedrungen berichte, und habe nur aus diesem Grund so lange schweigen können.

(18) Caesar war bewusst, dass mit dieser Rede des Liscus Dumnorix, der Bruder des Diviciacus gemeint sei, da er aber diese Sache in Anwesenheit so vieler Leute nicht weiter erörtert haben wollte, entließ er schnell die Versammlung und behielt Liscus zurück. 2 Er befragte ihn alleine nach dem, was er in der Versammlung gesagt hatte. Nun redete er freier und mutiger. Nach denselben Dingen fragte er heimlich auch andere Zeugen und fand heraus, dass es die Wahrheit war. 3 Dumnorix selbst sei von höchster Verwegenheit, vermochte viel beim Volk wegen seiner Freigiebigkeit und Beliebtheit und plane einen Umsturz. Über viele Jahre hinweg habe er das Recht an den Zöllen und allen anderen Abgaben der Haeduer zu einem kleinen Preis gekauft, weil auf seinen Befehl hin niemand wage, ihn zu überbieten. 4 Dadurch habe er auch sein Vermögen vermehrt und sich Möglichkeiten verschafft, solche Großzügigkeit zu pflegen. 5 Ständig unterhalte er auf seine Kosten eine große Zahl von Reitern und führe sie mit sich, 6 und nicht nur daheim, sondern auch bei den benachbarten Stämmen sei sein Einfluss groß, und um dieser Macht willen habe er seine Mutter einem sehr vornehmen und mächtigen Mann bei den Biturigen zur Frau gegeben, 7 habe selbst eine Ehefrau aus dem Stamm der Helvetier, seine Schwester von der Mutter her und andere weibliche Verwandte habe er in andere Stämme verheiratet. 8 Er begünstige und schätze die Helvetier aufgrund dieser Verwandtschaft, hasse dagegen aus persönlichen Gründen Caesar und die Römer, weil durch deren Ankunft seine Macht beschränkt wurde und sein Bruder Diviciacus wieder in seine frühere Position der Beliebtheit und des Ansehens gelangt ist. 9 Wenn nun den Römern etwas zustoße, käme er mithilfe der Helvetier in die aussichtsreichste Hoffnung, die Herrschaft zu erlangen. Durch die Herrschaft des römischen Volkes bange er nicht nur um die Königsherrschaft, sondern auch um die Beliebtheit, die er im Moment besitze. 10 Durch seine Fragen fand Caesar ferner heraus, dass bei dem unglücklichen Reiterkampf, der vor einigen Tagen stattgefunden hatte, Dumnorix und seine Reiter zuerst geflohen waren – denn er stand der Reiterei vor, welche die Haeduer Caesar zu Hilfe geschickt hatten –, und gerade deren Flucht war ein Schrecken für die übrigen Reiter.

(19) Nachdem er diese Dinge erkannt hatte und zu diesen Verdächtigungen die sicheren Tatsachen hinzugetreten waren, dass er die Helvetier durch das Gebiet der Sequaner geführt hatte, dass er für die gegenseitige Gestellung von Geiseln gesorgt hatte, dass er dies alles nicht nur ohne Caesars und des Stammes Befehl, sondern sogar ohne deren Wissen getan hatte, dass er von der Regierung der Haeduer angeklagt wurde –, da glaubte Caesar, dass dies hinreichende Gründe seien, dass er selbst oder dass der Stamm gegen ihn vorgingen. 2 Allen diesen Belastungsmomenten stand gegenüber, dass er den höchsten Eifer seines Bruders Diviciacus für das römische Volk, dessen übergroßes Wohlwollen, die herausragende Treue, Gerechtigkeit und Mäßigung kennengelernt hatte, und so fürchtete er, dass durch Dumnorix’ Bestrafung das Herz des Diviciacus beleidigt werden könnte. 3 Daher befahl er, bevor er etwas unternahm, dass Diviciacus zu ihm gerufen werde, und nachdem er die gewöhnlichen Übersetzer weggeschickt hatte, unterhielt er sich mit diesem durch C. Valerius Troucillus, einen der führenden Männer der Provinz Gallien, der ihm nahe stand und zu dem er in allen Angelegenheiten höchstes Vertrauen hatte. 4 Zunächst teilte er ihm mit, was in seiner eigenen Anwesenheit im Landtag der Gallier von Dumnorix berichtet wurde, und erläuterte ihm, was ihm jeder Einzelne alleine vorgetragen hatte. 5 Er bat und ermunterte ihn, dass er ohne Kränkung seines Herzens entweder selbst nach einem Prozess über jenen urteile oder dem Stamm befehle, solches zu tun.

(20) Diviciacus umarmte Caesar mit vielen Tränen und begann, ihn zu beschwören, dass er nichts Schweres gegen seinen Bruder bestimme. 2 Er wisse, dass dies wahr sei, und niemand werde dadurch mehr als er betrübt, denn während er selbst Beliebtheit daheim und im übrigen Gallien besitze, jener aber wegen seiner Jugend nur wenig vermochte und nur durch sich mächtig geworden sei 3 und nun die Reichtümer und Mittel nicht nur zur Verkleinerung seiner (des Diviciacus’) Beliebtheit, sondern fast sogar zu seinem Verderben eingesetzt hätte. Er selbst sei aber von brüderlicher Liebe und der Einschätzung des Volkes bestimmt. 4 Wenn ihm daher durch Caesar etwas Schwerwiegendes zustoße, während er selbst einen solchen Rang als Freund bei ihm einnehme, könne niemand etwas anderes denken, als dass dies mit seiner Zustimmung geschehen sei. Aus diesem Grund würde es geschehen, dass das Herz ganz Galliens sich von ihm abwende. 5 Als er dies mit vielen Worten und weinend von Caesar erbat, ergriff Caesar seine Rechte. Tröstend bat er ihn, dass er dem Flehen ein Ende mache, und zeigte ihm, dass sein Ansehen bei ihm so groß war, dass er das Unrecht gegen die res publica und seinen persönlichen Schmerz auf seinen Wunsch und sein Bitten hin verzeihe. 6 Er rief Dumnorix zu sich und zog den Bruder hinzu. Er ließ ihn wissen, was er an ihm rügte. Er legte ihm dar, was er selbst wusste und worüber sein Stamm klagte. Er ermahnte ihn, in Zukunft allen Grund zur Verdächtigung zu vermeiden. Das Gewesene, so sagte er, vergebe er um des Bruders Diviciacus willen. Über Dumnorix setzte er Wächter, um zu wissen, was jener tat und mit wem er redete.

Vertane Chance

(21) Am selben Tag erfuhr er durch Kundschafter, dass sich die Feinde am Fuß eines Berges niedergelassen hatten, acht Meilen (12 km) von seinem Lager entfernt, und er schickte Leute aus, die herausfinden sollten, wie die Lage des Berges beschaffen sei und wo an seinen Seiten man ihn besteigen könne. 2 Es wurde gemeldet, dass es leicht sei. Um die dritte Nachtwache (gegen 3 Uhr nachts) befahl er, dass der legatus pro praetore T. Labienus mit zwei Legionen und den Männern als Anführern, die den Weg kannten, den Berggipfel besteigen sollten. Er erklärte ihnen, was sein Plan war. 3 Er selbst nahm um die vierte Nachtwache denselben Weg, den die Feinde gegangen waren, eilte zu ihnen und ließ die ganze Reiterei vorangehen. 4 P. Considius, der für überaus erfahren in Kriegsangelegenheiten gehalten wurde und schon dem Heer L. Sullas und später des M. Crassus’ angehört hatte, schickte er mit Kundschaftern voraus.

(22) Als bei Sonnenaufgang der Berggipfel von L. Labienus besetzt war, war er selbst vom Lager der Feinde nicht mehr weiter als 1500 Schritte (2,25 km) entfernt, und sie hatten bis dahin, wie er später von Gefangenen hörte, weder seinen noch des Labienus’ Ankunft bemerkt, als Considius, nachdem er sein Pferd herangelenkt hatte, zu ihm kam, und berichtete, 2 dass ein Gipfel, welchen Labienus besetzen wollte, sich in der Hand der Feine befinde. Das habe er anhand der gallischen Waffen und der gallischen Feldzeichen erkannt. 3 Caesar führte seine Truppen auf einen nahe gelegenen Hügel und stellte die Schlachtreihe auf. Labienus sollte gemäß seiner Vorschrift von Caesar keinen Kampf beginnen, bevor nicht seine eigenen Truppen nahe dem feindlichen Lager gesehen worden seien, damit der Angriff auf die Feinde von allen Seiten gleichzeitig erfolge. Nachdem er seinen Hügel besetzt hatte, erwartete er demgemäß unsere Leute und enthielt sich des Kampfes. 4 Spät am Tag erst erfuhr Caesar durch Kundschafter, dass sowohl der Berg von seinen eigenen Leuten besetzt war, als auch dass die Helvetier das Lager abgebrochen hätten, außerdem, dass Considius von Angst erschreckt war, weil er nicht das gesehen hatte, was er als das Gesehene gemeldet hatte. 5 An diesem Tag folgte er den Feinden im gewohnten Abstand und schlug sein Lager drei Meilen (4,5 km) entfernt von dem ihren auf.

Niederlage und Flucht der Helvetier

(23) Am darauf folgenden Tag beschloss er, weil nur noch zwei Tage übrig waren, bis er dem Heer würde das Getreide ausgeben müssen, und weil er von Bibracte, der bei Weitem größten und reichsten Stadt der Haeduer, nicht weiter als 18 Meilen (27 km) entfernt war, dass er nun für die Getreideeinholung sorgen müsse, und er wich vom Weg der Helvetier ab und beeilte sich, nach Bibracte zu gehen. 2 Diese Tatsache wurde durch Überläufer des Dekurionen der gallischen Reiter, L. Aemilius, den Feinden mitgeteilt. 3 Die Helvetier begannen – sei es, dass sie glaubten, die Römer hätten, von Angst verschreckt, von ihnen abgelassen, zumal sie am Vortag die Höhen besetzt und es dann doch nicht hatten zum Kampf kommen lassen, sei es, dass sie darauf vertrauten, dass sie von den Getreidelieferungen abgeschnitten werden könnten, nachdem sie ihren Plan geändert hatten und umgekehrt waren – unseren Leuten, d. h. der Nachhut zu folgen und diese zu provozieren.

(24) Als er dies bemerkt hatte, führte Caesar seine Truppen hinter den nächsten Hügel und schickte die Reiterei los, die den Angriff auf die Feinde abwehren sollte. 2 Er selbst stellte inzwischen auf der Mitte des Hügels eine dreifache Schlachtreihe auf aus vier Veteranenlegionen. An die höchste Stelle stellte er zwei Legionen, die er im Diesseitigen Gallien gerade erst ausgehoben hatte, auch stellte er alle Hilfstruppen auf, sodass er den gesamten Berg über sich mit Menschen gefüllt hatte. 3 Hinderliches Gepäck ließ er an einer Stelle zusammentragen und diese von denjenigen, die in der oberen Schlachtreihe standen, befestigen. 4 Die Helvetier folgten mit all ihren Wagen und zogen ihren Tross an einem Ort zusammen. 5 Sie selbst drängten mit verdichteten Haufen unsere Reiterei zurück und rückten in geschlossener Phalanx bis zu unserer vordersten Schlachtreihe heran.

(25) Nachdem Caesar zuerst sein eigenes Pferd, dann die aller anderen außer Sichtweite gebracht hatte, um die Gefahr für alle gleichzumachen und die Hoffnung auf Flucht zu beseitigen, schickte er seine Kohorten in die Schlacht. 2 Die Soldaten warfen von den höher gelegenen Stellen Pfeile und brachen so leicht die Phalanx des Feindes. Nachdem diese auseinandergeworfen worden waren und die Schwerter gezogen waren, unternahmen sie einen Angriff auf sie. 3 Für die Gallier ergab sich ein großes Hindernis daraus, dass mehrere ihrer Schilde mit einem Hieb unserer Lanzen durchbohrt und zusammengeheftet wurden und sie, wenn sich das Eisen verbog, weder diese herausziehen noch mit der linken Hand ungehindert und erfolgreich kämpfen konnten 4 und so viele, nachdem sie lange den Arm geschüttelt hatten, es vorzogen, den Schild abzuwerfen und mit ungeschütztem Körper zu kämpfen. 5 Endlich begannen sie, von den Wunden erschöpft, den Rückzug und begaben sich zu einem Berg, etwa eine Meile entfernt. 6 Als der Berg eingenommen worden war und unsere Leute folgten, griffen die Boier und Tulinger, welche das Heer der Feinde von etwa 15 000 Menschen abschlossen und den Schutz für die Nachhut bildeten, unsere Leute auf dem Weg von der offenen Seite her an und umzingelten sie. Als dies die Helvetier sahen, die sich schon am Berg niedergelassen hatten, begannen sie erneut, zu drohen und in den Kampf zurückzukehren. 7 Die Römer kehrten nach beiden Seiten um, die erste und die zweite Schlachtreihe, um den bereits Besiegten und Zurückgeschlagenen Widerstand zu leisten, die dritte, um die Ankommenden abzufangen.

(26) So wurde in einem Kampf mit zwei Fronten lange und heftig gefochten. Da sie dem Ansturm unserer Leute nicht länger standhalten konnten, zogen sich die einen, wie sie es bereits begonnen hatten, auf den Berg zurück, die anderen zogen sich hinter ihr Gepäck und ihre Wagen zurück. 2 Denn obwohl von der siebten Stunde bis zum Abend gekämpft wurde, konnte in diesem ganzen Kampf niemand einen fliehenden Feind sehen. 3 Spät in der Nacht wurde auch noch beim Tross gekämpft, weil die Feinde ihre Wagen als Wall zusammengerückt hatten und von dem höher gelegenen Platz auf unsere ankommenden Leute Geschosse warfen, und einige schleuderten zwischen den Wagen und Rädern Wurfspieße und Riemen von unten und verletzten unsere Leute. 4 Als lange gekämpft worden war, bemächtigten sich die Unsrigen des Gepäcks und des Lagers. Dabei wurden die Tochter des Orgetorix und einer seiner Söhne gefangen. 5 Nach diesem Kampf waren etwa 130 000 Menschen übrig und gingen in dieser ganzen Nacht weiter. Indem sie auch nachts keine Pause mehr machten, gelangten sie am vierten Tag in das Gebiet der Lingonen, als ihnen die Unsrigen sowohl wegen der Wunden der Soldaten als auch, um die Gefallenen zu begraben, während einer dreitägigen Pause nicht folgen konnten. 6 Caesar schickte Briefe und Boten an die Lingonen, damit diese sie weder mit Getreide noch mit etwas anderem unterstützten. Wenn diese ihnen helfen würden, würden sie dasselbe Schicksal erleiden wie diese. Er selbst machte sich nach drei Tagen mit all seinen Truppen auf den Weg zu ihnen.

Kapitulation und Bestrafung

(27) Die Helvetier schickten, vom Mangel an allen nötigen Dingen veranlasst, Gesandte zu ihm, um die Kapitulation zu erklären. 2 Als ihm diese unterwegs entgegen kamen und sich ihm zu Füßen warfen, baten sie weinend und in demütigen Worten um Frieden; er befahl ihnen, dass sie an dem Ort, wo sie sich nun aufhielten, seine Ankunft erwarten sollten, und sie gehorchten. 3 Nachdem Caesar dorthin gekommen war, forderte er die Geiseln, die Waffen und die Sklaven, die in ihre Hände gefallen waren, zurück. 4 Während diese Güter gesucht und zusammengebracht wurden, wobei die Nacht hereinbrach, zogen etwa 6000 Menschen des Stammes, welcher Verbigenus genannt wurde, sei es, dass sie durch Angst verschreckt waren, dass sie nach Abgabe der Waffen eine Strafe erhalten würden, sei es, dass sie, von der Hoffnung auf Rettung verleitet, weil sie dachten, dass in einer solchen Menge Kapitulierender ihre Flucht verborgen oder ganz und gar unbemerkt bleiben könnte, aus dem Lager der Helvetier aus und strebten über den Rhein in das Gebiet der Germanen.

(28) Sobald dies Caesar bekannt wurde, befahl er denen, durch deren Gebiet sie ziehen wollten, dass sie diese zusammensammeln und zurückbrachten, wenn sie selbst verschont bleiben wollten. Die ihm Überbrachten betrachtete er als Feinde, 2 von allen Übrigen nahm er, nachdem ihm die Geiseln, Waffen und Überläufer ausgeliefert worden waren, die Kapitulation an. 3 Er befahl, dass die Helvetier, Tulinger, Latobriger und Rauracer in jene Gebiete zurückkehrten, aus welchen sie aufgebrochen waren, und weil sie, nach dem Verlust aller Früchte daheim nichts haben würden, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten, befahl er den Allobrogern, dass sie ihnen eine gewisse Menge an Getreide gäben. Sie selbst sollten, so befahl er, die Orte und Siedlungen, welche sie verbrannt hatten, wieder aufbauen. 4 Dies tat er vor allem aus der Überlegung heraus, dass er nicht wollte, dass sie jenen Ort, von dem die Helvetier ausgezogen waren, unbewohnt ließen, damit nicht wegen der Güte der Äcker die Germanen, die jenseits des Rheins wohnten, aus ihrem Gebiet in das der Helvetier zögen und zu Nachbarn der Provinz und der Allobroger würden. 5 Er gestattete, aufgrund der Bitten der Haeduer, weil man sie als besonders tapfer kannte, dass sich die Boier in ihrem Gebiet niederließen. Diesen gaben jene Äcker und nahmen sie später als gleichberechtigte und freie Leute in ihre eigenen Reihen auf.

(29) Im Lager der Helvetier wurden später Tafeln gefunden, die mit griechischer Schrift beschrieben waren und zu Caesar gebracht wurden. Auf diesen Tafeln war insbesondere die Rechnung aufgemacht, wie viele von denen von daheim aufgebrochen waren, die Waffen tragen konnten, und ebenso in eigenen Listen die Kinder, Alten und Frauen. 2 Die Summe aller dieser Listen ergab an Köpfen 263 000 Helvetier, 34 000 Tulinger, 14 000 Latobriger, 23 000 Rauracer, 32 000 Boier. Kampffähig waren von diesen etwa 92 000 Mann. 3 Die Gesamtzahl belief sich auf 368 000 Personen. Bei denen, die nach Hause zurückkehrten, wurde auf Caesars Befehl eine Zählung durchgeführt, und ihre Zahl betrug 110 000 Personen.

Der Krieg gegen Ariovist

Gallischer Landtag

(30) Nachdem der Helvetische Krieg beendet war, schickten fast alle Stämme Galliens ihre Häuptlinge als Gesandte zu Caesar, um ihn zu beglückwünschen. 2 Sie würden einsehen, dass sie, wenngleich sie im Krieg für das frühere Unrecht der Helvetier am römischen Volk Strafen vollzogen hätten, diese Sache doch auch nicht weniger zum Nutzen des gallischen Bodens geschehen sei als zu dem des römischen Volkes, 3 weil die Helvetier bei ihrem Plan angesichts blühendster Umstände ihre Häuser verlassen hätten, um ganz Gallien mit Krieg zu überziehen und sich der Herrschaft zu bemächtigen, und einen Ort zu ihrer Ansiedlung aus einer großen Menge auswählten, welchen sie in ganz Gallien für den besten und fruchtbarsten hielten, und die übrigen Stämme zu Tributpflichtigen machen wollten. 4 Sie baten, dass sie einen bestimmten Tag für eine Versammlung ganz Galliens mit Erlaubnis Caesars festsetzen dürften. Es gebe nämlich einige Angelegenheiten, welche sie mit der Zustimmung aller ihm vortragen wollten. 5 Da dies gestattet wurde, setzten sie einen Tag für die Versammlung fest und verpflichteten sich untereinender durch einen Eid, dass niemand etwas verlautbaren lasse außer dem, wozu er durch allgemeinen Beschluss beauftragt sei.

(31) Als diese Versammlung entlassen war, kamen dieselben Häuptlinge der Stämme, die vorher da waren, zu Caesar zurück und baten, dass es ihnen erlaubt sei, abgeschlossen und im Geheimen über das Heil ihres ganzen Volkes mit ihm zu verhandeln. 2 Als sie die Erlaubnis dazu erlangt hatten, warfen sie sich alle weinend Caesar zu Füßen. Sie würden sich nicht weniger anstrengen und bemühen, dass das, was sie gesagt hätten, nicht bekannt gegeben werde, als das, was sie erstrebten zu erreichen, denn wenn es bekannt würde, kämen sie, wie sie wüssten, in die schlimmsten Schwierigkeiten. 3 Für sie sprach der Haeduer Diviciacus: In ganz Gallien gebe es zwei Parteien, wobei die eine von den Haeduern angeführt werde, die andere von den Arvernern. 4 Weil diese um die Vorherrschaft schon viele Jahre miteinander stritten, sei es geschehen, dass von den Arvernern und Sequanern die Germanen gegen Bezahlung herbeigerufen wurden. 5 Von diesen seien zuerst etwa 15 000 Mann über den Rhein gekommen. Nachdem die wilden und barbarischen Menschen die Äcker, die Lebensweise und die Vorräte der Gallier lieben gelernt hatten, seien noch mehr herübergeführt worden. Nun hielten sich in Gallien an die 120 000 von ihnen auf. 6 Gegen diese hätten die Haeduer und deren Anhänger immer wieder mit Waffen gekämpft, eine große Niederlage erlitten und seien vertrieben worden, den ganzen Adel, den gesamten Rat der Ältesten, die ganze Reiterei hätten sie verloren. 7 Durch diese Kämpfe und Niederlagen gebrochen seien sie, die einst sowohl durch ihre eigene Tapferkeit als auch durch den Beistand des römischen Volkes das meiste vor allen anderen Galliern vermocht hatten, gezwungen gewesen, den Sequanern Geiseln zu stellen, die Vornehmsten des Stammes, und sich eidlich zu verpflichten, weder die Geiseln zurückzufordern noch Hilfe vom römischen Volk zu erbitten noch zu verweigern, dass sie auf ewig unter ihrem Befehl und ihrer Herrschaft stünden. 8 Er allein sei aus dem ganzen Stamm der Haeduer einer, welcher dazu nicht gebracht werden konnte, zu schwören oder seine Kinder als Geiseln zu geben. 9 Aus diesem Grund sei er aus dem Stamm geflohen und nach Rom zum Senat gekommen, um Hilfe zu erbitten, weil er alleine weder durch einen Eid noch durch Geiseln gebunden sei. 10 Aber schlechter sei es den Sequanern als den Siegern ergangen denn den Haeduern als Besiegten, weil sich Ariovist, ein König der Germanen, in ihrem Gebiet niedergelassen und den dritten Teil des Ackerlandes der Sequaner, welches das beste in ganz Gallien sei, besetzt und nun befohlen habe, dass die Sequaner auch noch aus dem zweiten Drittel weichen müssten, weil wenige Monate zuvor 24 000 Haruden zu ihm gekommen seien, denen er Siedlungsgebiet und Wohnsitze beschaffen wolle. 11 In wenigen Jahren werde es so weit sein, dass alle aus dem Gebiet Galliens vertrieben würden und alle Germanen den Rhein überschritten. Denn der gallische Acker könne nicht mit dem germanischen verglichen werden, noch könnten die Gewohnheiten der Ernährung verglichen werden. 12 Ariovist aber gab, sobald er einmal die Truppen der Gallier in einem Kampf besiegt hatte, welcher bei Magetobriga stattfand, hochmütig und grausam Befehle, forderte als Geiseln die Kinder jeweils der Vornehmsten und gab dabei alle Beispiele der Grausamkeit, wenn eine Sache nicht nach seinem Wunsch und zu seiner Zufriedenheit ausgeführt wurde. 13 Er sei ein barbarischer Mensch, unbesonnen, man könne seine Befehle nicht länger ertragen. 14 Wenn man in Caesar und im römischen Volk keine Hilfe finde, müssten alle Gallier dasselbe tun wie das, was die Helvetier getan hatten, nämlich auswandern und eine andere Bleibe, andere Siedlungen suchen, weit weg von den Germanen, und ihr Schicksal, was auch immer geschehe, herausfordern. 15 Wenn dies Ariovist gemeldet wurde, so zweifelten sie nicht, dass er über alle Geiseln, die sich in seiner Hand befinden, die schwerste Strafe verhänge. 16 Caesar könne ihn mit seinem Einfluss und seinem Heer, durch den jüngsten Sieg und durch den Namen des römischen Volkes abschrecken, damit nicht eine größere Menge an Germanen über den Rhein geführt werde, sondern ganz Gallien gegen das Unrecht Ariovists verteidigt werden könne.

(32) Nachdem Diviciacus diese Rede gehalten hatte, begannen alle Anwesenden unter lautem Weinen, Caesar um Hilfe zu bitten. 2 Caesar merkte, dass von allen allein die Sequaner nichts von dem taten, was alle Übrigen taten, sondern traurig mit hängendem Kopf den Boden betrachteten. Er wunderte sich, was der Grund dafür sei, und fragte sie. 3 Die Sequaner antworteten nichts und verharrten nur schweigend in derselben Traurigkeit. Als er sie mehrfach gefragt hatte, sie aber keinen einzigen Laut hervorbrachten, antwortete wieder der Haeduer Diviciacus: 4 Dadurch sei das Schicksal der Sequaner noch elender und schwerer als das der Übrigen, weil sie alleine nicht einmal im Verborgenen zu klagen oder Hilfe zu erbitten wagten und sie die Grausamkeit selbst des abwesenden Ariovists schrecke, gerade als ob er anwesend sei. 5 Weil aber den anderen die Gelegenheit zur Flucht gegeben sei, die Sequaner jedoch, welche Ariovist in ihr Gebiet aufgenommen hätten, deren Städte alle in seine Hand gefallen waren, müssten alle Qualen erdulden.

Ariovist verweigert eine Unterredung

(33) Als Caesar dies erfahren hatte, stärkte er den Mut der Gallier mit seinen Worten und versprach ihnen, dass er sich um diese Angelegenheit künftig kümmern werde. Er habe große Hoffnung, dass Ariovist sowohl durch seine (Caesars) Wohltaten als auch durch seinen Einfluss dem Unrecht ein Ende setzen werde. Nachdem er diese Rede gehalten hatte, löste er die Versammlung auf. 2res publica345