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Für Juju

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Berlin Verlag erschienenen Buchausgabe

1. Auflage 2014

ISBN 978-3-8270-7699-1

© Berlin Verlag in der Piper Verlag GmbH, München 2014

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München
unter Verwendung eines Bildes von © Paul Grand Image/getty images

Datenkonvertierung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

Lasciatemi morire

Lasciatemi morire

E che volete voi che mi conforte

In cosí dura sorte

In cosí gran martire

Lasciatemi morire

Lamento d’Arianna, Monteverdi

Prolog

Sommer 1976

Es war einer dieser besonderen Sommertage. Einer, an dem man fast durchdreht vor Glück. Wir meinten, es gehörte uns. Wir hielten es fest, wie einen Schmetterling in der hohlen Hand. Ich höre immer noch Marcels Lachen zwischen den Beerensträuchern, Schwärme von Mücken tanzen vor dem wolkenlosen Himmel, das fröhliche Geschwatze der Vögel dringt von den Bäumen herunter, und ich rieche den Duft von blühendem Jasmin. Wir waren glücklich. Wenn jemand gekommen wäre und gesagt hätte: »Heute Abend ist alles vorbei«, ich hätte gelacht, wie man eben lacht, wenn man an das Glück glaubt.

Aber es kam so.

Wenn ich heute darüber nachdenke, hatte Farfadetnoir schon Tage vorher seinen Schatten über unseren Sommer geworfen. Es war nur, weil Mamique gekommen war, dass wir seine Ankunft vergessen hatten. Die Sorglosigkeit hatte uns übermannt. Noch einmal, kurz.

Ich hatte mich hoch oben in einer Tanne am Wäldchen versteckt. Durch die Zweige konnte ich über die Wiese bis zum Haus hinaufsehen. Mamique suchte gerade nach Marcel. Er saß unter dem Magnolienbusch, den Aimée zu seiner Geburt mitten auf den Rasen unterhalb der Terrasse hatte pflanzen lassen. Hasenklein zusammengekauert saß er dort.

Aimée liebte Magnolien. Sie sagte, die Blüten im Frühjahr seien die Geburtsstätte von Elfen. Aus ihrem Tau tauchten sie auf, in einer Vollmondnacht, ganz winzig klein. Mit bloßem Auge hielt man sie für Blütenstaub. Sie erzählte ständig solche Geschichten.

Der Busch hatte in einer der letzten Nächte auf einen Schlag den Großteil seiner Blätter verloren, und Aimée hatte gesagt, vielleicht sei das ein Zeichen, ohne uns zu erklären, wofür. Es hatte nur etwas Düsteres im Raum gehangen, nachdem sie es gesagt hatte, und ein bisschen war es so gewesen, dass dieses Düstere sie danach verfolgte. Als hätte sie es nicht sagen sollen, das mit dem Zeichen.

Marcel war ziemlich schlecht versteckt unter den dürren Magnolienästen. Er saß in der Hocke an den niederen Stamm gelehnt, beide Hände auf die Augen gepresst, und hielt sich für unsichtbar.

Mamique rief nach uns. Ihre tiefe raue Stimme klang über der Wiese und machte mich glücklich.

»Marcellino, wo bist du? Hast du deine alte Großmutter verlassen?« Sie schlich um die Magnolie und tat, als würde sie herzzerreißend weinen.

Mein Bruder biss sich auf die Unterlippe. Die Vorstellung gefiel ihm. Dann, ganz langsam, löste er sich aus seiner Häschenhaltung und sprang ihr mit lautem Geschrei in die Arme.

»Hier bin ich, hier«, schrie er und drängte sich mit aller Kraft an sie.

Zur gleichen Zeit schloss Aimée oben im zweiten Stock den letzten noch offen stehenden Fensterladen. Die Sonne schien ihr ins blasse Gesicht. Sie winkte kurz mit einer müden Handbewegung zu mir herunter.

An einem anderen Tag hätte mich ihre Geste geschmerzt, an einem anderen Tag hätte ich versucht, ihr ein Lächeln abzuringen. Aber heute war ein besonderer Tag, heute war Mamqiue da und suchte nach uns, und so schnell, wie meine Mutter am Fenster ihres Ateliers aufgetaucht war, hatte ich sie auch schon wieder vergessen.

Ich sah Mamique und Marcel miteinander flüstern. Er war von ihrem Arm gesprungen und zog sie in meine Richtung. Er hatte gesehen, wie ich auf den Baum geklettert war. Kleiner Mistkerl! Wenn er jetzt mein Versteck verriet … Zielstrebig steuerte er auf mich zu. Etwa drei Meter vom Stamm meiner Tanne entfernt fasste er unter einen Busch und zog den roten Ball mit den schwarzen Punkten hervor. Ein halb luftleeres, nicht mehr ganz rundes Gebilde, das er sonst unermüdlich durch die Gegend kickte. Ich atmete auf.

»Regardes«, sagte er und hielt unserer Großmutter das schlappe Ding hin, »mon ballon!«

»Wir müssen Bénédicte finden«, sagte Mamique und hob meinen widerstrebenden Bruder mitsamt dem Ball auf den Arm.

Sie ging unter meiner Tanne vorbei, in das Wäldchen hinein, den kurzen Abhang hinunter, dorthin, wo ein Zaun unser Grundstück vom angrenzenden Wald trennte.

»Bicky!«, hörte ich Marcel albern kichern und dann in besorgtem Ton zu Mamique sagen: »Aber wenn wir sie gefunden haben, spielen wir au ballon?«

»Oui, Marcellino, oui, c’est promis!«, beruhigte sie ihn. »Auf jeden Fall, versprochen!«

Doch nicht Mistkerl, dachte ich und lauschte, während ich sie aus den Augen verlor, ihrem leiser werdenden Gespräch.

Hin und wieder knackte ein Zweig, doch der Wald dämpfte ihre Schritte, und die dicht stehenden Bäume machten aus ihrem Gespräch bald ein dumpfes Gemurmel.

Sie würden mich nicht finden. Ich beschloss, ihnen hinterherzuschleichen und sie zu erschrecken. So schnell es die spitzen, verharzten Äste erlaubten, glitt ich am Stamm hinunter. Ich landete auf dem federnden Waldboden und rieb die Handflächen kräftig aufeinander, um sie von Dreck und Rindenstückchen zu befreien. Für einen Moment steckte ich die Nase zwischen meine Hände, schloss die Augen und sog den würzigen Geruch der Tanne tief in meine Lunge ein.

Da knackte ein Ast hinter mir. Ich drehte mich um. Schallendes Gelächter. Marcel und Mamique!

Ich wartete nicht, ich rannte. Ich nahm meine ganze Kraft zusammen und rannte, rannte und rannte, und meine Großmutter rannte hinter mir her, ich hörte, wie sie außer Atem rief, ich solle langsamer machen, sie sei schließlich eine alte Frau, und ihr hinterher, auf weitaus kürzeren Beinen, rannte Marcel, der verzweifelt schrie: »Wartet, wartet doch!«

Wir warteten nicht, wir rannten um die Wette. Mamique und ich. Kurz vor dem Ziel strauchelte ich und fiel ins Gras. Sie stolperte über mich und sank an meine Seite. Sie lachte aus vollem Halse und vergrub ihr Gesicht in meinen Haaren. Ich spürte ihre Nase an meinem Hinterkopf.

»Du kleines, ausgebufftes Mädchen, deine alte Großmutter kurz vor dem Ziel zu Fall bringen …«

»Selber ausgebufft.« Ich rollte mich an ihren Bauch und schloss die Augen. Warm schien uns die Sonne ins Gesicht. Sie zog Marcel zu uns herab, schlang mit einem Seufzer ihre langen, muskulösen Arme um uns, und ich sagte: »Es ist so schön, dass du da bist!« Sie drückte uns noch ein bisschen fester an sich und raunte mit geschlossenen Augen: »Mmmmmh.«

»So. Pause.« Mamique schob uns von sich, zupfte einzelne Grashalme von ihrer Hose. Wir schauten ihr hinterher, wie sie die Stufen zur Terrasse hinaufging, sich auf die verwitterte Bank vor dem Wintergartenfenster setzte, mit den Händen über ihre Oberschenkel rieb und sich zurücklehnte, um einen Zigarillo anzuzünden.

»Lass uns hochgehen, Mamiques neue Farben ausprobieren«, sagte ich zu Marcel.

»Ich darf damit malen?«, stieß er fast ungläubig, hinter mir die Stufen emporstapfend, hervor. Er wusste, dass mir Mamiques eigens für mich angemischte Farben heilig waren.

»Klar!« Ich zog ihn in mein Zimmer, gab ihm einen Pinsel in die Hand und schob eine Leinwand auf die kleine Staffelei.

»Ich mache das ›La vie en rose-Lied‹ an, okay?« Es war gerade mein Lieblingslied, passend zu meiner Lieblingsfarbe, ich hatte es bestimmt schon tausend Mal gehört, obwohl es eigentlich nichts mit mir zu tun hatte. Ich fand es auf irgendeine Art aufregend. Es handelte von einer Frau, die verliebt ist und deshalb alles in Rosa sieht.

Marcel fixierte die Leinwand und nickte halb abwesend. Auf seinem Pinsel leuchtete eine Version von Mamiques Rosétönen. Er machte eine wichtige Miene: »Was soll ich für dich malen?«

Ich legte die Platte der Piaf auf Aimées alten Plattenspieler und drehte den Regler auf 10.

10 war ziemlich laut. Die Nadel kratzte.

»Einen Rosenblätterregen«, sagte ich und setzte mich in das geöffnete Fenster, schlug die Beine übereinander, lehnte den Kopf an den Rahmen und war mindestens siebzehn. Ich fragte mich, ob Marcel das sehen konnte. Die Instrumente plärrten schrill, ich sang mit, so laut ich konnte. Von unten wehte Mamiques Zigarillorauch herauf. Ich tat, als hielte ich selbst einen Zigarillo zwischen den Fingern, ich sog die warme Sommerluft ein, den Geruch von verdorrtem Gras, süßem Blütenduft und trockenem Staub, und formte zum Ausatmen die Lippen, wie Mamique es tat, wenn sie nach einem tiefen Zug den Rauch ausstieß, die Augen leicht geschlossen.

Un grand bonheur qui prend sa place,

des ennuis, des chagrins s’ effaçent,

heureux, heureux à en mourir.*

Heureux à en mourir … sterbensglücklich, dachte ich. Das war verdammt groß. Für einen Moment ahnte ich, wie groß.

»Bic!!! Maman …«, brüllte Marcel mir durch die laute Musik zu. Ich hing noch in Gedanken. Er zeigte nach oben. Ich drehte die Piaf leise und horchte. Ein Klopfen über uns. Verunsichert sahen wir uns an.

»Wir sind zu laut …«, sagten wir fast gleichzeitig und verdrehten die Augen, dass wir darüber lachen mussten.

»Hat sie immer noch …?« Marcel fasste sich an die Stirn, er meinte: den Kopfschmerz, den Farfadetnoir mitgebracht hatte.

»Ja, denke schon …« Ich schaltete den Plattenspieler aus. Manchmal, zwischendrin, vergaßen wir es einfach. Aimées Atelier befand sich direkt über uns. Unvermittelt war es sehr still geworden, nur Marcels Pinselborsten schabten hin und wieder über die Leinwand.

Ich sah sie vor mir, Aimées Augen in dunklen Höhlen, wie liegen gelassene Malkohle, leblos schwarz. Wir waren ihr in den letzten Tagen aus dem Weg gegangen. Nur noch auf Zehenspitzen waren wir durchs Haus geschlichen. Wenn es möglich gewesen wäre, hätten wir sogar das Vogelgezwitscher draußen leiser gedreht.

Aber heute Morgen war endlich Mamique angekommen und hatte für uns den Sommer zurückgeholt.

Wieder dieses Klopfen.

»Meinst du, wir sind immer noch zu laut?« Marcel stellte den Pinsel in ein Glas mit Leinöl und sah mich verunsichert an.

»Wahrscheinlich stört es sie schon, wenn wir hier pupsen. Komm, lass uns runtergehen.«

Er kicherte.

Ich nahm ihn an die Hand, und wir gingen nach unten. Ich musste daran denken, wie Aimée manchmal, wenn es irgendwo gerade am allerschönsten war, plötzlich mit düsterer Stimme sagte: »So. Jetzt gehen wir. Schluss, aus!« Sie schaute dann für ein paar Sekunden mit strengem Blick in unsere erst verunsicherten und dann entrüsteten Gesichter, bevor schallendes Gelächter in ihr emporstieg. Jedes Mal wieder fielen wir darauf rein und stürzten uns entrüstet auf sie, bis sie rief: »Arrêtez, arrêtez! Hört auf! Ich habe nur Spaß gemacht!«

Wenn sie das mal mit ihrer Migräne machen würde, dachte ich. Wenn sie in so einer Geisterstimmung aus ihrem Atelier käme, in die Hände klatschen und durch das Treppenhaus rufen würde: »Es gibt keine Migräne, les enfants! Farfadetnoir … mais non! C’était juste une plaisanterie!«

Genau genommen gab es zwei Aimées: die laute, helle, strahlend schöne und die stumme, geplagte, verletzliche, blasse, in der Farfadetnoir hauste.

Manchmal geschah es, dass sie traurig wurde. Ganz plötzlich überkam es sie, als habe Farfadetnoir sie gestreift. Ihr Lächeln verwehte dann, und zurück blieben nur diese kleinen, runden Fältchen an den Mundwinkeln. In diesen Momenten war mir, als rückte sie ein kleines Stück von uns ab, als seien wir zu warm oder sie zu kalt und eine Zumutung. Sie zu berühren, die Hand nach ihr auszustrecken war unmöglich, irgendetwas hielt mich davon ab, etwas, das sich anfühlte, als ob es sie wegzöge von uns, etwas, das kühl und fremd war, vor dem ich Angst hatte, es könne seine Finger auch nach mir ausstrecken.

Der köstliche Duft frisch gebackener Pfannkuchen hing im Treppenhaus, als wir nach unten gingen. Späte Sonnenstrahlen schienen durch das Küchenfenster und malten, zusammen mit den windbewegten Blättern des Nussbaums, ihre flackernden Schatten auf Mamiques Gesicht. Sie stand am Herd und verteilte Blaubeeren über den Teig in der Pfanne.

»Genug gemalt?« Sie betrachtete Marcels rosa bekleckerte Unterarme.

Wir nickten.

»Tolle Farbe!« Marcel zeigte auf ein bestimmtes Rosa an seinem Unterarm und kicherte. Mamique lachte.

Die Pfannkuchen waren die besten überhaupt, wie immer, wenn unsere Großmutter sie machte.

Mit rund gegessenen Bäuchen saßen wir nebeneinander auf der Terrassenbank: Marcel, Mamique und ich. Wir streckten uns gegenseitig die blauen Zungen heraus, und ich meinte, so einen Blaubeerton müsse Mamique demnächst einmal mischen, und sie war der gleichen Meinung, und Marcel sagte einfach nur: »Mmh, stimmt genau«, und kicherte wieder albern.

»Bring die hier bitte Aimée nach oben«, sagte sie ein bisschen später und hielt mir einen großen Teller mit dampfenden Pfannkuchen entgegen.

Die Tür zum Atelier stand offen. Lichtstreifen drängten durch die Lamellen der geschlossenen Fensterläden und fielen in hellen Linien über den warmen Dielenboden. Aimées Chaiselongue war leer. Wie eine Gebirgskette lag ihre weiße Wolldecke auf dem dunklen Samt. Ich konnte sehen, dass ihr Körper vorher darin eingewickelt gewesen war. Ich ging einige Schritte in den Raum, um einen Blick auf die Staffelei zu werfen. Das Bild war fertig. Sie hatte ihr Zeichen daruntergesetzt. A. B. Aimée Beaufort – oder Baron. Ungewöhnlich lange hatte sie dieses Mal daran gemalt, mehr als sechs Monate.

»Ich muss an meiner Familie arbeiten …«, hatte sie noch letzte Woche gesagt, als Papa vorgeschlagen hatte, einen gemeinsamen Ausflug ins Moor zu machen. »… die Mutter ist noch nicht perfekt, das Herz …«, hatte Aimée gesagt, und wir waren dageblieben, damit sie die Mutter und das Herz perfektionieren konnte.

Ich starrte das Bild an. Zehn Augen starrten zurück, dass einem ganz anders wurde: Vater, Mutter, Großmutter, zwei Kinder. Ihr Blick sagte: »Verschwinde! Das geht dich nichts an hier!«

Sie sahen sich sehr ähnlich mit ihrem langen, leicht gewellten rötlichen Haar, das ihnen über die Schultern fiel. Jeder trug ein über der Brust geschnürtes Hemd. Sie saßen nebeneinander, wie auf einer Bühne, an einer langen, schlichten Tafel aus grobem Holz. Jemand, der ihnen gegenüberstand, hatte gerade ihr Gespräch unterbrochen und sie durch seine bloße Anwesenheit gezwungen, aufzusehen. Ich. Ganz außen saßen auf der einen Seite der Vater, auf der anderen die Großmutter, wie ein Rahmen, der Sohn neben dem Vater, die Tochter neben der Großmutter. Die Mutter in der Mitte. Auf ihrem Teller ein mehliger Brotlaib und ein Messer mit gezackter Klinge. An ihrer Spitze klebte Blut. Die Teller der anderen waren leer. Das Hemd der Mutter war über der Brust aufgerissen, wie in Eile, bei einem Notfall. Die frei liegende Brust war durch einen sauberen Senkrechtschnitt geöffnet. Ich sah ein tiefrotes Herz: ein akkurat gemaltes Medizinbuchherz inmitten des klaffenden Fleischs. Es war perfekt. Mit allem Drum und Dran. Aber mich fesselte nicht das Herz. Ich hing an ihrem Blick, der erfüllt war von einer dunklen Sehnsucht, die mich ängstigte.

Hinter den Personen am Tisch zeichnete sich vage ein Raum ab. Gegenstände waren schwer zu erkennen, ein kleines Fenster öffnete den Blick zu einer Hügellandschaft auf der Rückseite des Hauses. Ich sah Schafe über sanfte Erhebungen laufen, und weiter hinten grasten weiße Kühe, wie es sie in Aimées Heimat, in Burgund gibt. Ich war stark an eines dieser Jesus-beim-Abendmahl-Bilder erinnert. Wir hatten eine Menge davon mit Mamique im Louvre gesehen. Auch die Stimmung war ähnlich – die Ruhe-vor-dem-Sturm-Stimmung, nur die Figuren stimmten nicht. Das Messer. Was bedeutete das Messer … und dieser Blick?

Ich würde sie fragen.

»Maman?«, sagte ich leise, um sie nicht unnötig zu erschrecken. Ich vermutete sie in dem kleinen Badezimmer, das im Schatten eines Mauervorsprungs neben dem Atelier lag.

Leise ging ich hinüber, hob die Hand, um an die Tür zu klopfen, als mein nackter Fuß in etwas Warmes, Klebriges trat. Verwundert hielt ich inne. Ich hob den Fuß.

Rot und dunkel floss es langsam unter der Tür hervor und sammelte sich, in drei kleinen, kreisförmigen Nasen.

Niemand hörte meinen Schrei. Er ging im Zerschellen des Tellers unter.

Man muß weggehen können

und doch sein wie ein Baum:

als bliebe die Wurzel im Boden,

als zöge die Landschaft und wir ständen fest.

Man muß den Atem anhalten,

bis der Wind nachlässt

und die fremde Luft um uns zu kreisen beginnt,

bis das Spiel von Licht und Schatten,

von Grün und Blau,

die alten Muster zeigt

und wir zuhause sind,

wo es auch sei,

und niedersitzen können und uns anlehnen,

als sei es an das Grab

unserer Mutter.

Hilde Domin – Ziehende Landschaft

1.

Wir zogen in eine Kleinstadt mitten im plattesten Landstrich Deutschlands. Der Ort hieß Sprede. Es gab eine Bahnlinie, ein Theater, ein Kino, ein Gymnasium und einen Kindergarten, zwei Kirchen, einen Ententeich und ein Krankenhaus. Eine heile Was-will-man-mehr-Kleinstadt. Vor den Toren der Stadt streckten, bedeckt von grauem Staub, Zementwerke ihre langhalsigen Schornsteine in den Himmel. Bei unserer Ankunft stießen sie weiße Rauchwölkchen in die Luft, als schwenkten sie Friedensfahnen.

»Ihr werdet sehen, Sprede ist ein Paradies für Kinder«, sagte Papa, als wir in Hamburg losfuhren.

Im Radio lief »SOS« von ABBA. Selbst das tatsächliche Paradies wäre ohne Aimée kein Paradies für uns gewesen, aber ich sagte nichts. Sie war in einem Sanatorium im Nirgendwo, während wir uns auf dem Weg in eine neue Stadt befanden, von der wir nichts wussten als den Namen und Papas Verheißung. Und auch Mamique war nicht mitgekommen.

Ich erinnere mich, dass alles sehr schnell gegangen war. Fast überstürzt hatte Papa die Entscheidung getroffen, Hamburg mit uns zu verlassen. Mamique, die in den Tagen zwischen Aimées Verschwinden und unserem Auszug bei uns geblieben war, hatte seine Entscheidung nicht nur nicht gutgeheißen, sie war sogar richtiggehend wütend geworden, als Papa sie gebeten hatte, uns nach Sprede zu begleiten. Niemals zuvor und niemals danach habe ich sie so aufgebracht gesehen.

Meine Großmutter brachte so schnell nichts aus der Fassung. Selten sprach sie lauter, sie war eine Meisterin der kleinen Gesten. Oft war es nur der Ausdruck ihrer Augen, eine Handbewegung, ein Brauenzucken, aber unmissverständlich wussten wir, was sie damit meinte. Unvorstellbar, dass sie lauter wurde, dass sie sich ›gehen ließ‹, wie sie einmal verachtungsvoll über ihre Haushälterin gesagt hatte, als diese wegen einer Sache in Tränen ausgebrochen war.

»Ich habe dir gesagt, das funktioniert nicht«, begann Mamique noch etwas verhalten, doch dann schossen die Worte wie Messerwürfe, leise, scharf und blitzschnell aus ihr hervor.

»Emil! Ehemann und Therapeut!« Sie zählte die Worte an Daumen und Zeigefinger auf und hob sie Papa entgegen. »Ein Notfall nach dem anderen in diesem Jahr. Fünf Mal bin ich hierhergekommen. Wie blind bist du? Was soll denn noch alles passieren?«

Ich hatte durch die leicht geöffnete Tür seines Arbeitszimmers gesehen, wie er bei jedem ihrer gezielten Würfe zusammenzuckte, wie er ansetzte, ihr zu antworten. Ich sah, wie sie abwehrend die Hände hob. Wie er schwieg.

»Du wirst jetzt sagen, sie hat dieser Therapie zugestimmt. Je sais. Aber warum? Weil du ihr Hoffnungen gemacht hast, ständig, diese absolut verrückten Hoffnungen … weil ihr Leidensdruck so groß war, dass sie nicht wusste, worauf sie sich einlässt. Du mit deiner größenwahnsinnigen Experimentiererei! Weil du nicht hinnehmen willst, dass sie so ist, wie sie ist! Dass die Dinge sich anders verhalten, als du sie dir vorgestellt hast!« Mamique senkte das Kinn leicht zur Brust, holte Luft.

Papa starrte sie an, und ich starrte Papa im Türspalt an. Experimentiererei? Mit was, mit wem hatte er experimentiert? Mit Aimée?

»Du hast dir das alles so schön vorgestellt! Une famille! Ich habe dir das damals gesagt. Weißt du noch? Ich habe dich gebeten, das alles sein zu lassen. Aber du: Diese egoistische Liebe … Liebe! Emil, wenn ich das schon höre. Du warst verrückt nach ihr, du wolltest sie ganz für dich haben! Eine Familie, quelle idée obsédante! Du warst besessen davon, das Unmögliche möglich zu machen. Eine Familie ist nicht das Holz, das ein kreatives Feuer brennen lässt, eine Familie löscht es aus, langsam, ganz langsam erstickt sie es. Hörst du? Und jetzt, voilà, jetzt ist es passiert! Dein ganzes Ding bricht zusammen. Famille!«

Ich konnte nur noch Papas Rücken sehen, er hatte den Kopf in die Hände gestützt und wiegte ihn hin und her, wie ein Kind auf der Suche nach Schlaf. Ab und zu kam auch Mamique ins Bild, sie ging an der Fensterfront auf und ab. Sie fuchtelte mit den Händen in der Luft, einzelne Haarsträhnen hatten sich aus ihrem langen grauen Zopf gelöst.

»Was hast du dir dabei gedacht? Zwei Kinder! Zwei Kinder! Eine Familie bringt sie um, habe ich dir gesagt. Du bist ein Egoist! Stellst sie an den Herd, lässt sie Essen kochen und fährst dreimal im Jahr mit ihr in den Urlaub. Bravo!«

»Sie hat es so gewollt …«

Ich versuchte, Mamiques Worte zu verstehen. Zwei Kinder … das waren Marcel und ich! Wir waren die Familie! Ich sah zu Papa hinüber und erschrak. Es sah aus, als ob er lautlos weinte, seine Schultern zitterten. Ich hatte ihn noch nie weinen sehen.

Ich bekam es mit der Angst zu tun.

»Sie wollte immer eine Familie, sie hat nur davon geredet, sie hat sich nichts so sehr gewünscht, … weil sie selbst nie eine hatte!« Papa war laut geworden, die letzten Worte hatte er Mamique ins Gesicht geschleudert.

»Ah! Un moment! Ich bitte dich! Ich. Ich war ihre Familie«, sie klang unerbittlich, klopfte sich mit der flachen Hand gegen die Brust, »ich war ihr Vater und Mutter und«, sie zögerte, »… Bruder … ich habe ihr alles gegeben, glaub mir. Und sie war glücklicher als viele andere Kinder, deren Väter aus dem Krieg zurückgekehrt und deren Brüder davongekommen sind.«

Papa richtete sich auf, er wandte sich ihr jetzt ganz und gar zu. Aber Mamique sah ihn nicht an, sie schien ganz woanders zu sein. Ich dachte, wie sehr sie in gleichem Maße für mich Großmutter und Großvater in einem war, wie wenig ich sie mir mit dem Mann auf dem Foto in ihrem Atelier vorstellen konnte. Sie hatte ihn nie gebraucht. Ein Mann war in ihrem Leben überflüssig. Sie spaltete mit Leichtigkeit das Holz für den Kamin und handhabte das Jagdgewehr, als sei es das Normalste der Welt, dass Großmütter damit auf Karnickel schossen. Im Sommer fuhr sie mit einem kleinen Traktor über die Wiesen, um das Gras zu schneiden, und wenn das alte heisere Ding nicht fahren wollte, reparierte sie es mit bis zu den Ellbogen ölverschmierten Armen – und immer mit dem Ergebnis, dass er wieder fuhr. So war Mamique.

»Sie wollte immer Normalität, sie wollte ein völlig normales Leben führen. Vater, Mutter, Kinder …« Fast bittend klang Papa jetzt, flehend, Mamique möge ihm Glauben schenken.

Sie schnaubte höhnisch.

»Gerade du müsstest wissen, dass das für sie unmöglich ist. Deine Normalität bedeutet für sie Stillstand, und jeder Stillstand vergrößert ihre Depression.«

»… sie hat ihr Stabilität gegeben.«

»Die Familie? Nein, Emil. Das kannst du nun wirklich nicht behaupten. Die Familie hat sie zerrissen. Die Verantwortung für diese Familie hat sie überfordert und entzweigerissen.«

»Delphine, du weißt selbst, dass ein maßgeblicher Grund für ihren Schmerz, ihre Zerrissenheit, in der Vergangenheit liegt. Den Bruder so zu verlieren … Und es ist immer noch da.«

Mamique machte eine Handbewegung, als habe sie Papas Meinung schon viele Male gehört und sei es nun leid, die Geringschätzung, die sie ihr beimaß, noch mal erläutern zu müssen.

»Bruno … ja, das war furchtbar«, sie schloss für einen Moment die Augen, »aber diese Geschichte ist lange her, Emil. Es macht keinen Sinn, sie immer und immer wieder hervorzuholen. Du solltest die Vergangenheit ruhen lassen. Und ihr solltet hierbleiben. Spröde ist keine Lösung.«

»Sprede«, sagte Papa.

»Wie?«

»Es heißt Sprede, der Ort heißt Sprede.«

»Egal, wie er heißt, eine Lösung ist es nicht, die Kinder hier herauszureißen und an einen anderen Ort zu verfrachten! Die nächste Katastrophe ist vorprogrammiert!«

»Wir müssen«, sagte Papa, »man bietet mir schon seit Langem die Leitung dieses Krankenhauses an. Es ist eine Chance für mich und – hier können wir nicht bleiben. Nicht in diesem Haus. Ich nicht, und die Kinder auch nicht. Wie soll Bénédicte jemals wieder das Atelier betreten? Sieh sie dir an, was es mit ihr gemacht hat!«

Was hatte ›es‹ mit mir gemacht? Was meinte Papa? Dass ich in den letzten Tagen, nachdem sie Aimée mitgenommen hatten, oft am Küchenfenster herumgestanden und zur Straße hinausgeschaut hatte? Er hätte mich fragen können, warum. Von dort konnte man zuerst sehen, ob sie Aimée zurückbrachten. Es war der beste Platz, um sofort bei ihr zu sein, wenn sie kam. Meinte er das? Dass er mich auch nachts manchmal dort gefunden hatte, weil ich in das von Motten und Nachtfaltern umschwärmte Licht der Straßenlaterne gestiert habe? Oder dass ich keinen richtigen Hunger hatte, seitdem ›es‹ passiert war? Dass ich ständig Fragen stellte, die er nicht beantworten wollte oder konnte? Womöglich hatte ihn meine Klassenlehrerin angerufen und erzählt, dass mir in den letzten Tagen beim Lesen mehr Buchstaben als sonst davongelaufen waren. Oder dass ich diese Bilder hatte? Aber davon konnte er gar nichts wissen. Niemand konnte etwas davon wissen. Sie kamen tags wie nachts, sie drangen unter meine Schädeldecke und bauten trügerische Welten, voll gleißend heller Schönheit und schrecklicher Abgründe. Wie dieses eine, das immer wiederkam: Aimée auf einer endlos weiten Wiese. Sorglos wie ein kleines Kind ging sie durch das Gras. In ihrer Hand ein Band mit einem Luftballon daran, einem runden, durchsichtigen Luftballon, der über ihr zappelte wie eine Luftblase im Wind. Ich fand mich selbst im Innern dieser Blase, ich konnte zu ihr hinuntersehen. Sie machte einen Sprung. Und ich, in meiner Blase, prallte haltlos auf und ab und hin und her. Ich rief sie. Schrie. Ihr Name schmetterte gegen die Gummihaut, kam tausendfach zurück, gellte in meinen Ohren. Ich rief, und immer wenn ich nach ihr rief, glitt ihr unversehens ein Stück Band aus der Hand, bis das Ende den Fingern entglitt und ich hinaufflog in ein unendliches Blau. Ganz weit unter mir, winzig klein, wirbelte Aimée, eine weiße Blüte auf grünem Grund, die den Verlust nicht bemerkte.

»Ah, du kennst meine Meinung! Deine Entscheidung ist sehr von deinen eigenen Interessen geprägt. Ich bin mir sicher, Bénédicte wird alles gut verkraften. Sie braucht keinen Umzug wegen dieser Geschichte. Sie braucht Zeit. Was ihr im Weg stehen kann, ist ihre Fantasie. Davon haben die Frauen in unserer Familie vielleicht ein bisschen zu viel. Gib ihr keinen Anlass, sich da hineinzuflüchten. Aber dieses déménagement, dieser Umzug, c’est idiot! Bénédicte wird sich mit ihrer Schwierigkeit in einer neuen Klasse zurechtfinden müssen. Die Kinder werden allein sein in dieser neuen Stadt. Sie brauchen Unterstützung. Egal, was sich dort für Möglichkeiten für dich bieten …«, Mamique hob das Kinn, der Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln.

»Deshalb bitte ich dich ja: Begleite uns nach Sprede. Bitte«, sagte Papa eindringlich. Er war aufgestanden, um sich ihr zu nähern, »auch du wärst dann in ihrer Nähe, zumindest für den Anfang.«

Mamique wich fast unmerklich vor Papa zurück. Er griff nach ihren Fingern, legte seine Hände um die ihren. Beide Silhouetten standen sich für einen Moment vor dem hellen Sonnenlicht gegenüber. Das scharf geschnittene Profil meiner Großmutter, ihre leicht gebogene Nase und daneben Papas hohe gewölbte Stirn, mit der kleinen runden Nase, die sich kaum weiter als Stirn und Kinn aus seinem Profil erhob. Mamique neigte den Kopf in den Nacken und entzog ihm ihre Hände. Sie bewegte sie wortlos in der Luft, als wären ihr die Worte ausgegangen. Ich spürte meinen Herzschlag, Ton für Ton, kleine galoppierende Rehe, die in meiner Brust umherrannten, immer im Kreis, den Hals hinauf, die halbe Strecke, und dann wieder hinunter in die Brust. Die Anspannung im Raum war bis vor die Tür getreten.

Bitte, dachte ich, bitte, komm mit, und umklammerte atemlos meine Daumen mit den Fingern. Ich schloss die Augen: Bitte, bitte, bitte …

»Ich kann nicht«, hörte ich Mamique sagen, während ich die Augen wieder öffnete und sah, wie Papa sich auf die Lippe biss. Sie drehte ihm den Rücken zu, als wolle sie sich durch seinen mitleiderregenden Anblick nicht beeinflussen lassen. Ihre Stimme hatte wieder diesen schneidenden Klang.

»Emil, du weißt es. Ich kann nicht! Diese ganzen Notfälle in diesem Jahr, ich habe fünf Malkurse dafür abgesagt! Ich lebe davon. Sie sind meine Existenz!«

Eine ganze Weile standen sie beide vor dem Fenster und sahen, Rücken an Rücken, in den Garten hinaus, dann, als habe sie sich besonnen, drehte Mamique sich um und nahm Papa in den Arm. Sie war ebenso groß wie er. Sie umfasste seinen Hinterkopf und drückte ihn gegen ihre Schulter.

»Ich werde zu euch kommen, wenn es die Malschule zulässt. On va voir … Ich bin für euch da, das weißt du. Aber ich kann nicht mit euch kommen. Ich habe ein eigenes Leben.«

»Danke«, sagte Papa.

»Eines noch«, sagte sie, »du hast viel riskiert. Ich denke, du weißt das. Es hätte noch ganz anders ausgehen können. Lass die Vergangenheit ruhen! Wir leben im Hier und Jetzt, dort kann man suchen, wenn es etwas zu suchen gibt – mit einem Therapeuten. Aber halte du dich endlich raus. Und betrachte deine Frau: als Malerin, nicht als Patientin. Das Malen ist ihr Leben. Arbeiten, ausstellen, arbeiten und noch mal arbeiten. Ich schätze, es ist ihre Form, mit den Dingen fertigzuwerden. Lass sie … Die Leute wollen ihre Bilder, du weißt es doch … diese Gewissheit ist die beste Therapie, wenn du mich fragst.« Sie ließ seine Hände fahren und winkte ab. »Aber du fragst mich nicht, weil du nicht hören willst, was dir nicht gefällt: Hör auf mit dieser obséssion! Was willst du? Den Nobelpreis?«

»Helfen«, sagte Papa leise.

Aufhören … mit welcher Obsession sollte er aufhören? Mir taten die Beine weh, vom stillen Herumstehen. Gedanken überschlugen sich in meinem Kopf. Alles bewegte sich. Ich hatte wieder Aimée vor Augen, wie sie mir vom Fenster aus müde zuwinkte, und das Blut, das so langsam geflossen war, als habe die Zeit stillgestanden. Es stand mir jetzt bis zu den Knöcheln, es hielt mich fest, während sie starb und ich nichts tun konnte. Ich riss die Augen auf, wollte das Bild loswerden, doch es drang immer tiefer in mich ein, in meine Ohren trat ein Rauschen wie an jenem Nachmittag vor Aimées Badezimmer. Ich versank darin.

Später sah ich Mamiques Gesicht dicht über mir. Ich lag auf der Liege in Papas Arbeitszimmer. Sie hielt mir ein feuchtes Tuch an die Schläfe, massierte meine Handgelenke und strich mir die Haare aus der Stirn.

»Bic, Liebes, was ist mit dir?«

Hinter ihr stand Papa, wie ein Schatten. Als er sah, dass ich die Augen geöffnet hatte, ging er leise aus dem Zimmer. Ich wollte etwas zu ihm sagen, aber ich wusste nicht, was. Mamique hielt mir ein Glas Wasser entgegen, ich umfasste ihren Arm.

»Wer ist schuld?«, flüsterte ich.

»Wegen Aimée?«

Ich nickte.

»Liebes, niemand ist schuld.«

»Und Papa?« Ich schrie fast. »Was hat er getan?«

»Bicky, hör auf!« Ich erschrak über ihren entsetzten Gesichtsausdruck und fragte leiser: »Und Oncle Bruno?«

»Mais non.« Mamique sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Du hast wieder gelauscht, chaton?«

Sie wusste, dass ich lauschte, durch Türritzen schaute und herumspionierte. Sie wusste es, und manchmal räusperte sie sich kurz, wenn sie mich dabei erwischte, damit ich eine Chance hatte zu verschwinden. Ich hatte immer den Eindruck, dass es sie ein klein wenig amüsierte. Aber diesmal nicht. Ihr Blick hatte etwas schrecklich Missbilligendes.

»Es ist nicht immer gut, alles zu wissen«, sagte sie leise. »Es gibt Dinge, die bereut man, erfahren zu haben, glaube mir.« Sie hob den Kopf und sah zum Fenster hinüber, als sei das Gespräch für sie damit beendet.

Ich richtete mich auf.

»Wer hat sie verletzt?«

Sie drückte mich behutsam zurück auf die Liege und legte mir ihre große warme Hand auf die Brust.

»Niemand, Liebes, niemand hat sie verletzt. Das Leben hat sie verletzt. Die Traurigkeit …«

»Aber das Blut … das viele Blut …«

»Es ist eine Krankheit, chaton, eine Krankheit, bei der die Traurigkeit wächst, fast unmerklich für die Menschen außen herum. Irgendwo nimmt es den Anfang. Sie wächst und wächst, und eines Tages ist sie so groß, dass sie nicht mehr zu ertragen ist. Und um sie nicht weiter ertragen zu müssen, hat Aimée sich verletzt …«

»Das Blut, das hat sie selbst …?« Mein Herz raste wieder. Es war unvorstellbar. Das Messer, dachte ich, das Brotmesser auf Aimées Familienbild, ich hatte sie fragen wollen, wer der Mutter die Brust geöffnet hatte. Es war nicht immer gut, alles zu wissen, hatte Mamique gesagt. Und ich hörte, wie sie mir antwortete: »Ja«, ganz ruhig.

Aimée war es selbst gewesen. Die Mutter auf dem Bild, fuhr es mir durch den Kopf. Die Mutter! Es war die Mutter selbst.

»Ich habe ihr nicht geholfen …« Meine Hand klammerte sich um Mamiques Arm, Tränen flossen, ich musste es endlich sagen: »Sie hat geklopft, über uns, sie hat zweimal geklopft … Ich dachte, es ist die Musik … aber es war … Sie brauchte Hilfe – ich habe ihr nicht geholfen!«

Mein Körper bebte vor Verzweiflung.

»Schschscht!« Mamique hielt ihren Zeigefinger vor den geschlossenen Mund. »Bic, du hast ihr das Leben gerettet«, sagte sie sanft.

»Gerettet?«, fragte ich bitter. »Sie haben sie mitgenommen …«

»Ja.« Ihre schmalen Nasenflügel hoben und senkten sich leicht. »Sie haben sie mitgenommen, aber sie wurde gerettet, sie lebt, weil du rechtzeitig da warst.«

Aimée war nicht mehr bei uns, sie hatten sie weggebracht, als ich, noch wie betäubt, in meinem Zimmer gelegen hatte, ich hatte ihr noch nicht einmal auf Wiedersehen sagen können.

Seitdem sprachen die Erwachsenen von ihr wie von jemandem, dessen Name nicht ausgesprochen werden darf. Sie sprachen in Rätseln. Was war das für eine Rettung, sie uns einfach wegzunehmen und aus allem, was mit ihr zu tun hatte, ein Geheimnis zu machen? Ich verstand die Unterhaltung von Papa und Mamique nicht. Es musste jemand schuld daran sein, dass Aimée nicht mehr da war. Ich? Papa? Oder wir alle, die ganze Familie, wie Mamique zu ihm gesagt hatte? Oder Bruno? Was hatte Papa mit Aimées totem Bruder zu tun? Warum sagten sie uns nicht, was wirklich los war, wo sie war? Wir erfuhren rein gar nichts. »Später«, sagten die beiden ständig, »später …«, weil es für uns nicht gut war, alles zu wissen.

Zwei Wochen später zogen wir nach Sprede.

Es regnete, als wir losfuhren. Das war nichts Besonderes, es regnet oft in Hamburg. Aber es war ungewöhnlich, dass Marcel und ich mit Papa allein wegfuhren. Unser Haus war schon ausgeräumt, als wir ins Auto stiegen, die Straße menschenleer. Nur Frau Petzold, die oft auf uns aufgepasst und bei uns sauber gemacht hatte, stand unter der Straßenlaterne vor dem Haus und zeigte in den Himmel.

»Schau, der Himmel weint«, rief sie mir ins geöffnete Wagenfenster lachend zu. Ich schaute auf und fühlte, dass sich die Tränen nicht mehr zurückhalten ließen. Papa startete den Wagen, Frau Petzolds verschwommenes Gesicht zog an mir vorüber, und während ich mit einer Hand die Tränen wegzuwischen versuchte, winkte ich mit der anderen möglichst unbekümmert zurück.

Papa wirkte nervös. Als sei er froh, endlich wegzukommen. Bedrückt und unausgeschlafen saß er hinter dem Lenkrad und starrte auf die regendunkle Straße. Er hatte bräunliche Ringe unter den Augen, sein hellblondes Haar war stumpf, man konnte meinen, es sei grau. Ich sang »SOS« vor mich hin. Marcel war eingeschlafen, nachdem er eine ganze Weile mit dem Finger die Spur einzelner Regentropfen auf der Fensterscheibe verfolgt hatte. Irgendwann entwichen seinem leicht geöffneten Mund ein paar knarzende Seufzer. Draußen wurde die Landschaft immer leerer und flacher. Kurz vor der Autobahnabfahrt sagte er nur: »Hör bitte auf mit der Singerei, Bic, das macht mich ganz verrückt.«

Ich hätte gerne weitergesungen, um nicht selbst verrückt zu werden, um all diese Gedanken aufzuhalten: wie sehr ich mich fürchtete, in diese neue Stadt zu ziehen, in eine neue Schulklasse zu kommen, den Garten, meine Klettertanne, das Wäldchen, die Straßenlaterne vor dem Haus, den Rest des Sommers und vor allem Aimée einfach zurückzulassen. Ich wäre am liebsten sofort zurückgefahren. Papa sollte sich umdrehen und sagen: »Hört zu, Kinder: Das war alles nur ein Spaß! Wir fahren wieder zurück!«

Aber Papa war nicht Aimée, und langsam begann ich zu begreifen, dass das, was geschehen war, wirklich geschehen war. Und dass ich nichts daran ändern konnte.

Ich würde Sprede hassen.

Es dämmerte, als wir das gelbe Ortsschild passierten und in die Stadt einfuhren. Ich schaute mir die Häuser an. Wie eine Filmkulisse am Straßenrand. Kleine Häuser mit leeren Augen. Die Geschäfte hatten schon geschlossen, die Schaufenster waren dunkel und kaum Menschen unterwegs. Eine alte Frau in geblümtem Haushaltskittel und Gummistiefeln stand unter dem schwach beleuchteten Vordach zum Stadtkrankenhaus, als wäre sie die einzige Freiwillige, die sich gefunden hatte, das Stadtbild zu beleben. Die Bürgersteige waren leer. Der Asphalt schimmerte stumpf im senffarbenen Licht der Laternen. Eine Häuserecke weiter raste ein Junge auf einem Rennrad über die Straße. Er schaute noch nicht einmal auf, als unsere Scheinwerfer ihn streiften. Papa bog ab auf eine Tankstelle. Sie wirkte geschlossen. Eine Glühbirne in der Leuchtreklame flackerte. Nichts rührte sich. Er stellte den Motor aus. Bevor er aussteigen konnte, trat uns aus dem Schatten einer Tanksäule eine kleine Gestalt entgegen. Direkt vor Papas Scheibe erschienen zwei große Kinderaugen über einer fetten gelben Rotznase.

Er kurbelte die Scheibe herunter und grüßte fröhlich: »Hallo, guten Abend, junger Mann!«

Über die Lippen des Jungen kam kein Laut. Er zog nur geräuschvoll den Rotz hoch. Er war auffällig blass.

»Wo ist denn der Unlang? Kannst du mir das sagen?«

Der Junge hob eine schmutzige Hand und zeigte geradeaus. »Dann rechts, dann links«, fügte er heiser hinzu.

Ein Geist, dachte ich.

Es roch nach Benzin.

»Geradeaus. Und dann … wo rechts?«, wollte Papa genauer wissen.

»Sophienstraße rechts, Unlang links.«

Was für eine Stimme, dachte ich, direkt aus dem Gruselkabinett.

»Vielen Dank! Hast uns sehr geholfen.«

Papa kurbelte am Fensterheber. Der Junge legte blitzschnell seine Hand auf die Fensterkante. Papa hätte sie fast eingeklemmt.

»Unlang 7.«

Das war keine Frage.

Papa nickte.

»Sie sind der Neue vom Irrenhaus.«

Er wusste es.

»Irrenhaus«, wiederholte Papa, als würde er darüber nachdenken.

Irrenhaus, dachte ich, Irrenhaus in der Geisterstadt.

Papa wirkte beklemmt. Er machte eine Abschiedsgeste, schloss das Fenster und gab Gas.

Im nächsten Moment trat er hart auf die Bremse. Direkt vor uns lief ein kleiner weißer Hund quer über die Ausfahrt. Jetzt blieb er im Licht der Schweinwerfer stehen.

»Verdammt!«, schimpfte Papa.

Der Hund hob den Kopf.

Papa drehte sich besorgt nach Marcel um, der im Halbschlaf neben mir stammelte. Der Hund sah mir geradewegs in die Augen, während er die Lefzen weit nach hinten und deutlich nach oben zog.

Er lacht, dachte ich, wenigstens einer, der sich über unsere Ankunft freut. Und lachte zurück.

An der nächsten Kreuzung bogen wir nach rechts. Wir wurden immer langsamer. Ich öffnete das Fenster, der Geruch von feuchten Blättern und Wurzelgeflecht drängte ins Wageninnere. Die Häuser rückten von uns ab. Es schoben sich Mauern dazwischen, Zäune und Hecken und Rasen. Wenige Minuten später bogen wir in eine Straße mit glänzendem Kopfsteinpflaster. Die Häuser rückten noch weiter auseinander, und Papa hielt vor einem riesengroßen alten Gebäude, das hoch über eine dunkelgraue Mauer hinausragte.

»Kinder! Wir sind da«, tönte er laut nach hinten.

Dann sprang er aus dem Wagen und warf mit lautem Knall die Tür ins Schloss. Marcel öffnete mühsam die Augen. Wir hatten vor einer hölzernen Eingangspforte gehalten.

»Los, aussteigen! Hier ist unser neues Zuhause«, rief Papa durch meine geöffnete Scheibe in den Wagen hinein.

Marcel rappelte sich hoch.

»Sind wir schon da?«, murmelte er, noch ganz woanders.

»Raus mit dir«, sagte ich ruppig.

Müde liefen wir hinter Papa her. Über einen Plattenweg, direkt auf das große Haus zu. In den hohen Fenstern brannte überall Licht. Weiße Wände strahlten nach draußen. Die Tür stand offen, als wäre das Haus eine öffentliche Einrichtung. Männer in gelben Arbeitsanzügen waren damit beschäftigt, Kisten aus einem Transporter von der Einfahrt ins Haus zu tragen.

Einer der Männer hob grüßend die Hand und rief: »Nur noch die Weinfässer, dann ist alles drin.«

Papa zeigte dem Mann seinen hochgestreckten Daumen.

»Gute Arbeit!«, rief er ihm hinterher. »Die kommen gleich in den Keller, die Fässer.« Und zu uns, indem er auf das hell erleuchtete Treppenhaus deutete: »Da gehen wir gleich rein, sehen wir uns erst einmal den Garten an. Kommt!«

Hinter der Hausecke teilte sich der Plattenweg. Rechts führte er zu einer kleinen Treppe, die an der Hintertür zum Wintergarten des Hauses endete. Nach links verlor er sich bald in der Dämmerung zwischen hohem, ungemähtem Gras und kreuz und quer stehenden Bäumen.

»Das Paradies für Kinder!« Papa breitete die Arme vor dem Urwald aus.

»Ich seh nix«, maulte Marcel.

»Da gibt’s auch nichts zu sehen«, raunte ich ihm zu. Ich stand schließlich auf Zehenspitzen. »Das Paradies ist zugewuchert.«

Papa redete unbeirrt weiter: »Einen riesigen Abenteuerspielplatz habt ihr da! Und der Wintergarten – gesehen? Zwei Mal so groß wie der in Hamburg. Mindestens. Schönes Haus, oder?«

Schön? Das Haus war unglaublich groß und hob sich in der Dämmerung wie ein Riese vor dem Himmel und den dunklen Bäumen ab. Marcel und ich folgten Papas Blick. Ich zählte drei Stockwerke. Über dem Wintergarten befand sich eine ausladende Terrasse, deren Balustrade von vielen kleinen Säulen getragen wurde. Das letzte Stockwerk lag in der Mansarde. Durch die Gaubenfenster konnte man sicher weit über den Garten hinaussehen.

»Schön«, sagten wir müde.

»Und hier«, Papa zeigte auf ein Stück von einem großen, dunklen Gebäude, das sich nicht weit entfernt von uns, auf der anderen Seite der Mauer befand, »das ist der Südflügel meiner neuen Arbeitsstelle.«

Das Irrenhaus, fügte ich in Gedanken hinzu und sah den Rotznasen-Jungen wieder vor mir. Es regnete noch immer.

Wir gingen hinein.

Marcel war kurz nach unserem Rundgang zwischen den Kartons auf einer in Plastikfolie verpackten Matratze eingeschlafen. Ich breitete eine Möbeldecke über ihm aus, löschte das Licht und ging durch die hell erleuchteten Räume. Überall standen Umzugskartons herum, halb in Wellpappe eingeschlagene Möbelstücke, Lampen, Matratzen. Ich legte mich auf einen zusammengerollten Teppich und starrte an die Decke. Die Kälte im Haus umklammerte mich, ich stellte mir vor, wie mein Herz zu einem Eisstern kristallisierte, kalt und spitz. Es tat höllisch weh.

Dann hörte ich Papa aus einem der vielen Zimmer nach mir rufen. Es dauerte einen Moment, bis ich ihn in dem Labyrinth aus Möbeln und Räumen ausfindig gemacht hatte. Er war in seinem neuen Arbeitszimmer. Gerade schloss er die Schreibtischlampe an.

»Was gibt’s?«

Er lächelte voll Mitgefühl. »Das war ein langer Tag für euch?«

»Ja.«

»Marcel?« Er schaute fragend.

»Schläft irgendwo, hab ihn zugedeckt.«

»Ts«, machte er und schüttelte den Kopf, »noch nicht mal eure Matratzen sind ausgepackt.«

»Er liegt auf einer Plastikfolie.«

»Plastikfolie …«, Papa rollte mit den Augen, »ihr müsst sagen, wenn ihr was braucht …«

Waren wir also selbst schuld, wenn er zuerst an seine Schreibtischlampe dachte …

»… ich bin nicht so ganz im Thema. Also: Betten herrichten? Die Decken brauchen wir … Bettwäsche auch … Bic, du musst mir ein bisschen helfen. Sag schon!«

»Papa, ich komm zurecht …«

»Sicher?«

Ich sagte: »Ja«, ging hinaus und ließ ihn weiter an seiner Lampe rumfummeln.

»Bic«, rief er hinter mir her, es klang, als sei ihm noch etwas Wichtiges eingefallen. Ich lief wieder zurück.

»Ähm, Bic …«, unruhig rieb er sich mit den Fingerspitzen über die Unterlippe, »du darfst nichts erzählen, hörst du?«

Ich wusste sofort, was er meinte.

»Niemandem, versprich es mir.« Es war ihm sehr ernst. Er kam auf mich zu, drückte meine Schulter und sah mir eindringlich in die Augen.

Wem sollte ich es auch erzählen? Marcel vielleicht? Hier kannte ich keinen. Hatte keine Freundin, keine Bekannten, niemanden. Ich schaute durch die Fenster in die schwarze Nacht. Er hatte ja dafür gesorgt, dass ich es niemandem erzählen konnte.

»Die Leute hier würden es nicht verstehen. Auch Marcel nicht, er ist noch ein Kind. Erzähl ihm nichts. Erzähl den Leuten nichts.«

Ich wollte ihn fragen, wie ich das alles für mich behalten sollte, ohne völlig durchzudrehen. Ich hätte ihm von dem Blut erzählen können, das an meinen Füßen geklebt hatte und von dem Geruch der Ölfarbe, der sich zu dem Anblick in mein Gedächtnis eingebrannt hatte. Aber ich brachte es nicht über die Lippen. Es steckte in mir wie in einer zugekorkten Flasche.

»Und Aimée?«, fragte ich zum hundertachtundsechzigtausendsten Mal.

»Aimée ist gut versorgt. Wenn wir Glück haben, geht es ihr bald besser. Mach dir keine Gedanken, Bic. Gemeinsam schaffen wir das hier.«

Ich fragte mich, wen Papa so zuversichtlich mit »wir« und was er mit »das« meinte. Mamique würde nicht kommen, sie hatte es ausdrücklich gesagt, es hörte sich sehr nur nach ihm und mir an, und mir war klar, dass es schwer werden würde – im Paradies für Kinder, wenn Aimée nicht rechtzeitig zurückkam.

»Wann kann ich mit ihr sprechen?«

Papa zuckte fast unmerklich zurück.

»Momentan nicht«, sagte er rasch und fügte dann etwas ruhiger hinzu: »Wenn es ihr besser geht, Bic. Ich kann dir nicht sagen, wann. Momentan ist es noch zu früh.«

Ich dachte, während es mir fast das Herz zerriss, dass es vielleicht auch zu spät sein konnte, dass wir sie womöglich in der Zwischenzeit verloren hatten und Papa uns nur zu beschützen versuchte, mit einer großen Lüge.

Ich erzählte es niemandem.

Natürlich machte ich mir Gedanken, laute Gedanken, schreckliche Gedanken, die so groß wurden, dass ich manchmal nichts mehr hören und sehen konnte, Gedanken, die mich ganz klein machten, die in meinen Träumen herummarschierten, eine ganze Armee davon.

Und obwohl ich nichts sagte, kam es so, dass innerhalb kürzester Zeit ganz Sprede wusste, dass keine Mutter mit uns gekommen war. Für die Leute gab es nur einen Grund: Sie war tot.

Und so wurden Marcel und ich zu den Kindern der toten Mutter. Ob wir es wollten oder nicht. Das Paradies hatte ich mir anders vorgestellt, und ich fragte mich, was das für einen Sinn haben sollte: nichts zu erzählen, wenn gleich alles so verkehrt begann.