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Susanne Popp

Der Daltonplan in Theorie und Praxis

Susanne Popp

Der Daltonplan in Theorie und Praxis

Ein aktuelles reformpädagogisches Modell zur Förderung selbstständigen Lernens in der Sekundarstufe

STUDIENVerlag
Innsbruck-Wien

 

 

 

 

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Popp, Susanne:

Der Daltonplan in Theorie und Praxis : ein aktuelles reformpädagogisches Modell zur Förderung selbstständigen Lernens in der Sekundarstufe I Susanne Popp.- 2., völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage, lnnsbruck; Wien: StudienVerlag, 1999

Zugl.: Passau, Univ.- Diss., 1993

ISBN 978-3-7065-5790-0

2., völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage

© 1999 by StudienVerlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-602 0 lnnsbruck

E-Mail: order@studienverlag.at

www.studienverlag.at

1. Auflage 1995 © by Julius Klinkhardt

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Zu Gegenstand und Fragestellung

2. Leben und Werk Helen PARKHURSTs (1886-1973) im historisch-kulturellen Kontext

2.1 Kindheit und Jugend in Durand/Wisconsin (1886-1904)

2.1.1 Die USA an der Jahrhundertwende

2.1.2 Kindheit und Jugend in einer „small town community“

2.2 Zur Entstehung des Daltonplans (1904-1918)

2.2.1 Das Schulexperiment in Waterville/Wisc. (1904/5)

2.2.2 PARKHURSTs Schulkarriere und der „Laboratory Plan“ bis 1914

2.2.3 Die Zusammenarbeit mit Maria MONTESSORI (1915-1918)

2.3 Der Erfolg des Daltonplans (1919-1942)

2.3.1 Die internationale Entdeckung

2.3.2 Die „Dalton Public High School“

2.3.3 Die pädagogische Praxis an der New Yorker Daltonplanschule

2.4 „Exploring the Child’s World“: Helen PARKHURSTs zweite Karriere (1942-1973)

2.4.1 Das pädagogische und publizistische Engagement

2.4.2 Die Pädagogik Helen PARKHURSTs im Licht des Spätwerks

2.5 Der historische Hintergrund: „Progressive Era“ und „Progressive Education Movement“

2.5.1 Allgemeine Bestrebungen zur Gesellschafts- und Schulreform

2.5.2 Die „Progressive Education“-Bewegung

2.5.3 Der Daltonplan als Teil der Modernisierungsbewegungen

2.6 Zur Diskussion historischer Einflüsse auf den Daltonplan

2.6.1 Die Montessori-Pädagogik

2.6.2 Der Puebloplan von Preston W. SEARCH

2.6.3 „Mind in the Making“ von Edgar J. SWIFT

2.6.4 John DEWEYs Pädagogik

2.7 Zusammenfassung des historisch-biographischen Kapitels

3. Systematische Darstellung und Analyse des Daltonplans im reformpädagogischen Kontext

3.1 Allgemeine Grundlagen des Daltonplans

3.1.1 Das zentrale Erziehungsziel und die grundlegenden Prinzipien

3.1.2 Synthese der „alten“ und „neuen“ Schule: „culture“ und „experience“

3.1.3 Die Reichweite des Reformvorschlags

3.1.4 Die „Psychologie“ des Daltonplans

3.2 Die Unterrichtsorganisation des Daltonplans nach PARKHURSTs Schriften und anderen Praxisberichten

3.2.1 Der Lernort im Daltonplan

3.2.2 Die Lernzeit im Daltonplan

3.2.3 Das Lernpensum im Daltonplan

3.2.4 Die Kontrolle der Lernfortschritte in der „Daltonphase“: die „Graphen“

3.2.5 Der Daltonplan als Konzept selbstgesteuerten Lernens

3.3 Der Daltonplan im Kontext der ersten reformpädagogischen Bewegung

3.3.1 Der Daltonplan und die Montessori-Pädagogik

3.3.2 Der Daltonplan und DEWEYs Pädagogik

3.4 Zusammenfassung der systematischen Betrachtung

3.5 Exkurs: Hinweise auf die Evaluierung des Daltonplans

4. Der Daltonplan in den Niederlanden

4.1 Die Geschichte der niederländischen Daltonplan-Rezeption

4.2 Der niederländische Daltonplan zu Beginn der neunziger Jahre: Ausgewählte Beispiele von Primar- und Sekundarschulen

4.3 Die (Sub-) Daltonplanpraxis in Utrecht und in Leidschendam

4.4 Die Daltonplanpraxis an einer additiven Gesamtschule im Haag

4.4.1 Spezifische Merkmale im Schulgebäude

4.4.2 Organisation und Kontrolle der Freiarbeit

4.4.3 Klassenunterricht und Hausaufgaben, Freiarbeit und „assignments“

4.4.4 Der Daltonplan im Urteil der Schülerinnen und Schüler.

4.4.5 Potentielle Probleme: Disziplin und Kooperation in der Freiarbeitsphase

4.4.6 Potentiale für die Fortentwicklung der kollegialen Kooperation

4.5 Zusammenfassung

5. Der Daltonplan als praxisnahe Orientierung für die gegenwärtige Sekundarschule?

6. Aktuelle Daltonplanpädagogik in Praxisberichten

6.1 Berichte aus den Niederlanden

6.1.1 Be BOLS: Der Daltonplan an der „Basisschool“ „’t Kofschip“ in Hoogeveen

6.1.2 Bob MOL: Der Daltonplan am Spinoza Lyceum in Amsterdam

6.1.3 Cees JANSSEN: Niederländische Daltonplan- „basisscholen“ und staatliche Schulevaluation

6.2 Berichte aus österreich

6.2.1 Ilse MEYER: Der Daltonplan-Unterricht mit Mathematik-Lernprogrammen in der Allgemeinen Hauptschule (AHS)

6.2.2 Georg NEUHAUSER / Helga WITTWER: Dalton an der Österreichischen Handelsschule

6.3 Bundesdeutsche Berichte

6.3.1 Regina BECK: Der Daltonplan an der Sekundarschule Gerwisch

6.3.2 Michael HERRMANN: Offene Unterrichtsformen in der Mittelstufe: „MSL“

7. Tabellarischer Überblick über das Leben und Werk von Helen PARKHURST

8. Literaturverzeichnis

Vorwort

Seit dem Erscheinen der ersten Fassung dieses Buchs (vgl. POPP 1995) hat die Präsenz der pädagogischen Ideen des Daltonplans in Theorie und Praxis eine erfreuliche Entwicklung genommen. In den Niederlanden ist die Zahl der “basisscholen” (achtjährige “Grundschulen”) noch immer im Wachsen begriffen ist, die meisten der rund 200 Daltonschulen sind inzwischen in regionale Netzwerke für schulübergreifende Kooperationen eingebunden und beteiligen sich auch an speziellen Schulentwicklungs- und anderen Qualitätssicherungsprogrammen der Nederlandse Dalton Vereniging und anderer Einrichtungen. Viele dieser Schulen fanden in den vergangenen Jahren, insbesondere auch im Zusammenhang mit der schulpädagogischen Neuorientierung in den neuen deutschen Ländern, großes Besucherinteresse aus dem Ausland, konnten erfolgreich als Multiplikatoren wirken und haben, wie auch die Nederlandse Dalton Vereniging selbst, vielfältige internationale Kontakte, u.a. nach Österreich, Ungarn, Russland, Tschechien und Deutschland, aufgebaut oder intensiviert.

Auch im deutschen Sprachraum zeichnen sich Entwicklungen ab, die die Hoffnung berechtigt erscheinen lassen, dass der pädagogische Beitrag des Daltonplans und die jahrzehntelange Praxiserfahrungen niederländischer Schulen verstärkt aufgenommen und umgesetzt werden. An erster Stelle ist hier Österreich zu nennen, wo man mit entschlossenen Schritten das Konzept der Einzelschule als „lernender Organisation“ mit erweiterter pädagogischer Gestaltungsfreiheit und kollegialer Zusammenarbeit und Verantwortung „vor Ort“ realisiert. Wo Fragen der Organisationsentwicklung, Innovationssteuerung, Qualitätssicherung, Profil- und Schwerpunktbildung, Teamfähigkeit und Kooperation zum pädagogischen Alltag werden, besteht häufig auch ein neues Interesse an den Möglichkeiten, die die reformpädagogischen Modelle für die Gestaltung eines pädagogischen Konzepts für die eigene Schule und den eigenen Unterricht bieten. Das hoch entwickelte Beispiel der niederländischen Daltonplanpraxis und eine verbesserte lnformationslage, was Geschichte und Gegenwart, Theorie und Praxis, Bedingungen und Potentiale des Daltonplans bzw. der Daltonplanpädagogik angeht, trugen dazu bei, dass Helen Parkhursts Konzept bei dieser Aufbruchs- und Neuorientierungsbewegung nicht mehr übersehen wurde. Davon geben entsprechende Initiativen einzelner Schulen oder Lehrkräfte ebenso Zeugnis (vgl. die Beiträge von MEYER und NEUHAUSER/WITTWER in diesem Band) wie auch weitere Publikationen zum Daltonplan. Der StudienVerlag (Innsbruck) hat bereits die Publikation der Übersetzung von Helen PARKHURSTs zentralem Werk “Education on the Dalton Plan” durch Cees JANSSEN wie auch eines Sammelbandes, herausgegeben von Harald EICHELBERGER, angekündigt.1 Des weiteren erscheint in naher Zukunft eine weitere Monographie zu Helen PARKHURST von Cees JANSSEN.

Von herausragender Bedeutung ist das österreichische Projekt des Hochschullehrgangs „Europäische Reformpädagogik und Schulinnovation“, das unter der Federführung von Professor Dr. Harald EICHELBERGER und Prof. Dr. Marianne WILHELM (beide Pädagogische Akademie des Bundes in Wien) entsteht und zukünftig österreichischen und später hoffentlich auch anderen europäischen Lehrkräften eine reformpädagogische Zusatzqualifikation vermitteln wird. Im Gesamtcurriculum hat der Daltonplan erfreulicherweise eine starke Position gefunden,2 so dass man mit Spannung die zukünftige Entwicklung der Daltonplanpädagogik abwarten darf. Immerhin gab es in der Geschichte der Daltonplanpädagogik noch keine ausgewiesene und systematisierte Qualifizierung für angehende Daltonplan-Lehrkräfte; und die unmittelbare Verbindung von reformpädagogischer Kompetenz mit den Perspektiven der „Schulentwicklung“ stellt ihrerseits eine Novität dar.

Die Entwicklung in der Bundesrepublik ist weniger übersichtlich. Abgesehen davon, dass der Daltonplan in der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften heute häufiger einbezogen wird, wenn reformpädagogische Themen anstehen, wird er in der Praxis offenbar vor allem dort rezipiert, wo es um die gezielte Förderung des selbsttätigen und eigenverantwortlichen Lernens geht. Dabei mögen die Offenheit und Flexibilität des Konzepts, die ausgeprägte Orientierung auf die Erfordernisse des gefächerten Sekundar-Unterrichts an der „Regelschule“ und die „säkulare“ theoretische Fundierung gleichermaßen eine wichtige Rolle spielen. In diesem Band stellt zum einen eine Hauptschule aus Sachen-Anhalt (vgl. den Beitrag von BECK in diesem Band) ihre Erfahrungen mit der Daltonplanpraxis bei der pädagogischen Neuorientierung nach der „Wende“ vor.3 Zum anderen berichtet das Pädagogische Institut der Stadt München (vgl. den Beitrag von HERMANN in diesem Band) von einem Projekt der Unterrichtsreform an Realschulen und Gymnasien, das wesentlich auf Anregungen aus dem Daltonplan aufbaut.

Falls die Beobachtung zutreffend sein sollte, dass die reformpädagogisch interessierten Lehrkräfte an öffentlichen „Regelschulen“ weniger Wert auf die dogmatische Abgrenzung von Konzepten wie Montessori-, Jenaplan-, Daltonplan und Freinet-Pädagogik legen und vorzugsweise aus dem reformpädagogischen “Fundus” die Aspekte und Anregungen auswählen, die ihren individuellen Orientierungen entsprechen, so sind vertiefte Kenntnisse der einzelnen Konzepte in ihrem reformpädagogischen Kontext umso wichtiger. Denn der reformpädagogische “Eklektizismus”, und der Begriff ist hier keineswegs abwertend gemeint, stellt entschieden höhere Anforderungen an das theoretische Unterscheidungsvermögen und Verständnis praktizierender Pädagogen, als dies ein „dogmatischer“ Nachvollzug innerhalb einer bestimmten reformpädagogischen „Schulrichtung“ erfordert. In Anlehnung an LICHTENBERGs Diktum könnte man sagen, dass derjenige, der nur vom Daltonplan (oder von der Montessori-Pädagogik usw.) etwas versteht, auch davon nichts versteht. Die typische Semantik und Rhetorik reformpädagogischer Texte und Argumentationen und das Fehlen einer präzisen Fachsprache bergen die Gefahr, dass oberflächliche und sehr allgemeine Übereinstimmungen (z. B. „das Wohl des Kindes“, „das Kind im Mittelpunkt der Pädagogik“) tieferliegende konzeptuelle Unterschiede überdecken, die nicht erkannt, zu Ende gedacht und schließlich unverstanden wirksam werdensowohl im „individuellen“ reformpädagogischen Konzept wie in der Auseinandersetzung mit Kolleginnen und Kollegen, Eltern und anderen an der Schule Beteiligten. Daher sind historische und systematische Kenntnisse für den reformpädagogisch orientierten Theoretiker und Praktiker unverzichtbar.

Die vorliegende Neuausgabe des Bandes von 1995 belässt die Kapitel mit historisch-systematischem Zuschnitt und die Darstellung der niederländischen Praxis grundsätzlich unverändert; Aktualisierungen wurden nur bezüglich neuer Spezialliteratur zum Daltonplan vorgenommen. Dagegen wurde nach reiflicher Überlegung das Kapitel zur Rezeptionsgeschichte des Daltonplans (im Wesentlichen: USA, GB, UdSSR, D, NL) herausgenommen, um aktuellen Praxisberichten Raum zu geben.4

Danken möchte ich den Beiträgerinnen für ihre freundliche Bereitschaft zur Mitwirkung wie auch im Besonderen Herrn Markus HATZER, der dem seit längerem vergriffenen Band „Theorie und Praxis des Daltonplans“ einen Platz im Programm seines Verlages einräumte und damit die veränderte Neuausgabe ermöglichte. Die Zusammenarbeit mit Frau SIMEANER im Lektorat erwies sich wiederum als sehr unterstützend und hilfreich.

Diese Neuausgabe ist zum einen Herrn Professor Dr. Volker SCARPATETTI gewidmet, mit dessen jähem Tod eine überaus anregende und freundschaftlich-vertrauensvolle Zusammenarbeit ihr viel zu frühes Ende fand. Zum anderen ist sie Cees und Fimke JANSSEN wegen ihres unschätzbaren und stets uneigennützigen Beitrags zum Erfolg der Daltonplan-Pädagogik innerhalb und außerhalb der Niederlande zugeeignet. Dies geschieht in großer Dankbarkeit für die stetige Unterstützung meiner Arbeit und für die herzliche Freundschaft, die sie mir schenkten. Zu danken aber habe ich auch Arco JANSSEN: Ohne ihn wäre die computerisierte Druckfassung der ersten Ausgabe verloren gewesen.

S. P. Nürnberg 1999

Anmerkungen

1 Vgl. im Literaturverzeichnis JANSSEN 1999 und EICHELBERGER 1999.

2 Curriculumentwicklung des Daltonplan-Moduls durch Professor Volker SCARPATETTI (Pädagogische Akademie Graz-Seckau) und Susanne POPP (Universität Erlangen-Nürnberg).

3 Vgl. auch BECK 1997.

4 Die Rechtschreibung folgt in den Kapiteln des Bandes POPP 1995 und in einigen Beiträgen dem alten Modus.

1. Zu Gegenstand und Fragestellung

Helen PARKHURSTs Daltonplan wurde nach der Stadt Dalton in Massachusetts benannt, wo ihn die britische Fachwelt im Jahre 1920 entdeckte, und englische (Reform-)Pädagogen waren es vor allem, die dieses Reformkonzept für die Sekundarschule international bekannt machten, so daß in den zwanziger und dreißiger Jahren eine weltweite Rezeption mit eindrucksvollen Experimenten und Ergebnissen einsetzte. Die größte Kontinuität erreichte der Daltonplan in den Niederlanden, wo er von den zwanziger Jahren an bis in die Gegenwart praktiziert wird, und dies seit den achtziger Jahren mit stark und stetig wachsendem Zuspruch.

Die Reformpädagogin Helen PARKHURST (1886-1973) entwickelte den Plan zunächst,1 um die Arbeitsorganisation der Sekundarschule den psychologisch gegebenen Lernvoraussetzungen der Schüler flexibler anzupassen und jene Unterrichtsstrukturen abzubauen, die ihrer Meinung nach das wirksame Lernen und Arbeiten verhinderten. Für einige Stunden des Schultages wird der direkte Unterricht durch das Selbststudium der Schüler ersetzt. Dann unterstützen schriftliche Studieranleitungen (“assignments”), fachspezifisch ausgestattete Räume (“laboratories”) sowie die dort anwesenden Fachlehrer die Arbeit der Lernenden, und selbstverständlich sind dabei die freie Kommunikation und Kooperation zwischen den Schülern erlaubt oder vielmehr ausdrücklich erwünscht. Soll dieses Arrangement in erzieherischer Hinsicht der Anbahnung von Selbständigkeit, Selbstverantwortung und kooperativen Verhaltensweisen dienen, so begründet PARKHURST ihre Maßnahmen im besonderen damit, daß der “Gleichschritt” des sog. “Frontalunterrichts” eine strukturelle Gefahr für den Erfolg schulischen Lernens darstelle. Dieser hängt nämlich, so ihre Auffassung, wesentlich davon ab, daß dem einzelnen Schüler die jeweils benötigte Lernzeit zugestanden wird und er die verfügbare Arbeitszeit seinen persönlichen Bedürfnissen und Interessen gemäß nutzen kann. Wer schneller zu arbeiten vermag, kann den Gegenstand vertiefen, erweitern oder im Curriculum fortfahren, die anderen aber beschäftigen sich so lange mit einem gegebenen Lernschritt, bis sie ihn zuverlässig bewältigt haben. So soll es möglich werden, die Klassengemeinschaft heterogener Schüler zu erhalten und doch jedem einzelnen gerecht zu werden.

Selbst wenn die Reformqualität des Daltonplans oft umstritten war, so führt ihn die Historiographie der ersten internationalen reformpädagogischen Bewegung2 doch regelmäßig als prominentes und repräsentatives Modell der Epoche auf und rechnet ihn im allgemeinen der Arbeitsschulpädagogik und/oder der individualisierenden Richtung zu. Im Gegensatz zu der geschichtlichen Bedeutung, die man dem Daltonplan traditionellerweise zubilligt, ist das internationale Forschungsinteresse bislang sehr gering gewesen. Seit den dreißiger Jahren fand keine nennenswerte Auseinandersetzung mehr statt, wobei allerdings Hermann RÖHRS, dem man grundlegende Werke zur internationalen Reformpädagogik verdankt, eine sehr wichtige Ausnahme bildet.3 Wenn dieser 1966 anmerkte, daß man allenfalls über die theoretische Stimmigkeit des Daltonplans diskutiere, an dessen “praktische Brauchbarkeit und Lebensfähigkeit in unseren Schulen niemand so recht zu glauben” (RÖHRS 1966, 45)4 vermöge, so hätte dieser Befund auch heute uneingeschränkte Gültigkeit, wenn nur die “theoretische Stimmigkeit” noch erörtert würde. Neben RÖHRS’ Studien sind eine deutsche und eine amerikanische Dissertationsschrift zu nennen: Im Jahre 1955 begründete Hermann BESUDEN - ohne Rücksicht auf die erfolgreiche niederländische Praxis - die Notwendigkeit des historischen Scheiterns des Daltonplans aus dessen vorgeblichen theoretischen und praktischen Unzulänglichkeiten, und 1983 unternahm es Diane LAGER, der in den USA nahezu völlig vergessenen Reformpädagogin ein Denkmal zu setzen, sparte dabei aber das Spätwerk aus. Susan SEMEL untersucht die Geschichte der „Dalton Schools, New York“, ohne den Daltonplan als pädagogisches Konzept in den Mittelpunkt zu rücken.5 So ist es nicht erstaunlich, daß die verfügbaren Informationen zu PARKHURSTs Leben und Werk von überaus unvollständig und oft auch irreführend sind;6 bei den Fragen nach den konkreten Gestaltungsmöglichkeiten sieht man sich auf Berichte aus den zwanziger und dreißiger Jahren verwiesen, und was die gegenwärtige niederländische Praxis anbelangt, bedarf es der eigenen Anschauung.

Hier gilt das Interesse am Daltonplan einerseits einem Konzept der ersten reformpädagogischen Bewegung, deren Einfluß auf das schulpädagogische und didaktische Denken auch heute noch eminent wirksam ist. Die Auseinandersetzung mit dieser pädagogischen Epoche kann keineswegs als abgeschlossen gelten, und dabei kommt derzeit sowohl den internationalen Zusammenhängen als auch der differenzierten Dokumentation der verschiedenen historischen Ansätze besondere Aufmerksamkeit zu. Andererseits wird eine vertiefende Betrachtung durch die aktuelle Bedeutung nahegelegt, die sowohl mit den gegenwärtigen Erfolgen des Daltonplans in den Niederlanden als auch mit den grundsätzlichen Anforderungen an ein modernes Schulwesen am Ende dieses Jahrhunderts gegeben ist. Cees JANSSEN, der langjährige Geschäftsführer der “Nederlandse Daltonvereniging” (NDV), berichtet nicht nur von immer neuen Schulen, die sich derzeit um Begleitung bei der Umstellung auf den Daltonplan bemühen, sondern auch von Kontakten nach Osteuropa (Russland, Tschechien) und in die USA, wo sich nach vielen Jahrzehnten neues Interesse regt. Auf die österreichische Initiative im Bereich der Lehrerbildung wurde bereits im Vorwort hingewiesen.

Weitere Aufmerksamkeit verdient die Tatsache, daß es sich bei diesem reformpädagogischen Vorschlag um einen jener “blueprint[s] für die staatliche Regelschule” (OELKERS 1989, 117) handelt, die innerhalb des reformpädagogischen Spektrums relativ rar sind. Noch seltener findet man zudem praktikable Vorschläge für die Sekundarstufe, welche die quantitativ bedeutendste und pädagogisch mitunter schwierigste Schulstufe in den modernen Industrieländern darstellt. Außerdem richten sich PARKHURSTs Reformintentionen gezielt auf jenen Bereich der fachbezogenen und systematischen Aneignung von Kenntnissen, Wissen und Fähigkeiten, der von der Reformpädagogik im allgemeinen weniger beleuchtet wurde.

Im Unterschied etwa zum Jenaplan muß man bei einer aktuellen Betrachtung des Daltonplans nicht zwischen dem pädagogisch-didaktischen Gehalt und den argumentativen Denkfiguren unterscheiden.7 Selbst wenn PARKHURST auf eine systematische Begründung ihres Vorschlags verzichtet, sind die Prämissen des Konzepts unzweideutig in einer liberalen, demokratischen und rationalistischen Orientierung verankert, derzufolge Bildung und Erziehung nicht teleologisch konzipiert sind, sondern als interaktive Prozesse verstanden werden. Umgekehrt zeigt die Rezeptionsgeschichte, daß der Plan auch mit konfessionell oder weltanschaulich gebundenen Bildungs- und Erziehungszielen durchaus kompatibel ist,8 so lange die pädagogischen Grundprinzipien der Selbsttätigkeit, der individualisierenden Differenzierung und der Kooperation zwischen Lehrern und Schülern nicht in Frage gestellt werden. Es handelt sich also um eine sehr modifikationsfähige Konzeption, die sich in vieler Hinsicht mit den Strukturen der traditionellen Sekundarschule verbinden lät. Hermann RÖHRS sieht darin geradezu ein Musterbeispiel “für eine gute und zukunftsträchtige Schule [...] der Gegenwart”, die “mit ihren Grundzügen der Individualisierung (individual work) und dem damit geforderten hohen Maß an Selbstverantwortung (education for responsibility and self-confidency) eine angemessene Antwort auf die in der dynamischen Berufsgesellschaft und die von ihr geforderten Tugenden der Flexibilität, Initiative und Urteilsfähigkeit zu vermitteln vermag.” (RÖHRS o. J. [1990], 132)

Die Annäherung an die Frage, inwieweit dieses Konzept einen zeitgemäßen Vorschlag für die Gestaltung der Sekundarschule anbieten könne, führt zunächst zur Rekonstruktion von PARKHURSTs Biographie und Gesamtwerk im historisch-kulturellen Kontext (2. Kapitel), die noch nicht in umfassender und zuverlässiger Weise dokumentiert sind. Dieses Kapitel mag zugleich als Beitrag zur historischen Erforschung der ersten reformpädagogischen Bewegung verstanden werden. Die systematische Darstellung und Analyse des Daltonplans (3. Kapitel) bezieht zahlreiche historische Praxisberichte ein, weil PARKHURSTs Ausführungen in “Education on the Dalton Plan”9 und anderen Schriften die Fragen der konkreten Anwendung kaum präzisieren und akzidentelle Elemente der amerikanischen Sekundarschule nicht immer deutlich genug von konstanten Merkmalen des Entwurfs trennen. Bei diesem Konzept, das freie Adaptionen sehr begünstigt, scheint es nicht zu genügen, eine (angeblich) idealtypische Arbeitsweise zu abstrahieren. Deshalb wird ein doppelläufiges Verfahren gewählt: Von PARKHURSTs Ausführungen ausgehend werden die praktischen Varianten dargestellt und analysiert; diese dienen wiederum der Präzisierung von PARKHURSTs Vorgaben unter dem Aspekt der Regelschulpraxis, für welche jene ihren Entwurf bestimmte.

Darauf baut schließlich der systematische Vergleich zwischen der Daltonplan-Pädagogik und derjenigen von DEWEY und MONTESSORI auf. Damit wird eine exemplarische Einordnung von PARKHURSTs Konzept in den Zusammenhang der ersten reformpädagogischen Bewegung vorgenommen und das pädagogische Profil dieses Sekundarschulentwurfs vergleichend präzisiert.

Da die Besonderheiten der Rezeptionsgeschichte des Daltonplans die Vermutung nahe legen könnten, der Daltonplan sei aufgrund immanenter Unzulänglichkeiten gescheitert, werden die vorhandenen Hinweise auf die Evaluation des Konzepts im 3. Kapitel (vgl. 3.4) aufgezeigt Zur internationalen Rezeptionsgeschichte ist, neben einigen Hinweisen im ersten Kapitel (vgl. 2.3) auf das 4. Kapitel in POPP 1995 zu verweisen, wo die Frage nach den potentiellen Faktoren, die den Rezeptionsverlauf in den verschiedenen Staaten beeinflußten, untersucht wird. In dem Kontext werden auch die Motive der deutsehen Distanz zum Daltonplan analysiert. Die Darstellung der niederländischen Rezeption, die sich durch ihre einzigartige, nur während der deutschen Besatzung unterbrochene Kontinuität von allen anderen Rezeptionen unterscheidet und zugleich eine Anschauung der gegenwärtigen Praxis bietet, findet man in dieser Buchfassung am Beginn des 4. Kapitels (vgl. 4.1); daran schließt sich die Darstellung der modernen niederländischen Daltonplanpraxis anhand von Beispielen aus der Primar- und Sekundarstufe an (4. Kapitel). Im 5. Kapitel geben österreichische, niederländische und bundesdeutsche Berichte aktuelle Entwicklungen und Erfahrungen mit der Daltonlanpraxis wider (5. Kapitel).

Die historischen, theoretischen und praxisbezogenen Ausführungen sollen insgesamt dem Ziel dienen, die Grundlagen für eine weitere Rezeption des Daltonplans zu verbreitern, sei es im Kontext der Historiographie der Reformpädagogik, der international vergleichenden Bildungsund Schulforschung oder im Zusammenhang mit der pädagogischen Fortentwicklung von Bildung, Unterricht und Erziehung an Primar- und Sekundarschulen.

Herr Professor Dr. Rupert VIERLINGER (Universität Passau) hat diese Arbeit wesentlich angeregt und stets gefördert. Außerordentlich viel verdankt diese Arbeit auch der unermüdlichen Hilfsbereitschaft von Cees und Fimke JANSSEN. Sie informierten stets bereitwillig über die aktuelle Daltonplan-Entwicklung, unterstützten verschiedene Studienaufenthalte in den Niederlanden und stellten dieser Arbeit auch einschlägige Materialien aus dem PARKHURST-Nachlaß im Archiv der University of Wisconsin in Stevens Point zur Verfügung.10 Darüber hinaus vermittelten sie den Kontakt zur Psychologin und Pädagogin Dorothy R. LUKE (1907-1998), die seit den fünfziger Jahren mit Helen PARKHURST sehr eng befreundet war und den größten Teil des Nachlasses verwahrt. Ihre noch immer unveröffentlichte PARKHURST-Biographie stellt gegenwärtig die einzige Gesamtdarstellung vom Leben und Werk der Pädagogin dar und erweist sich wegen der Gesprächsaufzeichnungen als Quelle von unschätzbarem Wert.11 Frau LUKE gestattete freundlicherweise die Einsicht in den Nachlaß, darunter auch das Typoskript eines unpublizierten pädagogischen Romans von PARKHURST,12 und unterstützte diese Arbeit mit zahlreichen wertvollen Hinweisen. Ihr, die sich bis zu ihrem Tod mit großer Energie für eine Neurezeption des Daltonplans in ihrem Land einsetzte,13 schulde ich tiefen Dank.

Anmerkungen

1 “Plan” ist eine in der ersten reformpädagogischen Bewegung dieses Jahrhunderts verbreitete Bezeichnung für Reformprojekte, vgl. Jenaplan, Winnetkaplan, Garyplan usw.

2 Vgl. zur Periodisierung RÖHRS 1987, 16. - Ungeachtet der politischen Implikationen des Begriffs “Bewegung” wird dieser hier im Hinblick auf die deutsche Reformpädagogik ohne relativierende Anführungszeichen verwendet. Mag der Begriff “Epoche” neutraler sein, so entspricht “Bewegung” nicht nur dem allgemeinen Sprachgebrauch, sondern auch dem historischen Selbstverständnis der Reformpädagogen. Vgl. auch RÖHRS z. B. 1987, 12.

3 Vgl. zum Daltonplan besonders RÖHRS 1955, 1966, 1977, 41982, o. J. [1990].

4 Zum Zitierverfahren: Eingriffe der Verfasserin in Zitate werden stets durch eckige Klammern gekennzeichnet.

5 Vgl. BESUDEN 1955, LAGER 1983, Semel 1992.

6 Vgl. zu Irrtümern in der jüngeren Literatur z. B. GEISSLER 1990, 12, SCHRÖDER 1990, 42, SEMEL 1992, 19 (unter Bezug auf ein Curriculum Vitae, das Parkhurst selbst in den New Yorker Daltonschulen zu den Akten gab) sowie Abschnitt 2.1.1.

7 Vgl. z. B. zum Jenaplan BENNER/KEMPER 1991, 45.

8 Vgl. z. B. für die Niederlande BAZUIN o. J. [1926] oder DALTONONDERWIJS 1961.

9 Vgl. PARKHURST [1922] 111924 (in dieser Arbeit durchweg zit. n. d. 4., erw. Aufl. als EDP 121924).

10 Z. B. die Ablichtungen der autobigraphischen Skizze PARKHURSTs (zit. als SKIZZE) oder die handschriftlichen Aufzeichnungen PARKHURSTs zu den Montessori-Vorträgen während des Trainingskurses in Rom (1914) (zit. als MANUSKRIPT).

Der Nachlaß von PARKHURST ist noch nicht systematisch gesammelt und geordnet. Die größten Bestände befinden sich bei Frau LUKE und im Archiv der University of Wisconsin. Neben Briefen, handschriftlichen Aufzeichnungen, Photographien, Auszeichnungen, Zeitungsausschnitten und Memorabilien enthält der Nachlaß auch manche Dokumente zur Rezeptionsgeschichte. (Vgl. z. B. JIVANAYAKAM 1927, ANDERSON 1973 oder BLOIS o. J. und 10. 5. 1983).

Rita KRAMER, die Montessori-Biographin, verwertet zudem zwei Tonbandaufzeichnungen aus dem Jahre 1965, die auch LAGER nicht berücksichtigt: (a) einen Vortrag PARKHURSTs (“The Legacy of Maria Montessori”) und (b) ein Interview mit PARKHURST, in dem diese ihre Zusammenarbeit mit der “Dottoressa” schildert. Vgl. KRAMER 1983, 263-268, 273, 456. Die Bänder befinden sich heute (a) im Archiv der “American Montessori Society” und (b) der Bibliothek der “Whitby School” in Greenwich/Conn., an deren Umgestaltung zur Montessori-Schule PARKHURST Ende der fünfziger Jahre mitgewirkt hat.

11 Vgl. LUKE o. J.

12 Vgl. PARKHURST, Helen: And They Found Jimmy!, o. J.

13 Vgl. z. B. LUKE 1992.

2. Leben und Werk Helen PARKHURSTs (1886-1973) im historisch-kulturellen Kontext

2.1 Kindheit und Jugend in Durand/Wisconsin (1886-1904)

2.1.1 Die USA an der Jahrhundertwende

Als Helen PARKHURST am 8. März 18861 in der Kleinstadt Durand in Wisconsin geboren wurde, lag die Gründung von Staat (1848) und Gemeinde kaum vierzig Jahre zurück. Angezogen von Weite, Waldreichtum und Fruchtbarkeit des Landes, hatten Familien von zumeist irischer, schottischer und englischer Abstammung in verkehrsgünstiger Lage an den Ufern des Chippewa River gesiedelt, der 20 Meilen südwärts in den Mississippi mündete. Dieser Fluß bildete noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts die “frontier”, die Grenzlinie der Siedlungsbewegung. Rasch entwickelte sich die “country town” zu einem florierenden Handelszentrum mit etwa 2000 Einwohnern, und man errichtete in den neunziger Jahren auch hier einen Bahnhof.

Helen PARKHURST wuchs nicht mehr räumlich, dafür aber zeitlich an der “Grenze” auf. Ihre Kindheit und Jugend fielen in den Beginn der “Progressive Era”.2 Diese war ebenso Teil der Modernisierungsprozesse, die nach dem Ende des Bürgerkriegs (1865/76) bestimmend hervortraten, wie auch Antwort auf deren Probleme. Als im Jahre 1890 die “frontier” für geschlossen und damit die Pionierzeit (1790-1890) offiziell für beendet erklärt wurde, hatten der technische und wissenschaftliche Fortschritt, die Industrialisierung, insbesondere der Eisenbahnbau und die Massenproduktion in den Fabriken, die Urbanisierung und die Immigration bereits begonnen, die allgemeinen Lebensverhältnisse radikal zu verändern.3 In den vierzig Jahren von 1860 bis 1900 stieg die Zahl der Einwohner der Vereinigten Staaten von 31 auf 76 Millionen an, und um die Jahrhundertwende überflügelte die Industrieproduktion die agrarische. Damit beschleunigte sich das ohnehin rapide Wachstum der Großstädte. Hatten New York und Chicago im Jahre 1869 noch ca. 1,2 Millionen bzw. 100 000 Einwohner, so vervierfachten bzw. verzwölffachten sich diese Zahlen bis 1910. In den ersten Dezennien des neuen Jahrhunderts zogen Millionen von Bürgern innerhalb der USA vom Land in die Stadt und von Osten nach Westen. Zudem wanderten zwischen 1890 und 1920 ungefähr 18 Millionen Menschen in die USA ein, darunter erstmals ein sehr hoher Prozentsatz der sog. “new immigrants”, eine aus Süd- und Osteuropa stammende, häufig analphabetische Landbevölkerung, die sich in ihren Lebensformen und Traditionen erheblich von den “White Anglo-Saxon Protestants” unterschied, in den Großstädten kulturell geschlossene Enklaven bildete und sich gegen den Verlust ihrer angestammten kulturellen Identität wehrte.

Obwohl die epochalen Umwälzungen von zahlreichen sozialen Krisenphänomenen begleitet waren, blieb zunächst ein ungebrochener Fortschrittsglaube vorherrschend. War die “frontier” auch geschlossen, so schienen doch die Grenzen der menschlichen Wissens- und Gestaltungsmöglichkeiten offen wie nie zuvor. Neben dem Industriekapitän, wie ihn John D. ROCKE-FELLER oder Andrew CARNEGIE verkörperten, bildeten Ingenieure und Erfinder, wie etwa Alexander G. BELL oder Thomas A. EDISON, Leitfiguren dieser Gesellschaft am Ausgang des 19. Jahrhunderts. Expertenwissen und moderne szientifische Verfahren sollten auch auf die sozialen, politischen, ökonomischen, psychologischen und pädagogischen Probleme Anwendung finden. Nicht zuletzt unter dem Einfluß von DARWINs Evolutionslehre übernahmen die Naturund Sozialwissenschaften eine führende Rolle, doch auch die traditionellen Geisteswissenschaften, unter ihnen die Pädagogik, bemühten sich um eine Neubegründung ihrer Disziplinen im Sinne eines modernen Wissenschaftsverständnisses.

2.1.2 Kindheit und Jugend in einer “small town community”

Dennoch blieben PARKHURSTs Kindheit und Jugend von diesen umfassenden Wandlungsund Modernisierungstendenzen scheinbar unberührt. Wie viele führende Repräsentanten der “progressiven Erziehungsbewegung” - John DEWEY (1859-1952) oder William H. KILPATRICK (1871-1965), Harold O. RUGG (1886-1960) oder George S. COUNTS (1898-?) - wuchs das Mädchen in einer jener “face-to-face-communities” (QUANDT 1970, 158) heran, in denen die Mentalität der Pioniergemeinden zumindest ideologisch noch lebendig war.4

In einem Vortrag, den er 1928 vor deutschen Pädagogen, u. a. Peter PETERSEN, Franz HILKER und Friedrich SCHNEIDER, in New York hielt, führte William H. KILPATRICK die charakteristischen Merkmale der “Progressive Education”-Bewegung auf das positive Ideal der “frontier” zurück. Dort, wo man das Leben von Grund auf neu einrichten mußte und die kulturellen Überlieferungen wenig Hilfe boten, waren Selbständigkeit, Initiative und nachbarlicher Zusammenhalt ebenso wichtig wie praktische Erfahrung und Experimentierfreude. “Stärkste persönliche Selbstbestimmung” und “Unwilligkeit gegen Zwang” (KILPATRICK 1928, 579) verbanden sich mit einer demokratischen Grundeinstellung, mit weltanschaulicher und religiöser Toleranz und einer gewissen Skepsis gegen “letzte Wahrheiten”. “Kein Prinzip ist absolut, [...] ein jedes kann nur angewandt werden im Lichte aller anderen Prinzipien, die durch die in Frage kommende Situation veranlaßt werden.” (KILPATRICK 1928, 582) Dabei interpretiert KILPATRICK das Pionierleben als die idealtypische Lernsituation schlechthin und setzt den amerikanischen Fortschrittsglauben mit einem umfassenden Erziehungswillen gleich: “[...] ein Glaube [steht] fest: der Glaube an Volkserziehung, höhere ebenso wie elementare. [...] Wie möglicherweise nirgends anderswo ist Volkserziehung die fast leidenschaftliche Hoffnung auf eine Beeinflussung der Zivilisation nach richtigeren und besseren Gesichtspunkten.” (KILPATRICK 1928, 580) Dabei ist Folgendes hervorzuheben: Wenn die “Progressive Education”-Bewegung häufig auf das Modell dieser “communities” Bezug nimmt, so sind ihr - und auch PARKHURSTs reformpädagogischem Denken - grundsätzlich jene “kulturkritischen”, großstadtfeindlichen und antimodernistischen Tendenzen fremd, welche die deutsche reformpädagogische Bewegung in vieler Hinsicht prägten.

Dorothy R. LUKEs Biographie zufolge erinnerte sich PARKHURST einer recht glücklichen Kindheit, wenn man vom Kirchen- und Schulbesuch absieht. “In any case I was content to be an included member of a familiy that loved me and a community which accepted me just as I came.”5 Wenn die Freundin und Biographin PARKHURSTs Kindheit als “singularly free from restrictions” (LUKE o. J., 4) bezeichnet, so meint sie damit nicht nur den liberalen elterlichen Erziehungsstil, sondern vor allem auch die ebenso anregungsreiche wie überschaubare Umgebung eines ländlich-kleinstädtischen Milieus, wo das Kind zahlreiche Erkundungen auf eigene Faust vornehmen konnte. Freiheit in diesem Sinne ist “[...] the fearless participation in the life around” (LUKE o. J., 8).

So findet man in “Education on the Dalton Plan” ein langes EMERSON-Zitat, welches die Atmosphäre jener ungebundenen Streifzüge sehr gut zu veranschaulichen scheint und das von der Autorin aufs engste mit den Grundprinzipien des Daltonplans verknüpft wird:

“I like boys, the masters of the playground and the street - boys who have some liberal ticket of admission to all shops, factories, armouries, town-meetings, caucuses, mobs, target-shootings as flies have; quite unsuspected, coming in as naturally as the janitor [...]. They are there [...] not knowing that they are at school, in the court-house, or the cattle show quite as much and more than they were, an hour ago, in the arithmetic class.” (EMERSON zit. n. EDP 41924, 2lf.)

Zugleich fand das Mädchen in dieser Familie weitaus günstigere Voraussetzungen für seine spätere Karriere, als man dies bei einer “small town”-Gastwirtstochter zunächst vermuten möchte. Die Familie lebte in gesichertem Wohlstand. Der Vater, James Henry PARKHURST, betrieb ein Gasthaus, züchtete Pferde und belieferte die Schlachthöfe in Chicago mit Rindern, die er von Viehtreibern kaufte. Die Mutter Ida PARKHURST sorgte für die Bildung ihrer Kinder und ließ ihnen Mal- und Zeichenunterricht erteilen.6 Ihre Leseleidenschaft scheint sich schon früh auf die Tochter übertragen zu haben: Bereits im Alter von fünf Jahren soll das Mädchen eine so ungewöhnliche Lesefertigkeit gezeigt haben, daß es auf einer Tagung des “Pepin County Teachers’ Institute” als “exhibit A” präsentiert wurde.7 Wenn sich die Mutter später vehement gegen Helens Wunsch wehren sollte, den Beruf einer Lehrerin zu ergreifen, so nur deshalb, weil Prestige und Einkommen gering waren und sie eine College-Ausbildung für ihre Tochter wünschte.

Die bedeutendste Rolle aber spielte für das Kind die Großmutter Mary UNDERWOOD, die von walisischer und englischer Abstammung war. Helen PARKHURST rühmte die Güte und das Einfühlungsvermögen dieser Frau, die mit ihrem unerschütterlichen Glauben an das “Gute” im Kind dem Mädchen ein starkes Selbstvertrauen vermittelte und damit vielleicht die Richtung und die Intensität des pädagogischen Engagements ihrer Enkelin maßgeblich beeinflußte; zumindest aber hat sie deren spätere Karriere zusammen mit einem Onkel von Helen finanziell sehr großzügig unterstützt.8

Entsprechend ihrer unterschiedlichen Abstammung gehörten die einzelnen Mitglieder der Familie PARKHURST verschiedenen protestantischen Glaubensgemeinschaften an.9 Bei Helen scheint sich vor allem die gebotene Toleranz durchgesetzt zu haben, und ihr werden eine kirchengebundene Frömmigkeit oder dogmatische Glaubensorientierungen stets fremd bleiben. LUKE gegenüber erzählte sie zudem von quälenden Kindheitsängsten, die in religiösen Verwirrungen begründet waren.10 Vielleicht erfaßte das Kind intuitiv, was die Pädagogin später klar erkannte, daß die harte geistige und körperliche Disziplinierung in Kirche und Schule auf der Annahme einer ursprünglich “bösen Natur” des Kindes beruhte, die man mit Hilfe von rigiden Normen und Strafen “erziehen”, d. h. brechen und unterwerfen wollte.

In ihren Erinnerungen an die Schulzeit beklagte PARKHURST vor allem den Zwang zum Stillsitzen und die unerträgliche Langeweile.11 Die Unterrichtsgestaltung scheint das Mädchen erheblich unterfordert und schließlich in schwere Disziplinkonflikte getrieben zu haben. Am Ende des 19. Jahrhunderts war in den USA und wohl auch in Durand der Schulunterricht - wenn er in der “elementary school” überhaupt mit professioneller Kompetenz gestaltet wurde - von der Methode beherrscht, die Kinder mit Aufgaben aus Arbeitsbüchern still zu beschäftigen und anschließend die Lernergebnisse zu kontrollieren. Das Auswendiglernen von Texten und das Beantworten der Lehrerfragen, “wie aus der Pistole geschossen”, spielten die Hauptrolle. Wenn sich der Unterricht dagegen an der “modernen”, “wissenschaftlich” fundierten herbartianischen Formalstufen-Lehre orientierte, bestand das praktische Ergebnis zumeist in der gleichförmigen Abfolge eines frontal gelenkten Unterrichts, der sich in den kurzschrittigen Lehrerfragen erschöpfte und nicht selten in moralisierenden Schlußbetrachtungen gipfelte. Beide Formen aber erforderten eine rigide Disziplinierung der Kinder und die “Stillstellung der Schüler-Körper” (MEYER, Bd. 1, 31990, 176), und der durchschnittliche Lehrer setzte wohl die strenge Disziplinierung der Schüler mit der erfolgreichen Wissensvermittlung gleich.12 Die motorische, affektive und geistige Aktivität des Kindes wurde vor allem als Faktor der Erziehungsbedürftigkeit, nicht aber als Grundlage der Erziehungsmöglichkeit betrachtet.

PARKHURSTs Schulerinnerungen lassen sich dahingehend zusammenfassen, daß nicht die Schule, sondern die Welt außerhalb des Klassenzimmers als “pädagogischer Schonraum” erlebt wurde. Während das Kind hier anerkannt in Freiheit und Geborgenheit seine Aktivitäten entfalten konnte, wurde es dort mit unerträglichen Zwängen und einer geistigen Ödnis konfrontiert, die es verstörten, empörten und sein Selbstvertrauen beschädigten. Es ist nicht schwer, im Daltonplan die Züge einer “Gegenschule” zu entdecken. Aber auch PARKHURSTs insgesamt sehr gelassene Einschätzung der intentionalen Erziehung könnte in jenem Gegensatz von inner- und außerschulischer Erfahrungswelt begründet sein. Sie teilt damit die allgemeine Wertschätzung der (amerikanischen) Reformpädagogik für das “natürlich”-funktionale Lernen, das im Vergleich zum schulisch institutionalisierten als das wirksamere betrachtet wurde, so daß sich Schulpädagogik und Didaktik daran orientieren sollten.

Trotz - oder wegen - der mißlichen Schulerfahrungen soll Helen PARKHURST schon sehr früh den Wunsch gehegt haben, Lehrerin zu werden ihr Ziel entschieden angesteuert haben. Ohne Wissen der Eltern, so wird berichtet, meldete sie sich direkt nach dem Abschluß der “high school” in Durand zum “Teachers’ Exam” und bestand es erfolgreich, weil sie sich das erforderliche Prüfungswissen als Zaungast bei den Sommerkursen angeeignet hatte. Im Herbst des Jahres 1904 begann sie dann ohne jegliche formale Ausbildung, die 40 Schülerinnen und Schüler der einklassigen Landschule von Waterville, einer “stolid backwoods community” (EDP 41924, 8) sieben Meilen von Durand entfernt, zu unterrichten, - und dies mit Erfolg.13 Das Bild, das Dorothy LUKE vom frühen Werdegang Helen PARKHURSTs zeichnet, läßt deutlich die zielbewußte “self-made”-Reformpädagogin erkennen, die vor allem auf ihre Intuition und ihre persönlichen Erfahrungen vertraut. Als entscheidender Bezugspunkt ihrer Pädagogik erscheint hierbei das Wissen um die Bedürfnisse der Kinder, besonders um deren Streben nach Selbständigkeit und Anerkennung durch die Erwachsenen. “Children are not really bad, only misunderstood.”14 Auch der pragmatisch-entschlossene und experimentierfreudige Wesenszug sollte weiterhin bestimmend bleiben: Sie entwickelte den Daltonplan in engster Verbindung mit der Schulpraxis, und ihre pädagogischen Schriften zeigen sich bei aller Reflektiertheit stets systemfern; auch hielt sich die Urheberin des Daltonplans den akademischen Zirkeln der “Progressive Education”-Bewegung fern und nahm an deren Grundsatzdiskussionen nicht teil; sie interessierte sich kaum für die pädagogische Philosophie und dagegen sehr für die empirisch orientierte Psychologie und Anthropologie; sie gab 1914 kurzerhand ihre vielversprechende Karriere in der amerikanischen Lehrerbildung auf, um mit MONTESSORI zu arbeiten, und sollte diese 1918 wie 1942 die “Dalton Schools, New York” verlassen, um neue Ziele in Angriff zu nehmen. Ein gewisser “Pioniergeist”, so scheint es, bestimmte sie auf ihrem langen Lebensweg.

2.2 Zur Entstehung des Daltonplans (1904-1918)

2.2.1 Das Schulexperiment in Waterville/Wisc. (1904/5)

Der Beitrag des Waterville-Experimentes zur Entstehung des später “Dalton Plan” genannten “Laboratory Plan” ist aufgrund der dürftigen Quellenlage nicht zuverlässig zu rekonstruieren, doch PARKHURST betonte, daß sie schon damals die Grundzüge des späteren Daltonplan-Konzepts, insbesondere die schriftlichen Arbeitsanleitungen und die fachspezifischen Arbeitsplätze entwickelt und das Gesamtkonzept bereits vor der Begegnung mit Maria MONTESSORI im Jahre 1913 nahezu vollständig ausgebaut habe.15

Gleich zu Beginn des Schuljahres wurde offenbar das traditionelle Klassenzimmer in “daltonspezifischer” Weise verändert. Die auf Tafel und Pult ausgerichteten und im Fußboden verschraubten Bänke wurden gegen bewegliche Tischgruppen ausgetauscht, die nun “Fachwinkel” (“subject corners”) bildeten, in denen die Schüler selbsttätig arbeiteten. Sie folgten dabei schriftlichen “Arbeitsanleitungen” (“assignments”), wobei die jüngeren Schüler Wochen-, die älteren Monatspläne mit 20 “Arbeitseinheiten” (“units”) pro Fach und Monat erhielten; diese hatten jene bei der Gestaltung und Ausführung ihrer Wochenarbeit zu unterstützen. Außerdem waren sie als “Monitoren” in den “subject corners” eingesetzt, wo sie darauf achten sollten, daß Aufgaben aus dem entsprechenden Fach- “assignment” ausgewählt und ausgeführt würden. Wenngleich es in Waterville wohl noch einen Stundenplan gab, der die Schüler teilweise band, so durften sie sich anscheinend doch im Klassenzimmer frei bewegen und nach Belieben mit Partnern oder Gruppen kooperieren. “Freedom of movement” (LUKE o. J., 23) zählte verständlicherweise für die junge Pädagogin, die gerade erst die Schulbank verlassen hatte, zu den unverzichtbaren Bestandteilen eines neuen pädagogischen Konzepts.16

PARKHURST selbst soll sich außerhalb des Schülerarbeitsraumes ein eigenes Büro eingerichtet haben, wo sie den Unterricht bzw. die “assignments” vorbereitete, Schülerarbeiten korrigierte, Lerngruppen unterrichtete und Einzelgespräche führte. Für die Ordnung und Disziplin im Klassenraum waren die Schüler ebenso selbst verantwortlich wie für die individuelle Ausführung ihres Arbeitspensums: “Freedom with responsibility” (LUKE o. J., 310) ist auch das pädagogische Kernstück des Daltonplans.

LUKE betont, daß die Schülerinnen und Schüler von Anfang an in die Gestaltung der Lehr-Lern-Organisation einbezogen worden seien. So sei es PARKHURST gelungen, die älteren Schüler gleichsam als Assistenten für ihr Projekt zu gewinnen. “They could hardly believe what they were hearing: a teacher who asked them what they thought and listened to them with respect.” (LUKE o. J., 23) Die Möglichkeit, an der Gestaltung “ihrer” Schule” mitzuwirken, sei schließlich auch der Lernhaltung sehr zugute gekommen.

Wie immer der erste Schulversuch in Waterville verlaufen sein mag, er bildete doch den ersten Schritt einer knapp zehnjährigen Karriere, an deren Ende PARKHURST im Jahre 1913 als Direktorin der grundschuldidaktischen Abteilung (“Directory of Primary Teacher Training Department”) an das “Central Teachers’ College” in Stevens Point/Wisc. berufen wurde. Dieser Aufstieg spricht für eine überdurchschnittliche pädagogische Befähigung und damit vielleicht auch für die Glaubwürdigkeit der Darstellung, die den Daltonplan in Waterville beginnen läßt. Die Schulbehörden von Pepin County jedenfalls entließen die junge Lehrerin 1905 mit guten Zeugnissen, nachdem diese sich entschieden hatte, am “Teachers’ College” des “Wisconsin State College” in River Falls zu studieren.

2.2.2 PARKHURSTs Schulkarriere und der “Laboratory Plan” bis 1914

PARKHURST absolvierte das vierjährige Studium in der Hälfte der vorgesehenen Zeit und schloß 1907 mit einem glänzenden Ergebnis ab, obwohl sie sich anscheinend heftig gegen eine Ausbildung zu jenem traditionellen Unterrichtsstil gewehrt hatte, dem sie in Waterville bereits eine erfolgreiche Alternative entgegengesetzt haben will.17

An dieser Lehrerbildungsstätte lernte sie die reformpädagogisch orientierten Schriften von Ralph Waldo EMERSON (1803-1882) und William JAMES (1842-1910) kennen. Die Quellen lassen nicht erkennen, welchen Einfluß diese Begegnungen ausübten. Immerhin erscheint in “Education on the Dalton Plan” ein dreiseitiges EMERSON-Zitat, dasselbe übrigens, das auch DEWEY in leicht abgewandelter Form in “Democracy and Education” (1916) wiedergegeben hat:

‘“The secret of education,’ so Emerson teils us, ‘lies in respecting the pupil. It is not for you to choose what he shall know, what he shall do. It is chosen and foreordained and he alone holds the key to his own secret. By your tampering and thwarting and too much governing he may be hindered from his end and kept out of his own. Respect the child. Wait and see the new product of nature. Nature loves analogies but not repetitions. Respect the child. Be not too much his parent. Trespass not on his solitude.

Be the companion of his thought, the friend of his friendship, the Iover of his virtue, but no kinsman of his sin. [...] Happy this child with a bias, with a thought which entrances him, Ieads him, now into deserts, now into cities, the fool of an idea.