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Das Buch

»Als Lady Sercomb gegen Ende des Krieges George Smiley heiratete, pflegte sie ihn ihren erstaunten Freunden aus Mayfair als einen direkt atemberaubend gewöhnlichen Menschen zu schildern.« Zwei Jahre später verläßt sie ihn für einen Autorennfahrer aus Kuba. Glücklicherweise kommt auf den Nachrichtenoffizier Smiley ein neuer, angeblich leichter Routine-Fall zu: Sam Fennan, ein Beamter des Außenministeriums, hat Selbstmord begangen. Smiley stürzt sich in die Arbeit. Doch bei seinen Recherchen trifft er auf immer mehr rätselhafte Umstände und Ereignisse. Ist Sam Fennan wirklich freiwillig aus dem Leben geschieden? Sein Abschiedsbrief an den Außenminister scheint keinen Zweifel daran zu lassen – doch mit den Ermittlungen nehmen Smileys Zweifel zu …

Der Autor

John le Carré, am 19. Oktober 1931 in Poole, Dorset, geboren, war nach seinem Studium in Bern und Oxford in den sechziger Jahren in diplomatischen Diensten u. a. in Bonn und Hamburg tätig. Sein Roman Der Spion, der aus der Kälte kam machte ihn 1963 weltbekannt. Zahlreiche seiner Bestseller wurden erfolgreich verfilmt.

Von John le Carré sind in unserem Hause bereits erschienen:

Absolute Freunde · Agent in eigener Sache · Dame, König, As, Spion · Das Rußlandhaus · Der ewige Gärtner · Der heimliche Gefährte · Der Nachtmanager · Der Spion, der aus der Kälte kam · Der Schneider von Panama · Der wachsame Träumer · Die Libelle · Ein blendender Spion · Ein guter Soldat · Ein Mord erster Klasse · Eine Art Held · Eine kleine Stadt in Deutschland · Empfindliche Wahrheit · Geheime Melodie · Krieg im Spiegel · Marionetten · Schatten von gestern · Single & Single · Unser Spiel · Verräter wie wir

John le Carré

Schatten von gestern

Roman

Aus dem Englischen von Ortwin Munch

List Taschenbuch

1

Das Curriculum Vitae von George Smiley

Als Lady Ann Sercomb gegen Ende des Krieges George Smiley heiratete, pflegte sie ihn ihren erstaunten Freunden aus Mayfair als einen direkt atemberaubend gewöhnlichen Menschen zu schildern. Als sie ihn dann zwei Jahre später zugunsten eines Autorennfahrers aus Kuba verließ, verkündete sie rätselhaft, daß sie ihn nie hätte verlassen können, wenn sie es nicht zu diesem Zeitpunkt getan hätte. Und Viscount Sawley begab sich eigens zu dem Zweck in seinen Klub, um die Bemerkung fallenzulassen, die Katze wäre aus dem Sack.

Dieser Ausspruch, der eine Zeitlang als Bonmot herumging, kann nur von Leuten verstanden werden, die Smiley kannten. Klein, dick und von ruhiger Gemütsart, schien er eine Menge Geld für wirklich miserable Anzüge auszugeben, die auf seinem viereckigen Gestell wie die Haut einer verschrumpelten Kröte wirkten. Tatsächlich sagte Sawley auch bei der Hochzeit: »Die Sercomb heiratet einen Ochsenfrosch in Ölzeug und Südwester.« Und Smiley, der von dieser Klassifizierung nichts wußte, war wie in der Hoffnung auf den Kuß, der ihn in einen Prinzen verwandeln sollte, zum Altar gewatschelt.

War er reich oder arm, Bürger oder Bauer? Wo hatte sie ihn aufgegabelt? Die Widersinnigkeit der Verbindung wurde durch Lady Anns nicht zu übersehende Schönheit noch hervorgehoben, und das Rätselhafte der Angelegenheit durch das Mißverhältnis zwischen dem Mann und seiner Braut unterstrichen. Aber der Tratsch muß sich seine Gestalten schwarz oder weiß malen und sie mit Sünden und Motiven ausstatten, die sich leicht in den Code der Konversation verschlüsseln lassen. Daher kam Smiley, der weder Schule, Eltern, Regiment oder Beruf noch Reichtum oder Armut aufweisen konnte, ohne Adreßzettel in den Gepäckwagen des Expreßzuges der Gesellschaft und wurde bald ein verlorener Koffer, endgültig verloren, als die Scheidung sich anbahnte und ausgesprochen worden war, ein Koffer, der auf den staubigen Stellagen der Neuigkeiten von gestern herumlag und den keiner mehr haben wollte.

Als Lady Ann ihrem Star nach Kuba folgte, dachte sie ein wenig über Smiley nach. Mit widerwilliger Bewunderung gestand sie sich ein, daß es Smiley sein würde, wenn es nur einen einzigen Mann in ihrem Leben gäbe, und es befriedigte sie, daß sie diese Tatsache durch das heilige Sakrament der Ehe bewiesen hatte.

Wie Lady Anns Abreise auf ihren ersten Gatten wirkte, machte der Gesellschaft, die ja wenig an dem Anteil nimmt, was nach der Sensation kommt, kaum Kopfzerbrechen, obwohl es ganz interessant gewesen wäre, zu erfahren, was Sawley und sein Kreis von Smileys Reaktion gehalten hätten; von Smileys fettem bebrilltem Gesicht, das sich in energische Falten der Konzentration zog, wenn er aufmerksam die weniger bekannten deutschen Poeten las, während er seine plumpen, feuchten Hände in den herunterbaumelnden Ärmeln zu Fäusten ballte. Aber alles, was Sawley zu diesem Anlaß von sich gab, war ein leichtes Achselzucken und die Bemerkung: ›Partir c’est courir un peu‹, und es schien ihm nicht klar zu sein, daß, während Lady Ann nur davonlief, ein Teil von George Smiley gestorben war.

Der Teil, der weiterlebte, sein Beruf als Nachrichtenoffizier, paßte ebensowenig zu seiner Erscheinung wie die Liebe oder seine Vorliebe für nicht anerkannte Dichter. An diesem Beruf hatte er Spaß, und dieser Beruf versah ihn auch gnädigerweise mit Kollegen, deren Charakter und Herkunft ebenso im Dunkel lagen. Er bot ihm auch, was er früher einmal am meisten geliebt hatte, nämlich akademische Exkursionen in das Mysterium menschlichen Verhaltens, die sich aus der praktischen Anwendung seiner eigenen Schlüsse ergaben.

Einmal in den zwanziger Jahren, als Smiley mit seiner bescheidenen Mittelschule fertig war und geblendet in die düsteren Arkaden seines bescheidenen College in Oxford stolperte, hatte er von Dozenturen geträumt und einem Leben, das den literarischen Obskuritäten Deutschlands im siebzehnten Jahrhundert gewidmet sein sollte. Aber sein eigener Lehrer, der ihn besser kannte, dirigierte ihn klugerweise aus dem Bereich der Ehren, die ihn ohne Zweifel erwartet hätten. An einem wunderschönen Morgen des Monats Juli im Jahre 1928 saß ein verwirrter und ziemlich rot angelaufener Smiley vor der Prüfungskommission des Komitees für Akademische Forschung in Übersee, einer Organisation, von der er sonderbarerweise noch nie etwas gehört hatte. Jebedee, sein Lehrer, hatte sich merkwürdig vage ausgedrückt, als er ihm die Sache erklärte: »Versuch es mit diesen Leuten, vielleicht behalten sie dich; sie zahlen so schlecht, daß du sicher in guter Gesellschaft sein wirst.« Aber Smiley war verärgert gewesen und hatte das auch gesagt. Er machte sich Gedanken darüber, daß Jebedee, der sich doch sonst immer so präzis ausdrückte, auswich. Ein wenig mißmutig willigte er aber ein, seine Entscheidung auf Allerseelen zu verschieben, bis er Jebedees mysteriöse »Leute« gesehen hätte.

Er wurde den einzelnen Mitgliedern der Kommission nicht besonders vorgestellt, doch kannte er ungefähr die Hälfte vom Sehen. Da war einmal Fielding, der in Cambridge über das französische Mittelalter las, Sparke aus dem Institut für orientalische Sprachen und Steed-Asprey, der an demselben Abend am Professorentisch diniert hatte, als Smiley Jebedees Gast gewesen war. Er mußte zugeben, daß er beeindruckt war. Denn daß Fielding seine Wohnung, von Cambridge gar nicht erst zu reden, verließ, war schon an und für sich ein Wunder. Später dachte Smiley an dieses Interview immer als an einen Schleiertanz, eine genau berechnete Folge von Enthüllungen, von denen jede eine andere Einzelheit eines geheimnisvollen Ganzen zeigte. Endlich entfernte Steed-Asprey, der der Vorsitzende zu sein schien, den letzten Schleier, und die Wahrheit stand in ihrer ganzen verwirrenden Nacktheit vor ihm. Man bot ihm einen Posten in einer Organisation an, die Steed-Asprey mangels eines besseren Namens schamhaft als Geheimdienst bezeichnete.

Smiley hatte um Bedenkzeit gebeten. Sie gaben ihm eine Woche. Geld wurde nicht erwähnt.

An diesem Abend aß er irgendwo in London in einem ziemlich guten Lokal und ging ins Theater. Er fühlte sich merkwürdig wirr im Kopf, und das bedrückte ihn. Er war sich völlig darüber im klaren, daß er ja sagen würde. Das hätte er schon gleich bei der Unterredung tun können. Es war nur instinktive Vorsicht und vielleicht der verzeihliche Wunsch, sich Fielding gegenüber ein bißchen zu zieren, der ihn davon abhielt, sofort einzuschlagen.

Nachdem er sich verpflichtet hatte, kam das Training: anonyme Landhäuser, anonyme Instruktoren, viele Reisen, die immer weiter wurden, und schließlich die phantastische Aussicht, ganz auf sich allein gestellt zu arbeiten.

Sein erster Posten im Einsatz war verhältnismäßig amüsant. Zwei Jahre als englischer Lektor an einer kleinen deutschen Universität: Vorlesungen über Keats und Ferien in bayrischen Jagdhütten mit Gruppen von feierlich ernsten deutschen Studenten der verschiedensten Herkunft. Gegen Ende der langen Ferien pflegte er einige von ihnen nach England zu bringen, von denen er schon die wahrscheinlich in Frage kommenden über geheime Verbindungen an eine Adresse in Bonn bezeichnet hatte. Während der ganzen beiden Jahre hatte er keine Ahnung, ob seine Empfehlungen berücksichtigt wurden oder nicht. Er wußte nicht einmal, ob man an seine Kandidaten herantrat oder nicht, noch hatte er eine Möglichkeit festzustellen, ob seine Botschaften je ihren Bestimmungsort erreichten. Und wenn er in England war, hatte er keinen Kontakt mit dem Department.

Seine Gefühle bei der Durchführung seiner Arbeit waren gemischt und einander widersprechend. Es reizte ihn, von einem Beobachtungspunkt aus das, was er als den »potentiellen Agenten« in einem Menschen zu definieren gelernt hatte, zu finden und auszuwerten, Miniaturtests des Charakters und des Verhaltens zu erfinden, die ihn über die Qualitäten eines Kandidaten informieren konnten. Dieser Teil von ihm war blutlos und unmenschlich. In dieser Rolle war Smiley der internationale gekaufte Söldner seines Berufes, unmoralisch und ohne anderes Motiv als das seines persönlichen Vorteils.

Auf der anderen Seite betrübte es ihn, in sich das langsame Absterben natürlicher Freude zu bemerken. Immer auf der Hut, fand er, daß er vor der Versuchung der Freundschaft und menschlichen Loyalität zurückschreckte, und er wappnete sich ängstlich gegen spontane Reaktionen. Durch die Kraft seines Intellekts zwang er sich, die Regeln der Menschlichkeit mit peinlichster Objektivität einzuhalten, und weil er auch nur ein Mensch und nicht unfehlbar war, haßte und fürchtete er die Falschheit seines Lebens.

Aber Smiley war ein sentimentaler Mensch, und das lange Exil vertiefte seine innige Liebe zu England. Hungrig zehrte er von den Erinnerungen an Oxford, entsann sich seiner Schönheit, der Ungezwungenheit der Gedanken und des langsamen Reifens seiner Urteile. Er träumte von windigen Herbstferien in Hartland Quay, von langen Fußwanderungen an der Felsenküste Cornwalls, das heiße Gesicht dem Seewind zugewendet. Dies war sein zweites, geheimes Leben, und er begann die großmäulig hinterhältige Invasion des neuen Deutschland zu hassen, das Stampfen und Gebrüll der uniformierten Studenten, die arroganten Gesichter mit den Schmissen und ihre billigen konfektionierten Antworten. Es ärgerte ihn auch, wie die Fakultät an seinem Fach, seiner geliebten deutschen Literatur, herumgestümpert hatte. Und dann war eine Nacht gekommen, eine schreckliche Nacht im Winter 1937, da war Smiley an seinem Fenster gestanden und hatte auf einen großen Scheiterhaufen im Hof der Universität hinausgesehen. Rundherum standen Hunderte johlender Studenten mit exaltierten Gesichtern, die von den tanzenden Flammen beleuchtet wurden, und warfen Hunderte von Büchern in das götzendienerische Feuer. Er wußte, wer diese Bücher geschrieben hatte: Thomas Mann, Heine, Lessing und viele andere. Und Smiley, der die Glut seiner Zigarette in seiner feuchten hohlen Hand verbarg, starrte hinaus, und zugleich mit Haß überwältigte ihn der Triumph, daß er seinen Gegner kannte.

Neununddreißig war er in Schweden, und zwar als wohlakkreditierter Vertreter einer sehr bekannten Schweizer Fabrik für Handfeuerwaffen. Seine Verbindung mit der Firma war natürlich rückdatiert, wie das ja zweckdienlich ist. Ebenso zweckdienlicherweise hatte sich seine Erscheinung beträchtlich geändert, denn Smiley hatte in sich ein Talent für Tarnung entdeckt, das über das primitive Wechseln der Haarfarbe und die Hinzufügung eines kleinen Schnurrbartes hinausging. Vier Jahre hatte er seine Rolle gespielt und war zwischen der Schweiz, Deutschland und Schweden hin und her gereist. Er hatte nie geahnt, daß man es aushalten könne, so lange Zeit Angst zu haben. Die Folge war eine nervöse Irritation seines linken Augenlids, die er auch nach fünfzehn Jahren noch nicht losgeworden war, und die dauernde Spannung grub tiefe Falten in seine fleischigen Wangen und seine Stirn. Er erfuhr, was es hieß, nie richtig zu schlafen, pausenlos in Spannung zu sein und immer, sei es bei Tag oder des Nachts, das rastlose Klopfen des eigenen Herzens zu fühlen, die äußersten Grenzen der Einsamkeit und des eigenen Jammers zu erleben, das plötzliche Verlangen nach einer Frau, nach Alkohol, nach Bewegung, kurz nach irgendeinem Narkotikum, das ihm die Spannung seines Lebens nehmen konnte.

Vor diesem Hintergrund führte er seinen offiziellen Handel und seine Arbeit als Spion durch. Im Laufe der Zeit wurde das Netz größer, und andere Länder machten ihren Mangel an Voraussicht und Vorbereitung wett. 1943 rief man ihn zurück. Schon nach sechs Wochen sehnte er sich danach weiterzumachen, aber sie ließen ihn nicht mehr: »Sie sind fertig«, sagte Steed-Asprey. »Schulen Sie neue Leute ein, machen Sie Ferien. Heiraten Sie, oder machen Sie etwas anderes. Kurz und gut, koppeln Sie ab.«

Smiley machte der Sekretärin von Steed-Asprey, Lady Ann Sercomb, einen Heiratsantrag.

Der Krieg war zu Ende. Sie zahlten ihn aus, und er nahm seine schöne Frau nach Oxford mit, wo er sich den Obskuritäten des siebzehnten Jahrhunderts in Deutschland widmen wollte. Aber nach zwei Jahren war Lady Ann in Kuba, und die Enthüllungen eines jungen russischen Geheimcodebeamten in Ottawa hatten neuen Bedarf an Männern mit Smileys Erfahrung geschaffen.

Die Arbeit war neu, das Risiko gering, und am Anfang fand er Gefallen daran. Aber jüngere Männer traten ein, vielleicht mit weniger verbrauchtem Verstand. Smiley stand nicht auf den Beförderungslisten, und langsam dämmerte es ihm, daß er die Mitte seines Lebens erreicht hatte, ohne jemals jung gewesen zu sein, und daß er ganz einfach auf dem Abstellgleis war.

Die Verhältnisse änderten sich. Steed-Asprey war nicht mehr da. Er war auf der Suche nach einer anderen Kultur aus der Neuen Welt nach Indien geflüchtet. Jebedee war tot. Im Jahre 1941 war er mit seinem Funker, einem jungen Belgier, in Lille in einen Zug gestiegen, und man hatte nie mehr etwas von den beiden gehört. Fielding war durch eine neue Auslegung der Gestalt Rolands gänzlich in Anspruch genommen – nur Maston war noch da, Maston der Karrieremacher, die Kriegserwerbung, der Fachmann des Ministeriums in Fragen des Nachrichtendienstes. »Der erste Mann«, so hatte Jebedee sich ausgedrückt, »der in Wimbledon Machttennis spielt.« Die NATO und alle verzweifelten Maßnahmen, die von den Amerikanern ins Auge gefaßt wurden, änderten gänzlich die Art von Smileys Dienst. Die Tage aus der Zeit von Steed-Asprey, da man seine Aufträge ebensogut in dessen Wohnung in Magdalen bei einem Glas Portwein erhalten konnte, waren für immer dahin. Die amateurmäßige Inspiration einer Handvoll hochqualifizierter, schlechtbezahlter Männer war der betriebsamen Leistungsfähigkeit, dem Bürokratismus und den Intrigen einer großen Ministerialsektion gewichen, die Maston in seinen teuren Anzügen, seinem Adel, seinem distinguierten grauen Haar und seinen silbergrauen Krawatten auf Gnade und Ungnade ausgeliefert war. Maston, der sich sogar an den Geburtstag seiner Sekretärin erinnerte, dessen feine Manieren bei den Damen der Registratur sprichwörtlich waren, der, als wäre das selbstverständlich, seinen Machtbereich vergrößerte und wie mit einer zögernden Entschuldigung zu immer höheren Positionen aufrückte, Maston, der in Henley smarte Parties in seiner Villa gab und sich mit den Erfolgen seiner Untergebenen mästete.

Während des Krieges hatte man ihn, den Berufsbeamten, aus irgendeinem orthodoxen Ministerium hereingebracht, einen Mann, der mit Papier hantieren und die Brillanz seines Stabes mit der beschwerlichen bürokratischen Maschinerie in Einklang bringen sollte. Es war für die hohen Tiere eine Beruhigung, mit jemandem zu tun zu haben, den sie kannten, einem Mann, der jede beliebige Farbe in Grau verwandeln konnte, der seine Herren und Meister kannte und sich unter ihnen zu bewegen verstand. Und er verstand es nur zu gut! Ihnen gefiel seine Bescheidenheit, wenn er sich dafür entschuldigte, mit wem er umging, die Heuchelei, mit der er die Schrullen seiner Untergebenen verteidigte, seine Wendigkeit bei der Formulierung neuer Aufgaben. Er unterließ es auch nicht, sich der Vorteile der Methoden eines Mannes mit Radmantel und Dolch malgré lui zu bedienen, indem er das Mäntelchen für seine Vorgesetzten trug, den Dolch aber für seine Untergebenen reserviert hatte. Seine Stellung war offensichtlich eine merkwürdige. Er war nicht die offizielle Spitze des Dienstes, aber andererseits der fachmännische Berater des Ministers in Fragen des Nachrichtendienstes. Steed-Asprey hatte ihn für alle Zeiten als Obereunuchen klassifiziert.

Das alles war für Smiley eine ganz neue Welt. Die taghell erleuchteten Korridore, die smarten jungen Männer. Er kam sich hausbacken und altmodisch vor und hatte Heimweh nach dem vernachlässigten alten Haus in Knightsbridge, wo alles begonnen hatte. Seine Erscheinung schien dieses Unbehagen in einer Art physischer Rückbildung widerzuspiegeln, so daß er noch mehr gekrümmt und froschähnlich aussah als je. Er zwinkerte mehr als früher und erwarb sich den Beinamen »Maulwurf«. Aber seine junge Sekretärin betete ihn an und sprach von ihm nur als »Mein lieber Teddybär«.

Smiley war nun schon zu alt, um ins Ausland zu gehen, das hatte ihm Maston klargemacht: »Auf jeden Fall, mein lieber Freund, sind Sie ziemlich fertig nach der Hetzjagd während des Krieges. Bleiben Sie lieber zu Hause, alter Freund, und schüren Sie die heimatlichen Feuer.«

Alles das erklärt ein wenig, warum George Smiley am Mittwoch, dem 4. Januar, um zwei Uhr nachts im Fond eines Londoner Taxis saß und auf dem Wege zum Cambridge Circus war.

2

Keine Ruh’ bei Tag und Nacht

In dem Taxi fühlte er sich sicher. Sicher und warm. Und zwar war die Wärme Konterbande, die er aus dem Bett mitgeschmuggelt und gegen die Kälte der nassen Januarnacht aufgespeichert hatte. Sicher fühlte er sich deshalb, weil die Situation unrealistisch war. Es war sein Geist, der durch die Straßen Londons wanderte und von ihren unglücklichen Vergnügungssuchern Notiz nahm, die unter den Regenschirmen der Türsteher zu ihren Taxis trippelten, und von den galanten jungen Damen, die wie zu Geschenkzwecken in Polyvinyl verpackt waren. Es war sein Geist, entschied er, der aus dem Brunnen des Schlafes geklettert war und das neben dem Bett rasselnde Telefon zum Schweigen gebracht hatte … Oxford Street … Warum war London die einzige Hauptstadt der Welt, die nachts ihre Persönlichkeit verlor? Während Smiley seinen Mantel enger um sich zog, konnte er sich keines Ortes von Los Angeles bis Bern entsinnen, der so bereitwillig den Kampf um seine Identität aufgab.

Das Taxi bog in den Cambridge Circus ein, und Smiley setzte sich mit einem Ruck auf. Es fiel ihm ein, warum der Diensthabende angerufen hatte, und diese Erinnerung riß ihn brutal aus seinen Träumen. Er entsann sich des Gespräches Wort für Wort, eine Fähigkeit, die er sich vor langer Zeit erworben hatte.

»Hier ist der diensthabende Beamte, Smiley. Ich verbinde mit dem Chef …«

»Smiley, hier ist Maston. Sie haben doch am Montag Samuel Arthur Fennan einvernommen, ist das richtig?«

»Ja … ja, das stimmt.«

»Um was hat es sich gehandelt?«

»Ein anonymer Brief, in dem er beschuldigt wurde, in Oxford bei der Partei gewesen zu sein. Es war eine Routine-Einvernahme, die der Sicherheitsdirektor angeordnet hatte.«

(Fennan kann sich doch unmöglich beschwert haben, dachte Smiley. Es war doch gar nichts Irreguläres, überhaupt nichts.)

»Sind Sie auf ihn losgegangen? War es feindselig, Smiley, sagen Sie mir das.«

(Gott bewahre, das klingt ja, als ob er Angst hätte. Fennan muß das ganze Kabinett auf uns gehetzt haben.)

»Nein, es war eine besonders freundschaftliche Einvernahme. Ich glaube, daß wir einander sympathisch waren. Aber trotzdem, ich bin in einem Punkt über meinen Auftrag hinausgegangen.«

»Wie denn, Smiley, wie?«

»Ja, ich habe ihm mehr oder weniger gesagt, daß er sich keine Sorgen machen soll.«

»Wie bitte?«

»Ich sagte ihm, er solle sich keine Sorgen machen. Er war sichtlich ziemlich aufgeregt, deshalb habe ich das gesagt.«

»Was haben Sie ihm gesagt?«

»Ich sagte, ich hätte keinen Einfluß und auch der Dienst nicht. Aber ich könnte keinen Grund dafür sehen, daß wir ihn weiter belästigen sollten.«

»Ist das alles?«

Smiley schwieg einen Augenblick. So hatte er Maston noch nie kennengelernt und sich selbst noch nie so abhängig gefühlt.

»Ja, das ist alles, absolut alles.« (Das wird er mir nie vergeben. Die ganze wohl einstudierte Gemessenheit, die cremefarbenen Hemden und silbergrauen Krawatten, seine smarten Dejeuners mit Ministern waren beim Teufel.)

»Er behauptet, daß Sie seine Loyalität in Zweifel gezogen haben, daß seine Karriere im Außenamt ruiniert ist, daß er das Opfer von bezahlten Denunzianten ist.«

»Was sagt er? Er muß ja vollständig übergeschnappt sein. Er weiß doch ganz genau, daß wir keinen Verdacht gegen ihn haben. Was will er denn noch?«

»Nichts. Er ist tot. Heute abend um zehn Uhr dreißig hat er sich umgebracht. Und einen Brief für den Außenminister hinterlassen. Die Polizei hat einen von den Sekretären angerufen und die Erlaubnis bekommen, ihn aufzumachen. Dann haben sie uns verständigt. Es wird eine Untersuchung geben. Sie sind Ihrer Sache doch sicher, Smiley, nicht wahr?«

»Sicher? Warum?«

»… schon gut. Kommen Sie so schnell wie möglich her.«

Es hatte endlos gedauert, bis er ein Taxi bekam. Bei drei Standplätzen hatte er angerufen, ohne daß sich jemand meldete. Endlich reagierte der Standplatz Sloane Square, und Smiley wartete in seinen Mantel gehüllt am Fenster seines Schlafzimmers, bis er den Wagen vorfahren sah. Diese unwirkliche Beklemmung in der Stille der Nacht erinnerte ihn an die Luftangriffe in Deutschland.

Am Cambridge Circus ließ er den Wagen hundert Meter vom Amt entfernt halten, teils aus alter Gewohnheit, teils, um sich vor dem zu erwartenden fieberhaften Frageund-Antwort-Spiel mit Maston einen klaren Kopf zu schaffen.

Er wies dem diensthabenden Polizisten seine Legitimation vor und ging langsam zum Lift.

Als er ausstieg, begrüßte ihn der Diensthabende voll Erleichterung, und sie gingen zusammen den hellen cremefarbenen Korridor entlang.

»Maston ist in Scotland Yard, um mit Sparrow zu reden. Es gibt ein Tauziehen darum, welche Abteilung der Polizei den Fall behandeln soll. Sparrow sagt, die Sonderabteilung, Evelyn sagt C.I.D., und die Polizei von Surrey weiß nicht, wo ihr der Kopf steht. Eine peinliche und verwickelte Angelegenheit. Kommen Sie mit und trinken Sie eine Tasse Kaffee in der Ehrenhalle des Diensthabenden. Er ist aus der Thermosflasche, aber ganz gut.«

Smiley war froh, daß gerade an diesem Abend Peter Guillam Dienst hatte. Er war ein kultivierter und zuvorkommender Mann, der sich auf Satelliten-Spionage spezialisiert hatte, ein Mann von der Art der freundlichen Geister, die immer ein Taschenmesser und einen Fahrplan bei der Hand haben.

»Die Sonderabteilung hat um null Uhr fünf angerufen. Fennans Frau war ins Theater gegangen und fand ihn erst, als sie um dreiviertel elf allein zurückkam. Sie hat dann schließlich die Polizei angerufen.«

»Er hat irgendwo in Surrey gewohnt?«

»Ja, in Walliston, an der Nebenstraße nach Kingston. Nur ein kleines Stück außerhalb des eigentlichen Stadtgebietes. Als die Polizei eintraf, fand sie neben der Leiche auf dem Boden einen Brief an den Außenminister. Der Inspektor rief den Polizeidirektor an und der wieder den Diensthabenden im Innenministerium, der sich mit dem Außenministerium in Verbindung setzte, und schließlich bekam die Polizei die Bewilligung, den Brief zu öffnen. Und dann ist der Tanz losgegangen.«

»Was weiter?«

»Dann hat uns der Personalchef angerufen. Er wollte die Privatnummer von Maston. Er hat gesagt, das ist das letzte Mal, daß der Sicherheitsdienst an seinem Personal herumfingert, daß Fennan ein begabter und loyaler Beamter gewesen sei, qua, qua, qua …«

»Das war er auch, ganz bestimmt!«

»Dann sagte er noch, diese ganze Affäre beweise schlagend, daß niemand den Sicherheitsdienst am Zügel habe – Gestapo-Methoden, die nicht einmal durch eine echte Gefahr entschuldigt werden könnten … qua, qua, qua … Ich habe ihm Mastons Nummer gegeben und wählte sie auf dem anderen Apparat, während er weitertobte. Durch diesen Geniestreich wurde ich das Außenministerium auf der einen Leitung los, während ich auf der anderen Verbindung mit Maston bekam und ihm die Neuigkeit brühwarm durchgab. Das war um null Uhr zwanzig. Maston kam hier um ein Uhr an, sozusagen hochschwanger – morgen früh wird er dem Minister Bericht erstatten müssen.«

Sie schwiegen einen Augenblick. Guillam goß Kaffee in die Tassen und gab aus einem elektrischen Kocher heißes Wasser dazu.

»Wie war er denn?« fragte er.

»Wer? Ach so, Fennan. Ja, bis gestern abend hätte ich Ihnen das sagen können. Aber jetzt ist er mir ein Rätsel. Dem Aussehen nach offenbar ein Jude. Aus einer orthodoxen Familie, aber das hat er alles in Oxford über Bord geworfen und ist Marxist geworden. Weitblickend, kultiviert … ein vernünftiger Mensch. Spricht sanft, ein guter Zuhörer. Bei alldem gebildet. Sehr vielseitig, verstehen Sie. Wer auch immer es war, der ihn denunziert hat, er hatte recht. Er war nämlich tatsächlich bei der Partei.«

»Wie alt ist er denn?«

»Vierundvierzig. Sieht aber älter aus.« Während seine Augen durch das Zimmer wanderten, sprach Smiley weiter. »… ein sensibles Gesicht, eine Mähne von dunklem glattem Haar, wie es die Studenten tragen, das Profil eines Zwanzigjährigen; feine, trockene Haut, ziemlich bleich, auch ziemlich gefurcht, überall Falten, die das Gesicht in Quadrate schneiden. Sehr schlanke Finger … ein kompakter Bursche. Eine abgeschlossene, verschlossene Einheit. Vergnügte sich allein und litt auch allein, vermute ich.«

Maston trat ein, und sie erhoben sich.

»Aha, Smiley. Kommen Sie rein.« Er öffnete die Tür und streckte seinen linken Arm aus, um Smiley zuerst eintreten zu lassen.

Mastons Zimmer enthielt nicht ein einziges Möbelstück, das dem Staat gehörte. Er hatte einmal eine Sammlung von Aquarellen aus dem neunzehnten Jahrhundert gekauft, und von dieser hingen einige an den Wänden. Der Rest war von der Stange, entschied Smiley. Übrigens war auch Maston selbst von der Stange. Sein Anzug war eine Spur zu grell, um noch als dezent zu gelten, und die Schnur seines Monokels war wie ein Strich auf seinem unvermeidlichen cremefarbenen Hemd. Er trug eine hellgraue Wollkrawatte, so daß ihn ein Deutscher sicher »flott« genannt hätte, dachte Smiley. Schick, das ist das rechte Wort – wie sich eine Bardame einen echten Gentleman erträumt.

»Ich war bei Sparrow. Es ist ein klarer Fall von Selbstmord. Die Leiche ist abtransportiert worden, und außer den normalen Formalitäten wird der Polizeidirektor keine weiteren Schritte einleiten. Die Leichenschaukommission wird in ein oder zwei Tagen zusammentreten. Man ist übereingekommen – das kann ich nicht deutlich genug unterstreichen, Smiley –, daß über unser seinerzeitiges Interesse an Fennan nicht ein Wort an die Presse kommen darf.«

»Ich verstehe.« (Sie sind gefährlich, Maston. Schwach sind Sie, und Angst haben Sie obendrein. Jeder andere Hals lieber als Ihrer … ich weiß schon. Wie Sie mich da ansehen, nehmen Sie mir direkt Maß für die Schlinge.)

»Glauben Sie bitte nicht, daß ich Sie kritisieren will, Smiley. Schließlich, wenn der Leiter des Sicherheitsdienstes die Einvernahme autorisiert hat, so brauchen Sie sich über nichts den Kopf zu zerbrechen.«

»Außer über Fennan.«

»Ganz richtig. Unglücklicherweise hat der Leiter des Sicherheitsdienstes es unterlassen, Ihren Antrag auf eine Einvernahme zu paraphieren. Ohne Zweifel hat er seine mündliche Zustimmung erteilt, nicht wahr?«

»Ja, das wird er sicher bestätigen.«

Maston sah Smiley wieder scharf und abschätzend an. In Smileys Kehle steckte plötzlich etwas. Er wußte, daß er unnachgiebig war, daß Maston ihn näher haben wollte, daß er mitkonspirieren sollte.

»Sie wissen ja, daß Fennans Amt mit mir in Kontakt war?«

»Ja.«

»Es wird eine Untersuchung stattfinden müssen. Vielleicht läßt sich nicht einmal die Presse draußen halten. Sicherlich muß ich gleich morgen früh zum Innenminister.« (Versuchen Sie nur, mir Angst einzujagen … ich mache weiter … vielleicht die Pensionierung … auch nicht mehr zu verwenden … aber ich werde an Ihrer Lüge nicht teilnehmen, Maston.) »Ich muß alle Tatsachen haben, Smiley. Ich muß meine Pflicht tun. Wenn Sie das Gefühl haben, daß Sie mir irgend etwas über diese Einvernahme sagen sollten, etwas, das Sie vielleicht nicht notiert haben, dann sagen Sie es mir jetzt und lassen Sie mich beurteilen, ob es wichtig ist.«

»Es ist nichts dem hinzuzufügen, was schon in der Akte steht und was ich Ihnen heute abend gesagt habe, wirklich. Es wird Ihnen vielleicht helfen (das ›Ihnen‹ kam vielleicht ein bißchen zu betont heraus), wenn ich Ihnen noch sage, daß die Einvernahme in einer völlig formlosen Atmosphäre stattgefunden hat. Die Vorwürfe gegen Fennan waren ziemlich fadenscheinig: Parteimitgliedschaft an der Universität in den dreißiger Jahren und vages Gerede von Sympathie auch heute noch. Die Hälfte der Regierungsmitglieder waren in den dreißiger Jahren bei der Partei.« Maston runzelte die Stirn. »Als ich in sein Zimmer im Außenamt kam, stellte sich heraus, daß dort ein recht reger Verkehr herrschte – ununterbrochen kamen Leute herein und gingen wieder, deshalb regte ich an, daß wir hinausgehen und einen Spaziergang im Park machen sollten.«

»Und was war weiter?«

»Ja, das taten wir also. Es war ein sonniger, kalter Tag, recht angenehm. Wir haben den Enten zugesehen.« Maston machte eine ungeduldige Bewegung. »Wir waren ungefähr eine halbe Stunde im Park – das Reden besorgte ausschließlich er. Er war ein intelligenter Mann und sprach flüssig und interessant, aber auch nervös, natürlich. Leute wie er sprechen gerne über sich selbst, und ich glaube, er war froh, sich die Sache vom Herzen reden zu können. Er berichtete mir die ganze Geschichte – es schien ihm auch nichts auszumachen, Namen zu nennen –, und dann gingen wir in ein Espresso in der Nähe der Millbank, das er kannte.«

»Ein was?«

»Eine Espresso-Bar. Sie verkaufen dort eine besondere Art von Kaffee für einen Shilling die Tasse. Wir haben einen getrunken.«

»Aha. Also unter diesen gastlichen Umständen haben Sie ihm dann gesagt, daß das Department keine weiteren Schritte empfehlen würde.«

»Ja, das tun wir ja oft, aber normalerweise machen wir keinen diesbezüglichen Vermerk.« Maston nickte. So etwas versteht er, dachte Smiley. Mein Gott, er ist wirklich ein recht verächtlicher Kerl. Es war direkt aufregend festzustellen, daß Maston wirklich so unangenehm war, wie er erwartet hatte.

»Ich darf daher annehmen, daß sein Selbstmord – und der Brief natürlich – Sie völlig überrascht haben? Eine Erklärung haben Sie nicht?«

»Es wäre merkwürdig, wenn ich eine hätte.«

»Haben Sie auch keine Ahnung, wer ihn denunziert haben könnte?«

»Nein.«

»Er war ja verheiratet, wie Sie wissen.«

»Ja.«

»Ob nicht … es wäre denkbar, daß seine Frau einige der Lücken schließen könnte. Ich zögere zwar, das anzuregen, aber vielleicht sollte sie jemand vom Department besuchen und, soweit es die Umstände erlauben, über alles befragen.«

»Jetzt?« Smiley sah ihn ausdruckslos an.

Maston stand an seinem großen, niedrigen Schreibtisch und spielte mit dem Schlächterwerkzeug des Geschäftsmannes – Papiermesser, Zigarettendose und Feuerzeug –, den Requisiten offizieller Gastfreundschaft. Er zeigt einen vollen Zoll von seiner cremefarbenen Manschette, dachte Smiley und bewunderte seine gepflegten Hände.

Maston blickte auf und gab seinem Gesicht einen Ausdruck von Sympathie.

»Smiley, ich weiß, wie Ihnen zumute ist, aber trotz dieser Tragödie müssen Sie die Lage verstehen. Man wird von uns im Ministerium einen völlig erschöpfenden Bericht über diese Affäre verlangen, und meine besondere Aufgabe ist es, ihn zu geben. Besonders jede Art von Information über Fennans Gemütszustand unmittelbar nach der Einvernahme durch … durch uns. Vielleicht hat er mit seiner Frau darüber gesprochen. Es muß nicht sein, aber wir müssen realistisch denken.«

»Wünschen Sie, daß ich hingehe?«

»Irgendwer muß es ja. Da ist noch die Frage der Leichenschau. Natürlich wird das das Innenministerium entscheiden müssen, aber im Augenblick haben wir einfach keine Tatsachen. Die Zeit drängt, und Sie kennen den Fall, weil Sie ja die Hintergründe untersucht haben. In dieser kurzen Zeit kann sich niemand in die Sache einarbeiten. Wenn überhaupt wer geht, dann werden Sie es sein müssen, Smiley.«

»Und wann soll ich gehen?«